Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Quellenlesebuch für den Unterricht in der Länder- und Völkerkunde - S. 49

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 49 — Waldgürtel begrenzt, aber nirgends traten die Wälder bis ans Strombett vor. Breite, beständig der Sonnenglut ausgesetzte Ufer, kahl und dürr wie der Meeresstrand, glichen infolge der Luftspiegelung von weitem Lachen stehenden Wassers. Diese sandichten Ufer verwischten vielmehr die Grenzen des Stromes, statt sie für das Auge festzustellen; nach dem wechselnden Spiel der Strahlenbrechung rückten die Ufer bald nahe heran, bald wieder weit weg. Diese zerstreuten Laudschaftszüge, dieses Gepräge von Einsamkeit und Großartigkeit kennzeichnen den Lauf des Orinoco, eines der gewaltigsten Ströme der Neuen Welt. (•3. Schildkröten.) Wenn man bedenkt, wie schwer der reisende Naturforscher den Körper der Schildkröte herausbringt, wenn er Rücken- und Brustschild nicht trennen will, so kann man die Gewandtheit des Tigers nicht genug bewundern, der mit seiner Tatze den Doppelschild des Arran leert, als wären die Ansätze der Muskeln mit einem chirurgischen Jnstrn- mente losgetrennt. Der Tiger verfolgt die Schildkröte sogar ins Wasser, wenn dieses nicht sehr tief ist. Er gräbt auch die Eier aus und ist neben dem Krokodil, den Reihern und dem Galliuazogeier der furchtbarste Feind der frisch ausgeschlüpften Schildkröten. Im verflossenen Jahr wurde die Insel Pararuma während der Eierernte von so vielen Krokodilen heim- gesucht, daß die Indianer in einer einzigen Nacht ihrer achtzehn, 12—15 Fuß lange, mit hakenförmigen Eisen und Seekuhfleisch daran, singen. Außer den eben erwähnten Waldtieren tun auch die wilden Indianer der Olbereituug bedeutenden Eintrag. Sobald die ersten kleinen Regenschauer, von ihnen „Schildkrötenregen" genannt, sich einstellen, ziehen sie an die Ufer des Ori- noco und töten mit vergifteten Pfeilen die Schildkröten, die mit empor- gerecktem Kopf und ansgestreckten Tatzen sich sonnen. (4. Am Casiqniare.) Am 14. Mai. Die Moskitos und mehr noch die Ameisen jagten uns vor zwei Uhr in der Nacht vom Ufer. Wir hatten bisher geglaubt, die letzteren kriechen nicht an den Stricken der Hängematten hinauf; ob dies nun aber unbegründet ist, oder ob die Ameisen aus den Banmgipfeln auf uns herabfielen, wir hatten vollauf zu tun, uns dieser lästigen Insekten zu entledigen. Je weiter wir fuhren, desto schmaler wurde der Fluß, und die Ufer waren so sumpficht, daß Bonpland sich nur mit großer Mühe an den Fuß einer mit großen purpurroten Blüten bedeckten Carolinea princeps durcharbeiten konnte. Dieser Baum ist die herrlichste Zierde der Wälder hier und am Rio Negro. Wir untersuchten mehrmals am Tage die Temperatur des Casiqniare. Das Wasser zeigte an der Ober- fläche nur 24° (in der Luft stand der Thermometer auf 25,6°), also un- gefähr so viel als der Rio Negro, aber 4—5° weniger als der Orinoco. Nachdem wir westwärts die Mündung des Calo Eaterico, der schwarzes, ungemein durchsichtiges Wasser hat, hiuter uns gelassen, verließen wir das Flußbett und landeten an einer Insel, auf der die Mission Vasiva liegt. Der See, der die Mission umgibt, ist eine Meile breit und hängt dnrch drei Kanäle mit dem Easiquiare zusammen. Das Land umher ist sehr sumpficht und fiebererzeugend. Der See, dessen Wasser bei durchgehendem Lichte gelb ist, trocknet in der heißen Jahreszeit aus, und dann können es selbst die Indianer in den Miasmen, welche sich aus dem Schlamm ent- wickeln, nicht aushalten. Daß gar kein Wind weht, trägt viel dazu bei, daß diese Landstriche so ungemein ungesund sind. Marquardt, Quellenlesebuch. 4

2. Quellenlesebuch für den Unterricht in der Länder- und Völkerkunde - S. 384

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 384 — zeit riesige Eisabschmelzungsgewässer, ein mächtiges Gletschertor, dessen Gewässer dies Tal gruben und die ganze Höhe tief durchsägten. Damals waren alle fünf Seen ein einziger e>ee, wie auch das weite Waldwiesental am „Klappergraben". Der siebente ist der heute fast zugewachsene, neben Klaushagen gelegene Pröfsiufee (139 m). Dies war das erste große Klär- decken der zu Tale eilenden Drage, die die weiteren Sinkstoffe im Sareben- und Dratzigfee ablagert und damit den Oberlauf beendet. Sie hat gleich- zeitig die pommersche Seenspalte erreicht, die im Kreise Neustettin am schärfsten ausgeprägt ist; sie liegt 12 bis 15 km vom großen Steinzuge der Landrückenhöhe entfernt. Der Pielburger-, Rackower-, Lubower-, Kämmerer-, Zicker-, Sareben- und Dratzigfee liegen in diesem tiefen Tal- znge; ihre Wasserspiegel bildeten zur Eiszeit einen einzigen, zusammeu- hängenden, etwa 50 km langen See. Es ist eine Freude, an den Ufern dieser Seen zu wandern, deren tiefe Regenschluchten zu durchstreifen und die reiche Tier- und Pflanzenwelt zu beobachten. Da wechseln die Bilder in rascher Folge. Wenn man von einem hohen Pnnkte die Nordwest- und Nordabdachung der Pommerschen Schweiz überblickt, fällt sofort die eigenartige Kolonie- landfchaft hier auf. Hier gibts keine zusammenhängende Dörfer; jeder wohnt auf seinem Grund und Boden. Jedes Gehöft liegt einzeln im Grün versteckt. Vom früher hier sich befiudeudeu Walde hat der Kolonist vor- sichtigerweise einen Teil bei seiner Hoflage zum Schutze und eigenen Nutzen stehen lassen. Dieser Park schützt ihn vor den rauhen Nordwest- und Nord- stürmen, während an der Südseite sich die Obstgärten besinden. Aus diesem freundlichen Grün lugen die neuen roten Ziegel- und Zementziegeldächer der Koloniedörfer Alt- und Neu Liepeufier, Bramftädt, Alt- und Neu Hütten, Alt- und Neu Sanskow, Vorbrnch, Seeligsfelde, Klockow und Gauerkow, die sämtlich auf diesem fruchtbaren, aber rauhen Hochplateall von 207 bis 180 m Meereshöhe liegen, hervor. Das nahe, tiefgelegene Polzin (84 m) wird durch den hier beginnenden Polziner Stadtwald verdeckt und versteckt. Carl Fr. Kohlhoff-Bärwalde. Viii. Danzig. („Stätten der Kultur." Eine Sammlung künstlerisch ausgestatteter Städte- Monographien [25 Bände in einer Prachtausgabe vereinigt 100 Mark, Einzelpreis geh. 3 Mark, geb. 4 Mar!]. Herausgegeben von Dr. Georg Biermann. Band 6 „Dan- zig" von August Grisebach, mit Zeichnungen von Paul Renner. Verlag von Klink- Hardt & Biermann, Leipzig. 89 Seiten und Bilderanhang. S. 1—5, 8—9, 26—29, 44—45.) (1. Stadtbild.) Die tiefe Ebene, in der Danzig liegt, begrenzt im Westen ein Höhenzug, der in fausten Hängen sich nach Norden erstreckt, in den Wäldern von Oliva untertaucht, an die Küste herantritt und im Nord- osten die See umzieht. Gegenüber diesem anmutig bewegten Zuge, dessen Täler freundlich sind wie in Thüringen, dehnt sich im Südosten weithin die Niederung, der Danziger Werder, so flach, als habe das Wasser erst eben die Wiesenpläne verlassen und könne jeden Augenblick sie.wieder besitzen. Magere, vom Wind zerzauste Bäume bezeichnen die Straßen, stattliche Gehöfte mit roten Dächern leuchten herüber, die Wohnsitze jener reichen Bauern, die sich noch im 18. Jahrhundert von ihren Dienstleuten mit „hochgeehrt" anreden ließen. Besonders zahlreich sind die Siedlungen an dem breiten Strom der Weichsel, der von Osten her durch die Niederung herankommt.

3. Quellenlesebuch für den Unterricht in der Länder- und Völkerkunde - S. 394

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
Frühling, Duft und Sonnenschein; aber man übereile sich nicht. Dieser Name hat mit dem Lenz nichts gemein; er ist einfach eine Verstümmelung des altpreußischen Lansania. So ist es in nnserm Preußeulaude mit vielen alten Namen gegangen. Braunsberg hängt weder mit braun noch mit dem Namen des Bischofs Brun zusammen; denn es ist ans Brüse- bergun entstanden. Heiligenbeil bedeutet heiliger Berg (pile, peil — Berg, Burg). Mehlsack gar hat weder etwas mit Mehl noch mit einem Sack zu tun und ist aus Malsekuce korrumpiert. — Steigt man von dieser Höhe gerade herunter, so gelangt man durch die „heiligen Hallen", ein mit Buchen dicht bewachsenes Tal, nach Panklau. Von hier ist es nach Cadinen nickt weit, und vielleicht kehrt man dorthin zurück, um die gewaltige Eiche zu sehen, welche im Innern hohl ist und viele Personen aufnimmt, auch durch eine hölzerne Tür verschlossen werden kann. Vielleicht geht man auch gleich weiter, und dann kommt man über Sukase, das wegen seines Obstes be- rühmt ist, durch Täler und über Hügel ohne Ende nach Reimannsfelde. Ich war recht müde, als ich mit Sonnenuntergang dort anlangte. Wir hatten den ganzen Tag über eine fürchterliche Hitze (26° R) bei einem glühenden Südwinde gehabt, und da wollte mir nicht weit von Reimanns- felde die Geduld fast ausgehen. Da siel mir noch beizeiten ein, daß ich vor zwei Jahren, als ich den Vesuv bestiegen, mir vorgenommen hatte, ich wollte, wenn mir einmal etwas recht schwer würde, an diese schwerere Arbeit denken. Das gab mir neuen Mut. Am folgenden Morgen waren ohnehin alle Beschwerden vergessen. X. Die Kurische Mehrung. („Forschungen zur deutschen Landes- und Volkskunde", im Auftrag der Zentralkommission für wissenschaftliche Landeskunde von Deutschland herausgegeben von Dr. A. Kirchhoff, Professor der Erdkunde an der Universität zu Halle. Dritter Band. Stuttgart, Verlag von I. Engelhorn, 1889. Heft 4 „Die Kurische Nehrung und ihre Bewohner" von Dr. Adalbert Bezzenberger, Professor an der Universität zu Königsberg i. Pr. Mit einer Karte und acht Textillustrationen. 476 Seiten, Iii. Band = 21,60 Mark, Heft 4 = 7,50 Mark. S. 171—172, 231, 238-240, 279-282.) (1. Aufbau.) Flach wie die Knrische Nehrung anfangs ist, bleibt sie dies bis etwa eine Meile jenseits Sarkau. Alsdann aber beginnen — etwa da, wo die Sarkauer Plantage aufhört — hohe Dünen und erstrecken sich, anhebend mit den „weißen Bergen", in fast ununterbrochener Kette bis nicht ganz 112 Meile vor dem nördlichen Ende der Nehruug. Sie sind selten uuter 100, vielfach beinahe 200 Fuß hoch und steigen von der See her im allgemeinen allmählich (unter 5—10° Steigung) auf, während ^sie nach Osten zu oft überraschend steil abstürzen (vgl. Berendt, Geol. Tas. Iv, Abteilung 3)*). Von der See überall durch einen mehr oder weniger breiten, flachen, mit zahlreichen Sandhügeln**) — den Resten verwehter Dünen — teils besäten, teils besäumten Landstreifen und durch eine vor diesem befind- liche künstliche Vor- oder Schutzdüne, strichweise auch durch eine Plantage***) *) Die steil abfallenden Dünen heißen „Sturzdünen". **) Man pflegt dieselben „Knpsen" (richtiger „Kupsteu", lit. küpstas, „kleine Er- höhung auf Wiesen") zu nennen. Die lettischen Bewohner der Kurischen Nehrung nennen sie kauguri. ***) „Plantagen" heißen in der Dünenbaukuust die hinter der Vordüne angelegten Anpflanzungen.

4. Quellenlesebuch für den Unterricht in der Länder- und Völkerkunde - S. 396

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 396 — jenem Streifen verbundene Vorsprünge („Humpel") von derselben Farbe gewahrt. Was da erscheint, ist alter Waldboden, der aus der wandernden Düne hervortritt, nachdem diese den Wald selbst erstickt und begraben hat. (2. Wandern der Dünen.) Vom Winde bald horizontal, bald in der Diagonale (Krause a. a. O. S.15s.) getroffen, aufgerührt und getrieben, fegt der Sand des Strandes und der Dünen die Lehnen der Berge hinauf, der schwerere langsamer, der leichtere rascher, und während dieser oft weit in das Haff fliegt, rieselt jener von den Bergkämmen, die er eben erreicht hat, ostwärts hin- unter. Vom Haff aus gesehen, erinnert dieser Vorgang an das Dampfen der Wälder, jedoch ist hier das dem Dampfe vergleichbare stets scharf, wenn auch nicht in jedem Augenblicke gleich scharf begrenzt, und die Konturen der Berge fiud, wenn auch verwifcht, doch iu voller Ausdehnung sichtbar. Geht man über eine im Wandern begriffene Düne — nichts Leichtes; denn man muß sich dabei gegen die volle Gewalt des Stnrmes halten, und der fliegende Sand trifft Gesicht und Hände des ihm zugewandten wie mit tausend Nadel- stichen — so sieht man die Bodenoberfläche unter sich in deutlicher Be- weguug: der feine Sand schwirrt, der grobe rollt gleichsam bergaufwärts, und die trägere Bewegung des letzteren erfolgt in langgestreckten Wellen- linien, weil die feineren Mengen aus ihm heransgeweht sind. Kauert man sich dauu, um etwas zu Atem zu kommen, hinter eine Knppe oder hinter die um ein trigonometrisches Signal angehäufte Sandwehe, so merkt man bald, daß man versandet, und ist überrascht von der Schnelligkeit und Voll- ständigkeit, womit dies vor sich geht. (3. Festlegen der Wanderdünen.) Da die Ursachen der Versandung der Kurischen Nehrnng doppelter Art sind, insofern dieselbe durch deu Flug 1. des vou der See ueu abgesetzten, 2. des bereits in den Düuen enthaltenen älteren Sandes bewirkt wird, so folgte, daß ihrem Fortschreiten vollkommen nur dadurch vorgebeugt werden könnte, daß 1. der srisch ausgespülte See- saud an seiner Stelle festgehalten, 2. das Weiterwandern der Binnendüne verhindert würde. Zur Erreichung des ersten Zweckes war die Anlegung einer haltbaren Vordüne, zu der des zweiten die Festlegung sämtlicher Wanderdünen erforderlich. Die Lösung beider Aufgaben erschien technisch wohl möglich, die letztere jedoch aus finanziellen Gründen undurchführbar, und so beschränkte sich denn die Regierung*) mit Bezng auf sie zunächst auf die Befestigung derjenigen hohen Dünen, von welchen für größere Nieder-- laffungen unmittelbare Gefahr drohte. Demgemäß wurdeu, und zwar seit 1830, nach und nach die Bruchberge und der Walgnmberg bei Rossitten, der Urba-Kalns bei Nidden und das Dünenterrain zwischen dem Schwarz- orter Walde und der See mit Strandhafer und -roggeu (Elymus arenarius, Arundo arenaria; über beide Pflanzen vgl. Krause a. a. O. S. 42, Berendt, Geol. S. 15, Passarge, Aus baltischen Landen S. 271s.) angebaut, weiter- hin — da Sandgräser ohne Übersandung absterben — aufgeforstet und tatsächlich zum Steheu gebracht (vgl. Schumann, Wanderungen S. 14, 79 Aum.). Ferner hat man aber auch — dies im Interesse der Schiff- fahrt — die Festlegung des ganzen Dünenznges nördlich von Schwarzort *) Da die Kurische Nehrung fiskalisch ist, so ist der Düneubau hier ausschließlich Sache des Staates. Früher war dies nur insofern und nur so lange anders, als die Nehrungsspitze der mit der Verwaltung des Memeler Hafens betrauten Memeler Kauf- Mannschaft unterstellt war.

5. Quellenlesebuch für den Unterricht in der Länder- und Völkerkunde - S. 398

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 398 — kurzem vollständig versandete, und indem die so entstandenen Dünen demnächst mit Strandgräsern bepflanzt wurden, welche einerseits durch ihr Einwurzeln und ihre Verbreitung jene widerstandsfähig machten, andererseits den neu antreibenden Sand einfingen und sie dadurch erhöhten. Es zeigte sich, daß solche künstliche Vordünen bereits bei einer Höhe von 8—10 Fuß ein Über- treiben des frischen Flugsandes verhinderten. Da sie indessen, weil nahe am Strande liegend, vielfach von den Wellen zerstört wurden, so ergab sich die Notwendigkeit, sie wenigstens an den Stellen, an welchen — infolge der Uferströmung — sich das Nagen der See besonders bemerklich macht, land- einwärts zu verlegen. Stellenweise — so zwischen Cranz und Sarkau - ist man noch einen Schritt weiter gegangen, indem man durch Pfahlreihen, welche vom Strande aus in die See geführt wurden, die Kraft der Wogen zu brechen versucht hat (10. Versammlung d. prenß. Forstvereins S. 101 ff.).— Im großen und ganzen ist der Bau der Vordüuen — oder vielmehr, da sie sich in ununterbrochener Kette von Cranz bis Süderspitze erstrecken, der Vordüne — heute abgeschlossen, doch bedürfen sie steten Schutzes und steter Nachbesserung. Sie sind im allgemeinen älter als die Binnendünenkulturen und waren von Cranz bis etwa 1 Meile hinter Sarkau schon im Jahre 1829 fertiggestellt (Bereudt, Geol. S. 93, vgl. Wutzke S. 448ff.). Die Bildung der Vordüne und die Festlegung der wichtigsten Binnen- dünen sind nun aber keineswegs alles, was von der Dünenverwaltung zur Sicherung und wirtschaftlichen Hebung der Kurischen Nehrung geschehen ist. Sie hat vielmehr auch hinter der Vordüne bei Sarkau, Rossitten, Nidden und Preil Holzanpflanzungen, die sogenannten Plantagen, angelegt, welche sich in nicht allzu langer Zeit zu einem fortlaufenden Waldstrich vereinigt haben dürften, da die Entfernung zwischen der Sarkauer und der Rossittener Plantage*) einerseits und zwischen dieser und der Niddeuer andererseits zur- zeit nur noch je 1 Meile beträgt, und da die letzterwähnte (welche sich an den alten Wald von Nidden anschließt) von der Preiler nicht weit absteht. Diese Anlagen geben dem Boden zwischen Vordüne und Binnendünen festen Halt und gewähren dadurch und weil sie im allgemeinen — bei ihrem feuchten Boden und geschützten Stande — gut gedeihen, den letzteren guten Schutz. Über ihre Geschichte vgl. Jachmann S. 202, 312ff., Wutzke S. 449. Sie bestehen zum größeren Teil aus Kiefern, zum kleineren ans Laubholz (Birken, Erlen, Espen, Weiden) und sind in mäßigem Grade bereits durch- forstbar. (4. Die Kuren.) Was die Tracht der „Kuren" betrifft, so stimmt sie im allgemeinen mit der der Litauer in der Kintener Gegend überein. Die Männer — sast durchweg bartlos und mit kurzgeschnittenem Haar — tragen in der Regel von blaner und weißer Wolle gestrickte, enganschließende Jacken, oder Jacketts von dunkler Farbe, zu diesen passende Beinkleider oder Drillichhosen und eine Mütze oder einen Südwester. Bei kälterem Wetter ziehen sie für den Aufenthalt auf dem Wasser Kleider von grauem Fries und hohe Stiefeln an. In der Regel geht die ganze Bevölkerung in so- genannten Klotzschlorren (Holzsohlen mit übergenageltem Leder) oder barfuß. Die Frauen und Mädchen unterscheiden sich äußerlich nur dadurch vonein- ander, daß die ersteren stets, die letzteren dagegen nur auf Ausgängen ein *) Die Anlage der letzteren ist im Jahre 1843 begonnen.

6. Quellenlesebuch für den Unterricht in der Länder- und Völkerkunde - S. 44

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 44 — eine sehr große Plaza ^), an welcher sich die besseren Häuser des Dorfes befinden. Die Einwohner treiben hauptsächlich Handel mit Charque, Talg und Licor. Licor nennt man hier den Spiritus von 45°, den man ver- dünnt trinkt. Charque ist an der Sonne getrocknetes Rindfleisch, welches am Bern und allen Flüssen, wo Gummi gesammelt wird, das Haupt- Nahrungsmittel bildet. Es bestehen im Dorfe eine deutsche Firma Brieger, von Ancken & Co. und die Firma von Juan B. Heugartner, einem Schweizer, bei dem wir logierten. Die Bewohner von Neyes sind zum Teil Misch- linge, zum Teil Indianer und auch Weiße aus Santa Cruz de la Sierra. In diesem letzteren Orte hat sich das spanische Blut sehr rein erhalten; ich sah Frauen von blendend weißer Gesichtsfarbe und schönen Gesichtsformen. Die Einwohner von Santa Cruz sind stolz auf ihr Blut und meiden Mischung mit den Indianern. Santa Cruz liegt ebenfalls in der Pampa, etwa 100 Leguas^) von Neyes entfernt. Es ziehen sich jedoch viele Cru- zefios*) hierher, so daß zwischen Neyes und Santa Cruz eine ständige Ver- bindung herrscht . . . Das Hauptinteresse der sämtlichen Bewohner der Orte, welche in dieser enormen Pampa liegen, richtet sich auf Rindvieh und Pferde. Die letzteren sind zur Erhaltung der ersteren nötig. In diesen Pampas laufen Hundert- tausende von Stück Rindvieh umher, welches, wenn auch wild, doch seine Besitzer, die Hacieuderos, hat. Niemand kennt die genaue Anzahl seines Viehbestandes; es kommt auch gar nicht darauf an; denn das Vieh ist un- glaublich billig. Hier macht sich der von mir schon früher erwähnte Mangel an Verkehrswegen geltend; denn wären solche vorhanden, so würde das Vieh im Preise steigen und der ungeheure Reichtum ausgenutzt werdeu können. Ein Ochse kostet in Neyes nach deutschem Gelde 3,40 Mark frei in der Pampa, das Doppelte in den Coral geliefert; denn um das Tier einzusaugen, sind mehrere Reiter nötig. (6. Gummigewinnung in den Urwäldern am Beni^).) Das einzige Produkt, welches hier am Beni in Betracht kommt und den gesamten Handel jener Gegenden beherrscht, ist der Gummi, und zwar der feine Parä- Gummi; denn über Parä wird aller Gummi, welcher dem Stromgebiete des Amazonas entstammt, exportiert, sei es nach Nordamerika, sei es nach London oder Hamburg. Der Gummibaum steht nicht in Gruppen, sondern einzeln unter andern Bäumen verteilt. Um nun einen Wald systematisch auszubeuten, wird dieser in sogenannte Estradas eingeteilt, d. h. man schlägt einen etwa einen halben Meter breiten, kreisförmigen Weg, der ein Rondel von 150—200 Bäumen umschließt. Dieses Rondel wird dann einem Indianer zur Bearbeitung übergeben. Zur Ausrüstung des Gummiarbeiters gehört in erster Linie die Be- waffnung. Diese besteht in einem ein- oder zweiläufigen Jagdgewehr, am liebsten Vorderlader, Kaliber 20—24, oder einer dort vorzugsweise ein- geführten Winchester-Büchse, Kaliber 44, zu welcher Kugeln stets zu habeu sind. Ferner ist er mit dem unentbehrlichen Waldmesser (Machete) versehen, ) yjlul Uf lup. 2) spr. legwas, die spanische Meile: vor 1766 — 5,556 km, später — 3,687 km. 3i d. h. die Bewohner von Santa Cruz. 4) Linker Nebenfluß des Madeira.

7. Quellenlesebuch für den Unterricht in der Länder- und Völkerkunde - S. 38

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 38 — suchen, die eine zunehmende Kaufkraft aufweisen und doch keine Konkurrenz schaffen, es sei denn unerheblich in Tabak oder in der Butter, soweit wir sie nicht sowieso von auswärts beziehen. (2. Zuckerrohr, Kaffee, Butter.) Für den Anbau von Zucker- rohr eignet sich aus klimatischen Gründen (größerer Zuckergehalt) der Norden Brasiliens weit besser als der Süden. Da außerdem das an Höhenzügen reiche Blumenau frostfreies*) und dabei flaches Land, auf dem das Zucker- rohr am besten gedeiht, nur in geringerer Ausdehnung besitzt, eignet sich die Kolonie aus geographischen Gründen nicht als Zuckerausfuhrland. Dagegen wäre der Eigenverbrauch iu der Kolonie wohl zu decken. Infolge des hohen Preises guter ländlicher Arbeitskräfte ist in Blumenau der Zuckerrohrbau aber nur für Leute mit großer Familie rentabel. Gepflanzt werden ver- schiedene Arten, eine Art besonders als Viehznfutter. Zur Zuckergewinnung werden sogenannte „Zuckergeschirre", Göpelwerke mit drei Walzen, verwandt, die von Ochsen gezogen werden. Bei hölzernen Walzen werden nach Ballod^) 4 — 5 °/0, bei eisernen Walzen 7—8 °/0 des Rohrgewichts als Zucker gewonnen. Mittels Diffusionsprozesses ließe sich der Ertrag auf 12—13°/0 steigern; es fehlt aber auch hier an rationelleren Betrieben und dem dazu nötigen Anlagekapital. Tschudi**) rechnet im Jtajahytal 750 kg Zuckerertrag nebst einer Pipe (480 1) Branntwein (Eacha^a) auf den preußischen Morgen, d. h. 60 000 kg Rohr für den Hektar. Auf gut gedüngtem Land seien die Erträge um 50 °/0 höher. Nach Tschudis Angabe beträgt der Zuckergehalt uicht unter 15%. Am Bra^o do Norte (Tubarto) erzielen tüchtige Kolo- nisten trotz unvollkommener Einrichtungen 300—500 Arroben — 4500 bis 7500 kg Zncker nebst entsprechenden Mengen Cacha^a. Diese Erträge bleiben aber hinter jenen Nordbrasiliens zurück. Noch empfindlicher gegen Frost wie das Zuckerrohr sind die Kaffee- bäume, obwohl man die Kaffeepflanzungen durch Schutzbäume ebenso gegen zu große Hitze wie gegen Frost einigermaßen zu schützen versteht. Die Anbaumöglichkeit ist auf die geschützten Täler beschränkt. Ballod rechnet in Blumenau 3—4 kg Kaffeeertrag auf den Baum, d. h. kaum weniger als in der besten Kaffeelage in S. Paulo. Vor dem großen Kaffeekrach hat Blumenau und besonders Dona Francisco zahlreiche Kaffeebaumanlagen gehabt. Ende 1877 wurden in Dona Francisco rund 55 000 Kaffeebäume gezählt, die einen Wert von rund 275:000 $2) darstellen. Freilich schwankte der Ertrag sehr nach Bodengüte und Behandlung (Neinigen der Bäume von Unkraut). In Dona Francisca wurden nach Ballod vom Hektar (mit 1000 Bäumen) bei voller Tragfähigkeit 900 — 3000 kg geerutet. Da eine Arbeiter- familie 3000—4000 Bäume zu behandeln vermag, diese aber gering ge- rechnet 3—4:000 5 abwerfen, so geht deutlich hervor, daß die Kaffeebaum- kultur, wo sie möglich ist, die lohnendste aller Kulturen bedeutet und in Blumenau wieder mehr gepflegt werden sollte, damit künftig Blumenau, *) Das Westarmgebiet hat häufiger Fröste. **) Tschudi, Reisen durch Südamerika. *) C. Ballod, Sta, Catharina. 2) 1 Real (plur. R6is) = etwa 1jb Pfennig (von diesem Nominalwert ist noch der nm 1ll—1/3 geringere Handelswert zu unterscheiden), 1000 R^is — 1 Milreis ($). Man rechnet gewöhnlich nach Milreis und Conto de R6is (= 1000 Milreis oder 1 Mill. Reis). Man schreibt z. B. 275:000 $ (= 275 Contos), 26:425 $ 250 (= 26 Contos, 425 Milreis, 250 Reis).

8. Quellenlesebuch für den Unterricht in der Länder- und Völkerkunde - S. 391

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 391 — (2. In den Trnnzer Bergen.) Doch hinaus aus Mauernenge und Todesgedanken zum Rande der Höhe, darauf der Dom steht! Welch wunder- volles Bild! Die Stadt zu unfern Füßen mit der neuen evangelischen Kirche und dem Koperuikusturm; das Haff in der Beleuchtung des Morgens, klar und duftig; links die blauen Höhen, die uns an ein Gebirge erinnern (nach so langem Entbehren!); am Horizonte das weiße Band der Nehrung. Die Bienen summen in den Linden des nächstliegenden Domherrn-Gärtchens, die Steinhauer klopfen mit ihren Hämmern unten bei ihrer Arbeit; auf dem Vorlande des Haffs ernten sie den zweiten Grasschnitt und muntern die Pferde an, welche die Decke des fast erst in der Bildung begriffenen Landes oft durchbrechen und einsinken; ein paar Angelkähne mit hohen viereckigen Segeln kehren vom Fischfange zurück. Wohl sind ihre Segel sonnenbeschienen, weiß; aber die Nehrung da drüben ist weißer, mit ihren welligen Bergformen an ein Schneegebirge erinnernd. Und wer dieses für übertrieben halten möchte, dem gebe ich zu bedenken, daß ich die Autorität Leopolds von Buch für mich habe. Als ich hinabging, bemerkte ich, daß man die neue, noch im Bau be- griffeue evangelische Kirche gegen den ihr im Rücken herabsließenden Sand dnrch eine steinerne Mauer hat schützen müssen. Das erinnerte mich recht an die Schutzmauern in den fchleswigfchen Dünen. Auch habe ich einmal in der Nähe des Chamonixtales eine Kirche gesehen, die sich ganz hinter einen gegen Die Lawinen errichteten Schutzwall verkroch. Hier in Frauen- bürg ist zwar keine eigentliche Gefahr vorhanden; wir werden aber doch daran erinnert, daß der Domberg nichts ist als eine alte Düne. Federleicht war mein Gepäck, etwa so leicht als mein Sinn, als ich nun die Wanderung in „die Berge" antrat. — Wer am Harz lebt oder am Riesengebirge, wer die waldigen Höhen des Thüringerlandes oder Frankens täglich vor sich hat, der weiß nicht, wie es uns hier zumute wird, wenn wir einmal etwas sehen, was uns an jene schönen Berggegenden erinnert. Dieser Bergzug zwischen Frauenburg und Elbing, vier Meilen lang und etwa halb so breit, ist kaum sechshundert Fuß hoch und reicht obengenannten Bergen nur bis zum Knie; aber es ist doch eine Höhe! Man sieht sie meilenweit sich duftig und blau aus der Ebene erheben, in schön ge- schwuugenen Kuppenlinien, und sich allmählich abdachend zum Haff und zur Elbinger Niederung oder in den Höhen des malerischen Oberlandes (Hockerlandes) fortsetzend. Aber was jene Gegenden nicht haben, und was diesen Bergzug so wunderbar macht: an seinem Fuße, da lebt es und webt es, da rauschen die Wellen des Haffs, das sich küstenlos nach Norden hin- dehnt, und von drüben weht uns die schars-salzige Luft des Meeres ent- gegen und lockt unfern Blick über die weißglänzende Nehrnng hinüber anf die Wellen des tiefblauen Meeres, das von einem, auch mehreren Segeln, vielleicht einem Dampfboote belebt wird. Tiefeingeschnittene Waldtäler und Schluchten gliedern den Bergzug; an muntern Flüßchen klappern die Mühlen, und Buchenwälder, so schön wie in dem schönen Holstein, tränken ihre Wurzeln noch in dem Wasser des Haffs. Es war ein erquickender Morgengang! — Der Weg läuft immer genau auf der Grenze des alten Seeufers und dem neugebildeten Wiesenvorlande des Haffs. So erfreute von linksher die schattige Kühle des steilen Ufers, von rechts aber der Duft des frisch gemähten Heues. Später wird der

9. Quellenlesebuch für den Unterricht in der Länder- und Völkerkunde - S. 395

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 395 — ®a getrennt — ragen sie aus dem Haff oft fast unmittelbar empor dann wohl den Mergelboden des letzteren durch ihr Gewicht hoch empor (vgl. die Abbildung bei Berendt, Geol. Taf. V), oder sie bilden hier — dies in großem Maße £ jedoch nicht in dem nördlichsten Teile der Nehrung — ** weit vorspringende „Hafen"*), d. i. Nebendünen, welche ^ durch den Wind von dem Hauptkamm losgelöst und in ßh das Haff getrieben sind, und damit zugleich zahlreiche, g|..... oft überraschend große Buchten; oder endlich, ihr Fuß Zz> ist von dem Haff durch eine schmale, teils nackte, teils dürftig bewachsene und dann als Weide benutzte Ebene geschieden. Den normalen Typus der Kurischen Nehrung mag das uebeustehende Profil veranschaulichen; dasselbe ist aus Berendts Geologie S. 19 entnommen. Zwischen dem Knpstenterrain und dem Fuße der Sandberge, längs der letzteren, zieht sich ein schmaler, 10—30 Schritte breiter und durch die dunkle Färbung seiner Oberfläche erkennbarer Triebsandstreifen**), wel- cher jedoch einen Fußgänger im allgemeinen und zumal zur Sommerszeit trägt. Seine Bildung ist hier Folge des aus den Dünenbergen herabsickernden Wassers. Auch unmittelbar am Seestrand und auf der Haffseite der Kurischen Nehrung erscheint Triebsand, der an diesen Stellen aber durch andere Gründe veranlaßt bzw. mit- veranlaßt wird. Dort entsteht er durch das bei hoher See auf die Küste getriebene, daselbst stehen gebliebene und später zurücksickernde Wasser; hier wird er nament- lich durch das Einstäuben von Sand in das Haff er- zeugt. Bei Rossitten, wo zwei Teiche in den Bereich der Dünen gekommen sind, sind auch durch Versandung jener Triebsandstellen entstanden. Der Volksmund be- zeichnet die der letzten Art als Lunken (Singular: die Lnnk). — Ferner ist hier zu erwähnen, daß man auf der Westseite der Dünenkette, und zwar auf meilenweite Strecken hin, einen 20—50 cm hohen, in regellosen Linien verlaufenden bräunlichen Streifen und hin und wieder, bald höher, bald tiefer, hier isolierte, dort mit *) Die Litauer nennen einen solchen rägas, die Letten rags, „Horn". — Die Unbedeutendheit bzw. das Fehlen ihrer Bildung Jrc im Norden ist nach Berendt, Geol. S. 67, Anm. 1, S. 91 Folge §2 |:: des hier stattfindenden Anpralls der Stromwasser an die Nehrung, Zi **) Vgl. hierzu Wutzke S. 460f., Berendt, Geol., S. 21 ff., ^ Altpreußische Monatsschr. Iv, 209. — Berendt stellt an der erst ii angeführten Stelle eine Theorie der Bildung des Triebsandes auf S und definiert den letzteren (S. 24) als „die Mengung von Wasser ® und Sand, in welcher die einzelnen Sandkörnchen derartig der- ö schiebbar zueinander sind, daß die Berührung resp. die Reibung Ü: derselben untereinander dnrch dazwischen getretenes Wasser ganz Q oder fast ganz aufgehoben ist, so daß sie unter dem Drucke irgend eines schweren verhältnismäßig leicht ausweichen und hernach wieder zusammenfließen." und pressen 5—15 Fuß ©Sm

10. Quellenlesebuch für den Unterricht in der Länder- und Völkerkunde - S. 399

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 399 — Kopftuch tragen, welches jene an Festtagen bisweilen um ein weißes Häub- chen drapieren. Unter der Jacke sind sie mit einem Mieder bekleidet, dessen Farbe ebenso wie die der meist gestreiften Röcke (deren Zahl je nach dem Wohlstand verschieden ist) variiert. Im allgemeinen läßt sich sagen, daß die religiöseren Familien dunkle Farben bevorzugen. Wie hierin, so tritt auch in bezug auf Sitte und Aberglaube kein be- merkenswerter Unterschied zwischen „Kuren" und Litauern zutage, und wie unter sich, so treffen diese beiden Nationalitäten speziell im Aberglauben mit den deutschen und slawischen Bewohnern Ostpreußens im allgemeinen zusammen. Eine Aufzählung der auf der Kurischen Nehrung bemerkten ein- schlagenden Züge würde hier demnach keinen rechten Zweck haben, doch mögen ein paar von ihnen erwähnt werden, um Feruerstehenden eine Vorstellung von ihrem Kolorit zu geben: an Festtagen, am Johannistage und am Donners- tagabend darf man nicht auf den Fischfang fahren; wenn ein Kahn fertig gebaut ist, muß man ihn umgekehrt hinlegen und kreuzweise über seinen Boden schießen; ehe man neue Aalschnüre in Gebrauch nimmt, schlägt man im Hause heimlich ein Kreuz über ihnen und speit auf sie, ehe man sie auswirft; will man ein Netz zum ersten Male im Jahr benutzen, so legt man eine Axt auf die Schwelle und trägt es darüber; an ganz neue Netze werde» vor dem Auswerfen Päckchen, welche Nux vomica, Arsenik und dergleichen enthalten, gehängt; wenn einer verhältnismäßig wenig fängt, muß er seine Netze mit Schießpulverdampf räuchern, oder aus den Netzen anderer, die mehr fangen, Stücke ausschneiden und in die seinigen setzen, oder „Schlangen- Wasser" (ein gewisses Gift) über die letzteren gießen. Auch sei daran er- innert, daß nach Jachmann S. 206 „der Legende nach in heidnischen Zeiten eine große Kiefer verehrt sein soll". Das Urteil der Litauer über die „Kuren" geht meist dahin, daß diese sehr rasch und lebhaft seien, und ich will gern glauben, daß sie auf dem Wasser eine größere Behendigkeit zeigen als die litauischen Haffanwohner, welche ja schon mehr Landratten sind. Im übrigen aber kann ich die Richtig- keit jenes Urteils nicht zugeben: das schöue Bild, das Passarge, Aus balt. Landen S. 253ff., von den Bewohnern Niddens gezeichnet hat, gilt auch sür die der übrigen Nehrungsdörfer und wird durch einen gelegentlichen Wort- Wechsel in der Schenke kaum gestört; es gilt aber, was das Benehmen der Leute angeht, auch von denjenigen der gegenüberliegenden litauischen Ort- schasten, und namentlich findet man hier wie dort dieselbe gemessene Höflich- keit gegen den Fremden, dieselbe ruhige Freundlichkeit gegen den Bekannten, dieselbe Gastlichkeit, zumal wenn man die Sprache des Volkes spricht und den gemeinen Mann überhaupt zu nehmen weiß. Nnr in einem Punkt tritt ein auffälliger Gegensatz zwischen den öst- liehen und den westlichen Anwohnern des Knrischen Haffes zutage. Ebenso reich nämlich wie jene an Liedern und Märchen sind, ebenso arm sind diese hieran: nur drei Volkslieder in lettischer Sprache sind auf der Kurischen Nehrung bekannt, doch habe ich sie niemals singen gehört, und eins von ihnen ist bestimmt, ein anderes höchstwahrscheinlich aus dem Litauischen übertragen; von Märchen fand ich dort keine Spur, und selbst Geschichten, wie die in meiner Schrift über die Sprache der preußischen Letten S. 8 ff. mitgeteilten, wird man unter diesen nur in sehr geringer Zahl auftreiben können.
   bis 10 von 177 weiter»  »»
177 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 177 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 0
1 2
2 0
3 3
4 5
5 1
6 29
7 11
8 1
9 0
10 4
11 0
12 0
13 47
14 0
15 41
16 3
17 27
18 24
19 2
20 0
21 0
22 10
23 0
24 53
25 0
26 0
27 0
28 0
29 31
30 9
31 0
32 0
33 0
34 0
35 1
36 0
37 0
38 65
39 3
40 19
41 23
42 0
43 0
44 0
45 1
46 0
47 0
48 0
49 34

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 19
1 1
2 0
3 21
4 80
5 7
6 24
7 0
8 2
9 3
10 110
11 56
12 10
13 3
14 0
15 2
16 9
17 5
18 5
19 1
20 0
21 60
22 1
23 3
24 4
25 1
26 0
27 96
28 54
29 0
30 0
31 0
32 1
33 6
34 6
35 1
36 5
37 1
38 4
39 3
40 14
41 4
42 3
43 2
44 11
45 8
46 3
47 2
48 108
49 35
50 112
51 0
52 0
53 0
54 14
55 0
56 0
57 3
58 0
59 1
60 1
61 43
62 37
63 0
64 113
65 0
66 4
67 0
68 0
69 1
70 142
71 3
72 1
73 1
74 0
75 12
76 46
77 22
78 16
79 59
80 4
81 0
82 3
83 0
84 11
85 1
86 0
87 5
88 0
89 0
90 0
91 9
92 47
93 5
94 5
95 33
96 0
97 0
98 10
99 1

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 77
1 162
2 5
3 28
4 0
5 4
6 255
7 4
8 0
9 0
10 6
11 213
12 87
13 97
14 328
15 0
16 0
17 1
18 2
19 20
20 46
21 1
22 0
23 0
24 75
25 173
26 0
27 0
28 98
29 26
30 1
31 17
32 301
33 18
34 335
35 0
36 243
37 0
38 49
39 27
40 1
41 1
42 200
43 70
44 4
45 31
46 17
47 134
48 12
49 0
50 45
51 114
52 80
53 56
54 11
55 3
56 2
57 6
58 0
59 26
60 0
61 2
62 2
63 0
64 0
65 0
66 56
67 3
68 6
69 0
70 83
71 2
72 1
73 0
74 3
75 20
76 76
77 1
78 241
79 0
80 1
81 241
82 20
83 241
84 75
85 0
86 94
87 132
88 2
89 143
90 57
91 3
92 0
93 38
94 40
95 251
96 132
97 5
98 0
99 3
100 7
101 292
102 30
103 0
104 137
105 19
106 5
107 103
108 0
109 130
110 27
111 8
112 8
113 139
114 142
115 4
116 2
117 19
118 3
119 545
120 0
121 16
122 110
123 72
124 60
125 96
126 28
127 42
128 0
129 97
130 90
131 74
132 0
133 508
134 56
135 96
136 52
137 136
138 12
139 409
140 2
141 3
142 63
143 17
144 12
145 6
146 0
147 3
148 0
149 2
150 0
151 4
152 95
153 51
154 25
155 0
156 3
157 3
158 0
159 107
160 60
161 1
162 0
163 0
164 11
165 8
166 15
167 3
168 89
169 1
170 3
171 1
172 8
173 19
174 40
175 168
176 10
177 17
178 81
179 10
180 13
181 0
182 5
183 188
184 79
185 58
186 21
187 7
188 528
189 5
190 0
191 3
192 3
193 202
194 1
195 274
196 67
197 12
198 0
199 31