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1. Deutsche Sozialgeschichte - S. 27

1898 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
Ter Klerus. Kampf zwischen Kirche und Staat. 27 auch die Päpste in Abhängigkeit erhalten. Ohne Ströme von Blut mar das nicht möglich. Die von Heinrich Iii. (1039—1056) aus tiefem Verfall emporgehobene Kirche aber suchte kraft ihrer geistlichen Natur die völlige Freiheit von der Staatsgewalt zu erlangen und zu behaupten. Nach kirchlicher Anschauung gab es überhaupt nur zwei Stände: Klerus und Laien. Jener galt natürlich als besonders bevorzugt und begnadet und ward sehr früh einheitlich und streng monarchisch organisiert. Er strebte deshalb, sobald er das mit Aussicht auf Erfolg vermochte, nicht bloß nach Unabhängigkeit von den Laien, sondern nach der Herrschaft über sie. Papst Gregor Vii. (1073— 1085) wollte durch das Verbot der Laieninvestitur den staatsrechtlich gewordenen Lehnsverband zwischen Geistlichen und Laien zerreißen und den Klerus gänzlich aus dem Lehnssystem herausheben. Heinrich Iv. aber (1056 —1106) nahm den Fehdehandschuh leidenschaftlich auf. Ter erste Kampf zwischen Papsttum und Kaisertum ließ auch die unteren Volksschichten zum Gefühl ihrer Kraft kommen. Anfangs um die Prinzipien der geistlichen und weltlichen Macht im allgemeinen geführt erschöpfte sich der Kampf allmählich, und unter Heinrich V. (1106—1125) ward in Bezug auf den einen Streitpunkt, die Investitur, ein Ausgleich durch das Wormser Konkordat 1122 herbeigeführt. Der Kaiser behielt den entscheidenden Einfluß auf die Besetzung der Bistümer und Abteien: eine ihm nicht genehme Persönlichkeit blieb von der Wahl thatsächlich ausgeschlossen. Auch die Leistungen der geistlichen Fürstentümer kamen fernerhin dem Reiche zu gute. Erst seit Mitte des 13. Jahrhunderts ward die Investitur eine bloße Form, gerade wie die Belehnung der großen weltlichen Vasallen. Die territorialen Gewalten waren da bereits zu mächtig geworden, die königliche Macht aber zu tief gesunken. Diesen Nachteilen des Lehnswesens gegenüber darf sich der Blick vor seinen Vorteilen nicht verschließen. In der Vermischung Kampf zwischen Kirche und Staat. Vorteile des Lehnswesens.

2. Vom Beginne christlicher Kultur bis zum Westfälischen Frieden - S. 104

1893 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
104 Vierte Periode. Vom Ende des 13. bis zum Ende des 15. Jb. und eine Restauration des Katholizismus bewirkt (s. S. 97). Was Italien angeht, so veränderte sich seit etwa 1450 die Stellung des Papsttums zu diesem Lande wesentlich: die Päpste wurden italienische Territorialfürsten, ihr Fürstentum für sie die Quelle, aus der sie ihren Verwandten Macht verschafften (Nepotismus). Im Papsttum sahen viele Italiener den Repräsentanten der Einheit der Nation, auch wenn auf dem Stuhle Petri ein Mensch wie Alexander Vi. (1492 —1503) (Kard. Borgia, eig. span. Borja; seine Kinder Cäsar und Lukretia) safs. Kein Wunder also, wenn die begeisterten Bufspredigten Girolamo Savanarolas in Florenz nur für kurze Zeit Hörer fanden; er wurde 1498 verbrannt. Auf Alexander Vi. folgte der kriegerische Julius Ii. (Julian della Rovere) (—1513), auf diesen Leo X. (Johann [Giovanni] de’ Medici) (—1521). Wenn also eine Erhebung gegen die Papstkirche losbrach, so konnte das nur in Deutschland geschehen; dafs ein solches Ereignis eintreten mufste, lag, ganz abgesehen von dem rein religiösen Element, an dem fortgesetzten Anspruch dieser verderb- ten Kirche alles Kulturleben — und die deutsche Kultur steht am Ausgange des 15. Jh. in Kunst und Kunsthandwerk, in Wissenschaft und Technik, in Handel und Gewerbe gerade sehr hoch — zu beherrschen: auf der Lateransynode (1512—17) wurde die Unbeschränktheit der päpstlichen Macht von neuem ausge- sprochen und die Gültigkeit der verrufensten Bonifazischen Bullen verkündet. 2. Humanismus und Renaissance, a) Begriff des Humanismus. Im Mittelalter war, wie die Völkerindividualität, so das Bewufstsein der Einzelpersönlichkeit verloren gegangen. Wie die erstere durch den Gang der ge- schichtlichen Ereignisse, wurde das letztere durch das seit dem 14. Jh. erwachte Studium der Werke des Altertums („Renais- sance“) wieder geschaffen. In der alten Welt fand man die Aus- prägungen voller Menschlichkeit („Humanismus“), die man in der mittelalterlichen Menschheit vermifste. Zugleich wurde das wissen- schaftliche Denken aus dem Banne der Scholastik erlöst. Nimmt man hinzu, dafs jenes Zeitalter den ersten wahren Begriff von

3. Vom Beginne christlicher Kultur bis zum Westfälischen Frieden - S. 136

1893 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
136 Fünfte Periode. Von 1517—1648. — Zweiter Abschnitt. Von der Mitte des 16. Jh. bis 1648. wegen; erst Pius Iy. nahm die Yerhandlungen 1562 wieder auf, die 1563 mit einem „Anathema cunctis haereticis“ zum Abschlufs kamen. Handelte es sich in den ersten beiden Tagungen wesent- lich um die Dogmen, die in scharfem Gegensätze zur protestan- tischen Auffassung (über das Yerhältnis von Bibel und Tradition, die Rechtfertigung, die Erbsünde, die Sakramente u. s. w.) for- muliert wurden, so hat die dritte Tagung das hierarchische Ge- bäude neubegründet und gefestigt; die Macht des Papstes ward über diejenige der Konzile gestellt, die Bischöfe wurden nur seine Beauftragten und Stellvertreter, erhielten aber volle Gewalt über den Klerus ihres Sprengels. Auch wurden Beschlüsse gefafst, die sittliches Leben und wissenschaftliche Bildung der Geistlichen in ganz anderer Weise forderten und durchsetzten als je bisher. Das Tridentinum ist ein Werk des Jesuitismus; es hat die katho- lische Kirche restauriert und mit Kampfeseifer gegen den Pro- testantismus erfüllt. 2. Johann Calvin. Johann Calvin (Jean Cauvin), geb. 1509 zu Noyon in der Picardie aus niederem Stande, in Paris, Bourges und Orleans juristisch, humanistisch und theologisch gebildet, gab, mit Luthers Schriften bekannt geworden, die auf des Yaters Wunsch gewählte Jurisprudenz auf und wandte sich reformatorischen Bestrebungen zu, mufste aber aus Frankreich fliehen und ging nach Strafsburg und Basel, wo 1536 seine „Institutio religionis christianae“ er- schien, durch deren spätere französische Übersetzung Calvin der Schöpfer der modernen französischen Prosa geworden ist. Mit unerbittlicher Logik und durchdringendem Scharfsinn entwickelte er hier seine Lehre von der Prädestination und Gnadenwahl, unternahm den grundsätzlichsten Angriff gegen die katholische Hierarchie und entwarf, indem er auf die urchristliche völlige Selbständigkeit der Gemeinde zurückging, den Plan einer demo- kratisch-theokratischen Gemeindeverfassung. Nach einem kurzen Aufenthalte in Italien wurde er auf der Rückkehr von dort in Genf, wo man schon die Reformation versucht hatte, wo aber große Yerwirrung herrschte, veranlaßt (Farel) hier das Reforma-

4. Vom Beginne christlicher Kultur bis zum Westfälischen Frieden - S. 116

1893 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
116 Fünfte Periode. Von 1617—1648. — Erster Abschnitt. Von 1517—1555. er konnte nur ein Gegner der Reformation sein nach Geburt und Erziehung, nach seinem Charakter und seiner politischen Stellung. In Gent (1500) geboren, in den Niederlanden und in Spanien erzogen und den Grundsätzen der spanischen Reformkirche nahestehend, besafs er für das Verlangen der deutschen Nation, deren Sprache er nicht sprach, gar kein Verständnis. Wohl war der Augenblick günstig für einen deutschen König sich an die Spitze der in ihren Grundtiefen aufgeregten Nation zu stellen und nicht blofs eine nationale Kirche,, sondern auch einen nationalen Staat zu gründen; aber Karl war trotz bedeutender diplomatischer Befähigung nicht der Heros, solches zu vollbringen; er war, ebenso wie seine Staatsmänner Chievres, Gattinara, Granvella (d. Ä.), ein kühler Rechner, zäh und ausdauernd, aber greisenhaft schon als Jüngling, in dessen Seele nur das eine Ideal lebte die Welt- macht des mittelalterlichen Kaisertums zu erneuern, ein Ziel das ihm, der die habsburgischen Erblande in Deutschland, Burgund, große Teile Italiens, Spanien mit seinen Kolonieen besafs, wohl möglich schien, jedoch die Glaubenseinheit der Unterthanen zur Voraussetzung hatte. Seine gegnerische Stellung zu Franz I. in Burgund und Italien machten zudem, trotz der Friedensbestre- bungen des Leiters der englischen Politik Kard. Wolsey, Kämpfe wahrscheinlich, für die ihm die Bundesgenossenschaft des Papstes wünschenswert sein mufste; er erlangte sie endlich am 8. Mai 1521. b) Der Wormser Reichstag (1521), der im Januar eröff- net wurde, hatte mit der Frage der Reichsreform und der kirch- lichen Angelegenheit sich zu beschäftigen. In ersterer Beziehung mufste Karl in die Einsetzung eines Reichsregiments für den Fall seiner Abwesenheit unter dem Vorsitze seines Bruders Ferdinand, dem alle deutschen Gebietehabsburgs übertragen wurden, willigen; das Reichskammergericht und die Kreiseinteilung wurden wieder ins Leben gerufen, die Kosten dafür von den Ständen übernom- men und dem Kaiser für die beabsichtigte Romfahrt ein Heer zur Verfügung gestellt. Was die kirchliche Frage angeht, so versuchte der päpstliche Nuntius Aleander vergeblich den Kaiser zu einem vernichtenden Schritte gegen Luther zu bestimmen. Nach mannigfachem Schwanken erliefs er doch, vorzugsweise be- stimmt durch die Haltung der Stände — ein Ausschufs des

5. Geschichte des Mittelalters - S. 94

1910 - Halle a.S. : Gesenius
— 94 — 302. Inwiefern erinnert die Reichslage beim frühen Tode Heinrichs Vi. an die bei Heinrichs Iii. Tode? 1. Der Nachfolger war ein (dreijähriges) Kind. 2. Die Fürsten waren dem Kaiserhause meist feindlich gesinnt (Welfen!). 3. Das Kirchenregiment kam in die Hand eines b e -deutenden Papstes (Innozenz Iii.). 303. Was für Folgen hatte die Vormundschaft Innozenz’ Iii. für das Leben Friedrichs Ii.? 1. Friedrich Ii. wurde durch die vortreffliche Erziehung Innozenz’ Iii. der gelehrteste und geistig hervorragendste aller Kaiser: a) Er besaß Schärfe und Klarheit im Erfassen, Gewandtheit im Verhandeln, Ausdauer im Wollen und Wirken. b) Er beherrschte das Deutsche, Italienische, Lateinische, Griechische und Arabische. c) Er übte und förderte die Dichtkunst (seine Lieder sind die ältesten der italienischen Sprache). d) Er vereinigte in seinem Geiste die griechisch-rö-mische, die arabisch-mohamedanische und die germanisch-christliche Kultur zu umfassender, tiefer Bildung. 2. Friedrich Ii. wurde durch die an Innozenz Iii. gegebenen Versprechungen in der Folgezeit in schwere Kämpfe verwickelt : a) Er wollte sein normannisches Erbkönigtum nie mit Deutschland vereinigen, sondern es seinem Sohne übertragen — er verwaltete es trotzdem selbst. b) Er gelobte dem Papste am Krönungstage zu Aachen (1215) zum Danke für die bei der Wahl geleistete Unterstützung einen Kreuzzug — er wurde jedoch an der rechtzeitigen Ausführung mehrmals gehindert und deshalb gebannt. 304. Inwiefern eilte Friedrich Ii. durch Einsetzung eines streng geordneten, Sy neuartigen Staatswesens seiner Zeit weit voraus? 1. Er schuf inmitten der feudalen Zeit unter Beseitigung des Lehns wesens ein auf Beamten - und Militärstand gegründetes Königtum : a) Eine wohldurchdacht gegliederte Beamtenschaft vollzog seine Befehle: a) sie erhielt anstatt der üblichen Dienstlehen festgesetzte Gehälter, ß) sie überwachte die Ausführung der Gesetze, y) sie zog direkte und indirekte Steuern ein.

6. Geschichte der neueren Zeit - S. 160

1911 - Halle a.S. : Gesenius
— 160 — b) Friedrich Wilhelm I. führte die staatliche Organisation der Armenpflege aus. 394. Welche Aussichten eröffnete der im Reiche bestehende religiöse Zwiespalt? 1. Die religiöse Scheidung bewirkte mehr als die staatliche Sonderung das Fehlen eines Nationalbewußtseins: die aufgetane Kluft blieb infolge der Begründung auf das innerste Fühlen und Denken der Menschen unüberbrückbar. 2. Die g e w a 11 s a m e Beseitigung der religiösen Trennung durch den Sieg der einen oder der anderen Richtung war unmöglich: der bestehende Zustand war das Ergebnis eines gewaltigen, alle Kräfte erschöpfenden Ringens. 3. Die friedliche Vermittlung des religiösen Gegensatzes konnte allein der ausglcichenden W i r k u n g der Zeit anheimgestellt werden: der vorhandene religiöse äußere Frieden war vorläufig das Höchste, was erreicht werden konnte. 395. In welchem Verhältnisse stand das Papsttum zum Katholizismus? 1. In dem gewaltigen Kampfe, der einen äußeren Ausgleich der religiösen Spannung bewirkte, hatte das Papsttum die Führung nicht übernommen: es hatte im Gegenteil sogar dem die katholischen Interessen vertretenden Hause Habsburg zeitweise entgegengearbeitet. 2. In den Bestimmungen des Westfälischen Friedens wurde unter Zustimmung auch der katholischen Fürsten ausdrü c k-1 i c h hervorgehoben, daß keinerlei päpstlicher Einspruch deren Gültigkeit beeinträchtigen könne: a) der Papst galt nur als der geistige Leiter der katholischen Kirche, b) die päpstliche Bulle (Innozenz’ X.) gegen die Friedensakte blieb unbeachtet. 3. In dem fast rein katholischen Frankreich war der päpstliche Einfluß gleichfalls nicht größer als in deutschen Gebieten: Frankreich hatte die deutschen Ketzer unterstützt. 396. Worauf beruhte fortan die Kraft des Katholizismus? 1. Die frühere nachdrückliche Vertretung durch Papst und Geistlichkeit war gegenstandslos geworden: der Grad der Hingabe der Getreuen unter Fürsten und Volk war ausschlaggebend. 2. Die Ausdehnung der Kirche wurde nicht mehr durch Papst und Klerus geformt und gehalten: die Gläubigen stützten und erhielten jetzt das P a p a t.

7. Geschichte des Mittelalters - S. 59

1870 - Mainz : Kunze
Gang und Inhalt der Periode: Die zwei Jahrhun- derte, die sie enthält, bezeichnen nach allen Seiten den Höhe- und Wendepunkt des Mittelalters. Die Kirche kommt in den Kreuz- zügen, dem allgemeinen Aufgebot des christlichen Abendlandes gegen das mohammedanische Morgenland, zum Vollgefühl ihrer Macht; die weltlichen Reiche leihen dem Kriegsplan der Päbste ihren Arm. Conflict ihrer Interessen mit denen der Kirche. Doch die eigentlichen Früchte und Anregungen jener als Religions- krieg begonnenen Züge erndtet nicht die Kirche, sondern das bür- gerliche Leben in Handel und Gewerbe, die Cultur und Literatur. Blüthezeit der Mystik und Scholastik, der kirchlichen Baukunst, der Poesie in Epik und Lyrik. — Der den Kreuzzügen parallel laufende Kampf zwischen Reich und Kirche endet zunächst scheinbar- siegreich für die letztere, schließlich aber mit einer Schwächung und Auflösung beider Gewalten. I. Erster Krcnyug. 1086—1099 Grund der Bewegung der Gedanke, Palästina wieder zu einem christlichen Reiche zu machen, gesteigert durch den Druck und Frevel der seldschuckischen Türken, nach dem Zerfall des Chalifats den Herren des heiligen Landes, gegen die abendländischen Pilger (solche Wallfahrten schon seit Heinrich Ii). — Klagen und Hülsegesnche ches großen Griechenkaisers Alexius, des Komnenen (1081—1118). Die Kreuzpredigten Peters von Amiens. Pabst Urban Ii auf den Concillen von Piacenza und Clermont 1095; Be- 1095 geisternng und Zudrang besonders der französischen, nächst- dem der englisch-normannischen und niederländischen, auch der italienisch-normannischen Ritterschaft, in der indeß auch eigennützige Motive Mitwirken. In Deutschland hinderte

8. Deutsche Geschichte bis zum Westfälischen Frieden - S. 45

1908 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
Karl der Große. 45 Wenn Karl mit dem Gedanken der Erneuerung des Kaisertums jedenfalls einverstanden war, so scheint ihn doch die Form der Krönung durch den Papst überrascht zu haben. Das neue Kaisertum, das von der Eider bis zum Garigliano, der Raab bis über die Pyrenäen hinaus reichte, beruhte einerseits auf der llnga1, Verbindung von Romanen und Germanen zu einem universalen Staatsganzen, andrerseits auf der engen Verbindung und gegenseitigen Durchdringung von Staat und Kirche. Es war ein Versuch, den Gottesstaat Augustins auf Erden zu verwirklichen. Der Kaiser betrachtete sein Amt als von Gott verliehen; er sah sich als den Schutzherrn der Christenheit und daher auch als Oberherrn des Papstes an; er achtete die päpstliche Autorität, aber die fränkische Kirche regierte er völlig selbständig. Karls gewaltige Persönlichkeit vermochte es, ebenso die verschiedenartigen Nationen zu einer Einheit zusammenzufassen wie die Macht über die Kirche zu behaupten. Für die künftige Entwickelung aber erwuchsen aus dem universalen Charakter des Reiches schwere Gefahren. Die Organisation des Reichs. § 42. Karls Persönlichkeit und Staat. Karl war auch äußerlich eine imponierende Erscheinung, von starkem Körper und hohem Wuchs, telt festem Gang, schönem, grauem Haar und gütig heiterem Antlitz; er erfreute sich einer kräftigen Gesundheit, wie er denn in Speise und Trank mäßig war und durch Reiten und Jagen seinen Leib abhärtete. Er besaß eine große natürliche Begabung und wußte wohl zu reden; die Mängel seiner Bildung suchte er eifrig zu beseitigen; selbst beim Mahle ließ er sich vorlesen. Er war ein Mensch von tiefem, deutschem Gemüt: ein treuer Christ, der die Aufgabe des Schutzes der Christenheit mit Ernst auffaßte; ein zärtlicher Familienvater und guter Geselle seiner Freunde; ein gerechter Beherrscher seines Volkes, wenn auch zuweilen furchtbar in seinem Zorn; ein guter Deutscher, der in seiner Kleidung dem heimatlichen Brauch folgte — er ließ sie sich von seinen Töchtern fertigen —, der eine deutsche Grammatik verfaßte und die germanischen Heldensagen sammeln ließ. Karls Gewalt war rechtlich fast unbeschränkt: er allein entschied, von seiner Umgebung beraten, über alle Fragen der äußeren und inneren 8etoaü" Politik; er war oberster Kriegsherr, oberster Richter und Gesetzgeber, er ernannte alle Beamten und ebenso die Bischöfe. Er residierte meist auf einer seiner Pfalzen in den Rheinlanden, in Nimwegen oder Ingelheim, später fast immer in Aachen (Aquae). Andere Pfalzen lagen nicht

9. Deutsche Geschichte bis zum Westfälischen Frieden - S. 90

1908 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
90 Die deutsche Kaiserzeit 919 —1250. Verbindung Unteritaliens mit dem deutschen Reich erneuerte. Der Bannfluch hatte den Abfall der staufischen und der kirchlichen Partei in Deutschland zur Folge; auf ihren Ruf und mit Genehmigung des Papstes, dem er die Trennung der deutschen und der sizilischen Krone und die Erhebung seines jungen Sohnes Heinrich zum König von Sizilien versprach, erschien Friedrich Ii. Friedrich Ii.. als „Pfaffenkönig" in Deutschland und wurde in Mainz land 1212. gekrönt. Er hatte anfangs nur geringe Macht. Als aber Ottos englisch-Vouvines welfisches Heer bei Bouvines in Flandern von den Franzosen völlig 111 geschlagen wurde, verließen ihn alle seine Anhänger. 1215 wurde Friedrich Ii. zum zweiten Male zu Aachen gekrönt. 1218 starb Otto machtlos und verlassen auf der Harzburg. Friedrich Ii. 1315-1250. Friedrichs ü. § 77. Friedrichs Ii. Regierung bis zum fünften Kreuzznge. Persönlichkeit, ^ ^ drich Ii. ist eine der glänzendsten Persönlichkeiten des deutschen Mittelalters. Er vereinigte die höchste Begabung, Klarheit des Blickes, außerordentliche diplomatische und staatsmännische Fähigkeiten mit einer ausgezeichneten und vielseitigen Bildung, wie er sie in Palermo, dem Kreuzungspunkte der christlich-abendländischen, der griechischen und der arabischen Kultur empfangen konnte. Er hat sich selbst als Dichter und Schriftsteller versucht; Lieder in italienischer Sprache und ein Buch über die Falkenjagd sind noch von ihm erhalten. Als Staatsmann war er ein klarer, aber kalter Rechner, der kein Bedenken trug, seine politischen Pläne durch Heuchelei und Grausamkeit zu fördern; nicht als Deutscher fühlte sich dieser gewaltigste Hohenstause, sondern der Schwerpunkt seiner Politik lag in Italien; das Gemüt, zumal das religiöse Gefühl, war in ihm wenig ausgebildet, wie er denn im Verkehr mit arabischen Gelehrten den kirchlichen Standpunkt früh verlassen hatte. Aber als ein Vorkämpfer für das Kaisertum, der die päpstlichen Forderungen unerschütterlich zurückwies, als der erste, der den Gedanken des modernen Staates faßte, nimmt er in der weltgeschichtlichen Entwickelung eine hohe Stellung ein. Königs- Trotz des Versprechens, das er Innocenz Iii. gegeben hatte, ließ er 'Äes" seinen Sohn Heinrich nach Deutschland kommen und zum König ®°*nes- krönen. Honorius Iii. beschwichtigte er durch das Versprechen eines Kaiser- Kreuzzuges und wurde von ihm zum Kaiser gekrönt. Friedrich blieb fi220.9 seitdem in Italien, mit der Organisation des sizilischen Reiches beschäftigt; in Deutschland ließ er den jungen König Heinrich zurück. In jenen Jahren wurde die Herrschaft, die König Waldemar Ii. von Dänemark

10. Neuzeit - S. 378

1894 - Halle a.S. : H. Peter
— 378 - nähme den Ansang zum Rückzüge des Staates in dem großen Streite mit Rom bildete. Die veränderten Parteiverhältnisse in den Parlamenten, wo Fürst Bismarck sich nicht mehr auf die Liberalen zu stützen vermochte, veranlaßten in den nächsten Jahren noch weitere und zwar sehr wesentliche Zugeständnisse an den bisher so entschieden bekämpften Gegner. Im Frühjahr 1881 gestattete die Regierung die Wiederherstellung einer bischöflichen Verwaltung in mehreren der erledigten Sprengel, indem sie den von den Domkapiteln zu Bistumsverwesern vorgeschlagenen oder vom Papste zu Bischöfen ernannten Personen die nachgesuchte Anerkennung erteilte und zugleich für die betreffenden Diöcesen die Wirkungen des Sperrgesetzes aufhob. _ Im folgenden Jahre ließ sie sich vom Landtage zur Wiedereinsetzung der aus ihren Ämtern entfernten Bischöse und zum Losspruch von den Bestimmungen über die Vorbildung der Geistlichen ermächtigten, um von dieser Ermächtigung auch alsbald einen umfassenden Gebrauch zu machen, so daß es Ende 1884 nur noch wenige erledigte katholische Bistümer und Pfarreien in Preußen gab. Jetzt zeigte auch der Papst eine gewisse Neigung zur Nachgiebigkeit, die zum vollen Ausdruck kam, als die deutsche Regierung ihn in einem Streite mit Spanien wegen des Besitzrechtes der Karolineninseln zum Schiedsrichter anrief. Er wies nunmehr die Bischöfe an, die für den Augenblick in Pfarrämter einzusetzenden Persönlichkeiten der Staatsbehörde anzuzeigen, und versprach die Anzeigepflicht auch für die Zukunft anzuerkennen, falls die „Maigesetze" in ihren Hauptpunkten aufgehoben würden. Die Bedingung wog schwer, aber der Kaiser und Fürst Bismarck gestanden sie zu, und die Majorität der Volksvertretung widerstrebte ihnen nicht. Im Mai 1886 und im April 1887 wurden jene Gesetze dahin abgeändert, daß die Erziehung des katholischen Klerus und die Strasgewalt über denselben sür geistliche Vergehen nach wie vor der Kirche überlassen blieb, und daß sämtliche Ordensgesellschaften, mit Ausnahme der Jesuiten, wieder nach Preußen zurückkehren durften; doch behielt der Staat ein Aufsichtsrecht über die geistlichen Erziehungsanstalten sowie die Befugnis, neue Ordensniederlassungen zu genehmigen oder zu untersagen. So endete der „Kulturkampf", wie man den langjährigen Kampf wider die ultramontanen Bestrebungen nicht ohne Grund genannt hat, mit einem Vergleiche, der die Macht der römischen Kirche nur wenig beschränkte, immerhin aber dem Staate die Gewährung einiger nicht unwichtigen Forderungen brachte. Ungemein bedeutende Fortschritte hatte unter Wilhelm I die innere Entwickelung unseres Vaterlandes zu verzeichnen. Die Erweiterung des preußischen Staates und mehr noch die Zu-
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