Die Plebejer werden römische Vollbürger. Ausbau der Verfassung. 229
Auch die alten Senatoren blieben Ln der Stadt, um sich dem Tode zu
weihen und die erzürnten Götter mit ihrem Blute zu versöhnen. Sie
wurden von den Galliern geschlachtet, die Stadt selbst ausgeraubt und
verbrannt. Die Römer auf der Burg hielten aber aus; ein nächtlicher
Angriff der Gallier mißglückte und die Belagerung zog sich in die Länge.
Da unterhandelten die Römer mit den Galliern und zahlten ihnen 1000
Pfund Goldes, daß sie wegziehen sollten, und als die Römer sich über
das schwere Gewicht der Gallier beklagten, warf Brennus sein Schwert
auf die Wagschale und rief: „Schmach den Besiegten!" Von diesen Be-
gebenheiten kam die dunkle Kunde nach Griechenland, „eine hellenische
Stadt sei von den Barbaren eingenommen worden." Die Römer aber
erfanden schöne Sagen, um den erkauften Frieden zu bemänteln, und ließen
die Gallier durch den herbeieilenden Kamillus fast gänzlich aufgerieben
werden. Der Name der Gallier blieb ihnen lange furchtbar und der
Tag des Treffens an der Allia war in ihrem Kalender ein Unglückstag,
an welchem im Kriege und Frieden nichts unternommen werden durfte.
Die Stadt selbst wurde in Eile wieder aufgebaut, ohne Rücksicht auf
die Richtung der Kloaken und sah viel ärmlicher aus als vorher. Doch
die Römer ermannten sich bald wieder und unter der Anführung des
Kamillus schlugen sie mehrere Schaaren streifender Gallier, die in die
Nähe der Stadt kamen. Auch andere Städte und Völkerschaften mußten
sich wieder unter die Oberhoheit der Römer bequemen; diese stan-
den bald wieder so furchtbar da als früher, und durch die Niederlage an
der Allia gewitzigt, zeigten sie sich später nur um so vorsichtiger.
Die Plebejer werden römische Vollbürger.
Ausbau der römischen Verfassung.
Kaum war der Gallierschrecken vorüber, so betraten die Tribunen
den Weg ihrer Vorgänger abermals und klopften an die Pforte, welche
die Plebejer von den Staatsämtern ausschlvß. Im Jahr 377 stellten
die Tribunen L. Sertius und K. Licinius Stolo den Vorschlag, daß die
Plebejer Konsuln werden könnten und daß nie mehr Militärtribunen ge-
wählt werden sollten. Die Patricier setzten dagegen alles mögliche in
Bewegung; sie ernannten den Kamillus zum Diktator, allein die Tri-
bunen blieben fest und die Plebs nicht weniger; nach lojährigem Wider-
stande räumten die Patricier die Schranke vor dem Konsulate weg und
L. Sertius wurde der erste plebejische Konsul.
Mit dem Konsulate war für die Plebejer die Hauptschlacht gewonnen,
obwohl sich die Patricier auf dem Rückzuge noch wacker schlugen und
jede Position vertheidigten. Schon bei der Einführung der Militär-
tribunen (443) hatten die Patricier für sich ein neues Amt gestiftet; lange
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Mathematik und Naturwissenschaft.
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aufzustellen, nämlich die Sonne in dessen Mittelpunkt und die Erde als
dritten Stern in die Planetenreihe zu versetzen. Kepler (1571 bis
1631), aus dem schwäbischen Städtchen Weil, bewies, daß die Pla-
netenbahnen nicht kreisförmig, sondern elliptisch sind, und lehrte die
Verhältnisse ihrer Entfernung und Geschwindigkeit; der Italiener Ga-
lilei (1564—1642) verbesserte das Fernrohr, entdeckte den Ring
des Saturn und die vier Monde des Jupiter; durch den Holländer
Huygens erhielt das Fernrohr abermals eine Verbesserung, von ihm
wurde das Uhrenpendel erfunden, die Monde des Saturn und die Licht-
phasen der Venus entdeckt; der Engländer Isaak Newton (1646 bis
1725) fand das Gesetz der Schwere, das unsichtbare Band der fernsten
Weltkörper. Sein Schüler Halley berechnete zuerst die Bahn eines
Kometen, des nach ihm benannten, Bradley entdeckte die Aberration
des Lichts, der aus Deutschland nach England übergesiedelte Herschel
den Uranus; große Verdienste um die Astronomie erwarben sich die Kas-
sini, Maupertuis, Schröter u. s. w. Die meisten Astronomen such-
ten auch die Natur des Lichts, dieses edeln Elementes, zu ergründen;
Newton stellte darüber das Emanations-, Euler das Vibrationssystem
auf. Die Schwere der Luft zeigte zuerst der Magdeburger Bürgermeister
Otto von Guerike, welcher die Luftpumpe erfand, der Italiener To-
ricelli aber lehrte den Luftdruck durch das von ihm erfundene Barometer
messen. Das Thermometer erfand Kornelius Drebbel, ein holländischer
Bauer; Fahrenheit u. a. verbesserten das Instrument. Durch das
Vergrößerungsglas oder Mikroskop, von Galilei erfunden, entdeckte man
eine neue Wunderwelt im Kleinen, eine ganze Thierwelt im Wassertro-
pfen, ein tausendfältiges Leben im Staube, den wir mit Füßen treten;
der Flügelstaub des Schmetterlings, das Glied des kleinsten Insekts wur-
den zu Wundergebilden, deren kunstvoller und zweckmäßiger Bau mit
Staunen erfüllt. Nun wurde der menschliche und thierische Leib ein
Gegenstand der eifrigsten Untersuchung; der Engländer Harvey entdeckte
den Umlauf des Blutes, die Holländer Boerhave, Leuwenhoek,
Swammerdam u. a. zergliederten wetteifernd, während früher alle
drei oder vier Jahre auf einer Universität etwa ein Leichnam zergliedert
worden war. So vervollkommnete sich die Anatomie, ohne welche eine
andere Wissenschaft, die Kenntniß der organischen Natur (Physiologie),
nie besonders gedeihen kann; um sie erwarb sich der Berner Alb. Hal-
ler ausgezeichnete Verdienste. Die Pflanzenkunde (Botanik), durch
Cäsalpin, Brunfels und Geßner angebahnt, wurde mit ähnlichem
Eifer gepflegt; der große Naturforscher Linne, ein Schwede, ordnete
zuerst alle Pflanzen in Klassen und Abtheilungen (Linnöisches System).
Auch das Reich der unorganischen Körper, die verschiedenen Erden,
Steine und Metalle, fanden Männer, welche sie mit eben so vielem
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Extrahierte Personennamen: Isaak_Newton Isaak Schüler_Halley Bradley Maupertuis Newton Euler Otto_von_Guerike Otto Kornelius_Drebbel Harvey Linne
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland England Leuwenhoek Swammerdam Linnöisches
96 Das oströmische Reich bis gegen Ende des achten Jahrhunderts,
römischen Bevölkerung gegen die arianischen Westgothen ein mächtiger
Bundesgenosse zu werden versprach. Lange hielten Theodorichs Ver-
mittlungsversuche den kriegslustigen Franken zurück. Als aber dessen
Angriff im Jahre 507 doch erfolgt war, Alarich an dem Flusse Vienna
eine Schlacht und das Leben verloren hatte und die Franken siegreich
nach Süden vordrangen, sandte Theodorich unter seinen Feldherrn Ib-
das und Thuluit ein Heer nach Gallien, das ihnen hindernd in den
Weg trat und seinem Enkel, Alarich's Sohne Amalarich, einen Theil
der gallischen Besitzungen rettete, wie es denselben auch dem Halbbruder
Gesalich gegenüber im Besitze der Herrschaft erhielt. Bei dieser Gele-
genheit zog er den Landstrich zwischen der Druentia und dem Meere
zum ostgothischen Gebiete. Im Reiche der Westgothen führte aber bei
Amalarich's Unmündigkeit Theodorich die Herrschaft in eigenem Namen,
obgleich die Geschäfte der Negierung abgesondert von denen des ostgo-
thischen Reiches betrieben wurden. So erstreckte sich seine Macht über
den großen Theil des weströmischen Reiches von Sirmium bis zu der
Meerenge des Hercules. Wie im westgothischen, trat er auch im bur-
gundischen Reiche für gekränkte Rechte seiner Familie auf. Sigmund
hatte seinen Sohn Sigerich, Theodorich's Enkel, auf Verläumdungen
einer Stiefmutter hinrichten lassen. Dies führte einen Feldzug Thu-
luits herbei, durch welchen den Burgundern ein Italien zunächst gele-
gener Theil ihres Gebietes entrissen wurde.
5. Der oftrömische Hof sah dieser Entwicklung der Dinge ruhig
zu. Man mußte froh sein, Theodorich in der Ferne beschäftigt zu wis-
sen und konnte sich noch mehr mit dem Gedanken trösten, daß die Ent-
faltung seiner Macht auf Kosten der übrigen germanischen Reiche vor
sich ging und daß gerade ein Reich, welches sich auf römischen Grund-
lagen erbaute, die der Civilisation noch ferneren Völker beschränkte. In-
zwischen machte Zeno fruchtlose und verkehrte Versuche, die Monophy-
siten mit den Rechtgläubigen zu vereinigen. Ohne zu erkennen, daß die
wahrhafte Einigung nur durch Beseitigung des Irrthums möglich ist,
hatte er eine Formel gesucht, welche über den Gegenstand des Streites
ein hinreichendes Dunkel breitete, um bei beiden Parteien gleiche An-
erkennung zu finden. Während Zeno die Gewaltmaßregeln, die der
Usurpator Basiliskus in der kurzen Zeit seiner Herrschaft zu Gunsten
der Monophpsiten getroffen, völlig aufgehoben, hatte auch er mit seinem
Einigungsedict, dem Henotikon, im Jahre 482 unbefugt in die kirchlichen
Angelegenheiten eingegriffen, indem er zwar Neftorianismus und Euty-
chianismus verdammte, aber den chaleedonischen Beschlüssen nicht ihre
Geltung zuerkannte und das Symbolum von Nicäa mit den Zusätzen
der Synode des Jahres 381 für allein gültig erklärte. Das Henoti-
kon gewann nun, da der Patriarch von Conftantiuopel, Akacius, der an
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