50 Die Reformation. Religionskriege. Verfall Deutschlands rc.
größte Theil seines Vermögens verschwand. Das Beispiel der prote-
stantischen Fürsten wirkte jedoch' merkbar auf manchen katholischen; der
Erwerb des ganzen Stiftsgutes, die Lust, auch in geistlichen Dingen zu
befehlen, war Kaisern und Fürsten ohnehin nie ganz fremd gewesen, und
mußte forthin durch das naheliegende Beispiel genährt werden.
Daö Kaiserthum war nun auch in der Idee vernichtet; was sollte
die päpstliche Krönung, die kaiserliche Schirmvogtei der Christenheit in
den Augen der Protestanten bedeuten? Gerade dies war ihnen ein
Gräuel; der Kaiser durfte eine Kirchenspaltung nicht zugeben, wenn er
seinen Eid nicht verletzen wollte, darum konnten ihn auch die Protestan-
ten nicht als Kaiser anerkennen, und damit unterstützte die Religion das
Gelüsten der Fürsten nach Selbstherrlichkeit. So brachte die Kirchen-
spaltung auch einen Riß durch die deutsche Nation; Karl V. war der
letzte Kaiser, der von dem Papste gekrönt wurde, er war auch der letzte
Kaiser nach Willen und Wirken, wie Karl der Große der erste gewesen.
Karls V. Abdankung und Tod (21. September 1558).
Karl machte noch einige schwache Versuche, seinem Sohne Philipp
die deutsche Krone zu verschaffen, aber als er bemerkte, daß die deutschen
Fürsten, katholische wie protestantische, nie darauf eingehen würden, über-
ließ er Deutschland seinem Bruder Ferdinand und ging in die Nieder-
lande. Er war krank, und noch mehr schmerzte ihn wohl das Mißlingen
seiner großen Plane: die Kirchenspaltung war nicht gehoben, Frankreich
gefährlicher als je, Solyman jeden Augenblick bereit, sich auf Wien zu
stürzen, und Karl selbst sah sich in Deutschland verrathen und verlassen.
Er fühlte es, daß seine Rolle zu Ende sei, seitdem er die Gewalt eines
Kaisers verloren hatte, darum wollte er sich für den Rest seines Lebens
zurückziehen und auf den Tod vorbereiten. Den 25. Oktober 1555
überließ er in einer feierlichen Versammlung zu Brüssel die Negierung
seiner lieben Niederlande seinem Sohne Philipp, und bald darauf ent-
sagte er dem spanischen Throne; den 7. September 1556 legte er auch
die Kaiserkrone nieder. Den 17. September 1556 schiffte er sich in
Seeland nach Spanien ein und begab sich in das Kloster St. Just bei
Placentia unweit Valladolid, wo er den 24. Februar 1557 ankam. Hier
lebte er mit wenigen Dienern in völliger Abgeschiedenheit, indem er sei-
nem Sohne nur in wichtigen Angelegenheiten erbetenen Rath gab; einen
Theil seiner Tageszeit widmete er dem Gebete oder dem Lesen frommer
Bücher, namentlich St. Augustins und St. Bernhards, oder er pflegte sei-
nen kleinen Garten, oder versuchte sich in mechanischen Arbeiten. Er starb
den 21. September 1558, seines Alters 58 Jahre, 6 Monate, 25 Tage,
betend für die Einheit der Kirche.
Karl hat noch selten gerechtes Urtheil gefunden. Die Protestanten
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Extrahierte Personennamen: Karl_V. Karl_V. Karl_der_Große Karl Karls_V. Karl Karl Philipp Philipp Ferdinand Karl Karl Philipp Philipp Karl
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Karls Deutschland Frankreich Wien Deutschland Seeland Spanien Valladolid Bernhards
Afrika —
Nigritien.
601
zu begeistern, verhieß allen Sklaven, die seiner Fahne folgten, die Freiheit, brachte große
Reiterheere zusammen und ward in einer Reihe von Kriegen Meister über die Haussa
und andre Völker am Niger wie am Benne. Das große von ihm zusammeneroberte
Reich ward unter seine zwei Söhne getheilt; Bello, Clappertons Gönner, erhielt den
größeren Theil im Osten mit den Residenzen Säkoto und Wuruo, der mönchisch ge-
finute Abd Allahis den Westen am Quorra mit der Residenz Gando. Eine Zeit lang
waren die Fellatahs im Besitze von Timbuktn und Bornu und verbreiteten die muham-
medanische Civilisation bis südl. vou Benue. Leider ist die Herrschaft dieses bildungs-
fähigen und deu Europäern nicht abgeneigten Volkes noch nicht überall gesichert, ja in
neuerer Zeit sind sie minder glücklich gewesen; doch bilden sie noch überall eine Art
sehr mächtiger Aristokratie, die sich alle Aemter und einen großen Theil des Grund-
besitzes vorbehalte« hat. Ihre Zahl mag 6—8 Mill. betragen, die Gesammtbevölkerung
der Fellatahstaaten mindestens 20 Millionen (auf 15000 Quadrat-Meilen). Gegen-
wärtig hauptsächlich 3 Staaten, nämlich: 7) der von Sokoto, südl. und westl. von
Bornu. Residenz des Sultans ist Wurno. Größer (25000 E.) ist die in der Nähe
gelegene alte Hauptstadt des Landes, Svkoto, mit sehr ausgebreiteter Industrie und
lebhaftem Handel, leider auch mit Sklaven. Fünfzig Meilen ostsüdöstl. liegt das ge-
werbreiche „London des Südens", Kano mit 40000 E., die wichtigste Stadt für den
Handel im mittleren Negerlande, mit sehr bedeutender Aus-nud Einfuhr (unter letzterer
auch viele deutsche Fabrikate aus Sachsen, Solingen, Nürnberg, Steiermark u. s. w.).
Große Städte sind auch Zaria und namentlich Jakoba (mit 150000 E.), weiter
im Süden. — 8) Ter zweite Fellatahstaat, Gando (Borgu) umfaßt die Nigerlaudschasten
bis zur Einmündung des Benue. Bussa, Hauptstadt, M. Parks Ermordung 1805.
Größer ist Rabba am unteren Quorra, bedeutender Gewerbs- und Handelsplatz,
großer Sklaveumarkt. — 9) Das Reich Massena, nordwestlich der vorigen, mit der
Hauptstadt Dschenne am Dscholiba; es erstreckt sich den Strom hinab bis Käbara,
dem Hafen der 3 Stunden seitwärts liegenden Stadt Tim bukt u, die seine Hoheit
durch jährlichen Tribut anerkennt. Dieser vielumstrittene, i. I. 1213 von Tuä.vegs ge-
gründete, altberühmte Handelsort liegt auf der Grenze der Sahara und dreier Völker-
schasten (Tuä.regs, Berber, Fellatahs), weder in schöner noch in fruchtbarer Lage, ist
aber als Mittelpuukt von Karawanenwegen so wichtig, daß seine Bedeutung sich 7
Jahrhunderte trotz mancherlei Wechsel der Herrscher bis jetzt erhalten hat. Einmal
unter dem Kaiser von Marokko stehend, war Timbuktu ein Sitz maurischer Gelehrsam-
keit und prangt noch heutzutage mit großen Moscheen aus jener Zeit. Jetzt zählt es
nur 15000 ständige Bewohner, aber zur Zcit der Ankunft der Karawanen ans Gha-
dämes, Algier, Marokko :c. (November bis Januar) halten sich an 10000 Fremde in
der Stadt auf. Auf seinen Markt kommt Reis und Negerkorn, Schihbutter und
Datteln, Baumwolle und Gewürz, Thee und Zucker. Aus Marokko und Ghadämes
werden besonders europäische Waaren und berberisch-arabische Burnusse bezogen, aus
der Wüste Salz, von den Mandingos Gurunüsse, aus Bambuk am Senegal und aus
Bure am oberen Dscholiba Gold als Staub und verarbeitet. Der Umsatz ist groß,
der Gewinn aber geschmälert, da zur Sicherung des Verkehrs auch den Tuaregs Tribut
gezahlt werden muß.
Schacht, Lchrb. d. Geographie 8. Aufl. Zg
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TM Hauptwörter (200): [T104: [Nil Meer Wüste Afrika Küste Land Sahara Gebiet Sudan Fluß], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau]]
1078
Süd amerika
— Peru und Bolivia.
Die Roa Maynas (am Amazonas) graben die Leichen, wenn sie verwest sind, wie-
der aus, wickeln sie gereinigt in eine Hülle von Thon, bezeichnet mit Hieroglyphen,
und stellen sie zur Verehrung aus, indem ein zweites Leichenbegängnis gehalten wird.
Die civilisirten Abkömmlinge der alten Peruaner, in den Andes der Haupt-
stock der Bevölkerung, sind sehr unterwürfig und eben deshalb trag, unreinlich, heim-
tückisch, doch den Kirchenceremonien sehr zugethan. Sie treiben Ackerbau und Hand-
werke, aber gleich den Spaniern mit geringem Fleiß. Ihre Sprache (Quichua) ist sehr
beliebt, sie wird sogar von den Creolen in Lima und Quito gern gesprochen und soll
wegen ihrer Lieblichkeit in Idyllen und Elegien gar reizend klingen. Die Weißen bil-
den nur ungefähr 1/i der Bevölkerung. Wenig Neger; neuerdings auch Chinesen und
eingeführte Südsee-Jnsulaner. Es fehlt dem Laude noch an Handelsstraßen. Der
>große festgebaute Bergweg der Jnkas, der 250 Meilen weit bis Quito führte und alle
Provinzen ihres Reiches auf dem Gebirge in Verbindung brachte, ist sehr verfallen.
Wahrscheinlich wenn erst der Ackerban sich an den Strömen ausbreitet und die Schiffahrt
auf dem Amazonas, der bereits mit Dampfschiffen bis Tabatinca (an der Grenze
Brasiliens) befahren wird, auch in Peru bis an den Fuß der Anden sich ausdehnt *),
wird dieser die große Verbindnngsstraße mit der Ostseite Amerikas werden, sowie man
bereits durch den Pilcomayo mit dem Paraguay und La Plata in Verbindung steht.
In den letzten Jahren sind indes große Eisenbahnlinien, welche, die Andcs übersteigend,
bis tief in das Innere des Landes eindringen und dessen Schätze den Häfen der peru-
anischen Küste zuführen, erbaut worden. Auch in Bolivia hat man mit der Verwirk-
lichnng des Projektes, mittels einer Eisenbahn die Stromschnellen des Madeira und
Mamoi'^ zu nmgehen und so ungehinderten Verkehr zwischen Bolivia und dem atlan«
tischen Ocean herzustellen, begonnen. Die Ausführung dieser Bahn würde bald Han-
delsstationen an den Strömen entstehen lasseu, von denen aus man leichter in die ge-
waltigen Urwälder eindringen könnte, deren viele noch kein Fuß eines Europäers be-
treten hat. Was der Marannon hinunterführen .könnte, wären: Zeuge von Quito,
China von Loxa, Zucker von Cuzco, Leinwand von Moxo, Oele von Lima, Baumwolle
und feine lange Seide von Moyobamba, Kakao und andre Früchte aus den Ebenen.
Natürlich würde dann beim Steigen aller Gewerbe das Silber von Pasco und Potosi,
das Gold von Cataguayta und anderes Metall, woran kein Mangel, auf bergmän-
nischere Weise gefördert werden und größere Wirkung auf den Nationalwohlstand äußern.
Anch die seine Wolle der Vicunnas wäre besser zu benutzen; man macht aber zu viel
Jagd auf diese Thiere, die schon genug von ihrem natürlichen Feinde, dem hoch über
den Paramos, felbft über den Schneegipfeln fliegenden Condor zu leiden haben, und
rottet sie beinahe aus.
Die beiden Freistaaten Peru und Bolivia begrenzen einander am Hochlandssee
Titicaca und durch Linien, welche von dort fast in gerader Richtung nach Nord und
nach Süd gezogen werden, doch so, daß Bolivia mit derjatacamawüste (an beiden Sei«
ten der Steinbockswende) ans Meer reicht.
a) Peru (23700 Q.-M.. 3,2000000 E. **), den nördlichen Theil und fast die
ganze Küste begreifend, nur durch die Alacama von Chile getrennt. Der wilden Indianer
*) Bis wohin die Schiffbarkeit bereits erwiesen,
**) Nach andern Angaben und Berechnungen bloß 2^/z Mill.
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Extrahierte Ortsnamen: amerika Peru Bolivia Lima Quito Quito Brasiliens Peru Amerikas Paraguay La_Plata Bolivia Bolivia Quito Cuzco Lima Peru Hochlandssee
Titicaca Nord Peru Chile
183
im Osten vorgelagerte Tiefebene. An Größe wird China von Rußland
und Großbritannien (mit den Kolonieen) übertroffen; aber der Bevölke-
rungszahl nach ist es das erste Reich der Welt. Rach gewöhnlicher
Annahme hat China über 400 Millionen Einwohner, das
ist mehr als i/A der gesamten Menschheit. Doch ist die Bevölkerung sehr
ungleich über den weiten Raum verteilt. Während die Nebenländer,
obwohl sie 2/3 der Gesamtfläche einnehmen, nur etwa 20 Millionen
Bewohner zählen, treffen auf das eigentliche China über 380 Millionen.
Das eigentliche Khina, *
von den Chinesen mit Stolz „das Reich der Mitte" genannt,
breitet sich über den östlichen Abhang des hinterasiatischen Hoch-
landes und über die chinesische Tiefebene aus. Das Land wird
vom Hoangho und Jangtsekiang durchflossen. Ein weit ausgedehntes
Kanalnetz verbindet dieses wasserreichste Strompaar Asiens (der be-
rühmte Kaiserkanal hat eine Länge von 1200 km — der Länge des
Rheins). — Das milde Klima, die Fruchtbarkeit des Bodens und
die starke Bewässerung machen das eigentliche China zu eiuem der
gesegnetsten Länder der Erde. Hauptbeschäftigung der Be-
wohner ist die Landwirtschaft, welche mit größter Sorgfalt
und Umsicht betrieben wird. In den nördlichen Provinzen werden
vorzugsweise Getreide und Tabak gebaut, in den mittleren und
südlichen dagegen Baumwolle, Zucker, Pfeffer und andere Gewürze,
vor allem aber Thee und Reis. In den Gebirgsgegenden ge-
deiht der für die Arzneikunde sehr wichtige Rhabarber. Nach
zuverlässigen Meldungen hat China auch unermeßliche, bisher noch
wenig ausgebeutete Lager von Eisenerz und Steinkohlen.—
Die chinesische Industrie steht in mancher Hinsicht auf sehr hoher
Stufe. Berühmt sind chinesische Porzellanwaren, Färbereien, Baum-
wollen- und Seidenwebereien, Papiere, Lackwaren rc. (China ist
die Heimat der Seidenraupe.)
Der Handel Chinas ist bedeutend. Besonders lebhaft ist
der Tauschhandel mit Rußland und Indien. Auch der Seehandel
hat einen großen Aufschwung genommen, seit durch Vertrag viele
Häfen den Ausländern geöffnet sind. Zur Ausfuhr gelangen Haupt-
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T17: [Meer Fluß Gebirge Land Hochland See Halbinsel Osten Norden Süden], T15: [Wein Getreide Baumwolle Tabak Kaffee Obst Weizen Reis Zucker Kartoffel]]
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Extrahierte Ortsnamen: China China China Asiens Rheins China China China Chinas Indien
570 Die Kriege in Italien und das deutsche Reich
Kirche, der er ebenfalls trotzte. Bei einem Wechsel der höchsten Be-
amten, der Signorie, entging ihm die Stütze, die er bisher gehabt. Auf
Grund einer gegen ihn geführten Untersuchung wurde er in Rom für
einen Häretiker und Volksaufwiegler erklärt. Der Irrthum seines Lebens
war, daß er durch den Staat auf dem Wege der Gewalt die Kirche
reformiren wollte, und wenn er auch nicht von der kirchlichen Lehre
abgewichen ist, war er häretisch in dem weiteren Sinne, der auch den
Versuch, die Einheit der kirchlichen Regierung zu zerreißen, umfaßt.
4. An den beendeten Krieg schloß sich eine Reihe von Kriegen um
Italien mit einer Menge von Bündnissen, die nach augenblicklichem Vor-
theil die Parteistellung änderten, und einer Reihe von Friedensschlüssen,
die für kurze Zeit dem Versuche Raum machten, wie weit man die ein-
getretene Lage der Dinge ertragen oder wie bald man für ein Miß-
lingen sich entschädigen könne. Es war die in Italien längst ausgebil-
dete Staatskunst, welche jetzt nach großem Maßstabe geübt wurde, eine
Staatskunst, welcher der Betrug als hauptsächliches Mittel des Gewinnes
diente. Sie hat von der Nachwelt den Namen des damaligen floren-
tinischen Staatsschreibers Machiavelli erhalten, weil in dessen Buche vom
Fürsten ohne Rücksicht aus Recht und Sitte Regeln für Befestigung einer
neu gegründeten Macht zusammengestellt sind. Den nächsten Anlaß zur Fort-
setzung jener Händel gab Karls Nachfolger Ludwig Xu. (1498—1515),
der bisherige Herzog von Orleans, durch die Eroberung Mailands.
Im Jahre 1499 ward Ludwig Moro vertrieben, und im Jahre 1500
kam er bei dem Versuche der Wiedereroberung, da die Schweizer in
seinem Heere gegen die Schweizer im feindlichen nicht kämpfen wollten
und ihn nicht einmal schützten, in französische Gefangenschaft, in der er
auch sein Leben beschloß. Diese Eroberung war im Einverständnisse mit
Venedig und dem Papste gemacht. Die Venetianer bekamen einen An-
theil an derselben. Der Papst aber verfolgte jetzt einen Zweck, den er
mit französischer Hülfe zu erreichen hoffte. Er hatte schon in Ludwigs
ungerechtes Verlangen nach einer Ehescheidung gewilligt, daß derselbe
das von seinem Vorgänger gewonnene Herzogthum Bretagne durch
Verheirathung mit dessen Wittwe der Krone erhalten konnte. Seine
Absicht war, seinem Sohne Cäsar, der, eben so ungeistlich als er, die
Würde eines Cardinals bekleidete, ein Fürstenthum aus den nördlichen
Gebieten des Kirchenstaates zu bilden, wo einzelne Herren fast unab-
hängig regierten. Die Sache hatte auch Fortgang, indem hier von Kühn-
heit und List das Aeußerste, was man sich unter machiavellistischem Ver-
fahren denken kann, zur Anwendung gebracht wurde. Da der Papst
an Ludwig gebunden war, Florenz noch durch den Krieg mit Pisa be-
schäftigt wurde und Venedig sich in einem von Ludwig Moro gegen
dasselbe erregten Kriege mit dem osmanischen Sultan Bajazet U.
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Extrahierte Personennamen: Karls Ludwig_Xu Ludwig Ludwig_Moro Ludwig Ludwigs Cäsar Ludwig Ludwig Ludwig_Moro Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Italien Rom Italien Italien Staatsschreibers_Machiavelli Karls Mailands Venedig Ludwigs Florenz Venedig
408 Das römisch.-deutsche Reich in den beiden nächsten Jahrhunderten
Walrams war der neue deutsche König, und Albrecht, der Ln der Erwartung,
die Wahl ans sich fallen zu sehen, das Schloß Trifels mit den Reichskleinodien
in Besitz genommen hatte, übergab dasselbe ohne Kampf dem Gegner.
3. Während sich seit Rudolphs Wahl die deutschen Staatsverhält-
nisse ohne Einwirkung des päpstlichen Stuhles entwickelt hatten, waren
außerhalb des deutschen Gebietes bedeutende Folgen der von demselben
im Süden Europas geschaffenen Ordnung hervorgetreten, die nicht ohne
große Rückwirkung auf die Verhältnisse des Reiches blieben. Zwischen
dem päpstlichen Stuhle und dem französischen Könige beider Sicilien
hatte sich ein Verhältniß gebildet, das, ohne in offene Feindschaft über-
zugehen, nur mit der Unterordnung des einen unter den andern enden
konnte. Der König betrachtete seine italische Herrschaft als Vorstufe zu
größerer Macht, und wie der Papst ihm dabei hindernd im Wege stand,
konnte er mit demselben nicht brechen, weil er dessen Mitwirkung bedurfte.
Da aber in Rom Berechnung der nächst liegenden Vortheile eine große,
frei in die Ferne blickende Behandlung der Weltverhältnisse zu hindern
anfing, trug bald Karls arglistige Staatskunst den Sieg über den päpstlichen
Stuhl davon, und französische Arglist begann demselben größeren Eintrag
zu thun, als die Gewaltthätigkeit der Hohenstaufen vermocht hatte. Dies
begann damit, daß nach Nikolaus' 11!. Tode im Jahre 1280 unter Karls
Einflüsse ein Franzose, Martin Iv., zum Papste erwählt wurde, der sich
zum Werkzeuge von dessen herrschsüchtigen Plänen erniedrigte. Karl
ward wieder Senator zu Nom, aus seinen Vasallen wurden Statthalter
für Theile des Kirchenstaats gewählt, und der welsische Parteihaß, den
der Papst zu tilgen bemüht sein mußte, von Neuem angefacht. Zur
Verstärkung des französischen Einflusses wurden in das Collegium der
Cardinäle durch die erste Ernennung Franzosen gebracht. Die nächste
Verwicklung ergab sich hieraus durch den Abfall Siciliens. Denn nun
sollte das päpstliche Ansehen zur Wiedergewinnung der Insel dienen,
und König Karl konnte seine Sache um so leichter als die Sache der
Christenheit darstellen, da durch das Gelingen die Fortsetzung seiner Un-
ternehmungen für das heilige Land sich erleichtern mußte und die Aus-
führung seiner Pläne gegen Constantinopel, auf dessen zuletzt von dem
flandrischen Balduin Ii. eingenommenen Thron er als Enkel einer
Schwester von dessen Großmutter Anspruch machte, möglich zu werden
schien. Als König Peter von Aragonien Sicilien eingenommen hatte
und sich gegen Karl, ungeachtet diesem die gegen Constantinopel gerüstete
Flotte zur Verfügung stand, siegreich behauptete, suchte der Papst ihn
durch geistliche Strafen zu schrecken. Da dies keine Wirkung hatte,
erklärte er den aragonischen König auch seines ursprünglichen Reiches
verlustig und lud Karls Neffen, den König Philipp Iii. von Frankreich,
ein, dasselbe für seinen zweiten Sohn, Karl von Valois, zu erobern,
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TM Hauptwörter (200): [T16: [König Heinrich Karl Frankreich Neapel Sohn England Philipp Herzog Bruder], T77: [Papst Bischof Kaiser Rom Kirche König Heinrich Erzbischof Gregor Papste], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet]]
Extrahierte Personennamen: Albrecht Albrecht Karls Karls Martin_Iv. Karl Karl Karl Karl Peter_von_Aragonien_Sicilien Karl Karl Karls Philipp_Iii Philipp Karl_von_Valois Karl
Extrahierte Ortsnamen: Europas Sicilien Rom Karls Nikolaus' Karls Constantinopel Constantinopel Karls Frankreich