Karl der Groe.
27
Sein Reich war ein Weltreich; er gebot der Germanen und Romanen.
Er war der Schirmherr der abendlndischen Kirche, der Beschtzer des abend-lndischen Christentums. Unter diesen Umstnden erwachte der Gedanke, das abendlndische Kaisertum, das im Jahre 476 sein Ende gefunden hatte, wieder zu erneuern. Im Jahre 800 weilte Karl in Rom, um die rmischen Verhltnisse zu ordnen; denn der Papst Leo Iii. war im vorigen Jahre durch eine Gegenpartei aus der Stadt vertrieben worden und hatte nur unter dem Schutze eines frnkischen, von Karl abgesandten Grasen zurck-kehren knnen. Damals setzte ihm am Weihnachtstage der Papst am Altar der Peterskirche die K a i s e r k r o n e auf das Haupt, und das Volk begrte tfbqn1^ ihn unter lautem Jubel als rmischen Kaiser. So war ein Germane Nach- abe^tl folger der Csaren geworden. Nicht an Macht, wohl aber an uerem Glanz erfuhr die Stellung Karls durch die Kaiserkrnung einen gewaltigen Zuwachs; Rom aber zu erobern und die Kaiserkrone zu gewinnen, ist seitdem Jahr-hunderte hindurch das Ziel der Sehnsucht fr die deutschen Könige gewesen
Karls Regententtigkeit.
27. Karls Persnlichkeit. Karl war ein Herrscher, der mit genialer Wn== Einsicht und gewaltiger Tatkraft den verschiedensten Aufgaben, die ihm die Regierung seines weiten Reiches stellte, gerecht wurde. Von seiner Persn-lichkeit hat uns sein jngerer Freund und Biograph Einhard ein Bild hinterlassen. Er war ein Mann von mchtigem Krperbau, festem Gang, schnem, grauem Haar und heiterem, gtigem Antlitz. Er erfreute sich bis in sein hohes Alter einer guten Gesundheit; durch Reiten, Jagen und Schwimmen hrtete er den Krper ab; in Speise und Trank war er mig. Er kleidete sich nach frnkischer Weise und konnte kaum je dazu vermocht werden, rmische Kleidung anzulegen; seine Gewnder lie er sich von den Frauen seiner Familie anfertigen. Er war ein Mann von gewaltiger Willens-kraft und konnte in seinem Zorne furchtbar sein. Aber in ihm wohnte auch ein tiefes, inniges, deutsches Gemt; er war ein zrtlicher Vater seiner Shne und Tchter, die er ungern von sich lie, ein guter Geselle seiner Freunde, freigebig und gtig gegen Fremde. Er war hochbegabt und konnte gut reden.
Auch erfllte ihn ein starker Drang nach Bildung; noch in hheren Jahren wnschte er nachzuholen, was man frher an ihm versumt hatte, versuchte das Schreiben zu lernen und lie sich in der Grammatik unterrichten. Mit seinen Freunden besprach er sich der gelehrte Dinge; selbst beim Mahle lie er sich gern vorlesen. Dabei hatte er auch Sinn fr die Heldensagen des deutschen Volkes und lie sie sammeln; leider ist diese Sammlung unserer Zeit nicht erhalten geblieben.
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T56: [Papst Kaiser Rom Heinrich König Kirche Gregor Bischof Italien Papste], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend]]
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karl Leo_Iii Leo Karl Karl Karls Karls Karls Karl
Extrahierte Ortsnamen: Rom Peterskirche Karls Karls Karls
12. Das Rittertum.
41
In diesem ziemlich eng begrenzten Rume zwischen den Burgmauern spielte sich das Leben des Ritters und seiner Familie ab. Die umliegenden, untertnigen Bauerngehste lieferten Getreide und Vieh, Wolle und Felle in die Burg, die Knechte stellten in der Waffenkammer unter Leitung eines Meisters die Waffen her, die Mgde spannen und webten unter Aussicht der Herrin. Selten gab es im Winter eine Abwechslung, wenn eine Jagd ver-anstaltet wurde, oder wenn zu aller Freude ein Snger erschien, Neuigkeiten aus der Welt mitbrachte und Heldenlieder sang. Sonst klagte alles der die den Wochen, in denen es keine Unterhaltung gab.
Uns hat der Winter geschadet so sehr.
Heide und Wald sind so fahl nun und leer,
Stimmen der Vglein erschallen nicht mehr.
Knnt' ich verschlafen die Winterzeit!
Wach' ich solange, so bringt es mir Leid,
Da seine Macht reicht so weit und so breit."
Um so freudiger wurde der Frhling mit den hervorsprieenden Blumen und der Vgelein sem Schall begrt.
Wenn die Blumen aus dem Grase dringen Und dem Spiel der Sonne sie entgegen Frhlich lachen in des Maitags Frh',
Wenn die kleinen Vgelein wohl singen Ihre besten Weisen, die sie Pflegen:
Dem kann andre Wonne gleichen nie.
Ist's doch fast ein Himmelreich."
Mit diesen Versen gibt uns Walter von der Vogelweide kund, was seine ritterlichen Zeitgenossen fhlten. Im Frhling, im herrlichen Monat Mai ging es hinaus in die schne Natur. Laut schallte der Jagdrus durch Berg und Tal, mit dem Falken zog die Schloherrin aus, um den Reiher zu jagen; oder mit reichem Gefolge besuchte der Ritter einen Nachbar, der ihn gastlich aufnahm und mit ihm schmauste.
An all diesem nahmen auch die R i t t e r f r a u und die Tchter des Burgherrn regen Anteil. Denn die hfifche Zucht hatte die Stellung des Weibes und sein Ansehen sehr gehoben. Es galt fr Ritterpflicht, sich einer Herrin zu geloben, ihr im Kampfe zu dienen, ihre Tugenden und Schnheit in Liedern zu besingen. Das war der M i n n e d i e n st. So mute auch die Erziehung des weiblichen Geschlechtes der hohen Stellung entsprechend sein. Von Jugend an lernten die Mdchen die hfische Bildung, Anftandsregeln, fein gesittetes Benehmen, das auf ganz bestimmten Regeln und Gesetzen
TM Hauptwörter (50): [T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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— 8 —
Ist die Küste ohne nennenswerte Einbrüche des Meeres in
das Land, so heißt sie glatt, im andern Falle gebuchtet.
Überall, wo das Meer tief in das Land eingreift, haben wir eine
Bucht oder Bai oder einen Golf. Bietet die Bucht Schutz
gegen Wind und Wellen, so führt sie den Namen Hafen. Ein
ins Meer ausspringender Teil des Festlandes, der sich von dem
in seinem Zusammenhang nicht unterbrochenen „Rumpf" scharf
absetzt, heißt Halbinsel. Kleinere, schmale Halbinseln nennt
man Landzungen. Ein bloßer Vorsprung der Küste wird,
wenn er flach ist, Landspitze, wenn er hoch ist, Vorgebirge
(Kap) genannt. Ein schmaler Streifen Landes, der die Ver-
bindung zwischen zwei Landmassen herstellt, heißt Landenge
(Isthmus). Meerenge, Straße, Kanal, Sund nennt man
einen schmalen Meeresstreifen, der zwei Meere oder Meeresteile
miteinander verbindet. Ein ganz von Wasser umgebenes Stück
Land heißt Insel. Ein Meeresbecken mit mehreren nahe bei-
einander liegenden Inseln heißt Archipel. Die Halbinseln und die
küstennahen Inseln, die meist vom Rumpf sich abgelöst haben,
bilden die Glieder des Festlandes; sie greifen oft wie Arme
nach den benachbarten Erdräumen hinüber. Das Verhältnis der
Glieder zum Rumpfe ist in Europa 1 : 2, in Asien 1 : 3, in
Amerika 1 : 12, in Nordamerika 1 : 4, in Südamerika 1 : 89,
in Australien 1 : 36, in Afrika 1 : 47. Somit haben die Land-
masfen der n-en Halbkugel eine reichere Gliederung als die der
s-en Halbkugel, und während jene vom Äquator aus einander
zustreben und dadurch den Verkehr der Gegenküsten erleichtern,
scheinen diese sich in demselben Maße zu fliehen.
t Unter der senkrechten., (vertikalen) Gliederung eines Länder-
raumes versteht man die Übersicht über seine Gestalt mit Rücksicht
auf seine Erhebung.
Die Höhe eines Punktes der Erdoberfläche wird entweder
vom Meeresspiegel, oder von einem andern, höher oder tiefer ge-
legenen Orte gerechnet, und zwar nennt man die Größe seines
senkrechten Abstandes von der Meeresoberfläche ^ seine absolute,
die von einem beliebigen andern Punkte seine relative Höhe.
c
Fig. 3. Ab bezeichnet den Meeresspiegel, C D eine Ebene, a c ist die
absolute, b c die relative Höhe.
1 In Preußen beziehen sich alle neueren Angaben der absoluten Höhe
auf den Normal-Nullpunkt (abgekürzt N. N. Normal-Null), der mit
dem Mittelwasser der Ostsee zusammenfällt. Er liegt genau 37 m unter
dem am Nordpfeiler der Berliner Sternwarte etwa 1 m über dem Erd-
boden angebrachten Normalhöhenpunkt.
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Extrahierte Ortsnamen: Europa Asien Amerika Nordamerika Südamerika Australien Afrika Normal-Null Ostsee Berliner_Sternwarte
— 12 —
zu bedecken. Auf der Karte von Nord- und der von Süddeutsch-
land ist das Verhältnis wie 1 : 2 250000; 1 mm auf der Karte
ist gleich 2*/4 km in Wirklichkeit. Die direkte Entfernung von Berlin
nach Cöln beträgt auf der Karte etwas mehr als 210 mm; diese
würden rund 500 km gleich sein. Die kürzeste Eisenbahnstrecke
von Berlin nach Cöln beträgt jedoch ca. 600 km. Noch weniger
als Eisenbahnstrecken kann man bei der Verallgemeinerung der
Linienführung auf unseren gewöhnlichen Karten die wirkliche
Länge von Fluß- und Küstenlinien, politischen Grenzen, Gebirgs-
kämmen usw. ausmessen. Die Flächengrößen werden am besten
durch Vergleich mit bekannten Größen von der Karte abgelesen.
Da die Karte uns ein Bild eines Teiles der Erdoberfläche
vermitteln will, so enthält sie eine Reihe von Grundrißfiguren
und Zeichen, die man den Lageplan nennt. Dahin gehören
nicht nur die Grenz-, Küsten- und Flußlinien, die Ortszeichen
und das Wegenetz, sondern auch die Andeutung über die Art
des Bodens, des Anbaus des Landes, die Arten der Verkehrs-
wege, die Arten der Besiedelung, der Bewaldung u. a. m.
Welches sind die im Schulatlas verwendeten Zeichen des Lageplans?
Daneben bringt die Karte auch die Unebenheiten der Erdober-
fläche — das Gelände oder Terrain — zur Darstellung.
Höhenzissern geben nicht nur die absoluten Höhen von Berg-
gipfeln und Pässen, sondern auch von Ortschaften, wichtigen
Punkten eines Flußlaufs und Seespiegeln an. Linien, welche
alle Punkte gleicher Höhe miteinander verbinden, heißen Höhen-
kurven oder Isohypsen^ (Schulatlas). Um die Verschieden-
heiten der Höhen dem Auge noch deutlicher zu machen, versieht
man die Flächen zwischen den Höhenkurven mit verschiedenen
Farben. In unserm Atlas sind die Höhen von 0—100 m, 100
bis 200 m, 200-500 m, 500—1500 m und über 1500 m zu-
sammengefaßt und mit gleichen Farbentönen von Hell zum
Dunkel fortschreitend bezeichnet; Senken, die unter den Meeres-
spiegel hinabreichen, haben eine dunkelgrüne Farbe. Ebenso sind
die Tiefen des Weltmeeres durch verschiedene Farbentöne ange-
deutet, wobei Gebiete gleichertiefe vontiefenlinien, Jsobathen^,
begrenzt sind. Als ferneres Hilfsmittel der Geländedarstellung
benutzt man die Schraffen. Sie dienen dazu, die verschiedene
Steilheit der Abhänge anzudeuten und aus der Stärke der
Schraffen den ungefähren Neigungswinkel erkennen zu
lassen nach dem Grundsatz: Je steiler, desto dunkler. Er-
kläre hiernach die verschiedenen Bergzeichnungen aus S. 1 von
Dierckes Schulatlas! Das richtigste Bild einer Geländeform gibt
das Relief; denn es läßt die Erhabenheiten der Erdoberfläche,
wenn auch oft bedeutend überhöht, wirklich als solche hervortreten.
Ein aus Grund von Isohypsen oder von Höhenschichten leicht
herstellbares Hilfsmittel zur Verdeutlichung der Oberflächengestalt
eines Erdraumes ist das Profil.
1 hypsos — Höhe. 2 bäthos — Tiefe.
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Ter Klerus. Kampf zwischen Kirche und Staat. 27
auch die Päpste in Abhängigkeit erhalten. Ohne Ströme von Blut mar das nicht möglich. Die von Heinrich Iii. (1039—1056) aus tiefem Verfall emporgehobene Kirche aber suchte kraft ihrer geistlichen Natur die völlige Freiheit von der Staatsgewalt zu erlangen und zu behaupten. Nach kirchlicher Anschauung gab es überhaupt nur zwei Stände: Klerus und Laien. Jener galt natürlich als besonders bevorzugt und begnadet und ward sehr früh einheitlich und streng monarchisch organisiert. Er strebte deshalb, sobald er das mit Aussicht auf Erfolg vermochte, nicht bloß nach Unabhängigkeit von den Laien, sondern nach der Herrschaft über sie. Papst Gregor Vii. (1073— 1085) wollte durch das Verbot der Laieninvestitur den staatsrechtlich gewordenen Lehnsverband zwischen Geistlichen und Laien zerreißen und den Klerus gänzlich aus dem Lehnssystem herausheben. Heinrich Iv. aber (1056 —1106) nahm den Fehdehandschuh leidenschaftlich auf.
Ter erste Kampf zwischen Papsttum und Kaisertum ließ auch die unteren Volksschichten zum Gefühl ihrer Kraft kommen. Anfangs um die Prinzipien der geistlichen und weltlichen Macht im allgemeinen geführt erschöpfte sich der Kampf allmählich, und unter Heinrich V. (1106—1125) ward in Bezug auf den einen Streitpunkt, die Investitur, ein Ausgleich durch das Wormser Konkordat 1122 herbeigeführt. Der Kaiser behielt den entscheidenden Einfluß auf die Besetzung der Bistümer und Abteien: eine ihm nicht genehme Persönlichkeit blieb von der Wahl thatsächlich ausgeschlossen. Auch die Leistungen der geistlichen Fürstentümer kamen fernerhin dem Reiche zu gute. Erst seit Mitte des 13. Jahrhunderts ward die Investitur eine bloße Form, gerade wie die Belehnung der großen weltlichen Vasallen. Die territorialen Gewalten waren da bereits zu mächtig geworden, die königliche Macht aber zu tief gesunken.
Diesen Nachteilen des Lehnswesens gegenüber darf sich der Blick vor seinen Vorteilen nicht verschließen. In der Vermischung
Kampf zwischen Kirche und Staat.
Vorteile des Lehnswesens.
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_Iii Heinrich Gregor_Vii Gregor Heinrich_Iv Heinrich Heinrich_V. Heinrich_V.
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Folgen des Bauernkrieges.
Stand der Gebildeten.
73
3 Jahrhunderte leiden; erst in der neuesten Zeit wurde den sozialen Schäden in diesem Stande wahre innere Heilung gebracht.
Träger der Bildung war einst das Volk im ganzen, und noch im 13. Jahrhundert wurden die schönsten Werke unserer Dichtung z. B. in Thüringen und Franken von allen Bauern verstanden. Tie gelehrte Bildung jedoch übermittelten bis zum 15. Jahrhundert die Geistlichen allein; Stifter und Klöster waren lange die einzigen Heimstätten des Unterrichts. Gegen Ende des Mittelalters aber lag das Schulwesen schrecklich darnieder: Lehrer und Schüler zogen wohl gemeinsam umher, bettelten und stahlen und bildeten eine förmliche Landplage. Da weckte nun die resormatorische Bewegung in fast allen Ständen den Bildungstrieb. Wissen ward eine Macht! Hatten einst Ritter im Waffenschmuck die Alpen überschritten, um Lombarden und Römer zu bekämpfen, so zog jetzt dieselbe Straße friedlich der Bürger, um in der Heimat des Humanismus (f. S. 59) am Quell der neuen Bildung zu schöpfen. Humanisten wie Erasmus und Reuchlin schmiedeten die wissenschaftlichen Waffen für die Reformatoren, diese aber — namentlich Luther und Melanchthon — wiesen nachdrücklich darauf hin, wie wichtig der Schulbesuch für das evangelische Kirchenwesen sei. Alle gebildeten Glieder der Kirche müßten durch Verständnis der heiligen Schrift zu selbständiger Erkenntnis der Heilswahrheit gelangen. Nun wurden, nachdem neue Universitäten schon früher gegründet waren, viele Stadtschulen eingerichtet, und dazu Klöster und eingezogenes Kirchengut verwendet. Auch dem Niedrigsten ward die Möglichkeit gegeben, sich Kenntnisse zu erwerben und in geistliche und weltliche Stellen zu gelangen. So bildete sich ein neuer Stand, der gelehrte, und vorwiegend gehörten ihm Bürgerliche an. In den deutschen Städten schlossen Humanismus und Reformation einen Bund; die Bürger errangen in Bezug auf geistige Bildung durchaus die erste Stelle unter den Ständen und wurden deshalb auch in angesehene Hofämter befördert. Der Landadel
Stand der Gebildeten.
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— 15 —
durch die bis in jene Höhen emporgeschleuderten Auswurfsprodukte
des Krakatau (1883) und des Mont Pelee auf Martinique, die um
die Erde herumgeführt wurden und durch die Brechung der Sonnen-
strahlen jene wunderbaren Farbenerscheinungen hervorriefen, die man
als leuchtende Nachtwolken bezeichnet.
Das Zurückweichen der polaren Luftströmungen ruft an den
Polen die herrschenden Westwinde hervor.
Ein von großer Höhe herabfallender Körper weicht von der
Lotrichtung nach O ab, wie Benzenberg durch seine Versuche im
Michaelisturm in Hamburg nachgewiesen hat. Der gewichtigste
Beweis jedoch ist der Foucaultsche Pendelversuch. Da die
Schwingungsebene eines Pendels,- auf welches andre Kräfte als die
Schwere nicht einwirken, unveränderlich bleibt, so muß es in einer
bestimmten Zeit seine Stellung gegen die unter ihm rotierende Erde
ändern. An jedem Pol beträgt die Richtungsänderung in einer
Stunde 15°; zwischen Pol und Äquator hängt ihre Größe von der
geographischen Breite ab.
Folgen der Rotation.
Die Folgen der Rotation der Erde sind die scheinbare tag-
liche Bewegung der Gestirne um die Erde und der tägliche Licht-
und Wärmewechsel auf der Erde.
Die scheinbare tägliche Bewegung der Gestirne findet in der
Achsendrehung unserer Erde die einfachste Erklärung. Tritt ein Ge-
ftirn in den ö-en Horizont des Beobachters, so geht es für ihn ausi.
Sinkt bei der fortgesetzten Drehung der Erde von W nach O der
ö-e Horizont unter das Gestirn, so steigt es scheinbar empor, bis
der Meridian es passiert, der Stern also seine obere Kulmination
erreicht. Darauf nähert sich ihm der w-e Horizont; das Gestirn
sinkt am W-Himmel, bis es in den w-en Horizont tritt, also unter-
geht. Bei der weiteren Drehung der Erde nähert sich ihm wieder
der Meridian, passiert es (untere Kulmination), und endlich tritt es
wieder in den ö-en Horizont. In der Zeit von einer Kulmination
eines Fixsternes bis zu derselben nächsten hat die Erde eine volle
Umdrehung zurückgelegt. Diese Zeit nennt man einen Sterntag.
Er ist das einzige, von der Natur selbst gegebene Zeitmaß, das sich
immer gleich bleibt und das daher auch in der Astronomie als Grund-
maß der Zeit dient. Er wird gerechnet von einer Kulmination des
Frühlingspunktes bis zur nächsten. Die Länge dieses Tages, also
auch der Rotationsdauer der Erde, hat sich seit den frühesten Zeiten
astronomischer Berechnung noch nicht um Vio Sekunde geändert.
Da die Sonne scheinbar (S. 10) während einer Umdrehung der Erde
um ihre Achse sich 1° weiter nach O unter den Fixsternen bewegt
1 An einer Armillarsphäre zu veranschaulichen.
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— 47 —
Die äußerste Hülle der Sonnenatmosphäre ist die rätselhafte
Korona, die bisher nur bei totalen Sonnenfinsternissen gesehen
worden ist. Sie breitet sich in mattem Glänze von der Sonne
nach allen Richtungen hin strahlenförmig aus; die Strahlen sind
häufig länger als der Sonnendurchmesser. Zur Zeit der Flecken-
maxima breitet sich die Korona gleichmäßig nach allen Richtungen
aus. Zur Zeit der Fleckenminima erstrecken sich die Koronastrahlen
von den äquatorialen Teilen aus wie große Besen: von den
Sonnenpolen werden sie „gegen den Äquator herabgezogen, ganz
wie die Kraftlinien um die Pole eines Magneten", weshalb man
annimmt, daß die jeweilige Struktur der Korona auf magnetische
Kräfte der Sonne zurückzuführen ist.
Das gleichförmige Licht der. „inneren Korona" wird, wie die
spektroskopische Untersuchung lehrt, hauptsächlich von Wasserstoff und
einem sonst unbekannten, Koronium genannten Gas ausgestrahlt.
Das Licht der „äußeren Korona" ist reflektiertes Sonnenlicht, das von
kleinen festen oder flüssigen Partikeln herstammt. Die strahlen-
sörmige Beschaffenheit der „äußeren Korona" deutet auf eine Kraft
hin, welche die kleinen Partikel vom Sonnenzentrum wegstößt. So
erinnern die Koronastrahlen an die Kometenschweife, die in der
Regel auch der Sonne abgekehrt sind.
Die Temperatur der Sonne wird verschieden hoch angenommen;
jedenfalls ist sie so groß, daß alle Elemente noch im Zustande der
Dissoziation sich befinden, also eine chemische Verbindung unmöglich
ist. Zöllner nimmt sie zu 13250° C an der Oberfläche, 112 0000 0
im Innern an; andere stellen niedrigere Temperaturen auf. Da-
gegen ist festgestellt, daß die jährliche Wärmemenge, welche die Ober-
fläche der Erde erhält, ausreichend sein würde, um eine die ganze
Erdoberfläche bedeckende Eisschicht von 30,8 m Dicke zu schmelzen,
und dabei beträgt diese Wärmemenge nur den 2160 millionsten Teil
aller von der Sonne in den Weltenraum ausgestrahlten Warme.
Wie die Sonne den Wärmeverlust deckt, darüber bestehen verschiedene
Hypothesen, die aber nichts weiter als eine gewisse Wahrscheinlichkeit
für sich haben.
Wie die Sonne eine Achsenbewegung hat, so muß sie auch
eine fortschreitende Bewegung im Räume haben. Man hat dies aus
den Beobachtungen, die die Spektralanalyse an die Hand gibt, so-
wie aus dem Auseinanderrücken der Fixsterne an einer Stelle des
Himmels und dem entsprechenden Zusammenrücken an der entgegen-
gesetzten Stelle ' geschlossen. Der Weg, den die Sonne in einer
Sekunde zurücklegt, beträgt 20 km. Wo wir den Mittelpunkt der
Bewegung zu suchen haben, ist zurzeit noch ungewiß.
Der Mond (Erdmond).
Der Mond, dieser treue Begleiter der Erde, der „stille Ge-
fährte der >Nacht", ist wie die Erde eine Kugel, aber nur von
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
TM Hauptwörter (100): [T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
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— 54 —
1781 von Wilhelm Herschel wurde diese Grenze um das Doppelte,
durch die des Neptun von Leverrier und Galle um mehr als das
Dreifache weiter hinausgerückt. Uranus wurde zuerst als ein Komet
angesehen; erst Laplace erkannte seine Planetennatur. Nicht nur
seine bedeutende Größe, sondern auch seine übrigen Eigenschaften,
die er mit Jupiter und Saturn gemein hat, unterscheiden ihn wesent-
lich von den sonnennahen Planeten. Uranus hat 4 Monde, die
sich von O nach Za unter einem Winkel, der 98° gegen die Bahn-
ebene des Planeten geneigt ist, bewegen.
' Neptun.
Kurze Zeit nach der Entdeckung des Uranus wurden zwischen
den Vorausberechnungen seiner Bahn und den Beobachtungen Ab-
weichungen wahrgenommen. Diese „Störungen" wurden auf die t
Einwirkung eines Planeten außerhalb der Uranusbahn zurückgeführt.
Leverrier in Paris berechnete nun aus den Störungen den Ort und
die Masse dieses zunächst nur in der Voraussetzung existierenden
Körpers, der als ein Stern neunter Größe am Himmel stehen mußte.
Da die Berliner Sternwarte damals die besten Sternkarten besaß,
welche Sterne bis zu neunter Größe verzeichnet enthielt, wandte sich
Leverrier an den Direktor dieser Sternwarte, Encke, in der Hoffnung,
daß mit Hilfe dieser genauen Sternkarten durch Vergleichung sich
sehr leicht ein fremder Körper herausfinden lassen werde. Der mit
der Nachforschung beauftragte Assistent Galle1 fand noch an dem
Abend desselben Tages, an welchem das Schreiben eintraf (23. Sept.
1864), unweit der bezeichneten Stelle den errechneten Planeten.
Später stellte sich heraus, daß Neptun, ebenso wie auch Uranus,
schon früher als Fixstern beobachtet, nur nicht wegen seiner geringen
Ortsveränderung unter den Fixsternen als Planet erkannt worden
war; bei der großen Umlaufszeit des Neptun beträgt sein jährliches
Fortrücken wenig mehr als 2 °.
Über die physischen Eigenschaften Neptuns hat man nur Ver-
mutungen. Sicher ist, daß der Planet von einem Monde begleitet
wird, der sich, wie die Satelliten des Uranus, in der Richtung von
O nach W um seinen Hauptplaneten bewegt.
Kometen und Meteore (Sternschnuppen und Feuerkugeln).
Die Kometen (Haar- oder Schweifsterne, von kome = Haar)
weisen, soweit sie mit bloßem Auge zu beobachten sind, zumeist zwei
Hauptteile auf, den Kopf und den Schweif. Der Kopf besteht aus
einer Nebelhülle, die im Innern durch Lichtverdichtung einen Kern
enthält. Der Schweif, dessen Lichtschimmer sich allmählich im
Himmelsraum verliert, liegt immer auf der der Sonne abgekehrten
* Später Direktor der Sternwarte zu Breslau, gest. 1910.
TM Hauptwörter (50): [T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode]]
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TM Hauptwörter (200): [T164: [Sonne Erde Mond Tag Stern Planet Zeit Himmel Jahr Bewegung]]
Extrahierte Personennamen: Wilhelm_Herschel Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Paris Encke Neptuns Breslau
— 56 —
Bon den periodischen Kometen sind als besonders erwähnens-
wert der Halleysche, der Bielasche und der Enckesche mit Um-
laufszeiten von 76,37, bzw. 6,6 und 3,3 Jahren.
Eigentümlich sind die Vorgänge, die sich bei Annäherung
des Kometen an die Sonne in ihm abspielen. Zuerst erscheint
er als ein mattleuchtender Nebelfleck; er wird immer glänzender und
leuchtender, je mehr er sich der Sonne nähert. Es beginnen ge-
waltige Umwälzungen in seinem Innern, und vom Kopfe werden
leuchtende Massen ausgestoßen, die meist zur Sonne hin gerichtet
sind. Allmählich biegen sie um und bilden auf der der Sonne ab-
gewendeten Seite den Schweif.
Auf Grund dieser Beobachtungen und spektroskopischer Unter-
suchungen ist man zu folgender Annahme über das Wesen der
Kometen gekommen. Der Kern besteht aus kosmischen Körperchen,
die in der Sonnenferne in der Kälte des Weltenraumes mit einer
Eiskruste umgeben sind. In der Sonnennähe beginnt das Eis zu
schmelzen, und auf der ihr zugekehrten Seite kocht es zuletzt. Der
Dampf drängt unter gewaltigem Drucke auf die festen Körper
nach außen, der Sonne zu. Durch die Reibung ist Elektrizität er-
zeugt worden, dieselbe, die auf der Sonne durch ähnliche gewaltige
Revolutionen entstanden, ist. Gleichnamige Elektrizitäten stoßen sich
ab; darum biegen die Dämpfe allmählich von dcr Sonne ab und
bilden den Schweif.
Die Sternschnuppen, jene Lichtfunken, die in hellen Nächten
plötzlich aufleuchten, sich schnell fortbewegen und nach kurzer Zeit
verschwinden, gehören nicht unserer Erde an, sondern sind kosmischen
Ursprungs. Ihre Zahl ist sehr groß, täglich bis 10 Millionen.
Ihre größte Häusigkeit ist gegen 3 Uhr morgens. Nach neueren
Untersuchungen leuchten sie in einer Höhe von 180—150 km auf
und erlöschen in 90—100 km Höhe.
Besonders helle derartige Erscheinungen, die zuweilen auch am
Tage gesehen werden, heißen Feuerkugeln; sie treten plötzlich aus
einem kleinen hellen Wölkchen hervor, leuchten in weißem, oft auch
rotem und bläulichem, selten in grünem und gelbem Lichte, zerplatzen
vielfach mit donnerartigem Getöse und sallen als Meteorsteine
oder Aerolithe auf die Erde herab. Der größte Meteorit liegt
in Ungarn und wiegt 250 kg. An dem meteoritischen Ursprung
des gewaltigen, 25 000 kg schweren Blockes von gediegenem Eisen
an der Nordwestküste Grönlands, den Nordenskiöld 1870 entdeckte,
wird neuerdings gezweifelt.
Man unterscheidet Stein- und Eisenmeteoriten. Die
ersteren bestehen zum Teil aus solchen Mineralien, die auch auf der
Erde gefunden werden. Die Eisenmeteoriten enthalten über 90 °/o
Eisen, außerdem Nickel, Kobalt, Phosphor, Schwefel, Chrom und
deren Verbindungen; sie sind kristallinisch und zeigen auf einer ge-
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