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1. Dichtung des Mittelalters - S. 5

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 3. Perioden der deutschen Litteraturgeschichte. 5 Nach Luther trat bald wieder eine arge Sprachverwirrung ein, indem die Gelehrten lateinisch lehrten und schrieben, und indem zur Zeit des 30jährigen Krieges eine gewaltige Sprachmengerei entstand durch vielfache Benutzung fran- zösischer, spanischer und italienischer Wörter. Erst mit Anfang des 17. Jahrhunderts trat, besonders durch Opitz auf dem Gebiete der Dichtkunst und durch Leibniz auf dem Gebiete der Wissenschaft, ein bewußter Umschwung ein, bis die Sprache in der zweiten Blnteperiode der Litteratur von Klopstock ab ihre hohe Vollendung erreichte, als welche sie, im Gegensatz zu der dialektredenden, mehr und mehr zurückgedrängten Volkssprache, die Umg a n g s s p ra ch e aller Gebildeten geworden ist. 8 3. Perioden der deutschen Litteraturgeschichte. Innerhalb der drei genannten Entwicklungsstufen des Hochdeutschen unterscheiden wir für die Geschichte der poetischen Nationallitteratur, deren wichtigste Erscheinungen der vorliegende Teil des Lesebuches zur Kenntnis bringt, folgende acht Perioden: 1. Die Zeit des heidnischen, altdeutschen Volksgesanges und der Sagenbildung von den ältesten Zeiten bis auf Karl den Großen, 800. 2. Die Zeit des Einflusses der Geistlichkeit auf die Poesie von Karl dem Großen bis in das erste Jahrhundert der Kreuzzüge, von 800—1150. 3. Erste Bliitepcriode auf dem Gebiete des Volksepos (Nibe- lungenlied und Gudrun), des höfischen Epos (Heinrich von Veldeke, Hartmann von Aue, Wolfram von Eschenbach, Gottfried von Straß- burg), der Lyrik (Walther von der Vogelweide) und der Didaktik (Freidanks Bescheidenheit) in der Zeit der Kreuzzüge, von 1150—1300. 4. Die Zeit des Verfalles der Poesie, deren Träger Bürger und Handwerker sind: Meistergesang, Blüte des Volksliedes, von 4300 bis 1500. 5. Das Zeitalter des Vorherrschens der satirisch-didaktischen Poesie im Jahrhundert der Reformation; Ausbildung des Kirchenliedes, von 1500—1624. 6. Die Zeit der Poesie der Gelehrten oder die Zeit der Nachahmung, von 1624—1748. 7. Zweite Blnteperiode, anhebend mit der Herausgabe der drei ersten Gesänge von Klopstocks Messias im Jahre 1748 und geknüpft an die Dichter: Klopstock, Wieland, Lessing, Herder, Goethe, Schiller. 8. Die Zeit der Romantiker und der neueren Dichter. im Hause, die Kinder auf der Gasse, den gemeinen Mann auf dem Markt darum fragen."

2. Mancherlei für Jung und Alt - S. 493

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
493 Als die deutschen Kaiser nach Italien kamen, stellten sie die welt- berühmte Abtei unter ihren unmittelbaren Schutz, und so oft auch die Könige in Unteritalien wechselten, so blieb es doch sür die meisten Her- kommen, Monte Cassino in Ehren zu halten. Fort und fort mehrte sich sein Schatz an Gütern und Vorrechten. In den letzten Jahrhunderten erhielt die Abtei auch wieder ähnliche Besucher wie damals, als der Berg unter Apollos Schutze stand. Die Mönche sollten Balsame aus dem heiligen Lande haben; zahllose Kranke pilgerten herbei, mit ihnen auch gebildete und wohlhabende Männer, welchen das angenehme Wohnen aus dieser Höhe gefiel, in kerngesunder Luft, bei herrlicher Aussicht und unter gastlichen Männern höherer Bildung, wie die Benediktiner es waren. An Wissenschaft, insbesondere an hohem Verdienst in Geschichtsforschung, ist Monte Cassino auch in der neuesten Zeit nicht arm geworden. Als die langobardischen Könige zuerst herankamen, mußten die Mönche vor der Wut und Zerstörung fliehen. Fast anderthalbhnndert Jahre blieb der Berg einsam: dann bezogen die Benediktiner doch ihr Cassino wieder. Monte Cassino bildet noch immer eine kleine Stadt sür sich allein. Man steht auf den ersten Blick, ihrer Bürger Thätigkeit umfaßte vieler- lei, was zur Wohlfahrt und Veredlung der Menschen diente. Soviel neugeweißte Gebäude und Säle man sieht, überall blickt doch noch ur- altes historisches Gemäuer durch, überall wittert eine Luft, die erfüllt ist von Erinnerungen aus einer langen Kelle von Jahrhunderten. Der Geschichtsforscher findet nirgends ein schöneres kleines Paradies. Denn über den Köstlichkeiten alter Pergamente glänzt das lichte Himmelblau, und kommt er heraus aus den hohen lustigen Büchersäleu, so strömt ihm erquickend die reine und würzige Luft entgegen. Immer neu aber und anregend und großartig ist die Aussicht. Wohin man blickt, in die Tiefe und auf die umringenden Berge, überall haften historische Andenken. Da unten zu den Füßen des Benediktinerberges, in San Germano, schloß Kaiser Friedrich Ii. seinen Frieden mit dem Papste: aber hinter jenen Bergen ziehen die Thäler, wo der letzte Hohenstaufe, der letzte Anjou, der letzte Aragonier, ein Habsburg, ein Murat und ein Bourbon das Königreich verlor. Mit wieviel Blut sind die alten Heeresstraßen zum Südreiche schon getränkt! Wie oft, wie unersättlich wälzte sich Raub und Kriegs- wut über diese Länder und riß die Blüten nieder vor der Ernte! Franz v. Löher. Sis übers Jahr. Rasch ist die Spanne Zeit vergangen, Ein neuer Abschnitt bricht heran, Da schauen wir mit Lust und Bangen, Auf die zurückgelegte Bahn.

3. Beschreibende und lehrende Prosa - S. 40

1889 - Freiburg im Breisgau : Herder
40 I. Beschreibende Prosa: Kulturgeschichte. huldigten ihm. Ein geistreicheres Leben begann in der krieggewohnten Stadt, und wo bisher nur Waffen geklirrt und die trockenen Formeln des Rechtes auf dem Forum getönt hatten, klangen jetzt die melodischen Weisen der griechischen Musen. Was in der fremden Sprache eine be- wundernde Freude erregt hatte, wurde in der Muttersprache nachgeahmt, und die rauhen Töne von Latium milderten sich in dem Wettstreite mit der ältern Schwester. So erstrebte auch Rom auf den Flügeln der griechischen Muse einen dauernderen Ruhm, als der war, den ihm seine Welteroberung zusicherte. Denn vielleicht würde auch die Geschichte von Rom, wie die von Persien, nur in den Kompendien der Welt- geschichte leben, wenn nicht der starke Geist der römischen Poesie und Beredsamkeit, ihre Gesetzgebung und die praktische Weisheit, die das römische Volk beiden Künsten zu vermählen wußte, die Sprache der Welt- beherrscherin durch eine Reihe düsterer Jahrhunderte bis auf unsere Zeiten empfohlen hätten. Seit der Wiedererweckung des Studiums der klassischen Litteratur ist die Einwirkung der griechischen Bildung auf die Kultur der neueren fast ununterbrochen gewesen. Fast zu allen unseren Wissenschaften hat sie den Grund gelegt, und die wissenschaftliche Methode, die sie bei einigen Zweigen derselben, wie bei der Philosophie und Mathematik, beobachtet hat, ist noch nicht übertroffen worden. Vor allem aber haben die Werke der redenden und bildenden Kunst nie aufgehört, den Kunstsinn zu wecken und den Geschinack auszubilden. An dem Ruhme der alteu Klassiker ist der Ruhm der neueren emporgestiegen. Fr. Jakobsl. 2. Der Einfluß der Heerzüge Alexanders d. Gr. auf die Wissenschaft. In dem Entwicklungsgänge der Menschengeschichte, sofern dieselbe eine innigere Verbindung der europäischen Abendländer mit dem südwest- lichen Asien, dem Rilthale und Libyen darstellt, bezeichnen die Heerzüge der Macedonier unter Alexander dem Großen, der Untergang der Perserherrschaft, der beginnende Verkehr mit Vorderindien, die Einwirkung des 116 Jahre dauernden griechisch-baktrischen Reichs eine der wich- tigsten Epochen des gemeinsamen Völkerlebens. War die Sphäre der Entwicklung fast maßlos dem Raume nach, so gewann sie dazu noch an intensiver moralischer Größe durch das unablässige Streben des Er- i i Friedrich Jakobs, bedeutender Altertumsforscher und Verfasser von Ro- manen und Erzahlungen, geboren 1764 zu Gotha, 1807 Profesior der alten Litte- ratur am Lyceum zu München, seit 1810 rvieder in Gotha, roo er 1847 ats Ober- bibliothekar und Direktor des Münzkabinets starb.

4. Beschreibende und lehrende Prosa - S. 49

1889 - Freiburg im Breisgau : Herder
3. Rom in seiner Bedeutung für Kunst und Wissenschaft. 49 Altertums, Kunst und Wissenschaft auf Griechenland, Gesetze und Ein- richtungen auf Rom, so viele Dinge, die uns im täglichen Leben um- geben, auf beiden. Die griechische Bildung erhielt nicht nur in der römischen eine be- wunderungswürdige Zugabe, sondern hätte auch schwerlich ohne die römische Macht Dauer und Verbreitung gewonnen. Es erscheint gerade hier in der Weltgeschichte eine der größten Verkettungen geistiger Zwecke und nach Irdischem strebender Kräfte. Vor allem aber darf man in Rom nicht Italien vergessen. An dem Geiste des Altertums mußte sich die neuere Bildung emporschlingen, um sich zu etwas allseitiger Vollendetem zusammen- zuwölben, und in dieser entscheidenden, von allen Punkten ihres Erscheinens anziehenden Umgestaltung spielt dieses wundervolle, in Himmel, Lage, Er- zeugnissen, Schönheit und Anlagen der Menschenuatur so begünstigte Land die erste und bedeutendste Rolle. In den meisten künstlerischen, wissen- schaftlichen, philosophischen, bürgerlichen, politischen, dann in den großen durch Handlungs- und Forschungsgeist geleiteten länderverbindenden Ent- wicklungen menschlicher Thätigkeit schritt Italien dem übrigen Abendlande in jenen denkwürdigen Jahrhunderten, in welchen das Moderne sich zuerst in geistiger Würdigkeit dem Antiken gegenüberzustellen anfing, voran. An diesem neuern Ruhme Italiens haben zwar, wenn man gerecht sein will, andere Städte größern Anteil, als gerade Rom. Allein alles floß doch in Italien zu diesem Mittelpunkte zurück, und die Glorie legte sich gleich- sam freiwillig um das Haupt, das schon so viele Kronen zierten. So ist Rom für uns eins geworden mit den zwei größten Zuständen, auf welche sich unser geeinigtes Dasein gründet, dem klassischen Altertum und dem Emporwachsen moderner Größe an der antiken, und zwar beruht dies nicht auf trockenen, eingeredeten Verstandesbegriffen. Rom spricht in allem damit an, in ungeheuren Überresten, in seelenvollen Kunstwerken, und wohin man den Fuß setzt, in nicht abzuwehrenden Erinnerungen. Es ist wohl zugleich ein Hauch der Einbildungskraft, ein dichterischer Schimmer, der diese Stadt umschwebt, ein Schein, der vor einer nüch- ternen Betrachtung gewisser Art wie Morgenduft verrinnt, aber ein Schein, welcher, wie der künstlerische und poetische, die Wahrheit reiner und ge- diegener in sich hält, als die gewöhnlich so genannte Wirklichkeit. W. v. Humboldti. 1 1 Wilhelm von Humboldt, älterer Bruder Alexanders von Humboldt, be- deutend als Sprachforscher (hervorragend sein Werk über die Kawisprache (auf der Insel Javad und als Ästhetiker. Geboren 1767 zu Potsdam, preußischer Staatsmann seit 1808, abgegangen als Staatsminister 1819, starb er, den Wissenschaften ergeben, auf seinem Gute Tegel bei Berlin 1835. Sein Briefwechsel mit Schiller und Goethe ist von großer Wichtigkeit für die Litteraturgeschichte. Hense, Lesebuch. Iil 4

5. Beschreibende und lehrende Prosa - S. 181

1889 - Freiburg im Breisgau : Herder
20. Herders Einwirkung auf die gesch. u. krit. Betrachtung der Dichtkunst. 181 Geist der biblischen Schriften gewinnen, wie wir bei Herder sie von Anbeginn finden. Die Bibel war für Herder die erste Bildungsquelle ge- wesen; nur der Bibel zu lieb war Herder, wie er noch in seinem spätern Alter erzählt, Theolog geworden; in seinen Kinderjahren hatte er den Hiob, den Prediger, Jsaias und die Evangelien gelesen, wie er sonst nie ein Buch auf der Welt las. Schon in einer seiner frühesten Schriften, im Versuch einer Geschichte der Dichtkunst, stemmt sich Herder fest gegen die Ansicht, auch die dichterische Seite der Bibel nur als unmittelbar gött- liche Wirkung zu betrachten und den Ursprung derselben vom Himmel zu holen. Eine lange Reihe von Abhandlungen, welche Herder unter dem Namen einer Archäologie des Morgenlandes zusammenzustellen gedachte, und welche später die Grundlagen seiner Schrift über „die älteste Urkunde des Menschengeschlechtes" wurden, ist ganz und gar von dem Grund- gedanken getragen, die älteste alttestamentarische Dichtung, die Schöpfungs- geschichte, die Geschichte der Sündflut und die Geschichte Moses' als alte orientalische Nationalgesänge zu betrachteu; wer in dieser Einfalt nicht Größe fühle, der fühle keine Poesie des sinnlichen Anschauens. Und nach- dem bereits 1780 die Briefe über das Studium der Theologie diesen Gesichtspunkt lebendiger Volksdichtung über die gesamte Bibel ausgedehnt hatten, erschien 1782 Herders berühmtes Buch über den „Geist der hebräischen Poesie", von welchem Herder mit vollem Rechte sagen konnte, von Kindheit auf habe er es in seiner Brust genährt. Die hebräische Poesie war ihm die älteste, einfachste, herzlichste Poesie der Erde, eine Poesie voll des innigsten Naturgefühles und doch ganz und gar nur das dichterische Innewerden und Anschauen Gottes und seiner Werke, das sich bald zur Entzückung hebt, bald zur tiefsten Unterwerfung herabsenkt; die hebräische Poesie war ihm die naturwüchsige und volkstümliche Dich- tung eines Volkes, dessen ganzes Sein und Wesen von dem tiefsten und kräftigsten Gottesbewußtsein durchglüht und erfüllt ist. Frei von allen theologisch zünftigen Voraussetzungen, hat dieses gewaltige Buch, das leider unvollendet geblieben ist, erst wieder die Augen für die unvergäng- liche Poesie der Bibel geöffnet. Nur wer ein so offenes Auge für das Wesen und die vielgestaltigen Entwicklungsbedingungen der Volkspoesie hatte, konnte in so großartiger Weise der Erforscher und Wiedererwecker der alten Volkslieder- schätze werden, wie es Herder geworden ist. Man belächelt jetzt die über- schwengliche Begeisterung, mit welcher Herder der Verkündiger des vermeint- lichen Ossian wurde; diese Begeisterung war der warme, wenn auch irregeleitete Ausdruck derselben Richtung, welche ihn mit so erfolgreicher Vorliebe zum Volksliede und zur Volkssage führte. Herder erhob die vereinzelten Anregungen Lessings zu wirklich wissenschaftlicher Bedeutung.

6. Beschreibende und lehrende Prosa - S. 46

1889 - Freiburg im Breisgau : Herder
46 I. Beschreibende Prosa: Kulturgeschichte. findet sich im Innern des großen indischen Landes ein weites Gebiet, das von sehr dunkel, fast schwarz gefärbten, von den später eingedrnngenen helleren arischen Stämmen gänzlich verschiedenen Ureinwohnern bevölkert ist. . . Wahrscheinlich war zu Herodots Zeiten die schwarze asiatische Nasse, dessen „Äthiopier vom Aufgange der Sonne" den libyschen wohl in der Hautfarbe, aber nicht in der Beschaffenheit des Haares ähnlich waren, viel weiter als jetzt gegen Nordwesten verbreitet, Ebenso dehnten im alten ägyptischen Reiche die eigentlich wollhaarigen, oft besiegten Negerstämme ihre Wohnsitze weit in das nördliche Nubien aus. Zu der Bereicherung des Jdeenkreises, welche aus dem Anblicke vieler neuen physischen Erscheinungen, wie aus dem Kontakte mit verschiedenen Volksstämmen und ihrer kontrastierenden Civilisation entsprang, gesellten sich leider nicht die Früchte ethnologischer Sprachvergleichung, insofern dieselbe philosophisch, abhängig von den Grundverhältnissen des Ge- dankens, oder bloß historisch ist. Diese Art der Untersuchung war dem sogen, klassischen Altertume fremd. Dagegen lieferte Alexanders Expedition den Hellenen wissenschaftliche Materialien, welche den lange aufgehäuften Schätzen früher kultivierter Völker entnommen werden konnten. Ich erinnere hier vorzugsweise daran, daß mit der Kenntnis der Erde und ihrer Erzeugnisse durch die Bekanntschaft mit Babylon nach neueren und gründlichen Untersuchungen auch die Kenntnis des Himmels ansehnlich vermehrt wurde. Allerdings war durch die Eroberung des Cyrus der Glanz des astronomischen Priesterkollegiums in der orienta- lischen Weltstadt bereits tief gesunken. Die Treppenpyramide des Belus (zugleich Tempel, Grab und eine die nächtlichen Stunden verkündende Sternwarte) war von Mrxes der Zerstörung preisgegeben; das Monu- ment lag zur Zeit des macedonischen Heerzuges bereits in Trümmern. Aber eben weil die geschlossene Priesterkaste sich bereits aufgelöst, ja der astronomischen Schulen sich eine große Zahl gebildet hatte, war es dem Kallisthenes möglich geworden, Sternbeobachtungen ans einer sehr langen Periode von Jahren (Porphyrius sagt, für eine Periode von 1903 Jahren vor Alexanders Einzug in Babylon) nach Griechenland zu senden. Die ältesten chaldäischen Beobachtungen, deren das Almagest erwähnt (wahr- scheinlich die ältesten, die Ptolemäus zu seinen Zwecken brauchbar fand), gehen aber freilich nur bis 721 Jahre vor unserer Zeitrechnung, d. h. bis zu dem ersten messenischen Kriege. Gewiß ist es, daß die Chaldäer die mittleren Bewegungen des Mondes mit einer Genauigkeit kannten, welche die griechischen Astronomen veranlaßte, sich derselben zur Begrün- dung der Mondtheorie zu bedienen. Auch ihre Planetenbeobachtungen, zu denen sie eine uralte Liebe der Astrologie anregte, scheinen sie zur wirk- lichen Konstruktion astronomischer Tafeln benutzt zu haben.

7. Beschreibende und lehrende Prosa - S. 47

1889 - Freiburg im Breisgau : Herder
3. Rom in seiner Bedeutung für Kunst und Wissenschaft. 47 Was der Kontakt der Hellenen mit den Völkern indischen Ur- sprungs in der Epoche der macedonischen Heerzüge unmittelbar hervor- gerufen, ist in Dunkel gehüllt. Von wissenschaftlicher Seite konnte wahr- scheinlich wenig gewonnen werden, weil Alexander in dem Fünfstromlande (in dem Pantschanada), nachdem er das Reich des Porus zwischen dem cederreichen Hydaspes und dem Acesines durchzogen, nur bis zum Hyphasis vorgedrungen war, doch bis zu dem Punkte, wo dieser Fluß bereits die Wasser des Satadru (Hesidrus bei Plinius) empfangen hat. Mißmut seiner Kriegsvölker und Besorgnis vor einem allgemeinen Aufstande in den persischen und syrischen Provinzen zwangen den Helden, der gegen Osten bis zum Ganges vordringen wollte, zur großen Katastrophe der Rückkehr. A. v. Humboldt N 3. Rom in seiner Bedeutung für Kunst und Wissenschaft. Wie durch eine besondere Gunst des Geschickes, der wir uns dankbar erfreuen können, steht Rom für uns da, zugleich als ein Vollendetes und Unendliches der Einbildungskraft und der Idee, das sich aber in leben- digem Dasein erhalten hat, mit leiblichen Augen geschaut werden kann. Goethe nennt dies sehr ausdrucksvoll „die Gegenwart des klassischen Bodens, die sich dem Gefühl, dem Begriff, der Anschauung offenbart". Wie der Künstler sich eines Modells bedient, um sich von der festen Grundlage der Wirklichkeit zur Idee zu erheben, so ist umgekehrt in dieser Stadt und in ihren Umgebungen die Idee des höchsten Kntistschönen, der Begriff des welthistorischen Ganges der Menschheit, das Gefühl des not- wendigen Sinkens alles Bestehenden in der Zeit, wie in einem ungeheuern Bilde, auf alle Zeiten verkörpert hingestellt. Die Wirkung Roms beruht nicht ans dem Reichtum, den es in sich saßt; es gilt durch sich" selbst. Es gewährt „die sinnlich geistige Überzeugung, daß dort das Große war, ist und sein wird". Seine Größe liegt, neben so unendlich vielem Ein- zelnen, in etwas, das unentreißbar an das Ganze, an das Gemisch antiker und moderner Pracht, die Trümmer, welche das Auge meilenweit verfolgt, 1 1 Alex ander von Humboldt, der größte der jüngeren deutschen Natur- forscher. Geboren 1769 zu Berlin, gebildet zu Frankfurt an der Oder, zu Göttingen und Freiberg, machte er großartige Reisen und lebte längere Zeit zu Paris, zuletzt zu Berlin, wo er, eng befreundet mit Friedrich Wilhelm Iv., 1859 starb. Seine Hauptwerke: „Ansichten der Natur", „Reise in die Äquinoktialgegenden des neuen Kontinents" und „Kosmos oder Entwurf einer physischen Erdbeschreibung" bekunden eine große Tiefe und Schärfe des Geistes und enthalten die gründlichsten Forschungen auf dem Gebiete der Geographie, Ethnographie, Botanik, Zoologie, Mineralogie, Geognosie, Astronomie u. s. w.

8. Beschreibende und lehrende Prosa - S. 178

1889 - Freiburg im Breisgau : Herder
178 I. Beschreibende Prosa: Litteraturgeschichte. zung der ersten Religionsbegriffe". Die denkwürdige Stelle lautet: „Der Denkart der Nationen bin ich nachgeschlichen, und was ich ohne System und Grübelei herausgebracht, ist, daß jede sich Urkunden bildete nach der Religion ihres Landes, nach der Tradition ihrer Väter und nach den Begriffen der Nation, daß diese Urkunden in einer dichterischen Sprache, in dichterischen Einkleidungen und in dichterischem Rhythmus erschienen: also mythologische Nationalgesünge vom Ursprünge ihrer ältesten Merk- würdigkeiten. Und solche Gesänge hat jede Nation des Altertums gehabt, die sich ohne fremde Beihilfe auf dem Pfade ihrer eigenen Kultur nur etwas über die Barbarei hinaufgebildet. Wo nur Reste oder Nachrichten sind, da sind auch die Ruinen solcher Urkunden; die Edda, die Kosmo- gonien oder Theogonien und Heldengesänge der ältesten Griechen, die Nach- richten von Indianern, Spaniern, Galliern, Deutschen und von allem, was Barbar hieß, alles ist eine gesamte Stimme, ein Laut von solchen poetischen Urkunden voriger Zeiten. Wer Jselins Geschichte der Mensch- heit in einem so merkwürdigen Zeitpunkte beleben wollte, der bringe alle diese Nationalsagen und mythischen Einkleidungen und Fragmente von Urkunden in die nackte, dürftige menschliche Seele zurück, die sie auf solchem Wege zu bilden anfing, und mit allgemeinen Aussichten über Völker und Zeiten sammle er so aus der Barbarei einen Geist urkund- licher Traditionen und mythologischer Gesänge, wie Montesquieu einen Geist der Gesetze sammelte. Dort wenigstens sind überall redende Züge zum Bilde des menschlichen Geistes und Herzens, wie wir sie in unserem gebildeten und verkünstelten Zeitalter nicht finden. Alles, was wir vom Menschen in unseren verfeinerten Zeiten nur in schwachen, dunklen Zügen sehen, lebt in den Urkunden dieses Weltalters." An einer andern Stelle, in der Abhandlung über Ossian, nennt Herder die Poesie der Natur- völker das Archiv des Volkslebens, den Schatz ihrer Wissenschaft und Religion, ihrer Theogonie und Kosmogonie, der Thaten ihrer Väter und der Begebenheiten ihrer Geschichte, den Abdruck ihres Herzens, das Bild ihres häuslichen Lebens. Namentlich Herders Jugendthätigkeit wurzelt einzig in diesem hohen Grundbegriffe. Sie ist die Geltendmachung desselben in seiner ganzen Tragweite; nicht bloß für die Betrachtung der Dichtung und Kunst, sondern ebensosehr für die Betrachtung der Sprache, der Religion und der Geschichte. Am unmittelbarsten und nachhaltigsten wirkte die neue Anschauung Herders auf die geschichtliche und kritische Betrachtung der Dichtkunst selbst. Erst jetzt war die Einsicht möglich geworden, daß die Geschichte der Dichtkunst nicht bloß eine äußerliche Erzählung und Aufzählung der Dichter und ihrer Lebensumstände und Werke sei, sondern die wissenschaftliche

9. Beschreibende und lehrende Prosa - S. 184

1889 - Freiburg im Breisgau : Herder
184 I. Beschreibende Prosa: Litteraturgeschichte. Unsere sich ausschließenden Höhlen berichten von Eiszeiten, wo Renntiere bei uns heimisch waren. In ungeheuren Zeiträumen vollzogen sich auf dem deutschen Boden, der in seinem heutigen Zustande so sehr den An- schein des ewig Unveränderlichen trägt, kapitale Umwälzungen. Der Vergleich also läßt sich ziehen, daß Goethe auf die geistige Atmosphäre Deutschlands gewirkt habe etwa wie ein tellurisches Ereignis, das unsere klimatische Wärme um so und so viel Grade im Durchschnitte erhöhte. Geschähe dergleichen, so würde eine andere Vegetation, ein anderer Be- trieb der Landwirtschaft und damit eine neue Grundlage unserer gesamten Existenz eintreten. Als Goethe zu schreiben begann, war die deutsche Sprache so be- schränkt in ihrer allgemeinen Wirkung, wie es der deutsche nationale Wille in unserer Politik war. Die Nation existierte, fühlte sich im stillen und ahnte den Weg, der ihr bevorstände. Das war aber auch alles. Unter den Recensionen, welche Goethe in seinen litterarischen Anfängen schrieb, spricht er über den Begriff des „Vaterlandes" und begreift nicht, wie man von uns ein Gefühl wie das fordern könne, mit dem die Römer sich als Bürger eines Weltreiches empfanden. Unmöglich dünkte uns eine nach außen gehende Bewegung. Die englische, französische und italienische Kritik aber nahm von den deutschen litterarischen Produkten nur insoweit Notiz, als unsere Autoren, im Anschlüsse an die fremden Litteraturen, ihre Werke gleich so erscheinen ließen, daß sie als ein Teil derselben angesehen werden konnten. Friedrich der Große galt — wenn ihm überhaupt die Ehre zu teil ward, mitgezählt zu werden — in Paris als französischer Autor, und er selbst sah sein Verhältnis nicht anders an. Französisch wurde in allen Kreisen Norddeutschlands als zweite Muttersprache ge- sprochen, während in Österreich das Italienische vorwaltete. Voltaire debattiert im Artikel „Daraus" der Encyklopädie die Qualitäten der verschiedenen Sprachen als litterarischer Ausdrucksweisen: die deutsche kommt darunter gar nicht vor. Erst seitdem Goethes „Werther" von Eng- ländern und Franzosen verschlungen worden war und selbst nach Italien vordrang, wurde auswärts die Möglichkeit einer deutschen Litteratur höhern Ranges zugegeben. Versuche waren vor Goethe oft gemacht worden, die deutsche Sprache so weit zu erheben, daß in ihr die feineren Wendungen der Gedanken Aus- druck finden könnten. Über den persönlichen Kreis aber ging die Wir- kung nicht hinaus. Klopstock, Lessing und Winckelmann hatten ihr eigenes Deutsch zu schaffen gesucht, indem sie sich die Bildung der klassischen Sprachen, sowie der französischen und italienischen zu nutze machten, alle drei aber ohne durchgreifenden Erfolg. Noch mächtiger als sie hat, neben Goethe, Herder eine deutsche Prosa mit höheren Eigenschaften herzustellen

10. Beschreibende und lehrende Prosa - S. 445

1889 - Freiburg im Breisgau : Herder
12. Aus: „Ideen zur Geschichte der Menschheit". 445 reichen jetzt nicht bloß durch dieses eine Werkzeug die Hände der Euro- päer! wohin werden sie künftig nicht reichen! Und wie diese Kunst, so hat das Menschengeschlecht in wenigen Jahren ungeheuer viel Künste erfunden, die über Lust, Wasser, Himmel und Erde seine Macht ausbreiten. Ja, wenn wir bedenken, daß nur wenige Nationen in diesem Konflikte der Geistesthätigkeit waren, indes der größte Teil der anderen über alten Gewohnheiten schlummerte; wenn wir erwägen, daß fast alle Erfindungen unseres Geschlechtes in sehr junge Zeiten fallen und beinahe keine Spur eines alten Gebäudes oder einer- alten Einrichtung vorhanden ist, die nicht an unsere junge Geschichte ge- knüpft sei: welche Aussicht giebt uns diese historisch erwiesene Regsamkeit des menschlichen Geistes in das Unendliche künftiger Zeiten! In den wenigen Jahrhunderten, in welchen Griechenland blühte, in den wenigen Jahrhunderten unserer neuen Kultur, wie vieles ist in dem kleinsten Teile der Welt, in Europa, und auch beinahe in dessen kleinstem Teile aus- gedacht, erfunden, gethan, geordnet und für künftige Zeiten aufbewahrt worden! Wie eine fruchtbare Saat sproßten die Wissenschaften und Künste haufenweise hervor, und eine nährte, eine begeisterte und erweckte die andere. Wie, wenn eine Saite berührt wird, nicht nur alles, was Ton hat, ihr zutönt, sondern auch bis ins Uuvernehmbare hin alle ihre har- monischen Töne dem angeklungenen Laute nachtönen, so erfand, so schuf der menschliche Geist, wenn eine harmonische Stelle seines Innern be- rührt ward. Sobald er auf eine neue Zusammenstimmung traf, konnten in einer Schöpfung, wo alles zusammenhängt, nicht anders, als zahlreiche neue Verbindungen ihr folgen. Aber, wird man sagen, wie sind alle diese Künste und Erfindungen angewandt worden? Hat sich dadurch die praktische Vernunft und Billig- keit, mithin die wahre Kultur und Glückseligkeit des Menschengeschlechtes erhöht? Das scharfe Messer in der Hand des Kindes verletzt dasselbe; deshalb ist aber doch die Kunst, die dieses Messer erfand und schärfte, eine der unentbehrlichsten Künste. Nicht alle, die ein solches Werkzeug brauchen, sind Kinder, und auch das Kind wird durch seinen Schmerz den bessern Gebrauch lernen. Künstliche Übermacht in der Hand des Despoten, fremder Luxus unter einem Volke ohne ordnende Gesetze sind dergleichen tötende Werkzeuge; der Schade selbst aber macht die Menschen klüger, und früh oder spät muß die Kunst, die sowohl den Luxus als den Despotismus schuf, beide selbst zuerst in ihre Schranken zwingen und sodann in ein wirkliches Gute verwandeln. Jede ungeschickte Pflugschar reibt sich durch den langen Gebrauch selbst ab; uubehilfliche, neue Räder und Triebwerke gewinnen bloß durch den Umlauf die bequemere, künstliche Epicykloide. So arbeitet sich auch in den Kräften des Menschen der übertreibende
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