§. 29, 1. Die Kultur der Griechen. Kunst und Wissenschaft. 183
in der Natur, im Feuer, in der Luft, im Wasser und in der Erde den Grund alles Seins zu finden, während ihn Pythagoras von Samos (584—504) durch Zahl und Maß lösen wollte und bereits die Einheit Gottes erkannte. Da seine Lehren unter der Herrschaft des Polykrates in feinet Heimat keinen empfänglichen Boden gefunden hatten, so war er nach der griechischen Kolonie Kroton in Unteritalien gegangen. Dort stiftete er den pythagoräischen Bund. Er wohnte mit feinen Schülern in einem Hause zusammen, empfahl die Reinheit des Körpers und der Seele, sowie strenge Mäßigkeit und innige Freundschaft (Dämon und Phinthias). Er schätzte auch die Musik und war ein vorzüglicher Mathematiker, wie „der pythagoräische Lehrsatz" es bekundet. Wie er, so beschäftigten sich die Griechen gern mit der Weltweisheit; so geschah es unter den leichtfertigen Sophisten in Athen, so durch Sokrates (§. 23). Die Schüler des Sokrates bauten feine Lehre weiter aus. Antisthenes wurde ein Muster der Bedürfnislosigkeit. Dessen Schüler Zeno (320) trug feine Sehre in der Säulenhalle (Stoa) zu Athen vor und wurde der Stifter der stoischen Schule, welche die Tugend für das einzige Gut erklärte und kein Übel zu kennen behauptete, als Unwissenheit und Laster. Darum waren die Hauptpflichten der Stoiker, zu denen sich die größten Männer des Altertums bekannten, streng nach den Vorschriften der Sittlichkeit zu leben, Tugend zu üben und gegen die Wechfelfälle des Glückes gleichgültig zu fein. Über das Leben und die Lehre des Sokrates haben uns feine beiden bekanntesten Schüler, Xenophon und Platon, anziehende Berichte hinterlassen. Von Platons Schriften sind uns 35 Dialoge erhalten. Die Lehre des Sokrates und Plato hat des letzteren Schüler Aristoteles aus Stagira (384—322), der Lehrer Alexanders des Großen, zu einer Wissenschaft ausgebildet. Er ist Stifter der penpatetifchen Schule, die von den Schattengängen im Lyceum zu Athen, wo Aristoteles hin- und hergehend zu philosophieren pflegte, diesen Namen erhielt. Aristoteles war nicht bloß Philosoph, sondern überhaupt der wissenschaftlichste Gelehrte des Altertums. Er ist auch der Verfasser des ersten ausführlicheren naturbefchreibenden Werkes auf einer wissenschaftlichen Grundlage; aber nur ein Teil feiner Werke ist uns erhalten. Gleichzeitig mit Aristoteles lebte Diogenes aus Sinope (§. 27, 1), welcher die Genügsamkeit für die rechte Weisheit hielt, aber dadurch zu einer einseitigen Verachtung des Anstandes und der Schicklichkeit verleitet wurde. Solche Leute hießen Cyniker. Aristipp von Kyrene stellte den Lebensgenuß als obersten Grundsatz auf. Sein Schüler Epikur (270) brachte die Kunst des Genießens
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Extrahierte Personennamen: Zeno_( Schüler_Aristoteles Alexanders Aristoteles Aristoteles Aristoteles
208
Dritter Abschnitt. Erster Zeitraum.
schleuderten sie ihre Schilde auf die Jungfrau und töteten sie; denn auch die Schilde trugen sie am linken Arme. Jetzt kam es zum Kampfe zwischen den Römern und Sabinern, und den letztem schien das Glück hold zu fein. Da stürzten auf einmal mitten im heftigen Streit die geraubten sabinischen Frauen unter die Kämpfenden und wußten dieselben durch Bitten und Vorstellungen zu bewegen, Frieden zu schließen. Es kam ein Vertrag zu stände, durch welchen sich die Latiner und Sabiner zu einem Volke vereinigten und von Titus Tatius und Romulus gemeinsam regiert werden sollten. Nach deren Tode sollte abwechselnd ein Latiner und ein Sabiner die Königswürde erhalten, der vom Senat zu wählen und von der Volksgemeinde zu bestätigen sei. Die Sabiner erhielten Sitz und Stimme in dem Senat und siedelten sich auf dem quirinalischen Hügel an.
Als der Sabinerkönig nach 6 Jahren bei einem Volksauflauf den Tod fand, wurde Romulus Alleinherrscher über die vereinigten Gebiete. Er regierte im ganzen 37 Jahre über Rom und führte noch glückliche Kriege gegen die feindlichen Etrusker. Sein Ende war nach der Sage ein höchst wunderbares. Bei einer Musterung des Heeres entstand ein schweres Gewitter; die Sonne verfinsterte sich, und der Tag verwandelte sich in Nacht. Als die Sonne sich darnach wieder zeigte, war Romulus verschwunden, und dem bestürzten Volke wurde mitgeteilt, der Kriegsgott Mars habe ihn der Erde entrückt und zum Himmel emporgehoben. Lange Zeit verehrte das römische Volk den Romulus als einen Gott und nannte denselben Quirinus. Eine spätere Sage erzählt, daß Romulus von den Senatoren, welchen seine Herrschaft verhaßt gewesen, ermordet worden sei.
Die älteste Staatsverfassung. Die Bewohner des jungen Staates teilten sich in zwei Stände, in die Freien und Halbfreien. Die Freien bestanden aus den Familien, aus welchen die Stadt gebildet worden war, nebst deren Nachkommen. Die Familienhäupter derselben hießen die Väter (patres) der Stadt, ihre Nachkommen Patrizier. Die Halbfreien waren die später Eingewanderten oder Unterworfenen samt ihren Nachkommen. Sie führten den Namen Plebejer, waren von der Teilnahme an der Staatsregierung ausgeschlossen, hatten weder bürgerliche Rechte noch Pflichten und mußten sich vor Gericht von einem Patrizier vertreten lassen. Um diesen immer mehr anwachsenden Teil der Bevölkerung dem Staat eng zu verbinden, wurde das Patronat gestiftet, wonach jeder Plebejer sich als Klient oder Höriger einem Patrizier anschließen und gehorchen mußte. Dieser war fein Schutzherr (Patron) und Vertreter in allen Rechts-
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6
Erster Abschnitt.
das Menschengeschlecht durch eine große Überschwemmung, die Sintflut (d. H. allgemeine Flut) vertilgte, die mit Rücksicht auf ihre Veranlassung später Sündflut genannt wurde. Die Schöpfung der Welt setzt man gewöhnlich um das Jahr 4000 vor Chr. Geburt, die Sünbflut 2400 vor Chr. *).
Die Arche blieb, als die Gewässer sich verlaufen hatten, auf dem Berge Ararat stehen. Noah stieg aus, pflanzte Weinberge und streute Samen aus, nachdem er Gott für seine Rettung gedankt hatte. Seine 3 Söhne Sem, Ham und Japhet wurden die Stammväter neuer Völker auf der Erde. Die Semiten blieben in Asien und behielten das Gebiet des Euphrat und Tigris, die Kinder H a m s gingen nach Afrika, die Nachkommen I a p h e t s breiteten sich in dem nordwestlichen Asien aus und wanderten von dort in Europa ein.
Wie sie sich räumlich getrennt hatten, so wichen sie auch in Sprache, Lebensweise und Körperbildung allmählich immer mehr von einanber ab; nach Sprache und Lebensweise unterschieben sie sich in Völkerschaften, nach Körperbilbung und Hautfarbe teilt man die Menschheit in fünf Rassen ein. Diese sinb: 1) die weiße ober kaukasische Rasse, 2) die gelbe oder mongolische, 3) die schwarze, äthiopische oder Negerrasse, 4) die dunkelbraune oder malaische und 5) die kupferrote, amerikanische ober Jnbianer-rasse. Darunter sinb die der kaukasischen Rasse angehörenben Semiten und Arier ober Japhetiten die eigentlich weltgeschichtlichen Völker geworben.
§. 2. Die ifiinefßn.
Die Chinesen, im östlichen Asien an den Ufern des Hoangho und Jangtsekjang, sinb das einzige Volk mongolischer Rasse, welches sich im Altertum zu einem Kulturvolk entwickelte. Sie rühmen sich, das älteste Volk der Erde zu sein, und ihre Geschichte scheint bis 2000 v. Chr. hinauf zu reichen. Als Gründer des chinesischen Reiches, welches sie selbst „das Reich der Mitte" nennen, gilt Fohi. Er soll den Herrn des Himmels kennen gelehrt und zur Vereblung der Menschen die Ehe, Musik und Wortschrift eingeführt haben. Sein Nachfolger Hoangti opferte zuerst dem Himmel und den Ahnen,
*) Bemerkenswert bleibt die Übereinstimmung der Sagen vieler Völker von einer großen Flut mit der Darstellung der Bibel.
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8
Erster Abschnitt.
der im Himmel seine Wohnung hat, und drang darauf, daß die Menschen die uranfängliche Reinheit, welche sie vom Himmel erhalten hätten, wieder zu erlangen suchten. Er empfahl gutes Betragen und Gehorsam gegen Eltern und Staat als die Grundsäulen der Tugend und bezeichnete Selbsterkenntnis, treue Pflichterfüllung und Wohlwollen gegen andere Menschen als den Weg zum wahren Glück. Die Lehre des Konfucius ist Staatsreligion und der Kaiser Oberpriester. Dem Volke genügte diese einfache Lehre jedoch auf die Dauer nicht; daher hat seit 58 n. Chr. die Lehre des Buddha (§. 4) aus Indien Eingang gefunden und sich besonders im Süden Chinas und in Tibet verbreitet. Hier führt der Buddhismus, an dessen Spitze der Oberpriester, Dalai-Lama, steht, auch den Namen Lamaismus und wird durch Priester, Bonzen genannt, besonders unter den niederen Volksklassen gepflegt.
Die Kultur Chinas hat sich bei der natürlichen Abgeschlossenheit des Landes und der frühzeitigen Absperrung desselben höchst eigentümlich, aber auch seit langer Zeit auf derselben Entwicklungsstufe erhalten. Das chinesische Volk, dessen Sinn stets auf das Praktische und Nützliche gerichtet ist, zeichnet sich durch sein zähes Festhalten an dem Altherkömmlichen, seine Abneigung gegen alles Fremde, sowie durch seinen unbegrenzten Stolz auf seine Überlegenheit aus. China ist ihm noch heute der Mittelpunkt der Erde und berufen, über alle zu herrschen. Der Jugendunterricht beschäftigt, wo er überhaupt erteilt wird, mehr das Gedächtnis als den Verstand. Den Hauptgegenstand desselben bildet die Einprägung der Lehren des Konfucius. Viel Zeit erfordert das Erlernen des Lesens und Schreibens, da die Sprache sich aus einsilbigen Wörtern zusammensetzt und diese nicht durch Buchstaben, sondern durch eine große Zahl von Wortbildern bezeichnet werden. Die Litteratur zeigt Verstand aber keinen Geist; epische Dichtungen fehlen, die Lyrik weist einige zierlich gefetzte Lieder auf, das Drama ist Intriguen-stück. Die Baukunst schafft vielgefchofsige Türme mit ausgeschweiften Dächern, die mit Glöckchen verziert sind. Das bedeutendste Bauwerk dieser Art ist der im 15. Jahrhundert n. Chr. errichtete Porzellanturm in Nanking, der 9 Stufen hat und 66 m hoch ist. Die Malerei strebt nach Naturwahrheit und entwickelt Farbenpracht, ist aber geistlos.
Die Frauen nehmen wohl eine geachtete Stellung ein, sie sind aber ohne Bildung und von dem Umgang mit Männern ausgeschlossen. Die Trachten sind von Alters her die gleichen, das dünne Haar ist zum Teil abgeschoren, zum Teil in einen Zopf vereinigt, den selbst die Männer tragen. Um kleine Füße zu bekommen, pressen sie die Frauen von Jugend auf in kurze und enge Schuhe, fodaß die Füße verkrüppeln. Erst seit der Mitte des 19. Jahrhunderts ist China dem Verkehr mit Europa geöffnet; aber Christentum und europäische Kultur können in dem chinesischen Volke nur langsam Wurzel schlagen.
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Extrahierte Ortsnamen: Indien Chinas Tibet Dalai-Lama Chinas China Nanking China Europa
18
Erster Abschnitt.
Das Volk. Die Ägypter waren aus Asien über die Landenge von Suez eingewandert. An der Spitze des Volkes stand ein König, der Pharao d. i. der Erhabene genannt wurde. Er genoß als „Sohn der Sonne" (des Gottes Ra) göttliche Verehrung und vereinigte die höchste weltliche und priesterliche Gewalt in seinen Händen. Das Volk war in Kasten oder Stände eingeteilt, deren bis zu sieben unterschieden werden. Die erste Kaste bildeten die Priester. Diese waren an den Haupttempeln zu Priesterkollegien vereinigt, wirkten als Zeichendeuter, Richter, Ärzte, Baumeister zc., waren die Erzieher der Könige und nicht ohne Einfluß auf die Regierung des Landes. Aus ihrer Kaste ging der König entweder hervor, oder er wurde in dieselbe aufgenommen. Die zweite Kaste umfaßte die Krieger, welche sich mit den Königen und Priestern in den Besitz des Landes teilten, das sie zu verteidigen hatten. Diesen beiden bevorzugten Kasten folgte der Nährstand oder der erwerbende Teil der Bevölkerung, den man sich aus einer oder mehreren Kasten gebildet denkt. Er zerfiel in Ackerbauer, welche Land in Pacht hatten und dafür zinspflichtig waren, in Kaufleute, Handwerker, Nilschiffer und Hirten. Zu diesen kamen zur Zeit Pfammetichs noch die Dolmetscher. Unter den Hirten wurden die Schweinehirten, die vermutlich die Nachkommen einer unterworfenen Urbevölkerung bildeten, für unrein gehalten und von dem Besuche der Tempel ausgeschlossen. Sie waren Sklaven wie die Kriegsgefangenen. Innerhalb der einzelnen Stände wählten die Söhne gewöhnlich die Berufsart ihrer Väter, doch war auch die Wahl eines anderen Berufs, wozu Befähigung und Neigung trieb, nicht ausgeschlossen.
Die Sinnesart des ägyptischen Volkes war eine ernste und in dem rings von Wüsten umgebenen Lande mehr als bei irgend einem anderen Volke auf den Tod und das Jenseits gerichtet. Aber auch an Neigung zu heiterem Lebensgenuß fehlte es nicht, und der besitzende Teil des Volkes umgab sich in den ziegelsteinernen, flachgedeckten Häusern mit mancherlei Gegenständen der Kunst. Die Frau (§. 10) stand dem Hause als Herrin vor und genoß höhere Achtung als bei anderen Völkern.
2. Die Religion der Ägypter.
Die Vorstellung von einem Gott verdunkelte sich bei den Ägyptern sehr frühe, und ihre anfänglich monotheistische Religion artete in eine politheistische aus. Statt des einigen Gottes selbst verehrten sie die Kräfte und Erscheinungen, in welchen sich ihnen der-
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§. 35, 1. Bedrückung der Plebejer und ihre Erhebung. Coriolanus. 2191
Nutznießung gegen billige Abgabe nur an Patrizier übergeben, während die Plebejer, obgleich sie teil an den Siegen hatten, leer ausgingen. Die Lage der Plebejer verschlimmerte sich dadurch noch mehr, daß die Kriegslasten gerade so auf ihnen lagen wie auf den Patriziern. Sie muhten an den Kriegen ohne Sold teilnehmen, Waffen und Unterhalt sich selbst stellen. Die Kriegsdienste aber entzogen sie ihrer Arbeit. Während die Patrizier die Bestellung ihrer großen Ländereien ihren Sklaven überließen, blieb der kleine Landbesitz des Plebejers unbebaut; die Staatssteuer mußte jedoch nach wie vor entrichtet werden. Die Folge war, daß die Verarmung der Plebejer und ihre Abhängigkeit von den herrschenden Patriziern immer mehr zunahm. Viele Plebejer waren genötigt, von den Patriziern Geld zu borgen, welche dieses aber nur gegen hohe Zinsen ausliehen. Konnte der Schuldner den Verpflichtungen gegen seinen Gläubiger nicht nachkommen, so hatte dieser das Recht, sich an dem Eigentum desselben schadlos zu halten. Reichte dieses dazu nicht aus, so konnte er ihn in den Schuldturm gefangen setzen lassen, ja sogar ihn samt seiner Familie als Sklaven an sich nehmen oder verkaufen. Unter den Plebejern herrschte darum große Erbitterung gegen die drückende Vorherrschaft der Patrizier, zumal ihnen in gefahrvollen Kriegszeiten Versprechungen zur Verbesserung ihrer Lage gemacht worden waren, ohne daß dieselben nachher gehalten wurden.
Als nun die benachbarten Volsker Rom den Krieg erklärten und die Plebejer zum Kampfe ausziehen sollten, kam der verhaltene Grimm unter ihnen zum Ausbruch. Ein ehemals wohlhabender Bürger und Hauptmann, der unter der Ausbeutung der Patrizier zum Schuldknecht geworden und eben entsprungen war, trat unter das Volk, zeigte seine ehrenvollen Narben auf der Brust, sodann die Striemen patrizischer Peitschenhiebe und erregte durch die Schilderung der elenden Lage, in die er ohne fein Verschulden geraten war, einen wilden Auflauf unter dem Volk. Es gelang zwar noch einmal, die Plebejer durch Erneuerung der Versprechungen zum Kampfe gegen die Volsker zu bewegen. Als aber die Patrizier nach wiederholten Zügen gegen neue Feinde und siegreicher Rückkehr von denselben das gegebene Versprechen abermals nicht halten wollten, zogen 18000 Plebejer aus der Stadt auf den später so genannten heiligen Berg 494 und waren fest entschlossen, eine neue Stadt zu gründen und sich selbst zu regieren. Da mußten die Patrizier einsehen, daß ein längeres Hinhalten der Plebejer dem Staate Verderben bringen müsse. Sie berieten deshalb, wie das Volk wieder zur Rückkehr zu bewegen sei, und
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§. 61, 1. Charakter, Leben und Sitten der Römer.
311
aus dem hebräischen und griechischen Urtexte unter dem Namen Vulgata kirchliche Geltung erlangte; der Bischof Ambrosius (333—397) von Mailand, der den allgemeinen Kirchengesang im Abendlande einführte und selbst Kirchenlieder verfaßte. Am meisten Einfluß übte der geist- und kraftvolle Bischof Augustinus (353—430) zu Hippo (jetzt Bona) in Afrika (§. 62, 4) durch seine Lehre vom natürlichen Verderben des Menschen und von der freien Gnade Gottes in Christo.
§. 61. Die Kultur ifer Hörnet.
1. Charakter, Leben und Sitten der Römer.
Das römische Volk schätzte männliche Tüchtigkeit im Kampfe und im Staatsleben als die höchsten Tugenden, wonach Jüngling und Mann ringen mußten. Daran reihten sich Vaterlandsliebe, treue Pflichterfüllungen gegen Götter und Menschen, Gerechtigkeit, Gewissenhaftigkeit und Mäßigung, Festigkeit des Willens und Zähigkeit in allen Unternehmungen. Diese Tugenden machten es zu dem größten Herrschervolk und halfen ihm ein Weltreich gründen, in welchem Kriegswesen, Staatsverwaltung und Rechtspflege eine musterhafte Ausbildung erfuhren.
Die Religion (§. 31, 2) war anfänglich eine nüchterne, aber streng geübte Naturreligion und stand unter der Leitung des Staates, der sie seinen Zwecken dienstbar machte. Erst durch die Verbindung mit dem griechischen und orientalischen Religionswesen wurde der Götterdienst mannigfaltiger, aber auch äußerlicher.
Die Jugenderziehung. Schon von frühester Kindheit an suchte man die Jugend an strengen Gehorsam und die hochgehaltenen Tugenden zu gewöhnen. Der Familienvater gebot unumschränkt über alle Glieder der Familie und hatte Recht über Leben und Tod seiner Angehörigen. Er durfte seine Kinder aussetzen, verkaufen oder aus seiner Macht entlassen, die Ehe feiner Tochter lösen und konnte darüber nicht zur Rechenschaft gezogen werden. In den ersten Jahren beaufsichtigte eine Sklavin die Kinder; den Unterricht erteilte später entweder der Vater oder der Lehrer einer Privatschule, welcher die Jugend im Lesen, Schreiben, Rechnen und Deklamieren übte. Die Knaben mußten Sittensprüche, Gedichte und die zwölf Gesetztafeln auswendig lernen, die Thaten wackerer Männer verherrlichen und an großen Vorbildern sich stärken. Bescheidenheit, Mäßigkeit und weise Benutzung der Zeit wurde ihnen frühzeitig eingeprägt.
Lebensweise. So einfach und streng die Erziehung bei den alten Römern war, ebenso wird uns auch ihre Lebensweise geschildert.
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Extrahierte Personennamen: Augustinus
Extrahierte Ortsnamen: Mailand Afrika Gottes Christo
152
Zweiter Abschnitt. Zweiter Zeitraum.
kamen, ein Verfahren, das nach ihm die sokratische Lehrmethode genannt wurde.
Seine Schüler hingen mit Begeisterung und Liebe an ihm; wer einmal von ihm innerlich erfaßt war, fiel selten wieder von ihm ab. Antisthenes kam täglich aus dem Piräus zu ihm nach Athen. Als er aber einst in einem zerrissenen Mantel erschien, um damit zu zeigen, daß er seinen Meister in der Nichtachtung alles Äußeren noch übertreffe, rief ihm Sokrates zu: „Freund, durch die Löcher deines Mantels blickt die Eitelkeit hervor." Als den Megarensern während des peloponnesischen Krieges der Besuch Athens bei Todesstrafe verboten war, kam E u k l i d e s aus Megara vier Meilen weit in Frauenkleidern nach Athen, um die Unterhaltung des Sokrates genießen zu können. — Alkibiades war wenigstens besonnen, so lange er bei Sokrates war, und dieser gab sich um seine Erziehung große Mühe. — Als der junge Äschines gern sein Schüler geworden wäre, sich aber wegen seiner Armut scheute, ihm zu nahen, frug ihn Sokrates, als er dies merkte: „Warum kommst du nicht zu mir?" „Weil ich nichts habe, das ich dir geben könnte", war die Antwort. „Ei", erwiderte Sokrates, „schätzest du dich selbst so gering? Giebst du mir nichts, wenn du dich selbst mir giebst?" Und Äschines wurde sein eifriger Schüler. — Unter den vielen anderen Schülern ist noch Aristippos aus Kyrene zu nennen. Die bedeutendsten waren Xenophon, der sich als Feldherr und Geschichtschreiber auszeichnete, und vor allen Plato, der in der Akademie (daher Akademiker), einem herrlichen Garten bei Athen, lehrte und die von Sokrates mündlich vorgetragenen Lehren der Nachwelt schriftlich überlieferte.
Sokrates' Wandel war nach allen Seiten rein und vorbildlich. Von Natur heftig, übte er sich in der Selbstbeherrschung, die er besonders seiner Frau Xantippe gegenüber nötig hatte. Diese war damit unzufrieden, daß er, obgleich er doch wenig begütert war, sich nicht wie die Sophisten für seinen Unterricht bezahlen ließ. Er selbst nannte sie zwar eine treffliche Mutter ihrer Kinder; aber sie zankte oft, auch über geringfügige Dinge. Einst schüttete sie ihm nach einem heftigen Wortwechsel sogar ein Gefäß mit Wasser nach; doch Sokrates sagte gelassen zu seinem Nachbar: „Dacht' ich's doch, daß auf das Donnerwetter bald ein Regen folgen würde."
Obgleich Sokrates der Halbwisserei der Sophisten schonungslos entgegentrat und ihre dünkelhafte Anmaßung ironisch zurückwies, so dachte er doch bescheiden von sich und äußerte einst: „Ich übertreffe andere nur darin, daß ich dahin gelangt bin zu wissen, daß ich
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5, 2. Attila.
31
seiner Leute in die Heimat gesandt, um Verstärkung zu holen. Diese schilderten ihren Landsleuten die Feigheit der Briten, rühmten den Reichtum der Insel und forderten zum Mitzug auf. So brachten die Abgeordneten 16 wohlbemannte Schiffe zurück; auch des Hengist schöne Tochter war erschienen und wurde von Vortigern zur Gemahlin genommen. Hengift erhielt die Landschaft Kent als Eigentum und benutzte seinen Einfluß bei Vortigern, um immer mehr Mannschaft aus Germanien herüber kommen zu lassen. Zu spät merkten die Briten die Absicht der Fremden. Nach mehreren vergeblichen Versuchen, sich derselben wieder zu entledigen, mußten sie endlich die Oberherrschaft des Landes den Deutschen überlassen und zogen sich teils nach Cornwallis und Wales, teils nach der Bretagne zurück. Die Angeln und Sachsen gründeten im Laufe von 130 Jahren sieben Königreiche: Kent, Sussex, Wessex, Essex, Ostangeln, Northumberland und Mereia, welche König Egbert I. 827 zu einem Reiche vereinigte.
2. Attila. Der Untergang des weströmischen Reiches.
Um die Mitte des 5. Jahrhunderts beunruhigten die Hunnen, welche seit ihrer Ankunft in Europa als Nomaden unter verschiedenen Häuptlingen von den südrussischen Steppen nach Ungarn bis zur Donau vorgedrungen waren, die westlich gelegenen Länder. Attila oder Etzel (433 — 453), ein gewalttätiger Despot, dessen hölzerne Hofburg an der Theiß lag, hatte die Herrschaft fast aller Hunnenstämme an sich gebracht und viele andere Völker, wie die Ostgoten, Gepiden, Langobarden, Burgunder rc. sich dienstbar gemacht, deren Fürsten und Großen an sein Hoflager kamen. Sein Äußeres verriet den Mongolen. Er war klein von Wuchs, hatte einen großen Kopf mit kleinen, lebhaft blickenden Augen, platter Nase, ein bartloses, schmutzig gelbes Gesicht und kriegerischen Sinn. Er wird als bedachtsam, stark von Entschluß, nicht unerbittlich gegen Flehende und gnädig gegen Unterwürfige geschildert. Mit Klugheit überblickte er die Verhältnisse seiner Zeit, und mit berechnender List griff er in dieselben ein. Sein stolzes Selbstvertrauen wurde durch den Besitz eines Schwertes erhöht, welches ein Hirte in der Erde vergraben fand und für die Waffe des Kriegsgottes ausgab. Attila selbst betrachtete sich als eine Zuchtrute in der Hand Gottes, nannte sich deshalb Gottesgeißel und strebte nach der Herrschaft über den ganzen Erdkreis.
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Extrahierte Personennamen: Attila Vortigern Kent Vortigern Kent Attila Attila Attila
Extrahierte Ortsnamen: Germanien Wales Sachsen Sussex Wessex Essex Northumberland Mereia Europa Ungarn Donau Gottes
t. 38, 3. Maximilian I.
255
nach seinem Wunsche belohnt. Er hatte sich nämlich die Erlaubnis erbeten, lebenslänglich das Holz für seine Kohlen unentgeltlich nehmen zu dürfen; weil er aber den Ritter mit seinem Schürbaum so weidlich getrillt hatte, so erhielt er noch den Namen Triller und ein Freigut dazu; der älteste Sohn der Familie sollte auf ewige Zeiten jährlich 4 Scheffel Korn empfangen. Ernst und Albert teilten sich 1464 das väterliche Erbe und sind die Stifter der noch jetzt regierenden albertinifchen und ernestinischen Linien des sächsischen Hauses geworden.
Friedrich vermochte sein Ansehen selbst bei den Unterthanen in seinen Erbländern nicht zu behaupten. Der östreichische Adel sandte wegen drückender Steuern Fehdebriefe, die Stadt Wien erhob sich gegen ihn, und sein Bruder Albrecht schloß sich den Empörern an; Friedrich wurde 1462 in seiner Burg zu Wien belagert und vollständig eingeschlossen. Doch diesmal wenigstens zeigte sich der Kaiser standhaft und entschlossen, indem er mit 400 Mann, bereit eher zu sterben, als sich zu ergeben, erklärte: „Diesen Ort werde ich halten, bis er mein Gottesacker wird." Der König Georg Podiebrad von Böhmen befreite ihn endlich und vermittelte den Frieden. Als Friedrich nach Podiebrads Tode nicht, wie er versprochen, den Ungarnkönig bei Erwerbung Böhmens unterstützte, fiel Matthias Corvinus in Östreich ein und vertrieb den Kaiser 1485 aus seinen Erbländern, sodaß er hilfesuchend im Reiche umherirren mußte. Erst nach dem Tode des Ungarnfürsten konnte Friedrich nach Wien zurückkehren, wo er drei Jahre später (1493) starb.
3. Maximilian I. 1493 —1519.
Maximilian I., Friedrichs Iii. Sohn und Nachfolger, war ganz das Gegenteil seines Vaters. Er war von kräftiger, schöner Gestalt, vielseitig gebildet, sprachgewandt und rastlos thätig. Durch seine Liebenswürdigkeit gewann er sich Fürsten und Ritter, seine Leutseligkeit machte ihn zum Liebling des Volkes. Von seinem Rittermut giebt der von ihm entworfene „Teuerdank", der feinen Brautzug nach den Niederlanden schildert, manche Probe. Zugleich war er ein leidenschaftlicher Jäger und verstieg sich einst auf der Martinswand in Tirol so sehr, daß er nur mit Mühe gerettet werden konnte. Seine Fehler waren Ungeduld und Unbeständigkeit. Entschlüsse , die eben gefaßt waren, wurden häufig wieder verworfen; in Staatsdingen blieb das Nächste und Nötigste oft unerledigt, während sich fein Geist in abenteuerlichen Plänen erging.
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Extrahierte Ortsnamen: Wien Wien Östreich Wien Staatsdingen