Uebersicht.
4
müssen mehr oder weniger den Druck seiner Waffen empfinden, und wie
nur ausgezeichnete Männer an der Spitze seines Kabinets und seiner
Armeen stehen, so wird unter seinem Schutze auch die französische Litte-
ratur zu ihrer höchsten Blüthe geführt; doch die von ihm aufgeregten
Türken dringen vergebens bis vor Wien hin, und sein eigenes Land
erschöpft sich in seinen kriegerischen Anstrengungen.
3. Dritte Periode, von 1701 bis 1740, zu dem öster-
reichischen Erbfolgekrieg, oder dem Anfänge der Regierung
Friedrichs des Gr.
Zeitalter des politischen Gleichgewichts in
Europa. Spanischer Erbfolgekrieg. Eugen von Savoyen.
Marlborough. Peter der Gr. Karl Xu.
* Schon Wilhelm von Oranien, der Nachfolger Jakobs Ii. in
England, suchte das System des politischen Gleichgewichts durch gegen-
seitige Verbindungen zu begründen, ein System, welches nun im Westen
Europa's gegen die Vergrößerungen Frankreichs und Spaniens vorzüglich
durch Oesterreich und die beiden Seemächte, sowie im Norden gegen
Schweden durch Polen, Dänemark und Rußland in Anwendung gebracht
wird.
4. Vierte Periode, von 1740—1789, bis zur französischen
Revolution.
Zeitalter Friedrichs des Großen und der eng-
lischen Seemacht. Oesterreichischer Erbfolgekrieg. Schle-
sische Kriege — siebensahriger Krieg. Seekriege Englands —
Pitt. Russisch-türkischer Krieg — Katharina Ii.
* Das bisher künstlich erhaltene Gleichgewicht wird durch den mit
Karl Vi. aussterbenden österreichischen Mannsstamm unterbrochen.
Maria Theresia hat für die pragmatische Sanction schwere Kämpfe zu
bestehen; und Friedrich der Gr. benutzt Ansprüche und günstige Umstände,
um durch fein Herrschertalent im siegreichen Kampfe mit den bedeutend-
sten Mächten Europas sein bisher wenig beachtetes Königreich Preussen
zu dem Range der ersten Staaten emporzuheben. Eben so führt Katha-
rina Ii. in dem großen russischen Reiche mit einer neuen Organisation
auch neue Cultur ein, veranlaßt aber durch ihre glücklichen Eroberungen
iu dem türkischen Kriege die erste Theilung des in Parteien zerrissenen
Polens, welche das unterbrochene europäische Gleichgewicht wenigstens
im Osten wieder Herstellen sollte. Gleichzeitig hiermit erreicht England
m seinen Seekriegen, vorzüglich durch Pitt's weise Umsicht, den höchsten
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Extrahierte Personennamen: Friedrichs Eugen_von_Savoyen Eugen Marlborough Karl_Xu Karl Schon_Wilhelm_von_Oranien Wilhelm Jakobs Friedrichs Oesterreichischer Katharina_Ii Karl_Vi Karl Maria_Theresia Maria Theresia Friedrich Friedrich rina_Ii
Extrahierte Ortsnamen: Wien Europa England Frankreichs Spaniens Oesterreich Polen Dänemark Englands Europas Polens England
Concil zu Kostnitz. Hussiten.
127
reich gefangen gehalten, und durch die deutschen Fürsten».C.t-
wieder frei, die Beschwerden derselben nicht beachtend, abgesctzt.
8) Ruprecht von der Pfalz vermag weder in Italiener),
noch in Deutschland Ruhe und Ordnung wieder herzustellcn,
und nachdem durch das wegen der Kirchenspaltung gehaltene
Co n eil der Cardin die zu Pisa sogar drei Päbste entstan-^09.
den, stirbt er plötzlich.
9) S ieg m und von Ungarn, nach dem Tode seines 1410.
Mitbewerbers Jobst von Mahren 1411 allgemein anerkannt,
bewirkt durch seinen redlichen Eifer für die Kirche das große
allgemeine Concil zu Kostnitz: Flucht des Pabstes1414.
Johann's Xxiii. mit Hilfe des Herzogs Friedrichs von
Oesterreich; daher dieser in der Rcichsacht und im Banne;
Verlust seiner Lander — Eidgenossen. Johann vorgeladen,
gefangen, abgesetzt. Gregor Xii. legt freiwillig sein Pouti-
sicat nieder; aber Benedict Xiii. in Spanien weigert sich
hartnäckig, wird nicht beachtet.
Johann H u ß eifert zu Prag gleich dem Engländer
Wiclef, gegen die Mißbräuche der Kirche — Ablaß; im
Banne, nach Kostuitz geladen, soll er widerrufen, wird, des
Geleitsbriefs von Siegmnnd ungeachtet, gefangen verbrannt; 1415.
eben so im folgenden Jahre sein Schüler Hieronymus von
Prag. Die Kirchenreform unterbleibt; Martin V. Pabst.
Concordate der einzelnen Nationen; Siegmund getäuscht, ver-
kauft die Mark Brandenburg an Friedrich Vi. von 1417.
Hohenzollern, Burggraf von Nürnberg.
Erbitterung der Hussiten in Böhmen; ihr Prediger
Jakob von Mieß; Versammlungen auf dem Berge Tabor;
blutige Unruhen in Prag unter dem blinden Johann Ziska.1419.
Tod Wenzel's. Verwüstungen an Klöstern und Kirchen.
Siegmund nicht anerkannt. Reichszüge gegen die Hussiten;
Sieg derselben bei Teutschbrod. Verschiedene Parteien unter
ihnen (die beiden Prokope); ihre verwüstenden Züge nach
Schlesten, Mähren, Oesterreich, Baiern rc.
Allgemeines Concil zu Basel*); Vergleich mit den1431.
*) In demselben Jahre Hol wird Jeamie d’Arc, welche Orlean*
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Extrahierte Personennamen: Jobst_von_Mahren Johann's_Xxiii Friedrichs Johann Johann Gregor_Xii Gregor Benedict_Xiii Johann Johann Engländer
Wiclef Schüler_Hieronymus_von
Prag Martin_V._Pabst Siegmund Friedrich_Vi Friedrich Burggraf_von_Nürnberg Jakob_von_Mieß Johann Siegmund
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Ungarn Friedrichs Oesterreich Spanien Prag Oesterreich Baiern
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44 Preussische Monarchie. §15. Prägung preussischer Eigenart.
ein gottgegebener. In der Überzeugung von der Unum-schränktheit der königlichen Macht („ich stabiliere die souverainete wie einen rocher von bronce“, sein Wort an die preussischen Stände) gilt ihm als Pflicht des Fürsten, seinem Lande zu dienen und Erzieher des Volkes zu sein, als Pflicht der Unterthanen, den Befehlen des Landesherrn unbedingt zu gehorchen.
Iii. Die Staatsverwaltung. Neuordnung des Staatswesens (die Grundlage aller späteren Einrichtungen): Vereinigung der verschiedenen Zweige der Staatsverwaltung in dem „Generaldirektorium“ (Finanz-, Kriegs- und Domänenwesen), der Provinzialverwaltung in „Kriegs- und Domänenkammern“. Persönliches Eingreifen des Königs (seine Randentscheidungen!) In späterer Zeit daneben das „Departement der auswärtigen Affären“. — Heranbildung eines tüchtigen Beamtenstandes von unerschütterlicher Pflichttreue und eisernem Fleisse, der einen Grundsäule des preussischen Staates.* — Geordnete Verwaltung. Sparsamkeit, ja Kargheit in kleinen Dingen (der König geht durch Abschaffung aller unnützen Hofämter mit gutem Beispiel voran); strenge Kontrolle (Oberrechenkammer!); gerechtere Steuerverteilung. Sammlung eines bedeutenden Staatsschatzes.
Iv. Das Heer, die andere Grundsäule des preussischen Staates, wird vermehrt, tüchtig ausgebildet und wächst bis über 80,000 M. Die Hälfte der Soldaten sind Landeskinder (zur Bestellung des Landes immer der älteste Sohn dienstfrei!), die andere Hälfte Geworbene. Seine Riesengarde ! Gewaltsame Werbungen, auch im Ausland, nicht ohne Ungelegenheiten. Vorliebe des Königs für „lange Kerls“, seine „blauen Kinder“. Spartanische Zucht (Spiessruten, Latten). Erziehung eines tüchtigen Offizierstandes aus Landedelleuten (Herausbildung einer „Standesehre“). Leopold von Dessau, „der alte Dessauer“, Mitbilder des Heeres (Einführung des Bajonetts; der eiserne Ladestock seine Erfindung).
V. Teilnahme an Kriegen und Landerwerb. 1) 1713 wird durch den Utrechter Frieden das Oberquartier Geldern gewonnen (§ 11, X, 1. e). 2) Eintreten in den Nordischen Krieg. Der König schützt
* Auch persönliche Kontrolle! Der Thorschreiber zu Potsdam.
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Extrahierte Personennamen: Leopold_von_Dessau Leopold
Zeit der Stürme. — § 53. Sturmjahre 1848/49.
155
b) Die Erhebung der Polen feiert Lenau in seinen „Polenliedern“ (s. o. § 49, Iii. Anm.) Vorbote der Revolution ist die erstehende politische Dichtung. Dichter: a) in Österreich: Anastasius Grün, Graf von Auersperg, (,,Spaziergänge eines Wiener Poeten“); b) in Preussen: Hoff mann von Fallersleben („Unpolitische Lieder“), Dingelstedt („Lieder eines kosmopolitischen Nachtwächters“) , Herwegh („Gedichte eines Lebendigen“, voll beissender Epigramme), Prutz („Politische Wochenstube“, eine aristophanische Komödie).
Dritter Zeitraum.
(Zweiter Zeitraum der Neuesten Geschichte.) Von der französischen Februarrevolution bis zur Begründung des Neuen deutschen Reiches.
1848—1871.
Erster Abschnitt.
Zeit der Stürme und erneuter Rückströmung.
Von der Pariser Februarrevolution
bis zur Thronbesteigung König Wilhelms I.
1848— 1861.
§ 53- Die Sturmjahre 1848/49.
I. Ursachen. Unzufriedenheit mit den bestehenden politischen Zuständen weit verbreitet. Neben den gemässigten Anhängern einer freien Verfassung auch viele politische Heiss-sporne! Dabei bildet sich aus katilinarischen Elementen eine Lj msturzpartei heraus. Ihre „Bataillone“ die „Arbeiter“. Zündstoff bei diesen infolge wirtschaftlicher Not.
[Entwertung der Handarbeit nach Errichtung zahlloser Fabriken mit Dampfbetrieb. Übermass der Warenerzeugung, Mangel an Absatz, bei geringem Bedarf an Menschenkräften Herabsetzung der Löhne und Arbeitsmangel. Dazu das Hunger jahr 1847! Unterwühlung der Arbeiter durch die Lehre vom Rechte aller auf Gütergemeinschaft (Kommunismus). Das Wort Proudhons „Eigentum ist Diebstahli“]
Ii. Die Pariser Februarrevolution. Ludwig Philipp, „der Bürgerkönig“, anfangs volksbeliebt, hat bei Beginn seiner Regierung mit Erhebungen zu thun, die teils Wiedereinsetzung der Bourbonen, teils Errichtung einer
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Extrahierte Personennamen: Lenau Graf_von_Auersperg Herwegh Prutz Wilhelms_I. Ludwig_Philipp Ludwig Philipp
Zeit gemässigten Fortschrittes. — § 57. König Wilhelm I. 169
Zweiter Abschnitt.
Zeit gemässigten Fortschrittes.
Von der Thronbesteigung König Wilhelms I. bis zur Begründung des Neuen Deutschen Reiches von 1861 —187 1.
§ 57. Die ersten Regierungsjahre König Wilhelms I.
I Trübungen. Feierliche Krönung König Wilhelms zu Königsberg am 18. Okt. 1861, eine Thronbesteigung zum ersten Male in Anwesenheit einer preussischen Landesvertretung! Doch Zuspitzung des Konfliktes mit dieser. In Verkennung der Notwendigkeit einer Verstärkung preussischer Wehrkraft und im Zweifel an der Entschlossenheit der Staatsleitung zur Durchführung einer nationalen Politik streicht das Abgeordnetenhaus die Kosten für die neugebildeten Regimenter gänzlich Die Minister danken ab.
Ii. Wendepunkt. Der König beruft 1862 den preussischen Gesandten am französischen Hofe, von Bismarck, an die Spitze des Ministeriums.
[Otto v. Bismarck, geb. i. April 1815, Sohn eines Landedelmanns und ehemaligen Rittmeisters, dessen Stammgui Schoenhausen in der Altmark. Eiserne Willenskraft, mannhafter Mut, vor Widerstand zu hartem Trotz sich steigernd, Schwung der Seele bei durchdringendem Verstände und scharfer Beobachtungsgabe — seine natürliche Begabung ; dazu Rittersinn und Pflichttreue die durch Erziehung ihm überkommene Erbschaft seines Geschlechtes. Stolz ein preussischer Junker zu sein! Wirken in diesem Sinne 1847 u. 48 im vereinigten Landtag und später im Abgeordnetenhause. 1s51 erster Botschaftssekretär und bald darauf Gesandter beim Bundestage zu Frankfurt a.m. Wandlung seiner Anschauungen bei der hier gewonnenen Erkenntnis der Stellung Preussens im Bunde * zunächst in Bezug auf die deutsche Politik, freierer Blick auch in Bezug auf die preussische.** 1859 Gesandter in St. Petersburg, 1862 in Paris. Herausbildung eines unvergleichlichen Verhältnisses zu König Wilhelm!]
Der Versuch eines Friedensschlusses mit der Volkspartei misslingt. Bismarcks Darlegungen seiner weitgehenden Pläne bleiben unverstanden.*** Er übergiebt den vom Abge-
^ „Wie Schuppen fiel es mir von den Augen“. „Ich sehe in unserem
Bundes Verhältnis ein Gebrechen Preussens, welches wir früher oder später ferro et igni werden heilen müssen“ u, a.
„Preussen vermag seiner Landesvertretung und seiner Presse ohnö Gefahr auch in betreff rein politischer Fragen einen freieren Spielraum zu gewähren als bisher“.
„Preussen muss seine Kraft für den günstigen Augenblick zusammenhalten, da die Rossen Fragen nicht durch Mehrheitsbeschlüsse, sondern durch Blut und Eisen entschieden werden“.
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm_I. König_Wilhelms_I. Wilhelms_I. Wilhelms_I. Wilhelms Bismarck Stammgui_Schoenhausen Wilhelm Bismarcks
Extrahierte Ortsnamen: Königsberg Altmark Frankfurt Petersburg Paris
26
Erster Zeitraum. — § 8. Der römische Volkscharakter.
Die „imperia Manliana“ des Torquatus im Latinerkriege gegenüber seinem eigenen Sohn, die Strenge des Diktators Papirius Cursor gegenüber seinem Reiterobersten Fabius Rullianus (S. 20).
5) Genügsamkeit. Der Diktator Cincinnatus (S. 12) wird vom Pfluge geholt. Curius Dentatus (s. u. 6) wird von den sabi-nischen Abgesandten getroffen, in seiner Hütte ein einfaches Mahl auf hölzernem Teller verzehrend, „homo frugi“ ein Lob.
6) Unbestechlichkeit. Dentatus lehnt das Gold der Sabiner ab und will lieber über Reiche herrschen als selbst reich sein. Fabricius bei Pyrrhus (S. 21). 7. Treue. Die Gefangenen des Pyrrhus, zu einer Festfeier entlassen, kehren in die Gefangenschaft zurück. Vgl. später Regulus. 8) Festigkeit (con-stantia) und 9) Gerechtigkeit. Vgl. Horaz Od. Iii, 3: „Iustum et tenacem propositi virum non civium ardor prava iubentium, Non vultus instantis tyranni Mente quatit solida.“ Für die constantia zeugt die gesamte römische Geschichte, für die iustitia das sich entwickelnde römische Recht und der gesetzliche Sinn der Bürger (der Ständekampf fast ohne Blutver-giessen).
Iii Volksleben. Bei allem Ernst doch frohe Feste, bei aller Nüchternheit doch Sinn für Humor (Römischer Witz). Über die religiösen Feste s. S. 7. Sonst: Die ludi Romani mit Wagenrennen und Wettspielen; Schaubühne für Possen-reisser und Gaukler. Das Volkslustspiel der „Atellanen“ mit seinen stehenden Figuren, dem Hanswurst (Maccus), dem Nimmersatt (Bucco), dem Neunmalklugen (Dossennus) und dem Papa (Pappus). Vgl. die stehenden Figuren des älteren italienischen Lustspiels (Pulcinella, Brighella, Pantalone).
Iv. Griechischer Einfluss. Griechische Sprache schon in der 2. Hälfte des 4. Jahrh. durch „grammatici“ gelehrt. Posthumius spricht, wenn auch schlecht, griechisch (S. 21). Die griechische Götterwelt bürgert sich mehr und mehr ein. Ein Tempel der Dioskuren wird erbaut. Standbilder werden auf dem Markte aufgestellt, Weihegeschenke in den Tempeln aufgehängt u. a. m. Das römische Kupfergeld wird in ein bestimmtes Verhältnis zu dem griechischen Silbergeld gebracht; römisches Silbergeld wird nach griechischem Gebrauche geprägt.
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48
Zweiter Zeitraum. — § 18. Das römische Geistesleben etc.
(Bestimmungen über Tracht, Zahl der Gäste, Kosten eines Gastmahls), fruchten wenig. M. Porcius Cato, aus altem sabinischem Bauernstande, der sich trotz des adligen Ringes bis zum Censor (censorius) emporarbeitet, tritt mit derbem Wort, kräftigem Witz und, wenn es gilt, auch männlicher That für altrömische Zucht und Sitte ein, kann aber dem Strom der Zeit nicht Einhalt gebieten.
Steigerung der Genusssucht auch in den niederen Kreisen. Einführung zahlreicher neuer Volksfeste. Lust an den immer mehr sich einbürgernden Fechterspielen und Tierhetzen, deren Pracht und Aufwand sich ungemessen steigert. Gewöhnung der Menge zu Müssiggang, Bettelei und Bestechlichkeit. Panem et Circenses!
Auch die Sittlichkeit im Staatsleben sinkt. Kaltherzige, selbstsüchtige Staatskunst an Stelle der altrömischen Rechtlichkeit (Karthago, Eumenes, die Rhodier u. a.). Feigheit und Untüchtigkeit der Feldherrn (macedonische und spanische Kriege). Beugung des Rechts zu gunsten der bevorrechteten Klasse.
So zwar Verschlechterung des Volkscharakters im allgemeinen, dennoch die Gemeinde bis weit in diesen Zeitraum hinein noch der Thatkraft, der Unterordnung unter das Staatswohl, der Aufopferung und der Erkenntnis des Rechten fähig.
Erhaltung, des alten Römersinns bei einzelnen hervorragenden Persönlichkeiten sowohl des Adels wie des Volkes erkennbar.
Amilius Paullus, der Sieger von Pydna, beglückwünscht sich nach dem Tode seiner Kinder, dass die Götter, sein Gebet erhörend, nicht dem römischen Volke, sondern ihm Unglück gesendet hätten. Die Schilderung des Lebenslaufes eines geringen Bürgers in der Rede eines Centurio (Liv. Xxxxii, 32) zur Zeit des 2. macedonischen Krieges und dessen Ermahnung an seine Kameraden, die gleich ihm mit niedrigerem Range ins Heer wiedereintreten sollten, dem Senate und den Konsuln zu gehorchen und jede Stelle für ehrenvoll genug zu halten, in der sie das Vaterland verteidigen könnten.
E. Litteratur und Kunst in derzeit der punischen Kriege emporkeimend, aber ganz von griechischen Mustern abhängig und selbst durch einen Griechen begründet, a) Dichtkunst. 1) Epos. Andronikus, ein kriegsgefangener Tarentiner, Freigelassener des Livius Salinator (s. o. § 11, Iv, C), bildet die Dramen des Euripides nach und übersetzt die Odyssee für die römische Jugend — das älteste Schulbuch! In seine Fusstapfen trat Gn. Nävius, der ausser an griechischen Nachbildungen sich auch an einem nationalen Stoff versuchte, in-
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92 Dritter Zeitraum. — § 34. Sittliche Zustände und Geistesleben etc.
in deren Armen. Kleopatra endet, von Oktavian verschmäht, durch Schlangengift.
Oktavian Herr des römischen Reiches.
§ 34. Sittliche Zustände und Geistesleben im Zeitalter der Bürgerkriege.
I. Zeitgepräge. Fortschreitende Entartung des Volkscharakters durch Zunahme der Üppigkeit und Gewöhnung an Blutvergiessen. Männer der Zeit Catilina, Clodius. Bei dem Mangel erhebender Gedanken im Staatsleben politischer Verfall. Statt der Hingabe an das Gemeinwohl Ringen des selbstsüchtigen Adels und der von Volksführern unterwühlten und nach Staatsspenden lüsternen Masse. Statt des Freiheitsdranges Sehnsucht nach Ruhe. Statt nationaler Eigenart hellenistisches Weltbürgertum. — Bei der ungleichen Verteilung des Besitzes wirtschaftlicher Verfall. Bei den Vornehmen neben ungemessenem Reichtum tiefe Verschuldung, bei den Geringeren neben Erwerbslosigkeit Bettelhaftig-keit. Zunahme des Räuberwesens, Sklaven- und Seeräuberkriege Zeichen der Zeit. Folge: Der sittliche Verfall. Genusssucht, Gewissenlosigkeit, Unredlichkeit, Wucher und Laster aller Art in erschreckendem Masse zunehmend. Lockerung des Familienlebens bei Leichtigkeit der Ehescheidung. Zeit politischer Morde! Ausbildung eines Hanges zur Grausamkeit, durch die Fechterspiele genährt. Zunahme der Verbrechen, auch in höheren Kreisen.
Trotzdem Erhebung edlerer Geister über die Zeitgebrechen. Rom noch immer imstande, einen Cäsar hervorzubringen. Vaterlandsliebe und ehrenwerte Lebensführung vertreten bei Männern wie Cicero u. a. Achtungswerte Charaktere auch in geringeren Kreisen nicht fehlend (der Vater des Horaz) Auch Frauentugend nicht erstorben (Porcia). Sittliche Bedeutung der stoischen Schule. Alte Römertugend freilich von Männern wie Cato Uticensis mehr äusserlich dargestellt als innerlich erfüllt. Die Tugend ist in die Landstädte und Provinzen entflohen.
Ii Religion. Festhalten an der Staatsreligion zu politischen Zwecken. Sonst Unglaube und Aberglaube herrschend. An morgenländischen Religionsgebräuchen wird neu eingeführt (über Cybele vgl. § 18, C. S. 47) der persische Mithra-und der egyptische Isisdienst. Daneben chaldäische Sterndeuterei und vereinzelt jüdischer Religionsgebrauch. Bei den
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Erste Periode. 5. Sparta.
17
Gesetze, Beamtenwahl u. s. w. ohne vorgngige Beratung durch Zuruf. Spter Aufnahme von Angehrigen der brigen Volksklassen (auch von Heloten) in die Brgergemeinde (Neodamoden). Demgegenber der alte Adel: die Gleichen (Homoioi").
2) Der Senat (Gerusia"), aus 28 Volksltesten der 60 Jahren und den beiden Knigen bestehend. In seiner Hand die eigentliche Staatsleitung. Vorberatung der Vorlagen fr die Volksversammlung. Gericht der todeswrdige Verbrechen.
3) Die zwei Könige. Herleitung des Geschlechtes von den Shnen des Aristodemus, des dorischen Eroberers, Prokies und Eurysthenes (vielleicht ein König achischer Abkunft) vom Stamm des Herakles. Oberpriester, Oberfeldherr. Ehrenrechte: Ehrenplatz, grsserer Anteil an der Kriegsbeute, Vorsitz im Senat und Vertreter des Staates bei Unterhandlung mit fremden Mchten (spter auf die Ephoren bertragen).
4) Ephoren. Ursprnglich Bezirksbeamte mit polizeilicher Gewalt. Erweiterung ihrer Befugnisse bis zu fast unbeschrnkter Macht (Gefangensetzung der Könige. Vgl. die rmischen Tribunen). Alle 5 Jahre gewhlt als Aufseher" der alle Beamte. Aristokratisches Bollwerk gegen die bermacht des Senats und der Könige seit Chi Ion (einem der sieben Weisen, Zeitgenossen Solons).
Ii Zucht. Ziel der Erziehung: Kriegerische Tchtigkeit, Gehorsam gegen die Staatsgesetze, Vaterlandsliebe, schlichte und nchterne Lebensfhrung.
1) Knabenalter. Vom 7. Jahr an unter der Zucht des vom Staate bestellten Erziehers (des Pdonomen). Abhrtung (Schilflager. Baden im Eurotas. Keine Kopfbedeckung und Fussbekleidung. Einfache und mssige Kost). Krperliche bungen. Jhrliche Geisselung am Altar der Artemis. Schrfung des Verstandes und bung des Urteils (List und Schlauheit fr Kriegszwecke geschtzt). Auswendiglernen der lykurgischen Gesetze, der Gedichte Homers, Tyrtus', Pindars, doch nicht Lesen und Schreiben. Gewhnung an kurze, kernige Rede. Moral in Sittensprchen zusammen-gefasst. Musik und (pantomimischer) Tanz (Flten- und Lautenspiel, Chorgesang mit Reigen).
Zur Erhaltung der Zucht Fernhaltung alles Fremden; daher Fremdenaustreibung, Verbot von Reisen ins Ausland, eisernes Geld als Scheidemnze.
Schultz, Griechische Geschichte. 2
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