374
B. Länderkunde. — Vi. Europa.
Für das Deutsche Reich ist Großbritannien der erste Ab-
nehmer von Jndnstrieerzengnissen und der drittbedeutendste
Warenlieferant. Nur Rußland, von dem wir am meisten Nahrnngs-
mittel beziehen, und die Union übertreffen das Britische Reich im deutschen
Auslandshandel (1911). Wir führen dem Werte nach fast ein Drittel mehr
nach England aus, als uns dieses liefert.
Vi. Bewohner. Bei dem Reichtum ihrer Erwerbsquellen war es den Briten
möglich, alle Erdteile bevölkern zu helfen und gleichzeitig die Volks dichte im
eigenen Lande auf 144 für 1 qkm (England 240 auf 1 qkm — 2mal Volksdichte
Deutschlands) zu erhöhen. Die Bevölkerung ist sehr ungleich verteilt, und
sehr dicht besiedelte Landstriche berühren sich unmittelbar mit spärlich bevölkerten
(Wales — Mittelengland, Nordschottland — Schottisches Tiefland). In Jr-
land hat die starke Auswanderung zu einer Abnahme der Volkszahl geführt
Infolge der Herrschaft der Großindustrie drängt sich der größte Teil der Be-
völkernng in den Städten zusammen; kaum ein Viertel wohnt auf dem Laude.
Am beträchtlichsten ist der Prozentsatz der Stadtbewohner naturgemäß in Eng-
land, wo vier Fünftel, danach in Schottland, wo reichlich die Hälfte aller Ein-
wohner in Städten lebt. In Irland dagegen macht die Gesamteinwohnerzahl
der Städte nur ein Fünftel der Volksmenge aus. Das Britische Reich zählt
im Vergleich zu seiner Volkszahl von allen Staaten der Erde die meisten
Großstädte, 51; zu diesen treten noch 5 Städte mit mehr als 90000 E.
In London allein wohnen 21% aller Engländer, 15% aller Briten.
Das heutige britische Volk ist, abgesehen von den Urbewohnern des Landes,
den Kelten in Wales, Nordwestschottland und Irland, von germanischer Ab-
knnst, entwickelte sich aber durch das starke Zuströmen von Normannen aus Frank-
reich in Sprache und staatlichem Leben zu einer neuen, selbständigen Nation.
Charakter und Eigenschaften des Briten lassen vielfach den Einfluß der Jnfelnatnr
des Landes erkennen. Kaltblütige Selbstbeherrschung und besonnene Entschlossen-
heit, kühner Wagemut und zähe Ausdauer zeichnen die Engländer aus und machen
sie zu tüchtigen Kaufleuten und geschickten Unternehmern. Aber mitten im rast-
losen Treiben des gesellschaftlichen Lebens haben sie sich eine große Liebe zur Natur
bewahrt. Die Freude an körperlicher Bewegung betätigt sich in Bewegungsspielen
der verschiedensten Art, und der praktische Sinn schafft Gesundheit und Bequemlich-
keit der Wohnung und Tracht. Der Zug in die Ferne weitete den Blick, regte zu
Forschungen an (Cook, Stanley, Livingstone) und stärkte den Freiheits- und Unab-
hängigkeitssinn. Das Selbständigkeitsgesühl des Engländers drückt sich schon in
der Vorliebe für das Wohnen in Einfamilienhäusern aus. Große Mietskasernen
sind verhältnismäßig selten, und auch die Städte bedecken einen großen Raum, da
weitläufig gebaute Vororte das enge Geschäftsviertel der Innenstadt umschließen.
Der durch Gesetze nicht eingeschränkte Freiheitssinn wird durch die Achtung vor der
überlieferten guten Sitte gezügelt. In der Politik neigt das feit Jahrhunderten
an allen staatlichen Angelegenheiten beteiligte und in staatlichen Dingen ebenso
hochbegabte wie tatkräftige englische Volk, dem der Vorteil seines Vaterlandes über
alles geht, zu selbstsüchtiger Handlungsweise. Sein hervorragendes kolonisatorisches
Talent hat eine große Tochternation in Amerika geschaffen, den fünften Teil der
i Von 8,2 Mill. E. im Jahre 1841 ist die irische Bevölkerung durch Auswanderung,
vorzugsweise nach der Union, auf 4,4 Mill. und die Volksdichte auf 52 zurückgegangen.
TM Hauptwörter (50): [T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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TM Hauptwörter (200): [T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T86: [Insel England Irland Schottland Kolonie Hafen Stadt Küste Hauptstadt Kamerun], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau]]
Extrahierte Personennamen: Cook Stanley Livingstone
Extrahierte Ortsnamen: Europa Britische_Reich England England Deutschlands Wales Nordschottland Eng- Schottland Irland London Wales Nordwestschottland Irland Frank- Amerika
392
B. Länderkunde. — Vi. Europa.
mit dem Deutschen Reiche vermitteln sieben Eisenbahnen. Aber nur die
Grenzanschlüsse über Eydtknhnen, Thorn — Alexandrowo nndkalisch —
Warschau haben Bedeutung für den internationalen Verkehr (vgl. § 359, a).
Dem Güteraustausch dienen vor allem die Häsen von Odessa, von wo Getreide-
schiffe bis in die niederrheinischen Häfen fahren, sodann die von St. Peters-
bürg und Riga. Der Njemen, auch die Weichsel führen uns Getreide
und Holz zu. Als Verkehrssprache für den Handel mit unserem Vaterlande
dient das Deutsche; es wird fast von allen gebildeten Ruffen verstanden.
Tii. Bevölkerung. Sie gehört vorwiegend zu den Ostslawen: Russen
machen zwei Drittel der Bewohner aus. So zeigt auch die Bewohnerschaft eine
gewisse Einheitlichkeit. Die Weißrussen blieben in ihren alten Wohnsitzen im West-
liehen Binnenlande und mischten sich daher nicht mit andern Völkern, im Gegensatz
zu den Großrussen, den meist Wald- und Ackerbau treibenden Bewohnern des
oberen Wolgagebietes; diese vermischten sich vielfach mit Mongolen und breiteten sich
über das nördliche, östliche und südöstliche Rußland aus. Weit verschieden von diesen
beiden vorwiegend blonden Stämmen sind durch Sprache, höheren Wuchs und
dunkelbraune Haarfarbe die Kleinrussen, die Viehzüchter des Sw. Zwischen
den westslawischen Litauern, Letten und Polen wohnen zahlreiche Judeu, die~
im ganzen fast 4% der Bewohner ausmachen. Die finnischen Völkerschaften,
mongolischer Herkunft, sind stark gemischt mit Schweden, Deutschen und Russen. Die
Lappen und Samojeden zeigen rein mongolisches Aussehen. Unter den Mou-
goleu im So weisen die Kalmücken den häßlichsten Typns auf. Deutsche gibt
es in Rußland etwa 1,5 Mill. Die deutschen Ackerbaukolonisten in Süd rußland und
an der Wolga halten ebenso zähe an ihrer Muttersprache fest wie die deutschen Guts-
besitzer und Kaufleute in den Baltischen Provinzen. Zahlreiche Deutsche wohnen
in Polen, und in St. Petersburg wird die Zahl der Deutscheu auf 100 000 Köpfe
geschätzt. Deutsche Geistesbildung ist in Rußland mehr verbreitet als die irgend-
eines andern Kulturvolkes. Durch Deutsche und Schweden haben die Baltischen Pro-
vinzen eine weit höhere Kulturstufe erlangt als das übrige Rußland. (Vgl. § 347,1.)
Die Russen zeichnen sich durch Sinnigkeit, Gemütstiefe und Nationalstolz aus,
vereinigen aber mit Höflichkeit und Unterwürfigkeit große Verschmitztheit. Die un-
bezwingliche Rauheit der Natur hat sie zur Genügsamkeit, Geduld und Unter-
würfigkeit, aber auch zum Glauben an das unabänderliche Schicksal erzogen, so daß
ihnen mit Ausnahme der Kosaken die rechte Tatkrast fehlt. Der lange Winter regte
die Großrussen zur Gewerbtätigkeit an und bildete Handgeschicklichkeit, Handels-
tüchtigkeit (Hausiertätigkeit) und praktischen Sinn bei ihnen aus. Der Geist der
Russen ist unselbständig, Wahrheitssinn wird durch blinden Glauben ersetzt; für
geistige Interessen zeigt das gewöhnliche Volk sehr geringes Verständnis, und die
Volksbildung steht noch auf niedriger Stufe.
Abgesehen von den Schattenseiten des russischen Volkscharakters besteht auch in
der geringen Volksdichte (25 E. auf 1 qkm) eine Schwäche des Riesenstaates.
Drei Viertel der Bevölkerung, alle Russen, sind durch eine Religion geeint in der
unter dem Zaren als Oberhaupt stehenden griechisch-orthodoxen Kirche. Die
übrigen Bewohner bilden wie nach Abstammung, so auch nach Religion ein buntes
Gemisch. Die meisten Anhänger zählt noch die katholische Kirche (Polen und
Litauer). Evangelisch sind sast alle Deutschen.
Das Russische Reich ist ein Verfassungsstaat, doch ist dem Volke nur ein
beschränkter Anteil an der Regierung eingeräumt. Das politische Streben der
TM Hauptwörter (50): [T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich]]
TM Hauptwörter (100): [T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T78: [Polen Rußland Preußen Land Orden Russe Stadt Reich Warschau Weichsel], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend]]
TM Hauptwörter (200): [T159: [Bewohner deutsche Bevölkerung Sprache Neger Volk Jude Einwohner Stamm Land], T87: [Meer Rußland Wolga Stadt Petersburg Moskau See Ostsee Hauptstadt Ural], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau]]
428
B. Länderkunde. — Vi. Europa.
und ein westliches, das der mittlere Main entwässert (Mainbecken). Jenes er-
innert mit seinen weiten Sand- und Heideflächen und seinen weit ausgedehnten
Kiefernwaldungen an die Mark Brandenburg; dieses, ein sanftwelliges Gelände
mit tief eingeschnittenen Flußtälern, ist meist Ackerland, das an den Hängen des
warmen Maintals von Wein- und Fruchtgärten unterbrochen wird. Die beiden
in ihrer Eigenart ganz verschiedenen Landschaften werden größtenteils dnrch
den Mainlauf zu einer Einheit verbunden, die sowohl politisch als anch hin-
sichtlich der Bevölkerung in die Erscheinung tritt. Vermöge seiner Laufrichtung,
die ihn zu einer wichtigen Verbindnngsstraße östlicher und westlicher Gegenden
unseres Vaterlandes, zwischen Donau und Rhein macht, aber auch auf Grund seiner
Wasserfülle und der vorteilhasten Gestaltung seines Laufes für die Schiffahrt er-
scheint der Main als der wichtigste unter den Nebenflüssen des Rheins. Seine auf-
fallenden Richtungsänderungen erklären sich daraus, daß das Gefälle des Flusses dem
geologischen entgegengesetzt ist, insofern in der Richtung stromabwärts immer ältere
Schichten erscheinen; so oft nun ein Wechsel in der Härte der Gesteinsschichten
eintritt, wird der Fluß zum Ausbiegen veranlaßt, bis er nach dem Durchbruch
zwischen Odenwald und Spessart die Rheinebene gewinnt. Der gewundene Lauf
erhöht die wirkliche Länge des Flusses auf das Doppelte der Entfernung zwischen
Quelle und Mündung in Luftlinie. Wird dadurch feine Bedeutung als Bahn des
deutschen Großverkehrs herabgemindert, so bietet er sich dafür als eine um so
wichtigere Straße im örtlichen Verkehr dar.
b) Kulturlandschaft. Die geringe Ergiebigkeit großer Bodenflächen hat
die Bewohner des Regnitzbeckens zur Gewerbtätigkeit geführt, die trotz der
Entfernung von Kohlenfundstätten und trotz geringer Wasserkraft, aber uuter-
stützt durch die Gunst der Verkehrslage, kräftig emporblühte. In den durch
hohe Fruchtbarkeit ausgezeichneten Tälern dagegen findet der Bodenbau eine
sorgfältige Pflege. Er liefert namentlich trefflichen Hopfen für das fehr stark
entwickelte Braugewerbe und um Nürnberg und Fürth auch Tabak. Die Ge-
lande in der Nähe des Mains vom Bamberger Talkessel ab gleichen
einem weiten Garten mit Rebenpflanzungen (Stein- und Leistenwein bei
Würzburg), mit Obsthainen und Gemüsekulturen. Die Gebiete von Bam-
berg, Würzburg und vielen anderen Orten des Maintals gehören zu den
volkreichsten Bezirken des Königreichs Bayern.
§ 285. Iv. Die Bewohner. Das gesegnete Land und der heitere Himmel haben fröh-
liche Menschen mit lebhaftem Geiste erzogen. Das südliche Neckarland wird
vorwiegend von Oberdeutschen, den Schwaben, das nördliche und das Mainland
von den mitteldeutschen Franken bewohnt. Heimatliebe, Gemütstiefe, reiche Phan-
taste, geistige Begabung sind die hervorstechenden Charakterzüge des schwäbischen
Volksstammes; er hat dem deutschen Volke eine Reihe bedeutender Dichter und
drei seiner bedeutendsten Herrscherfamilien (Hohenstaufen, Welfen, Hohenzollern)
geschenkt. Weil die dichte Bevölkerung des Schwabenlandes nicht überall leicht
ihr Brot findet, so stellt das arbeitsame Volk eine beträchtliche Zahl Auswanderer.
Diese halten ihr Deutschtum zähe fest, wie das Beispiel der schwäbischen An-
siedler in Südungarn, „drüben" in Amerika (Union), in Palästina (Bild 72)
und Kleinasien beweist (vgl. § 347). Die Mainfranken, die in der Merowinger-
zeit vom Rheine aus einwanderten, verbinden mit heiterer Gemütsart Arbeitslust,
erfindungsreichen Sinn, Geschick und Schaffenskraft in Industrie und Handel.
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe]]
TM Hauptwörter (100): [T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura], T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend]]
TM Hauptwörter (200): [T139: [Donau Rhein Main Tiefebene Teil Jura Alpen Tiefland Gebiet Fluß], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter]]
Extrahierte Ortsnamen: Europa Main Mainbecken Brandenburg Donau Rhein Main Rheins Odenwald Rheinebene Nürnberg Mains Würzburg Würzburg Bayern Oberdeutschen Schwaben Mainland Südungarn Amerika Palästina Kleinasien Mainfranken Rheine
Autor: Borries, Emil von, Pfeifer, Wilhelm, Henkelmann, Karl, Brandt, Paul, Kienitz, Otto
Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
Regionen (OPAC): Hessen
Inhalt: Zeit: Neuzeit
Geschlecht (WdK): Jungen
130 Die wichtigsten Begebenheiten der Neuzeit, insbesondere der deutschen Geschichte.
Vor der Katastrophe hatte er dem Kabinett angehrt und einer Frankreich feindlichen Politik das Wort geredet. Diese bereinstimmung der Gesinnung hatte ihn mit Stein zusammengefhrt. In Tilsit hatte Napoleon seine Entlassung gefordert.
Hardenberg war wie Stein ein Freund der Reformen, aber geeigneter, sich der schwierigen Lage, in der sich der Staat befand, anzupassen und seine letzten Plne zu verbergen. Er hat den Staat in dem nchsten Jahr-zehnt durch die grten Gefahren glcklich hindurchgesteuert. Er bahnte eine Finanzreform an, gab Gewerbefreiheit und fhrte die Neuordnung der buerlichen Verhltnisse, allerdings nicht ganz im Sinne Steins, fort.
Nicht nur auf nderung der politischen Zustnde, sondern auf eine geistige und sittliche Wiedergeburt des Volkes hatten es die fhrenden Männer jener Tage abgesehen, die durch Vorbild und Lehre die heran-wachsende Jugend zu sittlicher Tchtigkeit und mnnlichem Mute zu er-ziehen trachteten. Diesem hohen Zwecke sollte auch die Universitt dienen, die der König im Jahre 1810 in Berlin stiftete und der Freund Schillers und Goethes, der groe Gelehrte und Staatsmann Wilhelm von Hnm-boldt, einrichtete. Fichte zeichnete in seinen Reden an die deutsche Na-tion" das Idealbild des Deutschen, dem ein jeder sogleich und aus aller Kraft nachtrachten solle. Schleiermachers Predigten waren von dem-selben groen Geiste erfllt. Der unglckliche Dichter Heinrich von Kleist wnschte leidenschaftlich den Tag des Weltgerichts zu sehen. Lud-wig Jahn endlich fhrte die Jugend auf die Turnpltze und bereitete sie krperlich fr den knftigen Kampf vor.
D. Der Sturz Napoleons.
77. Der Feldzug nach Rußland. Im Jahre 1812 kam es zum Bruch zwischen Alexander und Napoleon, nachdem sich ihr Einvernehmen von Jahr zu Jahr verschlechtert hatte. Napoleon stellte der 600000 Mann auf, das grte Heer, das bis dahin jemals unter die Waffen gerufen worden war. Nur den vierten Teil desselben bildeten Franzosen, die Hauptkontingente brachten die linksrheinischen Deutschen, die Staaten des Rheinbundes (rund 200000 Mann), die Italiener, Niederlnder und Polen auf. Preußen stellte ein Hilfskorps von 20000 Mann und sterreich ein solches von 30000 Mann. In drei Armeen geteilt, rckte die Groe Armee" in Rußland ein. Die Nordarmee, bei der sich die Preußen unter der Fhrung von General Aorck befanden, fhrte Macdonald durch Kurland in der Richtung auf Petersburg. Eine Sdarmee bildeten die sterreicher unter Schwarzenberg in Galizien. Die Haupt-armee fhrte Napoleon selbst. Im Mai fanden sich der Kaiser von sterreich, der König von Preußen und smtliche Rheinbundfrsten in Dresden bei ihm ein, und er versicherte sich ihrer Treue. Alexander schlo Frieden mit der Trkei und ein Bndnis mit Schweden.
Die Hauptarmee brach im Juni auf und marschierte der Kowno und Wilna in der Richtung auf Moskau und schlug am 17. und 18. August
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Hardenberg Goethes Wilhelm_von_Hnm-boldt Wilhelm Schleiermachers Heinrich_von_Kleist Heinrich Jahn Napoleons Alexander Alexander Napoleon Napoleon General_Aorck Schwarzenberg Napoleon Alexander Alexander
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Tilsit Berlin Napoleons Rußland Niederlnder Polen Rußland Kurland Petersburg Galizien Dresden Schweden Kowno Wilna Moskau
276
Länderkunde. — Europa.
mit dem Deutschen Reiche vermitteln sieben Eisenbahnen. Aber nur die
Grenzanschlüsse über Eydtkuhueu, Thorn —Alexandrowo uudkalisch —
Warschau haben Bedeutung für den internationalen Verkehr (vgl. § 408, a).
Dem Güteraustausch dienen vor allem die Häsen von Odessa, von wo Getreide-
schiffe bis in die niederrheinischen Häfen fahren, sodann die von St. Peters-
bürg und Riga. Der Njemeu, auch die Weichsel führen uns Getreide
und Holz zu. Als Verkehrssprache für den Handel mit unserem Vaterlande
dient das Deutsche; es wird fast von allen gebildeten Russen verstanden.
Vii. Bevölkerung. Sie gehört vorwiegend zu den Ostslawen: Russen
machen zwei Drittel der Bewohner aus. So zeigt auch die Bewohnerschaft eine
gewisse Einheitlichkeit. Die Weißrussen blieben in ihren alten Wohnsitzen im West-
liehen Binnenlande und mischten sich daher nicht mit andern Völkern, im Gegensatz
zu den Großrussen, den meist Wald- und Ackerbau treibenden Bewohnern des
oberen Wolgagebietes; diese vermischten sich vielfach mit Mongolen und breiteten sich
über das nördliche, östliche und südöstliche Rußland aus. Weit verschieden von diesen
beiden vorwiegend blonden Stämmen sind durch Sprache, höheren Wuchs und
dunkelbraune Haarfarbe die Kleinrussen, die Viehzüchter des Sw. Zwischen
den westslawischen Litauern, Letten und Polen wohnen zahlreiche Juden, die
im ganzen fast 4 <>/g der Bewohner ausmachen. Die finnischen Völkerschaften,
mongolischer Herkunft, fiud stark gemischt mit Schweden, Deutschen und Russen. Die
Lappen und Samojeden zeigen rein mongolisches Aussehen. Uuter den Mon-
golen im 80 weisen die Kalmücken den häßlichsten Typus auf. Deutsche gibt
es in Rußland etwa 1,5 Mill. Die deutschen Ackerbaukolonisten in Südrußland und
an der Wolga halten ebenso zähe an ihrer Muttersprache fest wie die deutschen Guts-
besitzer und Kaufleute in den Baltischen Provinzen. Zahlreiche Deutsche wohnen
in Polen, und inst. Petersburg wird die Zahl der Deutschen auf 100000 Köpfe
geschätzt. Deutsche Geistesbildung ist in Rußland mehr verbreitet als die irgend-
eines andern Kulturvolkes. Durch Deutsche und Schweden haben die Baltischen Pro-
vinzen eine weit höhere Kulturstufe erlangt als das übrige Rußland. (Vgl. § 257,1.)
Die Russen zeichnen sich durch Sinnigkeit, Gemütstiefe und Nationalstolz aus,
vereinigen aber mit Höflichkeit und Unterwürfigkeit große Verschmitztheit. Die un-
bezwingliche Rauheit der Natur hat sie zur Genügsamkeit, Geduld und Unter-
würfigkeit, aber auch zum Glauben an das unabänderliche Schicksal erzogen, so daß
ihnen mit Ausnahme der Kosaken die rechte Tatkraft fehlt. Der lange Winter regte
die Großrussen zur Gewerbtätigkeit an und bildete Handgeschicklichkeit, Handels-
tüchtigkeit (Hausiertätigkeit) und praktischen Sinn bei ihnen aus. Der Geist der
Russen ist unselbständig, Wahrheitssinn wird durch blinden Glauben ersetzt; für
geistige Interessen zeigt das gewöhnliche Volk sehr geringes Verständnis, und die
Volksbildung steht noch auf niedriger Stufe.
Abgesehen von den Schattenseiten des russischen Volkscharakters besteht auch in
der geringen Volksdichte (25 E. auf 1 qkm) eine Schwäche des Riesenstaates.
Drei Viertel der Bevölkerung, alle Russen, sind durch eine Religion geeint in der
unter dem Zaren als Oberhaupt stehenden griechisch-orthodoxen Kirche. Die
übrigen Bewohner bilden wie nach Abstammung, so auch nach Religion ein buntes
Gemisch. Die meisten Anhänger zählt noch die katholische Kirche (Polen und
Litauer). Evangelisch sind fast alle Deutschen.
Das Russische Reich ist ein Verfassungsstaat, doch ist dem Volke nur ein
beschränkter Anteil an der Regierung eingeräumt. Das politische Streben der
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Das Meer: Wirtschaftliche Bedeutung, Bewegungen des Meeres.
35
würmchen Licht zu entwickeln imstande sind und deren Leuchten durch Wärme und
Reibung (Schiffsfurche) begünstigt zu werden scheint.
5. Wirtschaftliche Bedeutung der Meere. War früher das Meer länder-
und völkertrennend, so ist es heute das Element, das durch die Schiffahrt die
ganze Erde miteinander verbindet, der Tummelplatz des Warenverkehrs und
des Frachtfuhrwesens. Dabei haben die Ozeane, deren Gegenküsten nicht
allzuweit entfernt sind, den größeren Vorzug. Ganz besonders ist der 8-förmig
gekrümmte Atlantische Ozean, dessen Ränder im nördlichen Teile durchschnitt-
lich etwa 4000 km voneinander abstehen, das Mittelmeer der Neuzeit geworden.
Er ist sehr begünstigt vor dem Stillet! Ozean, dessen Ränder zwischen Panama
und Hinterindien um rund die halbe Äquatorlänge voneinander entfernt sind.
Die Meere sind die Hautspender der Niederschläge auf der Erde.
Aber sie bringen uns auch unmittelbar Nutzen durch ihre tierischen, pflanz-
lichen und mineralischen Erzeugnisse. An Fischen, Muscheln, Krebsen,
Edelkorallen (an der algerischen und tunesischen Küste), Schwämmen (bei Kreta,
an den Küsten Syriens und Nordafrikas) usw. am reichsten ist der Atlan-
tische Ozeau, ihm folgt nahe der nördliche Teil des Stillen Ozeans, der
jedoch weit größere Mengen an wertvollen Pelzrobben besitzt. Viel ärmer
an Nutzfischen ist der Indische Ozean, der dafür den andern Meeren durch
Perlenfischerei (im Roten Meere, im Persischen Golf und bei Ceylon) über-
legen ist, die auch in den tropischen Teilen des Atlantischen (bei den Bahamä-
Inseln und der Landenge von Panamä) und des Stillen Ozeans (im Austrat-
Asiatischen Mittelmeere) betrieben wird.
Die Gesamtansbeute der ozeanischen Fischerei wird auf jährlich 1 Mil-
liarde Mark berechnet. Den Hauptanteil daran haben die Union (über 200 Mill.
Mark), Großbritannien, Kanada, Norwegen, Japan, Rußland-Finnland, Frankreich,
Holland. Das Deutsche Reich gewinnt nur für 30 Mill. Mark, noch nicht 3% der
Gesamtausbeute.
An pflanzlichen Erzeugnissen der Meere wird besonders Seegras
als Stoff zum Polstern und Seetang zu Viehfutter, Streumaterial und
Dünger verwendet; auch dient er zur Gewinnung von Jod. An minera-
tischen Produkten liefert das Meer Seesalz, das in Salzgärten, besonders
an den Küsten Italiens, Dalmatiens, der Bretagne, Portugals, Spaniens,
Oberguineas, gewonnen wird. Gib an, wie die Kochsalzgewinnung in den
Salzgärten erfolgt! y
6. Bewegungen bcc? Meeres. Das Meer hat dreierlei Arten von Be-
wegung: 1. Wellen, 2. Gezeiten, 3. Strömungen.
1. Die Wellen werden hervorgerufen durch den Druck des Windes auf den leicht
nachgebenden Wasserspiegel. Sie bestehen aus Wellenbergen und Wellentälern.
Die Wasserteilchen machen nur eine vertikale Bewegung, etwa wie die Halme eines
Ährenfeldes, über das der Wind fortweht, und darum bleiben Gegenstände, die im
Meere schwimmen, an derselben Stelle, soweit sie nicht von Strömungen, Wind
und Flutwelle fortgetrieben werden. Nach dem Trägheitsgesetze pflanzt sich die Wellen-
bewegnng auch nach dem Aufhören des Windes fort und heißt dann im Gegensatze
zu den unmittelbar durch den Wind hervorgerufenen Wellen Dünung. Je nach
TM Hauptwörter (50): [T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
TM Hauptwörter (100): [T0: [Meer Insel Halbinsel Küste Ozean Afrika Land Europa Kap Straße], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel]]
TM Hauptwörter (200): [T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T193: [Meer Halbinsel Gebirge Norden Süden Osten Westen Küste Insel Europa], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T24: [Luft Wasser Wärme Körper Erde Wind Regen Höhe Temperatur Schnee]]
Extrahierte Ortsnamen: Atlantische_Ozean Panama Hinterindien Kreta Syriens Nordafrikas Atlan- Indische_Ozean Ceylon Bahamä- Kanada Norwegen Japan Rußland-Finnland Frankreich Holland Italiens Dalmatiens Bretagne Portugals Spaniens Oberguineas Wellenbergen
C. Das Nordwesteuropäische Schollenland. — 4, Großbritannien und Irland. 87
uttb Selbständigkeit, Energie, Wagemut und zähe Ausdauer erzeugt,
der Familiensinn und tiefe Religiosität auch vornehme Gesinnung und
Ehrenhaftigkeit im Handeln der einzelnen. Dazu tritt die Reiselust, die
einen weiten Blick, Anpassungsvermögen an fremde Zustände und Welt-
klugheit erwirbt. Der praktische Sinn der Engländer schafft Gesundheit und
Bequemlichkeit der Wohnung und der Tracht. Der durch Gesetze nicht ein-
geschränkte Freiheitssinn wird durch die Achtung vor der überlieferten guten
Sitte gezügelt. In der Politik neigt der Brite infolge der ihm über alles
gehenden Vaterlandsliebe zu rücksichtsloser Handlungsweise. Dadurch hat
er seinem Vaterlande, besonders im 18. Jahrhundert, den großen Kolonial-
besitz verschafft. Groß ist sein Geschick im Handel, in der Industrie und im
Kolonisieren. Er hat mit dem Überschuß der sehr schnell sich vermehrenden
Bevölkerung alle Erdteile besiedelt, sich den fünften Teil der Erde untertänig
gemacht und dem Mutterlande Ungeheuern Reichtum verschafft. Aber dieser
befindet sich in verhältnismäßig wenigen Händen. In den Großstädten wohnt
neben dem Reichtum der Vornehmen eine unsägliche Armut.
Die Schotten sind gut begabt und lernbegierig, arbeitsam und sparsam,
voll Anhänglichkeit an die alten Volkssitten.
Der Ire ist gutmütig, tapfer, anstellig, aber leichtsinnig, unwissend, roh
und im Durchschnitt sehr arm.
b) Religion und Unterricht. England und Schottland wandten sich früh-
zeitig der Reformation zu, während Irland katholisch blieb. In England über-
wiegt die anglikanisches in Schottland die presbyterianische^ in Irland
die römisch-katholische Kirche, deren Anhängerzahl im ganzen Inselstaat sich
auf 12 hß beläuft. Daneben gibt es zahlreiche protestantische Sekten, Dissenters
genannt, die wie die übrigen Bekenntnisse freie Religionsübung haben.
In bezug auf Schulbildung zeigt sich ein großer Unterschied zwischen
dem ärmeren und dem reicheren Teile der Bevölkerung. Bei dem niedern
Volke erfährt sie erst seit der vor kurzem eingeführten allgemeinen Schulpflicht
eine bessere Pflege. Noch heute gibt es im Britischen Reiche Millionen Unter-
tanen, die weder lesen noch schreiben können. Für den höheren Unterricht
dagegen ist durch zahlreiche und zum Teil ausgezeichnete Schulanstalten ge-
sorgt; daher findet sich bei den höheren Volksklassen meist ein hoher Grad von
Bildung. Eine ganz besondere Pflege erfahren die Naturwissenschaften
durch zahlreiche gelehrte Gesellschaften.
7. Wirtschaftliche Verhältnisse. Englands Viehzucht wird von keinem
Lande der Erde übertroffen. Herrliche Wiesen und Weiden ermöglichen
die Zucht ausgezeichneter Pferde, Rinder, Schafe und Schweine. Der Ackerbau
\)t hoch entwickelt, da der größte Teil des Bodens in den Händen verhältnis-
1 Auch engtisch-bischöfliche ober Episkopatkirche genannt, weil sie Bischöfe und Erz-
bischöfe hat.
^ Eine der reformierten nahestehende Kirche, die deshalb die presbyterianische heißt,
weil sie bei der kirchlichen Verwaltung den weltlichen Presbytern (Ältesten) ebensoviel Ein-
fluß sichert wie den Geistlichen.
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Extrahierte Ortsnamen: Irland England Schottland Irland England Schottland Irland Englands
D. Die Skandinavisch-Russische Tafel. — 3. Rußland.
101
Die Weißrussen zeigen wahrscheinlich den reinsten Typus der Russen.
Sie haben große Ähnlichkeit mit den Großrussen (60 Mill.), die das Waldland
kolonisierten und infolge ihrer geringen Bildung sich vielfach mit den Mongolen
vermischten. Weit verschieden von diesen beiden vorwiegend blonden Stämmen
sind durch Sprache, höheren Wuchs und dunkelbraune Haarfarbe die Kleinrussen,
die mit Vorliebe der Viehzucht obliegen.
Die Volksseele der Russen ist durch Sinnigkeit, Gemütstiefe und Nationalstolz
gekennzeichnet. Friedfertigkeit, Schweigsamkeit, Wechsel zwischen Munterkeit (Sanges-
lust) und Schwermut sind ihr ebenso eigentümlich wie Verschmitztheit, Freundlichkeit,
Gastlichkeit und Höflichkeit. Die schwer bezwingliche Rauheit und Unergiebigkeit der
Natur hat sie zu Genügsamkeit, Geduld und Unterwürfigkeit, aber auch zum Fatalis-
mus erzogen, so daß ihnen mit Ausnahme der Kosaken die Tatkraft verloren ging.
Der lange Winter regte die Großmssen zur Handwerkstätigkeit an und erzog sie
einerseits zu Handgeschicklichkeit, Nachahmungsfähigkeit, Handelstüchtigkeit (Hausierer)
und praktischem Sinn, anderseits zu Trägheit und Trunksucht. Die russischen
Stämme sind Halbasiaten. Ihr Geist ist unselbständig, Wahrheitssinn ist durch
blinden Glauben ersetzt, Forschungstrieb mangelt ihnen. Kriecherei, Bestechlichkeit,
Unreinlichkeit sind echt asiatische Eigenschaften.
Das Bestreben der Russen, ihr Reich von seinem Kernpunkte Moskau aus nach
allen Seiten bis ans Meer auszudehnen, führte im Laufe der beiden letzten Jahr-
hunderte dazu, zahlreiche stammessremde Völker zu mrterwerfen. Daher gehören
zum Russischen Reiche noch evangelische Schweden in Finnland, die römisch-katho-
lischen Polen im Weichselgebiet, die stark mit Juden durchsetzten Litauer zwischen
Njemen und Düna, die mongolischen Finnen im Nw, die diesen verwandten
heidnischen Samojeden im N und die dem Islam anhängenden tatarischen
Völker in den südmssischen Steppenländern. Dazu kommen noch Deutsche in
den Ostseeländern und den Ackerbausiedlungen an der Wolga, sowie Anden, die
im ganzen Reiche verstreut leben, u. a. Die Volksbildung steht noch auf einer sehr
niedern Stufe.
6. Wirtschaftliche Verhältnisse. Rußlands Hauptreichtum beruht aus dem Be-
triebe der Landwirtschaft; über ein Drittel der Getreideernte unsers Erdteils kommt
auf Rußland, und sein Viehbestand ist größer als der aller Länder Europas. Doch
leidet der Bauernstand trotz Aushebung der Leibeigenschaft (1861) unter dem Mangel
an eigenem Grundbesitz; der Boden ist meist noch Gemeinland, wird daher uw; lässig
angebaut; der russische Bauer zieht lieber als Handelsmann umher und sucht im
Winter in den Großstädten Verdienst. Die ausgedehnten Wälder liefern Holz zur
Ausfuhr, sind aber schon stark ausgeraubt. Sehr gewinnbringend sind Jagd und
Fischerei. Der Bergbau im Ural liefert Gold, Platin, Eisen, Edelsteine und Stein-
kohlen; Eisenerze und Steinkohlen lagern auch zwischen dem unteren Dnjepr und dem
Don, in Südwestpolen und südlich von Moskau. In den Kaspischen Steppen wird
viel Salz gewonnen. Das Großgewerbe deckt noch nicht den Bedarf. Von Be-
deutung ist die Moll-, Baumwoll-, Eisen- und Leinenindustrie; berühmt ist
auch das Juchten- und Saffianleder. Der Handel ist im Innern lebhaft und wird
durch die nach allen Richtungen laufenden Ströme sowie durch schiffbare Kanäle
und Eisenbahnen gefördert. Aber die Schisfahrt wird durch den Winter beschränkt.
Die Länge der russischen Eisenbahnen erreicht nicht ganz die des Deutschen Reiches.
Von Moskau strahlen die Hauptlinien radienartig auseinander. St. Petersburg
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Extrahierte Ortsnamen: Moskau Schweden Finnland Wolga Europas Südwestpolen Moskau Moskau
67. Napoleons Kaiserkrnung. Der dritte Koalitionskrieg. 109
er mit seiner Gemahlin Luise, einer Prinzessin von Meckleuburg-Sttelitz, Knigin und seinen Kindern fhrte, wurde dem ganzen Lande ein Vorbild; namentlich gewann die Leutseligkeit und Anmut der Knigin dem Herrscherhause die Liebe und Achtung der Untertanen wieder.
C. Das Kaiserreich.
67. Napoleons Kaiserkrnung (1804). Der dritte Koalitions- Napoleon krieg'(1805). Im Jahre 1804 wurde Napoleon durch Volksbeschlu mit Fussen berwltigender Stimmenmehrheit zum Kaiser der Franzosen gewhlt. <1804> Der Papst Pius Vii. salbte ihn (am 2. Dezember) in Notre-Dame zu Paris; der Kaiser setzte sich einen goldenen Lorbeerkranz aufs Haupt und krnte sodann seine Gemahlin. Im folgenden Jahre krnte er sich in und Bnig Mailand zum Könige von Italien und ernannte seinen Stiefsohn n Italien Engen Beanharnais zum Vizeknig. Seine Generale Ney,
Davot, Massena, Oudinot, Bernadette machte er zu Marschllen und verlieh ihnen Herzogs- und Frstentitel nebst reichen Dotationen, ebenso Talleyrand, dem Minister des Auswrtigen. Sein Hos war der glnzendste in Europa.
Schon 1803 waren die Feindseligkeiten mit England wieder aus-gebrochen, das sich durch die franzsischen Schutzzlle in seinem Handel K" geschdigt und seine Sicherheit durch die Stellung des Gegners an der Kste des Kanals ernstlich gefhrdet sah. Nachdem daher Pitt das Ministerium wieder bernommen hatte, war es zum Bruche des Friedens gekommen, der in England von vornherein wenig volkstmlich gewesen war.
Napoleon hatte zum Angriff auf England seine Truppen im Lager von Bonlogne vereinigt und das Kurfrstentum Hannover besetzt.
Den drohenden Angriff wendete Pitt dadurch ab, da er Rußland,^s.ftoait* sterreich und Schweden dafr gewann, sich mit England zur Wieder- ton Herstellung der alten Ordnung in Europa zu einer neuen (der dritten) Koalition zu verbinden. Daraufhin fhrten Napoleons Marschlle sein 200000 Mann starkes Heer eiligst von Bonlogne nach Oberdeutschland, wo Bayern, Wrttemberg, Baden, Hessen und Nassau das franzsische Heer alsbald durch ihre Truppen verstrkten.
Beide Parteien hatten sich bemht, Preußen zu sich herberzuziehen; Preußen allen diesen Versuchen, die namentlich von englischer und russischer Seite,
teils offen, teils im geheimen, unternommen wurden, war jedoch Friedrich Wilhelm Iii. ausgewichen. Selbst als sich jetzt der Krieg Preuens Grenzen nherte, war der König entschlossen, neutral zu bleiben, und machte daher mobil, als sich Rußland anschickte, den Durchzug seiner Truppen durch preuisches Gebiet zu erzwingen. Unterdessen aber rckte Marschall Bernadotte, ohne sich an Preuens Neutralitt zu kehren, von Hannover durch das preuische Frstentum Ansbach nach der oberen Donau, wo der sterreichische General Mack in der Festung Ulm ein- uim. geschlossen und zur Wassenstrecknng gentigt wurde (Oktober 1805). Aber
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Extrahierte Personennamen: Napoleons Luise Napoleons Napoleon Napoleon Bernadette Napoleon Napoleons Friedrich_Wilhelm_Iii Friedrich Wilhelm Marschall_Bernadotte
Extrahierte Ortsnamen: Napoleons Napoleons Notre-Dame Paris Mailand Italien Italien Massena Europa England England England Hannover Schweden England Europa Napoleons_Marschlle Bonlogne Oberdeutschland Wrttemberg Baden Hessen Nassau Frstentum_Ansbach Donau Ulm
18 Asien.
Porzellan-, Papier-, Lackwarenfabrikation und der Elfenbeinschnitzerei. In
hoher Blüte steht auch der Schiffsbau. Zäh am Alten hängend, betreibt der
Chinese die Industrie rein handwerksmäßig; aber trotz seiner Abneigung
gegen europäische Neuerungen dringt die Fabrikindustrie auch hier ein, und
in neuerer Zeit^sind in Schanghai große Baumwollfabriken angelegt worden.
Der Handel ist bei der reichen, mannigfaltigen Produktion und bei
dem Vorhandensein zahlreicher Wasserstraßen ein sehr umfangreicher. Mit
dem Auslande trieb China in früherer Zeit einen ganz beschränkten Verkehr;
seit 1842 hat der Außenhandel durch Eröffnung von 22 Häfen einen großen
Aufschwung genommen, indes stehen weder Ein- noch Ausfuhr im Verhältnis
zu der starken Bevölkerung. Der Außenhandel ist fast ausschließlich in den
Händen fremder Nationen, unter denen die Engländer mit 75 °/o des Handels-
umsatzes vertreten sind. Die wichtigsten Ausfuhrprodukte sind Thee
(1893: 110 Mill. kg) und Seide. Neben diesen Artikeln sind die übrigen
zur Ausfuhr gelangenden Produkte, Porzellan, Zucker, Tabak, lackierte Waren,
Tusche, Rhabarber, Kampfer, Moschus u. s. w., von geringer Bedeutung.
Wichtig ist auch der Ausfuhrhandel nach Rußland über Kjachta, der für
ca. 10—12 Mill. Mk. Thee ausführt. Die Einfuhr beschränkt sich außer
Opium, das den 3. Teil des Einfuhrwertes ausmacht, in der Hauptsache
auf Baumwollen-, Woll- und Metallwaren.
Peking, 1600. E. Residenz. Vereinigungspunkt verschiedener Kara-
wanenstraßen.
Kanton. 1800. E. Wichtiger Seehafen. Berühmte Seiden- und
Papierfabrikatiou.
Sütschou, 1 Mill. E. Wichtige Industriestadt. Baumwollen- und
Seideuweberei, Elfenbeinfchnitzerei.
Tientsin, 950. E. Seehafen für Peking, mit dem es durch einen
Kanal verbunden ist.
Hänkon, 800 E. Wichtiger Handelsplatz am Jangtsekjang. Seiden-
industrie.
Futschou, 650. E. Seehasen. Thee-Ausfuhr.
Nanking am Jangtsekjang, 500 E. Industriestadt.
Schanghai, in der Nähe der Mündung des Jangtsekjang, 400. E.
Bedeutendster Seehafen des Landes. Baumwollenausfuhr. Dampferverbin-
düngen mit Europa. Fabrikindustrie.
Ningpo, 250. E. Seehafen. Industriestadt.
(Hongkong, englische Insel. Victoria, 100. E. Hauptstadt. Stapelplatz
für chinesische Ausfuhrartikel. Kabel nach Singapur, Schanghai und Jokohama.)
3. Korea.
Das früher dem chinesischen Reiche tributpflichtige Korea mit 7 Mill. E.
ist in jüngerer Zeit auch in lebhaftere Handelsverbindung mit Europa ge-
treten und führt besonders Reis, Gold und Häute aus. .
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel]]
TM Hauptwörter (100): [T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel], T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht]]
TM Hauptwörter (200): [T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T186: [Stadt Insel Hauptstadt Tunis Handel Afrika Land Hafen Küste Algier], T113: [Wein Seide Baumwolle Handel Zucker Kaffee Wolle Tabak Reis Getreide], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T1: [Maschine Fabrik Herstellung Industrie Papier Leder Wolle Leinwand Fabrikation Art]]
Extrahierte Personennamen: Ningpo
Extrahierte Ortsnamen: Schanghai China Peking Tientsin Peking Nanking Schanghai Europa Hongkong Singapur Schanghai Korea Korea Europa