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zenden Abhänge des Dattellandes spendeten dem geringen Fleiß der
Menschen die ganze Fülle ihres Segens. Aus den Gebirgen kam
Holz und Wolle, und in ihrem Inneren offenbarten sich reiche Erz-
lager von Silber, Eisen und Kupfer. In der prächtigen Hauptstadt
Kairowan trafen die Straßen zusammen; hier harten die Fürsten
des Landes ihre Hofhaltung, hier war die erste Moschee des Lan-
des, nach der Beschreibung ein zauberhafter Bau, und an sie schloß
sich ein Bazar, wo Kaufleute aus den entferntesten Grenzmarken
ihre Waaren auslegten. In der Nähe der Hauptstadt entstanden
bald neue Orte, die meisten an der Meeresküste. Bedeutend war
der innere Verkehr und der überseeische Handel nach der gegenüber-
liegenden Küste Europa's, besonders mit den Glaubensgenossen in
Spanien und Sicilien.
Mauretanien hatte fruchtbare Küsten und fruchtbare Thäler
zwischen den emporsteigenden Gipfeln des Atlas. Drei vortreffliche
Häfen, Oran, Ceuta, Tanger, versahen den Seehandel und
dienten als Waffenplätze. In der Hauptstadt Fez fanden politische
Flüchtlinge eine Freistätte und brachten aus Spanien neue Kennt-
nisse und Gewerbszweige und mildere Sitten in das halbwilde Land,
und bald blühte ein reges Leben auf. Für den Landhandel wurde
Fez ein Stapelplatz; dessen Färbereien, Seifen und Essenzen waren
berühmt; auch in Metallwaaren zeichnete es sich aus. Von Sus,
der äußersten Stadt Mauretaniens am atlantischen Ocean bis zum
Nil ging eine gut unterhaltene, alle Hauptstädte des Binnenlandes
berührende Straße, von welcher Seitenwege nach den nahgelegenen
Seehäfen führten. Der wißbegierige Eifer und der energische Thä-
tigkeitstrieb des Arabers begnügten sich aber nicht mit der bekann-
ten Straße. Es trieb ihn, selbst zu sehen was jenseits der Schnee-
gipfel des Atlas und der Schrecknisse der Sahara an dem großen
fabelhaften Strome lag, von dessen Schätzen er in den Denkmälern
des Alterthums Beweise fand. Die Religion und der Handel der
Araber sind bis tief in das Innere Afrika's gedrungen. Karawa-
nen durchzogen von allen Seiten die Wüste, die alten Wege wur-
den aufgefunden, neue hinzugefügt, unter den schwarzen Völkern
Moscheen gebaut und um die Moscheen Bazare eingerichtet.
Den blühenden Zustand der Provinzen Afrika und Mauretanien
übertraf noch der von Aegypten. Bei seiner Lage und natürlichen
Beschaffenheit mußte dieses Land bis zur Entdeckung Amerika's der
Durchgangspunkt des Welthandels sein und bleiben und eine Reihe
von Kulturepochen erleben, die es inmitten allgemeiner Zerstörung
aufrecht erhielten. Die arabische Herrschaft überschritt nur wenig
die Grenzen des alten Aegyptens; Assuan in der Nähe der In-
seln Elephantine und Philä war die letzte Besitzung; allein der Is-
lam war viel weiter nach Süden verbreitet, und die arabischen Han-
delszüge lassen sich bis tief nach Abyssinien, bis zur Meeresküste ver-
folgen, wo sie mit den Seefahrern zusammentrafen. Elfenbein, Gold,
Sklaven, Leopardenfelle, Ambra, Schildpatt, Honig, Wachs und
andere Erzeugnisse des Landes wurden gegen Spezereien, Gewürze
und Fabrikate umgesetzt. Die Verbindung der Seeplätze mit dem
Binnenland war schon durch die Nothwendigkeit geboten, ihre ge-
wöhnlichsten Lebensbedürfnisse von daher zu beziehen. Denn so san-
(24 *
TM Hauptwörter (50): [T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone]]
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Extrahierte Ortsnamen: Spanien Sicilien Mauretanien Oran Ceuta Tanger Spanien Mauretaniens Afrika Mauretanien Assuan
372
big und unfruchtbar das Ufer war, so fruchtbar und gesegnet das
Innere. Die Karawanen fanden daher außer den erwähnten Lan-
desprodukten auch in Getraide und Früchten eine ergiebige Ladung,
um sie den Bewohnern der Küste zu verkaufen. Auch die herrlichen
Pferde Abyssiniens scheinen ein Gegenstand des Handels gewesen
zu sein. Es scheint jetzt kein Zweifel mehr obzuwalten, daß die
Araber das alte Meroe unter dem Namen Alluah an der Grenze
des heutigen Sennaar gekannt und des Handels wegen besucht
haben. Stand auch die Stadt Meroe nicht mehr, so war es ein
andrer Platz nicht weit davon, mit Namen Suba, welcher die Re-
sidenz mächtiger Fürsten und zugleich der Stapelplatz für den Nil-
handel und für den arabisch-abyssinisch-indischen Verkehr war.
Der arabische Handel so wenig, als der der Ptolemäer würde
den Umfang und Einfluß gehabt haben, wäre nicht das eigentliche
Aegypten zugleich ein so hervorragender Sitz allgemeiner Kultur
und ein Mittelpunkt des Weltverkehrs gewesen. In Aegypten zeig-
ten die Araber ihre Meisterschaft im Feldbau, indem sie durch
sinnreiche Wasserwerke und Kanäle einen bedeutenden Umfang
zeither unfruchtbaren Landes für den Anbau gewannen und Aegyp-
ten zur Kornkammer Arabiens machten. Behufs leichterer Zufuhr
wurde der alte Kanal der Ptolemäer zwischen Suez und dem Nil
wieder aufgegraben. In Oberägypten gab der Bergbau reiche
Ausbeute an Edelsteinen, Eisen, Kupfer und Asbest. Die In-
dustrie blühte vorzüglich in Unterägypten; man verfertigte die feinsten
Gewebe in Seide, Baumwolle und Linnen, kunstvoll mit Gold durch-
wirkt, Teppiche, Zelte, Pferdedecken, Mäntel aus Ziegenhaaren,
Reitzeug und andere Gegenstände des Luxus.
In Spanien haben die Araber einen höchst wohlthätigen Ein-
fluß auf Handel, Gewerbe und Ackerbau, auf geistige und
materielle Kultur ausgeübt. Spanien hat später die Welt beherrscht,
aber größeren Wohlstand, mehr politische und religiöse Toleranz,
reicheren Anbau seines herrlichen Bodens, als unter den Arabern,
hat man nicht wieder gesehen. Spanien lag zerstört und entvölkert
als die Araber Besitz ergriffen; aber nach hundert Jahren bot das
Land ein anziehendes Bild des Gedeihens und des Ueberflusses dar.
Den Arabern verdankt Spanien das Zuckerrohr, die Baumwollen-
staude und die Seide. Die Bergwerke lieferten wieder, wie zur
Zeit der Phönicier, reichen Ertrag an Silber, Quecksilber und
Edelsteinen. In hohem Grade entwickelte sich die Industrie, Tücher
von Murcia, Seidenzeuge von Granada und Muieria, Waffen aus
Toledo, Baumwollenpapier von Laliba hatten Absatz durch die ganze
Welt. Von der Pracht und Herrlichkeit der Hauptstädte erzählen
noch jetzt die Bauw erke.
Auch Sicilien hob sich unter der Herrschaft der Araber (826
— 1072) rasch zu der alten Blüthe und Wohlhabenheit empor. Die
einheimischen Produkte wurden durch Zucker, Baumwolle, Manna
vermehrt. Syrakus und Marsala wurden die Hauptplätze ei-
nes lebhaften Handels.
Wir wollen zuletzt auch von der Schifffahrt und dem See-
handel der Araber berichten. Schon die Lage Arabiens zwischen
zwei großen Meerbusen mußte den Sinn des Volkes früh der See
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit], T15: [Wein Getreide Baumwolle Tabak Kaffee Obst Weizen Reis Zucker Kartoffel]]
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370
nördlichen Ende des kaspischen Meeres ziemlich auf derselben Stelle,
wo das heutige Astrachan steht. Der Hafen vereinigt die Vorzüge
eines See- und Flußhafens, denn in ihm mündet die Wolga. Alle
Erzeugnisse des Südens, welche im Norden Absah finden, kamen
hier gegen nordische Produkte in Umtausch: Früchte, Weine, Ge-
würze, gewebte Stoffe, Parfümerien, Luxusartikel, gegen Pelzwerk,
Felle, Honig, Wachs, Talg, Hanf, Tauwerk, Schiffsbauholz. Der
arabische Kaufmann drang auf der Wolga weiter nach Norden zu
den Bulgaren. Deren Hauptstadt Bulgar scheint in der Nähe des
heutigen Kasan gestanden zu haben. In Bulgar trafen die Araber
mit den Russen zusammen und erhielten von diesen die von der ara-
bischen Mode begehrten Pelze, vorzüglich Hermeline und Zobel, so-
dann Biberfelle, Sklaven und Bernstein. — Am schwächsten war
der Handel mit Constantinopel. Die Engherzigkeit und Be-
schränktheit der griechischen Regierung betrachtete die Araber fort-
während als Barbaren mit Geringschätzung, und das Selbstgefühl
der Araber wurde durch den Stolz der Griechen zurückgestoßen, ob-
gleich die Araber aus der griechischen Literatur vieles sich aneigne-
ten. Jenseits des Bosporus konnten die Khalifen nicht festen Fuß
fassen, aber Kleinasien wurde der Schauplatz beständiger Kriege.
Der geringe Verkehr, der zu Zeiten kurzer Friedeusverträge statt
fand, ging hauptsächlich über Syrien und die Grenzstadt Tarsus.
Erst gegen das Ende des zehnten Jahrhunderts kamen die Araber
des Handels wegen nach Constantinopel.
In Afrika ist es die arabische Herrschaft allein, welche Kul-
turzustände hervorruft; außer ihr ist eine wilde Natur und Mensch-
heit. Das Alterthum bietet in Afrika durch eine Anzahl unabhän-
giger Staaten und die Mannigfaltigkeit ihrer Verfassungen ein in-
teressanteres Bild, als die arabische Periode, welche vom Nil bis
zum Ocean nur eine Losung kennt. Dafür ist aber auch die mo-
hammedanische Herrschaft in Afrika dauernder gewesen und hat mit
ihrer Bildung eine bleibende Einwirkung auf den Erdtheil ausgeübt.
Die Staaten des Alterthums waren meist des Handels wegen ge-
gründete Kolonien, und die Kultur beschränkte sich fast nur auf ihr
kleines Gebiet. Jene Verschmelzung der Völker, wie wir sie unter
den Araberp in Afrika bemerken, konnte nur die Folge einer Reli-
gion sein, welche dem Staate wie dem Einzelnen sein Leben und
seine bürgerlichen Gesetze unwandelbar vorschrieb. Der Handel er-
gänzte dann das Werk der Religion. Aus vandalischer Verwilderung
fand Afrika seine frühere Blüthe wieder. Der Glaube verband
Afrika mit der mohammedanischen Gesammtheit, die Politik jedoch
trennte es frühzeitig von der weltlichen Oberherrschaft der Khalifen.
Es bildete ein eigenes Reich, in welchem wieder drei von einander
so gut wie unabhängige Statthaltereien mit eigenen erblichen Dy-
nastien erscheinen, Mauretanien, Afrika und Aegypten. Maure-
tanien begriff den nordwestlichen Theil, Fez und Marokko, Afrika,
Algier, Tunis und Tripolis, und Aegypten seine alten Grenzen.
Dem Umfang nach war Afrika die größte Provinz; im Innern
eine brennende Sandwüste, aber an den Küsten fruchtbar; besonders
gedieh die Viehzucht; auch Getraide kam in Barka zur Ausfuhr.
Zucker- und Baumwollenpflanzungen waren allgemein, und die rei-
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Extrahierte Personennamen: Zobel Bernstein Tarsus
Extrahierte Ortsnamen: Kasan Constantinopel Constantinopel Afrika Afrika Afrika Afrika Afrika Afrika Mauretanien Afrika Marokko Afrika Algier Tunis Tripolis Afrika Barka
89
cm den Küsten des baltischen Meeres geholt oder durch Zwischenhan-
del bezogen haben. Die karthagischen Kolonien an der Westküste
von Afrika, an den Küsten des jetzigen Fez und Marocko, beweisen
den Verkehr mit den dortigen afrikanischen Völkerschaften. Der
Hauptmarkt dieses Handels war die Insel Cerne. Die Karthager
brachten allerhand Putzsachen für Frauen, Geschirr für Pferde, künst-
liche Becher, irdene Gefäße, Wein und ägyptisches Linnen dahin
und tauschten dagegen Elephantenzähne, Häute und Fische ein.
Aus Herodot sehen wir, daß die Karthager noch südlicher bis zu
den Goldländern, welche erst am Senegal beginnen, gekommen sind.
Sie tauschten daselbst durch eine Art stummen Handel, durch Hin-
legen der Waaren ohne mit den Einwohnern zu verkehren, gegen
ihre Waaren Gold ein. Noch jetzt wird nach der Erzählung neue-
rer Reisenden in jenen Gegenden auf diese Weise der Tauschhandel
getrieben.
Ueber den Landhandel der Karthager haben wir weniger Nach- L-mdhandcl.
richten; doch reicht das von Herodot über den inneren Verkehr von
Afrika Mitgetheilte hin, um uns sowohl den großen Umfang jenes
Handels, als auch die Aehnlichkeit mit dem jetzigen erkennen zu las-
sen. Er wurde durch Karavanen geführt, welche die zwischen den
Syrten lebenden Nomaden-Völker bildeten. Eine Karavanenstraße
führte von Oberägypten über das alte Ammonium und Augila zu
den Garamanten, den Bewohnern des heutigen Fezzan; eine andere
noch weiter südlich zu den im Süden der Wüste gelegenen Gold-
ländern. Gegenstände dieses Handels waren: Salz, Datteln, Skla-
ven, Gold und Edelsteine.
Die Karthager hatten von jeher ihr Hauptaugenmerk auf die Kriegswesen.
Ausbildung ihrer Seemacht gerichtet und sie übertrafen durch die
leichtere Bauart ihrer Schiffe und durch Gewandtheit in den Be-
wegungen sogar die griechischen Seestaaten auf Sicilicn. Die Kar-
thager waren im Seewesen im westlichen Theile des Mittelmeeres
eben so berühmt als die Rhodier im Osten. Der Hafen zu Karthago
war der Hauptkriegshafen, in welchem für 220 Kriegsschiffe Docken
angelegt waren, und^ über denselben Magazine, welche alles zur
Ausrüstung der Schiffe Nöthige enthielten. Die Heere der Kartha-
ger bestanden nur zu einem kleinen Theile aus Bürgern, größten-
theils aus Söldnern und Truppen der unterworfenen Völker. Nu-
midier, Libyer, Mauren und andere afrikanische Unterthanen, sowie
später Eingeborne von Spanien und Gallien bildeten mit kampa-
nischen und griechischen Söldnern das Landheer und die Beman-
nung der Flotte. In Zeiten der Noth bewaffnete man sogar auch
die Sklaven der Stadt. Solche Heere konnten nur durch harte
Strafen in ihrer Psticht gehalten werden. Auch gegen die Führer,
die doch karthagische Bürger waren, verfuhr man mit großer Strenge,
weil Truppen solcher Art von einem ehrgeizigen Führer leicht ge-
wonnen und gegen den Staat selbst gebraucht werden konnten.
Griechische Söldner und Generale nahmen die Karthager aus Vor-
sicht nur selten in Dienste und entließen sie dann sobald als mög-
lich, weil sie die Ueberlegenheit der Griechen im Kriegswesen kann-
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Extrahierte Personennamen: Herodot Herodot
Extrahierte Ortsnamen: Afrika Senegal Afrika Karthago Spanien Gallien
24
Indo-Germa-
nen und Se-
miten.
1) Kostbarkeiten, edle Metalle, Gold, Silber, Edelsteine und Perlen;
2) Waaren zur Bekleidung, Wolle, Baumwolle, Seide und Pelzwerk;
3) Specereieu, Gewürze und Näucherwerk.
Im Allgemeinen ist es die kaukasische Race, und von ihr wie-
der die beiden großen Sprach- und Völkerfamilien der Judo-Ger-
manen und Semiten, welche auch in Asien das größte Interesse dar-
bieten. Die älteste Geschichte findet die Völker dieser Race, wie
noch heutzutage, über den Südwesten von Asien verbreitet. Nach
der Sprachverwandtschaft zählt mau jetzt zu den Semiten nicht nur
die Hebräer und Araber, sondern auch alle diejenigen Völker, welche
eine den Sprachen dieser Volksstämmc verwandte redeten. In die-
sem ausgedehnten Sinne erstreckte sich das semitische Sprachgebiet
ursprünglich über den größten Theil Vorderasiens, von den armeni-
schen Gebirgen bis zur Südspitze Arabiens, und von dem Tigris
bis zum Mittelmeer, und erscheint also in merkwürdiger Weise wie
eingesprengt in das ungleich größere Gebiet der indo-germanischen
Sprachen, zu welchen in Asien die der alten Inder und Jranier,
in Europa die der Griechen und Römer, der deutschen, slavischen
und lettischen Völker gerechnet werden.
Seit der ältesten Zeit war die Entwickelung aller höhern Bil-
dung im Besitze dieser beiden großen Völkergruppen; sie übertreffen
alle anderen Völker in der Entdeckung der nützlichen Künste, der
Einrichtung des Staates, der Vervollkommnung der gesellschaftlichen
Zustände, in der Hervorbringung der herrlichsten Werke der schönen
Kunst. Seit einer Reihe von Jahrhunderten hat sich die höhere
Bildung mehr und mehr auf die Indo-Germanen koncentrirt. Beide
Völkerfamilien haben sich eigenthümlich entwickelt, sie haben trotzdem
vielfältig von einander gelernt und auf einander gewirkt, aber auch
in großen geistigen und materiellen Kämpfen ihre Kräfte gegen ein-
ander versucht. Eine bedeutsame Verschiedenheit angcborner Eigen-
schaften findet unter ihnen statt. Die Semiten besitzen nicht das
harmonische Gleichmaß aller Seelenkräfte, durch welches die Indo-
Germanen sich auszeichnen. Eigenthümlich ist den Semiten ein groß-
ßer Scharfsinn, ein kühner rastloser Unternehmungsgeist, große Lei-
denschaftlichkeit und Sinnlichkeit. Die Anschauungsweise des Se-
miten ist subjektiv und egoistisch. Daher ist seine Poesie lyrisch;
das Epos, bei dem das Ich des Dichters vor dem Gegenstände zu-
rücktritt, gelingt ihm nicht, noch weniger das Drama. Von den
übrigen schönen Künsten liebt er am meisten die Musik, die der un-
mittelbarste Ausdruck des bewegten Gemüths ist. Die großen Schö-
pfungen der Skulptur und Malerei gehören nur den Indo-Germanen.
Die Semiten zeigen ein eifriges Streben nach Erkenntniß des Gött-
lichen; von ihnen sind die monotheistischen Religionen ausgegangen.
In seiner Religion aber ist der Semite selbstsüchtig und ausschlie-
ßend; Jehovah ist nur der Gott der Hebräer; alle anderen Götter
sind falsch. Und wenn auch Allah nicht allein der Gott der Araber
sein, sondern sich die ganze Welt unterwerfen will, so ist sein We-
sen doch ebenso egoistisch; auch erbestreitet jedem andern Gotte jedes
Moment der Wahrheit. Die Semiten mußten ihrer Lehre nach in-
tolerant und zum Fanatismus, wie zur starren Anhänglichkeit an ihr
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Extrahierte Ortsnamen: Asien Asien Vorderasiens Arabiens Asien Europa
84
Der auf dem
Bauernstand
lastende Druck.
gensatz gegen Luther und die Majorität der Reichsstände. Man beschloß
ferner den Gottesdienst nach der Weise der Väter ungeändert aufrecht
zu erhalten. Den Einfluß Luthers suchte man für die Zukunft unmög-
lich zu machen. Dessen Bücher wurden aufs neue verboten. Allen
Unterthanen der vereinigten Fürsten wurde die Universität Wittenberg bei
schweren Strafen, sogar dem Verluste des Ecbtheils, untersagt. Auch
die Mißbräuche, die eine so allgemeine Gährung veranlaßt hatten, war
man abzustellen bedacht. Alle Erpreflungen der niedern Geistlichkeit,
die das gemeine Volk so schwierig machten, wurden aufgehoben; die
Verhältnisse der Pfarrer zu ihren Gemeinden sollten geordnet, die Fest-
tage vermindert werden. Man verpflichtete sich zu sorgfältigerer Be-
rücksichtigung persönlicher Würdigkeit bei der Anstellung der Geistlichen.
Die Prediger wurden zu größerem Ernst, zur Verminderung aller Mähr-
chen und unhaltbaren Behauptungen, die Priester zu sittlichem, unsträf-
lichem Wandel angewiesen. Es waren diese Beschlüsse die erste Wirkung
der Reformarionsbewegung auf die innere Erneuerung des Katholicismus.
Worüber in Speier unter dem Gesichtspunkte der nationalen Einheit und
ihrer Bedürfnisse zu Rathe gegangen, Beschluß gefaßt werden sollte, dar-
über setzten hier die vereinigten Gewalten einseitige Maßregeln fest. Aber
eben dadurch riß man sich los von der großen freien Entwickelung, in
der die deutsche Nation begriffen war. Man versäumte in Rom nichts
um den Kaiser zu gewinnen, und dieser verbot bei Vermeidung des Ver-
brechens der beleidigten Majestät, Acht und Oberachr die Versammlung
in Speier. Die deutschen Fürsten waren zum Theil unzufrieden mit
dem Kaiser und uneinig unter einander. Die Einheit der Reichsregie-
rung, welche mehr aus einem vertraulichen Verständniß der vorherrschen-
den Fürsten, als auf Einrichtungen beruhte, löste sich ganz aus. In den
durch die regensburger Beschlüsse vereinigten Gebieten begann die Ver-
folgung, bald blieb man bei unblutigen Maßregeln stehen, bald schritt
man auch zu den grausamsten Executionen. Dagegen that man auch
auf der anderen Seite entschiedene Schritte. Die Städte beschlossen
zuerst auf einem Städtetag zu Speier, daß von ihren Predigern nichts
als das Evangelium gepredigt werden solle, dann auf einem Tag zu Ulm,
sich gegen jeden Versuch zur Ausführung des wormser Edictes einander
zu Hülfe zu kommen. Zu den Städten gesellte sich auch ein Theil der
Grafen und Herrn, und auch eine Anzahl Fürsten erklärte sich auf eine
dem regensburger Bündniß entgegengesetzte Weise. Markgraf Casimir
von Brandenburg kam mit seinen Ständen überein, daß nur das heilige
Evangelium und Gotteswort alten und neuen Testamentes nach rechtem
wahren Verstand lauter und rein gepredigt werden solle. Landgraf
Philipp von Hessen, welcher sich immer mehr in die eigenthümlichen
Ansichten der neuen Lehre vertiefte, erklärte, er wolle eher Leib und Le-
den, Land und Leute lassen, als von Gottes Wort weichen. Eine Hin-
neigung zur neuen Lehre zeigten auch der Kurfürst von der Pfalz, der
vertriebene Herzog von Wirtemberg, Herzog Ernst von Lüneburg, König
Friedrich I. von Dänemark und endlich auch ein mächtiger geistlicher
Fürst, der Hochmeister Albrecht von Preußen.
Im Laufe der Jahrhunderte hatte die Ungerechtigkeit Lasten und
Leistungen ohne Zahl auf das Volk gehäuft. Adel und Geist-
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Extrahierte Personennamen: Ernst Casimir
von_Brandenburg Philipp_von_Hessen Philipp Wirtemberg Ernst_von_Lüneburg Ernst Friedrich_I._von_Dänemark Friedrich_I. Albrecht_von_Preußen Albrecht
128
Rudolf Ii.
nähme und Unterstützung bei dem Herzoge Johann Friedrich von
Sachsen. Er wußte diesem vorzuspiegeln, daß er ihm wieder zu den
Ländern und der Kurwürde seines Vaters verhelfen könne. Der Herzog
überließ sich diesen Täuschungen um so mehr, da es dem schlauen Grum-
bach gelang, selbst den Kanzler Brück, des Herzogs vertrauten Rath,
für sich zu gewinnen. Im Vertrauen auf diesen Schutz warb Grumbach
Reiter und übersiel und plünderte Würzburg (1563). Da trotz aller
Abmahnungen und Befehle des Kaisers der Herzog Johann Friedrich sich
nicht bewegen ließ den geächteten Grumbach von sich zu entlaffen, so
wurde die Acht auch gegen den Herzog ausgesprochen und dem Kur-
fürsten August von Sachsen die Vollstreckung der Acht übertragen. Mit
40,000 Mann zog August vor Gotha, am Christfest 1566, und berannte
es, bis Bürger und Soldknechte, des Kampfes müde, sich Grumbachs
und des Kanzlers Brück bemächtigten und dem Kurfürsten die Thore
öffneten, am 13. April 1567. Grumbach und Brück wurden vor den
Thoren der Stadt geviertheilt; der Herzog als Gefangener nach Wien
abgeführt und 28 Jahre, bis zu seinem Tode, in strenger Haft gehalten.
Das Land wurde dem jüngeren Bruder des Herzogs, Johann Wilhelm
übergeben, und erst 1570 erhielten es die beiden Söhne Johann Fried-
richs zurück.
Rudolf Ii. (1576 —1612) war schon bei Lebzeiten seines Vaters
Maximilian zum römischen König gewählt und gekrönt worden. Er
hatte längere Zeit in Spanien am Hofe Philipps Ii. gelebt, und das
mag zu der trägen Gleichgültigkeit etwas beigetragen haben, mit der er
die Geschäfte betrieb. Der unduldsame Geist Philipps war auf ihn
übergegangen; Jesuiten leiteten alle seine Schritte und waren schuld
an der feindseligen Gesinnung, welche Rudolf gegen die Protestan-
ten stets zeigte. Er war von Natur sorglos, ohne Kraft zum Wollen
und zum Handeln und überließ die Regierung seinen Räthen und Günft-
lingen. Die Wiffenschaften gingen Rudolf über alles. Er begrub sich in
die Einsamkeit des prächtigen Schlosses zum Hradschin, zwischen Retorten
und Globen, Schriften und Zirkeln. Dort besprach er mit Tycho de
Brahe, später mit Keppler den Gang der Gestirne; mit ihnen ar-
beitete er halbe Nächte hindurch, um Reichsgeschäfte unbekümmert. Ein-
geschlossen in sein Laboratorium oder in seine Sternwarte hörte er auf
die Weisheit derer, die ihn um sein Geld brachten, unter dem Vorgeben
ihn solches kochen zu lehren, und indem er die Zukunft zu enthüllen
trachtete, vergaß er die Gegenwart. Ec war ein Freund der Naturge-
schichte und der Gartenkunst; er wandte große Summen auf schöne Ge-
mälde, Gemmen, Statuen und Alterthümer. Auch war er ein großer
Pferdekenner und ging stundenlang in seinen Ställen auf und ab. Mancher,
der ein Gesuch an ihn hatte, mischte sich unter das Stallgesinde, um
Gehör zu bekommen. Das gewaltige Rauschen der Zeit, die ernster und
ernster ihn mahnte, verstand Rudolf nicht. Ec alterte freudelos zwischen
seinen Schätzen, ohne Weib, ohne Freund, ohne Beruhigung in
der Brust.
Als Rudolf Ii. den Kaiserthron bestieg, herrschte in Deutschland die
protestantische Lehre vor; sie galt in Ober- wie in Niedersachsen, war in
Westphalen verbreitet, überwog in Fulda, in Würzburg und am Rhein
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TM Hauptwörter (200): [T55: [Friedrich Kaiser Kurfürst Herzog Sachsen Johann Karl Land Bayern Wilhelm], T97: [Heinrich Herzog Graf Erzbischof König Grafe Kaiser Stadt Herr Mainz], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen]]
Extrahierte Personennamen: Rudolf_Ii Rudolf Johann_Friedrich_von
Sachsen Johann Friedrich Grumbach Johann_Friedrich Johann Friedrich August August Grumbachs Johann_Wilhelm Johann Wilhelm Söhne_Johann_Fried- Johann Rudolf_Ii Rudolf Maximilian Maximilian Philipps Philipps Philipps Rudolf Rudolf Rudolf Rudolf Keppler Rudolf Rudolf Rudolf_Ii Rudolf
Extrahierte Ortsnamen: Sachsen Gotha Wien Spanien Deutschland Niedersachsen Fulda Würzburg
— 177 —
fuhrartikel sind: Seide und Seidenwaren, Thee, Reis, Kampfer,
Kupfer, Porzellan, Lack- und Papierware!?.
Japan zählt auf einem Flächenraum von 417 000 qkm 45 Mil
lionen E., ist also dichter bevölkert als das Deutsche Reich. — Die
Japaner (Bild 58) sind -— im Gegensatze zu den stammverwandten
Chinesen — dem europäischen Einflüsse leicht zugänglich, sehr gut
begabt und ungemein strebsam, die Errungenschaften der christlichen
Bild 58. Heiden in Japan bei einer religiösen Feier.
Civilisation sich anzueignen. Darum haben sich in Japan so schnell
wie in keinem andern asiatischen Staate europäische Sitten und Ein-
richtungen eingebürgert. Eisenbahnen und Telegraphen durchziehen
das Land; überall erstehen Fabriken; die Staatsverfassung und
Verwaltung, das Heer- und Unterrichtswesen sind nach europäischem
Muster eingerichtet. In ihrem Wesen freundlich und zuvorkommend,
doch mit Würde und Selbstbewußtsein, können die Japaner durch ein
ausgesprochenes Gefühl für Anstand und Schicklichkeit manchem
Europäer zuin Vorbild dienen.
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— 203
Portugal besitzt einen Teil von Senegambien sowie Angola,
das große Gebiet südlich der Kongomündung.
Der uuter der Souveränität des Königs der Belgier stehende
Kongo st aat (auf 2 250 000 qkm und 14 Mill. E. geschätzt)
reicht nur mit einem schmalen Streifen bis an die Mündung des
Kongo, breitet sich aber in Centralasrika über den größten Teil
seines Stromgebietes aus.
(Bodenbeschaffenheit, Klima und Produkte der aufgezählten Ge-
biete sind zumeist ähulich wie in Kamerun, siehe unten.)
Deutsche Schutzgebiete sind: 1. Togo, 2. Kamerun,
3. Deutsch-Südwestafrika.
Togo (82 000 qkm und 21/4 Mill. E., darunter etwa
100 Deutsche) liegt in Oberguinea zwischen der englischen Goldküste
und dem französischen Dahome. Die Küste, nnr etwa 60 km lang,
ist wegen der heftigen Brandung schwer zugänglich. Nach innen
steigt das Land allmählich zu einer fruchtbaren, wohlbebanten Hoch-
ebene und gut bewaldeten Gebirgszügen an. Die wichtigsten Er-
zeugnisse sind Palmöl, Palmkerne und Kautschuk. Haupthafen ist
Klein-Popo (5000 E.), Regierungssitz Lome (4000 E.).
Kamerun (zu 495 000 qkm, also fast so groß wie das Deutsche
Reich, und 3 Mill. E. geschützt, unter denen 250 Deutsche) liegt
am innersten Teil des Guiueabusens zwischen Französisch-Kongo und
Britisch-Nigerland. Die Ostgrenze bildet im allgemeinen der 15.°
östl. L. von Greenwich bis zum Tsadsee. Nach seiner Oberflächen-
gestalt besteht Kamerun aus einem schmalen, sumpfigen, feucht heißen
und ungesunden Küstengebiet, das von einem Urwaldgürtel umschlossen
wird. Jenseits desselben erhebt sich ein grasreiches, ziemlich gesundes
Hochland, das im Norden zu dem Gebirge von Adamaua ansteigt.
Doch steigt auch aus dem Küstenlande das vulkauische Kamerun-
gebirge (4000 in) empor. Die zahlreichen Flüsse sind wegen der
Stromschnellen nur streckenweise schiffbar. Die wichtigsten Ausfuhr-
artikel sind Kautschuk, Palmöl, Palmkerne und Elfenbein. In neuester
Zeit sind mit wachsendem Ersolg Kakao- und Kaffeepflanzuugen an-
gelegt worden. Handelsmittelpunkt und Regierungssitz ist Kamerun.
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— 207
Nördlich schließt sich daran das deutsche Schutzgebiet Deutsch-
Ostafrika (941000 qkm, also fast zweimal so groß als Deutschland,
und 3 Mill. E., darunter etwa 700 Deutsche). Das Gebiet erstreckt
sich an der Küste vom Rovuma bis zum Wangafluß und landeinwärts
über den Kilima-Ndscharo quer durch den Victoriasee und entlang
dem Tauganyika- und Nyassasee. Die politischen Grenzen sind:
Im Norden Britisch-Ostasrika, im Westen der Kongostaat, im Süden
Britisch-Centralasrika und der portugiesische Freistaat von Ostafrika.
Bild 75. Abessinier (König Menelik Ii.). und reichlichen Ertrag. Bei dem
lichen Verkehrsweges in das Innere kann der in Aussicht genommene
Bau einer Eisenbahn für die Erschließung des Landes und Förderung
des Handels von großer Bedeutung werden. Ausfuhrartikel siud: Elfen-
bein, Kautschuk (verdickter Saft einer Schlingpflanze), Kopal (bernstein-
artiges Harz) und Tabak. Der Regierungssitz ist Dar-es-Saläm
mit 6000 E. (Bild 74). Größere Handelsplätze sind: Tanga (4000 E.),
Pangani (4000 E.) und vor allem Bagamoyo (10000 E.).
Britisch-Ostasrika (über 1 Mill. qkm mit angeblich
6 Mill. E.) umschließt das Saud nördlich von Deutsch-Ostafrika bis
zum Jubfluß. Hauptort ist Mombasa (15 000 E.).
Das Kaiserreich Abessinien (Habesch) (508 000 qkm, 41f2 Mill.
E.) auf dem mächtigen, schwer zugänglichen Hochland gl. N. ist ein
Wie Kamerun, so hat auch
Deutsch-Ostafrika einen schmalen,
stark bewässerten, fruchtbaren,
aber ungesunden Küstenstrich, dem
sich nach innen ein grasreiches,
von Gebirgen durchzogenes Hoch-
land anschließt. An der Nord-
grenze erhebt sich die vulkauische
p fruchtbar. Die Anpflanzung von
Kaffee und Tabak verspricht guten
Masse des Kilima-Ndscharo bis
zu 6130 m. Das Gebiet ist
vollständigen Mangel eines natür-
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Tauganyika- Süden
Britisch-Centralasrika Ostafrika Britisch-Ostasrika Deutsch-Ostafrika Mombasa Abessinien Kamerun Deutsch-Ostafrika