4 Allgemeine Erdkunde.
4. Die Bewegung der Erde um ihre Achse. (Umdrehung =
Rotation.) Jahrtausende hindurch hielt man an der Meinung fest,' daß
sich alle Himmelskörper in 24 Std. um die Erde schwängen, wie es uns der
Augenschein zu lehren scheint. Erst Kopernikus (f 1543) gelang es, diesen
Irrtum dauernd zu beseitigen und jene alltäglichen Erscheinungen auf eine
Achsendrehung der Erde zurückzuführen, die sie in fast 24 Std. von W. nach
0. vollbringt.
Jene alte Meinung ist schon deshalb unwahrscheinlich, weil bei der un-
gleichen und größtenteils ungeheuren Entfernung der Gestirne von der Erde
diese bei dem fraglichen Umschwünge eine undenkbare Geschwindigkeit entwickeln
mußte. So hätte der Mond in einer Minute 1700 km, die Sonne über 0,6
Mill. km, der nächste Fixstern gar 130000 Mill. km zu machen. Und nun erst
die fernen Milchstraßensonnen! Außerdem ist unsere Erde viel zu klein, um
einen derartigen Umschwung so serner und großer Himmelskörper bewirken
zu können.
Bewiesen wird die Umdrehung der Erde durch die Ab-
plattung der Erde. Die Rotationsmaschine sowohl als auch eine weiche
Tonkugel auf einer in schnelle Umdrehung versetzten Töpferscheibe zeigen uns,
daß sich ein nachgiebiger Kugelkörper infolge der Umdrehung an den Polen
abplattet und in der Aquatorebene ausweitet. Nun nimmt man mit Grund
an, daß das Erdinnere nicht absolut starr ist. Die Abplattung an den
Polen kann demnach nur von einer Umdrehung herrühren. Die Erde dreht
sich also um sich selbst.
Beweise für die Achsendrehung der Erde von W. nach 0. sind die
Passatwinde (s. S. 29) und angestellte Fall versuche. Da z. B, die
Spitze eines Turmes bei der Umdrehung einen größeren Schwinguugskreis
durchläuft, als sein Fuß, so können fallende Körper aus Turmeshöhe nicht
den Fußpunkt der Senkrechten treffen, sondern müssen etwas östlich davon
aufschlagen. Dies ist auch durch Fallversuche in Hamburg, in einem Berg-
werkschachte zu Freiberg u. a. O. erwiesen. Folglich dreht sich die Erde
von W. gegen O.
Aus der Achsendrehung der Erde erklärt sich der Wechsel
von Tag und Nacht. Die der Sonne zugewandte Hälfte der Erdkugel
hat Tag, die von ihr abgekehrte Nacht. In dem Augenblicke, in dem morgens
unser Wohnort die Beleuchtungsgrenze überschreitet, treffen ihn die ersten
Sonnenstrahlen; wir haben Sonnenaufgang. Tritt unser Wohnort infolge
weiterer Drehung der Erde unter den Meridian, so haben wir Mittag.
Von nun an dreht er sich von der Sonne ab; die Sonne sinkt infolgedessen
immer tiefer am Westhimmel hinab und geht in dem Augenblick unter, in
dem unser Wohnort wieder durch die Beleuchtungsgrenze geht. — Der Bogen,
den die Sonne am Tage über dem Horizont beschreibt, heißt Tagbogen;
der Ergänzuugsbogeu unter dem Horizonte auf der Nachtseite wird Nacht-
bogen genannt. Die gleichen Benennungen wendet man auch aus die
Bogenstücke au, die ein Ort der Erdoberfläche bei der Umdrehung in der
Tag- und in der Nachtseite beschreibt.
5. Die Bewegung der Erde um die Sonne. (Umlauf = Revo-
lution.) Die Alten zweifelten nicht daran, daß sich die Sonne um die
Erde drehe. Erst Kopernikus klärte diesen Irrtum aus und bewies mit
Erfolg, daß sich die Erde um die Sonne bewegt. Für den Umlauf der
Erde' spricht die Steigerung der Sternschnuppenhäufigkeit in den frühen
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— 2 —
und behandelt die Entwicklung des Menschengeschlechts,
seine Verbreitung über die Erdräume und seine ver-
schiedenen Kulturstufen in Beziehuug zur Erde.
Bei den nachstehenden Ausführungen über die allgemeine
Erdkunde wird von der mathematischen Geographie abgesehen.
Die physikalische Erdkuude erfährt eiue eingehendere Darstellung
als die beiden letzten Zweige, da diese bei der speziellen Länder-
künde mehr in den Vordergrund der Behandlung treten.
Kap. I. Der (Lrdkörper als Ganzes.
A. Entstehung der Crde.
Unser Planet Erde ist ein Teil des Sonnensystems, das
außer ihm und der Sonne selbst noch eine große Anzahl von
Planeten, Kometen und Meteoriten umfaßt. Über die Entwicklung
der Erde lassen sich unbedingt zuverlässige Angaben bis jetzt nicht
machen. Unter den bezüglich derselben ausgestellten Hypothesen
(d. s. Voraussetzungen, von denen man bei einer sonst nicht
möglichen Erklärung einer Erscheinung ausgeht) scheinen die von
Kant*) und Laplace angegebenen der Wahrheit am nächsten zu
kommen. Man hat sie zu einer Hypothese vereinigt und diese
sast allgemein angenommen.
Nach der Kant-Laplaceschen Hypothese gehörten alle
Körper unsers Sonnensystems einst einer ungeheuer großen, sich
drehenden Nebelmasse an. Diese glühende Dunstkugel zog sich
infolge der Abkühlung im kalten Weltenraume zusammen und
nahm durch die Rotation eine sphäroidsörmige Gestalt an, zeigte
also eine Abplattung an den Polen und eiue Anschwellung in
der Gegend des Äquators. Die Aufbauschung am Äquator
wurde mit der zunehmenden Rotationsgeschwindigkeit immer
größer, und zuletzt lösten sich infolge der überwiegenden Fliehkraft
Teile der Duustmasse los und bildeten einen Nebelring, der sich
in der Aquatorebene der großen Kugel um diese herum bewegte.
Die nach außen hin schneller als an der Innenseite erfolgende
Abkühlung bewirkte Spannungen innerhalb der ringförmigen
Dunstmasse und ließ sie schließlich in mehrere Teile zerreißen.
Aus den Teilen des Ringes entstanden kleinere Nebelballen, _ die
gleich der Hauptmasse rotierten und die Ansänge der jetzigen
Planeten darstellten. Es wiederholte sich bei ihnen derselbe Vor-
gang: die Fliehkraft ließ sie am Äquator anschwellen, es lösten
sich Ringe ab (vergl. Saturn), diese zerrissen, und aus ihren
*) Kant, der große Königsberger Philosoph, lebte von 1724—1804,
Laplace, ein berühmter französischer Mathematiker und Astronom, von
1749—1827.
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machte. Er mußte das Pendel um etwa 22/3 mm verkürzen, da-
mit es wieder in jeder Sekunde eine Schwingung ausführte.
Nach seiner Rückkehr nach Paris machte das verkürzte Pendel
mehr als 86164 Schwingungen, und erst eine Verlängerung um
die vorher abgenommene Größe ließ es wieder als Sekunden-
pendel brauchbar werden.
Der Grund für diese Erscheinung liegt erstens darin, daß
die Fliehkraft auf der rotierenden Erde der zum Mittelpunkte der
Erde hinstrebenden Schwerkraft an einem Orte in der Nähe des
Äquators stärker
entgegenwirkt, als
an einem Punkte
in höheren Breiten.
Sie ist am Äquator
wegen der größeren
Entfernung der
Oberfläche von der
Drehungsachse
(Figur 3 m > n)
ohnehin schon größer
und wirkt dazu noch
der Schwerkraft
direkt, also in
stärkerem Maße ent-
gegen als an dem
anderen Orte, an
welchem nur ein Teil der überdies geringeren Fliehkraft als
Gegenwirkung zur Schwerkraft in Betracht kommt. So lag also
in "den Beobachtungen am Pendel an und sür sich noch kein Be-
weis gegen die Kugelgestalt der Erde vor. Jedoch schlössen die
Physiker Newton (1643—1727) und Huyghens (1629—1695^)
aus ihnen, daß die Erde am Äquator gleichsam angeschwollen
und nach den Polen hin abgeplattet sein müsse. Weitere Pendel-
versuche au verschiedenen Orten haben bei Berücksichtigung der
genau berechneten Fliehkraft gezeigt, daß die Abweichungen bei
den Schwingungszahlen des Pendels nicht allein von der Stärke
und Richtung der wirkenden Fliehkraft verursacht werden können,
daß vielmehr die Schwerkraft am Äquator sich in geringerem
Maße äußern muß als weiter nach den Polen hin. Da aber,
wie Newton nachgewiesen hat, die Anziehung im umgekehrten
Verhältnis zum Quadrate der Entfernung steht, so muß der
zweite Grund sür die zuerst von Richer beobachtete Erscheinung
darin liegen, daß ein Ort am Äquator weiter vom Mittelpunkte
der Erde, dem Sitze der Schwerkraft, entfernt ist als ein solcher
in höheren Breiten, daß also in der Tat die Erde nicht Kugel-
gestalt hat, sondern an den Polen abgeplattet ist.
*) Sprich: njuten und heuchens.
a. Richtung u. Stärke der Fliehkraft,
b. „ „ „ „ Schwerkraft.
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sich nicht alle in einem Punkte. Sind zwischen zwei Paar Nor-
malen in der Nähe des Äquators bezw. des Poles die Winkel-
abstände gleich (ov = o'v' = o" v"; Bogen wv = w'v' = w"v"),
so sind die zwischen ihnen liegenden Stücke des Meridians un-
gleich, und zwar ist das am Äquator liegende kleiner als das
dem Pol benachbarte, weil die Ellipse gegen den Äquator hin
stärker gekrümmt ist (a'b' ^ m'n'). Auf einem Sphäroid wird
also die Länge der Meridiangrade vom Äquator nach den Polen
zu größer.
4. Dcrs Geoid.
Bei^ den wiederholt mit großer Genauigkeit ausgeführten
Gradmessungen ergaben die Resultate stets kleine Abweichungen,
die man srüher nur als Beobachtungsfehler oder lokale Unregel-
Mäßigkeiten anzusehen und durch rechnerische Methoden möglichst
aus das kleinste Maß zurückzuführen pflegte. Ahnliche Ungenauig-
feiten gegen die rechnungsmäßig festgestellte Zahl der Schwin-
gungen wiesen viele Pendelbeobachtuugen auf. Man hatte längst
beobachtet, daß das Bleilot von der Richtung, die ihm die allge-
meine Schwerkraft gibt, in der Nähe von Gebirgen n. s. w. durch
die Anziehung, welche diese Massen ausüben, abgelenkt wird.
Außer diesen lokalen Lotabweichungen wurden aber auch Ab-
lenkungen von der Normalen an solchen Orten gefunden, wo
eine ablenkende Gesteinsmasse äußerlich nicht wahrzunehmen ist.
Diese regionalen Lotabweichungen ziehen sich oft über weite
Strecken hin und deuten eine Verschiedenheit in der Dichte der
Bodenschichten an. Besonders ausfällig war die Beobachtung,
daß das Sekundenpendel auf den ozeanischen Inseln länger sein
mußte als — unter gleicher geogr. Breite — an den Küsten der
Kontinente oder gar im Innern der letzteren, obwohl das Wasser
viel geringere Dichte hat als die Erdschichten des Festlandes.
Man schloß daraus, daß das Niveau des Meeres mitten im Ozean
dem Erdmittelpunkte näher sein müsse als an den Küsten der
Erdteile. So ergaben die Pendelversuche auch für das Meer das-
selbe, was die Gradmessungen sür das Land vermuten ließen,
daß nämlich die wahre Erdgestalt nicht genau dem regelmäßigen
Rotationsellipsoid gleiche. Man nennt die wirkliche, freilich bis
jetzt noch nicht im einzelnen festgestellte Gestalt der Erde das
Geoid. Wir haben uns seine Oberfläche als eine allseitig
gekrümmte Fläche zu denken, die aus vielen Einzelflächen von
größerer oder geringerer Krümmung, welche ineinander übergehen
und stets ihre kouvexe Seite nach außen kehren, zusammengesetzt
ist. Sie geht, gegen die Kontinente hin allmählich ansteigend,
innerhalb dieser etwas über das regelmäßige Sphäroid hinaus,
liegt hingegen im Ozean dem Erdmittelpunkte näher als die
Sphäroidsläche.
An der Erforschung der wirklichen Erdgestalt arbeitet gegen-
wärtig die „Vereinigung der internationalen
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— 26 —
folge von Bruch, Aufbiegung oder Faltung ganzer Erdschollen
geneigte oder auch senkrechte Stellung erhielten. In der berg-
männischen Ausdrucksweise bezeichnet man horizontale Schichten
als „söhlige", senkrechte als „saigere" und solche, die vou der
wagerechten Richtung bis höchstens 15° abweichen, als „schwebende".
Bei der Lagenbestimmung einer gestörten oder dislozierten Schicht
nennt man die Himmelsrichtung, in der sie sich erstreckt, ihr
„Streichen", ihre Neigung gegen die Horizontfläche aber ihr
„Fallen". Das
Streichen einer Schicht
wird durch den Winkel
bestimmt, den eine
längs ihrer Grenzfläche
gezogene horizontale
Linie (8t — 8t Fig. 10)
fiiqux 10. mit dem Meridian
bildet; ihr Fallen gibt
der Winkel an, den eine auf der Schichtfläche senkrecht zur
Streichungslinie gezogene Linie (F — F) mit der Horizontebene
einschließt. Auf geologischen Karten pflegt man das Streichen
und Falleu der Schichten durch das Zeichen ^ anzugeben, wo-
bei die Basislinie die Streichungsrichtung, der Pfeil die Fall-
richtuug bezeichnet; den Winkel des Fallens schreibt man in
Graden neben den Pfeil. Horizontal liegende Schichten werden
durch 4-, saiaere durch gekennzeichnet. — Wenn die Schichten
eines Berges mit dem
Abhänge desselben
gleiche Fallrichtung
haben, so sallen sie
„r e ch t s i n n i g"
(Fig. Iia); ein Fallen
Figur Ii. gegen das Gehänge
heißt „widersinnig"
(Fig. 11 d). Traten vor oder während der Bildung neuer Gesteins-
schichten keine Dislokationen der schon vorhandenen ein, so
lagerten die neuen Schichten sich parallel den älteren aus diesen
ab. Eine solche Anordnung parallel übereinander liegender
Schichten heißt eine gleichförmige oder konkordante
Lagerung (Fig. 9). Es ist dabei gleichgültig, ob die Schichten
ihre ursprüngliche Lage behalten haben, oder ob sie nachträglich
gestört sind; ihre Fallrichtung ist gleichfalls hier ohne Bedeutung.
Jede Schicht in einer konkordanten Lagerung hat mit ihren
liegenden und hangenden Schichten gleiche Streichungs- und
Fallrichtung. Die konkordante Lagerung ist immer ein Beweis
für die stetig erfolgte Absetzung der betreffenden Gesteine und
läßt darauf schließen, daß die fraglichen Schichten entweder noch
ihre anfängliche Stellung behalten oder doch die gleichen Störungen
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Wendet man dem Winde den Rücken zu, so hat man auf der
nördlichen Hemisphäre das Minimum zur Linken etwas nach
vorn, das Maximum zur Rechten etwas nach hinten.
2. Das Stevenson'sche Gesetz: Die Windstärke
wird bedingt durch deu barometrischen Gradienten,
d. i. durch die Differenz des Luftdrucks, die senkrecht zu deu
Isobaren gemessen und auf die Längeneinheit eines Erdgrades
(Iii km) bezogen wird. Eine Senkrechte zwischen zwei Isobaren
bezeichnet den kleinsten Abstand derselben voneinander und gibt
also den größten barometrischen Gradienten für die betreffende
Gegend an. Die Ablesung des Gradienten von der Isobaren^
karte entspricht der Bestimmung des Böschungswinkels nach einer
Jsohypsenkarte. Sind z. V. die Isobaren von 1 nun Druck-
uuterschied 2 Grad (= 222 km) voneinander entfernt, so ist der
Gradient 1:2 = 0,5; bei 0,2° Abstand (22 km) beträgt er
1 : 0,2 = 5 u. s. w. Je dichter die Isobaren liegen, desto
größer oder steiler sind die Gradienten und desto erheblicher
Geschwindigkeit und Stärke des Windes. Beide werden durch
die Reibungswiderstände beim Hinstreichen über unebnes Festland
wesentlich geschwächt und sind ans dem offenen Meere oft doppelt
so groß als auf dem benachbarten Lande. Ebenso sind sie in
höheren Lustschichten weit beträchtlicher als auf der Erdoberfläche.
Man bezeichnet die Windstärke und -geschwindigkeit nach
Beauforts*) Skala:
Benennung 1 | Wind- geschwindigkeit m in 1 Sek. Kennzeichen.
Stille leiser Zug leicht schwach mäßig frisch stark steif stürmisch Sturm starker Sturm heftiger Sturm Orkan 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 0—0,2 0,2-0,5 0,5—1 1—3 3—5 5—7 7-9 9—11 11—14 14—17 17—22 22—28 über 28 Der Rauch steigt gerade in die Höhe. Der Rauch steigt sast gerade in die Höhe Für das Gefühl schon bemerkbar. | Bewegt die Blätter der Bäume. j Bewegt die Zweige der Bäume. l Bewegt große Zweige und kleine | Stämme. | Die ganzen Bäume werden bewegt. Zerstörende Wirkungen.
Auf den Wetterkarten pflegt man die Windrichtung durch die
Richtung des Pfeiles und die Windstärke durch die Befiederung
*) Beaufort (spr. bofört) war ein engl. Admiral.
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— 142 —
eine - 2' = Im mal fo starke Anziehung von der Sonne
als vom Monde. Wenn trotzdem der Mond in erster Linie den
Eintritt der Gezeiten bewirkt, so kann die Anziehung, die beide
Himmelskörper auf unsere Erde überhaupt ausüben, Ebbe und
Flut noch nicht verursachen. In Fig. 53 stelle 8 das anziehende
Gestirn dar, der Kreis um m die Erde, auf deren Äquator die
Zentrallinie trifft. Wirkte nur allem die vou S ausgehende
Anziehungskraft auf die Erde, fo würde diese zu 8 sliegeu. Dabei
müßte sie, falls ihre ganze Masse elastisch wäre, statt der Kugel-
sorm langgestreckte Gestalt annehmen, da a der geringen Ent-
fernung vou 8 wegeu starker als m und m wieder stärker als 1)
angezogen würde. Punkt b wurde also zwar ebenfalls 8 zueilen,
aber gegen in und noch mehr gegen a zurückbleibeu, so daß sich
die Entfernungen nia und mb zu 111a' und ml)' vergrößerten.
Weil nun außer der von 8 ausgehenden Anziehung noch andere
Faktoren auf die Erde eiuwirken, fo fliegt sie zwar nicht zu 8
hin und nimmt auch infolge ihrer starren Kruste nicht langge-
streckte Form an, aber Veränderungen ihrer Gestalt treten, ent-
sprechend der obigen Annahme, dennoch ein, soweit die Wassermassen
der Erdoberfläche in Frage kommen. Der Einfachheit wegen
werde angenommen, die Erde sei rings von einer gleichmäßigen
Wasserschicht umgebeu. Infolge der verschieden starken Anziehung,
die a, m und b erfahren, vergrößern sich die Entfernungen ma
und mb zu ma' und mb'. Bei a zieht das Gestirn die Wasser
teilchen gleichsam von der festen Erde weg, und bei b zieht es
die feste Erde von den Wassermassen fort; in beiden Fällen wird
mithin eine Erhebung der Teilchen gegen ihre frühere Gleich-
gewichtslage stattfinden. Es entstehen also gleichzeitig an den
dem Gestirn zu- und abgewandten Stellen des Äquators Flut-
wellen. Da sich der Durchmesser ab zu a' b' verlängert, so muß
eine Verkürzung des rechtwinklig zu ab stehenden Durchmessers
cd zu c'd' eintreten. Während demnach die dem anziehenden
Gestirn zu- und abgewandten Orte der Erde Flut haben, herrscht
an den Stellen, die 90° von jenen entfernt sind, Ebbe; von ihnen
drängen die Wassermassen zu den Flutbergen hin.
Bei der Erzeugung der Gezeiten kommt also neben der Stärke
der Anziehung Überhaupt, die unsere Erde von einem Gestirn
empfängt, sehr wesentlich die Differenz in Betracht, welche
zwischen der Anziehung des dem Gestirn zugekehrten Teiles
der Erde, des Erdmittelpunktes und der gegenüberlie-
gen den Seite herrscht. Dieser Unterschied aber wird bedingt
durch das Verhältnis, in welchem die Länge des Erdhalbmessers
zur mittleren Entfernung des anziehenden Gestirns steht. Da
der Erdradius mit 6375 km nur etwa V24000 der Sonnenentfernung
ist, so werden die der Sonne zugekehrten Teile der Erde nicht
viel stärker, die ihr abgewandten nicht erheblich geringer ange-
zogen als der Erdmittelpunkt. Die Entfernungen der Punkte
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— 163 —
wenn man ba§ Barometer als Höhenmesser benutzen will.
Mit annähernder Genauigkeit bestimmt man mittels des Baro-
meters die Höhe eines Ortes auf folgende Weise (nach Hann).
Die Höhenstufe für 1 mm Druckunterfchied bei einer Temperatur
von 0° erhält man, wenn man die Höhe der homogenen Atmo-
sphäre (8000 m) durch den mittleren Barometerstand (das
arithmetische Mittel aus dem oben und unten gleichzeitig ab-
gelesenen Stande) dividiert. Ist die Temperatur höher als 0°,
so ist die Höhenstuse durch Multiplikation mit dem Faktor
1 -f~ 0,004 t — bei niedrigerer Temperatur als 0° mit
1 — 0,004 t — zu korrigieren (t ist das Mittel aus den oben
und unten beobachteten Lusttemperaturen, 0,004 der abgerundete
Ausdehnungskoeffizient der Luft für 10 C.). Die fo korrigierte.
Höhenstufe ist mit dem Unterschied der Barometerstände zu multi-'
plizieren, um den Höhenunterschied der beiden Beobachtungs-
stationen zu finden. (Beisp. nach Hann: Am 8. September.1890
morgens zeigte das Barometer auf dem Pilatus 596 mm,
Temperatur 8°. Unten im Luzern (454 m) war der Druck
729.8 mm, die Temperatur 14«. Das ergibt eine Höhenstufe von
(596 + 730) : 2 = 663; 8000 : 663 = 12,07 m bei 0»; für
(8 +14): 2 = 110 eine solche von 12,07 x [1 + (0,004 x 11)] =
12,07 x 1,044 = 12,60 m. Der Höhenunterschied Luzern —
Pilatus ist demnach 729,8 — 596 = 133,8 x 12,6 = 1685,9 m,
somit die absolute Höhe des Pilatus 2140 m.)
c. Horizontale Verteilung des Luftdrucks. Isobaren. Wie
sür die Temperatur aus den Thermometerangaben, so erhält man
auch sür den Druck der Luft durch entsprechende Beobachtung
und Berechnung der Barometerstände das Tages-, Monats-
und Jahresmittel für einen Ort. Gleich der Temperatur
ist nämlich auch der Luftdruck eines Ortes Schwankungen unter-
worfen, die namentlich zu den Änderungen in der Wärme und
der Feuchtigkeit der Luft in Beziehungen stehen. Um eine
Übersicht über die Luftdruckverteilung auf der Erdoberfläche zu
gewinnen, hat man auf der Karte die Orte mit gleichem
mittleren Luftdruck durch Linien verbunden. Dabei sind jedoch,
um gleiche Voraussetzungen zu haben, alle Werte auf das
Meeresniveau und auch die normale Schwere in 45" Br. be-
zogen. _ Solche Linien heißen Isobaren. Eine Karte der
Jahresisobaren zeigt drei große Gebiete niederen Luftdrucks, am
Äquator _ und in der Nähe der beiden Pole, und vier Hochdruck-
gebiete, je eines an den Polen und in den subtropischen Zonen
nahe den Wendekreisen. Am Äquator beträgt der mittlere Luft-
druck 758 mm; nach Norden und Süden hin steigt er bis etwa
zum 30. Grad bis auf 766 m und nimmt darauf weiter nach
den Polen hin wieder ab. Auf der nördlichen Halbkugel erreicht
er in 60—700 nur 754 mm, um dann noch in noch höherer
Breite wieder etwas zu wachsen. Die Isobarenkarten der
extremen Monate Januar und Juli zeigen, daß auf beiden
11"-
TM Hauptwörter (50): [T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
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Extrahierte Ortsnamen: Hann Hann Luzern Polen Polen
— 3 —
Teilen entstanden die Monde. So bildeten sich aus der anfangs
einheitlichen Masse die sämtlichen Teile unsers Sonnensystems.
Alle diese Kinder der Sonne, etwa 500 an der Zahl, behielten
die rotierende Bewegung bei; sie strahlten einen Teil ihrer Eigen-
wärme in den kalten Weltenraum aus, und die Abkühlung be-
wirkte eine Zusammenziehuug und Verdichtung ihrer Masse zu
mehr oder minder festen Körpern.
Diese sogenannte Abschleuderungstheorie wird durch ein
Experiment versinnlicht, das zuerst der Physiker Plateau in
Gent ausführte, und das gleichsam den Entstehungsprozeß des
Sonnensystems im Wasserglase wiederholt. Plateau füllte ein
Glas mit Wasser, dem er durch Zusetzung von Alkohol genau
die spezifische Schwere des Olivenöls gegeben hatte. In dieses
Wasser senkte er mittels einer Pipette einen Tropsen Olivenöl,
der augenblicklich Kugelgestalt annahm und im Wasser schwebte.
Durch mehrere eingeführte Tropfen, die sich mit dem ersten ver-
einigten, vergrößerte er die Kugel. Wurde nun diese Olkugel
durch eine an einer drehbaren Achse befestigte und bis in die
Mitte der Kugel eingesenkte kleine Scheibe in rotierende Bewegung
versetzt, so plattete sie sich an den Polen ab, während am Äquator
eine Ausbauschung entstand. Bei langsam vermehrter Ge-
schwindigkeit der Drehung löste sich am Äquator der Kugel ein
Ring ab, der in der Drehungsrichtung die Kugel umkreiste und
bei vergrößerter Geschwindigkeit, die sich durch die Flüssigkeit auch
dem Olringe mitteilte, zuletzt zerriß, um kleine Kugeln zu bilden.
Diese umkreisten, wie vorher der Ring, die Hauptkugel und
drehten sich dabei in gleicher Richtung wie diese um ihre Achse. —
Sind bei diesem Versuche auch teilweise audere Kräfte mit tätig
als bei der Entstehung des Sonnensystems, so zeigt er doch die
hier wie dort sich äußernde Wirkung der Zentrifugalkraft.
Für die Wahrscheinlichkeit der Kant-Laplaceschen Hypothese
gibt auch die Spektralanalyse ein bedeutsames Zeuguis.
Sie beweist, daß die Sonne dieselben Stoffe in glühendem Zu-
stände enthält, aus denen unfere Erde besteht.
Die Erde wurde durch sortgesetzte Abkühlung und Zusammen-
ziehung allmählich aus einem glühenden Dunstball zu einer
glühendflüssigen Masse umgewandelt, die sich endlich mit einer
festen Erstarrungskruste umgab. Die Ausstrahlung ihrer Eigen-
wärme in den Weltenraum uahm ab, und die sie umgebenden
Wafserdämpse wurden verdichtet und sammelten sich in den Ver-
tiefungen der Erdrinde als Meer an. Die größeren Erhebungen
auf der Erde ragten als Land über das Wasser empor. Land
und Wasser bilden seit jener Zeit die bleibenden Grundformen
auf der Oberfläche unsers Planeten; ihre geographische Verteilung
hat sreilich im Lause der Zeit manchen Wechsel erfahren.
Anmerkung: In neuerer Zeit hat mau mehrfach versucht,
die Kant-Laplacesche Hypothese durch andere Theorien zu ersetzen.
Man nimmt z. V. an, daß aus ring- oder spiralförmigen, glühenden
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TM Hauptwörter (50): [T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T24: [Luft Wasser Wärme Körper Erde Wind Regen Höhe Temperatur Schnee], T164: [Sonne Erde Mond Tag Stern Planet Zeit Himmel Jahr Bewegung], T124: [Wasser Luft Sauerstoff Körper Stoff Kohlensäure Teil Feuer Pflanze Kalk], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T180: [Erde Punkt Sonne Kreis Linie Ort Horizont Richtung Aequator Zone]]
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C. Bei Reisen in der
Richtung der Parallelkreise
wird ein Unterschied in der
wirklichen Zeit (Sonnenuhr)
beobachtet.
7. Bei einer Mond-
sinsternis erscheint der Quer-
durchschnitt des Kern-
schattens der Erde stets
kreisförmig begrenzt; der
Schatten bildet also einen
Kegel, den unter allen Um-
ständen nur eine kugel-
sonnige Erde werseu kann.
Figur 2.
8. Alle bekannten
Planeten haben Kngelge-
statt, höchst wahrscheinlich
also auch die Erde.
9. Die allen Körpern innewohnende Kohäsionskrast ver-
leiht — wenn sie allein wirkt — flüssigen Massen nur Gleiche
gewicht aller Teile bei der Kugelgestalt. Die Erde war srüher
seurigslüssig, muß also Kugelgestalt angenommen haben.
3. Die Erde crts ^otntionsell'iploid obcv Spßärotfc.
Nachdem die Vorstellung von der Kugelgestalt der Erde mehr
als zwei Jahrtausende unangefochten als zutreffend gegolten
hatte, stiegen am Ende des 17. Jahrhunderts Zweifel an ihrer
Richtigkeit auf. Sie wurden — da man die rotierende Ve-
wegung der Erde längst kannte — veranlaßt durch die theoretischen
Erörterungen über die Wirkung der Fliehkraft auf die Forin
einer rotierenden Masse und durch die Beobachtung, daß die
Schwerkraft aus der Erde nicht überall gleich ist, sondern vom
Äquator nach den Polen hin zunimmt. Genaue Pendel-
beobachtungen und Gradmessungen zeigten dann, daß die Erde
in der Tat nicht die Gestalt einer vollkommenen Kugel hat.
a) Pendelbcobachtunflen. Die Schwingungsdauer eiues
Pendels hängt von der Pendellänge ab. Gleich lange Pendel
schwingen am selben Orte gleich schnell. Bei Pendeln von ver-
schiedener Länge verhalten sich die Schwingungszeiten wie die
Quadratwurzeln aus deu Peudellängen. Ein Sekundenpendel
nennt man ein solches, das eine Schwingung genau in einer
Sekunde macht, also 86164 Schwingungen in einem Sterntage
(24 Std. 56 Min. 4 Sek.) vollführt.
Als der französifche Astronom Jean Richer 1672 von
Paris (49" N) nach Cayenne (5° N) reiste, fand er, daß sein
mitgenommenes Sekuudeupendel in Capenne langsamere
Schwingungen (in einem Sterntage also weniger als 86164)
TM Hauptwörter (50): [T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode]]
TM Hauptwörter (100): [T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde], T27: [Erde Linie Punkt Breite Länge Kreis Ort Meile Winkel Meridian], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht]]
TM Hauptwörter (200): [T180: [Erde Punkt Sonne Kreis Linie Ort Horizont Richtung Aequator Zone], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T164: [Sonne Erde Mond Tag Stern Planet Zeit Himmel Jahr Bewegung], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen]]