Culturverhlltnisse Großbritanniens. §. 66.
345
4. Ihre Nahrungsquellen findet die dichte Bevölkerung, na-
mentlich Englands, in der möglichst starken Ausbeutung des über- und
unterirdischen Reichthums des Bodens, welche hier eine höhere Stufe er-
reicht hat, als in irgend einem andern Lande. Trotz des trefflichen Anbaus
des Landes befriedigt der Ertrag ■ des Ackerbaus in der Regel nicht
das starke Bedürfniß; die Viehzucht (besonders von Pferden, Rind-
vieh, Schafen) übertrifft im Allgemeinen die günstigsten Verhältnisse
anderer Länder, da Wiesen und Weiden bei der feuchten Atmosphäre in
der üppigsten Fülle prangen; die Fischerei (Wallfische, Häringe u. s. w.)
ist nicht allein lohnend, sondern auch die Schule der Matrosen; der
Bergbau und das mit demselben verbundene Hüttenwesen liefert in
Cornwallis Zinn, das Produkt, welches am frühesten die südlichen
Culturvölker anzog, dann im N.-W. (namentlich in Wales und rings
um die centrale Gebirgskette) Steinkohlen (1856 im Werthe von
I6v2 Mtll. Pf. St.) und Eisen (1856 für 5 Mill. Pf. St. gefördert)
zugleich. Gerade diese so außerordentlich fruchtbare Verbindung der
beiden ersten Bedürfnisse einer ins Große getriebenen Fabrikation haben
Englands industrielle Größe begründet, um so mehr als das gemeinschaft-
liche Vorkommen derselben theils in die Nahe des Meeres, theils in die
durch Flüsse, Canäle und Eisenbahnen durchkreuzte Ebene fällt und also
die Rohstoffe leicht zu den Hüttenwerken und Fabrikorten gelangen und
das verarbeitete Produkt von diesen ebenso leicht den Weg nach den
consumirenden Gegenden des Landes und nach dem Meere findet. Diese
Steinkohlenbezirke, welche 5 Procent des englischen Bodens einnehmen,
haben daher auch alle großen Gewerbe aus dem übrigen Lande an
sich gezogen, und jeder derselben hat seine besondere Industrie. Im O.
und W. der penninischen Kette und im südlichen Schottland hat die
Baumwollenfabrikation ihren Sitz, Manchester erhält durch seine
benachbarte Hafenstadt Liverpool den rohen Stoff und läßt denselben
aus dem nämlichen Wege, als Zeuge oder Garn verarbeitet, ausführen;
ebenso Glasgow (dessen Seehafen Greenock ist). Die Verarbeitung der
Schafwolle, theils inländischer, theils deutscher, die der benachbarte
Hafen von Hüll einführt, beschäftigt vorzugsweise die Bevölkerung von
Uorkshire, namentlich die von Leeds. Im südlichen Theile von Uork-
shire verarbeitet Sheffield Stahl zu Messern und Scheeren. Im süd-
lichsten Kohlenbezirk ist Birmingham der Mittelpunkt der Eisenfabri-
kation. Die Kohlenbezirke unmittelbar an der Küste im N.-O. und
S.-W. führen zur See das rohe Produkt aus, um diejenigen Gegenden
des Landes mit Brennmaterial zu versehen, welche selbst dessen ent-
behren.
Wie in der industriellen Thätigkeit, so übertrifft auch in der Groß-
artigkeit des Handels und der Schifffahrt die britische Nation alle
europäischen bei weitem. Die englische Flagge weht auf allen Meeren
und in den fernsten Häfen aller Erdtheile. Bei der außerordentlichen
Ausdehnung seiner Colonialmacht umfaßt Englands Handel die Pro-
dukte aller Zonen, die theils roh, theils im Mutterlande verarbeitet,
sowohl von Colonie zu Colonie, als in fremde Länder geführt werden.
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt]]
TM Hauptwörter (100): [T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T62: [Insel Stadt Hafen England Hauptstadt Einw. See London Handel Schottland], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel], T50: [Klima Land Meer Gebirge Europa Zone Norden Küste Süden Winter]]
TM Hauptwörter (200): [T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T86: [Insel England Irland Schottland Kolonie Hafen Stadt Küste Hauptstadt Kamerun], T113: [Wein Seide Baumwolle Handel Zucker Kaffee Wolle Tabak Reis Getreide], T24: [Luft Wasser Wärme Körper Erde Wind Regen Höhe Temperatur Schnee], T193: [Meer Halbinsel Gebirge Norden Süden Osten Westen Küste Insel Europa]]
244 Religionsverhältnisse und Nahrungsquellen Frankreichs. §. 56.
scheu und germanischen gemischt, deren beide letztere auch noch in der
französischen Sprache zu erkennen sind. Ueberreste der alten Bevölkerung
mit ihren Eigenthümlichkeiten in Sitten und Sprache finden sich noch in
den 'Nachkommen der Iberer, den Basken oder Gascognern (130,000)
in den Westpyrenäen, und in den Nachkommen der Celten, den Bre-
tonen (1 Mill.) in der Bretagne. Der deutsche Stamm (2'/- Drill.)
hat sich in Lothringen und im Elsaß erhallen; Corsica, Nizza, zum
Theil auch Savoyen, sind von Italienern bewohnt. — Durch die große
Einheit in der Bodenform (s. oben die vertikale Gliederung) und in
dem Klima ist die Bevölkerung dieses Landes, welches eine compacte
Masse bildet, von der Natur dazu bestimmt, eine gleichartige und dadurch
starke Nation zu werden, wiewohl die Bewohner jeder Provinz wieder
manches Eigenthümliche in ihrem Charakter haben.
c. Religionsverhältnisse. Der größte Theil der Einwohner
(35 Mill.) gehört der katholischen Kirche an; die Bekenner der luthe-
rischen und reformirten Confesuon') wohnen vorzugsweise im Elsaß
und in Languedoc, die (90,000) Juden hauptsächlich in den großen
Städten.
6. Nahrungsquellen. Getreide, Wein (allenthalben, mit Aus-
nahme des Nordwesten, wo Obstwein — cidre, poiree — den Wein
der Rebe ersetzt), Obst, Oel sind die Haupterzeugnisse des Bodens. Die
Viehzucht entspricht nicht dem einheimischen Bedürfniß; bei dem Mangel
an Wiesen und Weiden ist die Einfuhr von Pferden, Schlachtvieh,
Schafwolle noch immer bedeutend; ebenso liefert der durch klimatische
Verhältnisse beschränkte Seidebau nicht hinreichenden Rohstoff für die
sehr bedeutenden Seidefabriken. Der Bergbau ist verhältnißmäßig un-
bedeutend; Eisen und Steinkohlen, einiges Blei und Alaun sind die
wichtigsten Erzeugnisse desselben. Die Industrie erzeugt Manufac-
turcn in Leinen, Wollen und Baumwolle, besonders im Norden, Seide
in den Rhonegegenden, Kunstsachen in Metall, Thon und Glas (Spie-
gel, Porzellan), vorzüglich in Paris; dennoch wird Frankreich mit seiner
Hauptmasse stets ein Agriculturland bleiben, vgl. S. 244, Anm. 2. —
Der Handel Frankreichs wird sowohl durch die Lage des Landes an
den beiden wichtigsten Meeren Europas und neben wohlhabenden Nach-
barländern , als durch den Reichthum an natürlichen und künstlichen
Erzeugnissen ungemein begünstigt, doch steht demselben durch die rasche
Vollendung des großen Eisenbahnsystcms, welches neben den zahlreichen
natürlichen und künstlichen Wasserstraßen die rasche Eommunication zwi-
schen den verschiedenen Landeetkeilen fördert und namentlich die Häfen
mit dem Innern des Landes in Verbindung setzt, sowie durch die Culti-
virung Algeriens, noch ein unberechenbarer Aufschwung bevor, wenn auch
der Verlust wichtiger Colonicn in unglücklichen Kriegen stets ein Hemmniß
desselben sein wird.
1) Die offizielle Angabe von */, Mill. Protestanten ist wahrscheinlich, viel
zu gering, vgl. Kolb, G. Fr., Handbuch der vergleichenden Statistik,
■¿. Ausl. 1860. S. 51.
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TM Hauptwörter (200): [T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T159: [Bewohner deutsche Bevölkerung Sprache Neger Volk Jude Einwohner Stamm Land], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T113: [Wein Seide Baumwolle Handel Zucker Kaffee Wolle Tabak Reis Getreide], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit]]
Extrahierte Personennamen: Kolb
Extrahierte Ortsnamen: Frankreichs Westpyrenäen Bretagne Lothringen Corsica Nizza Elsaß Languedoc Paris Frankreich Frankreichs Europas Algeriens
- 120. -
ein kleiner Baum; denn sie wird gegen 12 Fuß hoch, wenn sie nicht beschnitten
wird. Man verhindert dies aber durch das Köpfen und zieht sie in der Größe eines
Strauchs, wie den Rosenstock. Die weiße Blüthe hat einige Aehnlichkeit mit
der wilden Rose, ist aber ohne Geruch. Ihr folgt eine runde Frucht von der
Größe einer Schlehe, welche aus zwei bis drei an einander gewachsenen Kapseln
besteht ; jede derselben schließt einen Kern in sich, woraus die Chinesen ein Oel
presicn. Auf das Einsammeln der Blätter kcünmt sehr viel an, sowohl hinsicht-
lich der Zeit, als auch der Methode. Die erste Aernte, zu Ende Februar, wenn
die Blätter noch nicht ganz entfaltet sind, gibt den besten, den sogenannten
Kaiserthee. Die zweite Aernte im April, wo die etwas größern Blätter mit
ganz kleinen vermischt sind, ist geringer an Werth, und die dritte reichste Aernte
im Mai gibt die gewöhnliche Sorte. Zum Einsammeln werden eigene Leute
gedungen; denn es liegt sehr viel an der Wahl der Blätter und an der Ge-
nauigkeit und Reinlichkeit im Pflücken. Diese Leute dürfen daher auch, wenig-
stens bei den beiden ersten Aernten, nur mit Handschuhen die Blätter abbrechen,
und die, welche ausschließlich für den kaiserlichen Hof sammeln, müsieu sich so-
gar einige Wochen zuvor der Fleischspeisen enthalten, weil sonst der Athem
den Blättern nachtheilig sein soll. Gleich nach dem Abpflücken werden die
Blätter auf Eisenblechen geröstet und dabei öfters gewendet, sodann auf Bin-
senmatten ausgebreitet und mit flachen Händen gerollt und endlich in zinnerne
Kapseln eingeschlossen, damit ihnen die Luft Nichts von ihrer Güte nimmt.
Auch beim Einpacken und Versenden kommt Alles darauf an, daß die Luft
nicht zum Thee eindringen und sein feiner Geruch und dessen belebende Kraft
nicht verfliegen kann. Nichts desto weniger raubt die Seeluft und die ihr an-
hangende Feuchtigkeit dem Thee einen großen Theil dieser Vorzüge. Der soge-
nannte Karavanenthee, der über Kiachta aus China ausgeführt und von den
Russen über Land nach Europa gebracht wird, steht deßhalb nicht ohne Grund
in so hohem Preise. Der sogenannte Paraguaythee besteht aus den Blättern
eines dem Apfelbaume an Größe gleichkommenden Baumes in Paraguay und
bildet in Südamerika einen wichtigen Handelsartikel. Er wird auf Maulthieren
in Schläuchen versendet, und Peru erhält davon jährlich an 2'/2 Million
Pfund zum eigenen Verbrauche. Dieser Thee kommt aber nicht nach Europa,
weil er auf der Seereise sehr bald Geruch und Geschniack, mithin seine Wirk-
samkeit verliert.
7. Das Zuckerrohr.
Das Zuckerrohr wächs't in Asien, Afrika und Sicilien wild und wurde
von letzterem Lande nach Westindien gebracht. Nack der Verschiedenheit des
Bodens wird es 8 — 10 Fuß hoch und zwei Zoll dick. Es treibt, wie unser
Teichrohr, einen knotigen Halm mit bandförmigen Blättern und einem schnee-
weißen Blüthenbüschel. Der Halm ist durch und durch mit einem weißen, saf-
tigen und süßen Mark angefüllt, Das durch Schnittlinge fortgepflanzte Rohr
251
Und verfolgt von Hohn und Rache muß zerfleischt er endlich weichen,
Aus der Luft noch überschüttet von emporgesprengten Leichen.
Saragossa! Denk', ein Mädchen hat befreit dich vom Verzagen.
Da es Speis' und Trank zum Bräut'gam, ach! zum todten, mußte tragen!
Ja, erquick durch ihre Treue und gestärkt mit ihrem Muthe
Hat sie dich, als sie den Theuren liegen sah in seinem Blute!
D'rum auf ewig deinen Söhnen, deinen Töchtern — neben M in a*) —
Preis' in Liedern, Saragossa, deine Heldin Augustin a!
Asien wird auf drei Seiten vom Meere bespült: im Norden von dem
nördlichen Eismeere, im Osten von dem großen oder stillen Oceane und im
Süden von dem indischen Oceane. Im Westen grenzt es mit seinem mittleren
und nördlichen Theile an Europa und mit seinem südlichen an Afrika, mit
dem es jedoch nur durch die Landenge von Suez in Verbindung steht. Es ist
der größte unter den fünf Erdtheilen. Mit Einschluß der Inseln, welche allein
82,000 Quadratmeilen enthalten, hat es einen Flächenraum von 882,000
Quadratmeilen. Da der nördliche Theil Asiens an das nördliche Eismeer und
der südliche bis gegen den Aequatvr reicht, so findet man hier die kältesten und
wärmsten, die fruchtbarsten und unfruchtbarsten Länder. Während Nordasien
(Nordsibirien) eine unwirthbare rauhe, traurige Wildniß bildet, welche eben,
wasserarm und unbeschreiblich kalt ist und nur spärlich Gras und Gestrüppe
hervorbringt, und während Mittelasien aus den höchsten Gebirgen (der Him-
malaya ist das höchste Gebirge der ganzen Erde) und ungeheuren Sandwüsten
besteht: bringt Südasien nicht bloß alle Produkte Europa's hervor, von denen
so viele vor Jahrhunderten in unsern Erdtheil verpflanzt wurden, sondern
trägt überhaupt Alles, was des Menschen Herz erfreuen kann. Da prangen
immergrüne, undurchdringliche Waldungen mit riesenhaften Bäumen; es
wachsen hier die Cocos- und Sagopalme, der Brodbaum, der Zimmet-, Mus-
kat-und Gewürznelkenbauin, Pfeffer, Ebenholzbäume, Reiß, Kaffee, Thee,
Baumwolle, die besten Arzneikräuter und Farbestosfe, z. B. der Jrchigo, wel-
cher aus den Blättern der in Indien wachsenden Indigopflanze bereitet wird.
— Außer den gewöhnlichen Produkten, woran das Mineralreich in Asien sehr
reich ist, liefert dieses auch in Indien den Diamant und im Uralgebirge viel
Gold, Platina und Silber, so wie den Magnetsiein. — Wie die Pflanzen-
welt, so zeigt auch die Thierwelt in Asien eine größere Mannigfaltigkeit, als
in Europa. Zu allen den wilden und zahmen Thieren Europa's, von denen
viele aus Asien stammen, kommen noch diejenigen, welche den heißen Erdthei-
*) Mina. ein berühmter, spanischer General.
(W.'Smets.)
24. A s i e u.
TM Hauptwörter (50): [T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T15: [Wein Getreide Baumwolle Tabak Kaffee Obst Weizen Reis Zucker Kartoffel]]
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Extrahierte Ortsnamen: Saragossa Saragossa Europa Afrika Suez Nordasien Nordsibirien Indien Asien Indien Asien Europa Asien
292
und überhaupt bedeutet Flötzen oder Flößen ein Aussetzen durch's Wasser, was
offenbar jene Gebirge hervorgebracht hat. Diese Gebirge enthalten zwar nicht
so viele Erze, als die Urgebirge, doch an manchen Orten einen sehr kupferrei-
chen Schiefer, auch etwas Blei und Galmei und sehr viel Eisen.
Den losen Sand, Lehm und Töpferthon, die in unseren Ebenen liegen,
und woraus auch die Hügel bestehen, die man da sieht, nennt man auf ge-
schwemmtes Land. Da findet man außer dem Lehme und Töpserthone
und außer Braunkohlen nicht viel Besonderes. Ueber allen diesen Gebirgsar-
tcn liegt dann die Damm- und Gartenerde.
45. Das Innere der Erde.
Tief ist der Mensch freilich noch nicht in die feste Erdrinde
eingedrungen, die er bewohnt. Denn obgleich die tiefsten Berg-
schächte in Tyrol und Böhmen über 3000 Fuss hinunter in die
Erde gehen, so ist es doch, wie gar Nichts zu rechnen, gegen die Dicke
unseres Erdkörpers, von seiner Oberfläche bis zu seinem Mittel-
punkte. Denn diese Dicke beträgt über 10 Millionen Ellen. Dagegen
ist die Höhe, auf welche der Mensch hier auf seiner lieben Erdober-
fläche aus feinen Thälern und Ebenen hinaufgestiegen ist, schon un-
gleich beträchtlicher; denn der schöne Ortlesberg in Tyrol ist
über 12,000 Fuss, der (jhimborasso in Amerika 20,000 Fuss und
das H i mal a y a- Ge birge in Asien 26,000 Fuss hoch.
Wenn man nun Alles das, was die Menschen bei ihrem Hinun-
tergraben in die Tiefe beobachteten, zusammennimmt und dann mit
dem vergleicht, was die Naturforscher beim Hinaufsteigen auf die
höchsten Berge gefunden haben, so hat man Alles beisammen, was
wir über den Bau des festen Erdkörpers bis jetzt wissen. Dies be-
steht ungefähr in Folgendem : \
„Tief unter der Erdoberfläche, auf der wir wohnen, scheint es
grosse Höhlen zu geben, die wohl meistens mit Wasser ausgefüllt
fein mögen. Denn bei grossen Erdbeben, wie sie zuweilen in Asien
und auch bei uns in Europa und Amerika zugleich waren, hat sieh
die Erschütterung öfters fast zu nämlicher Zeit über eine Strecke
von mehreren tausend Meilen , z. B. im Jahre 1755 von Lissabon
bis hinüber nach Amerika verbreitet.
In der Tiefe der Erde muss aber auch, wenigstens an manchen
Orten, Feuer oder sonst eine Ursache sein, welche grosse Wärme um
sich her verbreitet. Denn wenn man in manche Bergschächte in
England, die zum Theile unter den Meeresgrund hinabreichen,
und auch in einige Bergschächte des sächsische n Erzgebirges
hinuntersteigt, findet man da nicht bloss die gewöhnliche Wärme,
welche die Keller im Winter haben, und die nur daher kommt, dass
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone]]
TM Hauptwörter (100): [T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T50: [Klima Land Meer Gebirge Europa Zone Norden Küste Süden Winter]]
TM Hauptwörter (200): [T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T24: [Luft Wasser Wärme Körper Erde Wind Regen Höhe Temperatur Schnee], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T109: [Europa Asien Afrika Amerika Australien Insel Erdteil Land Zone Klima]]
Extrahierte Ortsnamen: Tyrol Tyrol Amerika Asien Asien Europa Amerika Lissabon Amerika England
\ \
— 114 —
Früchte sind entweder beerenartig oder Steinfrüchte oder Nüsse, bisweilen auch
schuppige Zapfen.
Die Palmen sind höchst nützliche Gewächse. Das Mark, welches oft den
größten Theil des Stammes ausmacht, liefert bei vielen Arten ein vortreff-
liches Mehl. Die ausgehöhlten Stämme haben ein steinhartes Holz und dienen
nicht blos; zum Bauen von Wohnungen, sondern auch als Schiffsmasten. Die
großen Blätter werden zum Decken der Häuser, zu Schirmen u. dgl. benutzt
und geben auch Fasern zu allerhand Geweben. Aus den abgeschnittenen
Blumenscheiden fließt ein wohlschmeckender Säst, woraus der Palmwein be-
reitet wird, und die Früchte sind meistens eßbar.
Für die Bewohner der heißen Erdgegendcn sind die Palmen von der
größten Wichtigkeit. Ganze Völker nehmen von denselben nicht mir ihre vor-
züglichsten Nahrungsmittel, sondern auch das Material zu Kleidungen, Woh-
nungen und zu allerlei Gerathen. Der Palmzweig gilt seit den ältesten Zeiten
als das Zeichen des Friedens, des Segens und der Kraft. Von den zahlreichen
Arten der Palmen gehören folgende zu den nützlichsten.
2. Die Dattelpalme wächst im ganzen nördlichen Afrika, wird aber
auch in Sicilien und andern südlichen Ländern von Europa angepsianzt. Sie
kann 100 Fuß hoch werden, ein Alter von 200 Jahren erreichen und trägt
an ihrer Spitze eine Krone von gefiederten, 5— 6 Fuß langen Blättern, zwi-
schen denen die großen, hängenden Vlüthenrispen aus einer lederartigen
Scheide hervorbrechen. Die Früchte, etwas größer als eine Eichel, reifen in
großen Büscheln, oft an 200 beisammen, sind rötblichbraun und haben um
einen harten Kern herum ein psiauinenartiges, honigsüßes Fleisch, das ein
Hauptnahrungsmittel der ärmeren Volksklasse von Arabien und Nordafrika
ausmacht. Eine Mißärnte der Datteln ist für jene Länder ein eben so großes
Unglück, als bei uns ein Fehljahr der Kartoffeln und des Getreides.
3. Die Sagopalme kommt vorzüglich auf Malabar und in Japan
vor. Sie wird 30 — 40 Fuß hoch. Der Stamm besteht aus einer etwa zwei
Zoll dicken Rinde und einer großen Menge schwammigen Markes, welches
Gott den Bewohnern jener Länder statt des Getreides gegeben hat. Man ge-
winnt nämlich aus demselben das vortreffliche Sagomehl, woraus man Brod
backt und Suppe kocht. Die kleinen durchsichtigen Körnchen, welche man bei
uns unter dem Ramen Sago gewöhnlich in Suppen ißt, werden in Europa
aus Kartoffelniehl bereitet, sind aber fast eben so gut, als der echte Sago.
Eine Palme gibt mehrere Centner Mehl, und von diesen Baumen gibt es uner-
meßliche Waldungen. Auch ihre Früchte sind eßbar, und aus den jungen
Blättern wird ein Gemüse, wie bei uns der Kohl, bereitet.
4. Die Kokospalme hat ihre Heimath zwischen den Wendekreisen in
Asien und Afrika, von wo sie auch in die heißen Länder Amerika's verpflanzt
worden ist. Sie erhebt sich mit geradem, schlankem Wüchse bis zu einer Höhe
von 100 und mehr Fuß, ist I —2 Fuß dick und an ihrer Spitze breitet sich
eine prachtvolle Krone von gefieberten Blättern aus, an deren Grund die gelb-
TM Hauptwörter (50): [T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel], T15: [Wein Getreide Baumwolle Tabak Kaffee Obst Weizen Reis Zucker Kartoffel], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone]]
TM Hauptwörter (100): [T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel], T50: [Klima Land Meer Gebirge Europa Zone Norden Küste Süden Winter], T11: [Wein Getreide Boden Viehzucht Weizen Land Pferd Obst Kartoffel Ackerbau], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
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Extrahierte Personennamen: Eichel
Extrahierte Ortsnamen: Afrika Sicilien Europa Nordafrika Japan Markes Europa Asien Afrika
237
mit festem Magneteisensande. Bimsstein fliegt glühend weit umher und
fällt in großen Massen auf das Meer, das er meilenweit beschüttet. Die
verstopften Flüsse treten aus, überschwemmen das Land und machen Sand und
Asche zu einem festen Kitte, der über die Felder und Wiesen sich krustet. So
schrecklich verwüstende Vulkane gibt es viele aus der Insel, und vielleicht ist
kein Hügel hier, der nicht einst ein Vulkan gewesen wäre.
Nicht minder merkwürdig sind auf Island der große und der kleine Gei-
ser, zwei vulkanische Springbrunnen heißen Wassers. In bestimmten fast
regelmäßigen Zwischenräumen wirft der große Geiser einen 20 Fuß dicken, mit
Steinen vermischten Wasserstrahl zu einer Höhe von 80 — 90 Fuß empor.
Siedend steigt das Master in die Höhe, und siedend stürzt es zurück in den von
ihm selbst gebildeten Raum eines kleinen Kraters oder Kessels, aus dem es in
einem kleinen Bache abfließt. Nach einigen Minuten hört der Strahl auf zu
steigen; das Wasser aus dem kleinen See tritt wieder in die Röhre, und man
erblickt einen schwarzen, sinsteren Spalt, bodenlos scheinend, aus dem nun bloß
Dampf hervorquillt. Ist einige Zeit vergangen, so vernimmt man ein fernes,
unterirdisches, donnerähnliches Geräusch. Es ist, als ob es in dem mächtigen
Kessel siede, und zischend erhebt sich das Wasser in dem tiefen Schachte. Jetzt
ist es Zeit, sich zu entfernen; denn plötzlich steigt wieder in aller Mächtigkeit
die schwarze Wassersäule aus der Tiefe, bis sie nach einiger Zeit, wie vorher,
wieder zusammensinkt.
Die ganze Insel, auf welcher diese Naturwunder mit Staunen und Ent-
setzen erfüllen, ist von einem Ringgebirge umgeben, besten Spitzen bis auf
7000 Fuß sich erheben. Von 2000 Fuß an ist schon Alles mit Eisfelsen und
Gletschern bedeckt, und diese Eisberge verschließen den Weg in das Innere der
Insel, wo vielleicht auf warmem Boden ewig grünende Pflanzen prangen,
oder Alles in ewigen Eis- und Lavamassen erstarrt liegt. Nur an den Küsten,
an den tief eingeschnittenen Fioroen haben sich Bewohner angesiedelt, woselbst
sie einen guten Boden fanden, der ihnen Gras und mancherlei Nahrungs- und
Heilkräuter liefert. Dem Getreidebau ist das Land freilich nicht günstig; daher
die Bewohner vom Fischfänge, vom Robbenschläge oder von der Vogeljagd
sich ernähren müssen.
14. Das Kaiserthum Rußland, das größte^ieich
der Erde.
Das ungeheuere russische Reich breitet sich von den Grenzen der preußi-
schen und österreichischen Monarchie an über Ost-Europa und Nord-Asien, so
wie über mehrere Inseln zwischen Asien und Amerika und über einen Theil
von Nordwest-Amerika aus, begreift den sechsten Theil des Flächeninhalts aller
fünf Erdtheile und ist doppelt so groß, als ganz Europa; ^ denn es hält
401,536 ^Meilen, worauf aber nur 64 Millionen Einwohner leben. Die
Entfernung in gerader Richtung zwischen dem westlichen Punkte in Polen und
\
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
TM Hauptwörter (100): [T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T50: [Klima Land Meer Gebirge Europa Zone Norden Küste Süden Winter], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner]]
TM Hauptwörter (200): [T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer], T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil], T109: [Europa Asien Afrika Amerika Australien Insel Erdteil Land Zone Klima], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch]]
Extrahierte Personennamen: Geiser
Extrahierte Ortsnamen: Island Ost-Europa Asien Amerika Nordwest-Amerika Europa Polen
258
zen, Citronen, Datteln, Oes, Kaffee, Zuckerrohr, Gummi, Tabak, Indigo,
Banniwolle, Kameele, Pferde, Schafe, Ziegen, Rindvieh, Büffel, Elephanten,
Löwen, Tiger, Panther, Leoparden, Hyänen, Schakals, Antilopen, Zebras,
Giraffen, Affen, Krokodile, Strauße, Pfauen, Papageien und vieles andere
Geflügel; Kupfer, Gold u. s. w. Auf der Nordküste von Afrika, die reich an
Städten ist, blühen auch städtische Gewerbe und Manufakturen in Seidenwaa-
ren, Leinwand, Leder u. s. f. Im Innern aber beschränkt sich der ganze
Kunstfleiß der Einwohner auf einige Bautnwvlleuzeuge, die sie zu ihrer Be-
deckung weben, und dazu gehört nicht viel; denn ihr ganzes Gewand ist ein
Schurz,Khre Wohnung ein Zelt oder eine Hütte. Mit Allem, was sie sonst
bedürfen zu ihrem Unterhalte, sind sie von der Natur reichlich beschenkt wor-
den. Vieles von dein, was sie haben, können sie zum Handel mit den Euro-
päern und Kaufleuten anderer Erdtheile benutzen, wie z. B. Baumwolle,
Gummi, Indigo, Kupfer, Gold, Elfenbein, auf der Nordküste auch Getreide.
Und was verkaufen sie noch? — Zsch, kaum sollte man es glauben —Fürsten
verkaufen ihre Unterthanen, Väter ihre Kinder oder die Kinder ihrer Nach-
barn , der Freund oft seinen Freund. — Und an wen? — An die Europäer,
damit sie von diesen als Sklaven nach Amerika geführt werden. In manchen
Jahren wurden ehedem über 200,000 Neger auf solche Art verkauft, sowohl
Männer, als Weiber und Kinder. Man bezahlte 30 bis 40 Gulden für den
Kopf; aber auch mancher schöne Jüngling wurde mit allen seinen Ansprüchen
auf Lebensglück für ein Füßchen Branntwein und oft noch wohlfeiler hinge-
geben. Hundert Kriege wurden muthwillig angefangen, nur um Sklaven zu
machen, und oft ganze, friedliche Familien von den Soldaten des Fürsten aus
ihren Hütten geholt und auf die Schiffe gebracht. Doch dieser abscheuliche
Menschenhandel hat in den neuesten Zeiten sehr abgenommen, und es ist von
den Engländern, Holländern, Franzosen und Amerikanern beschlossen worden,
ihn ganz abzuschaffen. Im Innern von Afrika wird er aber leider! fortdauern.
Der innere Verkehr wird durch Karavanen geführt, die mit Salz, Dat-
teln, Goldstaub und andern Waaren, auch vorzüglich mit Sklaven handeln.
Die Ostküste von Afrika besuchen vorzüglich Araber und Indianer, die West-
küste aber nur Europäer.
Von Gelehrsamkeit ist in Südafrika nicht die Rede; doch hat sich im
Norden, wo sich die Araber festgesetzt haben, noch Manches von ihren ehema-
ligen Kenntnissen erhalten. Es war eine Zeit, wo Aegypten berühmt war
durch seine Weisen, und auch noch in der Folge zeichneten sich manche ara-
bische Gelehrten durch Scharfsinn und großes Wissen aus; jetzt aber sind nur
noch geringe Spuren in Aegypten, Abyssinien, Fetz und Marokko davon übrig.
— Unter den schönen Künsten ist bloß Musik und Tanz bei den Afrikanern
beliebt; im nördlichen Theile des Landes auch die 'Bau- und Gartenkunst.
In ganz Afrika findet sich aber kein so gebildetes Volk, als in Asien die Chi-
nesen und Japanesen, und viel weniger kann eines den Europäern an die
Seite gesetzt werden.
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Extrahierte Ortsnamen: Schakals Afrika Amerika Afrika Afrika Südafrika Marokko Afrika Asien Japanesen
126 Das heilige römische Reich deutscher Nation.
der Beweis, daß die deutsche Nation die erste in der Christenheit sei.
Die Beschütznng des hl. Stuhles, die Verteidigung der Kirche gegen
innere und auswärtige Feinde war allerdings eine ebenso schöne als
hohe Pflicht, aber weil mit ihr zugleich die Oberherrlichkeit über Italien
verbunden war, so führte dies zu unaufhörlichen Kämpfen mit den ita-
lienischen Städten und Fürsten und mit dem Papste selbst, wenn der
Kaiser seine sehr beschränkte Gewalt ausdehnen wollte.
Papstthum und Kaiserthum.
Die Idee einer ros pulilioa ellristinnu, eines allgemeinen christ-
lichen Staatenbundes unter der Oberleitung des Papstes, gehörte ur-
sprünglich der Hierarchie an und wurzelte in den christlichen Völkern
um so tiefer ein, als die weltlichen Gewalthaber nur zu gerne die
Schranken des göttlichen und menschlichen Rechtes durchbrachen und da-
durch au die Nothweudigkeit eines höhern Richters mahnten. Das geist-
liche Oberhaupt der Christenheit erschien durch seine Unabhängigkeit
von dynastischen sowie nationalen Interessen und Leidenschaften, durch
die heiligen Pflichten, die ihm seine hohe Würde auferlegten, eigentlich
zum Vermittler und Versöhner zwischen feindlichen Fürsten oder Völ-
kern , zum gemeinschaftlichen Friedensrichter und Hüter des Völker-
rechtes berufen, und kein Mensch bestritt damals auch nur von ferne
die Berechtigung des Nachfolgers des Apostels Petrus, für die unter-
drückte Unschuld einzuschreiten und zu dem gekrönten Frevler zu sprechen
wie Nathan zu David, wie Johannes der Täufer zu Herodes. Die
natürliche Folge dieser Stellung war, daß ein ächter Papst, der nicht
gewaltsam B. durch Faktionen in Rom und Italien) in seiner
Thätigkeit gehemmt wurde, um so energischer eingriff, je mehr durch
Despotismus oder Anarchie die gesetzliche Ordnung der christlichen
Staaten gebrochen war, und darum wurde der Papst gerade in solchen
Zeiten zu dem Mittelpunkte, d^ durch seine Macht es verhinderte, daß
die christliche Weltordnung nicht in Trümmer auseinander fiel. Ein
solches Einschreiten des Papstes war ein Verdienst um die Christenheit,
was die Völker dankbar anerkannten, und darum wuchs die Macht oder
das Ansehen des Papstes gegenüber der kaiserlichen bei jedem derartigen
Ereignisse.
Gerade als die Karolinger das Werk ihres großen Ahnen zer-
störten , vollendete oder befestigte vielmehr Papst Nikolaus I. die hier-
archische Ordnung im Abendlande und erwirkte für das oberste Richter-
amt des Papstes die allgemeine Anerkennung. Auf der einen Seite
leitete er die Bekehrung der Bulgaren mit apostolischer Weisheit, auf
der andern setzte er gegen den anfänglichen Widerspruch des Erzbischofs
Hinkmar von Rheims die Anerkennung des päpstlichen oberhirtlichen
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Extrahierte Personennamen: Apostels Petrus David David Johannes Nikolaus_I. Nikolaus_I. Hinkmar_von_Rheims
Otto römischer Kaiser.
127
Rechtes über die Bischöfe durch und schützte Bürger und Senatoren
von Ravenna gegen die Gewaltthätigkeiten des Erzbischofs. An ihn
wandte sich Dietberga, Lothars U. Gemahlin, als sie von diesem un-
schuldig verfolgt und angeklagt auf einem Reichstage von den geist-
lichen und weltlichen Großen geopfert wurde, als sie auch keinen Schutz
bei Kaiser Ludwig U. fand, und der Papst half mit dem Aufgebot
aller seiner Kraft dem verfolgten und verrathenen Königsweibe zu seinem
Rechte.
Das Papstthum errang sich auf diesem Wege bei den christlichen
Völkern des Mittelalters den Vorrang vor dem Kaiserthum, was man
bildlich so ausdrückte: Wie Gott zur Erleuchtung der Welt zwei große
Lichter geschaffen hat, die Sonne und den Mond, so hat er für die
Christenheit zwei Gewalten angeordnet, die päpstliche und die kaiser-
liche; wie aber der Mond von der Sonne sein Licht empfängt, so der
Kaiser seine Weihe von dem Papste. Oder: zwei Schwerter hat Gott
für die Welt bestellt, nämlich das geistige, das empfängt der Papst
von Christus, und das weltliche, das verleihet der Papst dem Kaiser zum
Schutze der Christenheit, zur Strafe des Frevels und zum Kampfe gegen
die Ungläubigen. Deßwegen gab es auch keinen gebornen Kaiser, son-
dern der Monarch, der Kaiser sein und von den christlichen Völkern als
solcher anerkannt sein wollte, mußte die Kaiserkrone von dem Papste
empfangen.
Die Gefahr eines Streites zwischen den beiden höchsten Würde-
trägern der Christenheit lag schon nahe genug als eine Folge der
Schwächen, die jedem Menschen anhaften; sie rückte aber um so näher,
seitdem die geistlichen Würdeträger durch den Besitz von Land und
Leuten fürstliche Lehenträger der Krone geworden waren, denn bei diesem
Doppelverhältnisse konnte der Papst, wenn er in Sachen der Metropoliten,
Bischöfe und Aebte richtete oder vermittelte, leicht in das Gebiet der
Kronrechte übergreifen. Andererseits war der Kaiser der Versuchung aus-
gesetzt, die geistlichen Würdeträger ganz wie die weltlichen zu behandeln
und die kirchlichen Rechte zu verletzen, ganz gewiß aber gerieth er mit
dem Papste in einen förmlichen Kampf, wenn er sich die unmittelbare
Oberherrschaft über Italien und Rom verschaffen, die Selbstständigkeit
der italienischen Staaten vernichten wollte; denn dadurch wäre der Papst
iu die Gewalt des Kaisers gekommen, wäre als kaiserlicher Papst oder
als Diener des Kaisers von den andern christlichen Nationen betrachtet
worden und hätte auf diese Weise mit seiner Unabhängigkeit und Ma-
jestät die eine Grundlage (die weltliche, von den Weltverhältnissen be-
dingte) seiner universalen Wirksamkeit verloren. Deßwegen sprachen sich
alle andern christlichen Nationen für den Papst und gegen die Kaiser aus,
welche die kaiserliche Oberherrlichkeit über Italien mit Gewalt in die
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Extrahierte Personennamen: Otto Dietberga Ludwig_U Ludwig Christus
Extrahierte Ortsnamen: Ravenna Italien Rom Italien