Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Dichtung des Mittelalters - S. 15

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
A. Epos. I. Das Volksepos. 15 selbst Dichter, übten und pflegten die edle Kunst, wo immer nur Gelegen- heit sich bot. 4. Die Anregung zur Poesie seitens der Troubadours (z. B. Vertrau de Born (Uhland)) in der Provence, wo schon früh die lyrische Poesie in Darstellung von Liebe und Galanterie zu kunstreicher Ausbildung gelangt war, und seitens der Trouvöres* im nördlichen Frankreich, welche vorzugsweise epische Stoffe behandelten und in diesen den deutschen Epikern reiches Material boten. Gepflegt wurden in dieser Periode: A. Epos; B. Lyrik; C. Didaktik. A. Kp o s. 8 7. Das Epos tritt in zwei Gestaltungen ans, als Volksepos und als Kunstepos, welche nach Inhalt, Quelle und Behandlung desselben und nach der äußeren Form wesentliche Verschiedenheiten zeigen. I. Das Dolksepos. 8 8. Der Volksgesang wird geübt aus Markt und Straßen von Volks- sängern, sogenannten fahrenden (reisenden) Leuten, die bisweilen auch Spielleute oder nach dem begleitenden Instrumente Fiedeläre heißen. Die- selben nehmen ihre Stoffe aus der heimatlichen Heldensage, die sich in alten Liedern viele Jahrhunderte hindurch erhalten hatte. Der Inhalt dieser Heldensage ist rein menschlicher Art, schmucklos, einfach und naturwahr, daher nicht selten derb und roh; er trägt ganz das Gepräge der altheidnischen Germanenzeit. Bemächtigen sich Dichter dieser Stoffe, um aus ihnen ein Epos zu gestalten, so stehen sie den- selben objektiv gegenüber, ohne irgendwelche Äußerungen ihres eigenen Empfindens einzufügen. Sie lassen die Sache durch sich selbst wirken und die Handlung sich entwickeln aus dem Charakter und den Leiden- schaften der auftretenden Personen. Auch die äußere Form, welche mit der Melodie des Volksgesanges eng zusammenhing, ist eigenartig, die Form der sogenannten Nibelungen- strophe. Diese besteht aus 4 paarweise stumpf gereimten Zeilen, die jede durch eine starke Cäsur in 2 Hälften geteilt sind. Die erste Hälfte enthält 3 Hebungen und schließt klingend; die zweite enthält gleichfalls 3 He- 1 1 Beide Wörter von trouver (trondor und trobar) — erfinden.

2. Dichtung des Mittelalters - S. 117

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 12. Dichtungen der vorbereitenden Zeit des Kunstepos, von 1150—1180. 117 sorgsame und richtige Behandlung des Reimes und namentlich die Rein- heit der Sprache1 fehlten. Als bedeutendste Dichtungen gehören dieser Borbereitungszeit au: 1. Das Annolied, ein Lobgesang in hohem Schwünge auf den hl. Anno, Erzbischof von Köln (ch 1075), welches biblische Geschichte, Sage und Profangeschichte zwar bunt durcheinander mengt, aber dennoch gute Anordnung bei lebhafter Schilderung und inniger Gefühlstiefe fast nirgends vermissen läßt. 2. Das Alexanderlied vom Pfaffen Lamprecht, eine der schönsten Dichtungen des Mittelalters, in kräftiger und oft volkstümlich lebendiger Darstellung, welche neben manchen lieblichen Schilderungen von poetischer Kraft auch ernste und große Gedanken in sich birgt. In dem ersten, mehr historischen Teile werden in mittelalterlicher, durch die Kreuzzüge beein- flußter Anschauung die Jugendjahre und die Eroberungszüge des großen Weltbeherrschers dargestellt; in dem zweiten, mehr romantischen Teile, in welchem Alexander bis an das Ende der Welt vordringt, beschreibt er in einem Briefe an seine Mutter und seinen Lehrer Aristoteles die Abenteuer und Wunder seiner Fahrt (vgl. folgende Probe). Im Übermut dringt er vor bis zu des Paradieses Pforten, um auch dieses zu erobern, aber hier muß er umkehren; die Nichtigkeit alles Irdischen erkennend, befleißigt er sich nun der Mäßigung und Milde bis zu seinem Tode „und behielt nichts mehr für sich — von alledem, was er errang — als Erde, sieben Fuß lang, — wie's der ärmste Mann erhält, ■— der je kam in diese Welt". Ocr Iaubcrwatd. Als wir hinzogen an dem Meere, Da ritt ich außer meinem Heere Mit dreientausend Mannen. Darauf huben wir uns von bannen Und gedachten Wunder zu sehen; Da sahen wir fern von bannen stehen Einen großen, prächtigen Wald. Das Wunder, das war mannigfalt, Das wir da vernahmen. Als hinzu wir kamen, Da hörten wir wohl in ihm Manche wunderschöne Stimm', Lyren- und Harfenklang Und den süßesten Gesang. — Der herrliche, der alte Wald War wunderbarlich schön gestalt', Wir konnten's all genau gewahren. Stattlich hoch die Bäume waren, Die Zweige waren breit und dicht, Nur Wahrheit gibt euch mein Bericht. Das war eine große Wonne. Da konnte nicht die Sonne Hindurch bis zrir Erde scheinen. Ich und die Meinen, 1 Man nennt die Sprache, in welcher diese Dichtungen geschrieben sind, als Zwischenstufe zwischen dem Althochdeutschen der Vorzeit und dem Mittelhochdeutschen der Blütezeit, die mitteldeutsche, in welcher die thüringisch-hessische Mundart vorwiegende Geltung hat.

3. Dichtung des Mittelalters - S. 80

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
80 Dritte Periode, von 1150—1300. Da sprach der alte Hildebrand: „Es kommt ihr nicht zu gut, Daß sie ihn erschlagen. Was man mir auch thut, Ob er mich selbst auch brachte in angstvolle Not, Dennoch will ich rächen des kühnen Tronjerhelden Tod." Hildebrand im Zorne zü Kriemhilden sprang, Er schlug der Kön'gin einen schweren Schwertesschwang. Wohl schmerzten solche Dienste von Hildebranden sie; Was konnt' es ihr helfen, daß sie so jämmerlich schrie? Da lag am Boden aller zum Tod Bestimmten Leib. In Stücke war gehauen das edle Königsweib. Dietrich hob und Etzel da zu weinen an; Sie beklagten innig so manchen Freund und Lehensmann. Da war Ehr' und Herrlichkeit erlegen vor dem Tod. Die Leute hatten alle Jammer nur und Not. Mit Leide war beendet König Etzels Fest, Wie immer Leid die Freude zurück am letzten Ende läßt. Ich kann Euch nicht berichten, was nachher geschah, Als daß man Frau'n und Ritter bitter weinen sah, Dazu die Edelknechte, um lieber Freunde Tod. Hier hat die Mär ein Ende: das ist der Nibelungen Not. (Bartsch ) Das Nibelungenlied ist die beste und großartigste Dichtung, welche die mittelalterliche Poesie geschaffen. Wenn es an Formenschönheit auch hinter anderen bedeutsamen Werken zurückstehen mag, „die Groß- artigkeit des Inhalts, der Reichtum der Erfindung, die echt poetische Auffassung und Darstellung, der treffliche Plan und der rasche Gang der Begebenheiten, die scharfe Zeichnung und überraschende Mannigfaltig- keit der Charaktere, die Tiefe und Wahrheit der Gefühle, die kunstreiche Verbindung und Abwechselung heiterer, rührender und furchtbarer Scenen, die Anmut der Gleichnisse und 'vieles andere geben dem Nibelungenliede einen unbestreitbaren Vorzug vor allen Dichtungen der höfischen Epiker und stellen es den besten Epen zur Seite, die deu Ruhm anderer Völker bilden". Scharf charakterisierende, echt deutsche Züge verleihen dem Liede den Typus der Nationalität: so zunächst der Gedanke, daß Leid aus Freude folge, ein Gedanke, welcher als Grundtou wie das Naturleben, so das mit diesem in engster Verbindung stehende altgermanische Leben durchzieht; sodann ist es der Zug der unüberwindlichen Heldenkrast und der kühnen Todesverachtung, die, so ganz dem deutschen Volke eigen, auch das ganze Lied auszeichnet: die Heldenkraft, welche das stolze Römerreich zertrümmerte, durchzieht auch das Nibelungenlied in der un-

4. Dichtung des Mittelalters - S. 83

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 10. ©abtun. 83 land, bald nach Irland und Seeland, bald nach der Normandie und den Gegenden an der Mündung der Schelde, so daß es scheinen könnte, als sei die Zeit der Normannenzüge poetisch festgehalten. Auch in diesem Epos finden wir einen mythischen Hintergrund, der aber noch mehr als im Nibelungenliede verblaßt ist. Wie Wate auf den Gott Wuotan hinweist, so ist Hagen (nach der jungem <5bba Högni), welcher tötet, ohne zu siegen, das Symbol des Winters, Hettel dagegen (Hedin der Edda), welcher die Hilde, die Tochter Högnis, ranbt, das Symbol des Sommers. Beide kämpfen, da Högni dem Ränder nachsetzt und ihn bei der Insel Haeg (einer der Orkneys) einholt, täglich mit den durch Hilde in jeder Nacht wieder erweckten gefallenen Mannen immerfort bis Ragnarök, bis znm Götter- gericht. So weist der Stoff hin „ans die Vorstellung des Kampfes zwischen Frühling und Winter, zwischen Licht und Nacht, der sich vor dem Menschenauge jährlich und täglich wiederholt". Von den Küsten der Nordsee lvanderte die Sage nach Mittel- und Süddeutschland, wurde aber hier mehrfach umgestaltet, und zwar zunächst dadurch, daß die Hauptzüge der alten Sage auf die Tochter des Hettel und der Hilde, ans Gudrun übertragen, und die Vorgeschichte Hägens in das Lied aufgenommen wurde. Sodann wurden durch den die Sage in den ersten Jahrzehnten des 13. Jahrhunderts bearbeitenden, dem Namen nach unbekannten Dichter, der vielleicht in Österreich seinen Wohnsitz hatte, Anschauungen des christlichen und des höfischen Lebens in die Dichtung hineingebracht. Christliche Elemente ziehen sich durch das ganze Gedicht, wie schon das Kreuz, die Schiffe der Kreuzfahrer, die Erbauung eines Klosters auf dem Schlachtfelde, die Verwandlung des weissagenden Vogels in einen Engel u. s. w. hinreichend bekunden. Die höfische Weise zeigt sich so- wohl in der Einmischung höfischer Anschauungen i, als auch in der ganzen Anlage, indem nach der Weise der höfischen Poesie die Erzählung nicht sofort mit der Hauptperson und ihrem Leben beginnt, sondern auf die Geschicke der Eltern und Großeltern derselben zurückgreift. So zerfällt das Gedicht in drei Abteilungen, von denen die zwei ersten mehr als Einleitung zu betrachten sind: 1) Hagen in vier Abenteuern mit 150 Strophen, 2) Hilde in vier Abenteuern mit 412 Strophen, 3) Gudrun in 24 Abenteuern mit 1143 Strophen. Die Gudrunstrophe ist der Nibelungenstrophe ähnlich, indem sie sich von derselben nur durch den klingenden (weiblichen) Reim der zweiten * * So weist z. B. Horands Gesang hin auf das Minnelied, der Vogel Greif, der Magnetberg u. s. w. auf den „Herzog Ernst", ein Gedicht, welches in Erzählung der Abenteuer des bayerischen Herzogs Ernst eine poetische Darstellung der Wunder und Fabeln des Orients enthält. 6*

5. Dichtung des Mittelalters - S. 135

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 16. Wolfram von Eschcnbach. 135 Rittertum umfaßt, die eben damals in ihre höchste Blüte traten, stellt er das gesamte, nur im Ritterstande atmende Leben seiner Zeit, das äußere wie das innere, mit solcher Treue und Gewissenhaftigkeit dar, als wenn er es darauf angelegt hätte, die Trachten, Sitten und Gebräuche nicht minder als den Glauben, die Gesinnung und die höchsten Ideen einer- schnell vorüberrauschenden Glanzperiode der Nachwelt in einem dauernden Spiegelbilde zu fesseln. Doch all dieser Reichtum der Begebenheit und Schilderung, alle Herrlichkeit des Grals, alle Pracht der Tafelrunde wären verschwendet, wenn sie der Gedanke des Dichters nicht beherrschte und durchdränge. Was den Parzival zum unvergänglichen Kunstwerke stempelt, wodurch Wolfram seine welschen Vorgänger, die ihm den Stofs überliefert haben, weit hinter sich läßt, ist eben das dichterische Bewußt- sein , womit er alle diese Äußerlichkeiten auf das innere Leben seines Helden bezieht, dessen geistige Entwicklung er in allen ihren Phasen offen vor uns darlegt, den er aus der kindischen Einfalt (tuinxlleit) in die Entzweiung (zwivel), ja zur Verzweiflung führt, um ihn aus dieser durch harte Prüfungen geläutert zur Versöhnung und Heiligung, zum höchsten Glück (chaeläs) gelangen zu lassen." Kein Wunder daher, daß schon die Zeitgenossen, außer Gottfried von Straßburg, welcher in der ihm eigenen Richtung für den strengen, sittlichen Ernst Wolframs kein Verständnis hatte, das Lob des großen Parzival- dichters trotz seiner häufig verwirrenden Stofffülle und trotz' seiner nicht selten dunkeln, in oft seltsamen Bildern sich bewegenden Sprache mit Begeisterung singerg, daß seine weisheitsvolle Kunst im 13. Jahrhundert sprichwörtlich war, und sein Werk unter den ersten deutschen bereits 1477 dem Druck übergeben wurde. Seine letzte Ruhestätte fand er im Frauenmünster zu Eschenbach, wo ihm ans dem Markte der knnstliebende König Max von Bayern im Jahre 1861 ein sinniges Denkmal setzte. parzival. parstvals Erstehung und Jugend. Parzival ist der Sohn Gamurets ans dem königlichen Hause von Anjou und der aus dem Geschlechte der Gralskönige stammenden Herzeleide. Da der Hang nach Wafsenthaten den Vater in die ferne Welt und in einen frühen Tod getrieben, beschließt die Mutter, um den einzigen Sohn vor solchen Gefahren des Ritterlebens zu bewahren, ihn in tiefer Abgeschiedenheit zu erziehen. 1 1 ,,— —, Her Wolfram, ein wise man von Eschenbach, sin herze ist ganzes Sinnes dach, leien munt nie baz gesprach.“ (Wirnt von Gravenberg.)

6. Dichtung des Mittelalters - S. 149

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
§17. Gottfried von Straßburg. 149 8 17. Gottfried von Straßburg. Gottfried von Straßburg („von Straßburg Meister Gotfrit"), wahr- scheinlich einem Straßburger Patriciergeschlecht entstammend und Stadt- schreiber in seiner Vaterstadt, schrieb gegen 1210 als sein letztes Werk „Tristan und Isolde". Vielseitig gebildet, kundig des klassischen Alter- tnnis, namentlich des Ovid, der französischen Sprache mächtig und für- ritterlich höfisches Leben begeistert, tritt er auf als Dichter der Liebe, aber nicht der veredelnden Minne, sondern jener leidenschaftlichen Liebesglut, der nur „Ein Tod, Ein Leben, Eine Lust, Ein Leid" gegeben ist, die, nur sich selbst suchend, jeder Zucht und Sitte und selbst der ehelichen Treue Hohn spricht. Zu seinem Zeitgenossen Wolfram, welchen er „den Jäger wilder Märe" nennt, steht er in einem bewußten und schroffen Gegensatz: im Stoff, in der Sprache und in der Tendenz. Der einer bretonischen Sage angehörende Stoff, welchen Gottfried einem nord- französischen Gedichte entnahm, enthält im Gegensatze zu der fast ver- wirrenden Menge von Thatsachen, von Zauberdichtungen und von Per- sonen des „Parzival" nur eine einfache Geschichte von der gegenseitigen Liebe Tristans und Isoldens. Im allgemeinen eine breite Schilderung des äußeren höfischen Lebens vermeidend, zeichnet Gottfried die Seelenzustände seiner Personen mit psychologischer Feinheit und großer Wahrheit. Dazu ist feine Sprache gegenüber der oft schwer verständlichen und dunkeln Rede Wolframs leicht und anmutig mit glänzendem Redefluß bei einem oft geist- vollen Spiel der Worte. Die Darstellung ist stets durchsichtig, Vers und Reim sind durchweg rein und fließen leicht dahin. Auch in der Tendenz bildet er einen scharfen Gegensatz zu Wolfram. Entgegen dem hohen sittlichen Ernste Wolframs, der uns seinen Helden in innerem Kämpfen und Ringen nach einem erhabenen Ziele darstellt, läßt Gottfried seine Personen die Schranken der Sitte und des Gesetzes überschreiten; indem er ferner das sittliche Unrecht, welches freilich in einem unwissentlich ge- nommenen Zaubertrank seinen Ursprung hat, beschönigt und verführerisch darstellt, predigt er verderblichen, um Gott und Menschen unbekümmerten Lebensgenuß. Der Inhalt von Tristan und Isolde ist kurz folgender: Riwalin, Fürst im Parmenierlande, rüstet eine Fahrt zum König Marke von Kornewal und England; am Hofe desselben freundlich bewillkommnet, hat er bald Gelegenheit, ein herrliches Hoffest mitzufeiern. Maicnscst. Zu diesem Hoffest waren Beschieden ganze Scharen ! Durch Gebot und Bitte. I Auf seine Ladung, das war Sitte,

7. Dichtung des Mittelalters - S. 155

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 18. Nachblute und Verfall des Kunstepos, 1230—1300. 155 kröne von England ausgeschlagen hat, Aufopferung, Demut und Selbstverleugnung. „Barlaam und Josaphat", eine Legende, in der der indische Königssohn Josaphat von dem Einsiedler Barlaam zum Christentum bekehrt wird, die Krone niederlegt und sein Leben unter Fasten und Beten in beschaulicher Einsamkeit beschließt, lehrt Entsagung und freiwillige Armut. Seine „Weltchronik", welche die Geschichte des Alten Testaments bis auf Saloman enthält, galt bis auf Luthers Zeit als eine wichtige Fundgrube für die Kenntnis des Alten Testamentes. Konrad von Würzburg, bürgerlichen Standes, gestorben 1287 zu Basel, welcher neben mehreren Legenden und Erzählungen „den trojanischen Krieg" nach einer französischen Dichtung in nicht weniger als 50 000 Versen bearbeitete. Gelehrt und formgewandt, gebietet er zugleich über einen großen Reichtum von Bildern und Gleichnissen, wie er namentlich in seiner „Goldenen Schmiede", einem glänzenden Lobliede auf die heilige Jungfrau Maria bekundet, aber seine Muse entbehrt doch des eigentlichen geistigen Gehaltes. Der Stricker (striellaere — verknüpfend) , ein vielseitiger, nach seinen Lebensverhältnissen unbekannter Dichter aus Österreich, welcher die komische Seite des höfischen Epos in seinem „Pfaffen Amis", einem mittelalterlichen „Eulenspiegel", vertritt. B. Lyrik. § 19. Stoff und Form der Lyrik. Neben der Epik blühte gleichzeitig die Lyrik. Dieselbe äußert sich vorzugsweise in dem sogenannten Minnegesange, dessen Hauptthema die Minne ist (meinan, althochdeutsch ^lateinisch meminisse], — gedenken), d. h. die seelenvolle, keusche Liebe, das stille sehnende Denken an die Geliebte. Die den Deutschen schon von ihren Vorfahren her innewohnende Hochachtung1 des weiblichen Geschlechtes hatte durch den Einfluß des Christentums, namentlich durch die Verehrung der Gottesmutter Maria, noch eine bedeutende Stärkung erhalten. Dazu erachtete das Ritter- tum es als eine seiner ersten Pflichten, die Frauen zu ehren und ihrem Dienste sich zu widmen. So konnte in der idealen Richtung des damaligen Rittertums der Frauenkult einen solchen Grad erreichen, wie wir ihn in den Minneliedern kennen lernen. Zwar haben dieselben vielfach etwas Einförmiges, da der Kreis der Gedanken und Empfindungen in denselben auf stilles Hoffen und süße Sehnsucht, auf jubelnde Wonne bei freundlicher Zuneigung der nicht einmal mit Namen genannten Ge- liebten, auf schmerzliche Klage bei etwaiger Härte oder Untreue derselben sich beschränkt; sie bekunden aber dafür auch die tiefe und keusche Zart- heit des deutschen Gemütslebens in lieblicher und fesselnder Anmut. 1 Tacitus sagt in seiner Germania c. 8: „Inesse (feminis) quin etiam sanctum aliquid et providum putant.“

8. Dichtung des Mittelalters - S. 127

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 15. Hartmann von Aue. 127 sehen. Dieser Entschluß des Ritters sühnt alles, was er je gefehlt haben mag: Gott nimmt den reinen Willen für die That, und daher erfolgt die Heilung infolge dieser Sühnung. Aber auch noch andere schöne Gedanken erkennen wir in dem Gedicht: es „lehrt die süße Gewalt einer vom Dichter keusch verborgenen Neigung; es lehrt, daß Treue durch Gottes Huld zum Ziele gelange, daß rücksichtslos nach Besserung der irdischen Verhältnisse ohne Gott zu streben sündig ist, daß aber ein liebevolles, minnigliches Wesen selbst die Unterschiede ausgleicht, welche Stand und Reichtum sonst darstellen". Ihm dienten bei den Leuten. ' Nun beginnt er euch zu deuten Eine Mär, die er geschrieben fand. Er hat sich darum genannt, Daß er für die Müh' und Zeit, Die er auf die Arbeit Gewandt, den Lohn erschaue, Daß wer sich d'ran erbaue, Dereinst nach seinem Ende Zu Gott empor die Hände Hebe für sein Seelenheil. Man sagt, ihm werde selbst jn teil, Der für den andern bete, Was er für den ersiehte." (Simrock.) Nach dieser Einleitung beginnt die Erzählung. In Schwaben lebte ein Ritter Heinrich von Aue, geehrt und berühmt wegen seines Reichtums, seiner Macht und seiner ritterlichen Tugenden. Als er aber weltlicher Lust zu sehr genoß, und „sein hoher Mut verkehrt ward in ein schmähliches Leben", da ergriff ihn, wie einst den frommen Hiob, der Aussatz. „Ihn ergriff die Miselsucht. Als man diese schwere Zucht, Die der Herr ihm sandte, An seinem Leib erkannte, Da ward er jedermann zur Last. Mißnrutig und bald, wie mit der Welt, so auch mit Gott zerfallen, verwünscht er den Tag, an welchem er geboren. Doch noch hegt er die Hoffnung, daß berühmte Arzte in Montpellier und Salerno ihn heilen würden. Seine Hoffnung sollte jedoch zu nichte werden, denn in Salerno vernimmt er die Kunde, daß nur dann Rettung ihm werden könne, wenn eine fromme Jungfrau in ihres Herzens Unschuld freiwillig für ihn ihr Herzblut hingäbe. Verzweifelnd kehrt er heim und verschenkt alle seine Güter zu wohlthätigen Zwecken bis auf einen Meierhof, dessen Pächter ihn freundlich aufnimmt. Während nun fast alle den aussätzigen Herrn meiden, soweit es irgend Der ein so willkommener Gast Der Welt gewesen war vordem, Nun ward er ihr so ungenehm, Daß alles floh vor seinem Blick." „Ein Ritter war wohl so gelehrt, Daß er in Büchern unbeschwert Las, was da geschrieben stand. Hartmann ward er genannt Und war zu Aue Dienstmann. Wenn wo er Bücher gewann, So gereut' ihn keine Mühe, Spät oder frühe, Bis er was aufgefunden, Womit er läst'ge Stunden Erträglich mochte machen, Oder von solchen Sachen, Die da Gott zu Ehren Und die eig'ne Gunst zu mehren

9. Dichtung des Mittelalters - S. 192

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
192 Dritte Periode, von 1150—1300. § 22. Verfall und Entartung des Minnegesanges. Die Klagen Walthers über den Verfall der Minne und des Minne- gesanges sollten nur zu bald zur vollsten Wahrheit werden. Ver- gebens versuchte der in Ästerreich aufgewachsene Rheinländer Re in mar von Zweier gegen Ende der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts durch ernste Rügelieder dem sichtlichen Verfalle der Minnepoesie zu steuern: Inhaltslosigkeit und überkünstliche Form gewannen immer mehr die Oberhand. Wir nennen hier den bayerischen Ritter Neidhart von Neuen- thal (zwischen 1210—1240), bett Begründer der höfischen Dorf- poesie, welcher seinen Stoff dem Leben der Bauern entnahm und durch Verspottung der Plumpheit und Putzsucht, sowie der Liebeshändel derselben die Lachlust der Ritter zu erregen suchte. Ulrich von Licht enstein (ch um 1275), aus steiermärkischem Geschlechte, führt in seinem „Franendienst", einer Selbstbiographie, den Minnedienst, der nunmehr aller sittlichen Reinheit entbehrt, derartig auf Abwege, daß derselbe nur noch als lächerlich alberne Narretei, ja als völlige Verrücktheit erscheinen muß. Heinrich von Meißen, genannt Frauenlob, weil er dem Namen „Frau" (Herrin) den Vorzug gab vor der Benennung „Weib" (Gegensatz zu Mann), soll in Mainz, wo er im Jahre 1318 starb, die erste Meisterschule gegründet haben. So bildet er den Übergang von den Minnesängern zu den Meistersängern der folgenden Periode. C. Didaktik. § 23. Zweck der Didaktik; Dichtungen. Fanden wir schon bei Walther einzelne Gedichte, welche zu Zucht und Ordnung mahnten und eigentliche Lebensweisheit lehrten, so bildete sich das Streben, das praktische Leben in Übereinstimmung mit wahrhaft christlicher Gesinnung zu bringen, gegen die Mitte des 13. Jahr- hunderts immer mehr und mehr aus. Die Verfasser dieser Lehrgedichte sind meist bürgerlichen Standes und zeichnen als solche gegenüber dem heiteren höfischen Leben eine mehr ernste und strenge Lebensauffassung. Genannt seien aus der ziemlich großen Reihe solcher Dichter und Dichtungen nur folgende drei:

10. Dichtung des Mittelalters - S. 202

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
202 Vierte Periode, von 1300—1500. Vierte Periode, von 1300—1500. 8 25. Die Zeit des Verfalles der Poesie. Der Verfall der Poesie, der schon vor dem Beginne dieser Periode anhob (vgl. § 22), beruhte ans mehreren Gründen: 1. Der Wechsel der Kaiser, die ans verschiedenen Häusern gewählt wurden, die Rivalität der Fürsten, das Streben der Kaiser und der Fürsten, nicht das Wohl des ganzen Reiches, sondern nur die persönliche Hausmacht zu mehren, ertöteten den nationalen Sinn, den Gedanken der Einheit und Zusammengehörigkeit und vernichteten das Interesse für die höheren idealen Zwecke der Dichtkunst. 2. Das Rittertum, welches nach der Einführung des Schießpulvers (um 1350) auch seine kriegerische Bedeutung einbüßte, verlor die frühere ideale Richtung vollständig und versank in Verwilderung und Roheit, so daß bei der Machtlosigkeit der Kaiser sich ein Raubrittertum herausbildete, welches die schrecklichsten Zeiten des Faustrechtes hervorrief. 3. Die Geistlichkeit verfiel mehrfach in Unwissenheit, so daß in einigen Klöstern, früheren Heimstätten der Bildung und Wissenschaft, die Mönche nicht mehr zu schreiben verstanden. Mit solcher Unwissenheit ging nicht selten Hand in Hand eine bedauerliche Zuchtlosigkeit, welche den Sinn für Hohes und Edles immer mehr schwinden ließ. 4. Vielfache Unglücksfälle, Hungersnot, Erdbeben, Pest (der sogenannte schwarze Tod) und der verheerende Hussitenkrieg (1419—1436) drückten und verdüsterten die Gemüter, die einer trüben Lebensanschauung sich hingaben. So erstarb die Begeisterung für die alten sagengeschmückten Volks- helden, so war dahin der Sinn für das Minnelied, dahin die Freude an einer sinnreichen Didaktik; so fehlten die fürstlichen Hüter und Schirmer der Dichtkunst, fehlten die Ritter, die in ihrem idealen Streben höfische Dichtung geübt und auf das höchste geschätzt hatten. Die auf den neu- gegründeten Universitäten (Prag 1348, Wien 1365, Heidelberg 1387, Köln 1388 u. s. w.) behandelte Wissenschaft blieb als Wissenschaft der Gelehrten, zumal sie in lateinischer Sprache behandelt wurde, ohne Ein- fluß auf das Volk und konnte nach ihrer ganzen Richtung eher die Prosa als die Poesie fördern. Freilich hört die Dichtkunst nicht völlig auf, aber Dichter, Stoffe und Behandlung werden andere. Statt der „Herren" treten ein die „Meister", statt der poetischen Stosse der Vorperiode unpoetische Gegen- stände des Alltagslebens oder Abschnitte aus der Bibel, statt der früheren
   bis 10 von 405 weiter»  »»
405 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 405 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 2
1 167
2 2
3 1
4 17
5 9
6 1
7 13
8 0
9 1
10 72
11 0
12 7
13 0
14 1
15 0
16 1
17 0
18 0
19 0
20 0
21 0
22 2
23 0
24 1
25 0
26 0
27 2
28 0
29 0
30 2
31 6
32 0
33 8
34 0
35 0
36 2
37 161
38 2
39 2
40 0
41 0
42 1
43 19
44 0
45 385
46 1
47 0
48 2
49 0

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 2
1 148
2 1
3 57
4 4
5 0
6 2
7 2
8 1
9 11
10 0
11 0
12 3
13 41
14 8
15 0
16 50
17 303
18 2
19 5
20 11
21 18
22 23
23 7
24 9
25 62
26 16
27 3
28 15
29 0
30 3
31 1
32 2
33 3
34 1
35 404
36 8
37 0
38 13
39 48
40 2
41 15
42 19
43 91
44 0
45 162
46 28
47 5
48 0
49 3
50 2
51 0
52 203
53 1
54 9
55 7
56 3
57 0
58 8
59 3
60 2
61 4
62 1
63 1
64 0
65 2
66 16
67 2
68 13
69 4
70 3
71 49
72 2
73 2
74 0
75 21
76 15
77 161
78 0
79 1
80 1
81 2
82 17
83 1
84 5
85 8
86 1
87 18
88 10
89 0
90 1
91 13
92 631
93 2
94 32
95 8
96 0
97 0
98 51
99 0

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 5
1 1
2 3
3 2
4 3
5 3
6 8
7 0
8 13
9 0
10 1
11 1
12 5
13 6
14 0
15 0
16 2
17 0
18 0
19 3
20 0
21 0
22 0
23 3
24 5
25 1
26 1
27 0
28 8
29 67
30 6
31 2
32 0
33 89
34 3
35 0
36 1
37 0
38 0
39 2
40 0
41 57
42 9
43 5
44 0
45 8
46 2
47 3
48 1
49 21
50 5
51 52
52 3
53 1
54 9
55 0
56 0
57 0
58 8
59 98
60 1
61 6
62 0
63 0
64 3
65 8
66 0
67 2
68 1
69 3
70 1
71 4
72 3
73 0
74 11
75 8
76 0
77 0
78 0
79 0
80 2
81 254
82 20
83 1
84 2
85 1
86 0
87 0
88 0
89 4
90 0
91 19
92 4
93 1
94 0
95 2
96 0
97 7
98 0
99 0
100 59
101 0
102 15
103 1
104 0
105 3
106 4
107 0
108 0
109 0
110 2
111 18
112 11
113 4
114 2
115 4
116 10
117 0
118 2
119 1
120 11
121 1
122 5
123 4
124 5
125 2
126 2
127 27
128 0
129 4
130 0
131 17
132 2
133 3
134 0
135 0
136 405
137 0
138 0
139 4
140 0
141 1
142 6
143 4
144 1
145 1
146 0
147 10
148 2
149 0
150 2
151 2
152 13
153 0
154 6
155 1
156 4
157 5
158 0
159 1
160 0
161 3
162 0
163 2
164 1
165 6
166 43
167 5
168 1
169 4
170 1
171 3
172 345
173 250
174 0
175 94
176 2
177 27
178 0
179 32
180 0
181 0
182 11
183 175
184 0
185 0
186 0
187 4
188 1
189 0
190 5
191 1
192 3
193 1
194 1
195 4
196 13
197 0
198 0
199 15