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(1,50-1,60 m), haben ein breites, plattes Gesicht mit vorstehenden Backenknochen, eine
braungelbe Hautfarbe und schwarzes, straffes Haar. Sie bewohnen nicht nur Grönland,
sondern auch die Randgebiete Nordamerikas, und ihre Gesamtzahl schätzt man auf 40000
Köpfe. Die Eskimo haben es in bewundernswerter Weise verstanden, sich in ihrer Lebens-
weise den unwirtlichen Gegenden, die sie bewohnen, anzupassen und die spärlichen Gaben
der nordischen Natur auszunutzen. Da es eßbare Pflanzen nur in geringer Zahl gibt, sind sie
hauptsächlich auf tierische Nahrung angewiesen. Sie machen Jagd auf Seehunde, Walrosse,
Fische, Seevögel und Renntiere und benutzen dabei Harpunen, Bogen, Schlingen und
Fallgruben. In einem langen, ganz mit Fellen überzogenen Einmannsboote, dem Kajak,
der nur in der Mitte eine Lffnung für den Körper des Ruderers hat, wagen sie sich
sogar weit auf das stürmische Meer hinaus. Das wichtigste Jagdtier ist der Seehund,
der ihnen fast alle Lebensbedürfnisse liefert: Fleisch als Nahrungsmittel, Speck zur
Heizung und Beleuchtung der Wohnung, Felle zur Bekleidung, Sehnen, die als Zwirn
benutzt werden, Därme, die man zu Segeln und Fensterscheiben zusammennäht, und
Knochen, aus denen man allerlei Geräte fertigt. Die Kleidung, die sich bei Männern und
Frauen nur wenig unterscheidet, besteht hauptsächlich aus Fellen, in den von europäischer
Kultur beeinflußten Gegenden auch aus dicken Wollstoffen. Als Wohnungen dienen im
Sommer Zelte mit Fellüberkleidung; die Winterhäuser liegen z. T. in der Erde, sind aus
Steinen und Rasen erbaut und haben zum Schutz gegen die Kälte häufig einen gang-
artigen Vorraum. „Doch gibt es in Westgrönland jetzt auch bessere Häuser, deren Wände,
Decken und Fußböden von Dielen sind, und in denen sich Tische, Stühle, Spiegel, Bilder,
Uhren und Lampen befinden." Als einzige Haustiere hält man Hunde, die zum Ziehen
der Schlitten verwendet werden.
Schon im Mittelalter hatten sich Normannen an der Küste Grönlands niedergelassen
und Ansiedlnngen gegründet, die aber später wieder eingingen. Da war es im 18. Jahr-
hundert ein norwegischer Pfarrer auf den Lofoten, Hans Egsde, in dem der Gedanke
erwachte, über die Schicksale seiner vor Jahrhunderten in Grönland verschollenen Lands-
leute Erkundigungen einzuziehen und den Eingeborenen das Evangelium zu bringen. Er
sand die nötige Unterstützung, segelte 1721 nach Grönland, gründete eine Niederlassung und
hat bis 1736 unter großen Entbehrungen selbstlos unter den Eskimo als Missionar und
Kulturförderer gewirkt. Andre, später auch Herrnhuter Missionare, haben sein Werk fort-
gesetzt. Das bewohnte Grönland gehört heute zu Dänemark. Um die Bewohner vor
Ausbeutung zu schützen, hat sich die Regierung das alleinige Handelsrecht gewahrt. Kein
fremdes Kaufmannsschiff darf an der Küste landen. Der Handel ist des Eises wegen auf
den Sommer beschränkt. Das Land liefert Robbenspeck, Fischleber, Felle von Seehunden,
Blaufüchsen und Bären, Eiderdaunen, Tran, Walfisch- und Walroßzähne, Stockfische und
auch einige Erze, Blei, Zink, Zinn, Eisen sowie Kryolith, das bei der Herstellung des
Glases verwendet wird. — Die Hauptanfiedlung ist Jnlianehaab (3000 E.).
2. Die Nordische Inselwelt Amerikas (S. 245).
3. Spitzbergen (65000 qkm) liegt n. von Europa zwischen dem 76. und 80. Breiten-
kreise. Es besteht aus vier größeren und vielen kleinen gebirgigen Inseln, die von zahl-
reichen Fjorden zerrissen sind. Das Innere der Hauptinsel ist mit Eis bedeckt, von dem
sich Gletscher in die Fjorde hinabziehen. Die Westseite wird von einem Arm des Golf-
stroms berührt. Daher ist das Küstengebiet hier eisfrei. Die Inseln sind unbewohnt,
werden aber im Sommer von Walfisch-, Walroß- und Robbenjägern ausgesucht. Neuerdings
sind sie auch zu einem beliebten Reiseziel für Nordlandsreisende geworden. — 200 km s. von
Spitzbergen liegt vereinsamt die Bäreninsel (68qkm),noch weiter sw., zwischen Skandinavien
und Grönland, Jan Mayen (370 qkm), das einen 2550 m hohen erloschenen Vulkan trägt.
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TM Hauptwörter (100): [T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel], T64: [Insel Amerika Land Spanier Australien Kolonie Hauptstadt Küste Entdeckung San], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
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Extrahierte Personennamen: Hans_Egsde Jan_Mayen
Extrahierte Ortsnamen: Nordamerikas Westgrönland Grönland Spitzbergen Europa Spitzbergen Skandinavien
607
Zuckerraffinerien, Seilerbahnen und Segeltuchfabriken hatten einen guten
Erfolg. In Dänemark dagegen geriethen die Fabriken, welche für den
Luxus arbeiteten, in Verfall, und nur zwei Industriezweige wurden in
Kopenhagen heimisch und fanden auch auswärts Absatz, Lederhandschuhe
und leinene Spitzen.
Während des kurzen Ministeriums von Struensee wurden die
Auswüchse des Merkantilsystems zweckmäßig beschnitten, allen Fabriken
die Unterstützung aus Staatsmitteln entzogen, der Kornhandel nach Nor-
wegen frei gegeben, überflüssige Feiertage abgeschafft und in der Staats-
wirthschaft liberale Grundsätze befolgt.
Seit dem Anfang des 18. Jahrhunderts machten Schifffahrt und
Rhederei große Fortschritte. Außer in den Kolonien sah man im Mit-
telmeer häufig dänische Schiffe.
Der Ursprung des Sundzolles verliert sich in das Dunkel der
frühesten Geschichte. Sein historischer Rechtstitel ist das Faustrecht. Die
ersten Nachrichten über Erhebung deß Sundzolles von Seiten Dänemarks
kommen im 14. Jahrhundert vor. Die damals mächtige Hansa trat
dagegen auf und hat zeitweise gar keinen oder nur einen geringen Zoll
bezahlt. Die mit der Zunahme der Schifffahrt wachsenden Erträgnisse
des Sundzolles verleiteten die dänische Regierung zu willkürlichen Auf-
lagen; da vereinigten sich Holland und Schweden, um ihre Handels-
interessen zu schützen. Schweden erreichte im Frieden zu Brömsebro
(1645) die Freiheit vom Sundzoll; die Holländer dagegen erlangten nur,
daß der Zoll nach einem festen Tarif erhoben wurde. Nach dem Tode
Karls Xii. verlor auch Schweden die alte Freiheit vom Sundzoll
wieder.
Unter Christian Iv. (1588—1648) eröffneten die Dänen (1619)
den Handel mit Ostindien und gründeten auf der Koromandel-Küste
Trankebar. Der dänisch-ostindische Handel entfaltete sich in kurzer
Zeit, sank aber bald wieder, als der dreißigjährige Krieg die Kräfte des
Mutterlandes ausschließlich in Anspruch nahm. Erst im 18. Jahrhun-
dert unter der Regierung von Friedrich Iv. und Christian Vi. nahm
der indische Handel einen neuen Aufschwung. Trankebar blieb der Mit-
telpunkt; daneben bestanden Niederlassungen am Ganges. Ansehnlich
erweiterten sich die Verbindungen mit China.
Seit dem Anfang des 18. Jahrhunderts wurden im südwestlichen
Theile Grönlands feste Niederlassungen angelegt, welche sich vorzugs-
weise mit dem Fang von Walisischen und Seehunven abgaben. Von mehr
Bedeutung sind aber die Kolonien Dänemarks in Westindien. König
Christian V.- hatte (1671) St. Thomas besetzen lassen, und dessen
vortrefflicher Hafen wurde wichtig für den Zwischenhandel, in Kriegszei-
ten ein Zufluchtsort bedrängter Schiffe und die Niederlage aller von und
nach den spanischen Kolonien geschmuggelten Waren. Später besetzten
die Dänen noch St. Jean und kauften von Frankreich St. Ccoix,
welche letztere Insel durch seine Produktion von Kolonialwaren wichtig
wurde.
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Extrahierte Personennamen: Struensee Karls Christian_Iv Friedrich_Iv Friedrich Christian_Vi Christian_V.- Thomas Jean
Extrahierte Ortsnamen: Dänemark Kopenhagen Holland Schweden Karls Ostindien China Westindien Frankreich
447
Jagd, Fischerei und Raubzüge waren lange die einzigen Nah-
rungsquellen der Bewohner Schwedens, und diese gewöhnten sich
nur langsam an Ackerbau. Birger umgab Stockholm mit festen
Mauern und hohen Thürmen, und erst in dieser Zeit entstanden
Städte durch die Aufmunterung der Fürsten. Denn es beförderte
weder Gewerbthätigkeit das städtische Leben, noch bewog Furcht
vor einem räuberischen Feinde oder einem vvr den übrigen Freien
begünstigten Adel zur Anlegung von Burgen und ummauerten
Plätzen. Nur die von Deutschen auf der Insel Gothland gegrün-
dete Stadt Wisby trieb schon früh einen ausgebreiteten Handel,
und es siedelten sich daselbst auch Eingeborene und Kaufleute ande-
rer Nationen an. Bon den Schweden wurden im 12. und 13.
Jahrhundert die noch auf einer niedrigen Stufe stehenden und ohne
eigentliche Staatsverbindung lebenden Finnen besiegt und zur An-
nahme des Christenthums gezwungen.
In Norwegen behauptete sich am längsten die altgermanische
Verfassung. Das norwegische Reich war seit Kanuts des Großen
Tod (S. 355) fast außer Verbindung mit dem übrigen Europa,
und wurde durch blutige Thronstreitigkeiten zerrüttet. Erst Ha-
kon V. (1217 —1263) stellte Ruhe und Einheit wieder her. Er
berief 1223 den ersten allgemeinen Reichstag, wo außer der hö-
heren Geistlichkeit und den weltlichen Beamten auch Bauern als
Abgeordnete erschienen. Hakon bevölkerte öde Gegenden, baute
Kirchen, befestigte die Städte, trat mit auswärtigen Mächten in
Verbindung und gestattete den Lübeckern ein Comtoir in Bergen
zu errichten. Die Isländer unterwarfen sich Hakon Ii. mit Vor-
behalt der Regierung unter einem eigenen Jarl und ihrer alten
Gesetze. Auch das unwirthliche Grönland wurde Hakon zins-
bar. Die norwegische Seemacht, welche gegen das Ende des 13.
Jahrhunderts sank , war damals noch sehr bedeutend, und die Nor-
weger standen sogar mit den entfernten mohammedanischen Ländern
in Verbindung. Doch war trotz dieser Blüthe der Seemacht das
äußere Leben noch roh und unentwickelt. Die Norweger hatten nur
Fische und Fleisch im Ueberfluß, sie bauten aber sehr wenig Ge-
traide. Dies machte ihr Land zu einem Hauptziel des Handels für
die norddeutschen Städte, und so wurden die Norweger noch unter
Hakon V. mit den Genüssen und Bequemlichkeiten des deutschen
oder vielmehr italienischen Lebens bekannt. Mit Magnus Vh,
(1263 —1280) begann für Norwegen eine neue Art v>on Blüthe
und für die deutschen Kaufleute die glänzende Zeit ihres nordischen
Handels. Magnus suchte seine Norweger zu civilisiren und ge-
währte den deutschen Kaufleuten gewisse Vorrechte in Bergen. Doch
wurde durch die eingeführte fremde Bildung und durch die über-
mäßig begünstigten Pfaffen die Kraft der rüstigen Norweger ge-
brochen, und es erblich gerade unter dem vortrefflichsten Regenten
der Glanz des Reiches. Magnus ermunterte die zahlreichen nor-
wegischen Dichter und gewährte den isländischen Sängern seinen
Schutz. Am berühmtesten ist er dadurch geworden, daß er die ver-
schiedenen Satzungen und Rechtsgewohnheiten zu einem Gesetzbuch-e
vereinigte; er hat davon den ehrenvollen Beinamen Lagabätter
(Gesetzverbesserer) erhalten.
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Extrahierte Personennamen: Hakon Hakon_Ii Hakon Hakon_V. Magnus Magnus Magnus Magnus
Extrahierte Ortsnamen: Schwedens Norwegen Europa Norwegen Bergen
207
den Herrschersitz eines dänischen Reiches. Im siebenten Jahrhun-
dert trat an die Stelle der Anglinger die von Zwar Widfame
(dem weit umfassenden) gestiftete Dynastie. Zwar beherrschte Schwe-
den, Dänemark und die Küstenländer der Ostsee. Von seinen Nach-
kommen berichtet die Sage viele Abenteuer und Heldenthaten. Der
kriegerische Sinn veranlaßte schon in früherer Zeit Räubereien zwi-
schen Dänen, Nordmannen und Schweden. Zu den Raubzügen,
mit welchen seit der zweiten Hälfte des achten Jahrhunderts die
Skandinavier die westlichen und östlichen Völker heimsuchten, schei-
nen einzelne Machthaber den ersten Anstoß gegeben zu haben, welche
sich über die übrigen Herrscher im Lande erhoben. Die ersten auf-
gezeichneten Wikingerzuge waren seit 787 gegen die britannische
Küste gerichtet. Seit dem Anfang des neunten Jahrhunderts ver-
heerten die wilden Seemänner auch die Küstenstriche des Festlandes,
besonders die nördlichen; aber Karl der Große wußte sie noch im
Zaume zu halten. Schon durch seine Kriege gegen die Sachsen
war Karl der Große mit dem Dänen-König Siegfried in Be-
rührung gekommen.
Wir haben bereits S. 91 die Einwanderung der Sachsen, Gründung der
Angeln und Jüten nach Britannien erwähnt. Als alte Heimath ffmie.
der Sach sen wird das Land östlich von der Elbe, am Eingang
der kimbrischen Halbinsel genannt, wo schon Ptolemäus Sachsen
als Bewohner kennt. Diese östlichen Sachsen, welche hinter der Elbe
und weit von dem Gebiete der Römer entfernt wohnten, waren doch
diesen schon im vierten Jahrhundert bekannt geworden, weil sie als
geübte Schiffer die nördlichen Meere durchzogen und sich durch ihre
Angriffe auf die römischen Küstenländer, vorzüglich auf Britannien,
furchtbar gemacht hatten (S. 85). Der Name der Angeln, der
zahlreichen Begleiter der Sachsen nach Britannien, welcher in der
neuen Benennung des eroberten Landes (England) fortlebt, hat sich
auch in ihren alten Wohnsitzen erhalten, und der Landstrich zwi-
schen der Schlei und dem flensburger Busen wird noch jetzt An-
geln genannt. Das zahlreiche Volk der Angeln muß aber ein viel
größeres Gebiet innegehabt haben. Das Stammvolk, von welchem
die streitbaren Schaaren der Jüten nach Britannien gegangen sind,
hatte, wie es scheint, noch das sechste Jahrhundert hindurch die
Flächen im Osten der Elbe in der Nähe der Ostsee in Besitz. Sie
wurden später der Herrschaft der Franken unterworfen und noch
später finden sie sich unter den Dänen auf der Halbinsel, die von
ihnen den Namen Jütland erhält. Die in England Eingewanderten,
fortwährend durch neue Schaaren verstärkt, fingen an das Land zu
besetzen und vertrieben die Britten nach und nach aus allen ebenen
Gegenden der Insel. Das ganze südöstliche Flachland der Insel fiel
in die Hände der Germanen. Im Norden, zu beide» Seiten des
Humbers siedelten die Angeln sich an, die Sachsen breiteten sich in
mehreren Abtheilungen an beiden Ufern der Themse aus, und die
Juten wurden am äußersten Rande des Südlandes untergebracht.
Die verweichlichten Britten waren den kriegerischen Germanen im
Kampfe nicht gewachsen, und wurden bald auf die westlichen Län-
der der Insel, auf das heutige Wales und Cornwall beschränkt.
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl_der_Große Karl Siegfried Siegfried
Extrahierte Ortsnamen: Schweden Sachsen Sachsen Britannien Sachsen Sachsen Britannien Sachsen Britannien England Britannien England Sachsen Wales Cornwall
290
Christian hatte sich wieder mit dem Papst versöhnt, und die norwegischen
Bischöfe unterstützten ihn. Allein seine Flotte wurde von der dänischen
verbrannt, und Christian ließ sich bewegen, zu einer mündlichen Unter-
handlung mit Friedrich I. auf der dänischen Flotte nach Kopenhagen
überzusetzen. Hier wurde er gefangen genommen und in einem finstern
Thurme auf der Insel Alsen sechzehn Jahre lang in strengem Gewahr-
sam gehalten. 1549 erhielt er mehr Freiheit und ein Schloß zu seinem
Aufenthalte.
Da junge Dänen die Hochschule Wittenberg zahlreich besuchten, so
war auch in Dänemark das Verlangen nach Theilnahme an der Kirchen-
reformation frühzeitig laut geworden. Christian Ii. wurde bei seiner
Begünstigung der Reformation wohl durch die Aussicht geleitet, durch
eingezogene Kirchengüter seinen Schatz zu bereichern. Dagegen neigte
sich König Friedrich I. entschieden dem neuen Glauben zu. Als auf dem
Reichstage zu Odense (1527) Friedrich I. den Prälaten gelobte, ihnen
ihre Güter zu lasten, dagegen das Einholen des Palliums von Rom
verbot und den Grundsatz ausstellte, daß die hohe Geistlichkeit keiner wei-
teren Bestätigung als der des Königs bedürfe, mußten die Bischöfe sich
seinem Ausspruche fügen, weil auch der Adel es so wollte. Seitdem
verbreitete sich die neue Lehre, ohne auf bedeutenden Widerstand zustoßen.
Erst der Tod von Friedrich I. (1533) schien den Prälaten die Gelegen-
heit zu bieten, die verlorene Stellung wieder zu gewinnen.
Da der älteste Sohn Friedrichs, Herzog Christian, ein eifriger
Anhänger der evangelischen Religion war, so widersetzten sich die katholi-
schen Geistlichen und die katholischen Reichsräthe seiner Thronbesteigung.
Die Wahl wurde aufgeschoben und die Regierung dem Reichsrathe über-
geben. Den anarchischen Zustand des Interregnums glaubte Wullen-
weber, der unternehmende und thatkräftige Bürgermeister von Lübeck,
zum Vortheil seiner Vaterstadt benutzen zu können. Die Hansa hatte
früher ein so ausschließendes Monopol in den skandinavischen Reichen
gehabt, daß den Eingebornen nur der Kleinhandel im Innern übrig ge-
blieben war. Betreibung von Landwirthschaft, Fischfang und etwas
Bergbau war ihnen zugestanden worden, Industrie und Schifffahrt da-
gegen waren unterdrückt, damit den Hansen die Einfuhr gesichert war.
Der Verfall der Hansa und die Konkurrenz der Niederländer befreiten die
skandinavischen Reiche von dem lang getragenen Handelsjoche. Wullen-
weber faßte daher jetzt den kühnen Entschluß, mit einem Schlag der
drohenden Gefahr zu begegnen und den Norden mehr als je unter die
Gewalt und Vormundschaft des Bundes zu beugen. Wullenweber und
der Stadthauptmann von Lübeck Marcus Meier bauten auf die Uneinig-
keit in Dänemark den Plan, Dänemark für ihre Republik zu erobern
und dem niederländischen Handel die Ostsee ganz zu verschließen. Sie
sandten (1534) Truppen nach Dänemark unter Anführung des Grasen
Christian von Oldenburg, und dieser verlangte die Huldigung im
Namen Christians Ii., indem er dadurch die Anhänger des gefangenen
Königs zu gewinnen hoffte. Wirklich öffnete Kopenhagen dem Grafen
von Oldenburg die Thore. Nun aber sah der Reichsrath die Nothwen-
digkeit ein, die religiöse Entzweiung fahren zu lassen, und der Herzog
Christian wurde zum König gewählt (1534). Christian Iii. (1534
bis 1559) beendigte bis 1536 siegreich den Krieg.
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Extrahierte Personennamen: Christian Christian Friedrich_I. Christian_Ii Friedrich_I. Friedrich_I. Friedrich_I. Friedrichs Christian Marcus_Meier Christian_von_Oldenburg Christians Christian Christian_Iii
Extrahierte Ortsnamen: Kopenhagen Odense Rom Friedrichs Dänemark Dänemark Oldenburg
291
Die Bischöfe, welche der Wahl Christians widerstrebt hatten, galten
als die Urheber aller dieser Leiden. Von dem Reichstage wurden sie
jetzt gezwungen, auf ihre Würde zu verzichten, und ihre Güter wurden
zur Tilgung der Staatsschuld und zur Erhaltung evangelischer Schulen
und Kirchendiener verwandt. Der Adel erhielt die Bestätigung seiner
großen, die königliche Gewalt beschränkenden Vorrechte. Der nach Däne-
mark berufene Freund Luthers, Johann Bugenhagen, entwarf eine
neue Kirchenordnung. Die Reformation wurde nun auch in Norwegen
und etwas später in Island eingeführt. Die königliche Gewalt wurde
unter den folgenden Königen Friedrich Ii. und Christian Iv. durch
den Adel noch mehr beschränkt.
Der Handel der Hansa sank immer mehr, die Eingebornen fingen
an sich selbst in Handelsgeschäften zu versuchen, und die Ankunft engli-
scher und holländischer Schiffe eröffnete eine freiere Konkurrenz. Ein
großes Hinderniß für die volkswirthschaftliche Ausbildung des Landes lag
in seiner feudal-aristokratischen Verfassung. Der Adel beengte ebenso die
monarchische Gewalt, als er den Bürger- und besonders den Bauernstand
niederdrückte und jeder politischen Vertretung beraubte. Der Zustand des
letzteren war in Dänemark vollkommne Leibeigenschaft, in Norwegen da-
gegen glückte es ihm, sich von derselben frei zu halten. Bei solchen
Zuständen war es mit dem Hauptnahrungßzweig des Landes, dem Acker-
bau, schlecht bestellt. Nur die deutschen Provinzen Schleswig und Hol-
stein, allenfalls auch Jütland, waren ergiebig an Korn, die dänischen
Inseln sowie Norwegen erzeugten nicht genug zu ihrem Bedarf. Bester
als mit dem Ackerbau stand es mit der Viehzucht.
Für den Handel gewährte Norwegen eine mannigfaltigere und reichere
Ausbeute an Bodenprodukten. Des Pelzes wegen verlohnte sich die Jagd
auf Biber und Elennthiere. Norwegische Butter war gesucht, und die
Fischerei bedeutend, seit der Häring sich in die Nordsee gezogen hatte.
Herrliche Tannen- und Fichtenwälder lieferten Holz zur Ausfuhr für
den zunehmenden Schiffsbau in England und Holland. Der Bergbau
erweiterte sich, Christian Iii. rief deutsche Bergleute ins Land. Nor-
wegen hat von der Natur alle Bedingungen zum Schiffsbau und See-
gewerbe. Nachdem das hansische Joch gebrochen war, machte der na.
türliche Beruf sich allmälig geltend. Die dänische Regierung fing an zu
erkennen, daß einem Jnsellande wie Dänemark zur Erlangung kommer-
zieller Unabhängigkeit wie zur Behauptung seiner politischen Selbständigkeit
eine Seemacht nöthig sei. Die dänische Rhederei fing an sich zu rühren.
Es wurden einzelne Kauffahrteischiffe auf weite Fahrt ausgerüstet, Gesell-
schaften für den nordischen und 1616 für den indischen Handel begrün-
det. Die Regierung suchte dem Handwerkerstande aufzuhelfen. Eine
Seidenfabrik und 1624 eine Navigationsschule wurden in Kopenhagen
angelegt. Es wurden nicht wenige Stiftungen für Kirche, Unterricht
und Erziehung gemacht; ein Waisenhaus wurde zu Kopenhagen, ein
Gymnasium zu Odense, eine Ritterakademie zu Soröe gegründet. Manche
gute Einrichtung Christians Iv. fand bei dem Volke nicht den rechten
Anklang, aber im Kirchenthum und Seewesen begegneten sich Regierung
und Volk. Aufrichtige, stille Gläubigkeit und Lust und Geschick zu See-
fahrten sind die Grundzüge des dänischen Volksthums jener Zeit. Dem
19*
Zustande des
äußeren und
des geistigen
Lebens.
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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Extrahierte Personennamen: Christians Johann_Bugenhagen Johann Friedrich_Ii Friedrich Christian_Iv Christian_Iii Christians
Extrahierte Ortsnamen: Luthers Norwegen Island Dänemark Norwegen Norwegen England Holland Kopenhagen Odense
587
7) Schweden. Dänemark.
Unter der glorreichen Regierung des großen Gustav Adolf (1611
bis 1632) erhielt die schwedische Nation einen Schwung, der sie auch
der inneren Veredlung rasch entgegenführte, und einen Namen, den
alle Völker Europa's mit Achtung aussprachen. Auch der äußere Um-
fang deß Reiches wurde bedeutend erweitert; die ganze Ostküste des
baltischen Meeres wurde unterworfen, Finnland, Karelien, Jngermann-
land, Esthland gehorchten der schwedischen Herrschaft. Der 1635 mit
Polen erneute Waffenstillstand setzte Schweden auch in den Besitz von
Livland. Nach Gustavs Tode wurde seine sechsjährige Tochter Chri-
stine (1633—1654, gestorben 1689) von den Ständen des Reiches als
Thronfolgerin anerkannt und die Regentschaft von den fünf höchsten
Reichsbeamten geführt. Die im westphälischen Frieden erfolgte Abtre-
tung von Vorpommern und dem Herzogthum Bremen schien den Ein-
fluß Schwedens in Deutschland für alle Zeiten zu sichern.
Die königliche Gewalt war in Schweden durch den Reichsrath be-
schränkt, welchen der König aus den angesehensten Adeligen ernannte
und dessen Mitgliederzahl Gustav Adolf auf fünf und zwanzig festgestellt
hatte. Weniger einflußreich als in anderen Staaten waren die Versamm-
lungen der Stände, und überdies hatte Gustav Adolf den Gebrauch
eingeführt, gewöhnlich nur einen beliebig von ihm gewählten Ausschuß
der Stände statt der allgemeinen Reichstage zu berufen. Große Vor.
rechte und Abgabenfreiheit besaß der Adel, dem auch alle hohen Aemter
und Ehrenstellen ausschließlich zugesichert waren. Ein Edelmann zog
sich durch eine Vermählung mit einer Frau aus dem Bürger- oder
Bauernstande den Verlust des Adels zu. Die gutshörigen Bauern wur-
den mit den härtesten Frohnen gedrückt, mit Rohheit und Gewaltthä-
tigkeit behandelt. Dennoch ruhte die Stärke Schwedens auf den Bauern,
weil der Ackerbau die einzige Nahrungs- und Erwerbsquelle des Landes
war. Die Geistlichkeit besaß keinen bedeutenden Einfluß, obgleich die
höhern Kirchenbeamten es meist mit dem Adel hielten; die niedern waren
arm und schlecht besoldet. Das Finanzwesen war nicht geordnet; die
Einkünfte des Staates waren im Ganzen unbedeutend, und man mußte
fortwährend seine Zuflucht zur Verpfändung von Krongütern nehmen,
die gewöhnlich an den Adel kamen. Das Gerichtswesen war unter
Gustav Adolf bedeutend verbessert worden. Die Armee wurde durch
Werbungen und Aushebungen zusammengebracht, indem eine gewisse
Zahl bäuerlicher Haushaltungen je einen Mann stellen mußte.
Christine übernahm die Regierung, als sie achtzehn Jahre alt und
mündig geworden war. Sie war von gelehrten Männern in Sprachen
und Wissenschaften unterrichtet worden und hatte ungemeine Fortschritte
gemacht. Sie las den Thucydides und Polybius in der Ursprache,
scbrieb und redete Französisch und Italienisch wie ihre Muttersprache,
und Deutsch und Lateinisch ziemlich richtig. Tacitus und Plato studirte
sie mit dem größten Eifer und lernte sogar das Hebräische. Ihr gan«
Christine.
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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Extrahierte Personennamen: Gustav_Adolf Gustav Adolf Gustavs Gustav_Adolf Gustav Adolf Gustav_Adolf Gustav Adolf Gustav_Adolf Gustav Adolf Christine Christine
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werbe gerichtete Sorgfalt. Auch für die Verbesserung der inneren Kom.
munikation wurde gesorgt.
Während aber Gustav Adolf die politische Machtstellung Schwedens
im europäischen Staatensystem über das natürliche Maß hob, vermehrten
sich nicht in gleichem Verhältniß die materiellen Hülfsmittel. Selbst die
durch den Erwerb neuer Länder vermehrten Einnahmen reichten für den
Staatshaushalt nicht zu. Die fortdauernden Kriege entzogen dem ohne-
dies schwach bevölkerten Schweden manche tüchtige Arbeitskraft und
entfremdeten den Nationalcharakter dem Gefallen an den bürgerlichen
Erwerbszweigen. Der Ruhm blendete das Volk. Die Maßregeln, welche
Gustav Adolf für Handel und Gewerbe traf, brachten der Krone mehr
Vortheil, als der allgemeinen Wohlfahrt; sie waren auf ein Monopol
gerichtet, durch welches die Regierung sich des Handels zu bemächtigen
suchte.
Durch seine Siege errang Schweden die Suprematie des Nordens;
fast die ganze Ostseeküste war in seiner Gewalt, der Sund war frei und
ein Handelsgebiet stand Schweden offen, welches zu dem thätigsten An-
theil am europäischen und transatlantischen Verkehr berechtigte. In der
Person von Karl Xi. bestieg (1660) ein friedliebender, sparsamer Fürst
den Thron, welcher durch Hebung der schwedischen Schifffahrt eine
schwedische Handelsmacht zu schaffen bemüht war. Er erließ eine Art
Navigationsakte, welche die nationale Flagge vor der fremden begün-
stigte. Die Wirkungen äußerten sich sofort auf die Holländer, welche
den Ostseehandel an sich gerissen hatten. Bis zum Ende des siebzehnten
Jahrhunderts hatten die Schweden ihnen in der Ostsee den Vorrang
abgelaufen und singen auch an yenseits des Sundes nach Portugal und
in das Mittelmeer zu fahren. Auch in den andern staatßwirthschaftlichen
Zweigen leistete Karl Xi. manches Verdienstliche, er beförderte die Fort-
schritte des Bergbaues, schaffte die meisten Kronmonopole ab und machte
den innern Handel frei.
Die schönen Hoffnungen Schwedens vernichteten die wilden Leiden-
schäften Karls Xii. Als dieser starb, hatte Schweden nach allen Sei-
ten hin nur Niederlagen erlitten, seine Flotte eingebüßt, die deutschen
Provinzen an der Ostsee abgetreten und der Freiheit vom Sundzoll ent-
sagt. Bei Karls Tode waren drei Schiffe die Reste der Handelsmarine.
Nur langsam hob sich Schweden von seinem tiefen Fall. Eine selbst-
süchtige Aristokratie hinderte die Könige an jeder dem Gemeinwohl dien-
lichen Regierung. Um die Schifffahrt zu heben, wurde 1724 eine Na-
vigationsakte erlassen, welche fremde Schiffe nur mit den Erzeugnissen
ihres Landes in schwedischen Häfen zuließ. Das half auch so weit, daß
nach zwanzig Jahren die Marine wieder 300 Segel zählte. Auch führte das
gleiche Interesse den Uebergriffen Rußlands zu begegnen zu einem freund-
schaftlichen Einvernehmen und zu Handelsbündnissen mit der Türkei. In
Folge davon hob sich der schwedische Handel nach der Levante. Bessere
Zeiten kamen unter Gustav Iii. Es geschah manches der Anerkennung
Werthes, aber es hatte keinen Bestand. Nach Gustavs gewaltsamen
Tode sank Schweden tiefer als je.
Den ersten Anstoß zu Kolonisationsversuchen der Schweden
gab Gustav Adolf durch Begründung einer Südseekompagnie (1611).
Sie gründete Kolonien in Guinea und in Nordamerika, die aber bald
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Extrahierte Personennamen: Gustav_Adolf Gustav Adolf Gustav_Adolf Gustav Adolf Karl_Xi Karl Karl_Xi Karl Karls Karls Gustav_Iii Gustav Gustavs Gustav_Adolf Gustav Adolf
Extrahierte Ortsnamen: Schwedens Schweden Ostsee Portugal Schwedens Karls Karls Schweden Guinea Nordamerika
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Handel und
Gewerbe.
Kolonien.
lichen Hauses und des dänischen Reiches, und acht Tage später wurde
sogar ein allgemeines Danksest gefeiert. In den öffentlichen Blättern
wechselten schwülstige Lobreden auf die Sieger mit Hohn und Spott
gegen die Besiegten. Während die von dem gestürzten Günstling ange-
stellten Diener entlassen und aus dem Reiche verwiesen wurden, verheil-
ten die Helden des 17. Januars Aemter, Titel und Belohnungen unter
sich und bestellten sich selbst zu einem geheimen Staatsrath unter dem
Vorsitze deß Prinzen Friedrich.
Erst nach fünfwöchiger, harter Gefangenschaft begannen die Ver-
höre der Gestürzten. Struensee wurde des Verbrechens der beleidigten
Majestät, des Unterschleifs und des verbotenen Umgangs mit der Köni-
gin angeklagt. Das Urtheil gegen die Grafen Struensee und
Brandt lautete, daß Beide ihrer Ehren, Aemter und Güter entsetzt,
ihre Wappen zerbrochen, ihnen die rechte Hand, dann der Kopf abge-
hauen, ihre Körper geviertheilt und aufs Rad gelegt werden sollten.
Struensee hatte sich anfangs schwach und kleinmüthig gezeigt, aber die
Todesbotschaft empfing er mit Gelassenheit und bewies sich männlich
und fest. Das Urtheil wurde am 28. April 1772 vor dem Oster-
thore von Kopenhagen in aller Strenge vollzogen. Die unzählbare
Menge der Zuschauer kehrte, von dem entsetzlichen Auftritte erschüttert,
in dumpfer Stille nach der Hauptstadt zurück. Die übrigen Gefangenen
wurden theils mit Verlust ihrer Aemter, theils mit Verweisung bestraft.
Die Ehe Christians Vh. mit Karoline Mathilde wurde durch den
Spruch des Gerichts für aufgehoben erklärt. Karoline Mathilde
duldete auf dem Schlosse zu Kronenburg die Qualen einer harten Ge-
fangenschaft. Durch das kräftige Einschreiten ihres Bruders, Georgs Iii.
von England, und das Erscheinen einer englischen Flotte vor Kopenha-
gen erlangte sie die Freiheit. Sie bezog das Schloß Celle im Han-
növerschen und lebte fromm und in tiefster Abgeschiedenheit, von ihrer
Umgebung und den Bewohnern der Stadt wie ein Engel in Menschen-
gestalt verehrt. Gram über die auf sie gehäuften Kränkungen brach ihr
das Herz, noch ehe sie das vierundzwanzigste Jahr zurückgelegt hatte
(1775). Die Schöpfungen Struensees gingen meistens mit ihm unter,
und der Adel drängte sich wieder zwischen daß Volk und den König.
Nach dem Tode Karls Xii. von Schweden hob sich die innere
Wohlfahrt Dänemarks, Handel, Schifffahrt und Gewerbe nahmen einen
Aufschwung, und die Flagge des Danebrog wehte auf allen Meeren.
Friedrich Iv. suchte besonders die Hauptstadt zu heben, indem er den
Handel mit Salz, Branntwein, Wein und Tabak ausschließlich dahin
verlegte. Auch von den Nachfolgern wurde Kopenhagen erweitert und
verschönert. Die Lehren des Merkantilsystems erlangten großen Einfluß;
Dänemark sollte ein Fabrikstaat werden und alles selbst erzeugen.
Moltke und Bernstorf, welche an der Spitze der Regierung standen,
zogen fremde Künstler und Manufakturisten ins Land und unterstützten
die verschiedenen Industriezweige aus Staatsmitteln. Es erfolgten strenge
Verbote fremder Waren und Privilegien und Monopole für die inländi-
schen Anlagen. Das Streben für Hebung der Gewerbe war auch auf
Norwegen gerichtet, und die daselbst angelegten Glas- und Ziegel-
hütten, Sägemühlen, Theerbrennereien, Potaschsiedereien, Oelstampfen,
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Struensee Brandt Struensee Christians Karoline_Mathilde Karoline_Mathilde Karls Friedrich_Iv Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Kopenhagen Georgs England Karls Schweden
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werbfleiß blühten auf, und es stieg die Wohlhabenheit, die Macht und
das Selbstgefühl der Völker.
Auch durch die Erfindung der Buchdruckerkunst und die Ein-
richtung derposten wurde die Verbindung unter den verschiedenen euro-
päischen Völkern sehr vermehrt, der Austausch der Ideen erleichtert, Handel
und Verkehr befördert. Es entstand allmälig ein so enges Verhältniß zwischen
den wichtigsten und. endlich zwischen allen Staaten Europa's, daß sie wie
ein großes Gemeinwesen, wie ein System von Staaten konnten be-
trachtet werden. Die verschiedenen Völker Europa's bildeten sich all-
mälig zu einer großen Familie, zu einem Staatenverein, welcher zwar
aus einer Menge, an Macht und Einfluß verschiedenartiger, unabhängi-
ger Theile bestand, aber durch mancherlei Bande der Kultur, durch die
Gemeinsamkeit der christlichen Religion, durch Handel und Verkehr und
durch Aehnlichkeit in Sitten und Gebrauchen unter einander verknüpft
wurde. Es entstand in Europa ein Staatensystem, welches eine Art
von öffentlichem Rechtszustand zwischen seinen Gliedern erzeugte.
Dieses aus das Gleichgewicht der Staaten gegründete
System hatte sich zuerst in Italien gebildet. In den italienischen
Handelsstädten hatten Gewerbe, Kunst und Wiffenschast einen bedeutenden
Aufschwung genommen, und Wohlhabenheit und Reichthum hatten sich
verbreitet. Der Handel vermehrte auch die politischen Berührungspunkte,
und Handelßinteresse und Handelseisersucht erregten nicht selten heftige
Kämpfe unter den italienischen Staaten. Es hatten sich in Italien eine
Menge unabhängiger Staaten gebildet, die an Macht und an Umfang
zwar verschieden waren, von denen aber keiner so mächtig war, daß er
der vereinigten Macht der übrigen Trotz bieten und die Herrschaft über
dieselben dauernd behaupten konnte; aus der anderen Seite war aber
auch keiner so schwach, daß er von keinem Gewicht in den politischen
Verhältnissen gewesen wäre. Mit dem Emporkommen des Bürgerstandes
hatte sich die Verfassung der meisten Städte in Demokratie umgewandelt,
und neben dem Handel trug auch diese Form der Versaffung zur Ver-
breitung eines allgemeinen politischen Interesses unter den italienischen
Städten bei. Der Kamps zwischen der Aristokratie und der Demokratie
dauerte nämlich in den meisten Städten eine geraume Zeit mit großer
Heftigkeit fort, und wenn sich auch gewöhnlich der Sieg für die Demo-
kratie entschied, so hörten doch damit die inneren Unruhen und Strei-
tigkeiten nicht aus; alle Vorzüge und alle Mängel der demokratischen
Vecsaffungssorm zeigten sich unter dem lebhaften Volke in einem hohen
Grade. Es entstanden häufig Parteiungen in den einzelnen Staaten,
nicht selten Auswanderungen Mißvergnügter zu den Nachbarn und Ein-
mischungen derselben in die inneren Händel und daraus Zwiste und
Kriege, Verbindungen und Bündnisse, damit nicht ein einzelner Staat
eine allen verderbliche Oberherrschaft gründe, sondern das Gleichgewicht
zwischen den verschiedenen Staaten erhalten werde.
Dieses System des Gleichgewichts verbreitete sich seit dem
Anfange des sechzehnten Jahrhunderts allmälig über den ganzen Sü-
den von Europa. Von den großen Monarchien hatte zuerst Frank-
reich durch Verbindung der großen Lehen mit der Krone innere Festigkeit
und Einheit gewonnen. Kaum war dies geglückt, als zuerst Karl Viii.
aus auswärtige Eroberungen dachte und Italien als eine leichte Beute
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Extrahierte Personennamen: Karl_Viii Karl
Extrahierte Ortsnamen: Europa Italien Italien Europa Italien