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1. Mancherlei für Jung und Alt - S. 97

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
97 Rudolf von Hlibsburg. Ausgebrannt vom Strahl der Sonne, Seufzet rings das dürre Land; Alle Quellen sind vertrocknet In dem glühend heißen Sand; Lechzend liegt die matte Herde Auf der schattenlosen Erde. issen - Wolkenlos der ganze Himmel, 'Dtill die Luft und heiß und schwer, Und der Wald mit welkem Laube Steht bedeckt mit weißem Staube. Sieh! da reitet durch die Steppe Kampfgerüstet eine Schar, Rudolf zieht, der deutsche Kaiser, Wider König Ottokar; Von dem Durste matt und heiser, Rust nach Wasser setzt der Kaiser. Und zwei Reiter eilen jauchzend Zu dem Kaiser hin im Flug, Halten freudig hoch erhoben Kühlen Wassers einen Krug, Und den Becher rasch ihm füllend, Sprechen sie, ihr Herz enthüllend: „Lange suchten wir nach Wasser Weit umher in diesem Land, Doch kein Tropfen war zu finden In dem glühend heißen Sand; Die vergebne Müh' zu enden, Wollten wir uns rückwärts wenden. „Sieh! da fanden wir im Schatten Ruhend eine Schnitterschar, Die sich, müde, laben wollte An dem Kruge kühl und klar; Weil sie selbst vom Durste litten, War vergebens alles Bitten. „Doch als unsre Schwerter drohten: ,Gebt uns Wasser oder Blut st Gaben sie uns bleich und zitternd Gern ihr seltnes, teures Gut; Was wir so erbeutet haben, Möge dich, o Kaiser, laben!" Als der Kaiser dies vernommen, Zog mit unmutvollem Blick Von den glühend heißen Lippen Plötzlich er den Krug zurück: „Nimmer soll den Durst mir stillen, Was sie gaben wider Willen. Lesebuch. 7

2. Mancherlei für Jung und Alt - S. 348

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
348 dann bäumt sich's jedesmal und macht einen gewaltigen Satz; hat der nun ausgetobt, dann kommt ein Zug von etwa sechzig andern Magnaten, alle mit derselben phantastischen Pracht, alle mit den schönen farbigen Turbans, den lustigen Schnurrbärten und den dunkeln Augen; der eine reitet einen Schimmel, den er mit einem goldenen Netze behängt hat; der andere einen Grauen, mit Diamanten auf allen Zügeln; ein anderer einen Rappen mit purpurnem Zeuge; einer trägt Himmelblau vom Kopf bis zu den Füßen, überall mit Gold dick gestickt, einen weißen Turban und weißen langen Dolman; ein anderer ganz in Goldstoff mit purpurnem Dolman; so ist einer immer bunter, reicher als der andere, und alle reiten so keck, ungeniert und fanfaronmäßig daher, daß es eine Lust ist; und nun erst die ungarische Garde, den Esterhazy an der Spitze, der blendend von Brillanten und Perlenstickerei ist; wie ist es zu erzählen? Man muß den Glanz gesehen haben, wie der Zug sich auf dem breiten Platze ausdehnte und stillstand, und wie alle die Edelsteine und bunten Farben, und die hohen goldenen Bischofsmützen und die Kruzifixe im hellsten Sonnenschein blitzten wie tausend Sterne! Nun denn, morgen soll es, so Gott will, weitergehen. Da hast Du einen Brief, Herr Bruder, schreib auch einmal bald an mich, und laß mich wissen, wie Dir das Leben geht; Ihr habt ja in Berlin auch einen Aufstand und zwar von Schneidergesellen gehabt; was ist es denn damit? Euch aber, liebe Eltern, und Euch, Geschwister, sag' ich nun noch einmal lebewohl aus Deutschland; jetzt soll es von Ungarn nach Italien gehen, von da schreibe ich mehr und ruhiger. Sei frph, lieber Paul, und gehe frisch vorwärts; freue Dich an allem Frohen, und denke an Deinen Bruder, der sich in der Welt herumtreibt. Lebe wohl! Dein Felix. Felix Mendelssohn-Bartholdy. Erbauung der Leo-Stadt. Das ruhmvollste Unternehmen des Papstes Leo Iv. war die Be- festigung des vatikanischen Gebiets — ein Ereignis in der Geschichte der Stadt, wodurch die Civitas Leonina entstand, ein neuer Teil Roms und eine neue Festung, die in den folgenden Jahrhunderten von so großer Wichtigkeit war. Als der Kaiser Aurelian Rom ummauerte, war das Bedürfnis, Rom einzuschließen, nicht vorhanden. Dies Gebiet blieb völlig offen und außerhalb der Stadt. Auch nachdem dort der St. Peter entstanden war, um ihn her Klöster, Hospitäler, Wohnungen mancher Art, und an der linken Seite die Fremdenkolonieen sich niedergelassen hatten, dachte

3. Mancherlei für Jung und Alt - S. 479

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
479 Und drängen die Nebel noch so dicht Sich vor den Blick der Sonne, Sie wecket doch mit ihrem Licht Einmal die Welt zur Wonne. Blast nur, ihr Stürme, blast mit Macht! Mir soll darob nicht bangen. Aus leisen Sohlen über Nacht Kommt doch der Lenz gegangen. Da wacht die Erde grünend auf, Weiß nicht, wie ihr geschehen. Und lacht in den sonnigen Himmel hinauf Und möchte vor Lust vergehen. Sie flicht sich blühende Kränze,, ins Haar Und schmückt sich mit Rosen und Ähren, Und läßt die Brünnlein rieseln klar, Als wären es Freudenzähren. Drum still! Und wie es frieren mag, O Herz, gieb dich zufrieden, — Es ist ein großer Maientag Der ganzen Welt beschieden! Und wenn dir oft auch bangt und graut, Als sei die Hüll' auf Erden, Nur unverzagt auf Gott vertraut! Es muß doch Frühling werden. Emanuel Geibel. Karls Iv. Kaiferkrönung. Nie war ein künftiger Kaiser mit glänzenderem Gefolge in Nom erschienen als Karl Iv., welchen seine erst sechzehnjährige anmutige Ge- mahlin Anna von Schweidnitz begleitete. Bon allen Seiten waren Herren und Ritter zu dem Römerznge herbeigeeilt, der diesmal nur ein Festzug sein sollte. 15 000 Ritter und Reisige, zu zwei Dritteilen Italiener, die Übrigen Deutsche und Böhmen, verherrlichten die Heerfahrt, alle, wie der florentinische Chronist schreibt, gut beritten und mit schönen, aber nicht für den Kampf berechneten Rüstungen und Waffen. Man sah die Herzoge von Bayern, von Braunschweig, von Troppau, von Teschen, von Falken- berg, die Burggrafen von Nürnberg und Magdeburg, die Grafen von Schwarzenberg und Ättingen, namentlich aber zahlreiche Prälaten, von denen mehrere ihre eignen Banner führten, den Erzbischof von Prag, den Patriarchen von Aquileja, die Bischöfe von Augsburg, Olmütz, Speier, Leitomyßl, Zengg, zahlreiche vornehme Hof- und Reichsbeamte. Nach einer Menge Förmlichkeiten, deren durch Dokumente beglaubigte Einzelheiten recht an den Tag legen, welches geschraubte Verhältnis selbst gegenüber einem von dem Willen des Papsttums ganz abhängigen Kaiser zwischen

4. Mancherlei für Jung und Alt - S. 25

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
durch beit neuen Anwuchs geht, durch die Himbeergesträuche, durch die Gezweige, die Axt auf der Schulter oder die breite Säge über den Rücken gebunden, so wandelt er in seinem Reiche, er gedenkt der Tage, wo er hier gewirkt hat, und wenn er auch nun in andern frischen Wäldern beschäftigt ist, so gehört doch auch ein Teil seines Herzens der Stelle, auf der einst seine Hütte gestanden war. Adalbert Stifter. Der Marknsdom. Es steigt empor in feenhaftem Schimmer, Im Marmor- und im Porphyrsäulenkranz, Mit feiner Kuppeln silberbleichem Flimmer Sankt Markus in jahrtausendaltem Glanz. Roch steht er blendend vor der Enkel Blicken Mit seines Giebels Sternenfirmament, Im Gold und Purpur seine Mosaiken, Der Meersstadt Dom, im Schmuck des Orient! — Venedigs Kapitol und Kathedrale, Du Tempel, Mausoleum seines Ruhms! Der Löwe wacht noch über dem Portale, Der goldne Hüter deines Heiligtums. Er wacht noch über den vier Siegesrossen, Er hält das goldne Buch in seinen Klau'n, Noch ist zu seiten ihm, weit aufgeschlossen, Sein einstig Reich, das blaue Meer, zu schau'n. Ihr Nischen, ihr Portale, Säulengänge, Jetzt nur erfüllt von frommen Litanei'n, Welch andrer Prozessionen Festgepränge Zog hier in frühern Zeiten ans und ein! Des Papsts Tiare und die Kaiserkrone Gesellten sich der Dogenmütz' im Zug, Indes als Sklavin stumm des Ostens Zone Gekniet mit ihrer Schätze Myrrhenkrug. Hier war das Schicksal manchen Reichs entschieden, Besiegelt vor San Mareos Hochaltar, Mit einem Papst schloß hier ein Kaiser Frieden st Des Sohn der Republik Gefangner war. Es wurden die Verträge hier beschworen, Mit Königen geschlossen; hier erschien Der Doge, Fürst der Republik erkoren, Der Palriarche schmückt' und salbet' ihn. Von hier ans schwang der Löwe sein Gefieder, Getaucht erst in des heil'gen Beckens Flut; Hier legt' er seinen Siegeslorbeer nieder Und seine Beute war des Tempels Gut. Hier sind Venedigs Helden ausgezogen, Vorm Hochaltare ward geweiht ihr Schwert, Es wölbte das Portal den Siegesbogen, Durch welchen ihr Triumphzug heimgekehrt. 1 Friedrich Barbarossa und Papst Alexander Iii.

5. Mancherlei für Jung und Alt - S. 29

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
29 dem Benediktiner-kloster zu Subiaco eine Znflnchtsstätte fanden, dann sich in Noin einer großartigen Unterstützung des Papstes Sixtus Iv. erfreuten und ihre Werke unter der Leitung des Bischofs Giovan Andrea von Ateria Herausgaben. Der berühmte Dominikaner Kardinal Turrecremata berief ini Jahre 1466 den Typographen Ulrich Hahn von Ingolstadt, der Kardinal Caraffa im Jahre 1469 den Georg Lauer von Würzburg nach Nom, und deren Förderer waren die berühmten päpstlichen Bio- graphen Campano und Platina. Im Jahre 1475 zählte Nom schon zwanzig Offizinen, und bis zum Schluß des Jahrhunderts erschienet: dort 925 Druckwerke, die man vorztlgsweise den Bemühtingen der Geistlichkeit verdankte. Der Klerus beteiligte sich aber nicht bloß durch eigene Mitwirkung an der neuen Kunst, sondern verschaffte ihr auch die notwendige Unter- stützung durch reichliche!: Ankauf ihrer Erzeugnisse. Fast die gesamte Bücherproduktion des fünfzehnten Jahrhunderts hatte in Deutschland die Befriedigung der literarischen Bedürfnisse der Geistlichkeit zum Zwecke, und nur durch deren rege Beteiligung wurde eine allseitige und gleichzeitige Einwirkung des Buchhandels auf das gesamte Publikum ermöglicht. Johannes Janss en. Der Frühlingsgarten. Du mußt dein Herz zum Frühlingsgarteu weih'u! Pflanz liebe Blumen edler Art hinein: Geduld und Hoffnung, Lieb' und Heiterkeit, Und auch das Blümeleiu Zufriedenheit! Dann magst du deinei: Garten Gott vertrau'::, Auf seine Lieb' und seine Güte bau'n; Doch mußt du auch das Deine freudig thun: Gott gab das Leben nicht, um auszuruh'u. Und wenn dir dam: die Blumen lieblich blüh'::, Wirst du vergesset: alle Sorg' und Müh'::, U>:d wie sie lächeln dir, so lächelst du Der gauzei: Gotteswelt auch freundlich zu. O pfleg den Garten! halt ihn immer rein! Laß nie des Unmuts Unkraut drin gedeih'::! Dann wird, wenn sich auch stellt der Winter ein, Dein Herz auch noch ein Frühlingsgarte:: sein. Aug. Heinr. Hoffmann von Fallersleben. Die Glasmalerei in Lagern unter König Ludwig I. Ungemeine Liebe und Sorgfalt wandte der bayerische Monarch der Wiederaufnahme der Glasmalerei zu. Dieser Kunstzweig hat schon ur-

6. Mancherlei für Jung und Alt - S. 233

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
233 zu schneiden. Er entfernt sich halbe Meilen weit vom Ban, kehrt aber immer in derselben Nacht zu ihm zurück. So treibt er es allnächtlich jahraus, jahrein; nur besondere Ereignisse, veränderter Wasserstand oder der Winter z. B. unterbrechen die Gleichmäßigkeit dieses Lebens. Das Wasser zerreißt die Dämme, welche dann wieder gebaut werden müssen und gewöhnlich auch in der ersten Nacht nach dem Unfall wieder gebaut werden; der Winter fesselt oft wochenlang an das Haus und zwingt den Biber, sich von den aufgespeicherten Vorräten zu äsen, obwohl es ihm ein Leichtes wäre, sich, wie sonst auch, im Walde Nahrung zu holen; denn das Eis ist ihm kein Hindernis: er bildet sich, wenn er sonst will, durch Nagen überall eine Pforte in der krystallenen Decke, welche ihm den Zugang zu seiner Hausthüre versperrt. Die Jungen kommen blind zur Welt und werden lange gesäugt und noch länger geführt von der zärtlichen Mutter. Der Vater scheint sich nicht um die Erziehung zu bekümmern; er schweift während des Sommers umher und findet sich erst im Herbst wieder in der Ansiedlung oder bei dem Weibchen ein. Brehm und Roßmäßler. Die Kartoffel. Amerika war schon entdeckt; Ich lag im Urwald noch versteckt. Da kam ein Europäer an Und nahm mich mit in seinem Kahn. Und als er mich den Köchen wies In Amsterdam und in Paris, Entschied ihr superkluger Rat: „Der grüne Bollen kocht sich fad — Die Staude da ist kein Gericht, Der Kerl verlohnt das Sieden nicht!" Doch lächelnd sprach der Admiral: „So kehrt ihn eben um einmal Und schaut nur, statt auf seinen Rock, Da unten nach dem Wurzelstock, Wie der auf roten Eiern ruht, Gleich einer Henne auf der Brut. Die rote Jndianerschar, Bei der er sonst zu Hause war, Kocht ihren Braten auch nicht viel, Sie ißt ihn auf mit Stumpf und Stiel. Dies aber geht in Kürze so: Man macht ein Feuer lichterloh, Wirft fleißig Holz und Heu hinein Und den Gefang'nen uritten drein. Der schmalzt sich schnell im eignen Schmalz Und salzt sich selbst im Aschensalz; Dann greift man zu, wie's jeder braucht, Und schlingt's hinunter, daß es raucht.

7. Mancherlei für Jung und Alt - S. 389

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
389 Nach allen Nachrichten war Maximilian ein sehr lernbegieriger Knabe von lebhaftem Geiste und vortrefflichen Anlagen, dabei aber etwas schüchtern; deshalb ward der Hofmeister angewiesen, ihn dadurch beherzter zu machen, daß er ihm, so oft sich eine Gelegenheit darböte, eine Grußvermeldung oder irgend eine andere, mit einem kurzen deutschen Vortrage verbundene Ausrichtung übertrüge. — Und doch lag in dem schüchternen Knaben schon der Beginn jener imponierenden Persönlichkeit des Mannes, vor welcher selbst ergraute Kriegsmänner zu zittern pflegten! Karl M. Freih. v. Aretin. 3vm Ämboß. Mir griff des Lebens harte Faust Schon in die krausen Kinderlocken; Den Knaben hat es derb gezaust, Hat ihn umsungen und umsaust, Und wahrlich nicht mit Blütenflocken! Und „schaffen!" rief's; „die Stunde flieht!" Und trieb mich aus der Mutter Kammer; „Nur der hat Recht, der recht sich müht: Du selbst bist deines Glückes Schmied." Ich weint' und faßte Zang' und Hammer. Weit fuhr ich, wie die Sehnsucht fährt, Von Riesen lernt' ich und von Zwergen; Und braun und stark zurückgekehrt, Bestellt' ich frisch den eignen Herd In meiner Heimat grünen Bergen. Da hub ich an, mit Mut und Fleiß Zu ernsten Schlägen auszuholen; Den spröden Stahl bezwang mein Schweiß Und mancher Tropfen, herb und heiß, Fiel zischend in der Esse Kohlen. Und ob im Lenz die Schwalbe sang, Ob draußen Ros' und Lilien sprossen; Ob fern vom stillen Waldeshang Der Herdenglocken Läuten klang: Ich stand am Feuer unverdrossen. Und wenn im kalten Januar Die Winterstürme nimmer ruhten, Ob spiegelblank das Eis, ob klar Im Schnee des Gablers Fährte war: Ich schürte trotzig meine Gluten. So Mond auf Mond, jahraus, jahrein, So Tage lang und halbe Nächte! -Stets brannte meines Feuers Schein, Wie Vestas Feuer, hell und rein, Und hoch den Hammer schwang die Rechte.

8. Mancherlei für Jung und Alt - S. 473

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
I — 473 — so beträchtlichen Teil seines Gewichtes erleichtert, steigt von neuem in die Höhe. Mit schneller Geistesgegenwart packt Nolier das Fangseil, und sich mit seiner ganzen Last anhängend, vermag er den Lauf des Ballons für Sekunden zu verzögern. Deschamps benutzt diese kostbaren Augen- blicke. Auch er schwingt sich aus dem Nachen und stürzt von 20 bis 25 Meter Höhe hinunter in den Schnee, — sie sind gerettet! gerettet! Wer wollte beschreiben, was sich nicht beschreiben läßt: nach der unendlichen Not das unendliche Glück der Gefährten! Sich stumm die Hände drückend, standen sie da, standen wieder auf dem Boden der mütterlichen Erde. Der Ballon freilich und die Tauben schienen verloren zu sein. Es war am Freitag den 25. November, halb 3 Uhr Nachmittags. 15 Stunden hatten die beiden Männer in einem elenden Weidenkorbe zwischen Leben und Tod geschwebt, und nur ein Wunder hatte das Unab- wendbare von ihnen abgewendet. Aber wo befanden sie sich? Wohin sollten sie ihre irren Schritte richten? Welcher Empfang wartete ihrer? Das waren die nächsten Fragen, und freilich waren dieselben nur zu geeignet, ihre dankbare Freude wiederum in die düsterste Sorge zu ver- kehren. Ohne Lebensmittel, ohne wärmere Kleider — denn selbst ihre Decken hatte der Ballon mit fortgeführt — in einem eisigen Klima, aus unwirtschaftlichen schneebedeckten Bergen, wo jede Spur des Lebens er- loschen zu sein schien, sahen sie sich in der That nur anderen und kaum geringeren Schrecken preisgegeben. Sie versuchen von den steilen Höhen herunterzusteigen; hier über Gletscherfelder, dort an Abgründen hinunter- gleitend, stürzen sie bald in tiefe Eisspalten, bald sinken sie bis an die Brust in Schneelöcher hinein. Sie forschen nach allen Seiten, sie rufen, sie horchen. Aber nirgends eine Antwort oder ein lebendes Wesen. Nur ein einziges Mal glauben sie in der Ferne eines Wolfes ansichtig geworden zu sein. Endlich, nach langen Täuschungen und Mühen, entdeckt Rolier die Spuren von Schlitten, welche sich nach Süden hinziehen; sie folgen dem glückverheißenden Zeichen und erreichen nach mehrstündiger Wanderung, während ihr Schuhwerk in Fetzen um die erstarrten und blutenden Füße hängt, eine halbverfallene Hütte, deren Eingang von Schneewänden fast völlig versperrt ist. Gerettet zum zweitenmale! Sie werfen sich auf den Boden der Hütte nieder, sie graben sich in die schützende Schneedecke ein und versuchen zu ruhen. Aber die unge- heure Aufregung läßt sie die Wohlthat des Schlafes nur kümmerlich schmecken; auf Stunden trauriger Lethargie folgen andere eines von Fieberschauern und wilden Träumen unterbrochenen Schlummers, bis endlich der Morgen des neuen Tages die Schiffbrüchigen von ihrem Lager emportreibt.

9. Beschreibende und lehrende Prosa - S. 19

1889 - Freiburg im Breisgau : Herder
4. Gedächtnisrede auf weiland Se. Majestät Kaiser Friedrich I. 19 Wilhelm. Deutschland kannte er von Ost nach West, von Nord bis Süd. Das britische Jnselreich betrat er zuerst als 20jähriger Jüngling mit den erlauchten Eltern und der einzigen Schwester. Und wie oft hat ihn später in Sehnsucht und Hoffnung und Erfüllung der schwanke Kiel hinübergetragen: an das Eiland, dessen berühmteste Hochschule den Fürsten- sohn zum Ehrendoktor der Rechtswissenschaft ernannte; in die Weltstadt, welche ihm das Ehrenbürgerrecht verlieh; zum Schlosse Balmoral auf der schottischen Hochlandsheide, wo er einst einen blühenden Zweig der weißen Erika, dort zu Lande unter den Blumen das Sinnbild des Glückes, brach für eine zarte Hand; zu der Saint-James-Kapelle, wo das Liebste im Leben sich ihm schenkte auf Treue bis zum Tode und übers Grab. Mehrmals sah er als Stellvertreter seines Vaters, wie vorher schon als willkommener Gast, die russischen Lande; öfters in dieser und jener Eigenschaft die italischen Auen. Da besuchte er den befreundeten Herrscher des Reiches und das ehrwürdige Oberhaupt der katholischen Kirche, Papst Leo, wie dessen Vorgänger Papst Pius, betrachtete die Gedächtnisstätten der alten Welthauptstadt und die Denkmäler des christlichen Zeitalters und betrat die Triumphstraßen der heidnischen Imperatoren und die Heerwege der römischen Kaiser deutscher Nation. Auch das romantische Land des Cid Campeador empfing den sicgfriedgleichen, sonnigen Helden in der stolzen Hofburg der düsteren Philippe. Geraume Zeit vorher hatte ihn die Heimfahrt von seiner vierten Reise über den Kanal nach Frank- reich geführt zum Palaste des Schicksalsmannes, welcher vierzehn Jahre später, geschlagen und entsetzt, gegenüberstehen sollte dem ehemaligen Hohen- zollern-Prinzen. Im Jahre 1869 reichte er in der Kaiserstadt an der Donau — wie es später ebenso auf seiner Nordlandsfahrt, nachdem er zu Christiania und Stockholm den norwegisch-schwedischen Herrscher be- grüßt hatte, mit dem Dänenkönige zu Malmö und Fredensborg geschah — er reichte die versöhnende Hand dem versöhnlichen Habsburger. Von Wien reiste er damals über Venedig, Ravenna, Brindisi, Korfu und Korinth nach Athen. Er stieg.zur Akropolis und schaute, vertieft in Ge- danken an die großen Zeiten der Menschengeschichte: Die herrlichen Gestlde, Berühmt durch Sitte, Geisteskraft und Mut, Das Heim erhabner Phantastegebilde Gleichwie begeistrungsvoller Redeglut, Der Griechen Land, umstrahlt von ew'ger Jugend, Durch Kunst und Wissenschaft und Heldentugend. Darauf setzte der hohe Reisende nach Kleinasien über. Der deutsche Held weilte an den Gräbern der trojanischen Helden, an jenen durch Sage

10. Dichtung des Mittelalters - S. 24

1903 - Freiburg im Breisgau : Herder
24 Zweite Periode, von 800 bis 1100. Auch Panzer und Helme nahm er mit Fug Unß belud vier Rosse, bis sie trugen schwer genug. Das sünfte nahm Hildegunde, das sechste der Held beschritt. So begann aus den Klüften langsam der Ritt, Und wo der Pfad am Felsen sich abwand steil und schmal, Hielt Walter eine Weile und späht' über Berg und Tal Und schöpfte mit den Ohren gespannt der Lüfte Wehn, Ob er Stimmen höre oder Schritte gehn, Ob feindliche Waffen erklirrten am Schild, Ob unter Rossehusen erdröhne das Waldgefild. Als alles schweigsam ruhte, kehrte er voran Die beladenen Säumer; die Maid schloß sich an. Das Roß mit den Schreinen selbst nahm er an die Hand. So begann die Reise wieder er aus Waskenland. (Sinnig.) Kaum haben sie 1000 Schritte zurückgelegt, als die angstvoll zurückschauende Jungfrau zwei Männer von einem Hügel rennen sieht. Walthari schickt das Mädchen mit den Rossen voraus in den nahen Wald, er selbst erwartet mutig die Feinde. Vergebens mahnt er zunächst Hagen an den alten Freundschaftsbund. Von Rosses Rücken schwang sich Hagen nun zur Erde, Da ließen auch Walthari und König Günther die Pferde. Zum Fußkampf standen sie, zwei wider einen Mann. Die zweite Frühstund' war's, da hub das Streiten an. Erst brach den Frieden Hagen und warf mit Macht den Speer, Der flog in hohem Bogen mit Zisch und Zasch daher. Walthari mochte nicht ausbeugen, doch er hielt In schräger Richtung ihm entgegen seinen Schild; Rückprallte das Geschoß, als wie von Marmelstein, Und wühlte bis an den Nagel sich in den nahen Rain. Dann warf auch König Günther den schweren Eschenschaft, Er warf ihn kecken Mutes, doch nur mit schwacher Kraft, Den Schildrand traf er nur und konnt' ihn nicht zerreißen: Walthari schüttelte, da fiel das matte Eisen. Das war ein schlimmes Zeichen. Jetzt griffen sie znm Schwerte, Doch grimmen Blicks Walthari sich mit der Lanze wehrte. Die Klingen waren kurz, sie reichten nicht an ihn. Da fuhr ein schlimmer Plan dem König durch den Sinn. Sein abgeschosstner Speer lag vor Waltharis Füßen, Den hätt' er heimlich gern zu sich zurückgerissen — Er winkte mit dem Aug', daß Hagen vorwärts dringe,
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