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Hessenland zur Römerzeit ein lebhaftes Passageland im Verkehr zwischen den
Main- und Rheingegenden einerseits und dem Weser- und Elbgebiet andererseits
war, vermochten die Römer weder einen störenden Einfluß auf das Volkstum
auszuüben, noch hier einen dauernden Besitz zu begründen. Die Chatten
blieben deutsch, trotzdem durch die breiten Pforten ihres Landes die Römer
zu kriegerischen und friedlichen Zwecken gen Norden zogen. Zwischen
Taunus und Westerwald zogen sie ans dem Rheingebiet durch die Täler der
Nidda, Wetter und oberen Lahn der Weser zu; andererseits gelangten sie ans
dem Maingebiet durch das Tal der Kinzig und der obern Fulda'zur Grenze
Thüringens und weiter bis zur Elbe. Heute folgen diesen alten, bedeutsamen
Naturbahnen wichtige Eisenbahnlinien.
Die Bewohner des hessischen Berglandes sind überwiegend evangelisch,
mit Ausnahme der Striche um Fulda bis gegen die Südgrenze hin.
Man rühmt an den Hessen besonders ihren Fleiß, ihre Treue und
Tapferkeit. „Wo Hessen und Holländer verderben, kann niemand mehr
Brot erwerben," sagt ein Volkssprichwort. Ihre Tapferkeit ist ein
kühner Todesmut, mit welchem sie blindlings auf die Gefahr losgehen,
daher die Bezeichnung „blinder Hesse." — Ihre Hauptbeschäftigung ist
insonderheit Landwirtschaft mit Ackerbau und Viehzucht. Hessen ist
vorwiegend ein Bauernland. Recht fruchtbar ist es nur in den geschützt
liegenden Tälern, insbesondere in der Wetteran, Hessens Kornkammer,
und im Tale der Schwalm. Weinbau kann nur ans den Südabhängen
gegen den Main hin getrieben werden. Im übrigen kann der Landmann
dem kargen, rauhen Boden nur mit redlichem Fletß Erträge abringen.
Einem neckischen Sprüchlein zufolge soll daher Hessen ein Land sein mit
hohen Bergen „und nichts zu essen." Demgegenüber erinn rn bereits
alte Kenner des Landes daran, daß Hessen ein Land sei, das 12 W
beisammen habe: Wasser, Waid, Weizen, Wein, Weiden, Wiesen, Weiher.
Wolle, Wachs, Werg, Wälder und Wild. — Neben der Landwirtschast
kommen auch Hausindustrie (namentlich Leinenweberei), Forstwirt-
schast und in Niederhessen Gewervtätigkeit als Nahrnngsqnellen
in Betracht.
Schließlich sei noch auf eine ältere, trotz der modernen Kommunikations-
Verhältnisse auch heute noch größtenteils zulressende Schilderung des Hessenvolks
von Landau verwiesen: „Im allgemeinen treu und bieder, ruhig und fleißig,
neigt sich der Nie der Hesse, gehoben und gefördert durch zahlreiche Städte,
sowie durch Wasser- und Landstraßen, einem regen gewerbtätigen Leben zu.
Dagegen ist der Oberhesse. vorzüglich in den Tälern der Schwalm, der
Ohm und der Lahn, nur Landwirt. An Biederkeit und Fleiß dem Niederhessen
nicht nachstehend, an Ausdauer denselben noch übertreffend, ist derselbe noch
gerader und derber, zugleich aber auch wohlhabender als dieser. Ausgezeichnet
durch seinen kräftigen Körperbau und seine einfache Lebensweise, hängt er mit
Liebe am Hergebrachten und bewahrt darum auch noch eine Volkstümlichkeit,
wie sie nicht häufig sich wieder findet."
5. Staatliche Verhältnisse und Grtskunde.
In das hessische Bergland teilen sich die Staaten Preußen.
Hessen und Waldeck. Der größere Teil ist preußisch; er bildet den
Regierungsbezirk Kassel der Provinz Hessen -Nassau.
Oberhessen mit dem Gebiete des Vogelsberges und der Wetteran
gehört zum Groß Herzogtum Hessen. Waldeck breitet sich um
die mittlere Eder und n. bis zur obern Diemel aus. Das Fürstentum
hat preußische Verwaltung, unbeschadet der fürstlichen Souveränität.
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land]]
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— 179 —
Verkehrs dankt die Provinz größtenteils deutscher Arbeit und der segens-
reichen Fürsorge der Hohenzollernfürsten.
An dem Polen rühmte man von jeher Liebenswürdigkeit in der
persönlichen Erscheinung, Gastfreiheit, angeborenes Schönheitsgefühl,
leichte und schnelle Auffassungsgabe. Rasch und lebhaft ist sein Em-
pftnden, glühend seine Liebe für seine Religion, sein Volkstum und
seine Muttersprache. Der polnische Arbeiter ist geschickt und anstellig,
genügsam und willig, auch ein guter Soldat. Leider ist er auch ein
Liebhaber des Branntweins, der in den vielen Brennereien im Lande
selbst bereitet wird. Eine eigentümliche Erscheinung im Wirtschaftsleben
der Landbevölkerung in Posen und Westpreußen ist die sogenannte
„Sachsengängerei". Tausende von polnischen Landarbeitern ziehen im
Frühjahr nach den Rübenländern und Industriegebieten des Westens,
aber nur Hunderte kehren zu Beginn des Winters mit ihrem ersparten
Verdienst wieder heim. In und um Berlin, in der Gegend von
Magdeburg, Halberstadt, Eisleben und andern Gebieten der Provinz
Sachsen, ferner um Leipzig und in den westfälischen Jndustriebezirken
gibt es viele Polenkolonien. In den größten derselben findet polnisch-
katholischer Gottesdienst statt, und es erscheinen auch polnische Zeitungen.
Durch diese Wanderzüge erwächst der Landwirtschaft des Ostens großer
Schaden. — Dem polnischen Adel wirft man bei Anerkennung aller
oben genanuteu guten Eigenschaften Leichtlebigkeit und Vernachlässigung
seiner wirtschaftlichen Verhältnisse vor. Die ,,polnische Wirtschaft" ist
beim Deutschen sprichwörtlich geworden. Durch leichtsinnige Ver-
schwendung sind viele ehemals reiche polnische Adelsfamilien bettelarm
geworden. Mit Ausnahme einiger Bezirke im Südosten der Provinz
Posen sind fast alle Polen katholisch. Die einflußreiche polnische
Geistlichkeit vertritt sehr eifrig die Sache der Religion und des
polnischen Volkstums.
Landwirtschaft mit landwirtschaftlicher Industrie ist
die Hauptnahrungsquelle der Bevölkerung. In den Städten haben
Gewerbfleiß und Handel ihre Heimstätte. Letzterer ist größtenteils
Zwischenhandel zwischen Rußland und den Binnenländern Deutschlands
und wird durch ein verhältnismäßig dichtes Bahn netz, die Wasser-
straßen der Warthe und Netze und durch den 30 km langen Brom-
berger Kanal gefördert. Dieser wurde 1772/73 von Friedrich dem
Großen erbaut, hat im ganzen 10 Schleusenwerke (8 zur Brahetreppe, 2 zur
Netzetreppe gehörig) und wird bei der höchsten Teilstrecke durch den Speisekanal
aus der obern Netze mit Wasser versehen. Er dient vorzugsweise der Holz-
flößerei und dem Getreidehandel. Der Bergbau liefert Salz (Jnow-
razlaw) und Brannkohlen.
3. Ortskunde.
Posen (117 Tsd. E.), Hst. der Provinz, in der Mitte derselben
an der Warthe gelegen, starke Festung, welche die große ostwestliche
Verkehrsstraße nach Berlin deckt, gehört zu den ältesten Städten des
Posener Landes, war lange Zeit Herrschersitz der großpolnischen Herzöge
und bereits im Mittelalter eine bedeutende Handelsstadt mit mancherlei
12*
TM Hauptwörter (50): [T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_dem
Großen Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Polen Posen Berlin Magdeburg Halberstadt Eisleben Leipzig Posen Deutschlands Berlin
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seines Hauses und die Wächterin in guter Sitte und Ordnung: sondern.sie gilt als
ein niederes Wesen, als ein Spielball der Willkür und Laune des Mannes.
Der reiche Türke darf vier gesetzmäßige Frauen und soviel Nebenfrauen und
Sklavinnen in seinen Harem aufnehmen, als ihm beliebt. „Wer seine Frauen
nicht mit gleicher Liebe umfassen kann", sagt der Koran, „verdient keine zu be-
sitzen". Der arme Türke hat in der Regel aber nur eine Frau, da er mehr
nicht ernähren kann. Nur der Hausherr, kein anderer Mann, hat Zutritt zum
Harem, der von Eunuchen streng bewacht wird. Öffentlich darf die Frau sich
nur verschleiert zeigen.
Mit dieser Stellung der Frau ist natürlich ein Familienverkehr und ein
gesellschaftlicher Umgang unserer Art unvereinbar. Die Vielweiberei ist das Grab
alles häuslichen Lebens, der Harem die Stätte der Faulheit, der Putzsucht und der
Jntriguen. Der Mangel an höherer Bildung und idealerer Lebensauffassung
läßt im Harem kein Interesse für Litteratur, Kunst und Wissenschaft aufkommen.
Von einer planmäßigen Kindererziehung ist keine Rede. Selbst die
Mädchen der Vornehmeren lernen in der Regel weder lesen noch schreiben,
höchstens gewisse feine Handarbeiten. Der Knabe lernt notdürftig lesen und
schreiben und wird in den Religionsbräuchen, im Reiten und in der Führung
der Waffen geübt. Öffentliche Schulen, die mit den Moscheen in Verbindung
stehen, werden meistens von Kindern des Mittelstandes besucht.
Das Lieblingsgetränk des Türken ist der Kaffee, neben dem die Pfeife,
der „Tschibuk", nicht fehleii^darf. Zahlreich sind daher die öffentlichen Kaffee-
Häuser, und in großen Städten gibt es auch in den Straßen umherziehende
Kaffeewagen. Sehr zerrüttend auf die Gesundheit wirkt das Opiumessen und
Opiumrauchen, sowie der Genuß des indischen Hanfes. Obwohl der Wein ver-
boten ist, sind geistige Getränke wie Branntwein, Cyder, weit verbreitet. Ein
kühlendes Getränk ist der Scherbet. Große Sorge wird für frisches Wasser-
getragen. Reine Quellen werden mit Steinen eingefaßt und Trinkbecher dazu-
gesetzt: solch ein Brunnen ist dem Muselmann heilig, und keiner wagt es,
freventlich die .Hand daran zu legen. — Als Speise dient Fleisch aller Art,
nur kein Schweine- und Kalbfleisch. Vorzugsweise aber wird schaffleifch unter
mannigfacher Bereitung und Zusatz von Gewürzen genossen. Reis ist Haupt-
Nahrungsmittel, als Suppe und als „Pillav", mit heißem Fett gedämpft und
mit Safran, Pfeffer, Paradiesäpfelsauce oder Honig und Fruchtsaft versetzt.
Kompots allerlei Art spielen eine große Rolle bei der Tafel.
Die Zahl der Türken in Europa wie ihr Privatbesitz nehmen immer mehr
ab. größtenteils eine Folge der künstlichen Beschränkung ihrer Kinderzahl und
ihrer Lässigkeit und Trägheit. Der Türke ist im allgemeinen einem reichen
Kindersegen ebenso abhold, wie eine mit vielen Kindern (besonders Knaben)
gesegnete Familie der Stolz des christlichen Bewohners der Türkei ist. Das
stetige Zurückweichen des mohammedanischen Elements vor dem gebildeteren,
handelstätigeren Griechen- und Bulgarentume ist eine unbestreitbare Tatsache.
Eine Zusammenfassung der geschilderten wirtschaftlichen Verhältnisse
unter den Bewohnern der n. Balkanhalbinsel ergibt, daß unter den
Nahrungs quellen in erster Linie die Landwirtsch aft zu nennen
ist. Freilich ist dieselbe trotz des meistenteils fruchtbaren Bodens und
günstigen Klimas arg vernachlässigt. Von Bedeutung für die Ausfuhr
ist der Getreidebau in Bulgarien, der Anbau von vorzüglichem „türkischen"
^abak. die Rosenkultur im Maritzatal und die Olivenkultur in Make-
donien. Sehr ausgedehnt ist die Schafzucht. Das Fleisch der Schafe
ist ein Hauptnahrungsmittel; die Wolle wird zu allerlei Webereien
verbraucht uttb auch roh ausgeführt. In Bosnien und Serbien steht
die Schweinezucht, begünstigt durch die großen Eichenwaldungen, auf
hoher Stufe. — Die Erzeugnisse des Gewerbefleißes sind unbedeutend,
abgesehen von der Teppichweberei. Auch Webereien aus Seide
werden in den s. Provinzen gefertigt, wo die Seiden zu cht eine
TM Hauptwörter (50): [T15: [Wein Getreide Baumwolle Tabak Kaffee Obst Weizen Reis Zucker Kartoffel], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
TM Hauptwörter (100): [T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T11: [Wein Getreide Boden Viehzucht Weizen Land Pferd Obst Kartoffel Ackerbau]]
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Extrahierte Ortsnamen: Europa Türkei Bulgarien Maritzatal Make- Bosnien Serbien
— 102 —
Römern die Sprache, von den Franken den Namen geerbt" (Ecjli) Ter
Franzose hat ein scharf ausgeprägtes persönliches lind nationales Ehrgefühl
und hält sein Volk für das erste der Erde, das an der Spitze der gesamten
Zivilisation marschiert. („Nous marchons k la tete de la civilisation!")
Im Kriege mutig und tapfer, zeigt er im gewöhnlichen Umgänge ein leichtes,
bewegliches Wesen, verbunden mit Anstelligkeit, Kunstfertigkeit und Geschmack,
ist formgewandt in Sprache und Benehmen, sparsam und fleißig, huldigt indes
nur zu gern dem äußern Schein. Kein Volk hat in den letzten 199 fahren
so oft seine Verfassung gewechselt als das französische. Übrigens zeigt der
Volkscharakter in den einzelnen Provinzen auch bedeutende linterschiede. „Der
überfeinerte Pariser kontrastiert gewaltig mit dem frommen, aber rohen Be-
wohner von Poitou, der quecksilberige Gascogner mit dem plumpen Auvergner,
der zweideutige Normanne mit dem treuen Burgunder."
Nichtfrauzoseu gibt es nur wenige im Lande (3,4 Mill.), und
zwar find diese in den Grenzlandschaften ansässig. In der Bretagne
leben (1,1 Mill.) keltische Bretonen, in den w. Pyrenäen Basken,
in den sw. Grenzlandschaften Spanier, in Nizza undsavoyen Italiener,
in Lothringen Deutsche, an der belgischen Grenze Vlämen.
2. Religion und geistige Bildung. Dieselbe Einheit wie im
Volkstum herrscht auch in der Religion. Fast die gesamte Bevölkerung
gehört dem katholischen Bekenntnis an.
Nächst den Südeuropäern sind die Franzosen die am längsten kultivierte
Nation Europas und haben für Kunst und Wissenschaft Großes geleistet.
Namentlich hat Frankreich bedeutende Physiker, Naturforscher und Mathematiker,
Mechaniker. Mediziner und Rechtsgelehrte hervorgebracht und auch bedeutende
Dichter und Prosaschriftsteller aufzuweisen. Die allgemeine Volksbildung steht
noch hinter derjenigen der germanischen Staaten zurück; doch hat Frankreich
hierin seit 1872 bedeutende Fortschritte gemacht*).
3. Nahrnngsqnellen. In erster Linie ist die Groß-
industrie zu nennen. Die wichtigsten Jndnstriegegenden sind: 1) der
nördliche Bezirk, (Pieardie, Artois (artoa) und Flandern); Mittel-
punkt Lille (Iii), mit Leinen-, Woll- und Banmwollenfabrikaten.
2) Paris mit Umgebung, unübertroffen in Mode-und Galanterie-
waren. 3) Der südliche Bezirk mit Lyon (Seidenwaren) und
St. Etienne (ßängtetienn) mit Metallindustrie. Zur Entwicklung
dieser Industrie haben in erster Linie im N. die Kohlenschätze der Ar-
dennen, im S. die Kohlen- und Eisenlager des Lyonnais- und Charollais-
Gebirges beigetragen. Doch deckt der Bergbau nicht den einheimischen
Bedarf an Kohlen, und werden solche daher nicht nur aus dem benach-
barten Belgien, sondern auch aus England und Denschland eingeführt.
Hoch entwickelt sind ferner die verschiedensten Zweige der Land-
Wirtschaft. Besonders ist Frankreich durch seinen Weinbau berühmt.
Es ist das erste Weinland der Erde. Die 3 Hauptsorten sind
Bordeaux-, Burgunder- und Champagner Weine, wozu noch süße Weine
des Südens kommen. Durch die Verheerungen der Reblaus hat der
Weinbau sehr gelitten**). — Im N. und W.' Frankreichs wird sehr viel
*) 1872 betrug der Kostenaufwand für das Volksschulwesen ö8 Mill.,
1892 dagegen bereis 168 Mill. Fr.
**) 1875 betrug die Weinernte noch 83,8 Mill. hl, sank 1879 auf 25,8
Mill. hl und stieg 1888 auf 30 Mill. hl, 1895 auf 36 Mill. hl. Die Einfuhr
hatte 1894 einen Wert von 149 Mill. Fr., die Ausfuhr einen solchen von
238 Mill. Fr.
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Extrahierte Personennamen: Etienne
Extrahierte Ortsnamen: Nizza Lothringen Europas Frankreich Frankreich Flandern Paris Galanterie- Lyon Belgien England Frankreich Frankreichs
— 109 —
Das Klima ist ein sehr feuchtes, gemäßigtes Seeklima. Selbst
im Januar betrügt die mittlere Jahreswärme meistens über 0°. Der
Himmel ist in der Regel von Nebel und Wolken verhüllt, sodaß nian
im Jahre kaum 50 heitere Tage zählt.
2. Die Bewohner sind niederdeutscher Abstammung, im
W. Holländer (3/4), im No. Friesen, im S. Vlämen. Der
unablässige Kampf mit deni Meere verleiht dem Holländer Kraft und
Ausdauer, spornt seinen Scharfsinn und seine Erfindungskraft, erzieht
ihn zu vorsorglicher Tätigkeit, Arbeitsamkeit und Besonnenheit. Sprich-
wörtlich ist der Reiulichkeitssiun der Holländer. „Durch Fleiß, Tapfer
keit, Sparsamkeit, im Gefühl einer selbsterworbenen Freiheit ist er zu Wohlstand,
Behäbigkeit, Rechtlichkeit, Mut und Frohsinn gekommen."
Der Religion nach gehören die meisten Holländer (%) dem
reformierten Bekenntnis an. Die übrigen (^5) sind katholisch.
Juden gibt es an 197 Tsd. — Die Volksbildung steht auf hoher
Stufe, und für Kunst und Wissenschaft war Holland von jeher eine Pflegestätte.
(Holländische Meister der Malerei!) Staatsuniversitäten sind zu Leiden.
Utrecht und Groningen, eine „freie" Universität zu Amsterdam.
Die wichtigste N a h r u n g s q u e l l e der Bevölkerung ist der
Handel. Begünstigt durch die Lage des Landes und getragen von
der Tatkraft der Bevölkerung, hat er sich zu hoher Blüte entwickelt
und zur Erwerbung umfangreicher überseeischer Besitzungen geführt.
Größtenteils ist Durchgangshandel mit Kolonialwaren vertreten.
Doch liefern auch die Erzeugnisse des Landes selbst (Butter, Käse (Edamer!),
Vieh, Gemüse) immerhin bedeutende Ausfuhrprodukte. Der Gesamtwert
des Handels wird in Europa nur von dem Englands, Deutschlands
und Frankreichs übertroffen. — In der Landwirtschaft tritt der
Ackerbau zurück; wo er iudes betrieben wird, geschieht dieses in mnster-
haster Weise. Viehzucht, Gartenbau und Blumenzucht stehen im
Vordergrunde des landwirtschaftlichen Betriebes. — An Wald fehlt es
dem Lande so gut wie gauz. Das Holz zu den Deichbauten und dem
Schiffsbau kommt aus dem Schwarzwalde und den Ostseeländern. —
Ein bedeutender Nahrungszweig ist die Seefischerei. Sie liefert
besonders Heringe auf deu europäischen Markt. -— Wenig entwickelt ist
naturgemäß die Industrie. Die wichtigsten Zweige derselben sind
Schiffsbau, Zuckerraffiuerie, Tabak- und Papierfabrikation, endlich
Diamantschleiferei und die neuerdings aufblühende Webindustrie.
Die Handelsbeziehungen Deutschlands zu den Niederlanden sind trotz der
Kleinheit dieses Staates ziemlich groß Die Niederlande führen nach Deutsch-
land ein hauptsächlich Produkte ihrer Viehzucht und Gärtnerei
(Butter, Käse, Fleisch', 1900: 32,1 Mill. Mk; Blumenzwiebeln, Georginenknollen,
lebende Gewächse; 1900: 5,7 Mill. Mk), dann ihrer Fischerei (Heringe und
andere Fische; 1900: 10,6 Mill. Mk.), außerdem im Durchgangshandel rohen
Kaffee (1900: 12,l Mill. Mk.), Reis (1900: 5,8 Mill. Mk.) und Tabakblätter
(1900: 16,7 Mill. Mk.). Deutschland sührt aus nach den Niederlanden Er-
zeugnisse seiner Textilindustrie (1900: 45,2 Mill. Mk. an Tuch- und
Zeugwaren, sonstigen Geweben, Baumwollen- und Vigognegarn. Kleidern, Leib-
Wäsche und Putzwaren), seiner Eisenindustrie (1900: 28,9 Mill. Mk.), ge-
münzt es Gold (1900: 30,3 Mill. Mk.) und Stein k 0 hl en (1900: 51,5 Mill. Mk.).
3. Staatliche Verhältnisse und Ortskunde. Die Niederlande sind ein
konstitutionelles Königreich, in welchem der König (jetzt Königin Wilhelmine)
das Recht der Gesetzgebung mit zwei Kammern („Generalstaaten") teilt Das
ganze Königreich umfaßt 11 Provinzen, die sich in eine w., s. und ö. Gruppe gliedern.
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe]]
TM Hauptwörter (100): [T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel], T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend]]
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Extrahierte Personennamen: Wilhelmine)
Extrahierte Ortsnamen: Holland Utrecht Groningen Amsterdam Europa Englands Deutschlands Frankreichs Deutschlands Niederlande Deutsch- Deutschland Niederlanden Niederlande
— 36 —
Ursprünglich ein durch starke Faltungen gebildetes Gebirgsland, sind die
Talgebiete nach und uach durch Schutt-, Sand- und Staubablageruugeu
ausgefüllt, wodurch das Gebirgsgebiet zu Ebenen umgestaltet wurde,
über welche die Gebirgsketten 1000, seltener 2000—4000 m Büch
emporragen.
Das hochgelegene Westtibet ist ein abflußloses Gebiet über der
Grenze des Baumwuchses mit nur spärlicher Vegetation, voller Steppen,
Sümpfe, Salzseen und Kieswüsten. Osttibet ist vorwiegend Gebirgsland
und die Geburtsstätte der großen chinesischen und hiuterindischen Ströme.
Das Klima ist wegen der hohen Lage und Abgeschlossenheit des
Landes rauh und trocken und zeigt scharfen Gegensatz der Jahreszeiten.
Der kulturfähige Boden beschränkt sich auf die Täler der großen
Flüsse im O. und So., wo die Ertragsfähigkeit durch Kanalanlagen
noch gesteigert wird. Dagegen ist das Tierleben des Hochlandes reich
und mannigfaltig. Auf den Steppengebieten und weidereichen Gebirgs-
abhängen weiden große Scharen wilder Esel, Antilopen, rehgroßer
Moschustiere und Jaks. Der Jak oder Gruuzochse kommt auch gezähmt
als Haustier vor.*) Die verdünnte Lnft, die Sandwirbelstürme im
Sommer und die erstarrenden Schneestürme des Winters sind Feinde
der menschlichen Ansiedelung.
Die Bewohner Tibets sind Mongolen und gehören größten-
teils zum Stamme der Bhota, In den Steppen des N. und W.
sind sie Nomaden, im S. und O. des Hochlandes seßhaft. Sie treiben
hier Ackerbau und Viehzucht, fertigen große Wollgewebe und Filze,
sowie Metallgeräte für den Hausbedarf. Tibet ist der Hanpsitz des
u. Buddhismus. Das geistliche und zugleich weltliche (aber von
China abhängige) Oberhaupt ist der Dalai Lama, welcher iu einem
Prachtpalast bei der Kloster- und Wallfahrtsstadt Lhasa (= Götter-
land) residiert. In den (etwa 3000) Klöstern, die in abgeschlossenen
Wüstenstrecken und unzugänglichen Gebirgstälern erbaut find, leben
zahlreiche Möuche iu stiller Abgeschiedenheit. Gewöhnlich tritt aus jeder
Familie eiu Sohn in den Priesterstand. „Der Gottesdienst betäubt
durch Gepränge, Musik und Weihrauch, hat Prozessioueu und Wall-
fahrten, Schutzheilige, Weihwasser, Beichte und Rosenkranz" und ist
in hohlem Formelwesen erstarrt.
l>) Die Randgebirge Tibets treten scharf im S., W. und N.
hervor. Zu dem Zuge des Himalaja gesellt sich in Westtibet die
mit ihm parallel laufende Karakoruillkette (600 km lang) mit einer
Kammhöhe über 7000 m und dem zweithöchsten Berge der Erde, deni
über 8600 m hohen Dapsang.**) Der Karakorum ist nach dem
gleichnamigen, 5655 m hohen Paß benannt und besteht aus einem
System vieler paralleler Gebirgsfalten, deren Täler im ö. Teil (ähnlich
*) Der seidenhaarige, silberweiße Schweif des L)ak liefert den „Roßschweif,"
der bei den alttürkischen Heeren als Feldzeichen diente, jetzt im Handel mit
Indien als Fliegenwedel für Fürsten eine Rolle spielt.
**) Neuerdings ist man in Fachkreisen geneigt, diese Benennung aus-
zugeben. Doch ist eine andere allgemein anerkannte noch nicht vorhanden. Die
Engländer nennen den Berg Godwin Austen.
TM Hauptwörter (50): [T17: [Meer Fluß Gebirge Land Hochland See Halbinsel Osten Norden Süden], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm]]
TM Hauptwörter (100): [T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T47: [Wüste Meer Land Nil Hochland Fluß Gebirge Euphrat Tigris See], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht]]
TM Hauptwörter (200): [T134: [Land Meer Hochland Persien Tigris China Euphrat Iran Asien Armenien], T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne], T83: [Klima Winter Sommer Land Meer Wind Regen Niederschlag Zone Gebirge], T194: [Kirche Kloster Schule geistliche Gottesdienst Gemeinde Geistliche Leben Staat Priester], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau]]
Extrahierte Personennamen: Dalai_Lama
Extrahierte Ortsnamen: O. Bhota China Lhasa Westtibet Indien Berg_Godwin
— 17 —
Tiefe eingeschlossenen Gase, Petroleum- und asphalthaltige Massen zu Tage,
entzündeten sich unter der durch hohen Druck der ungeheuren Erdmassen erzeugten
hohen Temperatur und gingen in Flammen auf, "von ungeheuren Rauchsäulen
begleitet, „wie ein Rauch vom Ofen."
Das Ostjordanland steigt aus der Jordansenke in steilen,
schluchtenreichen Bergformen an und bildet dann größtenteils weite,
steppenartige Hochflächen, die im N. vom Jarmuk, im S. vom Jabbok
durchflössen werden und nach O. zur Wüstensorm übergehen. Der
n. Teil ist ein großes Basaltgebiet, aus welchem sich im O. das wasser-
und waldreiche Haurangebirge erhebt. Im s. Teil herrscht Kalkstein-
bildung vor. Hier findet sich das Gebirge Gilead und das wilde
und unzugängliche Pisgagebirge lnebo).
Die Bevölkerung Palästinas besteht heute größtenteils aus
Arabern. Das Arabische ist auch die Laudessprache. Außerdem
gibt es Türken, aus deren Mitte auch die Verwaltungsbeamten
entnommen werden, Juden, Griechen und „Franken." Deutsche
Ackerbau-Kolonien der schwäbischen Tempelgemeinden finden sich bei
Jafa, Haifa und Jerusalem. Die Bevölkerung nährt sich von den
Erträgen des Ackerbaus und der Banmanpflanzungen, von Viehzucht,
Pilgerspenden, Handel und Fischfang. Die frühere berühmte Frucht-
barkeit Palästinas ist infolge von Verwüstungen und schlechter Boden-
Wirtschaft dahin. Die wirtschaftlichen Verhältnisse werden neuerdings
von der nenerbanten Bahnstrecke Jafa -Jerusalem beeinflußt. Eine
zweite Bahn soll von Jafa nach Haifa und von hier nach Damaskus
führen.
Als Wiege der jüdischen und christlichen Religion ist Palästina von großer
Wichtigkeit. Seiner Natur nach ein durch Meer, Gebirge und Wüsten ab-
gesondertes Land, in welchem Israel sich zu einem abgesonderten
Volke entwickeln konnte, lag es doch andererseits an der Grenze von den drei
Erdteilen der alten Welt,,, umgeben von den mächtigsten alten Kulturländern.
Als Durchzugsland von Ägypten nach den Euphratstaaten wurde es namentlich
durch den blühenden Durchgangshandel reich, fiel aber endlich der Eroberung
der Euphratstaaten zum Opfer, bis es endlich eine Beute der Römer und später
der Araber und Türken wurde.
Orts künde. Palästina gehört zum Gebiet der asiatische»
Türkei. — Jerusalem (== Wohnung des Friedens), „die hochgebaute,
heilige Stadt" ans kahler, reizloser und unwirtlicher Felszunge
650 in hoch gelegen, einst die glänzende Residenz der Könige David
und Salomo, ist heute uur uoch ein Schatten früherer Größe, eine
Provinzialstadt von 41 Tsd. E. Die Stadt ist reich au biblischen
Erinnerungen und heiligen Stätten, erster Wallfahrtsort im gelobten
Lande für Christen, Juden und Mohammedaner. Zu deu Stätten
christlicher Verehrung gehören die Gr ab es kir che, die Schmerzens-
straße (via dolorosa), der Öl6ctg, an dessen Fuß der Garten
Gethsemane einerseits und das freundliche Bethanien anderer-
seits liegen. Das herrlichste Bauwerk Jerusalems ist die Omar-
moschee auf dem Berge Morija. Ihr Kuppelbau schließt nach dem
Glanben des Mnselmannes den Ort ein, von welchem aus
Mohammed gen Himmel snhr. Nächst der Kaaba gilt dieser Ort als
der heiligste der Erde. Die „Klagemaner", ein Mauerrest von
Tiomnau, Lehrbuch der Schttlgeographie Ii*.
Ä
TM Hauptwörter (50): [T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T89: [Stadt Spanien Insel Land Jerusalem Reich Afrika Jahr Araber Herrschaft], T26: [Gott Christus Christ Volk Herr Jahr Kirche Land Zeit Jude], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht]]
TM Hauptwörter (200): [T48: [Christ Jerusalem Sultan Mekka Araber Land Jahr Stadt Mohammed Türke], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T186: [Stadt Insel Hauptstadt Tunis Handel Afrika Land Hafen Küste Algier], T189: [König Reich Land Volk Israel Zeit Jahr Stadt Babylon Sohn]]
Extrahierte Personennamen: Palästina Palästina David David Mohammed
180
Ii. Erdkundliches Lesebuch.
Fremdenstrom ihre Flur berührt. Dieser das Gebirge suchende Verkehr
mildert ein wenig den bedeutenden Abstand, der in den wirtschaftlichen Ver-
Hältnissen die Bewohner der Berge von den weit günstiger gestellten Sie-
delungen des Senkungsfeldes trennt.
Nur ein Zug des Naturbildes verbindet beide Naturgebiete zu gleichem
Verhängnis: die verheerende Kraft der gewöhnlich unscheinbaren, aber
nach kräftigen Güssen furchtbar anschwellenden Gewässer. Wie der Fort-
schritt der Besiedelung nach aufwärts sie bisweilen über die Höhengrenze
natürlicher Lebensfähigkeit hinausgeführt hat, so sind nach einer Zeit, die
hochwasserfreie, sichere Lagen für ihre Wohnplätze wählen konnte, spätere
Geschlechter in notgedrungener Verwegenheit an die Bäche selbst herab-
gestiegen und haben oft erst durch deren Einschränkung sich selbst die Grund-
läge einer Heimstatt zu schaffen sich erkühnt. Aber schon die ursprüngliche
Dorfanlage der mittelalterlichen deutschen Kolonisation hat ihre Häuser-
zeilen derartig an den Dorfbächen aufgereiht, daß die Berührungsflächen
des Hochwassers mit den Siedelungen um Vielfaches größer wurden, als
es bei einer fester geschlossenen, rundlichen Dorsanlage hätte geschehen
können. Diese starke Bebauung der Talsohlen beschränkt auch eins der
Abwehrmittel, die Anlage von Staubecken zur Aufspeicherung des Hoch-
wassers und planvoller Verwertung dieser Wasservorräte im Dienste der
Industrie, noch bestimmter, als es die Natur allein tut, auf den Berg-
rahmen der Grafschaft; selbst in ihm sind die dafür geeigneten Örtlichkeiten
spärlich genug.
Auch diese Aufgaben der Gegenwart lassen den Unterschied der wirt-
schaftlichen Kraft des Gebirges und des tiefer liegenden mittleren
Kernes der Grafschaft deutlich erkennen. Er wird großenteils gebildet
durch Senkungsfelder. Ihr Vorteil gegenüber dem Bergrahmen ruht nicht
allein in der geringeren Meereshöhe, der milderen Temperatur, den
mäßigeren Niederschlägen, sondern mit dem bedeutenden Alter dieser klima-
tischen Vorrechte steht auch eine günstigere Bodenbeschaffenheit in ursäch-
licher Verbindung. Die abtragende Wirkung der Atmosphäre hat auf den
Höhen des Bergkranzes die einst auch hier in weiter Ausdehnung entwickelte
Kreideformation bald vollständig beseitigt, bald wenigstens so weit, daß
ihre tonreicheren oberen Lagen verschwunden und hauptsächlich die Bänke
des Quadersandsteins erhalten geblieben sind; dagegen hat die in tiefere
Lage herabgesunkene Mitte der Grafschaft eine viel geringere Abfpülung
erfahren; die dem Pflanzenleben reichere Nährstoffe bietende oberste
(senone) Abteilung der Kreideformation, die sogenannten Schichten von
Kieslingswalde, sind nicht nur bei diesem Dorfe, sondern auch sonst in
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau]]
TM Hauptwörter (100): [T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht]]
TM Hauptwörter (200): [T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T83: [Klima Winter Sommer Land Meer Wind Regen Niederschlag Zone Gebirge], T24: [Luft Wasser Wärme Körper Erde Wind Regen Höhe Temperatur Schnee]]
§ 2. Alpen und Alpenvoiland.
231
neue Einnahmequelle. Noch eine ganze Reihe anderer Ortschaften, an
Seen oder in Gebirgstälern anmutig gelegen, sind durch Sommer- und
Wintergäste groß geworden. An manchen Stellen, z. B. am Walchen-
see, werden große Elektrizitätswerke angelegt. Im äußersten So. liegt
Berchtesgaden, freundlicher Sommerfrischort mit Holzschnitzerei, n. vom
Königssee, den im W. der zweigipflige W atz mann überragt. Hier findet
nch Salz im Gebirge; ergiebige Sole quillt besonders in Reichenhall.
Am entgegengesetzten Ende des Kreises liegt die Festung Ingolstadt am
l. Donauufer, nw. von München.
6) Kreis Schwaben zieht auf der l. Seite des Lech bis in die Algäuer d)
Alpen hinauf. Die Hst. * Au gsbur g am Lech benutzt jetzt dessen starke Schwaben.
Wassertriebkraft zu umfassender Maschinenweberei. Einst kehrte es als
Augusta Vindelicorum die größte Stadt des römischen Donau-
gebiets, Hst. der Provinz Vindelizien, das Antlitz nach N., später bis
in das 16. Jahrhundert nach S. als wichtigste Handelsstadt auf dem
Wege vom Etschtal über die Pässe der n. Kalkalpen den Lech hinab,
wo dessen Tal von der wö. Hauptverkehrsstraße über die Hochfläche
geschnitten wird; deshalb spielte es in der Kriegsgeschichte, auch in der
politischen eine wichtige Rolle; deshalb sammelten sich in der Blüte-
zeit des oberitalienisch - deutschen Verkehrs hier große Kapitalien und
wirkten hier bedeutende Künstler. Im Stadtbilde tritt die Renaissance
unter den Bauten noch merklich hervor, und der Wasserreichtum der Um-
gebung erlaubte die Einrichtung zahlreicher Kunstbrunnen, die noch jetzt
ständig plätschern. Kempten benutzt ähnlich die Triebkraft der Jller zu
gewerblichen Zwecken und ist Hauptviehmarkt für das anstoßende, weide-
reiche Algäu. Lindau liegt gegenüber vom österreichischen Bregenz auf
einer Insel fm So.-Zipfel des Bodensees und ist mit seinem Ufer durch
Eisenbahndamm und Brücke verbunden.
2. Anteil des Königreichs Württemberg, die W.-Hälfte der Schwäbi- 2. Würt-
schen Hochfläche von der Jller zum Bodensee. Dicht unterhalb der Jller- Imberg,
mündung liegt auf dein l. Donauufer 'Ulm, Schirmfestung des Donautals
gegen Angriff aus W., alte Handelsstadt an der hier schiffbar werdenden,
jetzt aber hier fast nie mehr befahrenen Donau und an der Abzweigung
eines leichten Übergangsweges über den Schwäbischen Jura zum Neckar-
knie; die Erinnerung an die alte Größe verkörpert sich in der schönen
gotischen Domkirche, dem „Ulmer Münster", mit riesiger Turmpyramide
dem höchsten Kirchturm auf Erden. Das unmittelbar benachbarte Neu-
* d. h. vindelizische Kaiserstadt, zu Ehren des Kaisers Augustus benannt;
daraus machten die Deutschen den Namen Augstburg, dann Augsburg.
TM Hauptwörter (50): [T44: [Alpen See Stadt Schweiz Italien Meer Berg Insel Fuß Inn], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom]]
TM Hauptwörter (100): [T93: [Alpen See Schweiz Rhein Berg Bodensee Fuß Italien Schweizer Paß], T18: [Donau Stadt Ungarn Böhmen Wien Hauptstadt Land Einw. Königreich Mulde], T80: [Rhein Stadt Festung Mainz Maas Straßburg Frankreich Metz Elsaß Deutschland], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht]]
TM Hauptwörter (200): [T70: [Stadt Donau München Stuttgart Neckar Nürnberg Ulm Schloß Augsburg Regensburg], T90: [Alpen See Schweiz Inn Rhein Bodensee Gotthard Paß Rhone Italien], T105: [Stadt Dom Jahrhundert Zeit Bau Kirche Rhein Baukunst Deutschland Mainz], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T91: [Geschichte Krieg Zeit Zeitalter Mittelalter Revolution Reformation deutsch Jahrhundert Ende]]
§ 2. kaupt. verkehrsstratzen der Segenwart.
355
ausführt, in der ein Segler nur eine bewältigt, bringt jener drei- bis
fünfmal so viel ein, kostet freilich an Betrieb auch mehr, weil er außer
der Kohle auch größerer Bemannung bedarf. Die über 2100 Dampfer
der deutschen Handelsflotte, die mehr als 4900 Schiffe zählt, bedeuten
an Leistungsfähigkeit so viel wie mindestens 6000 Segler von gleicher
Trägkraft. Man rechnet deshalb bei Vergleichungen des Tonnengehalts
der Flotten die „registrierte", d. h. wirkliche Tragfähigkeit des Dampfers *
stets mindestens dreifach gegenüber der des Seglers, weil sie für die Lasten-
bewältigung so viel mehr bedeutet. Trotzdem fährt noch etwa ein Dritteil
aller Seefrachten der Billigkeit halber unter Segel. Im allgemeinen läuft
ein Schiff die Wege und zu den Zeiten, wie die vorhandenen Lasten es
vorschreiben. Man berechnet, daß nach der Leistungsfähigkeit die englische
Flotte fast 47 % der Welthandelsflotte ausmacht, die deutsche über
11%/ die der Vereinigten Staaten 7%, die norwegische 5 %, die fran-
zösische 4%, die japanische über 3%, die russische und italienische je 3%.
Dampferlinien mit regelmäßiger Ab- und Rückfahrtszeit („Post- 2. Sub-
dampferlinien") und festbestimmten Anlegeplätzen konnten sich zumal nierte*
auf Strecken mit noch nicht andauernd starkem Verkehr erst kräftig ent- Strecken,
falten, seitdem die die Kosten tragenden Privatunternehmer oder Gesell-
schaften vom Staat festbestimmte Jahresunterstützung („Subvention")
erhielten. Das aber förderte dann stets den Handel auf diesen Linien
außerordentlich, weil der Handel auf festgesetzte Termine für Ausfahrt und
Rückfahrt großes Gewicht legen muß. Neuerdings besitzt auch Deutsch-
land solche vom Reich subventionierte Postdampferlinien nach Afrika,
So.- und O.-Asien; der Norddeutsche Lloyd in Bremen (S. 101
Anm. 3) stellt die auf diesen Linien fahrenden „Reichspostdampfer"
und verwaltet ihre Fahrten. Den Verkehr zwischen Deutschland und
Amerika versieht außer ihm vornehmlich eine noch bedeutendere, in Ham-
bürg ansässige Schiffahrtsgesellschaft, die Hamburg-Amerika-Linie,
die auch nach Afrika und Asien Schiffe sendet. Diese Gesellschaften sind
die größten Reedereien auf Erden und besitzen die vornehmsten, pünkt-
lichsten, sichersten und größten Schnell- und Postdampfer.
Weil der Verkehr zur See viel wohlfeiler ist als der zu Lande, suchen 3. Häfen,
die Worenfrachten im Welthandel aus dem Landesinnern so bald wie
möglich die Seeküste zu erreichen und dann wieder so weit wie möglich den
Seeweg einzuhalten; daher liegen so viele bedeutende Handelsstädte in der
innersten Nische von Meerbusen, z. B. London und Hamburg, Odessa und
1 Vgl. S. 61 Abb. 17. Die Leistungsfähigkeit der deutschen Handelsflotte
ist deshalb weit größer als die der nordamerikanischen.
23*
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel]]
TM Hauptwörter (100): [T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T64: [Insel Amerika Land Spanier Australien Kolonie Hauptstadt Küste Entdeckung San], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht]]
TM Hauptwörter (200): [T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T122: [Stadt Hamburg Handel Berlin Bremen Lübeck London Deutschland Frankfurt Verkehr], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T109: [Europa Asien Afrika Amerika Australien Insel Erdteil Land Zone Klima]]
Extrahierte Ortsnamen: Afrika Norddeutsche_Lloyd Bremen Deutschland Amerika Afrika Asien Meerbusen London Hamburg Odessa