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seinem Tod 965 in zwei Herzogtümer, Ober - und Niederloth-
ringen getheilt. Durch den deutschen Bürgerkrieg gelockt, fallen
die Ungarn — zum letztenmal — in das Reich ein. Ottos
Sieg auf d em Lechfeld mit der Macht des wieder geeinigten
Reiches 955. Eroberung der bayrischen Ostmark (Oesterreich).
Berengars Abfall und Angriffe gegen den Pabst bestimmten
961—965 Otto zum zweiten Römerzug 961—965. Völlige Beseitigung
Berengars. Ottos Kaiferkrönung („sanctus imperator“)
durch Pabst Johann Xii. Seitdem Grundsatz: nur der deutsche
König zum Kaiserthum fähig, die Verleihung aber nur in Rom
möglich. — Zerwürfnisse mit dem Pabst, dessen Absetzung und
Wahl Leos Viii, den Otto gegen alle Angriffe hält. Auf einem
dritten Römerzug 966—972 völlige Unterwerfung der auf-
ständischen Römer (der Präfect Peter); Befestigung der pübst-
lichen Macht in Rom (Johann Xiii) und Herstellung des Kirchen-
staates. — Vermahlung seines Sohnes und Thronerben Otto mit
Theophano, der Tochter des griechischen Kaisers Romanus, Ii,
zum Zweck der Erwerbungen der süditalischen Territorien. —
Ottos d. Gr. Tod zu Memleben, Beisetzung zu Magdeburg.
3. Ottcho Ii 973—983, ein begabter, kühnstrebender, aber
leidenschaftlicher Fürst, a. Sicherung des Friedens im
Innern und der R e i ch s g r e n z e n: Absetzung Heinrichs Ii,
des Zänkers, von Bayern (seit 955 Herzog), Abtrennung der
Mark Kärnthen von Bayern und Erhebung zum selbständigen
Herzogthnm. •— Ottos Einfall in Frankreich gegen König Lothar,
der ihn in Aachen bedroht hatte. Aussöhnung beider Könige 980;
Sicherstellung Lothringens. — 5. Sein Römerzug 980;
Kaiserkrönung 981. Griechen und Araber gegen Ottos Absichten
auf Süditalien; seine Niederlage und wunderbare Lebensrettnng
in Calabrien 982. —
4. Otto Iii 983—1002, bei feiner Thronbesteigung 4 Jahre
alt. Ein Fremdling unter den deutschen Königen; hochgebildet,
streng kirchlich, aber ohne kriegerische und politische Thalkraft.
Seine Abneigung gegen alles Deutsche, blinde Vorliebe für Rom
und den Süden; seine Kaiserkrönung, 996. Einflüsse seiner Mutter
und Großmutter Theophano und Adelheid, des Erzbischofs Wil-
ligis von Mainz und Gerberts von Rheims, des späteren Pabstes
Sylvester Ii. —
Aussöhnung mit Heinrich dem Zänker, der sein Herzogthnm
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Extrahierte Personennamen: Ottos Berengars Otto Berengars Ottos Pabst_Johann Johann Leos Leos Otto Peter) Johann_Xiii Johann Otto Kaisers_Romanus Ottos Ottcho Heinrichs Heinrichs Ottos Lothar Ottos Otto Großmutter_Theophano Adelheid Gerberts_von_Rheims Heinrich Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Niederloth- Ungarn Ottos Oesterreich Ottos Rom Rom Ottos Memleben Magdeburg Bayern Ottos Frankreich Aachen Lothringens Ottos Calabrien Rom Mainz
Gang und Inhalt der Periode: Die zwei Jahrhun-
derte, die sie enthält, bezeichnen nach allen Seiten den Höhe- und
Wendepunkt des Mittelalters. Die Kirche kommt in den Kreuz-
zügen, dem allgemeinen Aufgebot des christlichen Abendlandes
gegen das mohammedanische Morgenland, zum Vollgefühl ihrer
Macht; die weltlichen Reiche leihen dem Kriegsplan der Päbste
ihren Arm. Conflict ihrer Interessen mit denen der Kirche.
Doch die eigentlichen Früchte und Anregungen jener als Religions-
krieg begonnenen Züge erndtet nicht die Kirche, sondern das bür-
gerliche Leben in Handel und Gewerbe, die Cultur und Literatur.
Blüthezeit der Mystik und Scholastik, der kirchlichen Baukunst,
der Poesie in Epik und Lyrik. — Der den Kreuzzügen parallel
laufende Kampf zwischen Reich und Kirche endet zunächst scheinbar-
siegreich für die letztere, schließlich aber mit einer Schwächung
und Auflösung beider Gewalten.
I. Erster Krcnyug.
1086—1099
Grund der Bewegung der Gedanke, Palästina wieder
zu einem christlichen Reiche zu machen, gesteigert durch den
Druck und Frevel der seldschuckischen Türken, nach dem
Zerfall des Chalifats den Herren des heiligen Landes, gegen
die abendländischen Pilger (solche Wallfahrten schon seit
Heinrich Ii). — Klagen und Hülsegesnche ches großen
Griechenkaisers Alexius, des Komnenen (1081—1118).
Die Kreuzpredigten Peters von Amiens. Pabst Urban Ii
auf den Concillen von Piacenza und Clermont 1095; Be- 1095
geisternng und Zudrang besonders der französischen, nächst-
dem der englisch-normannischen und niederländischen, auch
der italienisch-normannischen Ritterschaft, in der indeß auch
eigennützige Motive Mitwirken. In Deutschland hinderte
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_Ii Heinrich Alexius Peters Urban
Extrahierte Ortsnamen: Palästina Amiens Piacenza Clermont Deutschland
Iv. Außerdrnljche Länder.
A. Italien.
Initalien bildete sich seit dem Ende dermaufischen Periode ein
Anzahl selbständiger Staaten; — ein arges Mißverhältniß zwischen
der hochgestiegenen Geisteskultur und der politischen Haltlosigkeit der
Halbinsel. Zerrissenheit, Parteifehden, ein Durcheinander und Neben-
einander republikanischer und monarchischer Staatsformen, bei aller
Auflösung in den edleren Geistern des Volks eine lebendige Sehnsucht
nach Vereinigung und Einheit der Theile.
Sechs Hauptstaaten treten auf der Halbinsel hervor, l) Zer-
splitterung des Kirchenstaates während des Exils der Päbste in
Aviguon; Adelsparteiungen in Rom. Der Volkstribun Cola di Rienzi
1347 (s. S. 87). Nach der Rückkehr der Päbste Wiedervereinigung
des Gebietes, Centralisierung der Staatsgewalt unter Alexander Vi
(Borgia) am Ende des Mittelalters. — 2) Neapel zuerst in den
Händen des Hauses Anjou, dann nach dem Aussterben von dessen
Mannsstamm, seit der Regierung der viermal vermählten Johanna I
(1343—1332), ein Spielball innerer Fehden und der verschiedensten
Thronbewerber. Am Schluß der Periode fällt Neapel au das Ara-
gonesische Haus, mit dem schon seit 1409 Sicilien vereinigt war. —
3) Florenz (Firenze la bella), schon nach seiner geographischen
Lage dazu berufen das Gleichgewicht zwischen den nach der Hegemonie
strebenden Staaten des Nordens und Südens aufrecht zu erhaltene
bietet in seiner Geschichte ein buntes Bild aller möglichen Verfassungs-
formen. Im 12. Jahrhundert aristokratisches Stadtregiment, dann Be-
kämpfung und Sturz des ghibellinisch gesinnten Adels durch die Zünfte.
Nach mancherlei Wechsel Sieg der vollendeten Demokratie 1378. Er-
hebung des Hauses Medici (Johann, Cosmo, Lorenzo ,,il magnificou),
unter dessen Primat Florenz im 15. Jahrhundert als Handelsplatz
und Geldmarkt, als Fabrikort und Kunststätte, als Hauptsitz der Literatur
und Wissenschaft der Zeit die erste Stelle unter den Städten Italiens
einnimmt. Einigung der tuscischen Landschaft schon im 13. Jahr-
hundert. — 4) Mailand (Milano) einst die Führerin der lombar-
dischen Städtefreiheit (s. ob. S. 65 und 72), nach kurzer Herrschaft
der welfisch gesinnten della Torre's seit 1277 unter dem ghibellinischen
Hause Visconti, das, von König Wenzel 1395 mit der Herzogs-
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Extrahierte Personennamen: Alexander_Vi
(Borgia Alexander Johanna_I Johann Lorenzo
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Extrahierte Ortsnamen: Palermo Deutschland England Frankreich Frankreich Karls Treviso Italien Konradins Bari Palermo Catania Messina
§ 140. Die nichtdeutschen Staaten. Das byzantinische Kaiserreich. 381
8 140.
Die nichtdeutschm Staaten. Das bi,zantinische Kaiserreich von Leo dem Zsanrier bis zum Falle von Konstantinopet.
(717 — 1453.)
387) Die Geschichte des byzantinischen Kaiserreichs seit Leo Iii., mit welchem der Regentenstamm der Jsaurier den oströmischen Thron bestieg, bietet, wie die vorhergehende Zeit, ein trostloses Bild innerer Zerrüttung und äußerer Angriffe, die nur mühsam abgehalten werden. Thronstreitigkeiten, Familienzwiste, Empörungen und Palastrevolutionen wechseln miteinander ab. Von außen stürmten die Sarazenen, die Türken, die Seldschukkeu, die Bulgaren und selbst die Mongolen ans das Reich an, und die Russen und Normannen vermehrten die Zahl der Feinde. Fünfhundert Jahre nach Leo Iii. unterlag das byzantinische Reich den Kreuzfahrern, welche eigentlich gekommen waren, um zu helfen, aber durch die listige Treulosigkeit der Griechen, welche ihre Besprechungen nicht hielten, wieder gegen sie aufgebracht wurden. Doch tonnte das lateinische Kaisertum nicht bestehen, da die Zahl der Abendländer immer mehr schmolz, ohne daß dafür Ersatz kam. So gelang es den Griechen unter Michael Paläo-logus, die Fremdlinge wieder zu verdrängen. Allein das neue 1201. Reich konnte nicht mehr so weit erstarken, um mit Erfolg Widerstand leisten zu können, und Konstantin Xi., der einzige Fürst, der zu Hoffnungen berechtigte, siel bei einem Angriffe Mohammeds Ii. und der Türken auf Konstantinopel kämpfend
in der Mitte seines Volkes. Die Stadt wurde erobert und konnte den Türken seither nicht mehr abgenommen werden. Auf der 1453. Sophien kir che, die man in eine Moschee verwandelte, wurde statt des Kreuzes der Halbmond aufgepflanzt. Konstmüinopel hieß fortan Stambul (Jstambul) und blieb Hauptstadt des osmanischen Reiches. Die lange Dauer des byzantinischen Reiches trotz aller innern Zerrüttung läßt sich übrigens dadurch erklären, daß die Kaiser nicht wie in den abendländischen Staaten von dem guten Willen der Vasallen abhingen, sondern daß die Herrschergewalt ungeteilt in ihren Händen vereinigt blieb.
388) Zwei Ereignisse haben aber vorzüglich zur Auflösung des oströmischen Reiches beigetragen: der Bilderstreit, welcher Verwirrung und Unordnung unter die Griechen brachte, und die große Trennung der morgenländischen Kirche von der römischen, welche die Griechen der lebendigen Wechselwir-
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Extrahierte Personennamen: Leo_dem_Zsanrier Leo Leo_Iii Leo Leo_Iii Leo Michael_Paläo-logus Konstantin_Xi Mohammeds
Extrahierte Ortsnamen: Mohammeds Konstantinopel Stambul
149
Friedrich l, der Rothbart.
sein Sohn Heinrich war ihm zwei Jahre vorangegangen, der andere,
Friedrich, noch minderjährig.
Dreizehntes Kapitel.
Friedrich I-, der Rothbart (1152 — 1190).
Die Fürsten hatten nach Konrads Tode nur die Wahl zwischen
Heinrich dem Löwen und dem Hohenstaufen Friedrich; sie entschieden sich
für den letztern, weil von ihm eine Versöhnung mit dem Welfen zu
hoffen war, denn er war mütterlicherseits selbst Welfe und dazu Jugend-
freund Heinrichs des Löwen. Wirklich gab er auf einem Reichstage diesem
das Herzogthum Sachsen zurück und sprach ihm ebenso Bayern wieder zu.
Zur Entschädigung für den Babenberger Heinrich, der um Bayern mit
den Welfen lange Krieg geführt hatte, wurde die Markgrafschaft Oester-
reich zu einem auch in weiblicher Linie erblichen, den Kur- oder Erz-
fürstenthümern gleichgestellten Herzogthum erhoben (1156), dem fast
gänzliche Freiheit von allen Leistungen gegen König und Reich bewilligt
wurde, weil es als Vorwache Deutschlands und von nicht deutschen
Völkern fast ganz umgeben genug zu leisten hatte.
Friedrichs Streben war dahin gerichtet, dem Kaiserthume die Macht
wieder zu verjüngen, welche Karl der Große und Otto der Große geübt
hatten. Wie seine Vorbilder wollte er die kaiserliche Oberherrlichkeit
über die Kirche wieder Herstellen, obwohl er weder wie Karl eine be-
drängte Kirche zu retten, noch wie Otto ihre gestörte Ordnung wieder
herzustellen hatte; dieses Streben mußte ihn zum Bruche mit dem Papste
führen und dadurch wurden dem Kaiser die besten Kräfte entfremdet,
er selbst geradezu an die Gewalt verwiesen. Er wollte Italien erobern,
weil die Weltherrschaft mit dem Namen Rom verbunden schien und die
reichen italienischen Städte die ergibigsten Steuern der damaligen Zeit
abgeworfen hätten, darum sagte er klagenden Lombarden und Siciliern
Hilfe zu, den einen gegen Mailand, den andern gegen ihren König.
Wie schwer Italien zu behaupten sei, hatten alle Nachfolger Karls
des Großen und namentlich die deutschen Könige erfahren. Friedrich
wollte erobern, aber welche Macht stand ihm zu Gebote? Seine
schwäbisch-fränkische Hausmacht, die Lehensmannen, welche durch ihre
Lehen seinem Hause verpflichtet waren. Diese Macht-war eine starke,
konnte aber nicht anhaltend zu auswärtigen Kriegen gebraucht werden,
weil die Lehensleute durch mehrjährigen Kriegsdienst verarmen mußten,
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_l Friedrich Heinrich Heinrich Friedrich Friedrich Friedrich_I- Friedrich Konrads Heinrich Heinrich Friedrich Friedrich Heinrichs Heinrich Heinrich Friedrichs Friedrichs Karl_der_Große Karl Otto Karl Karl Otto Karls Friedrich Friedrich
194 Das heilige römische Reich deutscher Nation.
beachtet würden, sondern Fürsten und Völker riefen seine Vermittlung
oder seinen Schutz an, und machten ihn dadurch zum höchsten Tribunal,
zum Friedensrichter der Christenheit. Neben ihm stand der Kaiser, dem
mit der Krone das Schutzrecht über die Kirche übertragen wurde; ihn
anerkannte die Christenheit als ihren ersten Fürsten, von ihm erwartete
sie, daß er die Bösen strafe, die Gewaltthätigen Niederschlage, die Em-
pörer gegen das christliche Gesetz zum Gehorsam zwinge und das Panner
der Christenheit emporhalte gegen die Feinde ihres Namens. Der ge-
fährlichste dieser Feinde war der Islam, denn Todfeindschaft gegen das
Christenthum war und ist sein erstes Gebot; mit dem Schwerte hatte er
es in Asien und Afrika vertilgt und bedrohte es von Osten und Westen
in Europa; da erhob sich das christliche Europa wie ein Mann und be-
stand einen Kampf, der hinsichtlich seiner Dauer und Streiterzahl seines
Gleichen noch nie hatte. Doch triumphierte das Kreuz nicht vollständig
über den Halbmond; der Entscheidungskampf wurde vielmehr den Nach-
kommen als ein Erbtheil hinterlassen. Durch Papst und Kaiser eine
feste Ordnung der christlichen Staaten zu begründen gelang auch nicht;
denn die beiden Mächtigen entzweiten sich, der Kaiser unterlag mit sei-
nen Ansprüchen, seine Nachfolger erbten wohl seinen Namen, aber we-
nig von seiner Macht, und das Papstthum mußte so gewaltige Anstren-
gungen machen, daß es obwohl siegreich doch geschwächt aus dem großen
Kampfe hervorging und die Stellung nicht mehr behaupten konnte, welche
ihm seine großartige Wirksamkeit bei dem Aufbau des germanisch-christ-
lichen Staatenspstems angewiesen hatte. Doch trug Europas Ringen
nach höherer Einigung seines Völkerlebens, sein Heldenkampf mit dem
Islam reichen Lohn; erreichte es auch das angestrebte Ziel nicht, so
brachte die Entfaltung aller besseren Kräfte so manches andere Treffliche,
das man früher nicht geahnt hatte. Ein allgemeiner Aufschwung hob
Nationen und einzelne Stände, ein vorher nicht gekannter Verkehr ver-
breitete besonders in den Städten Reichthum und Bildung, die Isolie-
rung der Nationen hörte auf, Wissenschaft und Kunst bauten gemein-
schaftliche Herde, so daß eine europäische Kunst und Literatur auf-
blühte. Es war in jener Zeit ein reiches und bewegtes Leben, und
wir sehen überall in allen Kreisen eine Kraftfülle schaffen und walten,
die uns ganz wunderbar erscheint. Damit ist nicht gesagt, daß damals
alles schön und gut gewesen sei; die Leidenschaften trieben damals ihr
Spiel wie zu jeder Zeit und um so verderblicher, weil jenes Zeitalter
so kräftige, Willensstärke und thatenlustige Menschen hegte; ein heißer
Sommer ist ein fruchtbarer, aber auch gewitterreicher, und je höher ein
Baum ist, um so weiter wirft er seinen Schatten.
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Extrahierte Ortsnamen: Asien Afrika Europa Europa Europas
126 Das heilige römische Reich deutscher Nation.
der Beweis, daß die deutsche Nation die erste in der Christenheit sei.
Die Beschütznng des hl. Stuhles, die Verteidigung der Kirche gegen
innere und auswärtige Feinde war allerdings eine ebenso schöne als
hohe Pflicht, aber weil mit ihr zugleich die Oberherrlichkeit über Italien
verbunden war, so führte dies zu unaufhörlichen Kämpfen mit den ita-
lienischen Städten und Fürsten und mit dem Papste selbst, wenn der
Kaiser seine sehr beschränkte Gewalt ausdehnen wollte.
Papstthum und Kaiserthum.
Die Idee einer ros pulilioa ellristinnu, eines allgemeinen christ-
lichen Staatenbundes unter der Oberleitung des Papstes, gehörte ur-
sprünglich der Hierarchie an und wurzelte in den christlichen Völkern
um so tiefer ein, als die weltlichen Gewalthaber nur zu gerne die
Schranken des göttlichen und menschlichen Rechtes durchbrachen und da-
durch au die Nothweudigkeit eines höhern Richters mahnten. Das geist-
liche Oberhaupt der Christenheit erschien durch seine Unabhängigkeit
von dynastischen sowie nationalen Interessen und Leidenschaften, durch
die heiligen Pflichten, die ihm seine hohe Würde auferlegten, eigentlich
zum Vermittler und Versöhner zwischen feindlichen Fürsten oder Völ-
kern , zum gemeinschaftlichen Friedensrichter und Hüter des Völker-
rechtes berufen, und kein Mensch bestritt damals auch nur von ferne
die Berechtigung des Nachfolgers des Apostels Petrus, für die unter-
drückte Unschuld einzuschreiten und zu dem gekrönten Frevler zu sprechen
wie Nathan zu David, wie Johannes der Täufer zu Herodes. Die
natürliche Folge dieser Stellung war, daß ein ächter Papst, der nicht
gewaltsam B. durch Faktionen in Rom und Italien) in seiner
Thätigkeit gehemmt wurde, um so energischer eingriff, je mehr durch
Despotismus oder Anarchie die gesetzliche Ordnung der christlichen
Staaten gebrochen war, und darum wurde der Papst gerade in solchen
Zeiten zu dem Mittelpunkte, d^ durch seine Macht es verhinderte, daß
die christliche Weltordnung nicht in Trümmer auseinander fiel. Ein
solches Einschreiten des Papstes war ein Verdienst um die Christenheit,
was die Völker dankbar anerkannten, und darum wuchs die Macht oder
das Ansehen des Papstes gegenüber der kaiserlichen bei jedem derartigen
Ereignisse.
Gerade als die Karolinger das Werk ihres großen Ahnen zer-
störten , vollendete oder befestigte vielmehr Papst Nikolaus I. die hier-
archische Ordnung im Abendlande und erwirkte für das oberste Richter-
amt des Papstes die allgemeine Anerkennung. Auf der einen Seite
leitete er die Bekehrung der Bulgaren mit apostolischer Weisheit, auf
der andern setzte er gegen den anfänglichen Widerspruch des Erzbischofs
Hinkmar von Rheims die Anerkennung des päpstlichen oberhirtlichen
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Extrahierte Personennamen: Apostels Petrus David David Johannes Nikolaus_I. Nikolaus_I. Hinkmar_von_Rheims
Das byzantinische Reich.
113
bestürmt. Allen diesen Feinden widerstand das byzantinische Reich in
wechselvollem Kampfe zwar nicht ohne Verlust, jedoch blieb es immer
eine Großmacht und behauptete seinen Posten als Schildhalter an den
Thoren Europas und Asiens.
Der griechische Kaiser gebot aber auch über die ganze Kraft seines
Reichs und war dabei nicht von dem guten Willen der großen Lehen-
träger abhängig, wie die meisten abendländischen Herrscher; das Reich
besaß eine geregelte Finanzverwaltung, einen Staatsschatz, daher verfügte
der Kaiser über regelmäßige Reichseinkünfte und konnte Heere und
Flotten ausrüsten und unterhalten. Die Mannschaft wurde zum größten
Theile aus Barbaren geworben, namentlich aus Slaven, welche sich im
Reiche niedergelassen hatten; die Befehlshaber waren dagegen meistens
Griechen, welche oft genug bewiesen, daß die ererbte römische Kriegs-
kunst noch von keinem andern Volke erreicht war. Die Vertheidigung
des Reiches und Konstantinopels wurde besonders durch die Lage am
Meere erleichtert, und tüchtige Kaiser richteten deßwegen auch ihr Haupt-
augenmerk auf die Seemacht, indem sie mit Recht glaubten, Konstanti-
nopel könne nicht fallen, so lange es das Meer frei habe. Diese Haupt-
festung war damals zugleich der erste Handelsplatz der Welt; sie ver-
mittelte den Verkehr zwischen Europa und Asien, und stand mit dem
russischen Nowgorod so gut in Verbindung als mit Italien, Frankreich
und Deutschland. Auch der alte Gewerbsfleiß hatte sich in den Städten
erhalten und selbst die Barbaren fanden bald die griechischen Fabrikate
so unentbehrlich, als heut zu Tage die vielnamigen Indianer in Amerika
und Neger in Afrika die englischen. Handel und Industrie waren deß-
wegen die Quellen, welche dem Staatsschätze die besten Zuflüsse gaben.
Die bilderstürmenden Kaiser (717—842).
Dem Kaiser Heraklius folgten einige unbedeutende Kaiser, bis 717
Leo Iii., der Jsaurier, ein tüchtiger Feldherr, sich des Thrones bemäch-
tigte. Dieser schlug die Araber zurück, die Konstantinopel ein ganzes
Jahr belagerten und dabei 100,000 Mann verloren haben sollen, stürzte
aber das Reich durch sein Verbot der Bilderverehrung in Verwirrung.
Dazu sollen den Kaiser politische Rücksichten bewogen haben. Der Koran
verbietet jede bildliche Darstellung nicht nur Gottes und höherer Wesen,
sondern überhaupt alles Lebendigen, daher die Moslemin überall gegen
die Bilder, namentlich religiösen, wütheteu. Zu Leo's Zeit ließ der
Chalife Jezid (723) alle Bilder in den Kirchen der eroberten Provinzen
zerstören, was den griechischen Kaiser auf den Gedanken brachte, den
mohammedanischen Fanatismus als den gefährlichsten Feind dadurch zu
entwaffnen, daß in dem griechischen Reiche selbst alle heiligen Bilder
weggeschafft würden. Dem ersten Befehle (726) folgte bald (730) ein
Bu müller, Mittelalter. o
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Extrahierte Personennamen: Leo_Iii Leo
Extrahierte Ortsnamen: Europas Asiens Konstantinopels Europa Asien Italien Frankreich Deutschland Amerika Afrika Konstantinopel Gottes
Rußland.
441
der Menschenverlust wurde um so mehr empfunden, als die Bevölkerung
des Reichs ohnehin eine dünne ist, und die finanziellen Kräfte waren so
abgespannt, daß sie allein schon den Frieden als das einzige Heilmittel
rathsam machten. Unter Alerander ruhten daher von 1815 bis 1825
die russischen Waffen und die seit Peter I. traditionelle russische Politik
zeigte sich während dieses Decenniums nur dadurch, daß 1824 die Nord-
westküste von Amerika zum großen Aergeruisse der Briten und Nord-
amerikaner förmlich in Besitz genommen wurde; wie das Augenmerk der
russischen Herrscher unverrückt gegen Centralasien schaut, bewies die Ge-
schicklichkeit, mit der im gleichen Jahre 7 kirgisische und kalmückische Hor-
den sich dem chinesischen Reiche entziehen und zu russischen Schützlingen
machen ließen. Für den Ackerbau sorgte der Kaiser, insoweit dies über-
haupt ein Fürst thun kann, in dessen Lande die Mehrzahl der Bauern
Leibeigene sind. Den Ausfuhrhandel mit den Erzeugnissen des Acker-
baues, der Viehzucht, der Jagd, des Fischfangs, des Bergbaues (Hanf,
Lein, Talg, Häute, Pelzwerk, Hausenblase, Kaviar, Holz, Theer, Kupfer),
beförderte er durch weise Gesetze; die Industrie, die den Bedürfnissen
Rußlands bei weitem nicht genügte, versuchte er bereits durch die un-
mittelbare Betheiligung des Staats zu heben, indem er z. B. Wollen-
tuchfabriken auf Regierungskosten anlegte. Erst 1823 jedoch wurde durch
den Finanzminister Kankrin (einen Deutschen aus Hanau) das System
der russischen Handelspolitik in seinen Grundzügen aufgestellt, das jetzt
vollendet dasteht: Ausschließung jedes fremden Fabrikats, dessen Erzeu-
gung in Rußland nur irgendwie möglich ist; Herstellung einer einheimi-
schen Industrie nicht allein durch diese Sperre gegen das Ausland, son-
dern nöthigenfalls dadurch, daß aus den Leibeigenen Arbeiter für die
Fabriken wie Rekruten ausgehoben, gedrillt und eingetheilt werden; Ver-
schließung des alten Handelswegs nach Centralasien über Kolchis und
das kaspische Meer für alle nichtrussischen Maaren. Dadurch strebte Ruß-
land sein ungeheueres Gebiet der Abhängigkeit von fremder Industrie
zu entziehen, wie es auch andererseits als eine eigene Welt dastehen und
dem, was man in dem andern Europa den Zeitgeist zu nennen pflegt,
keine Opfergaben oder Tribute darbringen wollte. Anfangs gehörte Ale-
rander selbst der liberalen Richtung an (das beweisen die finnländische
und polnische Verfassung, die Manifeste im Kriege von 1812—15 re.),
er entzog ihr jedoch bald seine Gunst. Er gründete allerdings 5 Uni-
versitäten, 50 Gymnasien, 100 Kreis- und mehrere tausend Volksschulen,
aber er ließ den öffentlichen Unterricht streng überwachen und führte
eine scharfe Censur ein, Maßregeln, die unter seinem Nachfolger bis zur
äußersten Konsequenz ausgebildet wurden, so daß der Umfang des Wis-
sens jedem Russen der unteren Stände genau zugemessen ist. Religiö-
sen Bewegungen und Differenzen wurde er schon 1816 sehr abhold; in
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
TM Hauptwörter (100): [T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel]]
TM Hauptwörter (200): [T87: [Meer Rußland Wolga Stadt Petersburg Moskau See Ostsee Hauptstadt Ural], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T113: [Wein Seide Baumwolle Handel Zucker Kaffee Wolle Tabak Reis Getreide], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T67: [Preußen Bund Staat König Regierung Deutschland Verfassung Frankfurt Reichstag Bundestag]]
Extrahierte Ortsnamen: Amerika Hanau Kolchis Europa