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1. Geschichte des Mittelalters - S. 78

1888 - Wiesbaden : Kunze
78 Erste Periode des Mittelalters. die Peterskirche. Im Ornate eines römischen Patricius kniete er nach beendigter Messe am Altare und betete; da trat Leo plötzlich hinzu, setzte ihm die Kaiserkrone auf und salbte ihn feierlich zum Kaiser. Das versammelte Volk aber rief dreimal jubelnd aus: „Heil Karl Augustus, dem von Gott gekrönten, dem großen und Frieden bringenden Kaiser der Römer." So war das abendländischrömische Kaisertum in der Person Karls des Großen erneuert. Die germanischen Völkerschaften waren, zu nationaler Einheit verbunden, in das Erbe der Römer eingetreten. In des Kaisers Händen war eine Macht vereinigt, groß genug zur Wahrung von Recht und Frieden, zur Förderung der Wohlfahrt unter den Völkern des Abendlandes. Die Kirche fand unter der Kaisermacht Schutz und Schirm, um durch Ausbreitung und Befestigung der christlichen Religion den Boden zu bereiten, auf dem eine neue Kultur erblühen konnte. Nach der Anschauung der Zeit war das Ideal des christlichen Gottesstaates verwirklicht, indem der Kaiser das weltliche, der Papst das geistliche Schwert führte und beide in innigem Bunde von Gott mit der höchsten Macht ausgestattet waren. Karls Ruhm verbreitete sich in die entferntesten Länder. Fremde Könige suchten seine Freundschaft und machten ihm Geschenke. Der Kalif von Bagdad, Harun al Raschid (§. 12), schickte eine Gesandtschaft mit vielen und kostbaren Geschenken an ihn ab, unter denen eine kunstreiche messingene Wasseruhr und ein Schachbrett die meiste Bewunderung erregten. Karl erwiderte dieselben, schickte dem mächtigen Herrscher im Orient spanische Maultiere, deutsche Pferde, friesische Gewänder, große Jagdhunde und bewog den Kalifen, daß er die Christen auf ihren Pilgerfahrten schützte und ihnen das heilige Grab zu Jerusalem überließ. Karls Staatsverwaltung. Karl suchte dem großen Reiche, das er unter seinem Zepter oereinigte, durch eine geordnete Staats-Verwaltung und weise Gesetzgebung Ruhe und Dauer zu verschaffen. Er selbst stand an der Spitze als unumschränkter Herrscher, jede andere vordem bestehende selbständige Gewalt war unterdrückt, die Herzogswürde abgeschafft worden. Er teilte das Reich in Gaue ein und setzte G augrafen in dieselben, welche in seinem Namen die Gau- oder Landgerichte abzuhalten, den Heerbann auszuheben und im Kriege anzuführen hatten. Die Gaue wurden in Hundertschaften, diese wieder in Zehntschaften abgeteilt und mit Richtern für unbedeutende Angelegenheiten versehen. An den Grenzen wurden größere Gebiete zu einer Mark vereinigt und einem

2. Geschichte des Mittelalters - S. 142

1888 - Wiesbaden : Kunze
142 Zweite Periode des Mittelalters. Gozelo der Bucklige, ein Sohn des Herzogs von Lothringen, lebte getrennt von ihr in Deutschland auf Heinrichs Iv. Seite, sie in Italien auf Seiten des Papstes, welcher sie ganz beherrschte. Im 30. Jahre wurde sie 2i>itroe, und seitdem trat sie als entschiedene Anhängerin des Papstes auf. Sie war die unzertrennliche Gesellschafterin Gregors, stand ihm in allen Unternehmungen und Gefahren bei und gab durch diese aufopferungsfähige Freundschaft Anlaß zu ungünstigen Bemerkungen über ihr sittliches Leben. Alle ihre Güter und Besitzungen schenkte sie der Kirche. Mathilde war eine Base des Kaisers Heinrich Iv. Als derselbe sie 1077 auf ihrem Schlosse Kanossa besuchte, gerade zu der Zeit, als Gregor Vii. auch eben eingetroffen war, fetzte wahrscheinlich Mathilde es durch, daß der Papst den büßenden Kaiser endlich vor sich treten ließ, um die Lösung von dem Bannflüche zu erflehen. Wie aber Heinrich nachher gegen seinen Gegenkaiser und den Papst die Waffen erhob, wurde Mathilde die entschiedenste Gegnerin des Kaisers. Um ihre Partei zu verstärken, heiratete sie (1089) in ihrem 43. Jahre den achtzehnjährigen Herzog Welf von Bayern, welcher sich wohl in der Hoffnung auf die unermeßliche Erbschaft der alternden Markgräfin genähert hatte; allein schon 12 Jahre zuvor hatte sie ihren Freund Gregor Vii. und den römischen Stuhl zu ihrem Universalerben eingesetzt. Diese Anordnung war ein tiefes Geheimnis geblieben, und der junge Welf wußte so wenig wie sein Vater von dieser Verabredung. Er verlangte als Gemahl Mathildens, so lange sie lebte, Herr ihrer Güter zu sein; aber auch das gestattete sie nicht. Nun bat er den Kaiser, sie zu zwingen; doch Mathilde war zu mächtig, und es blieb dem jungen Welf nichts übrig, als sich von ihr zu trennen und von da an ebenso für den Kaiser thätig zu sein, als er bisher gegen ihn gewirkt hatte. Mathilde half auch Heinrich V. gegen feinen Vater aufwiegeln. Sie erreichte ein hohes Alter und starb 1114 in dem von ihr gestifteten und erbauten Benediktinerkloster Polirone. Ihr Tod gab zu neuen Streitigkeiten zwischen dem Papste und dem Kaiser Anlaß; sie betrafen jene Schenkung und wurden endlich dahin entschieden, daß der Kaiser einen Teil der sogenannten Mathildischen Güter an den Papst abtrat.

3. Geschichte des Mittelalters - S. 65

1888 - Wiesbaden : Kunze
§. 13. Die römische Kirche. Bonifacius. Die Klöster. 65 oder Vater genannt wurde. Gregor der Große (590—604) war es insbesondere, welcher das einmal erlangte Übergewicht aufrecht zu erhalten wußte und von der Überzeugung durchdrungen war, daß ihm als Nachfolger Petri die Sorge für die ganze Kirche von Gott übertragen sei. Daher sein Streben, die abendländische Christenheit, die den Arianismus überwunden hatte, zu kirchlicher Einheit zu verbinden und die Macht der Kirche durch Ausbildung des Gottesdienstes und Kirchengesanges, sowie durch Bekehrung der Heiden zu fördern. Zwar waren die Päpste anfangs noch vom oströmischen Kaiser vielfach abhängig, allein mit der Ankunft der Langobarden in Italien (568) schwand dies Abhängigkeitsverhältnis immer mehr. Durch die Ausrottung des Arianismus und die Annahme des katholischen Glaubens in Spanien, England, Frankreich und Deutschland war das Übergewicht Roms in kirchlichen Dingen entschieden; wichtigen Anteil daran tragen Bonisacius und die Frankenfürsten Karl Martell und Pipin der Kleine. Die Ausbreitung des Christentums unter den Germanen hatte jahrhundertelanger Arbeit bedurft. Unter den germanischen Stämmen an der Grenze des Römerreiches/besonders am Rhein, waren zwar im 3. Jahrhundert bereits einzelne christliche Gemeinden entstanden, welchen die christliche Lehre teils durch römische Kriegs-gefangene, teils durch Leute des eigenen Volkes nach deren Rückkehr aus römischen Kriegsdiensten zukam. In das Innere Deutschlands drang das Evangelium jedoch nur langsam vor. Nachdem die Goten an der untern Donau die manische Lehre angenommen und ihr Bischof Ulfilas (311—381) die Bibel ins Gotische übersetzt hatte, ging diese Lehre zu den Bundesgenossen der Goten, den Vandalen, Sueven und Burgundern über. Erst die Frankens. 8) nahmen die katholische Lehre an und wurden eine Hauptstütze der römischen Bischöfe zur Beseitigung des Arianismus. Noch ehe die christliche Lehre im Innern Deutschlands Eingang fand, hatte sie in Irland, Schottland und England festen Fuß gefaßt. In Irland war das Christentum um 430 durch den 90?örtch Patrik (f 460) verbreitet worden. Es fachte dort einen solchen Glaubenseifer an, daß das Land den Namen „Insel der Heiligen" erhielt. Von Irland wurde es nach Schottland verpflanzt. Gegen Ende des 6. Jahrhunderts sandte Papst Gregor der Große den Angelsachsen in England das Evangelium. Er sah einst, wie angelsächsische Jünglinge, die sich durch Wuchs und Schönheit auszeichneten, auf dem Sklavenmarkte zu Rom verkauft werden sollten. Cassians Weltgeschichte. Ii. 5. Aufl. v. Ph. Be-k, 5

4. Geschichte des Mittelalters - S. 190

1888 - Wiesbaden : Kunze
190 Dritte Periode des Mittekalters. Südspanien seiner Herrschaft. Doch auch diese vermochten dem siegreichen Schwerte der Christen nicht lange zu widerstehen. In der Mitte des 12. Jahrhunderts entstanden in Spanien drei Ritterorden zur Bekämpfung der Ungläubigen. Im Jahre 1212 erlagen die Almohaden in der Schlacht bei Tolosa dem Angriff der vereinten Christenheere und wurden aus Spanien vertrieben. Aragonien eroberte die östlichen Küstenländer und kam unter Peter Iii. (1276—1285) auch in den Besitz Siziliens. Kastilien dehnte seine Herrschaft über Kordova, Sevilla bis Kadix aus, und den Arabern blieb nur Granada, das Kastilien tributpflichtig wurde. Die kastilischen Fürsten ordneten die Verwaltung, verbesserten das Gerichtswesen und setzten die Pflege der Kultur fort. Dem Freiheitsgefühl des Volkes wurde durch Errichtung von Reichstagen (Kortes) Rechnung getragen, die aus den Ständen gebildet wurden und das Recht der Gesetzgebung und Steuerbewilligung erhielten. Der weise Alfons X. (1252—1284) bildete die Universität Salamanka weiter aus, ließ Gesetz- und Geschichtsbücher abfassen, beförderte die Ausbildung der Landessprache und befaßte sich mit Astronomie, Dichtkunst und Musik. Während des Interregnums in Deutschland war er von einer Partei daselbst zum deutschen König gewählt worden, fand aber keinen Anhang und blieb deshalb dem deutschen Reiche fern. §. 29. Das älönditiim unrt rtie römifcsie üivrfie. Die Macht der Päpste. Unter den Päpsten, welche die Hierarchie zum höchsten Gipfel der Macht und des Glanzes emporhoben, nimmt Znnoeenz Iii. (1198—1216) aus dem Hause der Grafen von Segni eine der ersten Stellen ein. Er war in allen üblichen Wissenschaften wohl unterrichtet, sprach lateinisch und italienisch vorzüglich und hatte die Hochschulen von Rom, Paris und Bologna mit großem Erfolge besucht; dabei zeichnete er sich durch Güte, Frömmigkeit, sittlichen Ernst und Begeisterung für die Macht der Kirche aus. Schon in seinem 37. Lebensjahre wurde er zum Papst erwählt. Als das sichtbare Oberhaupt der Kirche griff er in alle Staaten Europas ordnend und richtend ein. Er war arm und lebte einfach, sammelte aber ungeheure Schätze, um die geistliche Weltherrschaft zu verwirklichen. Sein ganzes Leben war wie das Gregors Vii., dem einen Zwecke gewidmet, die Macht der Kirche und des Papsttums zu alleiniger Geltung zu bringen. Darum trachtete er dahin, den päpstlichen Stuhl durch Befestigung des Kirchenstaats und durch Befreiung Italiens von fremder Herrschaft, von Kaiser und Reich unabhängig zu machen. Zu gleicher Zeit suchte er die

5. Geschichte des Mittelalters - S. 271

1888 - Wiesbaden : Kunze
§. 39, 3. Italien. 271 Sitten mit Strenge fortsetzte. Als aber der Papst über den kühnen Reformator den Bann aussprach, wurde er von seinen Feinden gestürzt und erlitt 1498 den Flammentod, worauf die Mediceer wieder zurückkehrten. Eine spätere Empörung gab Kaiser Karl V. 1530 Veranlassung zur Beseitigung der republikanischen Staatsform und zur Erhebung des Alexander von Medici zum Herzog von Toskana. Der Kirchenstaat wurde, seitdem die Päpste ihren Sitz in Avignon hatten, durch heftige Parteikämpfe zerrüttet. In dieser Not gelang es dem Rechtsgelehrten Cola Rienzi, 1347 die republikanische Staatsversassung in Rom wieder herzustellen. Aber kaum hatte ihn das Volk zum Tribun erhoben, so verlor er durch Eitelkeit, Hoffahrt und harten Steuerdruck wieder die Gunst des Volkes, und es gelang seinen Gegnern, ihn in die Flucht zu treiben. Als er nach einigen Jahren zurückkehrte, fiel er 1354 in einem Volksaufstand. Nach der Rückkehr der Päpste nach Rom wurde die Macht und das Ansehen des Papsttums daselbst aufs neue gehoben. Nikolaus V. begründete die vatikanische Bibliothek, Pius Ii. (Äneas Syl-vius) war als Schriftsteller berühmt; doch gab Alexander Vi. (Borgia) wieder durch seinen Lebenswandel Ärgernis. Sein kriegerischer Nachfolger Julius Ii. (1503 — 1513) zog selbst zu Felde, eroberte Bologna, Ankona und Ferrara und verschaffte dem Kirchenstaat die weitesten Grenzen. Leo X. (1513—1521), der Sohn Lorenzos von Medici, brachte den Kunstsinn seines Hauses mit auf den päpstlichen Stuhl, mißbrauchte aber den Glauben der Völker im Ablaßhandel zur Gewinnung von Mitteln, mit welchen er sein verschwenderisches Hofleben bestritt und den Prachtbau der Peterskirche fortführen ließ. Neapel war nach der Losreißung Siziliens (§. 27,6) unter der Herrschaft des Hauses Anjou verblieben. Fortdauernder Parteistreit hemmte es jedoch in seiner Entwickelung. Die letzte Königin Johanna Ii. (1414—1435) war ohne Kinder und ernannte zuerst einen aragonischen, später einen französischen Fürsten zu ihrem Erben. Dadurch entstanden nach ihrem Tode neue Kämpfe. 1442 eroberte Alfonsv. von Aragonien das Land. Im Jahre 1495 drang der französische König Karl Viii. von Oberitalien her in Neapel ein und vertrieb seine Gegner nach Sizilien, mußte seine Eroberung aber infolge eines Bündnisses zwischen dem Papste, Mailand und Venedig wieder aufgeben. 1504 kam Neapel mit Sizilien unter die Herrschaft des Königs Ferdinand von Spanien.

6. Geschichte der Neuzeit - S. 15

1887 - Wiesbaden : Kunze
4 2, 4. Luther auf dem Reichstage zu Worms. 15 risch sind. Aber Magister Philipp sähret säuberlich und stille daher, bauet und pflanzet, säet und begießt mit Lust, nachdem ihm Gott gegeben seine Gaben reichlich." 4. Luther auf dem Reichstage zu Worms 1521. Kurz bevor Luther die päpstliche Bannbulle vor dem Elsterthore in Wittenberg verbrannt hatte, war der an Maximilians Stelle 1519 erwählte deutsche Kaiser Karl V. (1519— 1556) in Aachen 1520 feierlich gekrönt worden. Der Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen hatte die ihm dargebotene Kaiserkrone ausgeschlagen, weil er die Macht seines Hauses nicht für ausreichend erachtete, um das Reich gegen die von innen und außen drohenden Stürme zu schützen. Da König Franz I. von Frankreich sich aufs eifrigste um die deutsche Krone bewarb und der Papst diese Bewerbung zu begünstigen schien, so lenkte der Kurfürst von Sachsen die Aufmerksamkeit der deutschen Wahlfürsten auf Maximilians Enkel Karl und wußte diese Wahl, welche dem verstorbenen Kaiser mißlungen war, durchzusetzen. Dieser Umstand war es vorzüglich, welcher den neu erwählten Kaiser mit Dankbarkeit gegen den Kurfürsten von Sachsen erfüllte und ihn veranlassen mochte, auch gegen dessen Schützling schonender zu verfahren, als er sonst gethan hätte. Im Frühjahr 1521 hielt Karl V. feinen ersten Reichstag zu Worms. Der päpstliche Botschafter Aleander drang hier heftig darauf, daß der gegen Luther ausgesprochene Bann endlich in Kraft trete und auch die Reichsacht über ihn verhängt werde. Da es aber deutscher Sitte widerstrebte, den Angeklagten ungehört zu verdammen, so konnte der Nuntius nur erlangen, daß Luther wegen ferner ketzerischen Lehren und Handlungen zur Rechenschaft gezogen werde. Jetzt ward Luthers Vorladung vor Kaiser und Reich einstimmig beschlossen; doch erbat sich Friedrich der Weise vorerst vom Kaiser freies Geleit für den Angeklagten auf der Hin- und Herreise. Luther war mit Freuden bereit, dem Rufe des Kaisers zu entsprechen, welcher „den ehrsamen, lieben, andächtigen Dr. Martin Luther, Augustinerordens" binnen 21 Tagen nach Worms entbieten ließ. Seine Freunde zitterten für sein Leben und wollten ihn nicht ziehen lassen. „Und wenn sie gleich ein Feuer machten zwischen Wittenberg und Worms bis zum Himmel hinan, so will ich doch im Namen des Herrn erscheinen und Christum bekennen und denselben walten lassen," ent-gegnete Luther.

7. Die Urzeit, Das Frankenreich unter den Merowingern und Karolingern - S. 74

1885 - Wiesbaden : Bergmann
74 Geistiges, sittliches, kirchliches Leben. und blieben noch lange großenteils mit Römern besetzt. Noch im 6. Jahrh. n. Chr. waren auf einer Synode zu Mncon unter 63 Bischöfen nur 7 geborene Franken; erst im 7. Jahrh, hatte sich dieses Verhältnis dahin geändert, daß auf einer Synode zu Rheims von 42 Bischöfen 24 dem fränkischen Stamme angehörten. Aus der Mitte der Franken ist damals kein Mann von hervorragender Bildung hervorgegangen, kein Ulsilas, Beda oder Paulus Diaconus: die Franken stehen darin hinter ihren Stammesverwandten, den Gothen, Longo-barden, Angelsachsen, zurück: ihr einziger namhafter Geschichtsschreiber, Gregor von Tours, war ein Römer. Während aber so nach der geistigen Seite hin die Franken sich wenig bildungsfähig erwiesen, waren sie für die nicht eben günstigen Einflüsse des Römertnms in sittlicher Beziehung leider um so empfänglicher. Gerade der Mangel höherer geistiger Bildung und veredelten Geschmacks trug dazu bei, daß sie von der sittlichen Fäulnis, welche das verfallende römische Reich um sich verbreitet hatte, nur zu sehr angesteckt wurden. Auf der andern Seite konnte es kaum ausbleiben, daß die vielen Kriege, insbesondere die vielen Bürgerkriege, eine bedenkliche Verwilderung zur Folge hatten. Die Könige selbst gaben das verderbliche Beispiel einer vor keinem Verbrechen zurückschreckenden Gewaltthätigkeit. Die Großen, durch einen ihnen mühelos zugefallenen reichen Gutsbesitz mit den Mitteln üppigen Lebensgenusses ausgestattet, durch das lockende Vorbild der vornehmen Römer verführt, durch die ihnen gewährten Vorrechte übermütig gemacht, überließen sich rücksichtslos ihren Gelüsten. Die Masse des Volkes aber, von oben bedrückt, durch die häufigen inneren Kriege in ihrem friedlichen Erwerbe fchwer geschädigt, suchte sich zu helfen, wie sie konnte, und büßte großenteils den Sinn für Recht und Gesetzlichkeit ein. Die Bekehrung Chlodowechs und seiner Franken zum Christentum hals wenig gegen diese sittliche Verderbnis. Allerdings predigten die christlichen Geistlichen Buße, versagten wohl auch bei groben Sünden die Absolution oder belegten die Schuldigen mit allerhand Kirchenstrafen. Allerdings mahnten sie die Herren zu größerer Milde gegen ihre Sklaven, die Reichen zum Wohlthun gegen die Armen. Allerdings eiferten sie gegen die Blutrache als eine frevelhafte Störung des Gottesfriedens. Durch alles dieses mochten einzelne Verbrechen verhindert, einzelne Schuldige gebessert werden. Allein ebenso oft wurde von diesem geistlichen Sittenrichteramte kein Gebrauch gemacht, besonders gegen vornehme Sünder. Die Geistlichen durften es mit Chlodowech und feinen Franken nicht verderben, denn sie verehrten in

8. Von der Entstehung eines selbständigen deutschen Reichs bis zu Karl V. 843 - 1519 - S. 23

1885 - Wiesbaden : Bergmann
Deutschland unter eigenen Königen. 23 deutschen Königtum fein, sondern über dieses herrschen müsse, gewann in Rom mehr und mehr Boden. Heinrich Iv. hatte bereits in fast 30jährigen Kümpfen mit weltlichen und kirchlichen Gewalten sich behauptet, freilich zum großen Nachteil des Reichs, das dadurch zerrüttet, und des Volkes, das durch diese ewigen Kümpfe schwer mitgenommen war, da traf ihn noch in späterem Alter der härteste Schlag. Schon früher war fein ältester Sohn, Konrad, den Verführungen feiner Gegner erlegen und oon ihm abgefallen. Er hatte diesen, der bereits, wie üblich, zum Nachfolger feines Vaters gewählt war, auf einem Reichstage entsetzen und an feiner Stelle den zweiten Sohn, Heinrich, wählen lassen. Jetzt (1104) ward ihm auch dieser abtrünnig gemacht. Man sagt wohl zu Dessen Entschuldigung: er habe gefürchtet, fein Vater, mit so vielen der Fürsten verfeindet, von einem späteren Papste, Pafchalis Ii., nochmals gebannt, werde am Ende nicht nur sich, sondern fein ganzes Hans um die Krone bringen, und er habe dies abwenden wollen. Selbst dann aber war die Art, wie er gegen fernen Vater verfuhr, eine empörende. Mit List lockte er ihn auf die Burg Böckelheim an der Nahe, machte ihn bort zum Gefangenen und zwang ihn im Bunde mit einer Anzahl von Fürsten, der Krone zu entsagen. Heinrich entkam aus der Gefangenschaft, fand bei feinen getreuen Rheinftäbten sowie bei dem Herzog von Lothringen bereite Hilfe und war im Begriff, den Krieg gegen seinen Sohn zu beginnen, als er (1106) starb. Sein Leichnam blieb, als der eines Gebannten, lange über der Erbe; erst später würde die kirchliche Genehmigung zu besten Bestattung erteilt. Heinrich Iv. hatte große Anlagen itnb gute Eigenschaften: er war namentlich ein warmer Freunb des Bürgertums und der be-brürften Volksklaffen, bah er aus biefen Kreisen laute Klage bei feinem Tode sich erhob. Leiber aber war er durch feine verfehlte Erziehung in bedauerlicher Weise mißleitet. So ließ er seinen Herrscherlaunen die Zügel schießen, beging mehrfache Willkür und hielt auch ba, wo ihm das Recht zur Seite staub, in besten Verfolgung nicht Ziel noch Maß. Sein und Deutschlands Unglück wollte, daß er es mit zwei gleich gefährlichen Feinden zu thun hatte, der Unbotmäßigkeit der Fürsten und der Politik eines ebenso verschlagenen als willensstarken Papstes, und daß er Beiben Gntnb ober boch Vorwand zu Femb fett gleiten gab. Von feiner Regierung an kann man — trotz noch folgenber äußerlich glänzenber Zeiten — den Verfall des beutfchen Königtums bcitieren. Die päpstliche Partei hatte sich getäuscht, wenn sie glaubte: der

9. Von der Entstehung eines selbständigen deutschen Reichs bis zu Karl V. 843 - 1519 - S. 51

1885 - Wiesbaden : Bergmann
Deutsches Königtum und römisches Kaisertum. 51 der deutschen Könige in bezug auf deren Stellung zu Rom triumphiert hatten, auch immer entschiedener in die innern Angelegenheiten der deutschen Kirche. Jnnoeenz Iii. weihte (1184) einen Erzbischof von Trier gegen Kaiser Friedrichs I. Willen. Ebenda ward (1208) auf Kaiser Ottos Iv. Rat Theodorich zum Erzbischof erwählt; der Adel des Landes erkannte ihn als feinen Herrn an, der Kaiser erteilte ihm die Lehen; allein auf „Befehl" des Papstes mußte das Kapitel einen andern wühlen. So gänzlich hatte sich das Verhältnis der deutschen Kirche und des deutschen Reichs zu Rom binnen wenigen Jahrzehnten verändert. Siebentes Kapitel Deutsches Königtum und römisches Kaisertum. ^§§ir sind gewohnt, die römische Kaiserkrone als einen verschönernden Schmuck der deutschen Königskrone zu betrachten; wir freuen uus, wenn wir lesen, wie fremde Könige dem „römischen Kaiser-deutscher Nation" (so war der offizielle Titel) als ihrem Lehensherrn huldigend genaht, wie sie ihn, als das oberste Haupt der Christenheit, zum Schiedsrichter in ihren Streitigkeiten erkoren, wie sie sich vor ihm gebemütigt; wir hören gern von den „Römerfahrten" deutscher Könige, von ihrem triumphierenden Einzug in die „ewige Stadt," und wie der dreigekrönte Papst sie im Dome zu St. Peter feierlich gesalbt. Allein war denn auch der Glanz, der den römischen Kaiser umgab, gleichbedeutend mit wirklicher Macht? Und kam dieser Glanz und die ganze Kaiserpolitik der deutschen Nation zu gute?*) Was die Huldigungen fremder Herrscher betrifft, so waren diese etwas sehr Trügerisches. Wir sehen dieselben Könige von Polen *) Die Frage, ob die Verschmelzung des römischen Kaisertums mit dem deutschen Königtum für die deutsche Nation vorteilhaft oder nachteilig gewesen sei, ist Gegenstand lebhafter wissenschaftlicher Debatten unter unfern Historikern geworden, speziell unter zweien, Ficker und von Sybel. Fieser hat in den Schriften: „Das deutsche Kaisertum in seinen universalen und nationalen Beziehungen" (1862) und: „Deutsches Königtum und Kaisertum" (1863) sich für, b. Sybel in der Schrift: „Die deutsche Nation und das Kaiserreich" (1862) gegen die Kaiserpolitik ausgesprochen.

10. Von der Entstehung eines selbständigen deutschen Reichs bis zu Karl V. 843 - 1519 - S. 123

1885 - Wiesbaden : Bergmann
Deutschland unter Wahlkönigen. \2o Versammlung aber nur Eine Stimme führte. Papst Johann, um der ihm broheuben Absetzung zu entgehen, bankte freiwillig ab. Weil er aber fürchtete, das Konzil werbe ihm bennoch den Prozeß machen, entfloh er heimlich und begab sich unter den Schutz des Herzogs Friedrich von Österreich. Darauf sprach das Konzil den Bann und Sigismunb die Acht über Friedrich ans. Die Vollstreckung der letzteren warb der, den Habsburgern seit lange feinblich gesinnten, Schweizer Eibgenossenschaft aufgetragen. Von bi es er bebrängt, sah sich Friedrich genötigt, die ©nabe des Kaisers anzuflehen und seinen Schützling, den Papst, auszuliefern, der nun von dem Konzil förmlich abgesetzt wurde. Das Konzil entsetzte barnuf auch die anbereit beiden Päpste, Benedikt Xiii. und Gregor Xii., und wählte an ihrer Stelle einen neuen Papst, Martin V. Diesem gelang es durch Sonder-verhanblnngen mit den einzelnen Nationen, indem er einige Mißbrauche abzustellen versprach, die wichtigste Aufgabe des Konzils, eine burchgreifeube Reform der Kirche, zu vereiteln. Als dann 1418, (nachbem das Konzil schon über brei Jahre versammelt war) in Konstanz eine Epibemie ausbrach, benutzte der Papst bies, um das Konzil aufzulösen. Vorher hatte das Konzil einen Akt vollzogen, der von lange nachwirkenben und auch für Dentschlanb verhängnisvollen Folgen war: die Verurteilung des böhmischen Reformators Hnß. Johannes Hnß, geboren 1369, war Professor der Theologie an der Prager Universität. Er genoß eines großen Rufes sowohl als Gelehrter und Prebiger, wie wegen seines frommen und sittlichen Lebenswandels. Als geborener Czeche suchte er seiner Nationalität das Übergewicht Über die deutsche zu verschaffen und trug wesentlich bazn bei, daß an bei Universität jene Zurücksetzung der Deutschen erfolgte, welche die letzteren bewog, 1409 in Masse auszuwandern und nach Leipzig überzusiedeln, wo sie den Stamm bei’ von dem Markgrafen Friedrich dem Streitbaren neu begrünbeten Universität bilbeten. Als Theolog hatte sich Hnß den Ansichten eines früheren Reformators der Kirche, des Engländers Wielef, zugewendet; er hatte die Lehre vom Ablaß bekämpft und, als er barnuf gebannt wurde, auch die Unfehlbarkeit des Papstes angegriffen, hatte an ein allgemeines Konzil appelliert, zugleich ober sich auf die heilige Schrift berufen. Er erschien vor dem Konzil zu Koftnitz mit einem vom Kaiser Sigismunb ihm zugesicherten freien Geleit. Man forberte von ihm den Widerruf einer Anzahl Sätze aus seinen Schriften. Er verweigerte diesen, so lange matt ihn nicht aus der heiligen Schrift widerlegen würde. Darauf
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