97
Rudolf von Hlibsburg.
Ausgebrannt vom Strahl der Sonne,
Seufzet rings das dürre Land;
Alle Quellen sind vertrocknet
In dem glühend heißen Sand;
Lechzend liegt die matte Herde
Auf der schattenlosen Erde.
issen
- Wolkenlos der ganze Himmel,
'Dtill die Luft und heiß und schwer,
Und der Wald mit welkem Laube
Steht bedeckt mit weißem Staube.
Sieh! da reitet durch die Steppe
Kampfgerüstet eine Schar,
Rudolf zieht, der deutsche Kaiser,
Wider König Ottokar;
Von dem Durste matt und heiser,
Rust nach Wasser setzt der Kaiser.
Und zwei Reiter eilen jauchzend
Zu dem Kaiser hin im Flug,
Halten freudig hoch erhoben
Kühlen Wassers einen Krug,
Und den Becher rasch ihm füllend,
Sprechen sie, ihr Herz enthüllend:
„Lange suchten wir nach Wasser
Weit umher in diesem Land,
Doch kein Tropfen war zu finden
In dem glühend heißen Sand;
Die vergebne Müh' zu enden,
Wollten wir uns rückwärts wenden.
„Sieh! da fanden wir im Schatten
Ruhend eine Schnitterschar,
Die sich, müde, laben wollte
An dem Kruge kühl und klar;
Weil sie selbst vom Durste litten,
War vergebens alles Bitten.
„Doch als unsre Schwerter drohten:
,Gebt uns Wasser oder Blut st
Gaben sie uns bleich und zitternd
Gern ihr seltnes, teures Gut;
Was wir so erbeutet haben,
Möge dich, o Kaiser, laben!"
Als der Kaiser dies vernommen,
Zog mit unmutvollem Blick
Von den glühend heißen Lippen
Plötzlich er den Krug zurück:
„Nimmer soll den Durst mir stillen,
Was sie gaben wider Willen.
Lesebuch.
7
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T24: [Luft Wasser Wärme Körper Erde Wind Regen Höhe Temperatur Schnee]]
Extrahierte Personennamen: Rudolf_von_Hlibsburg Rudolf Rudolf Rudolf Ottokar Ottokar
348
dann bäumt sich's jedesmal und macht einen gewaltigen Satz; hat der
nun ausgetobt, dann kommt ein Zug von etwa sechzig andern Magnaten,
alle mit derselben phantastischen Pracht, alle mit den schönen farbigen
Turbans, den lustigen Schnurrbärten und den dunkeln Augen; der eine
reitet einen Schimmel, den er mit einem goldenen Netze behängt hat;
der andere einen Grauen, mit Diamanten auf allen Zügeln; ein anderer
einen Rappen mit purpurnem Zeuge; einer trägt Himmelblau vom Kopf
bis zu den Füßen, überall mit Gold dick gestickt, einen weißen Turban
und weißen langen Dolman; ein anderer ganz in Goldstoff mit purpurnem
Dolman; so ist einer immer bunter, reicher als der andere, und alle reiten
so keck, ungeniert und fanfaronmäßig daher, daß es eine Lust ist; und
nun erst die ungarische Garde, den Esterhazy an der Spitze, der blendend
von Brillanten und Perlenstickerei ist; wie ist es zu erzählen? Man
muß den Glanz gesehen haben, wie der Zug sich auf dem breiten Platze
ausdehnte und stillstand, und wie alle die Edelsteine und bunten Farben,
und die hohen goldenen Bischofsmützen und die Kruzifixe im hellsten
Sonnenschein blitzten wie tausend Sterne!
Nun denn, morgen soll es, so Gott will, weitergehen. Da hast
Du einen Brief, Herr Bruder, schreib auch einmal bald an mich, und laß
mich wissen, wie Dir das Leben geht; Ihr habt ja in Berlin auch einen
Aufstand und zwar von Schneidergesellen gehabt; was ist es denn damit?
Euch aber, liebe Eltern, und Euch, Geschwister, sag' ich nun noch
einmal lebewohl aus Deutschland; jetzt soll es von Ungarn nach Italien
gehen, von da schreibe ich mehr und ruhiger. Sei frph, lieber Paul,
und gehe frisch vorwärts; freue Dich an allem Frohen, und denke an
Deinen Bruder, der sich in der Welt herumtreibt. Lebe wohl!
Dein
Felix.
Felix Mendelssohn-Bartholdy.
Erbauung der Leo-Stadt.
Das ruhmvollste Unternehmen des Papstes Leo Iv. war die Be-
festigung des vatikanischen Gebiets — ein Ereignis in der Geschichte der
Stadt, wodurch die Civitas Leonina entstand, ein neuer Teil Roms
und eine neue Festung, die in den folgenden Jahrhunderten von so großer
Wichtigkeit war.
Als der Kaiser Aurelian Rom ummauerte, war das Bedürfnis,
Rom einzuschließen, nicht vorhanden. Dies Gebiet blieb völlig offen und
außerhalb der Stadt. Auch nachdem dort der St. Peter entstanden
war, um ihn her Klöster, Hospitäler, Wohnungen mancher Art, und an
der linken Seite die Fremdenkolonieen sich niedergelassen hatten, dachte
TM Hauptwörter (50): [T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T56: [Papst Kaiser Rom Heinrich König Kirche Gregor Bischof Italien Papste]]
TM Hauptwörter (200): [T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T105: [Stadt Dom Jahrhundert Zeit Bau Kirche Rhein Baukunst Deutschland Mainz], T158: [Papst Kaiser Iii Vii Gregor Heinrich Rom Friedrich Italien Jahr]]
Extrahierte Personennamen: Gott Felix Felix Felix_Mendelssohn-Bartholdy Felix Leo_Iv Leo
Extrahierte Ortsnamen: Goldstoff Berlin Deutschland Ungarn Italien Roms Rom Rom
479
Und drängen die Nebel noch so dicht
Sich vor den Blick der Sonne,
Sie wecket doch mit ihrem Licht
Einmal die Welt zur Wonne.
Blast nur, ihr Stürme, blast mit Macht!
Mir soll darob nicht bangen.
Aus leisen Sohlen über Nacht
Kommt doch der Lenz gegangen.
Da wacht die Erde grünend auf,
Weiß nicht, wie ihr geschehen.
Und lacht in den sonnigen Himmel hinauf
Und möchte vor Lust vergehen.
Sie flicht sich blühende Kränze,, ins Haar
Und schmückt sich mit Rosen und Ähren,
Und läßt die Brünnlein rieseln klar,
Als wären es Freudenzähren.
Drum still! Und wie es frieren mag,
O Herz, gieb dich zufrieden, —
Es ist ein großer Maientag
Der ganzen Welt beschieden!
Und wenn dir oft auch bangt und graut,
Als sei die Hüll' auf Erden,
Nur unverzagt auf Gott vertraut!
Es muß doch Frühling werden.
Emanuel Geibel.
Karls Iv. Kaiferkrönung.
Nie war ein künftiger Kaiser mit glänzenderem Gefolge in Nom
erschienen als Karl Iv., welchen seine erst sechzehnjährige anmutige Ge-
mahlin Anna von Schweidnitz begleitete. Bon allen Seiten waren Herren
und Ritter zu dem Römerznge herbeigeeilt, der diesmal nur ein Festzug
sein sollte. 15 000 Ritter und Reisige, zu zwei Dritteilen Italiener, die
Übrigen Deutsche und Böhmen, verherrlichten die Heerfahrt, alle, wie
der florentinische Chronist schreibt, gut beritten und mit schönen, aber nicht
für den Kampf berechneten Rüstungen und Waffen. Man sah die Herzoge
von Bayern, von Braunschweig, von Troppau, von Teschen, von Falken-
berg, die Burggrafen von Nürnberg und Magdeburg, die Grafen von
Schwarzenberg und Ättingen, namentlich aber zahlreiche Prälaten, von
denen mehrere ihre eignen Banner führten, den Erzbischof von Prag, den
Patriarchen von Aquileja, die Bischöfe von Augsburg, Olmütz, Speier,
Leitomyßl, Zengg, zahlreiche vornehme Hof- und Reichsbeamte. Nach einer
Menge Förmlichkeiten, deren durch Dokumente beglaubigte Einzelheiten
recht an den Tag legen, welches geschraubte Verhältnis selbst gegenüber
einem von dem Willen des Papsttums ganz abhängigen Kaiser zwischen
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T97: [Heinrich Herzog Graf Erzbischof König Grafe Kaiser Stadt Herr Mainz], T112: [Schwert Ritter Schild Waffe Lanze Pferd Speer Hand Helm Pfeil], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
Extrahierte Personennamen: Emanuel_Geibel Karls Karl_Iv. Karl_Iv. Anna_von_Schweidnitz Schwarzenberg Aquileja
durch beit neuen Anwuchs geht, durch die Himbeergesträuche, durch die
Gezweige, die Axt auf der Schulter oder die breite Säge über den Rücken
gebunden, so wandelt er in seinem Reiche, er gedenkt der Tage, wo er
hier gewirkt hat, und wenn er auch nun in andern frischen Wäldern
beschäftigt ist, so gehört doch auch ein Teil seines Herzens der Stelle,
auf der einst seine Hütte gestanden war. Adalbert Stifter.
Der Marknsdom.
Es steigt empor in feenhaftem Schimmer,
Im Marmor- und im Porphyrsäulenkranz,
Mit feiner Kuppeln silberbleichem Flimmer
Sankt Markus in jahrtausendaltem Glanz.
Roch steht er blendend vor der Enkel Blicken
Mit seines Giebels Sternenfirmament,
Im Gold und Purpur seine Mosaiken,
Der Meersstadt Dom, im Schmuck des Orient! —
Venedigs Kapitol und Kathedrale,
Du Tempel, Mausoleum seines Ruhms!
Der Löwe wacht noch über dem Portale,
Der goldne Hüter deines Heiligtums.
Er wacht noch über den vier Siegesrossen,
Er hält das goldne Buch in seinen Klau'n,
Noch ist zu seiten ihm, weit aufgeschlossen,
Sein einstig Reich, das blaue Meer, zu schau'n.
Ihr Nischen, ihr Portale, Säulengänge,
Jetzt nur erfüllt von frommen Litanei'n,
Welch andrer Prozessionen Festgepränge
Zog hier in frühern Zeiten ans und ein!
Des Papsts Tiare und die Kaiserkrone
Gesellten sich der Dogenmütz' im Zug,
Indes als Sklavin stumm des Ostens Zone
Gekniet mit ihrer Schätze Myrrhenkrug.
Hier war das Schicksal manchen Reichs entschieden,
Besiegelt vor San Mareos Hochaltar,
Mit einem Papst schloß hier ein Kaiser Frieden st
Des Sohn der Republik Gefangner war.
Es wurden die Verträge hier beschworen,
Mit Königen geschlossen; hier erschien
Der Doge, Fürst der Republik erkoren,
Der Palriarche schmückt' und salbet' ihn.
Von hier ans schwang der Löwe sein Gefieder,
Getaucht erst in des heil'gen Beckens Flut;
Hier legt' er seinen Siegeslorbeer nieder
Und seine Beute war des Tempels Gut.
Hier sind Venedigs Helden ausgezogen,
Vorm Hochaltare ward geweiht ihr Schwert,
Es wölbte das Portal den Siegesbogen,
Durch welchen ihr Triumphzug heimgekehrt.
1 Friedrich Barbarossa und Papst Alexander Iii.
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Extrahierte Personennamen: Markus Friedrich_Barbarossa Friedrich Barbarossa Alexander_Iii Alexander
29
dem Benediktiner-kloster zu Subiaco eine Znflnchtsstätte fanden, dann sich
in Noin einer großartigen Unterstützung des Papstes Sixtus Iv. erfreuten
und ihre Werke unter der Leitung des Bischofs Giovan Andrea von
Ateria Herausgaben. Der berühmte Dominikaner Kardinal Turrecremata
berief ini Jahre 1466 den Typographen Ulrich Hahn von Ingolstadt,
der Kardinal Caraffa im Jahre 1469 den Georg Lauer von Würzburg
nach Nom, und deren Förderer waren die berühmten päpstlichen Bio-
graphen Campano und Platina. Im Jahre 1475 zählte Nom schon
zwanzig Offizinen, und bis zum Schluß des Jahrhunderts erschienet: dort
925 Druckwerke, die man vorztlgsweise den Bemühtingen der Geistlichkeit
verdankte.
Der Klerus beteiligte sich aber nicht bloß durch eigene Mitwirkung
an der neuen Kunst, sondern verschaffte ihr auch die notwendige Unter-
stützung durch reichliche!: Ankauf ihrer Erzeugnisse. Fast die gesamte
Bücherproduktion des fünfzehnten Jahrhunderts hatte in Deutschland die
Befriedigung der literarischen Bedürfnisse der Geistlichkeit zum Zwecke,
und nur durch deren rege Beteiligung wurde eine allseitige und
gleichzeitige Einwirkung des Buchhandels auf das gesamte
Publikum ermöglicht.
Johannes Janss en.
Der Frühlingsgarten.
Du mußt dein Herz zum Frühlingsgarteu weih'u!
Pflanz liebe Blumen edler Art hinein:
Geduld und Hoffnung, Lieb' und Heiterkeit,
Und auch das Blümeleiu Zufriedenheit!
Dann magst du deinei: Garten Gott vertrau'::,
Auf seine Lieb' und seine Güte bau'n;
Doch mußt du auch das Deine freudig thun:
Gott gab das Leben nicht, um auszuruh'u.
Und wenn dir dam: die Blumen lieblich blüh'::,
Wirst du vergesset: alle Sorg' und Müh'::,
U>:d wie sie lächeln dir, so lächelst du
Der gauzei: Gotteswelt auch freundlich zu.
O pfleg den Garten! halt ihn immer rein!
Laß nie des Unmuts Unkraut drin gedeih'::!
Dann wird, wenn sich auch stellt der Winter ein,
Dein Herz auch noch ein Frühlingsgarte:: sein.
Aug. Heinr. Hoffmann von Fallersleben.
Die Glasmalerei in Lagern unter König Ludwig I.
Ungemeine Liebe und Sorgfalt wandte der bayerische Monarch der
Wiederaufnahme der Glasmalerei zu. Dieser Kunstzweig hat schon ur-
TM Hauptwörter (50): [T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T56: [Papst Kaiser Rom Heinrich König Kirche Gregor Bischof Italien Papste], T58: [Kloster Jahr Mönch Kirche Schweiz Bischof Abt Zürich Bonifatius Bern], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T77: [Papst Bischof Kaiser Rom Kirche König Heinrich Erzbischof Gregor Papste], T165: [Kunst Wissenschaft Handel Gewerbe Bildung Land Stadt Schule Zeit Volk], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T4: [Orden Ritter Peter Kreuzzug Land Jahr Jerusalem Johanniter Arnold Frankreich]]
233
zu schneiden. Er entfernt sich halbe Meilen weit vom Ban, kehrt aber
immer in derselben Nacht zu ihm zurück. So treibt er es allnächtlich
jahraus, jahrein; nur besondere Ereignisse, veränderter Wasserstand oder
der Winter z. B. unterbrechen die Gleichmäßigkeit dieses Lebens. Das
Wasser zerreißt die Dämme, welche dann wieder gebaut werden müssen
und gewöhnlich auch in der ersten Nacht nach dem Unfall wieder gebaut
werden; der Winter fesselt oft wochenlang an das Haus und zwingt den
Biber, sich von den aufgespeicherten Vorräten zu äsen, obwohl es ihm
ein Leichtes wäre, sich, wie sonst auch, im Walde Nahrung zu holen;
denn das Eis ist ihm kein Hindernis: er bildet sich, wenn er sonst will,
durch Nagen überall eine Pforte in der krystallenen Decke, welche ihm
den Zugang zu seiner Hausthüre versperrt.
Die Jungen kommen blind zur Welt und werden lange gesäugt und
noch länger geführt von der zärtlichen Mutter. Der Vater scheint sich
nicht um die Erziehung zu bekümmern; er schweift während des Sommers
umher und findet sich erst im Herbst wieder in der Ansiedlung oder bei
dem Weibchen ein.
Brehm und Roßmäßler.
Die Kartoffel.
Amerika war schon entdeckt;
Ich lag im Urwald noch versteckt.
Da kam ein Europäer an
Und nahm mich mit in seinem Kahn.
Und als er mich den Köchen wies
In Amsterdam und in Paris,
Entschied ihr superkluger Rat:
„Der grüne Bollen kocht sich fad —
Die Staude da ist kein Gericht,
Der Kerl verlohnt das Sieden nicht!"
Doch lächelnd sprach der Admiral:
„So kehrt ihn eben um einmal
Und schaut nur, statt auf seinen Rock,
Da unten nach dem Wurzelstock,
Wie der auf roten Eiern ruht,
Gleich einer Henne auf der Brut.
Die rote Jndianerschar,
Bei der er sonst zu Hause war,
Kocht ihren Braten auch nicht viel,
Sie ißt ihn auf mit Stumpf und Stiel.
Dies aber geht in Kürze so:
Man macht ein Feuer lichterloh,
Wirft fleißig Holz und Heu hinein
Und den Gefang'nen uritten drein.
Der schmalzt sich schnell im eignen Schmalz
Und salzt sich selbst im Aschensalz;
Dann greift man zu, wie's jeder braucht,
Und schlingt's hinunter, daß es raucht.
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel]]
389
Nach allen Nachrichten war Maximilian ein sehr lernbegieriger
Knabe von lebhaftem Geiste und vortrefflichen Anlagen, dabei aber etwas
schüchtern; deshalb ward der Hofmeister angewiesen, ihn dadurch beherzter
zu machen, daß er ihm, so oft sich eine Gelegenheit darböte, eine
Grußvermeldung oder irgend eine andere, mit einem kurzen deutschen
Vortrage verbundene Ausrichtung übertrüge. — Und doch lag in dem
schüchternen Knaben schon der Beginn jener imponierenden Persönlichkeit
des Mannes, vor welcher selbst ergraute Kriegsmänner zu zittern pflegten!
Karl M. Freih. v. Aretin.
3vm Ämboß.
Mir griff des Lebens harte Faust
Schon in die krausen Kinderlocken;
Den Knaben hat es derb gezaust,
Hat ihn umsungen und umsaust,
Und wahrlich nicht mit Blütenflocken!
Und „schaffen!" rief's; „die Stunde flieht!"
Und trieb mich aus der Mutter Kammer;
„Nur der hat Recht, der recht sich müht:
Du selbst bist deines Glückes Schmied."
Ich weint' und faßte Zang' und Hammer.
Weit fuhr ich, wie die Sehnsucht fährt,
Von Riesen lernt' ich und von Zwergen;
Und braun und stark zurückgekehrt,
Bestellt' ich frisch den eignen Herd
In meiner Heimat grünen Bergen.
Da hub ich an, mit Mut und Fleiß
Zu ernsten Schlägen auszuholen;
Den spröden Stahl bezwang mein Schweiß
Und mancher Tropfen, herb und heiß,
Fiel zischend in der Esse Kohlen.
Und ob im Lenz die Schwalbe sang,
Ob draußen Ros' und Lilien sprossen;
Ob fern vom stillen Waldeshang
Der Herdenglocken Läuten klang:
Ich stand am Feuer unverdrossen.
Und wenn im kalten Januar
Die Winterstürme nimmer ruhten,
Ob spiegelblank das Eis, ob klar
Im Schnee des Gablers Fährte war:
Ich schürte trotzig meine Gluten.
So Mond auf Mond, jahraus, jahrein,
So Tage lang und halbe Nächte!
-Stets brannte meines Feuers Schein,
Wie Vestas Feuer, hell und rein,
Und hoch den Hammer schwang die Rechte.
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Maximilian Maximilian Karl
I
— 473 —
so beträchtlichen Teil seines Gewichtes erleichtert, steigt von neuem in die
Höhe. Mit schneller Geistesgegenwart packt Nolier das Fangseil, und
sich mit seiner ganzen Last anhängend, vermag er den Lauf des Ballons
für Sekunden zu verzögern. Deschamps benutzt diese kostbaren Augen-
blicke. Auch er schwingt sich aus dem Nachen und stürzt von 20 bis
25 Meter Höhe hinunter in den Schnee, — sie sind gerettet! gerettet!
Wer wollte beschreiben, was sich nicht beschreiben läßt: nach der
unendlichen Not das unendliche Glück der Gefährten! Sich stumm die
Hände drückend, standen sie da, standen wieder auf dem Boden der
mütterlichen Erde. Der Ballon freilich und die Tauben schienen verloren
zu sein.
Es war am Freitag den 25. November, halb 3 Uhr Nachmittags.
15 Stunden hatten die beiden Männer in einem elenden Weidenkorbe
zwischen Leben und Tod geschwebt, und nur ein Wunder hatte das Unab-
wendbare von ihnen abgewendet. Aber wo befanden sie sich? Wohin
sollten sie ihre irren Schritte richten? Welcher Empfang wartete ihrer?
Das waren die nächsten Fragen, und freilich waren dieselben nur zu
geeignet, ihre dankbare Freude wiederum in die düsterste Sorge zu ver-
kehren. Ohne Lebensmittel, ohne wärmere Kleider — denn selbst ihre
Decken hatte der Ballon mit fortgeführt — in einem eisigen Klima, aus
unwirtschaftlichen schneebedeckten Bergen, wo jede Spur des Lebens er-
loschen zu sein schien, sahen sie sich in der That nur anderen und kaum
geringeren Schrecken preisgegeben. Sie versuchen von den steilen Höhen
herunterzusteigen; hier über Gletscherfelder, dort an Abgründen hinunter-
gleitend, stürzen sie bald in tiefe Eisspalten, bald sinken sie bis an die
Brust in Schneelöcher hinein. Sie forschen nach allen Seiten, sie rufen,
sie horchen. Aber nirgends eine Antwort oder ein lebendes Wesen. Nur
ein einziges Mal glauben sie in der Ferne eines Wolfes ansichtig geworden
zu sein. Endlich, nach langen Täuschungen und Mühen, entdeckt Rolier
die Spuren von Schlitten, welche sich nach Süden hinziehen; sie folgen
dem glückverheißenden Zeichen und erreichen nach mehrstündiger Wanderung,
während ihr Schuhwerk in Fetzen um die erstarrten und blutenden Füße
hängt, eine halbverfallene Hütte, deren Eingang von Schneewänden fast
völlig versperrt ist. Gerettet zum zweitenmale!
Sie werfen sich auf den Boden der Hütte nieder, sie graben sich in
die schützende Schneedecke ein und versuchen zu ruhen. Aber die unge-
heure Aufregung läßt sie die Wohlthat des Schlafes nur kümmerlich
schmecken; auf Stunden trauriger Lethargie folgen andere eines von
Fieberschauern und wilden Träumen unterbrochenen Schlummers, bis
endlich der Morgen des neuen Tages die Schiffbrüchigen von ihrem Lager
emportreibt.
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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4. Gedächtnisrede auf weiland Se. Majestät Kaiser Friedrich I. 19
Wilhelm. Deutschland kannte er von Ost nach West, von Nord bis
Süd. Das britische Jnselreich betrat er zuerst als 20jähriger Jüngling
mit den erlauchten Eltern und der einzigen Schwester. Und wie oft hat
ihn später in Sehnsucht und Hoffnung und Erfüllung der schwanke Kiel
hinübergetragen: an das Eiland, dessen berühmteste Hochschule den Fürsten-
sohn zum Ehrendoktor der Rechtswissenschaft ernannte; in die Weltstadt,
welche ihm das Ehrenbürgerrecht verlieh; zum Schlosse Balmoral auf
der schottischen Hochlandsheide, wo er einst einen blühenden Zweig der
weißen Erika, dort zu Lande unter den Blumen das Sinnbild des Glückes,
brach für eine zarte Hand; zu der Saint-James-Kapelle, wo das Liebste
im Leben sich ihm schenkte auf Treue bis zum Tode und übers Grab.
Mehrmals sah er als Stellvertreter seines Vaters, wie vorher schon
als willkommener Gast, die russischen Lande; öfters in dieser und jener
Eigenschaft die italischen Auen. Da besuchte er den befreundeten Herrscher
des Reiches und das ehrwürdige Oberhaupt der katholischen Kirche, Papst
Leo, wie dessen Vorgänger Papst Pius, betrachtete die Gedächtnisstätten
der alten Welthauptstadt und die Denkmäler des christlichen Zeitalters
und betrat die Triumphstraßen der heidnischen Imperatoren und die
Heerwege der römischen Kaiser deutscher Nation. Auch das romantische
Land des Cid Campeador empfing den sicgfriedgleichen, sonnigen Helden
in der stolzen Hofburg der düsteren Philippe. Geraume Zeit vorher hatte
ihn die Heimfahrt von seiner vierten Reise über den Kanal nach Frank-
reich geführt zum Palaste des Schicksalsmannes, welcher vierzehn Jahre
später, geschlagen und entsetzt, gegenüberstehen sollte dem ehemaligen Hohen-
zollern-Prinzen. Im Jahre 1869 reichte er in der Kaiserstadt an der
Donau — wie es später ebenso auf seiner Nordlandsfahrt, nachdem er
zu Christiania und Stockholm den norwegisch-schwedischen Herrscher be-
grüßt hatte, mit dem Dänenkönige zu Malmö und Fredensborg geschah
— er reichte die versöhnende Hand dem versöhnlichen Habsburger. Von
Wien reiste er damals über Venedig, Ravenna, Brindisi, Korfu und
Korinth nach Athen. Er stieg.zur Akropolis und schaute, vertieft in Ge-
danken an die großen Zeiten der Menschengeschichte:
Die herrlichen Gestlde,
Berühmt durch Sitte, Geisteskraft und Mut,
Das Heim erhabner Phantastegebilde
Gleichwie begeistrungsvoller Redeglut,
Der Griechen Land, umstrahlt von ew'ger Jugend,
Durch Kunst und Wissenschaft und Heldentugend.
Darauf setzte der hohe Reisende nach Kleinasien über. Der deutsche
Held weilte an den Gräbern der trojanischen Helden, an jenen durch Sage
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T56: [Papst Kaiser Rom Heinrich König Kirche Gregor Bischof Italien Papste], T62: [Insel Stadt Hafen England Hauptstadt Einw. See London Handel Schottland], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T199: [Universität Berlin Bibliothek Leipzig Schloß München Jahr Museum Schule Gymnasium], T19: [Reich deutsch Kaiser Reiche Zeit Karl Jahr Ende Konstantin groß], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld]]
Extrahierte Personennamen: Friedrich_I. Wilhelm Erika Leo Leo Philippe
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Nord Schlosse_Balmoral Hochlandsheide Frank- Hohen- Donau Christiania Stockholm Wien Ravenna Brindisi Korfu Korinth Athen Kleinasien
24
Zweite Periode, von 800 bis 1100.
Auch Panzer und Helme nahm er mit Fug
Unß belud vier Rosse, bis sie trugen schwer genug.
Das sünfte nahm Hildegunde, das sechste der Held beschritt.
So begann aus den Klüften langsam der Ritt,
Und wo der Pfad am Felsen sich abwand steil und schmal,
Hielt Walter eine Weile und späht' über Berg und Tal
Und schöpfte mit den Ohren gespannt der Lüfte Wehn,
Ob er Stimmen höre oder Schritte gehn,
Ob feindliche Waffen erklirrten am Schild,
Ob unter Rossehusen erdröhne das Waldgefild.
Als alles schweigsam ruhte, kehrte er voran
Die beladenen Säumer; die Maid schloß sich an.
Das Roß mit den Schreinen selbst nahm er an die Hand.
So begann die Reise wieder er aus Waskenland. (Sinnig.)
Kaum haben sie 1000 Schritte zurückgelegt, als die angstvoll zurückschauende
Jungfrau zwei Männer von einem Hügel rennen sieht. Walthari schickt das Mädchen
mit den Rossen voraus in den nahen Wald, er selbst erwartet mutig die Feinde.
Vergebens mahnt er zunächst Hagen an den alten Freundschaftsbund.
Von Rosses Rücken schwang sich Hagen nun zur Erde,
Da ließen auch Walthari und König Günther die Pferde.
Zum Fußkampf standen sie, zwei wider einen Mann.
Die zweite Frühstund' war's, da hub das Streiten an.
Erst brach den Frieden Hagen und warf mit Macht den Speer,
Der flog in hohem Bogen mit Zisch und Zasch daher.
Walthari mochte nicht ausbeugen, doch er hielt
In schräger Richtung ihm entgegen seinen Schild;
Rückprallte das Geschoß, als wie von Marmelstein,
Und wühlte bis an den Nagel sich in den nahen Rain.
Dann warf auch König Günther den schweren Eschenschaft,
Er warf ihn kecken Mutes, doch nur mit schwacher Kraft,
Den Schildrand traf er nur und konnt' ihn nicht zerreißen:
Walthari schüttelte, da fiel das matte Eisen.
Das war ein schlimmes Zeichen. Jetzt griffen sie znm Schwerte,
Doch grimmen Blicks Walthari sich mit der Lanze wehrte.
Die Klingen waren kurz, sie reichten nicht an ihn.
Da fuhr ein schlimmer Plan dem König durch den Sinn.
Sein abgeschosstner Speer lag vor Waltharis Füßen,
Den hätt' er heimlich gern zu sich zurückgerissen —
Er winkte mit dem Aug', daß Hagen vorwärts dringe,
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