122.
Auerdeutsche Ereignisse zur Zeit Napoleons Iii.
47
auch auf Papier festzuhalten; man lernte, metallische berzge auf galvanoplastischem Wege zu machen; man zndete seine llampe oder sein Talglicht nicht mehr mit einem umstndlichen Feuerzeug an, sondern mit einem Phosphorstreichhlzchen, und um 1850 kamen in Frankfurt a. M. die schwedischen" Zndhlzer auf (so genannt, weil sie anfangs Haupt-schlich von Schweden aus in den Handel gebracht wurden); der Schreiber nahm statt des bisherigen Gnsekiels die Stahlfeder" zur Hand und konnte die von Gabelsberger in Mnchen erfundene Stenographie er-lernen; die mhsamste Arbeit der Hausfrau wurde nach 1850 durch die von dem Amerikaner Howe erfundene Nhmaschine erleichtert.
5. Die Industrie. Dem Dampf und der Steinkohle, dem Zollverein und den Naturwissenschaften ist es zu danken, da zur Zeit Friedrich Wilhelms Iv. die Industrie einen erfreulichen Aufschwung nahm, be-sonders die Eisen- und die Textilindustrie. Die groen industriellen An-lagen in der Rheinprovinz und Westfalen, in Sachsen und Schlesien stammen zum weitaus grten Teil aus dieser Zeit.
Das Aufblhen der Groindustrie trug dazu bei, da sich die Bevlkerung der groen Städte nach und nach vernderte. Das Klein-brgertum der guten alten Zeit" (115, 1) nahm ab, und Arbeitermassen fllten zu bestimmten Tageszeiten die Straen.
6. Die Landwirtschaft. Obgleich die stdtische Bevlkerung nicht viel schneller wuchs als die lndliche, nahm doch der Prozentsatz derer, die von der Landwirtschaft lebten, bedeutend ab, weil sich das Gewerbe, namentlich das Kleingewerbe, auch auf dem Lande ausbreitete.
Durch die Vermehrung der Volkszahl und die Konkurrenz des Aus-landes sahen sich die Landwirte veranlat, den alten Schlendrian auf-zugeben, um hhere Ertrge zu erzielen. Sie schickten ihre Shne in landwirtschaftliche Schulen, sie bemhten sich, nach den Lehren Liebigs den Boden besser auszunutzen, und erkannten das Unvorteilhafte der noch vielfach blichen uralten Dreifelderwirtschaft".
122. Auerdeutsche Ereignisse zur Zeit Napoleons Iii.,
18521870.
1. Napoleons Vermhlung. Der Emporkmmling heiratete nicht in ein Frstengeschlecht hinein wie Napoleon I., sondern vermhlte sich mit der spanischen Donna Engenie von Montijo. Die junge, schne Kaiserin wurde die Herrscherin der Mode und des Luxus und hatte auch auf die Politik ihres Gemahls greren Einflu, als Uneingeweihte ahnten.
2. Seine Regierung. Napoleon regierte, obgleich ihm Senat und Gesetzgebender Krper zur Seite standen, fast u* umschrnkt wie sein Oheim und erstickte die unzufriedenen Stimmen durch eine wachsame Polizei. Doch sorgte er auch mit groem Erfolge fr das materielle Wohl
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Vorwort.
Die zweite, 1890 erschienene Auflage dieses Buches hatte der verstorbene Verfasser mit besonderer Sorgfalt bearbeitet; die Verlagshandlung hoffte, es lngere Zeit in dieser Gestalt belassen zu knnen. Die neuen, von amt-lichen Vorschriften gefrderten Bestrebungen im Geschichtsunterricht haben dennoch in der dritten Auflage (1893) eine Reihe von Vernderungen ratsam gemacht. Diese sind im wesentlichen folgende:
1. Die deutsche und brandenburgisch-preuische Geschichte ist mehr in den Vordergrund gerckt und ausfhrlicher behandelt, als frher; die auerdeutsche Geschichte tritt mehr zurck, auch in der Ein-richtung des Druckes.
2. Die politische Geschichte hat der Kulturgeschichte mehr Raum abtreten mssen. Allerdings war auf diesem der Schule noch so neuen Gebiete die Auswahl schwierig. Es ist hier der Versuch gemacht, die deutsche Kulturgeschichte einer jeden Periode je in folgenden Punkten zu-sammenzufassen: a. Privatleben (Nahrung, Kleidung, Wohnung); d. Wirt-schaftliches Leben (Ackerbau, Gewerbflei, Handel); c. Stnde (Bauernstand ?c.); d. Stellung der Frauen. Daran schlieen sich die bisher blichen Abschnitte der geistiges Leben, Kunst und Wissenschaft. Neu sind ferner die sechs kulturgeschichtlichen Farbendruckbilder.
3. Der Text ist im einzelnen, Satz fr Satz, fachlich und sprachlich, einer grndlichen Durchsicht unterzogen worden.
4. Um die Schultaschen der Mdchen mglichst zu erleichtern, ist das Buch in zwei Teile zerlegt worden (I. Altertum; Et. Mittelalter und Neuzeit). Ebendeshalb sind die nicht in allen Schulen benutzten Abschnitte der Literaturgeschichte als besonderes Hest gedruckt.
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109
stritten, ein Ende zu machen. Dieser Zweck wurde erreicht: die drei Ppste wurden teils entsetzt, teils zur Niederlegung ihrer Wrde bewogen, und dann ein neuer Papst gewhlt. Aber eine Reformation der Kirche an Haupt und Gliedern", wie sie vor allen die Deutschen von dem Konzil forderten, kam nicht zustande. Der Bhme Johann Hus, der gegen verschiedene Lehren und Satzungen der Kirche eifrigen Widerspruch erhoben hatte, wurde trotz des kaiserlichen Geleitbriefs 1415 zu Konstanz als Jrrlehrer auf dem Scheiter-Haufen verbrannt, und sein Freund Hieronym us von Prag erlitt im folgenden Jahre die gleiche Strafe. Diese Vorgnge riefen den Hussiten-krieg hervor. Die Anhnger von Hus erhoben unter Z i z k a einen Aufstand, der sich der ganz Bhmen verbreitete. Nach Wenzels Tode weigerten sie sich, den wortbrchigen Sigismund" als König anzunehmen, und schlugen seine Heere mehrmals zurck. Nach dem Tode des blinden Zizka machten sie auch verheerende Einflle in die Nachbarlnder. Erst nachdem ihnen das Konzil zu Basel (seit 1431) den Kelch (beim Abendmahle) zugestanden hatte, und sie durch innere Spaltung geschwcht waren, vermochte der Kaiser sie endlich zu unterwerfen.
Whrend des Konstanzer Konzils 1415 erhob Sigismund den Burg-grasen Friedri ch Vi. von Nrnberg aus dem Hause Hohenzollern zum Markgrafen von Brandenburg.
59.
Kaiser aus dem Hause Osterreich.
(S. Karte Ix.)
Kaiser aus dem Hause sterreich, seit 1438.
1. Albrecht Ii. (14381439), Kaiser Sigismunds Schwiegersohn, der als Erbe der luxemburgischen Hausmacht auch in Bhmen und Ungarn als König folgte, beginnt die Reihe der Kaiser aus dem Hause fter-reich, das im Besitze der rmischen Kaiserwrde bis 1806 geblieben ist.
2. Friedrich Iii. (14401493), ein Vetter Albrechts, regierte am lngsten unter den deutschen Kaisern, wie sein Vorgnger am krzesten. Aber allwege unschlssig", konnte sich der unntze Kaiser" weder im Reiche, wo er während 25 Jahren nicht ein einziges Mal erschien, noch in seinen Erb-landen Ansehen verschaffen. Das Faustrecht herrschte ungehemmt, berall ri Unordnung ein. Bhmen und Ungarn trennten sich vom Hause Habsburg und whlten eigene Könige.
Whrend Friedrichs Regierung suchte der Herzog Karl der Khne von Burgund, der auch den grten Teil der Niederlande besa, sich ein Knig-reich zu grnden. Er eroberte Lothringen und wollte sich auch die Schweiz unterwerfen, wurde aber von den Schweizern bei Grand so n, Murten
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138
Spinnrades (1530 von Jrgens in Braunschweig). Der 30jhrige Krieg versetzte alledem einen schweren Schlag. Der Handel wurde befrdert durch Erffnung von Messen und durch Verbesserung des Postwesens (Thurn-und Taxissche Posten). Der deutsche Seehandel aber ward durch die Folgen der Entdeckung Amerikas und des Seeweges nach Ostindien geschdigt und trat immer mehr zurck gegen den der neu aufstrebenden Seestaaten Holland und England. Infolge davon sank namentlich die Hansa immer mehr, und während des 30jhrigen Krieges (1632) wurde der letzte Hansetag gehalten.
2. Stnde. Der Bauernstand war durch den Bauernkrieg in eine noch gedrcktere Lage als vorher, in vllige Leibeigenschaft und gnzliche Rechtlosigkeit, geraten. Durch den 30jhrigen Krieg kam er vollends in das tiefste Elend. Der Ad el schied sich immer schroffer von den Nichtadeligen. Ebenso schroff suchten sich in den Stdten die Patricier oder Geschlechter" von den gemeinen Brgern abzuschlieen.
3. Frauen. Der Glanz, den die Poesie des Mittelalters um die Frauen gewoben, war lngst verschwunden. Doch machte sich nach der Sittenver-wilderung des 15. Jahrhunderts in dem Reformationszeitalter wieder eine Wendung zum Besseren bemerklich. Dem Reformationswerke gegenber blieb die Frauenwelt nicht teilnahmlos. Eine Reihe edler, sogar srstlicher Frauen haben in Wort und Schrift die neue Lehre verteidigt und fr ihre Verbreitung gewirkt. Einen schroffen Gegensatz zu der altgermanischen Frauenverehrung bildeten die Hexenprozesse, die schon in den letzten Zeiten des Mittelalters aufgekommen waren und nun immer hufiger wurden. Durch sie fielen Tausende unschuldiger Frauen einem abscheulichen Aberglauben zum Opfer.
4. Geistiges Leben, Kunst und Wissenschaft.
A. Die Wissenschaften.
Die seit dem Ende des 15. Jahrhunderts wieder auflebenden Wissen-schasten nahmen im 16. Jahrhundert einen erhhten Aufschwung. Be-sonders erhielten sie eine krftige Frderung durch die Reformation. Melanchthon. der Lehrer Deutschlands", regte die Grndung zahlreicher gelehrter Schulen an, durch welche wie durch die sich stets mehrenden Universitten die Erforschung des griechischen und rmischen Altertums als die Grundlage aller hheren Bildung gepflegt wurde. Zu grndlicher Bibel- und Geschichtsforschung gaben die kirchlichen Kmpfe Ver-anlassung. Der Elser Wimpseling schrieb (in lateinischer Sprache) die erste deutsche Geschichte. Hochbedeutsam war Luthers Bibelbersetzung, die eine hhere Ausbildung der deutschen Sprache (das Neuhoch-deutsche) hervorrief. Eine vllige Umgestaltung erfuhren die Natur-Wissenschaften durch die groen Entdeckungen, die sich an die Namen
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157
73.
Kulturmstnde.
1. Wirtschaftliches Leben. Der Ackerbau hatte sich seit dem Ende des dreiigjhrigen Krieges allmhlich wieder gehoben. Namentlich in Preußen wurde durch die Bemhungen der Könige Friedrich Wilhelm I. und Friedrich Ii. eine betrchtliche Menge bisher unfruchtbaren, meist sumpfigen Landes fr den Ackerbau gewonnen. In diesem Zeitraum fand eine wichtige Nutz-pflanze in Deutschland immer mehr Eingang: die Kartoffel; sie war zwar schon durch Drake 1588 nach Europa gebracht worden, ward aber erst im 18. Jahrhundert allmhlich ein allgemein gebruchliches Nahrungsmittel und wurde daher immer mehr angebaut. Deutschlands Gew erbflei konnte sich nur allmhlich aus seinem Verfalle durch den dreiigjhrigen Krieg er-heben; die bedeutendsten Fortschritte machte das Gewerbe in Sachsen, wo Bergbau, Leinen- und Tuchfabrikation blhten, und in Preußen durch die Aufnahme der aus anderen Lndern vertriebenen Protestanten sowie ber-Haupt durch die Frsorge seiner Regenten, vorzglich Friedrichs des Groen. Hauptpltze des Handels wurden Hamburg und Bremen durch ihren See-verkehr, Leipzig, Frankfurt und Braunschweig durch ihre Messen.
Als wichtige Erfindungen sind hervorzuheben: die Erfindung des Porzellans (1702 von Bttcher in Meien), des Fortepianos (1717 von Schrder aus Hohenstein in Sachsen), des Blitzableiters (1751 von Benjamin Franklin), der Dampfmaschine (1769 von dem Englnder James Watt)^ des Luftballons (1782 von dem Franzosen Montgolfier).
2. Stnde. Der Bauernstand hob sich langsam wieder; allmhlich wurde nach dem Vorgange Brandenburgs in den meisten deutschen Staaten die Leibeigenschaft gemildert oder aufgehoben. Der Adel drngte sich mit Vorliebe zu den frstlichen Hfen und ergab sich nach franzsischem Vorbilde einem leichtfertigen Genuleben. Viele Adeligen traten in das Heer oder in den Staatsdienst ein, weil die Offizierstellen im Heere und die hchsten Beamtenstellen fast ausschlielich dem Adel vorbehalten waren. Neben den adeligen Beamten wurden die nicht-adeligen, die auf den Universitten das rmische Recht studiert hatten (Juristen), immer zahlreicher. So bildete sich ein neuer Beamtenstand, der sich, wie der Adel, von den Brgern strenge zu scheiden bestrebt war.
3. Frauen. Die heilsame Wiederbelebung des deutschen Familien-geistes, die die Resormationszeit gebracht hatte, hielt nicht lange stand. War schon im 16. Jahrhundert eine Abhngigkeit vom Auslande bemerkbar, so wurde die Verwelschung im 17. Jahrhundert vollendet. Alles, was von Frankreich kam: Sprache, Sitte, Tracht war lamode"; das Vaterlndische
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Europa Deutschlands Sachsen Hamburg Leipzig Frankfurt Hohenstein Sachsen Brandenburgs Frankreich
erbittlich verfolgten, erklrte der Kurverein zu Reuse 1338, d. h. die bei Rense (oberhalb Koblenz) versammelten Kurfrsten, da der von den beut schen Fürsten gewhlte Kaiser der Besttigung durch den Papst nicht bedrfe. Die Macht seines Hauses vermehrte Ludwig, indem er nach dem Aussterben der Askanier Brandenburg seinem Sohne Ludwig verlieh. Als er diesem widerrechtlicher Weise auch Tirol zuwandte, verfeindete er sich da-durch mit den Kurfrsten, und diese stellten K a r l von Bhmen, Heinrichs Vii. Enkel, als Gegenknig Ludwigs auf. Da Ludwig bald darauf (durch einen Schlaganfall auf einer Brenjagd) starb, so wurde Karl allgemein anerkannt. Mit ihm kam das Haus Luxemburg zur Regierung.
6. Karl Iv. (13471378) ist von einem seiner Nachfolger Bhmens Vter, des heiligen rmischen Reiches Erzstiefvater" genannt worden. Er grndete sich eine sehr bedeutende Hausmach t, indem er die Mark Brandenburg, Schlesien und andere Gebiete mit seinem Erblande Bhmen verband. Er stiftete die Universitt zu Prag, die erste im Deutschen Reiche (1348). Sein Hauptwerk fr das Reich war die goldene Bulle 1356. In ihr wurde festgesetzt, da die K a i s e r w a h l durch sieben Kurfrsten: die drei Erzbifchfe von Mainz, Trier und Kln, und vier weltliche Fürsten: den König von Bhmen (Erzfchenk), den Pfalz-grafen bei Rhein (Erztruchfe), den Herzog von Sachfen-Wittenberg (Erz-Marschall) und den Markgrafen von Brandenburg (Erzkmmerer) in Frankfurt stattfinden, die Krnung des Kaisers in Aachen geschehen solle. Whrend Karls Regierung verheerte eine entsetzliche Pest, der sogenannte f ch warze Tod, die Lnder Europas. (Die Flagellanten oder Geiler.)
7. Wenzel (13781400), Karls Sohn, war König von Bhmen und bisher auch Kurfürst von Brandenburg, das er jetzt feinem Bruder Sigismund berlie. Unter feiner schlaffen Regierung nahm das Raub- und Fehdewesen im Reiche berhand (der Stdtekrieg in Schwaben). Wenzel wurde endlich von den vier rheinischen Kurfrsten als unntzlicher und saumseliger Entgliederer des heiligen rmischen Reiches" abgesetzt.
8. Ruprecht von der Pfalz (14001410) war zwar reich an gutem Willen, aber schwach an Mitteln, um das Unrecht zu krnken und zu strken das Recht".
9. Sigismund (14101437), Kurfürst von Brandenburg, durch feine Gemahlin König von Ungarn und nach feines Bruders Wenzel Tode auch König von Bhmen, suchte vor allem die in der K i r ch e eingetretenen Wirren zu beseitigen und betrieb daher die Berufung des Konzils zu Konstanz (14141418). Die nchste Aufgabe dieser grten und glnzendsten Kirchenversammlung des Mittelalters war, dem sogenannten Schisma, d. h. der Spaltung der Kirche, in der sich damals drei Ppste um die Herrschaft
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Extrahierte Ortsnamen: Luxemburg Brandenburg Mainz Rhein Sachfen-Wittenberg Brandenburg Frankfurt Aachen Karls Europas Karls Brandenburg Schwaben Brandenburg Ungarn Konstanz
(j. Die erste Eisenbahn.
Die Franzsische Revolution hat in Frankreich die Zeit ungesunder Schwlstigkeit und lsterner Leichtfertigkeit gebannt; in unserem Vater-lande haben die klassische Litteratur des Jahrhunderts Friedrichs des Groen und die Freiheitskriege die Steifheit des Zopfes berwunden. Freiere Anschauungen brechen sich vom 2. und 3. Jahrzehnt unseres Jahrhunderts an immer mehr Bahn, deutsch-nationaler Geist macht sich trotz aller Verfolgungen immer krftiger geltend, besonders unter den Lehrenden und den Lernenden unserer Hochschulen. Die Kleider-tracht wird eine ganz andere, behlt freilich immer noch etwas Steifes, wie in der Uniform der Soldaten auf der linken Seite des Bildes oder in dem Anzge des Brgers auf der anderen Seite; zumal die breite Halsbinde und die spitzen Vatermrder" zwingen zu einer steifen Haltung. Freier ist die Tracht der vier Studenten (rechts im Vordergrunde), aber auch sie mutet uns heute fremdartig an, erscheint uns veraltet, altfrnkisch, wie wir sagen, obwohl erst ein halbes Jahrhundert zwischen damals und heute liegt. Aber das Altfrnkische nimmt Abschied mit dem Postillon, dem Schwager, wie man ihn nannte, und seinem schwerflligen Wagen, der Postschnecke, wie der Spott ihn schalt. Eine neue Zeit fhrt der erste Bahnzug ein, der auf hohem Damme vorbeidampft. Mit der Postschnecke" fuhr man frher von Leipzig nach Dresden fast zwei Tage, heute legt man auf der Eisenbahn denselben Weg in zwei Stunden zurck. Welch ein Wechsel! Und doch wie lange wird es whren, bis das Dampf-ro von der Elektrizitt beseitigt sein wird?
Bwnfl-Edkerf-lnsmut
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38
einstimmig zum Oberhaupte, setzten ihn auf den Thron und leisteten ihm durch Handschlag das Gelbnis der Treue. Dann fhrten sie ihn aus der Sulenhalle in die anstoende Domkirche, wo an der Spitze der Geistlichkeit der E r z b i s ch o s v o n M a i n z als der erste unter den Bischfen des Reiches ihn empfing und dem Volke mit den Worten vorstellte: Sehet hier den von Gott erkorenen und jetzt von allen Fürsten erwhlten König Otto; gefllt euch diese Wahl, so bezeuget es damit, da ihr die rechte Hand zum Himmel emporhebt!" Da hob alles Volk die Rechte in die Hhe, und wnschte mit gewaltigem Zuruf dem neuen Herrscher Heil und Segen. Sodann schritt der Erzbischos mit dem Könige zum Altar vor, auf welchem die Abzeichen des Knigtums lagen: das Schwert mit dem Wehrgehenk, der Mantel mit den Armspangen, der Hirtenstab, das Scepter und die Krone. Er berreichte ihm die einzelnen Jnsignien mit passenden Ansprachen. Zuletzt salbte er ihn mit dem heiligen l, und setzte ihm die goldene Krone aufs Haupt. Als hiermit die Weihe vollendet war, fhrten alle drei Erzbischse von Mainz. Kln und Trier den Gekrnten zu einem zwischen zwei Marmorsulen erhhten Thron, wo er das ganze versammelte Volk berschauen und von allen geschaut werden konnte.
Nach der kirchlichen Feier fand in der kniglichen Pfalz an marmorner Tafel das Krnungsmahl statt. Dabei versahen damals zuerst die Her-zge die seitdem blich gewordenen Erzmter des Reichs: der Erz-kmmerer sorgte fr die Wohnung und die Bewirtung der Festgste; der Erztruchse setzte die Speisen auf den Knigstisch; der Erzschenk go den Wein ein; dem Erz marsch all lag die Unterbringung der Rosse ob. Dieser Ehrendienst der Herzge bewies, da sie den König als ihren Herrn ansahen und sich nur als die ersten seiner Dienstleute betrachteten.
2. Otto und die Herzge. Hatten sich die deutschen Herzge bei Ottos Krnungsfeste vor des Knigs Hoheit gebeugt, so erhoben sich doch bald mehrere von ihnen im Aufstande gegen ihn. Selbst Ottos eigener Bruder Heinrich, der ehrgeizige Hoffnungen aus den Thron nhrte, schlo sich den Emprern an. Aber Otto demtigte und unterwarf die Widerspenstigen, schrnkte die herzogliche Gewalt ein und verlieh mehrere Herzogtmer an seine Verwandten. Seinem Bruder Heinrich, der reumtig zu ihm zurckkehrte, gab er das Herzogtum Bayern.
3. Auswrtige Feinde. Die Grenzen des Reiches schtzte und er-wetterte Dtto durch glckliche Kriege gegen auswrtige Feinde. Die S l a v e n unterwarf er bis zur Oder und grndete zur Befestigung des Christentums unter ihnen die Bistmer Havelberg und Brandenburg und das Erzbistum Magdeburg. Bhmen wurde lehenspstichtig; auch die Polen wurden ab-hngig.
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Extrahierte Personennamen: Otto Otto Ottos Ottos Heinrich Heinrich Otto Heinrich Heinrich
104
Die Wohnhuser in der Stadt werden immer stattlicher und kunst-voller. Doch sucht der deutsche Brger seine Wohnung nicht sowohl nach auen als vielmehr im Innern kunstvoll auszuschmcken und behaglich ein-zurichten. Die Wnde sind mit hlzernem Tfelwerk bekleidet, das oft mit erhabenen Ornamenten geschmckt ist. Auch der groe Kachelofen zeigt orna-mentalen Schmuck. Die Fenster sind vielfach mit Glasmalereien geschmckt. Als Zimmergerte treten zu den Truhen noch kunstvoll geschnitzte Schrnke, Tische und Sthle hinzu. An den Wnden finden sich Spiegel, Bilder unter Glas und Rahmen, auch zuweilen schon Wanduhren.
2. Wirtschaftliches Leben. Die Landwirtschaft wurde schon zu Anfang dieser Periode durch den Bauernkrieg schwer geschdigt. Nachdem sie sich allmhlich erholt hatte, wurde sie gegen Ende dieses Zeitraums durch den 30 jhrigen Krieg fast vernichtet. Infolge der schweren Drang-sale, welche in diesem Kriege namentlich das Landvolk zu erdulden hatte, flchtete sich in vielen Gegenden fast die ganze Bevlkerung in die Wlder, und so blieben die Felder unbebaut. Da ein groer Teil der Flchtlinge im Elend umkam, so blieben viele Drfer ganz verdet, und ein groer Teil des Ackerlandes blieb lange Zeit unangebaut. Auch die Viehzucht hatte in vielen Gegenden fast ganz aufgehrt, weil es kaum noch einen Viehstand gab.
Man wandert bei 10 Meilen und sieht nicht einen Menschen, nicht ein Vieh, wo nicht an etlichen Orten ein alter Mann und ein Kind oder ein paar alte Frauen zu finden. In allen Drfern sind die Huser voll toter Leichname und ser gelegen, Mann, Weib, Kinder, Gesinde, Pferde, Schweine, Khe und Ochsen, neben-und durcheinander, vyn Pest und Hunger erwrgt, von Wlfen, Hunden, Krhen, Rahen gefressen, weil niemand ge-wefen, der sie begraben." (Betkins.)*)
Das Handwerk stand zu Anfang dieses Zeitraums in hchster Blte. Insbesondere diejenigen Handwerke, welche sr die Einrichtung des Hauses arbeiten, wie namentlich das des Tischlers, des Schlossers, des Hafners, des Glasers, des Kupfer- und Blechschmieds, des Zinngieers, des Goldschmieds hatten sich zur Hhe des Kunstgewerbes erhoben. Der Gewerbflei wurde erhht durch die Erfindung der Taschenuhren (1509 von Hele in Nrnberg) und des Spinnrades (1530 von Jrgens in Braunschweig). Der 30jhrige Krieg versetzte alledem einen schweren Schlag. Der Handel wurde befrdert durch Erffnung von Messen (Leipzig, Braun-schweig:e.zc.) und durch Verbesserung des Postwesens (Thum- und Taxissche Posten). Der deutsche Seehandel aber ward durch die Folgen der Entdeckung Amerikas und des Seeweges nach Ostindien geschdigt und trat immer mehr zurck gegen den der neu aufstrebenden Seestaaten Holland und England.
*) Entnommen aus Biedermanns Deutscher Volks- und Kulturgeschichte.
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Extrahierte Ortsnamen: Nrnberg Braunschweig Leipzig Amerikas Ostindien Holland England
113 U3.
5. Heer und Flotte. Seine selbstndige Stellung in Deutschland sttzte Friedrich Wilhelm namentlich auf das stehende Heer, das er errichtet hatte. Um dessen kriegstchtige Ausbildung machte sich vor allen der Feldmarschall D ersslinger verdient, der Grnder der brandenburgischen Reiterei. Anfangs nur 3000 Mann stark, war das stehende Heer in wenigen Jahren auf 8000 angewachsen; zuletzt zhlte es 26000 Mann. Der Groe Kurfürst grndete auch schon eine kleine Kriegsflotte, sowie berseeische Kolo- . , nieen (in Afrika), die jedoch spter wieder aufgegeben wurden.^ V v,
6. Die Regententhtigkeit des Groen Kurfrsten wa^it}%Q
Weise auf die Frderung der Wohlfahrt feines Landes gerichtet. Er unter^^?
sttzte die Landwirtschaft und lie in die durch den Krieg entvlkerten und ^ r
verdeten Gegenden Ansiedler aus Holland und der Schweiz kommen, dereir
Flei den wst liegenden sandigen Voden Brandenburgs in Ackerfeld und ,
Grten umschuf. Fr Gewerbe, Fabriken und Handel war er nicht minder
thtig; er legte Verkehrswege-an, baute zur Verbindung der Oder und Spree
den Friedrich-Wilhelmskanal und fhrte in seinen Landen die Post' -V
ein. Ein besonderes Verdienst erwarb er sich durch die Aufnahme von
20000 franzftschen Protestanten, welche infolge der Aufhebung des-
Edikts von Nantes aus ihrem Vaterlande ausgewandert waren. Ausgezeichnet .
durch ernste Frmmigkeit, regsamen Flei und mancherlei Kunstfertigkeit,
haben diese neuen Einwanderer groen Segen gestiftet. Auch der geistigen
Bildung seiner Unterthanen widmete der Kurfürst die treueste Frsorge.
So hinterlie er bei seinem Tode ein wohlgeordnetes Land von 2000 nm.
dessen Glck und Ruhm sein Werk war.
Mein Ziel war darauf gerichtet," sprach er kurz vor seinem Ende zu seinem Sohne mem kurfrstliches Haus in Ruf. Flor und Ansehen zu bringen. Ich zweifle nicht, mein Sohn, du werdest m den Grundstzen, wodurch ich den Staat glcklich beherrschte, mein Nachfolger fem: vor allen Dingen Gott vor Augen haben, deine Unterthanen herzlich lieben, treue Rte hren und das Heft der Waffen nicht aus den Hnden laffen; denn da*
durch mu nchst gttlicher Hilfe die Sicherheit deiner Lnder und der so sauer er-des Kurhauses Brandenburg hauptschlich aufrecht erhalten werden. Mit allem Flei sei darauf bedacht, den Ruhm, welchen ich dir als ein Erbteil berlasse *u wahren und zu mehren."
Er war der grte Fürst seiner Zeit, ein kerndeutscher Mann ein frommer Christ.
Sein Mahlspruch war: Gott meine Strke." / . /
^ dem Testament des Groen Kurfrsten, niedergeschrieben (1667) fr seine Sohne smd namentlich folgende Stze als goldene Worte bemerkenswert: Betrachtet auch oftmals und allezeit, da ihr nicht das Allergeringste begeht ober thut, davon ihr nicht dem Hchsten mskunftrge werdet Rechenschaft geben mssen, ja auch von dem Allergerinq-
Cud& eme ^cht migen und nchternen Lebens, geht damit euren Unterthanen und Dienern mit gutem Exempel vor!" Eure von Gott unter-Andr-Sevin, Lehrbuch der Weltgeschichte. Ii. g
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T38: [Friedrich Wilhelm König Kaiser Iii Prinz Jahr Preußen Vater Sohn], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Gott
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Afrika Holland Brandenburgs Ackerfeld Friedrich-Wilhelmskanal Nantes Brandenburg