24
krieg vereitelt. Sie blieben in verschiedenen geistlichen Funktionen in Italien
und gaben sich als soeielns Jesu eine Regel.
Nach mannigfachen Schwierigkeiten erfolgt die bedingte Be-
stätigung des Ordens dllrch Pabst Paul Iii 1540, die unbedingte
1543. Im Jahre 1541 Ignatius Ordensgeneral; bei seinem
Tode (1556 zu Rom) hatte der Orden über 100 Collegien in
72 Provinzen, mehr als 1000 Mitglieder und in 3 Welttheilen
Missionen. (Xaver im portugiesischen Ostindien). ■—
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
TM Hauptwörter (100): [T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T56: [Papst Kaiser Rom Heinrich König Kirche Gregor Bischof Italien Papste], T64: [Insel Amerika Land Spanier Australien Kolonie Hauptstadt Küste Entdeckung San]]
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80
Erste Periode der neueren Geschichte.
lich, treu und aufrichtig handeln, und wenn ich das thue, so bekümmere
ich mich um diese böse und heillose Welt gar nicht." (Vergl. S. 55.)
Türkenkriege. Maximilian hatte, wie sein Vater, blutige Kämpfe mit den
Türken zu bestehen. 1566 war der Sultan Soliman nach Ungarn
gekommen und hatte die Feste Sziget belagert, welche der Graf Zriny
aufs heldenmüthigste vertheidigte!*) Zriny konnte sich nicht länger
halten; er that einen Ausfall und starb den Heldentod. Sobald die
Türken eindrangen, hielt einer seiner Freunde die brennende Lunte ins
Pulverfaß und sprengte sich und die Feste mit Tausenden von Türken
in die Luft (1566).
Rudvlf 1k. Rudolf Ii. war schon bei Lebzeiten des Vaters zum römischen
12.6-1612 Könige gekrönt worden. Er hatte längere Zeit am Hose Philipp Ii.
gelebt und dessen Unduldsamkeit und Vorliebe für die Jesuiten ange-
kümmert sich nommen. Die Regierung überließ er seinen Räthen und Günstlingen,
während er sich selbst in seinem Studirzimmer zwischen Retorten und
Globen gelehrten Studien hingab, Alchymie trieb und mit den be-
rühmtesten Astronomen, I. Keppler und Tycho de Brahe, den Lauf
der Gestirne besprach. Auf Gemmen, Gemälde, Alterthümer, seltene
Pflanzen und schöne Pferde verwandte er große Summen. Er ging
stundenlang in den Ställen auf und ab. Mancher Gesandte, welcher
dem Kaiser ein Gesuch vorzutragen hatte, mischte sich unter die Stall-
und Reitknechte, um Gehör zu bekommen. Er alterte freudelos zwischen
seinen Schätzen ohne Freund und Frau, ohne Frieden und Frohsinn
in der Brust. Bei seiner Thronbesteigung herrschte in Deutschland die
protestantische Lehre vor. Allein die Uneinigkeiten unter den Protestan-
ten und die Thätigkeit der Jesuiten änderten dies Verhältniß gar bald
Zwietracht zum Nachtheil der Reformation. Die Bekenner der Augsburger und
thnen u' helvetischen Confession haderten um einzelne Lehrsätze, bekämpften ein-
Reformirten. ander in Schriften und Predigten, verfluchten und verdammten sich
gegenseitig. Man fühlte das Bedürfniß größerer Einigung, da der
Feind nicht sorgloser Ruhe sich hingab. Auf einer Zusammenkunft
theologischer Lehrer zu Kloster Bergen bei Magdeburg (1577) wurde
nach dem Entwürfe des gelehrten Tübinger Professors Jakob Andreä
eine Bekenntnißschrift zu Stande gebracht, die Coneordien- oder Ein-
trachtsformel, welche zwar von Knrsachsen, Kurpfalz, Brandenburg und
vielen Reichsständen unterschrieben, aber von vielen lutherischen Stän-
den verworfen wurde. Die ersehnte Eintracht zwischen Lutheranern
und Reformirten ward nicht erreicht.
') Theodor Körner hat diese Begebenheit zu seinem Trauerspiel „Zriny" benutzt.
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie]]
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Extrahierte Personennamen: Maximilian Maximilian Soliman Zriny Rudvlf Rudolf_Ii Rudolf Philipp_Ii Philipp Keppler Jakob_Andreä Theodor_Körner
Extrahierte Ortsnamen: Ungarn Graf_Zriny Deutschland Magdeburg Brandenburg
Ulrich von
Hutten bc-
kämpft die
Geistlichkeit
und eifert
gegen das
Papstthum in
zahlreichen
Schriften.
w Erste Periode der neueren Geschichte.
Ulrich von Hutten war I486 zu Steckelberg, dem Stammschlosse
seiner Ahnen, sechs Stunden von Fulda geboren. Sein Vater hatte
ihn sür den geistlichen Stand bestimmt und dem Kloster Fulda zur
Ausbildung übergeben; allein das Klosterleben widerte den Jüngling
so an, daß er heimlich nach Erfurt entwich, wo er seine Studien fort-
setzte. Einer Seuche wegen verließ er Erfurt (1505) und begab sich
nach Köln, von wo er einem vertriebenen Lehrer an die neu errichtete
Universität Frankfurt an der Oder folgte. Später studirte er in
Pavia die Rechtswissenschaft und wanderte, als er durch Maximi-
lians Krieger bei Erstürmung der Stadt aller seiner Habe be-
raubt worden war, nach Bologna. Nach mancherlei Kreuz- und Quer-
zügen, auf denen er oft am Nothwendigsten Mangel litt, kehrte er
1517 nach Deutschland zurück, wo ihn Kaiser Maximilian zum Ritter
schlug und Constantia Pentinger in Augsburg mit dem Dichterlorbeer
bekränzte. Schon vor seiner Abreise nach Italien war sein Vetter
Hans von Hutten von dem gewaltthätigen Herzog Ulrich von Würtem-
berg ermordet worden. In Gedichten, Reden und Briefen brandmarkte
er diese schändliche That. Auch gegen das Mönchthum eiferte seine
Feder. In den Briefen der Dunkelmänner (epístolae obscurormn
viroruin) schwang er die Geißel der Satire schonungslos gegen die Un-
wissenheit der römischen Geistlichkeit und der Mönche. Er wollte deutsche
Bischöfe, aber keinen Papst. „Den alten Römern habt ihr männlich
widerstanden," rief er den Deutschen zu, „aber den neuen Römlingen
beugt ihr schimpflich euer Haupt!" „Ich hab's gewagt!" war sein
Wahlspruch. 1517 gab er die Schrift des 1465 gestorbene» gelehrten
Römers Laurentius Valla „über die erdichtete Schenkung Constantins
des Großen" heraus; er hatte sie in einem Kloster entdeckt und darin
den Beweis gefunden, daß die Schenkung Constantins des Großen
an den Papst Sylvester, auf welcher die ganze weltliche Macht des
Papstthums beruhte, rein erlogen sei. Er hatte den Muth, diese
Schrift dem Papste selbst zu widmen. Nichts desto weniger berief ihn
der fein gebildete Erzbischof Albrecht von Mainz an seinen Hof und
nahm ihn auch mit auf den Reichstag nach Augsburg (1518), wo
Hutten zum Kampfe gegen die Türken aufforderte. Nachdem er seine
Entlassung von Albrecht erbeten und erhalten hatte, betheiligte er sich
an dem Zuge des schwäbischen Bundes gegen seinen persönlichen Feind,
Ulrich von Würtemberg, welcher wegen seiner Gewaltthätigkeiten 1519
von Land und Hof vertrieben ward. In diesem Kriege lernte er
Franz von Sickingen kennen, mit dem er einen trauten Freundschafts-
bund schloß.
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Extrahierte Personennamen: Ulrich_von
Hutten Ulrich_von_Hutten Maximilian_zum_Ritter Maximilian Constantia_Pentinger Hans_von_Hutten Ulrich_von_Würtem- Laurentius_Valla Constantins Constantins Muth Albrecht_von_Mainz Albrecht Albrecht Albrecht Ulrich_von_Würtemberg Franz_von_Sickingen Franz
Vom westfäl. Frieden bis zur ersten französischen Revolution. 187
in den östreichischen Erblanden Gültigkeit habe, wenn sie nicht vom
Kaiser das „Placet" erhalten habe. Durch das berühmte Toleranzgesetz
gestattete er (1781) in seinen Staaten freie Religionsübung *). Hier-
über gerieth Papst Pins in große Noth und reiste selbst nach Wien Der Papst in
(1782), um den Kaiser auf andere Wege zu bringen. Joseph holte
den heiligen Vater mit den größten Ehrenbezeugungen ein und fuhr
mit ihm unter dem Jubel der Wiener in die Kaiserstadt. Vier Wochen
verweilte Pius in Wien und erhielt von Joseph alle Beweise der Ehr-
furcht und Hochachtung, aber eine Aenderung der getroffenen Einrich-
tungen erreichte er nicht.
Die Bischöfe von Salzburg, Mainz und Würzburg folgten dem Versuch-,-in-
Beispiele des Kaisers und benahmen sich milde und edel in Glaubens- ti^nluirch-zu
lehren. Ganz besonders that sich in kirchlichen Angelegenheiten damals gründen,
der Weihbischof von Trier hervor, Johann Nikolaus von Hontheim, Weite,n-
ein grundgelehrter, äußerst frommer und unbescholtener Mann, welcher
unter dem Namen Justinus Febronius eine Schrift gegen den römischen
Papst geschrieben und den Wunsch rege gemacht hatte, eine von Rom
unabhängige deutsche Nationalkirche zu gründen. Wirklich kamen 1785
mehrere Bischöfe in Ems zusammen, welche die Oberherrschaft des
Papstes verwarfen. Ihre Pläne scheiterten aber an dem Widersprüche
mehrerer Rom ergebener Bischöfe und an Josephs später erkaltetem
Eifer.
Auch die Presse wollte Joseph frei haben und hob, damit Jeder- 3°leph sieht
mann sich freimüthig äußern könne, die Censur auf. Allein er sah sich ^chelt-rn^
durch das Erscheinen einer Menge frecher, unsittlicher und maßloser
Schriften bald genöthigt, diesem Unfug wieder hemmend und zügelnd
entgegenzutreten. Die Todesstrafe verwandelte Joseph in Haft und
Zwangsarbeit. Einen betrügerischen Obersten stellte er an den Pranger,
einen Fürsten, der falsche Banknoten gemacht hatte, ließ er die Straße
kehren, viele vornehme Sträflinge mußten die Schiffe ans der Donau
ziehen. Im Staate sollte Einheit herrschen; überall sollte ein Gesetz,
eine Steuer, ein Gerichtsverfahren gelten, und vor dem Gesetze Alle
*) Fünfzig Jahre vorher hatte der Fürstbischof Leopold von Firmian zu
Salzburg an 20,000 Evangelische, die ihrem Glauben treu blieben und
nicht zur katholischen Kirche zurückkehren wollten, aus seinen Landen aus-
gewiesen. König Friedrich Wilhelm I. von Preußen nahm die vertriebenen
Salzburger freudig in sein Land auf und erhielt an ihnen treue, arbeit-
same Unterthanen. Der traurige Auszug der Salzburger gab Göthe
Stoff und Veranlassung zu seinem bekannten, vortrefflichen epischen Ge-
dichte Hermann und Dorothea.
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Extrahierte Personennamen: Joseph Joseph Johann_Nikolaus_von_Hontheim Johann Nikolaus Justinus_Febronius Joseph Joseph Leopold_von_Firmian Leopold Friedrich_Wilhelm_I._von_Preußen Friedrich Wilhelm_I. Göthe Hermann Dorothea
Extrahierte Ortsnamen: Wien Wien Salzburg Mainz Würzburg Rom Ems Josephs Donau Salzburg
Von der Reformation bis zum tvestfälischen Frieden. 51
Gustavs Regierung war eine gesegnete für Schweden, da der
König nur an das Wohl seines Landes dachte und keine Mühe scheute,
das zerrüttete Reich zu heben. Er vervollkommnete die Gesetzgebung,
bildete das Volk, förderte Gewerbsteiß und Wissenschaft und erweiterte
den Handel. Dafür war er gerade der richtige Mann. Denn er be-
saß die ausgezeichnetsten Geistesgaben, Muth, Unerschrockenheit, Sanft--
muth und eine seltene Sittenreinheit. Dabei war ihm ein treffender
Witz und eine hinreichende Beredtsamkeit eigen. Das größte Verdienst Gustav führt
erwarb er sich um sein Land durch die Einführung der Reformation, die 9ieferi
- , matten in
wobei er mit einer solchen Klugheit und Umsicht zu Werke ging, daß Schweden
die neue Lehre ohne alle Unruhen ins Leben trat.
Schon 1519 waren zwei Brüder, Olanf und Lorenz Peterson,
Söhne eines Schmiedes, von der Universität Wittenberg in ihre Hei-
math zurückgekehrt und hatten die neue Lehre nach Schweden gebracht.
Olauf, stürmisch und heftig wie Luther, Lorenz, mild und gemäßigt
wie Melanchthon, wirkten trotz Spott und Verachtung für die Aus-
breitung der lutherischen Lehre. Olauf übersetzte 1523 die Bibel ins
Schwedische und hielt bald darauf Messe in schwedischer Sprache. Der
König begünstigte diese Bestrebungen, welche allmählich große Erfolge
hatten. 1530 trat auch Gustav zur evangelischen Lehre über, da der
größere Theil seiner Unterthanen sich dazu bekannte, und 1540 erfolgte
auf dem Reichstage zu Oerebro, der Heimath der Brüder Peterson,
die Lossagung vom Papstthum.
Wie schon bemerkt, hatte sich Christian Ii. in Dänemark so ver- Christian n.
haßt gemacht, daß man ihn 1523 absetzte und seinen Oheim, den auchmdsne-
, , mar?
Herzog Friedrich von Holstein, zum König wählte. Dieser suchte der
Reformation aus eben so vorsichtige Weise, wie Gustav Wasa, in seinem
Reiche Eingang zu verschaffen. Die Stimmung des Volkes begünstigte
ihn in seinem Plane, und so gelang es ihm, daß ans dem Reichstage
zu Odensee den Protestanten bürgerliche Gleichheit mit den Katholiken
zugestanden, den Priestern die Ehe erlaubt und die Unabhängigkeit der
Bischofswahlen von Rom ausgesprochen wurde (1530). Dies benutzte der
flüchtige König Christian Ii., um sein Reich wieder zu erobern. Der-
selbe hatte mit seiner treuen Gemahlin Isabella, einer Schwester-
Karls V., in den Niederlanden eine Zufluchtsstätte gefunden und
später in Sachsen von Luther und Melanchthon in der neuen Lehre
Unterweisung erhalten. Isabella ward eine treue Anhängerin der
lutherischen Lehre. König Christian opferte seiner Herrschsucht seinen tritt zur ka-
Glauben. Von der evangelischen Partei in Dänemark hatte er keine thouschen
Hülfe mehr zu hoffeu, und um sich die altgläubige« Norweger, welche iulucf'
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien]]
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Extrahierte Personennamen: Gustavs Muth Gustav Gustav Lorenz_Peterson Luther Lorenz Melanchthon Gustav Gustav Brüder_Peterson Christian_Ii Christian Friedrich_von_Holstein Friedrich Gustav_Wasa Gustav Christian_Ii Isabella Karls_V. Karls_V. Luther Melanchthon Isabella Christian
298
Dritte Periode der neueren Geschichte.
Fortschritte
auf dein Ge-
biete der
Geschicht-
schreibung,
der
Philosophie
in Schweden sind Tegner, Friederike Bremer, in Dänemark Oehlenschläger
und Andersen bekannte Namen.
Wie die Befreiungskriege auf alle Gebiete geistiger Bildung mächtig
einwirkten, so auch auf das der Wissenschaften. Neue Universitäten entstan-
den (zu Berlin, Gent, Lüttich, Bonn, u. a.), und auch zur Hebung der
allgemeinen Volksbilduug in Deutschland geschah viel; namentlich zeichnete
sich ans diesem Felde der Schweizer Pestalozzi ans. Die deutsche Ge-
schichtschreibung nahm in diesem Jahrhundert neuen Aufschwung. Karl
Adolph Menzel und Heinrich Luden bearbeiteten die Geschichte des
deutschen Volkes, Friedrich von Raumer die der Hohenstaufen, Stengel
die der fränkischen Kaiser, Joh. Voigt die Zeit Gregors Vii. und die
Geschichte Preußens, Johannes von Müller die Geschichte der Schweiz.
Niebuhr, August Böckh, Gottfried Hermann, Otfried Müller bearbeiteten
das klassische Alterthum; Heeren und Schlosser reihen sich ihnen würdig
an. Als berühmte Geschichtschreiber der Gegenwart sind Leo, Dahlmann
und Leopold Ranke zu nennen.
Großer Eifer herrschte auch ans dem Gebiete der Philosophie,
und die Forschungen Kants, Fichte's, Schellings und Hegels haben der
deutschen Nation wiederholt aus diesem Gebiet den ersten Rang ein-
geräumt. Heinrich Ritter bearbeitete die Geschichte der Philosophie,
und Hermes, Professor in Bonn, versuchte durch ein philosophisches
System die katholische Kirchenlehre wissenschaftlich zu begründen.
Characteristisch für die Zeit sind die Erscheinungen aus dem Ge-
biete der Kirche. Der Bischof Arnoldi von Trier veranstaltete im
Jahre 1844 eine großartige Wallfahrt nach dem heiligen Rocke zu
Trier, den man für das Gewand Jesu Christi ausgab. Dagegen er-
klärte sich ein katholischer Priester in Schlesien, Johannes Ronge, in
einem Schreiben an den Bischof Arnoldi, indem er ein solches Verfahren
als Mißbrauch und Aberglauben darstellte. Es bildete sich in Folge
dessen die deutsch-katholische Secte in der katholischen Kirche, die einen
freisinnigen, aufgeklärten Katholicismus einführen wollte. Anfangs
machte sie großes Aufsehen, trat aber bald wegen Mangels echt christ-
licher Anschauung ganz in den Hintergrund. Auch in der evangelischen
Kirche trat eine Partei auf, die ein oberflächliches, gehaltloses Vernunft-
Christenthum ausstellte und mit dem Namen Lichtfreunde bezeichnet
wurde. Es entstanden freie Gemeinden, denen ein Toleranz-Edict im
Jahre 1847 die bürgerlichen Rechte zuerkannte. Zur Unterstützung
armer evangelischer Gemeinden in katholischen Landen bildete sich der
Gnstav-Adolfs-Verein, und zum Schutz der evangelischen Christen im
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Extrahierte Personennamen: Friederike_Bremer Karl
Adolph_Menzel Karl Heinrich_Luden Heinrich Friedrich_von_Raumer Friedrich Voigt Gregors Johannes_von_Müller Niebuhr August Gottfried_Hermann Otfried_Müller Leo Leo Leopold_Ranke Leopold Kants Heinrich_Ritter Heinrich Hermes Arnoldi_von_Trier Jesu_Christi Johannes_Ronge Arnoldi
Extrahierte Ortsnamen: Schweden Dänemark_Oehlenschläger Berlin Gent Bonn Deutschland Schellings Bonn Schlesien
2
Erste Periode der neueren Geschichte.
kenntniß des Christenthums. Daraus waren vorzugsweise diejenigen
seiner Schriften berechnet, welche ihm die Gunst seiner Zeitgenossen
und der Nachwelt erwarben und die Richtung der Zeit in kirchlichen
Dingen unerbittlich und streng geißelten, seine „Gespräche" und sein
„Lob der Narrheit." Die letztere Schrift, 1507 aus einer Reise ge-
schrieben, erlebte noch zu Lebzeiten des Erasmus 27 Auflagen und
wurde in alle lebende Sprachen übersetzt.^) Auch das neue Testament
gab er in der Urschrift mit der lateinischen Uebersetzung heraus. Eras-
mus war ein Mann von gründlicher Gelehrsamkeit und beißendem
Witze; er verstand es, Irrthümer nachzuweisen, aber nicht die Wahr-
heit zu lehren, und aus Liebe zur Ruhe nahm er keinen unmittelbaren
Antheil an der Reformation. Er wollte sich an das Bestehende an-
schließen und nicht als Gegner der Kirche auftreten, sondern unter
ihrer Führung einen neuen Geist in die vorliegenden Verhältnisse bringen.
Wegen dieser Unentschiedenheit war ihm Ulrich von Hutten (S. Io),
Ulrich von der feurige Feind der Geistlichkeit, gram, der ohne Furcht die Ab-
Hutten Wellung der Mängel in seinen Schriften verlangte. Auch Johann
u. Johannes Reuchlin war ein rüstiger Vorkämpfer der Reformation. Er hatte
Reuchlin. jejnen Beschützer, den Herzog Eberhard von Würtemberg, nach Italien
begleitet und sich viele Kenntnisse erworben. Kaiser Maximilian ernannte
ihn zum kaiserlichen Rathe und setzte ihn in den Stand, wahre Gelehr-
samkeit und Bildung zu verbreiten. Gegen die klassischen Studien
eiferten damals (1509) insbesondere der zum Christenthum überge-
tretene Jude Pfefferkorn, Professor in Köln, welcher alle hebräischen
Bücher verbrennen wollte, weil sie Schniähungen wider das Christen-
thum enthielten, und der Inquisitor und Dominikanerprior Jakob von
Hogstraten. Reuchlin erklärte sich gegen Pfefferkorn und bewies, daß
in den hebräischen Schriften der Rabbiner viel Weisheit liege, die
man nicht vertilgen dürfe. Darüber zürnte Hogstraten und leitete
einen Inquisitionsprozeß gegen Reuchlin (1513) ein, welcher sich an
den Papst wandte und Fürsprecher und Beschützer fand. Die Macht *)
*) Die Narrheit, Beherrscherin eines großen Reiches, das alle Stände um-
faßt, hält sich selbst eine Lobrede. Kein Alter, kein Stand wird dabei
geschont. Mit besonderer Vorliebe verweilt sie bei den Geistlichen, welche
sie hart mitnimmt, macht sich lustig über die spitzfindige Auslegung der
Schrift, über die Mönche, welche es für die größte Frömmigkeit halten,
wenn sie recht unwissend sind, nicht lesen und schreiben können, über
Bischöfe, Cardinäle und Päpste, welche die hohen Pflichten ihres Amtes
vergessen und Alles, was nur einigermaßen mühsam ist, dem Petrus
und Paulus überlassen.
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Extrahierte Personennamen: Ulrich_von_Hutten Ulrich Johann Johann Johannes Reuchlin Reuchlin Eberhard_von_Würtemberg Maximilian Maximilian Pfefferkorn Jakob_von
Hogstraten Reuchlin Pfefferkorn Paulus
28
Erste Periode der neueren Geschichte.
befestigt sein
Refvrma-
tionswerk
und besiegelt
es mit seinem
Blute 1531.
Johann
Calvin
undoekolam-
padius setzen
Zwingli's
Werk fort.
Calvin eifert
für Sitten-
reinheit
Zwingli wich in einigen Stücken, namentlich in der Lehre vom
Abendmahl, von Luther ab. Vergeblich suchte der hochherzige Landgraf
Philipp von Hessen durch das Gespräch zu Marburg (1527) die beiden
Reformatoren zu einigen; es bildete sich eine neue Gemeinde neben
der lutherischen, die reformirte (S. 31).
Vier Jahre später, als die Katholiken in der Schweiz die Evan-
gelischen niit Gewalt der Waffen unterdrücken wollten, siel Ulrich
Zwingli in der Schlacht bei Kappel, wohin er die Züricher auf Befehl
des Rathes als Feldprediger begleitet hatte (1531). Bald nach
Zwingli's Tode trat in Genf Calvin als Reformator auf. Jean
Chauvin, geboren zu Nohon in der Picardie, ward frühzeitig mit der
Bibel und den Lehren der Reformation bekannt und bekleidete schon
im achtzehnten Jahre eine Pfarrstelle. Da sein Glaube an die Wahr-
heit des katholischen Kirchenshstems zu wanken begann, so wandte er
sich dem Studium des Rechtes zu, bis er für die deutsche Reformation
so begeistert wurde, daß er als Verbreiter derselben aufzutreten beschloß.
Da er sich in Frankreich nicht sicher wußte, begab er sich nach Basel,
wo Zwingli's Freund Oekolampadius die katholische Lehre fast ganz
verdrängt hatte. Bon hier reiste er nach Italien 1536, mußte aber
vor der Inquisition nach Genf fliehen, wo die neue Lehre durch obrig-
keitlichen Befehl schon eingeführt war. Calvin ließ sich bewegen zu
predigen und erntete großen Beifall. Er schrieb einen kleineren und
größeren Katechisnius und besuchte die benachbarten reformirten Ge-
meinden, um sie in ihrer Einrichtung zu unterstützen oder Streitigkeiten
zu schlichten. Aufsehen erregte seine Lehre von dem unbedingten Rath-
schlusse Gottes oder der sogenannten ewigen Gnadenwahl (Prädestination
d. h. Vorherbestimmung), wonach Gott nach Willkür einen Theil der
Menschen schon von Anbeginn zur Verdammniß, einen andern Theil
Zur Seligkeit bestimmt hat, eine Lehre, die sich mit Gottes Liebe und
Gerechtigkeit, wie mit der Freiheit des Menschen und dem Sittengesetz
nicht vereinigen läßt. Calvin und seine Freunde machten sich durch ihre
strenge Sittenzucht unter den lebenslustigen Gensern so viel Feinde,
daß ein Volksbeschluß ihre Entfernung aus der Stadt forderte (1538).
Deßhalb siedelte Calvin nach Straßburg über, wo er sich durch seine
allseitige Thätigkeit große Achtung erwarb. Später erhielt seine Partei
in Genf wieder die Oberhand und bat dringend, er möge zurückkehren,
allein die Straßburger ließen ihn nicht ziehen. Erst 1541 kehrte er
auf einmüthiges Bitten des Rathes und der Bürgerschaft nach Genf
zurück und behielt seitdem den größten Einfluß auf Genfs Kirche und
Regierung. Zunächst richtete er in der Kirche die Presbhterialverfassung
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
TM Hauptwörter (100): [T58: [Kloster Jahr Mönch Kirche Schweiz Bischof Abt Zürich Bonifatius Bern], T90: [Luther Kirche Lehre Schrift Wittenberg Papst Kaiser Reformation Jahr Konzil], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz]]
TM Hauptwörter (200): [T58: [Kirche Lehre Luther Schrift Bibel Gott Christus Bischof Papst Wort], T68: [Schweiz Zürich Kanton Bern See Stadt Genf Basel Schweizer Schwyz], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T40: [Protestant Kaiser Kirche Katholik Reichstag Jahr Lehre Reformation Augsburger Land], T180: [Erde Punkt Sonne Kreis Linie Ort Horizont Richtung Aequator Zone]]
Extrahierte Personennamen: Johann
Calvin Johann Calvin Zwingli Luther Philipp_von_Hessen Philipp Ulrich
Zwingli Kappel Jean
Chauvin Oekolampadius Calvin Calvin Calvin
194
Zweite Periode der neueren Geschichte.
Friedrich Schiller war ein Zögling derselben, entfloh aber, da er die
Tyrannei verabscheute und des Herzogs Rache fürchtete,
wg- Ho^v!Z Diese maßlose Verschwendung der kleineren Hofe in Deutsch-
Weimar. land theilten nur wenige nicht. Maximilian Joseph von Baiern,
der Markgraf Karl Friedrich von Baden und Karl August von Weimar
benutzten ihre Macht und ihr Ansehen zum Wohl und zur Bildung
ihrer Unterthanen. Insbesondere bildeten die Herzogin Amalie und ihr
kunstsinniger Sohn Karl August zu Weimar einen Hof, welcher ein
Sammelplatz der edelsten Geister ward. Hier erfreuten sich Wieland,
Herder, Goethe, Schiller und andere geniale Männer des freigebigsten
Schutzes und einer Auszeichnung, wie sie ihrer würdig war.
Nachtheiligcr Frankreichs Einfluß hatte sich auch in anderer Weise höchst nach-
gezeigt. Nach dem Tode Ludwigs Xiv., unter dem die fran-
Schriftsteller. zösische Literatur die höchste Stufe erreicht hatte (S. 148), traten ver-
schiedene Schriftsteller auf, welche mit den Waffen des Witzes und
Spottes alles Sittliche und Religiöse untergruben. Von Paris ging
diese Empfehlung des Unglaubens aus; er ward in der von Diderot
und d'alembert begründeten Encyklopädie weithin verbreitet. Arouet
von Voltaire und Jean Jacques Rousseau strebten eine gänzliche Um-
gestaltung der religiösen und politischen Verhältnisse an und arbeiteten
durch ihre Schriften der französischen Revolution vor. Der ernste
Montesquieu erklärte in seinem Werke „Geist der Gesetze" die Republik
unter der Voraussetzung vollkommener Bllrgertugend für die von allen
Völkern zu erstrebende Staatsform. Wenn man auch zugeben muß,
daß diese französische Aufklärung insbesondere die Aufhebung des Jesuiten-
ordens (1773) zur Folge hatte, so kann doch nicht geläugnet werden,
wie verderblich diese kecken Ideen auf alle Verhältnisse wirkten. In
Diepietiste». Deutschland hatten grade vorher zwei Männer versucht, das erstorbene
Leben der Kirche neu anzufachen; es sind dies die sogenannten Pietisten
Ph. Jakob Spener (f 1705) und Aug. Hermann Franke (4 1727),
welcher letztere mit vier Gulden die segensreichen Stiftungen des Halle'schen
Waisenhauses begründete. Ihnen schloß sich der berühmte Rechtsgelehrte
Christian Thomasius an, der die deutsche Sprache aus der Universität
zu Ehre und Geltung brachte und die öffentliche Meinung gegen die
Unsitte der Folter und Hexenprocesse für sich gewann. Ein Schüler
Franke's war der Graf Nikolaus Ludwig von Zinzendorf, welcher die
Die Brüder- Ueberreste der böhmischen und mährischen Brüder auf seinem Gute
^Lettnhut^ Berthelsdorf in der Lausitz sammelte und aus ihnen die erneuerte
Brüdergemeinde zu Herrnhut bildete (1722). Viele Auswanderungen
von Böhmen und Mähren erfolgten, so daß die kaiserliche Regierung
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Schiller Friedrich Maximilian_Joseph_von_Baiern Maximilian Karl_Friedrich_von_Baden Karl Friedrich Karl_August_von_Weimar Karl August Amalie Karl_August Karl August Wieland Goethe Schiller Frankreichs_Einfluß Ludwigs_Xiv. Ludwigs_Xiv. Diderot Jean_Jacques_Rousseau Jakob_Spener Hermann_Franke Christian_Thomasius Nikolaus_Ludwig_von_Zinzendorf Nikolaus Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Deutsch-
Weimar Weimar Paris Deutschland Herrnhut
144
Dritte Periode des Mittelalters.
§ 28. Das Mönchthum und die römische Kirche.
Unter Unter den Päpsten, welche die Hierarchie znm höchsten Gipfel der
^"98-1216'Macht und des Glanzes emporhoben, nimmt Innocenz Ih. aus dem
-stbie _ Hause der Grafen von Segni eine der ersten Stellen ein. Er war
*2 atien üblichen Wissenschaften wohl unterrichtet, sprach lateinisch und
der Macht italienisch vorzüglich und hatte die Hochschulen von Rom, Paris und
Bologna mit großem Erfolge besucht. Er war in seinem 37. Jahre
zum Papste erwählt worden, zeichnete sich durch Güte, Einfachheit und
Sparsamkeit aus, nicht minder durch Frömmigkeit, sittlichen Ernst und
Begeisterung für die Macht der Kirche. Als das sichtbare Oberhaupt
der Kirche griff er in alle Staaten Europas ordnend und richtend ein.
Er war arm und lebte einfach, sammelte aber ungeheure Schätze, um
die geistliche Weltherrschaft verwirklichen zu können. Sein ganzes
Leben war, wie das Gregors V!!., einem Zwecke gewidmet, die Macht
der Kirche und des Papstthums zu alleiniger Geltung zu bringen.
Darum trachtete auch Innocenz Iii. dahin, den päpstlichen Stuhl durch
Befestigung des Kirchenstaats und durch die Befreiung Italiens von
fremder Herrschaft vom Kaiser und Reich unabhängig zu machen. Zu
gleicher Zeit suchte er die Kirche im Morgenlande zu retten, die Ketzer
auszurotten, und das Gebäude der römischen Kirche zu ordnen und zu
befestigen. Vieles ist ihm unter den schwierigsten Verhältnissen ge-
lungen, und mancher Fürst beugte sich vor seinem Machtspruche. So
mußte der spanische König Alphons Ix. seine gesetzeswidrige Ehe mit
seiner Nichte auflösen; Philipp August von Frankreich seine verstoßene
Gemahlin Jngeborg wieder annehmen, Peter von Arragonien und
Johann von England ihre Reiche für zinsbare Lehen des römischen
Stuhles erklären. Kurz vor seinem Tode versammelte er noch einmal
die Repräsentanten der ganzen Christenheit uni sich. Es erschienen die
Gesandten fast aller christlichen Könige, 800 Aebte, 412 Bischöfe, die
Patriarchen von Jerusalem und Constantinopel und die Abgeordneten
der Patriarchen von Antiochien und Alexandrien. Alle seine Vorschläge
über Glauben, Kirchenrecht und Kirchenzucht wurden genehmigt, ein
allgemeiner Kreuzzug gegen die Ungläubigen im heiligen Lande und
furchtbare Maßregeln gegen die Ketzerei beschlossen. Im folgenden
Jahre (1216) überraschte den gewaltigen Mann der Tov auf einer
Reise in der Stadt Perrugia.
Innocenz hat seine Größe durch sein uuchristliches und unmensch-
liches Verfahren gegen die Ketzer arg befleckt, ohne zu bedenken, daß
die Ketzerei nur durch das steigende Verderben in der Kirche selbst
allmählich hervorgerufen worden war.
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Extrahierte Personennamen: Innocenz_Ih Innocenz Ernst Gregors Innocenz_Iii Innocenz Alphons_Ix Philipp_August_von_Frankreich Philipp August Jngeborg Peter_von_Arragonien Johann_von_England Johann Innocenz Innocenz
Extrahierte Ortsnamen: Rom Paris Bologna Europas Italiens Jerusalem Constantinopel Perrugia