Ii. Frankreich als Kaiserreich »bis jur
ijülje seiner Macht».
1804-1812.
Die Gründung der neuen Monarchie.
Nach Unterdrückung der letzten ohnmächtigen Versuche gegen *
seine Alleinherrschaft — Moreaus Exil, Pichegrus Tod im Kerker,
des Herzogs von Enghien widerrechtliche Erschießung — wird
Bonaparte auf Vorschlag der Tribunen durch Senatsbeschluß als
Napoleon erblicher Kaiser der Franzosen. Umgebung dexis. Mai.
jungen Dynastie mit neuem Glanz: Napoleons Geschwister mit
dem Titel Kaiserliche Hoheit'; 18 neue Marschälle; Proelamierung
des Ordens der Ehrenlegion; Salbung des Imperators durch
Papst Pins Vii, seine und seiner Gemahlin Selbstkrönung; —2. Dem.
Napoleons bürgerliches Gesetzbuch vollendet 1804, mit dem Titel
Cod6 Napoleon 1807; schon vorher Herstellung der Kirche und
des Cultus, seit Anfang 1806 auch der christlichen Zeitrechnung.
Verwandlung der eisalpinischen (seit 1802 italienischen)
Republik in ein Königreich Italien 1805, Napoleons
Königskrönung im Dom zu Mailand, sein Stiefsohn Eugene
Beauharnais Vicekönig. Einverleibung Liguriens, Parmas,
Piacenzas und Gnastallas.
Napoleons siegreiche Kämpfe.
I. Gegen Oesterreich und Unluand 1805.
Dem für England trotz seiner Seesiege im ganzen ungünstigen
Frieden von Amiens folgte bald eine abermalige Spannung beider
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleons Napoleons Napoleon Napoleons Eugene
Beauharnais_Vicekönig Napoleons
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Moreaus_Exil Pichegrus Napoleons Napoleons Italien Napoleons Mailand Napoleons Oesterreich England Amiens
Culturverhlltnisse Großbritanniens. §. 66.
345
4. Ihre Nahrungsquellen findet die dichte Bevölkerung, na-
mentlich Englands, in der möglichst starken Ausbeutung des über- und
unterirdischen Reichthums des Bodens, welche hier eine höhere Stufe er-
reicht hat, als in irgend einem andern Lande. Trotz des trefflichen Anbaus
des Landes befriedigt der Ertrag ■ des Ackerbaus in der Regel nicht
das starke Bedürfniß; die Viehzucht (besonders von Pferden, Rind-
vieh, Schafen) übertrifft im Allgemeinen die günstigsten Verhältnisse
anderer Länder, da Wiesen und Weiden bei der feuchten Atmosphäre in
der üppigsten Fülle prangen; die Fischerei (Wallfische, Häringe u. s. w.)
ist nicht allein lohnend, sondern auch die Schule der Matrosen; der
Bergbau und das mit demselben verbundene Hüttenwesen liefert in
Cornwallis Zinn, das Produkt, welches am frühesten die südlichen
Culturvölker anzog, dann im N.-W. (namentlich in Wales und rings
um die centrale Gebirgskette) Steinkohlen (1856 im Werthe von
I6v2 Mtll. Pf. St.) und Eisen (1856 für 5 Mill. Pf. St. gefördert)
zugleich. Gerade diese so außerordentlich fruchtbare Verbindung der
beiden ersten Bedürfnisse einer ins Große getriebenen Fabrikation haben
Englands industrielle Größe begründet, um so mehr als das gemeinschaft-
liche Vorkommen derselben theils in die Nahe des Meeres, theils in die
durch Flüsse, Canäle und Eisenbahnen durchkreuzte Ebene fällt und also
die Rohstoffe leicht zu den Hüttenwerken und Fabrikorten gelangen und
das verarbeitete Produkt von diesen ebenso leicht den Weg nach den
consumirenden Gegenden des Landes und nach dem Meere findet. Diese
Steinkohlenbezirke, welche 5 Procent des englischen Bodens einnehmen,
haben daher auch alle großen Gewerbe aus dem übrigen Lande an
sich gezogen, und jeder derselben hat seine besondere Industrie. Im O.
und W. der penninischen Kette und im südlichen Schottland hat die
Baumwollenfabrikation ihren Sitz, Manchester erhält durch seine
benachbarte Hafenstadt Liverpool den rohen Stoff und läßt denselben
aus dem nämlichen Wege, als Zeuge oder Garn verarbeitet, ausführen;
ebenso Glasgow (dessen Seehafen Greenock ist). Die Verarbeitung der
Schafwolle, theils inländischer, theils deutscher, die der benachbarte
Hafen von Hüll einführt, beschäftigt vorzugsweise die Bevölkerung von
Uorkshire, namentlich die von Leeds. Im südlichen Theile von Uork-
shire verarbeitet Sheffield Stahl zu Messern und Scheeren. Im süd-
lichsten Kohlenbezirk ist Birmingham der Mittelpunkt der Eisenfabri-
kation. Die Kohlenbezirke unmittelbar an der Küste im N.-O. und
S.-W. führen zur See das rohe Produkt aus, um diejenigen Gegenden
des Landes mit Brennmaterial zu versehen, welche selbst dessen ent-
behren.
Wie in der industriellen Thätigkeit, so übertrifft auch in der Groß-
artigkeit des Handels und der Schifffahrt die britische Nation alle
europäischen bei weitem. Die englische Flagge weht auf allen Meeren
und in den fernsten Häfen aller Erdtheile. Bei der außerordentlichen
Ausdehnung seiner Colonialmacht umfaßt Englands Handel die Pro-
dukte aller Zonen, die theils roh, theils im Mutterlande verarbeitet,
sowohl von Colonie zu Colonie, als in fremde Länder geführt werden.
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244 Religionsverhältnisse und Nahrungsquellen Frankreichs. §. 56.
scheu und germanischen gemischt, deren beide letztere auch noch in der
französischen Sprache zu erkennen sind. Ueberreste der alten Bevölkerung
mit ihren Eigenthümlichkeiten in Sitten und Sprache finden sich noch in
den 'Nachkommen der Iberer, den Basken oder Gascognern (130,000)
in den Westpyrenäen, und in den Nachkommen der Celten, den Bre-
tonen (1 Mill.) in der Bretagne. Der deutsche Stamm (2'/- Drill.)
hat sich in Lothringen und im Elsaß erhallen; Corsica, Nizza, zum
Theil auch Savoyen, sind von Italienern bewohnt. — Durch die große
Einheit in der Bodenform (s. oben die vertikale Gliederung) und in
dem Klima ist die Bevölkerung dieses Landes, welches eine compacte
Masse bildet, von der Natur dazu bestimmt, eine gleichartige und dadurch
starke Nation zu werden, wiewohl die Bewohner jeder Provinz wieder
manches Eigenthümliche in ihrem Charakter haben.
c. Religionsverhältnisse. Der größte Theil der Einwohner
(35 Mill.) gehört der katholischen Kirche an; die Bekenner der luthe-
rischen und reformirten Confesuon') wohnen vorzugsweise im Elsaß
und in Languedoc, die (90,000) Juden hauptsächlich in den großen
Städten.
6. Nahrungsquellen. Getreide, Wein (allenthalben, mit Aus-
nahme des Nordwesten, wo Obstwein — cidre, poiree — den Wein
der Rebe ersetzt), Obst, Oel sind die Haupterzeugnisse des Bodens. Die
Viehzucht entspricht nicht dem einheimischen Bedürfniß; bei dem Mangel
an Wiesen und Weiden ist die Einfuhr von Pferden, Schlachtvieh,
Schafwolle noch immer bedeutend; ebenso liefert der durch klimatische
Verhältnisse beschränkte Seidebau nicht hinreichenden Rohstoff für die
sehr bedeutenden Seidefabriken. Der Bergbau ist verhältnißmäßig un-
bedeutend; Eisen und Steinkohlen, einiges Blei und Alaun sind die
wichtigsten Erzeugnisse desselben. Die Industrie erzeugt Manufac-
turcn in Leinen, Wollen und Baumwolle, besonders im Norden, Seide
in den Rhonegegenden, Kunstsachen in Metall, Thon und Glas (Spie-
gel, Porzellan), vorzüglich in Paris; dennoch wird Frankreich mit seiner
Hauptmasse stets ein Agriculturland bleiben, vgl. S. 244, Anm. 2. —
Der Handel Frankreichs wird sowohl durch die Lage des Landes an
den beiden wichtigsten Meeren Europas und neben wohlhabenden Nach-
barländern , als durch den Reichthum an natürlichen und künstlichen
Erzeugnissen ungemein begünstigt, doch steht demselben durch die rasche
Vollendung des großen Eisenbahnsystcms, welches neben den zahlreichen
natürlichen und künstlichen Wasserstraßen die rasche Eommunication zwi-
schen den verschiedenen Landeetkeilen fördert und namentlich die Häfen
mit dem Innern des Landes in Verbindung setzt, sowie durch die Culti-
virung Algeriens, noch ein unberechenbarer Aufschwung bevor, wenn auch
der Verlust wichtiger Colonicn in unglücklichen Kriegen stets ein Hemmniß
desselben sein wird.
1) Die offizielle Angabe von */, Mill. Protestanten ist wahrscheinlich, viel
zu gering, vgl. Kolb, G. Fr., Handbuch der vergleichenden Statistik,
■¿. Ausl. 1860. S. 51.
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Extrahierte Personennamen: Kolb
Extrahierte Ortsnamen: Frankreichs Westpyrenäen Bretagne Lothringen Corsica Nizza Elsaß Languedoc Paris Frankreich Frankreichs Europas Algeriens
126 Das heilige römische Reich deutscher Nation.
der Beweis, daß die deutsche Nation die erste in der Christenheit sei.
Die Beschütznng des hl. Stuhles, die Verteidigung der Kirche gegen
innere und auswärtige Feinde war allerdings eine ebenso schöne als
hohe Pflicht, aber weil mit ihr zugleich die Oberherrlichkeit über Italien
verbunden war, so führte dies zu unaufhörlichen Kämpfen mit den ita-
lienischen Städten und Fürsten und mit dem Papste selbst, wenn der
Kaiser seine sehr beschränkte Gewalt ausdehnen wollte.
Papstthum und Kaiserthum.
Die Idee einer ros pulilioa ellristinnu, eines allgemeinen christ-
lichen Staatenbundes unter der Oberleitung des Papstes, gehörte ur-
sprünglich der Hierarchie an und wurzelte in den christlichen Völkern
um so tiefer ein, als die weltlichen Gewalthaber nur zu gerne die
Schranken des göttlichen und menschlichen Rechtes durchbrachen und da-
durch au die Nothweudigkeit eines höhern Richters mahnten. Das geist-
liche Oberhaupt der Christenheit erschien durch seine Unabhängigkeit
von dynastischen sowie nationalen Interessen und Leidenschaften, durch
die heiligen Pflichten, die ihm seine hohe Würde auferlegten, eigentlich
zum Vermittler und Versöhner zwischen feindlichen Fürsten oder Völ-
kern , zum gemeinschaftlichen Friedensrichter und Hüter des Völker-
rechtes berufen, und kein Mensch bestritt damals auch nur von ferne
die Berechtigung des Nachfolgers des Apostels Petrus, für die unter-
drückte Unschuld einzuschreiten und zu dem gekrönten Frevler zu sprechen
wie Nathan zu David, wie Johannes der Täufer zu Herodes. Die
natürliche Folge dieser Stellung war, daß ein ächter Papst, der nicht
gewaltsam B. durch Faktionen in Rom und Italien) in seiner
Thätigkeit gehemmt wurde, um so energischer eingriff, je mehr durch
Despotismus oder Anarchie die gesetzliche Ordnung der christlichen
Staaten gebrochen war, und darum wurde der Papst gerade in solchen
Zeiten zu dem Mittelpunkte, d^ durch seine Macht es verhinderte, daß
die christliche Weltordnung nicht in Trümmer auseinander fiel. Ein
solches Einschreiten des Papstes war ein Verdienst um die Christenheit,
was die Völker dankbar anerkannten, und darum wuchs die Macht oder
das Ansehen des Papstes gegenüber der kaiserlichen bei jedem derartigen
Ereignisse.
Gerade als die Karolinger das Werk ihres großen Ahnen zer-
störten , vollendete oder befestigte vielmehr Papst Nikolaus I. die hier-
archische Ordnung im Abendlande und erwirkte für das oberste Richter-
amt des Papstes die allgemeine Anerkennung. Auf der einen Seite
leitete er die Bekehrung der Bulgaren mit apostolischer Weisheit, auf
der andern setzte er gegen den anfänglichen Widerspruch des Erzbischofs
Hinkmar von Rheims die Anerkennung des päpstlichen oberhirtlichen
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Extrahierte Personennamen: Apostels Petrus David David Johannes Nikolaus_I. Nikolaus_I. Hinkmar_von_Rheims
Otto römischer Kaiser.
127
Rechtes über die Bischöfe durch und schützte Bürger und Senatoren
von Ravenna gegen die Gewaltthätigkeiten des Erzbischofs. An ihn
wandte sich Dietberga, Lothars U. Gemahlin, als sie von diesem un-
schuldig verfolgt und angeklagt auf einem Reichstage von den geist-
lichen und weltlichen Großen geopfert wurde, als sie auch keinen Schutz
bei Kaiser Ludwig U. fand, und der Papst half mit dem Aufgebot
aller seiner Kraft dem verfolgten und verrathenen Königsweibe zu seinem
Rechte.
Das Papstthum errang sich auf diesem Wege bei den christlichen
Völkern des Mittelalters den Vorrang vor dem Kaiserthum, was man
bildlich so ausdrückte: Wie Gott zur Erleuchtung der Welt zwei große
Lichter geschaffen hat, die Sonne und den Mond, so hat er für die
Christenheit zwei Gewalten angeordnet, die päpstliche und die kaiser-
liche; wie aber der Mond von der Sonne sein Licht empfängt, so der
Kaiser seine Weihe von dem Papste. Oder: zwei Schwerter hat Gott
für die Welt bestellt, nämlich das geistige, das empfängt der Papst
von Christus, und das weltliche, das verleihet der Papst dem Kaiser zum
Schutze der Christenheit, zur Strafe des Frevels und zum Kampfe gegen
die Ungläubigen. Deßwegen gab es auch keinen gebornen Kaiser, son-
dern der Monarch, der Kaiser sein und von den christlichen Völkern als
solcher anerkannt sein wollte, mußte die Kaiserkrone von dem Papste
empfangen.
Die Gefahr eines Streites zwischen den beiden höchsten Würde-
trägern der Christenheit lag schon nahe genug als eine Folge der
Schwächen, die jedem Menschen anhaften; sie rückte aber um so näher,
seitdem die geistlichen Würdeträger durch den Besitz von Land und
Leuten fürstliche Lehenträger der Krone geworden waren, denn bei diesem
Doppelverhältnisse konnte der Papst, wenn er in Sachen der Metropoliten,
Bischöfe und Aebte richtete oder vermittelte, leicht in das Gebiet der
Kronrechte übergreifen. Andererseits war der Kaiser der Versuchung aus-
gesetzt, die geistlichen Würdeträger ganz wie die weltlichen zu behandeln
und die kirchlichen Rechte zu verletzen, ganz gewiß aber gerieth er mit
dem Papste in einen förmlichen Kampf, wenn er sich die unmittelbare
Oberherrschaft über Italien und Rom verschaffen, die Selbstständigkeit
der italienischen Staaten vernichten wollte; denn dadurch wäre der Papst
iu die Gewalt des Kaisers gekommen, wäre als kaiserlicher Papst oder
als Diener des Kaisers von den andern christlichen Nationen betrachtet
worden und hätte auf diese Weise mit seiner Unabhängigkeit und Ma-
jestät die eine Grundlage (die weltliche, von den Weltverhältnissen be-
dingte) seiner universalen Wirksamkeit verloren. Deßwegen sprachen sich
alle andern christlichen Nationen für den Papst und gegen die Kaiser aus,
welche die kaiserliche Oberherrlichkeit über Italien mit Gewalt in die
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Extrahierte Personennamen: Otto Dietberga Ludwig_U Ludwig Christus
Extrahierte Ortsnamen: Ravenna Italien Rom Italien
168
Das heilige römische Reich deutscher Nation.
Krieg gegen die lombardischen Städte (1155).
Weit schwerer als die republikanisierenden Römer waren die freien
Städte der Lombardei zu bezwingen, über die Friedrich als Nachfolger
Karls des Großen die Oberherrschaft ansprach. Diese waren seit Hein-
rich Iii. gewohnt sich selbst zu regieren, weil keiner der nachfolgenden
Kaiser im Stande gewesen war, eine feste Herrschaft über sie geltend
zu machen, und um die kaiserlichen Titel kümmerten sich die Städte
wenig. Sie waren reich durch Gewerbe und Handel, namentlich machten
die Lombarden fast alle Geldgeschäfte; hierin hatten sie nur die Juden
zu Nebenbuhlern; da diese aber oft verfolgt und ausgeplündert wurden,
behaupteten die Lombarden das Uebergewicht.
Der lombardische Adel wohnte in den Städten, freiwillig oder ge-
zwungen, und begleitete in der Regel die wichtigsten Aemter. Besonders
hatten die Lombarden die Gelegenheit benutzt, welche ihnen strittige Bi-
schofswahlen darboten; mancher Bischof schenkte ihnen von seinen Ho-
heitsrechten, damit sie ihn anerkannten, andere verkauften ihnen dieselben,
so daß die Städte in der That Republiken waren. Unter ihnen waren
Genua, Venedig und Pisa stark als Seemächte und reich durch Handel,
der sich besonders durch die Kreuzzüge rasch zu großer Ausdehnung ent-
faltete. Unter den Städten des Binnenlandes war Mailand die mäch-
tigste; aber auch Pavia, Tortona, Kremona, Krema, Bologna, Verona,
Vicenza, Komo, Lodi, Treviso, Brescia, Bergamo, Padua und andere
waren reich und von einer zahlreichen und streitbaren Bürgerschaft be-
wohnt. Wären diese Städte einig gewesen, so hätten sie in jener Zeit,
wo starke Mauern fast unüberwindlich machten, der ganzen Welt Trotz
bieten können; allein sie haderten unaufhörlich mit einander. Pavia,
als die alte longobardische Königsstadt, wetteiferte mit dem stärkeren und
reicheren Mailand um den Vorrang, und dieses behandelte die kleineren
Städte, welche sich nicht unterordnen wollten, mit grausamem Ueber-
muthe. Die Bürger von Lodi baten den Kaiser um Schutz gegen Mai-
land, und dieser schickte den Mailändern ein Schreiben, in welchem er
zu ihnen als Kaiser und Herr sprach. Sie aber verspotteten das kai-
serliche Siegel, beschimpften die Boten und zerstörten das wehrlose Lodi.
Auf seinem Römerzuge konnte der Rothbart nicht Rache nehmen, weil
sein Heer zu klein war, doch verheerte er Mailands Gebiet bis vor die
Thore der Stadt, erstürmte einige Kastelle und strafte die Lombarden
für ihre Tücke, mit der sie ihm überall Nachstellungen bereiteten.
Friedrich erwirbt Burgund (1156). Er züchtigt Polen (1157).
Nach seiner Rückkehr von dem Römerzuge ehelichte Friedrich Bea-
trix, die Erbtochter des Grafen Naynald von Burgund, und vermehrte
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Karls Friedrich Friedrich Friedrich_Bea- Friedrich
50 Die Reformation. Religionskriege. Verfall Deutschlands rc.
größte Theil seines Vermögens verschwand. Das Beispiel der prote-
stantischen Fürsten wirkte jedoch' merkbar auf manchen katholischen; der
Erwerb des ganzen Stiftsgutes, die Lust, auch in geistlichen Dingen zu
befehlen, war Kaisern und Fürsten ohnehin nie ganz fremd gewesen, und
mußte forthin durch das naheliegende Beispiel genährt werden.
Daö Kaiserthum war nun auch in der Idee vernichtet; was sollte
die päpstliche Krönung, die kaiserliche Schirmvogtei der Christenheit in
den Augen der Protestanten bedeuten? Gerade dies war ihnen ein
Gräuel; der Kaiser durfte eine Kirchenspaltung nicht zugeben, wenn er
seinen Eid nicht verletzen wollte, darum konnten ihn auch die Protestan-
ten nicht als Kaiser anerkennen, und damit unterstützte die Religion das
Gelüsten der Fürsten nach Selbstherrlichkeit. So brachte die Kirchen-
spaltung auch einen Riß durch die deutsche Nation; Karl V. war der
letzte Kaiser, der von dem Papste gekrönt wurde, er war auch der letzte
Kaiser nach Willen und Wirken, wie Karl der Große der erste gewesen.
Karls V. Abdankung und Tod (21. September 1558).
Karl machte noch einige schwache Versuche, seinem Sohne Philipp
die deutsche Krone zu verschaffen, aber als er bemerkte, daß die deutschen
Fürsten, katholische wie protestantische, nie darauf eingehen würden, über-
ließ er Deutschland seinem Bruder Ferdinand und ging in die Nieder-
lande. Er war krank, und noch mehr schmerzte ihn wohl das Mißlingen
seiner großen Plane: die Kirchenspaltung war nicht gehoben, Frankreich
gefährlicher als je, Solyman jeden Augenblick bereit, sich auf Wien zu
stürzen, und Karl selbst sah sich in Deutschland verrathen und verlassen.
Er fühlte es, daß seine Rolle zu Ende sei, seitdem er die Gewalt eines
Kaisers verloren hatte, darum wollte er sich für den Rest seines Lebens
zurückziehen und auf den Tod vorbereiten. Den 25. Oktober 1555
überließ er in einer feierlichen Versammlung zu Brüssel die Negierung
seiner lieben Niederlande seinem Sohne Philipp, und bald darauf ent-
sagte er dem spanischen Throne; den 7. September 1556 legte er auch
die Kaiserkrone nieder. Den 17. September 1556 schiffte er sich in
Seeland nach Spanien ein und begab sich in das Kloster St. Just bei
Placentia unweit Valladolid, wo er den 24. Februar 1557 ankam. Hier
lebte er mit wenigen Dienern in völliger Abgeschiedenheit, indem er sei-
nem Sohne nur in wichtigen Angelegenheiten erbetenen Rath gab; einen
Theil seiner Tageszeit widmete er dem Gebete oder dem Lesen frommer
Bücher, namentlich St. Augustins und St. Bernhards, oder er pflegte sei-
nen kleinen Garten, oder versuchte sich in mechanischen Arbeiten. Er starb
den 21. September 1558, seines Alters 58 Jahre, 6 Monate, 25 Tage,
betend für die Einheit der Kirche.
Karl hat noch selten gerechtes Urtheil gefunden. Die Protestanten
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Extrahierte Personennamen: Karl_V. Karl_V. Karl_der_Große Karl Karls_V. Karl Karl Philipp Philipp Ferdinand Karl Karl Philipp Philipp Karl
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Karls Deutschland Frankreich Wien Deutschland Seeland Spanien Valladolid Bernhards
Rußland.
441
der Menschenverlust wurde um so mehr empfunden, als die Bevölkerung
des Reichs ohnehin eine dünne ist, und die finanziellen Kräfte waren so
abgespannt, daß sie allein schon den Frieden als das einzige Heilmittel
rathsam machten. Unter Alerander ruhten daher von 1815 bis 1825
die russischen Waffen und die seit Peter I. traditionelle russische Politik
zeigte sich während dieses Decenniums nur dadurch, daß 1824 die Nord-
westküste von Amerika zum großen Aergeruisse der Briten und Nord-
amerikaner förmlich in Besitz genommen wurde; wie das Augenmerk der
russischen Herrscher unverrückt gegen Centralasien schaut, bewies die Ge-
schicklichkeit, mit der im gleichen Jahre 7 kirgisische und kalmückische Hor-
den sich dem chinesischen Reiche entziehen und zu russischen Schützlingen
machen ließen. Für den Ackerbau sorgte der Kaiser, insoweit dies über-
haupt ein Fürst thun kann, in dessen Lande die Mehrzahl der Bauern
Leibeigene sind. Den Ausfuhrhandel mit den Erzeugnissen des Acker-
baues, der Viehzucht, der Jagd, des Fischfangs, des Bergbaues (Hanf,
Lein, Talg, Häute, Pelzwerk, Hausenblase, Kaviar, Holz, Theer, Kupfer),
beförderte er durch weise Gesetze; die Industrie, die den Bedürfnissen
Rußlands bei weitem nicht genügte, versuchte er bereits durch die un-
mittelbare Betheiligung des Staats zu heben, indem er z. B. Wollen-
tuchfabriken auf Regierungskosten anlegte. Erst 1823 jedoch wurde durch
den Finanzminister Kankrin (einen Deutschen aus Hanau) das System
der russischen Handelspolitik in seinen Grundzügen aufgestellt, das jetzt
vollendet dasteht: Ausschließung jedes fremden Fabrikats, dessen Erzeu-
gung in Rußland nur irgendwie möglich ist; Herstellung einer einheimi-
schen Industrie nicht allein durch diese Sperre gegen das Ausland, son-
dern nöthigenfalls dadurch, daß aus den Leibeigenen Arbeiter für die
Fabriken wie Rekruten ausgehoben, gedrillt und eingetheilt werden; Ver-
schließung des alten Handelswegs nach Centralasien über Kolchis und
das kaspische Meer für alle nichtrussischen Maaren. Dadurch strebte Ruß-
land sein ungeheueres Gebiet der Abhängigkeit von fremder Industrie
zu entziehen, wie es auch andererseits als eine eigene Welt dastehen und
dem, was man in dem andern Europa den Zeitgeist zu nennen pflegt,
keine Opfergaben oder Tribute darbringen wollte. Anfangs gehörte Ale-
rander selbst der liberalen Richtung an (das beweisen die finnländische
und polnische Verfassung, die Manifeste im Kriege von 1812—15 re.),
er entzog ihr jedoch bald seine Gunst. Er gründete allerdings 5 Uni-
versitäten, 50 Gymnasien, 100 Kreis- und mehrere tausend Volksschulen,
aber er ließ den öffentlichen Unterricht streng überwachen und führte
eine scharfe Censur ein, Maßregeln, die unter seinem Nachfolger bis zur
äußersten Konsequenz ausgebildet wurden, so daß der Umfang des Wis-
sens jedem Russen der unteren Stände genau zugemessen ist. Religiö-
sen Bewegungen und Differenzen wurde er schon 1816 sehr abhold; in
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Extrahierte Ortsnamen: Amerika Hanau Kolchis Europa
Die revolutionäre Sünbfluth über Deutschland.
623
forderte von dem Papste ein demokratisches Ministerium und seine Zu-
stimmung zu einer konstituierenden Versammlung für ganz Italien. Er
verweigerte beides und nun fielen Schüsse in die Fenster seines Palastes,
ein Sekretär, Palma, wurde getödtet, die römischen Truppen fraterni-
sierten mit dem Volke und so blieb dem Papste nichts übrig als das
verlangte demokratische Ministerium zu ernennen und die Frage wegen
der konstituierenden Versammlung für Italien an die versammelten Kam-
mern zu verweisen. Er wurde wie ein Gefangener bewacht und wer
weiß, was ihm noch widerfahren wäre, wenn er sich nicht mit Hilfe des
bayerischen Gesandten, Grafen Spaur, in der Nacht vom 24/25. No-
vember in das Neapolitanische hätte retten können, wo er in Gaeta
seinen Wohnsitz nahm und gegen die Gewaltakte zu Rom die feierlichste
Verwahrung einlegte. Jetzt triumphierte Mazzinis Partei in Rom; am
11. Dezember verwandelte sich das Ministerium in eine provisorische Ne-
gierung, die römischen Kammern wurden aufgelöst und auf den 5. Fe-
bruar die konstituierende Versammlung für Italien nach Rom einbe-
rufen, welche deßwegen Oostituente kiomuna hieß, weil Rom Italiens
Hauptstadt werden sollte. In Toskana, dessen Großherzog dem Kaiser
von Oesterreich den Krieg hatte erklären müssen, wofür die Toskaner
am Kurtatone büßten, nahmen die Dinge einen ähnlichen Verlauf, in
Florenz durch gemüthliche Anarchie, in Livorno durch Pöbelaufstände,
jedoch dauerte es bis Februar des folgenden Jahres, ehe Großherzog
Leopold Ii. wie Pius Ix. entfliehen mußte.
Fünfundzwanzigstes Kapitel.
Die revolutionäre Sündfluth über Deutschland.
Daß Deutschland große Erschütterungen bevorstünden, war schon
einige Jahre vor 1848 mit einer Sicherheit vorauszusagen, wie dies
vielleicht noch bei keinem andern großen Ereignisse der Geschichte der
Fall gewesen ist. Es fehlte auch gar nicht an Prophezeihungen; man
hörte den gemeinen Mann sagen: dieses Treiben muß den Regierungen
über den Kopf wachsen, und in Zeitschriften und Büchern wurde in allen
nur denkbaren Wendungen das Kapitel abgehandelt, daß große Ereig-
nisse in Aussicht stehen, zu hoffen seien, daß Erschütterungen nicht lange
mehr ausbleiben werden, daß das alte Gebäude „in allen Fugen krache" re.
In den kleinen und mittleren Staaten war der Widerwille gegen die
Bundesverfassung allbereits ein fanatischer geworden; entgegnete man
Eiferern dieser Art: „Bedenket doch, daß Deutschland seit wenigstens
drei Jahrhunderten vom Auslande niemals so wenig angefochten wurde
als von 1815 bis jetzt, was wir allein der Wehrkraft des Bundes ver-
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Extrahierte Personennamen: Mazzinis Leopold_Ii Leopold
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Italien Italien Gaeta Rom Italien Rom Rom_Italiens Toskana Oesterreich Florenz Livorno Deutschland Deutschland Deutschland
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Zeitalter der Revolution.
Cilftes Kapitel.
Die römische Republik (1798 Leu 10. /ebruar).
Zu gleicher Zeit, als in der Schweiz die Ersparnisse von Jahr-
hunderten aus den Städten geraubt und in den Hirtenkantonen die un-
fruchtbaren Freiheitsbäume gepflanzt wurden, mußte der greise Papst
Pius Vi. das Aeußerste erdulden, was der Uebermuth der revolutio-
nären Machthaber über ihn verhängen konnte. In Rom und dem Kir-
chenstaate mangelte es nicht an Republikanern, die von den Franzosen
ermuntert wurden, aber die Mehrzahl des Volkes wollte die französische
Freiheit nicht; bei einem Tumulte in Rom fiel der französische General
Duphot als Opfer der Volkswuth (28. Dezember 1797); da gebot
das Direktorium dem General Bert hi er mit Heeresmacht in Nom ein-
zurücken. Dieser Pflanzte nun auf dem alten Forum einen Freiheits-
baum, erklärte die weltliche Macht des Papstes für aufgehoben und
machte den Rest des Kirchenstaats, den Bonaparte übrig gelassen hatte,
zur römischen Republik; die Verfassung war französisch, nur führte
man statt der modernen Namen die klassischen von Konsuln, Tribunen
und Senatoren ein. Die Kardinäle wurden abgesetzt und fortgejagt
und auf dem Kapitole republikanische Komödie unter französischer Direk-
tion aufgesührt; Berthier bekam den Titel restitutor urbis (Wiederher-
steller Roms) und eine Münze feierte die Franzosen als die Retter des
Menschengeschlechtes. Diese begnügten sich aber mit Schauspielen und
Schaumünzen nicht; sie erhoben als Befreiungslohn belangreiche Kriegs-
steuern, plünderten Kirchen und Klöster aus, schleppten die Kunstschätze
nach Paris und führten den milden aber ungebeugten Pius Vi. in fran-
zösische Gefangenschaft; er starb zu Valence den 29. August 1799; die
Revolution und die unchristliche Philosophie schienen den folgenreichsten
Triumph errungen zu haben: das Papstthum war gestürzt, Rom eine
Republik.
Zwölftes Kapitel.
Sonaparte in Aegypten (1798).
Das Direktorium, welches durch seine Heere die kleinen Staaten
zertrat, war in Frankreich selbst ohne Ansehen und Kraft; mehr als
einmal wäre es der royalistischcn Opposition in den Räthen unterlegen,
wenn es nicht Bonaparte durch seine Generale gestützt hätte; es ent-
ledigte sich der vornehmsten Gegner durch Deportation nach Kayenne,
der terroristischen Nachzügler, die noch einige Versuche machten das ge-
TM Hauptwörter (50): [T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr], T20: [Rom Jahr Cäsar Senat Kaiser Pompejus Antonius Tod Krieg Sohn]]
TM Hauptwörter (100): [T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T56: [Papst Kaiser Rom Heinrich König Kirche Gregor Bischof Italien Papste], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch]]
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Extrahierte Personennamen: Cilftes August
Extrahierte Ortsnamen: Rom Rom Roms Paris Rom Frankreich