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Ringbahn umgibt sie, und Eisenbahnen ermöglichen nach allen Richtungen hin eine rasche
Verbindung mit den andern großen Städten des Reiches. Sie ist der Sitz einer Universität,
einer lebhaften Industrie und ein bedeutender Handelsplatz. Da aber die Stadt für die
großen Schiffe der Gegenwart nicht zugänglich ist, hat man näher dem Eingange der Bucht
die ganz neuzeitlich eingerichtete Hafenstadt Aokomma angelegt. 1860 noch ein Fischer-
dorf, zählt sie jetzt schon 325000 E. Kiöto (380000 E.), fw. von Tokio, bis 1868 Haupt-
stadt, ist ein bedeutender Jndustrieplatz, berühmt besonders durch ihre Seidenstoffe und Töpfer-
und Porzellanwaren. An der Küste Osaka (üsaka, 1,2 Mill. E.), von Kanälen durchschnitten,
ein bedeutender Hasenplatz und jetzt erste Industriestadt des Reiches, und die Hafenstadt Kobe
(285000 E.). An einer andern Bucht, weiter ö., Nagoja (290000 E.). d) Aufkiuschiu:
Nagasaki (135 000 E.) an einer schönen, geschützten Bucht (Abb. 36). Es hat große
Abb. 36. Nagasaki.
(Aus einem Führer des Norddeutschen Lloyd.)
Werften und vermittelt insbesondere den Handel mit China, c) Auf Jesso die Handels-
stadt Hakod-tte (100000 E.).
Der Staat. Japan war bis 1889 eine unumschränkte Monarchie, besitzt
aber seitdem eine der preußischen nachgebildete Verfassung mit einem Herren-
und einem Abgeordnetenhause. Ter Kaiser, dessen Würde erblich ist, führt neben
anderen die Titel Mikado (erhabenes Tor), Tenno (Himmelskönig) und Tenschi
(Himmelssohn).
Das Heerwesen ist durch deutsche Offiziere nach deutschem Muster eingerichtet worden
und hat in den siegreichen Kriegen mit China und Rußland den Lehrmeistern wie den
Schülern Ehre gemacht. Die Friedensstärke des Heeres beläuft sich auf 250000, die
Kriegsstärke mit Einschluß aller Reserven und der Landwehr auf etwa 1*/, Mill. Mann.
Die Kriegsflotte bestand 1912 aus 117 Fahrzeugen, darunter 15 Schlachtschiffen und
14 Panzerkreuzern erster Klasse, mit einem Gesamtgehalt von 560000 t.
TM Hauptwörter (50): [T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe]]
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Extrahierte Personennamen: Jesso
Extrahierte Ortsnamen: Aokomma Tokio Osaka Nagoja China Japan China
— 367 —
schlankem, aber kräftigem Wuchs und außerordentlich kriegerisch. Als Waffe führen sie
große lederne Schilde, 2 m lange Speere und Schwerter. Sie sind ein reines Hirtenvolk,
ohne feste Wohnsitze und leben von Milch und dem Fleisch und dem Blut der Tiere. Wo
eine Horde für einige Augenblicke Halt macht, schlägt man leichtgebaute Hütten auf, die
kreisförmig angeordnet werden, damit man einen Raum für das Vieh gewinnt. Ein Dorn-
verhau, der das Ganze umgibt, gewährt Schutz gegen wilde Tiere und feindliche Überfälle.
Die Maffai sind von N. her erobernd vorgedrungen und waren wegen ihrer Raubzüge
lange Zeit der Schrecken der Bantuvölker und der Handelskarawanen. Verschiedentlich haben
deutsche Schutztruppen siegreich gegen sie gefochten, ohne doch ihrer völlig Herr zu werden.
Was sie nicht vermocht, das hat die Rinderpest zuwege gebracht, die 1891 verheerend ganz
Ostafrika heimsuchte. Sie vernichtete ihre Herden, die einzige Quelle ihres Unterhaltes,
und damit war ihre Macht gebrochen. Zwei Drittel des Volkes sind zugrunde gegangen.
Die übrigen haben sich zwar nach dem Erlöschen der Pest wieder erholt, aber sie bilden
jetzt keine Gefahr mehr für die übrigen Stämme. — Wie im N. die Massai, so sind im
S. unsers Schutzgebietes Zulustämme, wie die Wahehe und die Mafiti, die allerdings
auch zu den Bantunegern gehören, gefährliche Eindringlinge gewesen.
Wirtschaftliches. Deutsch-Ostafrika ist wohl das für die Zukunft Wirtschaft-
lich wertvollste unsrer Schutzgebiete. Es liefert als Erzeugnisse der Sammel-
Wirtschaft insbesondere Kautschuk, Elfenbein, Kopalharz und Wachs.
Im Gegensatze zu Kamerun hat auch die Wirtschaft der Eingebornen einen
erheblichen Anteil an der Erzeugung von Gütern, und wenn erst das Land
noch mehr durch Bahnen erschlossen ist, wird dieser Beitrag noch bedeutend zu-
nehmen. Für die Ausfuhr kommen namentlich in Betracht Kopra, Erdnüsse
und Sesam, sowie Häute und Hörner. Zu großen Hoffnungen berechtigen
die von Europäern angelegten Pflanzungeu, die ständig an Umfang zunehmen
und als Haupterzeugnisse bis jetzt Sisalhanf, Kautschuk, Baumwolle und
Kaffee liefern.
Wie in Kamerun, so nimmt auch hier die Ausfuhr an Elfenbein ständig ab.
Die Vorräte, die viele Häuptlinge in früheren Zeiten aufgehäuft hatten, gehen allmählich
zu Ende, und die Zahl der Elefanten ist infolge der eifrigen Verfolgung immer geringer
geworden. Durch strenge Jagdgesetze sucht die Regierung der Ausrottung des wertvollen
Tieres vorzubeugen.
An Kautschuk liefernden Pflanzen ist Ostafrika ärmer als Kamerun, und bei dem
Raubbau, der auch hier getrieben wird, werden die Wälder in absehbarer Zeit erschöpft
sein. Einen Ersatz dafür bieten die von Europäern angelegten Pflanzungen. Kopal ist
ein dem Bernstein ähnliches Harz, das zur Herstellung von feinen Lacken und Firnissen
verwendet wird. Man findet es verhärtet in größeren und kleineren Stücken in dem Erd-
boden eingebettet; geringere und weniger wertvolle Mengen gewinnt man auch von jetzt
noch lebenden Bäumen. Das Wachs stammt größtenteils von wilden Bienen, z. T.
auch von verwandten Infekten, und wurde früher von den Negern, die den Honig ein-
sammelten, weggeworfen, bis sie von Händlern auf seinen Wert aufmerksam gemacht
wurden. Leider hat die steigende Nachfrage die Neger auch hier zum Raubbau veranlaßt,
durch den die nützlichen Tiere meist zu gründe gerichtet werden.
Unter den Ausfuhrerzeugnissen der Eingebornenwirtschast steht bis jetzt Kopra an
erster Stelle (1910: 1,9 Mill. Mk.). Schon vor einigen Jahren gab es im Küstengebiete
über 1 Million Kokospalmen; seitdem hat ihre Zahl noch erheblich zugenommen, und neben
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— 333 —
(1,50-1,60 m), haben ein breites, plattes Gesicht mit vorstehenden Backenknochen, eine
braungelbe Hautfarbe und schwarzes, straffes Haar. Sie bewohnen nicht nur Grönland,
sondern auch die Randgebiete Nordamerikas, und ihre Gesamtzahl schätzt man auf 40000
Köpfe. Die Eskimo haben es in bewundernswerter Weise verstanden, sich in ihrer Lebens-
weise den unwirtlichen Gegenden, die sie bewohnen, anzupassen und die spärlichen Gaben
der nordischen Natur auszunutzen. Da es eßbare Pflanzen nur in geringer Zahl gibt, sind sie
hauptsächlich auf tierische Nahrung angewiesen. Sie machen Jagd auf Seehunde, Walrosse,
Fische, Seevögel und Renntiere und benutzen dabei Harpunen, Bogen, Schlingen und
Fallgruben. In einem langen, ganz mit Fellen überzogenen Einmannsboote, dem Kajak,
der nur in der Mitte eine Lffnung für den Körper des Ruderers hat, wagen sie sich
sogar weit auf das stürmische Meer hinaus. Das wichtigste Jagdtier ist der Seehund,
der ihnen fast alle Lebensbedürfnisse liefert: Fleisch als Nahrungsmittel, Speck zur
Heizung und Beleuchtung der Wohnung, Felle zur Bekleidung, Sehnen, die als Zwirn
benutzt werden, Därme, die man zu Segeln und Fensterscheiben zusammennäht, und
Knochen, aus denen man allerlei Geräte fertigt. Die Kleidung, die sich bei Männern und
Frauen nur wenig unterscheidet, besteht hauptsächlich aus Fellen, in den von europäischer
Kultur beeinflußten Gegenden auch aus dicken Wollstoffen. Als Wohnungen dienen im
Sommer Zelte mit Fellüberkleidung; die Winterhäuser liegen z. T. in der Erde, sind aus
Steinen und Rasen erbaut und haben zum Schutz gegen die Kälte häufig einen gang-
artigen Vorraum. „Doch gibt es in Westgrönland jetzt auch bessere Häuser, deren Wände,
Decken und Fußböden von Dielen sind, und in denen sich Tische, Stühle, Spiegel, Bilder,
Uhren und Lampen befinden." Als einzige Haustiere hält man Hunde, die zum Ziehen
der Schlitten verwendet werden.
Schon im Mittelalter hatten sich Normannen an der Küste Grönlands niedergelassen
und Ansiedlnngen gegründet, die aber später wieder eingingen. Da war es im 18. Jahr-
hundert ein norwegischer Pfarrer auf den Lofoten, Hans Egsde, in dem der Gedanke
erwachte, über die Schicksale seiner vor Jahrhunderten in Grönland verschollenen Lands-
leute Erkundigungen einzuziehen und den Eingeborenen das Evangelium zu bringen. Er
sand die nötige Unterstützung, segelte 1721 nach Grönland, gründete eine Niederlassung und
hat bis 1736 unter großen Entbehrungen selbstlos unter den Eskimo als Missionar und
Kulturförderer gewirkt. Andre, später auch Herrnhuter Missionare, haben sein Werk fort-
gesetzt. Das bewohnte Grönland gehört heute zu Dänemark. Um die Bewohner vor
Ausbeutung zu schützen, hat sich die Regierung das alleinige Handelsrecht gewahrt. Kein
fremdes Kaufmannsschiff darf an der Küste landen. Der Handel ist des Eises wegen auf
den Sommer beschränkt. Das Land liefert Robbenspeck, Fischleber, Felle von Seehunden,
Blaufüchsen und Bären, Eiderdaunen, Tran, Walfisch- und Walroßzähne, Stockfische und
auch einige Erze, Blei, Zink, Zinn, Eisen sowie Kryolith, das bei der Herstellung des
Glases verwendet wird. — Die Hauptanfiedlung ist Jnlianehaab (3000 E.).
2. Die Nordische Inselwelt Amerikas (S. 245).
3. Spitzbergen (65000 qkm) liegt n. von Europa zwischen dem 76. und 80. Breiten-
kreise. Es besteht aus vier größeren und vielen kleinen gebirgigen Inseln, die von zahl-
reichen Fjorden zerrissen sind. Das Innere der Hauptinsel ist mit Eis bedeckt, von dem
sich Gletscher in die Fjorde hinabziehen. Die Westseite wird von einem Arm des Golf-
stroms berührt. Daher ist das Küstengebiet hier eisfrei. Die Inseln sind unbewohnt,
werden aber im Sommer von Walfisch-, Walroß- und Robbenjägern ausgesucht. Neuerdings
sind sie auch zu einem beliebten Reiseziel für Nordlandsreisende geworden. — 200 km s. von
Spitzbergen liegt vereinsamt die Bäreninsel (68qkm),noch weiter sw., zwischen Skandinavien
und Grönland, Jan Mayen (370 qkm), das einen 2550 m hohen erloschenen Vulkan trägt.
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Extrahierte Personennamen: Hans_Egsde Jan_Mayen
Extrahierte Ortsnamen: Nordamerikas Westgrönland Grönland Spitzbergen Europa Spitzbergen Skandinavien
— 356 —
wiegend die Nama oder Hottentotten. In der Kalahari Hausen die ihnen der-
wandten Buschmänner. Beide gehören der südafrikanischen Rasse an. Den
übrigen Teil des Landes haben Bantuneger in Besitz, und zwar wohnen im
mittleren Teile die Damara oder Hsrero, im N. die Ovambo. Dazu
kommen dann noch in den wenig zugänglichen Gebirgsgegenden die Berg-
damara, über deren Volkszugehörigkeit man noch im Zweifel ist, und im S.,
um Rehoboth, die Bastards, ein Mischvolk aus Hottentotten und Buren. Die
Zahl der Weißen betrug 1911 13962, mehr als in allen unsern andern
Kolonien zusammengenommen. 11140 davon waren Deutsche.
Die Hottentotten und Buschmänner sind S. 63 ausführlich behandelt worden.
Die in unserm Schutzgebiet wohnenden Nama (etwa 14000 Köpfe) sind eifrige Viehzüchter
und waren früher ein wohlhabendes und auch politisch kräftiges Volk. In der ersten
Hälfte des vorigen Jahrhunderts unterwarfen sie unter ihrem Häuptling Jonker Afrikaner
die Hereros und dehnten ihre Herrschaft auch über das Ovamboland aus. Nach seinem
Tode aber (1860) machten sich die Herero wieder frei, und in jahrzehntelangen Kämpfen
mit diesen sowie auch in den Ausständen gegen die deutsche Herrschaft haben sie ihre Macht
gänzlich eingebüßt, und ihre Zahl ist sehr zusammengeschmolzen. Sie sind jetzt gänzlich
verarmt und müssen sich ihren Unterhalt zum großen Teil durch Arbeit bei den Weißen
verdienen. Ihre geringe Arbeitslust macht sie aber zu einem wenig wertvollen Völker-
bestandteil unsrer Kolonie. Da die Mission schon lange unter ihnen gearbeitet hat, sind
die meisten Christen. Sie können lesen und schreiben und kleiden sich europäisch. Ihre
alte Wohnweise in bienenkorbartigen Hütten oder Pontocks haben sie aber beibehalten (S. 65).
Die erst im 18. Jahrhundert von N. her eingewanderten Damara oder H6rero
(18000) sind ein körperlich kräftiges, kriegerisches und zur Arbeit anstelliges Volk. Vor
dem großen Ausstande (S. 360), der auch ihre Macht gebrochen hat, besaßen sie große
Viehherden. „Die Herero gelten aber als lügenhaft, hochmütig, betrügerisch und unreinlich.
Unvorteilhafte Charaktereigenschaften sind ferner ihre Tücke und Hinterlist, ihre zügellose
Roheit und kaltherzige Grausamkeit, die bei aller Gerechtigkeit eine eisern strenge Bevor-
mundung des unzuverlässigen und gefährlichen Volkes nmfomehr nahe legen, als es den
Weißen stets frech und unverschämt entgegengetreten ist. Anderseits sind die Herero
brauchbar für schwere Arbeiten beim Berg- und Bahnbau, und vor allem schätzt man sie
als tüchtige Viehzüchter, deren ganzes Leben in der Sorge um ihre Herden aufgeht. Alle
sind eifrigst auf die Vermehrung ihres Viehstandes bedacht, der ihren Reichtum bedingt und
mit dem ein schwunghafter Handel betrieben wird" (Hafsert).
Im Gegensatze zu den umherziehenden viehzüchtenden Hereros sind die ihnen nahver-
wandten Ovambo (60000) seßhafte Ackerbauer, die den Boden gut bearbeiten und für
ihr Vieh schützende Ställe besitzen. Auch in der Bearbeitung des Eisens und in Flecht-
arbeiten sind sie sehr geschickt. Ebenso haben sie sich als Arbeiter im Dienste der Weißen
bei Bahnbauten und in Bergwerken als fleißig und anstellig bewährt. Von europäischen!
Einfluß sind sie noch wenig berührt worden, was sich u. a. auch darin zeigt, daß sie säst
unbekleidet gehen. Ihr Land ist bis jetzt noch nicht in regelrechte Verwaltung genommen
worden, wird aber in Zukunft wohl die Kornkammer des Schutzgebietes werden.
Die Bergdamara, so genannt im Gegensatz zu den viehzüchtenden Damara, gleichen
in ihrem Äußern den Bantnnegern, reden aber die Sprache der Hottentotten. Wahr-
scheinlich sind sie als einer der ersten Bantustämme in das Gebiet der Hottentotten ein-
gebrochen, dann aber von diesen überwältigt worden. Von den andern Völkerschaften immer
TM Hauptwörter (50): [T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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— 403 —
Kulturstufen. Große Unterschiede bestehen zwischen den Menschen auch
bezüglich ihrer Kultur. Zur Kultur rechnet man alles, was das Leben des
Menschen über das des Tieres erhebt. Dazu gehören die Art des Nahrnngs-
erwerbs, die Wohnweise, die Beschaffung von Gebrauchsgegenständen (Hausrat,
Kleidung, Schmuck), Handel und Verkehr und das geistige und gesellschaftliche
Leben, (Wissenschaft, Kunst, Sittlichkeit, Religion, Leben in Familie, Gemeinde,
Staat). Kennzeichnend für den Kulturzustand eines Volkes ist insbesondere das
Wirtschaftsleben, einmal, weil sich in ihm offenbart, bis zu welchem Grade
sich ein Volk die Gaben und Kräfte der Natur dienstbar gemacht hat, und zum
andern, weil erst ein höher entwickeltes Wirtschaftsleben mit seiner reichen
Gütererzeuguug dem Menschen die nötige Muße zu geistiger Beschäftigung
gewährt. Ohne jede Kultur ist kein Volk. Selbst die rohesten Stämme haben
Werkzeuge, künstliche Wohnungen, Schmuck; sie verstehen Feuer zu machen und
besitzen auch Anfänge geistigen Lebens, die über die reinen Naturtriebe hinaus-
reichen. Aber bei vielen ist doch ihr Dasein gänzlich abhängig von der natür-
lichen Beschaffenheit der von ihnen bewohnten Länder, so daß man sie mit
Recht als Naturvölker bezeichnen kann. Die höher stehenden Völker scheidet
man, je nach dem Grade der erlangten Kultur, in Halbkulturvölker und
eigentliche Kulturvölker.
1. Naturvölker. Ihr Streben geht fast ganz in der Befriedigung ihrer leiblichen
Bedürfnisse auf. Am tiefsten stehen die Sammelvölker, die, unstät umherziehend, von
dem leben, was ihnen die Natur von selbst darbietet, daneben auch wohl etwas Jagd und
Fischfang treiben (Buschmänner Iv, S. 64, Australier S. 212, Botokuden S. 315).
Weiter fortgeschritten sind die Jäger- und Fischervölker (Indianer Nordamerikas S. 266,
Eskimo S. 332).
2. Halbkulturvölker. Sie unterscheiden sich von den Naturvölkern dadurch, daß
sie bleibendes Eigentum besitzen, das nicht dem augenblicklichen Bedürfnis, sondern
der Erzeugung neuer Güter dient. Zu ihnen gehören die Nomaden, wandernde Hirten-
Völker, deren Besitz in ihren Herden besteht. Sie bewohnen hauptsächlich die Steppen- und
Wüstengebiete Asiens und Afrikas (Araber S. 5, 114, Tibetaner S. 181, Mongolen S. 154,
Kirgisen S. 190, Hottentotten S. 65). Eine höhere Stufe nehmen im allgemeinen die
Ackerbau treibenden Völker ein. Der Ackerbau macht den Menschen seßhaft; er
nötigt zur Erfindung von allerlei Ackergeräten; das bewegliche Zelt macht der dauerhaften
und besser eingerichteten Hütte Platz, und das dichtere Beisammenwohnen führt zu den
ersten staatlichen Einrichtungen. Pflug und Wagen sind den Halbkulturvölkern meist noch
unbekannt. Der Ackerbau wird als Hackbau betrieben, und die Ernteerzeugnisse, vor-
wiegend Wurzelknollen und Baumfrüchte, doch auch Getreide, werden nach Hause getragen.
Manche Nomadenvölker, wie z. B. die Araber, besitzen übrigens eine höhere Kultur als
die Hackbau treibenden Völker. (Sudauneger S. 45, Malaien S. 146, Polynesier S. 239).
3. Kulturvölker. Auch bei ihnen bildet die Landwirtschaft die Grundlage der
Kultur. Aber der Ackerbau wird in besserer Weise, mit Zuhilfenahme von Pflug, Wagen,
Zugtieren und Maschinen, mit Düngung und z. T. künstlicher Bewässerung betrieben. Die
gesteigerten Lebensbedürfnisse führen zu mannigfacher Teilung der Arbeit. Es bilden sich
die Berufszweige der Handwerker, der Kaufleute, der Gelehrten. Bergbau, Industrie und
26*
TM Hauptwörter (50): [T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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30
Zeitalter Ludwigs Xiv. — § 12. Der Nordische Krieg.
Siebzehnjährig stürzt er 1689 die Regentin (die in ein Kloster verwiesen wird) und übernimmt selbst die Regierung. Schon 1696 im (venetianisch-österreichisch-polnischen) Türkenkrieg Eroberung von Asow, das ihm 1699 durch den Frieden von Karlowitz (§ 9, Iv.) nebst freiem Handel auf dem Schwarzen Meere zugestanden wird. Anlage von Ta-ganrog.
[Seine Reisen ins Ausland zur Selbstbelehrung 1697 f und 1716 f. In Berlin auf seiner ersten Reise am Hofe Sophie Charlottens, in Holland zu Sa r dam auf einer Schiffswerft arbeitend (Zar und Zimmermann von Lortzing), in England im Verkehr mit Seeleuten, lernt er die Einrichtungen der vorgeschritteneren europäischen Länder kennen und sucht diese auf alle Weise, auch durch Heranziehung von Ausländern, nach Russland zu verpflanzen.]
Eifrige Thätigkeit für Heer und Flotte. Beginn von Reformen auf allen Gebieten (Bau von Strassen und Kanälen, Verbesserung der Rechtspflege und der Verwaltung, Stiftung von Schulen; Abschaffung der Nationaltracht unter Beseitigung der langen Bärte!). Sein Günstling Mentzschikoff (aus niederem Stande — Pastetenbäcker, dann Kammerdiener — von Peter zum Minister erhoben). Widerstand der Altrussen gegen die neuen Einrichtungen.
[Während Peters erster Reise erregt seine Halbschwester Sophie einen Aufstand der Strelitzen, der von ihm nach seiner Rückkehr mit grausamer Strenge unterdrückt wird. Sophie wird in enger Klosterzelle eingeschlossen. Während Peters zweiter Reise Aufstand seines Sohnes Alexei. Nach Misslingen desselben flüchtet Al ex ei, wird aber ergriffen und endet im Kerker.]
Die Absicht, Russland bis an die Ostsee auszudehnen, bewegt Peter zur Teilnahme am Kriege gegen Schweden.
Peter ,,der Grosse“, der Schöpfer russischer Grossmacht. Unbeschränkter Selbstherrscher; auch die Kirche \ on ihm abhängig (der „heilige Synod“ die geistliche Behörde des Zaren; Lösung von Byzanz, Cäsaropapismus). Er stirbt 1725. (Die überstürzte Aufzwingung fremder Kultur bei innerer Unreife für das russische Volk verhängnisvoll!)
Ii. Der Krieg. A. Ausbruch. Die Unterschätzung der Fähigkeiten Karls Xii. erweckt bei seinen Nachbarn den Gedanken, die Macht Schwedens zu zertrümmern, um mit dessen Splittern die eigene Macht zu vergrößern. 1699 Bund Christians V. (später Friedrichs Iv.) von Dänemark, Augusts des Starken von Sachsen-Polen und Peters des Grossen von Russland (Vermittelung Patkuls. S. o. I, C.) teils zur Wiedergewinnung des an Schweden Verlorenen, teils
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Extrahierte Personennamen: Ludwigs Iv. Sophie_Charlottens Zimmermann_von_Lortzing Günstling_Mentzschikoff Peter Peters Sophie Peters Alexei Peter Peter_,,der_Grosse“ Karls Christians_V. Friedrichs_Iv.)_von_Dänemark Friedrichs_Iv. Augusts Peters C.
Extrahierte Ortsnamen: Karlowitz Berlin Holland England Russland Russland Schweden Byzanz Karls Russland Schweden
206 Neues Deutsches Reich. — § 65 Das Deutsche Reich im Frieden.
jährigen Bewilligungsperiode) gegen die Schwankung der Mehrheiten im Abgeordnetenhause gesichert. Eine weitere Erhöhung erfolgt 1881, ferner 1888, wo Bismarck gegenüber russischen Bedrohungen den bisher unbekannten Wortlaut der Verträge mit den beiden anderen Staaten des Dreibundes veröffentlicht.* Das Landwehr- und Landsturmgesetz ging durch, so dass Deutschland schon damals eine Million Krieger gegen Frankreich und eine Million gegen Russland aufzubringen vermochte. Die ausserordentliche Vermehrung der Heeresmassen in den beiden feindlichen Staaten hat auch neuerdings noch eine ausserordentliche Heranziehung und Ausbildung wehrpflichtiger Mannschaften unter Einführung der zweijährigen Dienstzeit für die Infanterie notwendig gemacht.
Iii. Einkünfte. Anfangs nur wenig eigene Einnahmen des Reichs aus Zöllen, Überschüssen der Post- und Telegraphenverwaltung u. a. Deckung des Fehlenden durch „Matri-kularbeiträge“ der einzelnen Staaten. Bei der hierdurch bewirkten starken Belastung dieser Einführung neuer Zölle und damit Veränderung der Wirtschaftspolitik. Einschränkung des Freihandels und Anbahnung eines gemässigten Schutzzollsystems. Schutzzölle (Getreide, Eisen u. a.) kommen der heimischen Produktion, Finanzzölle dem Geldbedürfnis des Reiches zu gute. 1887 Einführung der Branntweinsteuer. — Hamburg und Bremen werden in den Zollverein einbezogen.
Die Einführung noch anderer neuer Reichssteuern eine
Frage der neuesten Zeit.
Iv j Ausgleich im Inneren. a) In Eisass-L~öttiti n gen viele Franzosenfreunde! Veranstaltung einer ,,Option“ (Wahl des Vaterlandes), infolge deren 50000 von diesen den Heimatsboden verlassen. Zur Pflege deutschen Geistes wird die Universität Strassburg zu einer deutschen Hochschule ausgestaltet, das Schulwesen in deutschem Sinne umgebildet. Das milde Regiment des kaiserlichen Statthalters v. Manteuffel hielt nicht immer die deutschfeindlichen Regungen zurück. Besuche des Reichslandes durch die Kaiser Wilhelm I. und Ii. belebten und stärkten indessen deutsche Gesinnung. Unter dem Regiment des jetzigen Statthalters,
des Fürsten Hohenlohe-Schillingsfürst, ist ein Umschwung unverkennbar. Die alten deutschen Reichslande sind nicht
* Bei dieser Gelegenheit sprach Bismarck das bekannte Wort: „Wir
Deutschen fürchten Gott, sonst nichts auf der Welt“.
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Extrahierte Personennamen: Bismarck Wilhelm_I. Bismarck
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Frankreich Russland Hamburg Bremen
Neues Deutsches Reich. — § 66. Das wirtschaftliche Leben. 211
Volkes * andererseits. Am 15. Juni 1888 machte der Tod seinen Leiden ein Ende.
Den Thron bestieg Kaiser Friedrichs Sohn, der jetzige Kaiser Wilhelm Ii.
§ 66. Das wirtschaftliche Leben.
I. Gewinnung der Rohprodukte, a) Landwirtschaft.
[Rationellere Betreibung seit Thaer in den ersten Jahrzehnten des Jahrhunderts. Seine Musteranstalt in Möglin. Praktische Verwertung der Lehren des berühmten Chemikers Liebig von den Eigenschaften der Nährstoffe seit den vierziger Jahren. Verwendung von Maschinen auch beim Ackerbau. Grossbetrieb durch freie Vereinigungen zu gemeinschaftlicher Anschaffung von Maschinen und Saatkorn ermöglicht. Landwirtschaftliche Akademien verbreiten Kenntnisse, Vereine und Ausstellungen nötigen zu Vergleichen und treiben zum Wetteifer. Die Errichtung von „Landwirtschaftskammern“ wird neuerdings in Aussicht genommen.]
Schwunghafte Betreibung des Zuckerrübenbaues (Magdeburg; doch Schwankungen bei massenhafter Einführung des Rohzuckers). Getreidebau zeitweis wegen der Billigkeit fremden Getreides weniger lohnend; der Schutz der Landwirtschaft durch Schutzzölle eine Frage der neuesten Zeit. Weinbau am Rhein, der Mosel, der Nahe und in dem wiedergewonnenen Eisass - Lothringen erhält nach Gründung des deutschen Reiches ein weiteres Absatzgebiet. Das deutsche Bier wird von allen Nationen begehrt. Auch die Branntweinbrennerei sichert dem Landwirt ausreichenden Ertrag.
b) Viehzucht lohnend. Rinderzucht in Schleswig-Holstein, Oldenburg u. a., Schafzucht weit verbreitet (Möglin), Pferdezucht vom Staate gepflegt (Gestüte zu Trakehnen u. a.). Schutz des Reiches gegen Eindringen von Viehseuchen.
c) Die Fischerei erfreut sich einer wirksamen Pflege durch Fischereigesellschaften.
d) Der Bergbau entwickelt sich zu schwunghaftem Betriebe. Die Kohlenschätze Oberschlesiens, Westfalens, der Rheinlande, des Königreichs Sachsen gelangen mit den englischen auf den Weltmarkt.
Ii. Gewerbe unter dem Schutz des Reiches aufblühend.
[Bedeutung des Zollgesetzes von 1818 (§ 45, Ii, C), des Zollvereins (§ Zo, I), des Dampfes für Entwickelung einer Grossindustrie (§ 50, Ii). Die
* Leute des Volkes erboten sich, den gesunden Kehlkopf sich anschneiden zu lassen, um den kranken des Kaisers zu ersetzen.
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Extrahierte Personennamen: Friedrichs Friedrichs Wilhelm
212 Neues Deutsches Reich. — § 66. Das wirtschaftliche Leben.
Weltausstellungen (Paris, London, Wien, Philadelphia, Sidney, Melbourne) befördern den Wetteifer der Nationen. Daneben kleinere Industrieausstellungen.]
Deutscher Fleiss und deutsche Ausdauer sichern Deutschland eine ehrenvolle Stellung in dem Wettbewerb der Nationen. Das Urteil Reuleaux’ aus den siebziger Jahren, deutsche Ware sei billig aber schlecht, für heute ungiltig und durch Aufschwung der Industrie widerlegt. Die Metallarbeiten von Remscheid und Solingen verdrängen die Ware Sheffields. Die Kruppschen Geschütze werden von allen Reichen bestellt, auf deutschen Eisenschienen laufen die Züge auch in fernen Landen, deutsche Panzerschiffe werden selbst von China bestellt. Ausgezeichnet die Erzeugnisse deutscher Weberei, sowohl in der Woll-, Tuch- und Leinen-, wie in der Baumwoll- und Seidenindustrie. In allen Zweigen, deren Herstellung kunstvolle Technik verlangt, wie Licht-, Farben-, Öldruck, physikalische Instrumente und chemische Präparate, ist Deutschland allen Nationen voran. Auch in solchen Zweigen, worin Nordamerika sonst den ersten Rang einnahm (Verfertigung von Nähmaschinen, Musikinstrumenten — Steinwaysche Flügel! —), oder, worin Frankreich früher unübertroffen war (Ausführung kunstvoller Möbel und Bronzen), findet Deutschlands Ware reichen Absatz. Deutschland das Land technisch-wissenschaftlicher Erfindungen (vgl. Werner Siemens Lebenserinnerungen). Die Einrichtung des physikalisch-technischen Reichsinstituts in Chailotten-burg einzig dastehend!
Iii. Handel.
[Über die Entwickelung zum Welthandel nach Verwendung der Dampfkraft s. o. § 50, Ii.]
Fortschritte der Technik im Eisenbahnwesen! Zunächst Verbindung der grossen Handelscentren, dann der kleineren Städte (Sekundärbahnen). Die Alpen kein Hindernis mehr; zunächst Bahnen über Gebirgspässe (Semmering, Brenner), dann Durchstechung der trennenden Berge (Mont-Cenis, St. Gotthard; der Simplon in Angriff genommen). Bau von Wasserstrassen zur Verbindung von Meeren (über den Suezkanal s. o. § 64, V.; der Nordostseekanal ein Unter nehmen des Reiches) und Flüssen. Einrichtung von Dampferlinien (die Fahrt nach New-York bis auf 7 Tage gekürzt); Unterstützung des Reiches bei besonders wichtigen Linien (China, Australien, Ostafrika). Post- und Telegraphen wesen, vom Reich übernommen oder überwacht, trägt zui Beförderung
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Extrahierte Ortsnamen: Paris London Wien Philadelphia Melbourne Deutschland Remscheid Solingen China Deutschland Nordamerika Frankreich Deutschlands Deutschland Chailotten-burg New-York China Australien Ostafrika
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und bis in ihr eigenes Gebiet verfolgt. 791 begann Karl den Krieg, überließ aber die Fortführung desselben seinem Sohne 796 Pippin bis 796 (Erstürmung der avarischen „Ringe"). Die wachsende Zerrüttung des avarischen Reiches im Innern und die Erhebung seiner slawischen Unterthanen brachen die Kraft desselben. Das avarische Land wurde fränkischen Markgrafen unterstellt, neben denen selbständig der Markgraf der baierischen Ostmark (Nieder-Österreich zwischen Enns und Wiener Wald) regierte. Einen zweiten großen Grenzbezirk bildete Karentanien mit Istrien, Liburnien (Nord-Dalmatien) und Friaul.
10. Durch die sächsischen und baierisch-avarischen Kriege war Karl zugleich auch mit den Slawen in Berührung gekommen. Schon 780 hatte er die Obotriten in Mecklenburg sür sich gewonnen. Mit ihrer und der Sorben (an der Saale) Hilfe unterwarfen sich 789 auch die Milzen (von der Priegnitz bis zur Ostsee) seiner Hoheit. Im Südosten wurde im Anschluß an die Erfolge Taffilos die Bekehrung der südslawischen Völker dem 798 zum Erzbistum erhobenen Salzburg übertragen. — So hat Karl nach Nordosten wie nach Südosten christlich-germanischer Gesittung neue Bahnen eröffnet.
fr) Die Wiederherstellung des abendländischen Kaisertums und die Sicherung der Reichsgrenzen.
1. Die politische und kirchliche Vereinigung fast der gesamten germanisch-romanischen Bevölkerung des ehemaligen römischen Weltreichs und die thatsächliche Weltstellung des fränkischen Großkönigs drängte nach einem staatsrechtlichen Abschluß, und dieser fand sich in der von der römischen Kirche aus- und umgebildeten theokratischen Idee eines römisch-christlichen Weltkaisertums. Zur Erneuerung der kaiserlichen Würde aber bot das Papsttum um so bereitwilliger die Hand, je abhängiger dasselbe von dem mächtigen Schutze des Frankenkönigs war und je weniger sich das griechische Kaisertum des erhobenen Anspruchs fähig zeigte (Kaiserin Irene).
2. Papst Leo Iii. hatte dem König gleich nach seiner Erhebung auf den Stuhl Petri die Schlüssel zum Grabe des h. Petrus und die Fahne der Stadt Rom als Zeichen der Huldigung übersandt. Hilfesuchend (Überfall in Rom) war er sodann 799 im Lager zu Paderborn erschienen und vom königlichen Gesandten nach Rom zurückgeführt worden. Als Karl nun selbst gegen Ende 800 dorthin kam, befestigte er ihn in seiner Stel-
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Pippin Karl Karl Karl Karl Irene) Leo_Iii Leo Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Nieder-Österreich Istrien Mecklenburg Ostsee Salzburg Rom Rom Paderborn Rom