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Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Vom Beginne christlicher Kultur bis zum Westfälischen Frieden - S. 116

1893 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
116 Fünfte Periode. Von 1617—1648. — Erster Abschnitt. Von 1517—1555. er konnte nur ein Gegner der Reformation sein nach Geburt und Erziehung, nach seinem Charakter und seiner politischen Stellung. In Gent (1500) geboren, in den Niederlanden und in Spanien erzogen und den Grundsätzen der spanischen Reformkirche nahestehend, besafs er für das Verlangen der deutschen Nation, deren Sprache er nicht sprach, gar kein Verständnis. Wohl war der Augenblick günstig für einen deutschen König sich an die Spitze der in ihren Grundtiefen aufgeregten Nation zu stellen und nicht blofs eine nationale Kirche,, sondern auch einen nationalen Staat zu gründen; aber Karl war trotz bedeutender diplomatischer Befähigung nicht der Heros, solches zu vollbringen; er war, ebenso wie seine Staatsmänner Chievres, Gattinara, Granvella (d. Ä.), ein kühler Rechner, zäh und ausdauernd, aber greisenhaft schon als Jüngling, in dessen Seele nur das eine Ideal lebte die Welt- macht des mittelalterlichen Kaisertums zu erneuern, ein Ziel das ihm, der die habsburgischen Erblande in Deutschland, Burgund, große Teile Italiens, Spanien mit seinen Kolonieen besafs, wohl möglich schien, jedoch die Glaubenseinheit der Unterthanen zur Voraussetzung hatte. Seine gegnerische Stellung zu Franz I. in Burgund und Italien machten zudem, trotz der Friedensbestre- bungen des Leiters der englischen Politik Kard. Wolsey, Kämpfe wahrscheinlich, für die ihm die Bundesgenossenschaft des Papstes wünschenswert sein mufste; er erlangte sie endlich am 8. Mai 1521. b) Der Wormser Reichstag (1521), der im Januar eröff- net wurde, hatte mit der Frage der Reichsreform und der kirch- lichen Angelegenheit sich zu beschäftigen. In ersterer Beziehung mufste Karl in die Einsetzung eines Reichsregiments für den Fall seiner Abwesenheit unter dem Vorsitze seines Bruders Ferdinand, dem alle deutschen Gebietehabsburgs übertragen wurden, willigen; das Reichskammergericht und die Kreiseinteilung wurden wieder ins Leben gerufen, die Kosten dafür von den Ständen übernom- men und dem Kaiser für die beabsichtigte Romfahrt ein Heer zur Verfügung gestellt. Was die kirchliche Frage angeht, so versuchte der päpstliche Nuntius Aleander vergeblich den Kaiser zu einem vernichtenden Schritte gegen Luther zu bestimmen. Nach mannigfachem Schwanken erliefs er doch, vorzugsweise be- stimmt durch die Haltung der Stände — ein Ausschufs des

2. Geschichte des Mittelalters - S. 124

1910 - Halle a.S. : Gesenius
— 124 405. Wie gliederte sich die erste deutsche Universität? 1. Der Lehrkörper bestand nach dem Vorbilde der Pariser Universität aus vier Fakultäten : T h e o 1 o g i e , Heilkunde, Rechtswissenschaft, freie Künste. 2. Die Studenten vereinigten sich nach „N a t i o n e n“ in vier großen Landsmannschaften: Böhmen, Bayern, Sachsen, Polen. 406. Welche erblichen Würden verband Karl Iv. in der „goldenen Bulle“ mit der Kurwürde? Dieselben Würden, wie sie schon im „Sachsenspiegel“ als herkömmliche aufgezeichnet waren [323], 407. Welche wichtigen Vorrechte sprach Karl Iv. in der goldenen Bulle den Kurfürsten zu? 1. Die Kurfürsten waren dem Range nach die ersten unter den Fürsten und die persönlichen Ratgeber des Königs. 2. Das Kurfürstentum der weltlichen Fürsten ging stets ungeteilt auf den Erstgeborenen über. 3. Die kurfürstliche Macht umfaßte auch die Ausübung sonst ausschließlich kaiserlicher Rechte: a) Die Untertanen durften vor kein fremdes Gericht gezogen werden. b) Von kurfürstlichen Gerichten fand keine Berufung an kaiserliche Gerichte statt. c) Das Münz- und Z o 11 r e g a 1, das Bergwerksrecht und der J udenschutz gehörten dem Kurfürsten. 408. Wie regelte Karl Iv. die Kaiserwahl? 1. Die Wahl Versammlung sollte spätestens drei Monate nach dem Tode des Kaisers durch den Erzbischof von Mainz einberufen werden. 2. Die Wahl abstimmung sollte zu Frankfurt a. M., die Krönung zu Aachen vor sich gehen. 3. Die Wahl bestätigung durch den Papst wurde nicht erwähnt (Rhenser Beschluß). 409. Welchen Wert hatte das Reichsgrundgesetz („Die goldene Bulle“) ? 1. Das Herkömmliche wurde anerkannt und Zweifelhaftes bestimmt festgelegt. 2. Die bisher oft bei einer Neuwahl ausbrechenden Streitigkeiten über das Recht zur Kaiserwahl wurden beseitigt. 3. Der noch vorhandene geringe Rest kaiserlicher Macht wurde bedeutend vermindert.

3. Abriss der Geschichte für höhere Knaben- und Mädchenschulen - S. 121

1878 - Mainz : Kunze
— 121 — Keiner gethan. Er wurde 1308 angesichts der Habsburg bort seinem Neffen, ermordet, der deshalb mit dem Namen Johann Parricida gebrandmarkt worden ist. § 18. Liihelburg und Baiern. Nach Albrechts Ermordung lenkten der Mainzer Erzbischof Peter Aichspalter und Balduin von Trier die Wahl auf des letzteren Bruder, den Grafen Heinrich von Lützelburg, der in seiner kleinen Herrschaft in den Ardennen sich den Ruf eines umsichtigen, thatkräftigen und auf die öffentliche Sicherheit bedachten Fürsten erworben hatte. Heinrich Vii. (1308—1313) suchte die alte Kaiserherrlichkeit durch uneigennützigen Gebrauch der ihm verliehenen Macht und durch Reinheit des Charakters zu erneuern. Die vorhergehenden Könige, die im Leben Feinde gewesen waren, ließ er feierlich nebeneinander zu Speier beisetzen, damit verkündend, daß Friede im Reiche herrschen solle. Gegen den unruhigen würtembergischen Grafen Eberhard schleuderte er die Acht. Aus Achtung vor ihm wählten die Böhmen seinen Sohn Johann zum Könige. Auch Italien und Rom, das seit 1308 aufgehört hatte Residenz der Päpste zu sein, suchte er, um in die Fußtapfen der Ottonen und Friedriche zu treten, wieder fester mit Deutschland zu verbinden. Die Ghibellinen, unter ihnen der große Dichter Dante, warteten mit. Sehnsucht auf ihn, damit er des Reiches Garten vor weiterer Verwüstung schütze und das steuerlose Schiff mit fester Hand in den sichern Hafen lenke. Da er aber nicht Kaiser einer Partei sondern der Gesammtheit sein wollte, fand er die gewünschte Unterstützung nicht. Und als er sich anschickte den Enkel jenes Karl von Anjou, Robert von Neapel, für seine liebergriffe zu strafen, sprach von Avignon aus der Papst feinen Bann. Doch traf die Kunde davon Heinrich nicht mehr, der bereits in einem italienischen Kloster an Gift, wie damals die Sage gieng, gestorben war. Wie ein Meteor war er erschienen und verschwunden. Seine Partei wählte Ludwig von Baiern (1314—1347), die habsburgische Friedrich von Oesterreich, und so entstand abermals Bürgerkrieg um die Krone. Diesmal unterlag

4. Leitfaden der allgemeinen Weltgeschichte - S. 326

1881 - Freiburg im Breisgau : Herder
326 Die mittlere Zeit. um die kaiserliche Vollgewalt zu rechtfertigen, zum römischen Recht feine Zuflucht nehmen und die Befugnisse des heidnischen Imperators aus sich übertragen lassen. Aber gerade das römische Recht paßte für keine Zeit weniger, als für die der Hohenstaufen, da der heidnische Staat weder eine Kirche noch Rechte einzelner Korporationen kannte, und vou einer Selbständigkeit neben dem Kaiser gar keine Rede war. Namentlich kannte man aber bis jetzt im römischen Reiche anch keine Staatsstener. Friedrich schrieb nun, wie es im alten Rom der Branch war, eine Steuer aus sowohl nach den Gütern, als nach den Köpfen, was große Unzufriedenheit erregen mußte, sowohl bei den Italienern als bei den Deutschen, weil dieses Geld doch nur auf die vielen Rüge nach Wien verwendet wnrde. 2. Ronkaglia ist ein Ort in der Nähe von Piacenza. Hier pflegten die Kaiser auf ihrem Römerzuge das erste Mal auf italienischem Boden zu übernachten. Dort wurde der Heerschild ausgepflanzt und die obersten Vasallen mußten ein jeder zwei Nächte lang vor dem kaiserlichen Zelte die Wache halten, eine Ehrenbezeugung, die sie selbst wieder vou ihren Lehensleuten verlangen durften. Dort wurde auch das erste Mal Heerschau gehalten, und wurden die Lehensträger, die nicht zur Heeresfolge erschienen waren, mit der Acht belegt. 3. Schrecklich war das Schicksal, das Mailand auf dem zweiten Römerzuge traf. Als es sich das erste Mal ergeben mußte, mußte es 0000 Mark Silber bezahlen und 300 Geiseln stellen. Die Bürgermeister, der Rat und die Edlen mußten barfuß, das bloße Schwert am Nacken hängend, das Volk mit Stricken um den Hals, vor dem Kaiser erscheinen und fußfällig dessen Milde anflehen (1158). Bei der zweiten Unterwerfung, ^ vier Jahre später, wiederholte sich ein ähnliches Schauspiel. Das Urteil aber, das über Mailand erging, lautete: Mailand soll leer und wüst sein; binnen acht Tagen verlassen alle Bewohner die Stadt und baueu sich in vier Flecken an, von denen jeder zwei Meilen vom andern entfernt ist (1162). 4. Die Einwohner von Susa, wo Friedrich übernachtete, hatten sich verabredet, den Kaiser nachts im Bette zu überfallen. Aber der Anschlag wnrde verraten und Hermann von Sieben eichen, der mit dem Kaiser einige Ähnlichkeit hatte, legte sich in das Bett des Kaisers, wodurch es diesem möglich wurde, zu entfliehen. Die Susaner vergriffen sich nun zwar an dem Ritter nicht, als sie den Irrtum merkten, Friedrich ließ aber die Stadt doch niederbrennen, als er wieder nach Italien kam. 8 121. Sturz Heinrichs des Löwen. Friedrichs I. Tod. 338) In Deutschland hatte jedoch die Lust, mit dem Kaiser nach Italien zu ziehen, abgenommen, denn Italien war das Grab aller Hoffnungen. Ganz besonders war Heinrich der Löwe, der im Norden seine Herrschaft beträchtlich erweitert hatte, den Zügen nach Italien so abgeneigt, daß er, um einer neuen Fahrt auszuweichen, eine Reise nach dem Heiligen Lande unternahm. Allein er kam nach Hanse, bevor der Kaiser den fünften Nömer-zng hatte antreten können. Er begleitete nun wohl den Kaiser,

5. Geschichte des Mittelalters - S. 194

1878 - Mainz : Kunze
194 Vierte Periode des Mittelalters. hat, ist schon oben erwähnt worden. Nach Innen und nach Außen nahm unter seiner Regierung das Ansehen der Krone ab. Italien, die Dauphine, Burgund trennten sich vom Reiche, die Türken suchten mehrere Male Ungarn heim, die Polen eroberten ebenfalls einen Theil davon, und die Hussitenkriege entfremdeten ihm Böhmen. Das wichtigste Ereignis unter Siegmunds Regierung war die Kirchenversammlung zu Constanz oder Costnitz, welche wir jetzt mit ihren Folgen genauer betrachten wollen. §. Zk. Das ioncit 311 "V " u und feine Folgen. 1. Allgemeine Beschlüsse. Veranlassung Schon das Concilium zu Pisa (1409) hatte dem verderblichen des^Concils^ Schisma in der Kirche ein Ende machen wollen, allein nur noch größere zu Constanz Verwirrung herbeigeführt. Die beiden abgesetzten Päpste hatten rtäm-U14' lich dem Beschlusse des Concils keine Folge gegeben, und da man einen neuen Papst gewählt hatte, so geboten in der Christenheit nunmehr 3 Päpste. Darum bemühte sich Kaiser Siegmund ernstlich, die notwendige Besserung der Kirche an Haupt und Gliedern durchzusetzen und schrieb ein neues Concil nach Constanz aus, welches Papst Johann Xxiii. 1414 feierlich eröffnete. Eine ungeheure Fremdenmenge von allen Nationen, Ständen und Gewerben strömte in der alten Reichsstadt am Bodensee zusammen; man zählte 18,000 Geistliche, 29 Cardinäle, 160 Bischöfe, die Gesandten von 2 Kaisern und 14 Königen, 100 Grafen, 30 Herzöge und 80 Barone, —- 200 Schneider, 70 Schuhmacher, 44 Apotheker, 55 Zuckerbäcker, 83 Weinhändler, 1000 Schauspieler, Musikanten und Gaukler. Jo- Um sich auf dem päpstlichen Stuhle zu erhalten, hatte Johann haun xxiii. Xxiii.*) eine zahllose Menge italienischer Geistlichen mitgebracht. Allein gern Antheil die Versammlung beschloß, nicht nach Köpfen, sondern nach Nationen zu an demselben, jftmmen, und nahm 4 Hauptnationen an, die deutsche, französische, englische und italienische, welche einzeln berathen und abstimmen sollten. Die Mehrheit der Stimmen in den Spezialversammlungen sollte dann als Abstimmung in der allgemeinen Sitzung gelten. Die Deutschen, Franzosen und Engländer verlangten von Anfang, es sollten alle 3 Päpste sofort abdanken, damit der Friede in der Kirche hergestellt werden könne. Ungern verstand sich Johann hierzu**); allein er hatte bereits *) Als Johann, der von der Kirchenversammlung nichts Gutes für sich erwartete. auf seiner Reise in die Nähe von Constanz kam, rief er auf die L-tadt deutend: „Dies sieht mir aus wie eine Grube, in der man Füchse fängt." ** Die andern Päpste waren nicht erschienen. ^

6. Von der Gründung der Mark Brandenburg bis zum Wiener Kongreß - S. 16

1910 - Halle a.S. : Schroedel
— 16 — kämmerer des Reiches, eine Würde, auf welche sich das Kurfürstentum begründete. 1 1 ™ ^ Mit der ausgezeichneten Stellung unter den Fürsten des Reiches schemt es im Widerspruch zu stehen, wenn zwölf Jahre spater die Markgrafen freiwillig in ein untergeordnetes Verhältnis ^ 5 §tum Magdeburg traten. Die beiden Brüder Otto Ii. und Albrecht Ii. übertrugen am hohen Altar der Domkirche zu Magdeburg dem heiligen Mauritius und dem Erzstifte das volle Eigentum aller ihrer Erbgüter in ihrer Markgrafschaft, auch den jenseits der Elbe gelegenen Gebieten. Eine große Anzahl von hohen Geistlichen, Edlen, Freunden und Ministerialen war zugegen. Der Erzbischof nahm die Schenkung an, ein anwesender päpstlicher Legat bestätigte sie, auf den weltlichen Gerichten wurde sie mit allen erforderlichen Feierlichkeiten verkündigt. Man versteht diesen Akt auch dann noch nicht, wenn man erfährt, daß der Erzbischof sich anheischig gemacht hat, die ihm übereigneten Besitztümer binnen einem Jahr und sechs Wochen den Markgrasen als Lehen zurückzugeben; denn was konnte ihm so viel daran gelegen sein? Das eigentliche Motiv lag ohne Zweifel in der Festsetzung: daß diese Güter in Zukunft nicht nur auf die männlichen, sondern auch auf die weiblichen Nachkommen beider Brüder übergehen sollten. Eben dies aber war die vornehmste Frage der Zeit für die deutschen Fürsten: die Anerkennung der Erblichkeit der Lehen war der Preis für die Erblichkeit des Kaisertums, die der mächtigste aller Hohenstaufen, Heinrich Vi., den deutschen Fürsten angeboten hatte. Der Kaiser ist damit nicht durchgedrungen; aber er wurde bewogen, die zwischen den Markgrafen und dem Erzbischof getroffene Abkunft mit der Klausel zu bestätigen, welche eben das enthielt, was er selbst den Fürsten angeboten hatte. Ihr Sinn war, wenn wir nicht irren, dahin gerichtet, die Erwerbung, die sie gemacht hatten, ihren Familien zu sichern, ohne von den Wechselfällen bedroht zu werden, welche von der Ausübung des oberlehnsherrlichen Rechtes der Kaiser unzertrennlich waren. Indem sie sich nach dieser Seite hin sicherten, wurden sie keineswegs dem Reiche untreu; sie waren vielmehr in etnem anderen Gegensatz begriffen, der für den Fortgang des deutschen Namens im Osten die größte Bedeutung hatte. Bisher hatte Dänemark noch immer in einem mehr oder minder anerkannten Abhängigkeitsverhältnisse vom deutschen Reiche gestanden. Waldemar I., der Bezwinger von Rügen, und dessen Nachfolger Knud aber wiesen jede Anmutung, eine Lehnspflicht zu leisten, stolz und trocken zurück. Der Streit, der hierüber ausbrach, ist an den pommerschen Küsten ausgekochten worden; denn die Pommerfürsten gehörten zu dem Reiche, dessen Vasallen sie waren. Der Fürst von Rügen war dagegen der treue Anhänger Dänemarks. Als er nun von den Pommern angefeindet wurde, kam ihm der rüstige Absalon mit den seeländischen Fahrzeugen zu Hilfe. Unerwartet erschien er

7. Viertehalb Jahrhunderte - S. 587

1856 - Freiburg im Breisgau : Herder
Kaiser Karl V. und die Kirchentrennung in Deutschland. 587 gleich die eifrigsten Bestreiter der von ihnen verlassenen Ordnung wur- den. Es war auch der Fall außerhalb des Klerus Lei Allen, die der Kirche oder kirchlichen Personen gegenüber in einer unbequemen Stellung sich befanden. Hatten früher Unordnungen in der kirchlichen Verwaltung den Landesherren und den städtischen Obrigkeiten schon An- laß zum Eingreifen in kirchliche Angelegenheiten gegeben, so bot sich jetzt bei dem Niederreißen der Kirchenverfassung Gelegenheit zu Erwei- terung der Befugnisse und zur Vermehrung der Einkünfte. Diese Aus- sichten waren um so sicherer, als die Bewegung sehr bald den Charakter eines Vertilgungskrieges gegen die Kirche annahm und bei dem Mangel eines Widerstandes von Seiten der Neichsgewalt immer kühner und rücksichtsloser vorgeschritten werden konnte. Während nun durch man- nigfaltige Umstände eine Menge von Menschen in die Bewegung ohne redliche und unbefangene Erwägung des Zieles hineingerissen wurden, gebrach es der Kirche an Mitteln, derselben zu wehren. Ein Verder- den, das den römischen Stuhl umgab und selbst auf ihm Platz gefunden hatte, war auch an einem großen Theile der Bischöfe nicht vorüber- gegangen. Die in Deutschland vorhandene Verflechtung der weltlichen und kirchlichen Negierung machte die Bischofstühle zu einem Gegenstände des Bemühens für die Söhne fürstlicher Häuser, und es brachte nicht allein manches Fürstenhaus eine Anzahl von Bischofstühlen in seinen Besitz, sondern es wurde nicht selten den kirchlichen Grundsätzen ganz zuwider eine und dieselbe Person mit mehreren Bisthümern ausgestattet, wie der Erzbischof Albrecht von Mainz, Enkel des Kurfürsten Albrecht Achilles und Bruder des in Brandenburg regierenden Kurfürsten Joachim, zugleich Erzbischof von Magdeburg und Bischof von Halberstadt war. Dadurch waren viele Bischofstühle mit Männern besetzt, die keine prie- sterliche Erziehung genossen hatten, kein priesterliches Leben führten und keine priesterliche Wirksamkeit entfalten konnten. Ebenso ließ es ein Theil der übrigen Geistlichkeit an Wort und Beispiel fehlen, und daher gebrach es zur Zeit der Gefahr oft auch, wenn der Wille vorhanden war, an dem Ansehn, welches Kraft zum Widerstande hätte geben sollen. Es war natürlich, daß bei solchen Mängeln das Volk nicht hinreichend in seiner Religion unterrichtet war, um zu sehen, daß es sich um etwas Anderes, als die Abstellung von Mißbräuchen handle. Viele wußten nicht, was man ihnen nahm, der Veränderung des Gottesdienstes sahen sie zu, ohne den Sinn dessen, was abgeschafft wurde, begriffen zu ha- den, und sie waren von der Kirche, ehe sie es wußten, getrennt, da man ihnen die Absicht, sie von derselben zu trennen, verborgen hatte. Dieselbe Unwissenheit machte es auch möglich, der Kirche Dinge, die ihr fremd waren, zur Last zu legen, ja Lehren, die sie stets verworfen hatte, als die ihrigen darzustellen. Dadurch erhielt in den Augen des

8. Fünfzehn Jahrhunderte - S. 282

1855 - Freiburg im Breisgau : Herder
282 Die Kreuzzüge und der Osten im zwölften Jahrhundert streben, die einzelnen Glieder der Christenheit zu einem großen geistlichen Reiche zusammenzuhalten, wieder stärker hervorgetreten, und naturgemäß war auch der Widerstand gegen dieses Bestreben erwacht. Beides wird durch die Geschichte Gregors Vh. veranschaulicht. Er und die seinen Spuren folgenden Nachfolger ergriffen den Gedanken einer gemeinsamen Negierung der christlichen Völker hinsichtlich der nicht deren besondere Verhältnisse betreffenden Angelegenheiten. Daß sie unter dem Einflüsse des damals alle staatlichen Verhältnisse durchdringenden Lehenswesens sich zu Lehensherren aller Fürsten hätten aufwerfen wollen, ist zwar nicht zu beweisen, aber sie nahmen ein richterliches Ansehn in Anspruch für diejenigen Fälle, wo das staatliche Leben mit den von der Kirche nothwendig zu machenden Forderungen in Widerspruch trat, wo das Thun der Herrscher den der Kirche zur Erfüllung ihrer Sendung unent- behrlichen Einfluß mit Schmälerung bedrohte oder die sittliche Ordnung verletzte, sowie für die Fälle, wo Krieg christlicher Staaten gegen einan- der die Christenheit den Gefahren der Zersplitterung und wiederkehrender Rohheit aussetzte. Dabei war freilich eine scharfe Abgrenzung zwischen Angelegenheiten, die in den Bereich des Papstes gehörten und solchen, die davon ausgeschlossen waren, zwischen geistlichen und weltlichen An- gelegenheiten, nicht möglich. Einmal ist an sich schwer zu bestimmen, was in Bezug auf die von der Kirche zu verfolgenden Zwecke ganz gleichgültiger Art sei. Dann aber war in einer Zeit, wo die staat- lichen Verhältnisse sich erst bildeten, fortwährend der Gefahr entgegen zu arbeiten, daß Einrichtungen, die in den einzelnen Ländern entstanden, den Einfluß der Kirche auf dieselben hinderten, und eine Vereinzelung zum Absterben des christlichen Lebens führte. Diese Gefahr war um so größer, als die neubekehrten Völker auch als Glieder der Christen- heit noch unter der wenig gedämpften Herrschaft der aus früheren Zu- ständen mitgebrachten Gewohnheiten und der noch nicht hinreichend gezügelten Triebe standen. Je mehr daher die Gestaltung der neuen Verhältnisse unter dem Einflüsse von Willkühr vor sich ging und erst die Schranke der Gewalt den Befugnissen Grenze ward, desto dringen- deres Bedürfniß war es, daß das Ansehen der Kirche mit einer auf gesammelter und geordneter Erfahrung beruhenden Negierungskunst, die damals in ihr allein zu finden war, in den Gang der Begebenheiten regelnd eingriff. Wenn dabei zuweilen Herrschaft als das Ziel der kirchlichen Bestrebungen, die in den Päpsten ihren Mittelpunkt hatten, erschienen ist, so war sie nur das nächste Ziel, dessen Verfolgung nöthig war, wenn ein höheres nicht unerreichbar bleiben sollte. Eine Ueber- schreitung der Befugnisse ließ sich den Würdenträgern der Kirche nicht mit Recht vorwerfen, weil eine Abgrenzung von Befugnissen, wie sie eine spätere Zeit auf Grund gemachter Erfahrungen durch ausdrückliche

9. Fünfzehn Jahrhunderte - S. 234

1855 - Freiburg im Breisgau : Herder
234 Frankreich bis zum Ende des elften Jahrhunderts. bildung kam. Damit hing zusammen, daß die rechtlichen Bestimmungen im Süden allgemeinere Geltung erhielten und dem Lande eine größere Einheit gaben. Denn indem schon im neunten Jahrhundert in Frank- reich das persönliche Recht, wonach Jeder durch seine Abstammung an die Gesetze eines besondern Volksstammes gewiesen war, verschwand, und für Jeden das in dem betreffenden Gebiete heimische Recht zur Geltung kam, wurde im Süden, wo die verhältnißmäßig sehr wenig zahlreichen deutschen Ansiedler sich leicht in die romanische Masse ver- loren, das römische Recht allgemeine Richtschnur, während im Norden, wo dem Inhalte nach deutsches Recht überwog, das aus der altdeut- schen Zeit Ueberlieferte sich in den einzelnen Kreisen des Lehenswesens nach Maßgabe örtlicher Einflüsse verschieden gestaltete. Aus ähnlichen Gründen erhielten sich im Süden in den größeren Städten die Ge- meindeverfassungen in einer Weise, daß hier der Stand der Freien geschützter war und willkührlichen Eingriffen mit mehr Erfolg begegnen konnte. Wurden alle diese Keime einer neuen Ordnung aber durch die äußeren Verhältnisse noch vielfach in ihrer Entwicklung gehemmt, so war auch die Thätigkeit der Kirche, obgleich sie naturgemäß der äußeren Ordnung, ohne welche sie ihren Beruf nicht zu erfüllen vermag, die mächtigste Bnndesgenossin war, vielfach gelähmt, weil rohe Gewalt oft ihrem Worte die Macht raubte, und weil ihre Diener zum Theil dem ihnen obliegenden Amte durch Verwicklung in die Wirren des Lehenswesens ent- fremdet wurden. Vermöge des Berufes, die Völker zu erziehen, mußte die Kirche für die Erhebung der königlichen Macht, die sie als eine heilige erkennen lehrte, aus allen Kräften wirken. Auch konnten die Bischöfe nur von einer Stärkung der königlichen Macht die Erhaltung ihrer Selbstständigkeit hoffen. Wie das Lehenswesen in Frankreich die Königsgewalt ganz verschlungen hatte, waren auch die Bischöfe hinsicht- lich der kirchlichen Güter die Lehensträger der Lehensträger geworden, und wenn sie auch auf den von den Königen berufenen Versammlungen ebenso gut, wie auf denen ihrer unmittelbaren Lehensherren erschienen, gingen diese in ihren Bemühungen, die Bischöfe von sich abhängig zu machen, so weit, daß sie sich oft die Investitur derselben aneigneten, wozu ihnen Seitens der Kirche nie das Recht zugestanden wurde. In solcher Stellung mußten sich die Bischöfe in endlosen Kampf mit dem gewaltthätigen Lehensadel verwickeln, und dessen Auflehnung gegen Recht und Sitte häufte und schärfte die kirchlichen Strafen. Eine Erweiterung der Strafe des Bannes, die sich an dem rohen Sinne der Zeit oft unwirksam zeigte, oft aber auch den Uebelthäter vor den Richterstuhl des Bischofs führte, war dessen Ausdehnung auf ein ganzes Gebiet, das Jnterdict genannt, worin das Verbot Gottesdienst zu halten und die Sakramente öffentlich auszuspenden enthalten war. Unter solchen

10. Fünfzehn Jahrhunderte - S. 375

1855 - Freiburg im Breisgau : Herder
Frankreich, England und Spanien im Zeitalter der Kreuzzüge. 375 Ritterorden des heiligen Grabes vermacht. Weder in Navarra noch in Aragonien wurde diese Anordnung, als Alphons im Jahre 1134 ge- storben war, anerkannt. Die Navarresen erhoben in Garcias Hl. einen Seitenverwandten ihres letzten einheimischen Königs, sollten aber noch im Laufe des Jahrhunderts französische Fürsten erhalten. Die Aragonier wählten des verstorbenen Königs Bruder, Ramiro Ii., der zu diesem Zwecke erst den geistlichen Stand verlassen mußte, zum Könige. Dieser lezte im Jahre 1137 die Regierung nieder, und an seine Stelle trat als Verlobter der Tochter Petronella, die der gleich nach seiner Thron- besteigung geschlossenen Ehe entsprossen war, der Graf Ramon Beren- gar Iv. von Catalonien, der auch als Herrscher der vereinigten Reiche den Namen eines Grafen beibehielt. Er gab den Besitzungen in Frank- reich eine große Ausdehnung, indem es ihm gelang, viele der Graf- schaften des südlichen Frankreichs in ein Lehensverhältniß zu seinem Reiche zu bringen. Hieraus entstanden mancherlei Verwicklungen, namentlich durch die Beeinträchtigung lehenshoheitlicher Rechte, welche die Grafschaft Toulouse unter dein Sohne des in Palästina im Besitz von Tripolis lebenden Raimund erlitt, und durch die Bedrängniß, in welche dieselbe zugleich von anderer Seite durch Herzog Wilhelm Ix. von Aquitanien versetzt wurde. Doch Ludwig enthielt sich klüglich jedes Versuches, durch Einmischung auch hier seine Lehenshoheit geltend zu machen. Es hatten sich die Verhältnisse hier umgekehrt, indem die Nach- kommen der ehemaligen Markgrafen von Barcelona, statt von Frankreich abhängig zu sein, in dessen Gebiet hinein ihre Herrschaft erstreckten, und es erlosch das Andenken an das alte Verhältnis indem sie nun endlich auch aufhörten, in ihren Negierungshandlungen die Zeit nach den Ne- gierungsjahren der französischen Könige zu bestimmen. Dagegen eröffnete sich für Ludwig kurz vor seinem Tode eine Aussicht auf großen Gewinn im Süden, indem der Herzog von Aquitanien vor Beginn einer Wall- fahrt nach Sanct Jago de Compostella seine Tochter Eleonora als Erbin des größten Theiles seiner Besitzungen mit des Königs Sohne, der schon im Jahre 1131 von Papst Innocenz Ii. in Rheims bei Gelegen- heit eines Concils zum künftigen Könige geweiht worden war, im Jahre 1137 zu Bordeaux vermählte. Diese Heirath indessen hatte ganz andere als die erwarteten Folgen. 4. Eine mächtige Hülfe gewährte der aufstrebenden Königsmacht seit Ludwig Vi. außer dem Bemühen der Geistlichkeit, die in der Sache des Königthums die Sache der Ordnung erkannte, auch der in den Städten sich regende Trieb zur Bildung geschlossener Gemeinwesen. Im südlichen Frankreich war die römische Städteverfassung nie ganz erloschen, und ein durch Handel und Gewerbfleiß erzeugter Wohlstand gab das Selbstgefühl, welches von den alten Formen Gebrauch zu machen lehrte.
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