Asien — Bore er-Indien.
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desgleichen die großen Epopöen Ramayana und Mahabaratha, sowie die
Fabeln deö Hitopadesa; und zu den jüngsten mag das bekannte Drama, der
Ring der Sakontala, gehören, dessen Verfasser Kalidasa, etwa zur Zeit des
Pompejns. am Hose des indischen Großköuigs Likramaditya lebte. Die alten
Baudenkmale lassen 2 Epochen erkennen, die eine, wo man die Tempel sammt
den Skulpturen noch in lebendigen Fels ausmeißelte, und die folgende, wo man
sie bereits frei aufbaute. Zu deu letzteren rechnet mau die prachtvolle Pagode
zu Ja gern aut auf der Küste Orissa, und die zu Chalambron, Tanjore
und Ramisseram auf Coromandel. Die bedeutendsteu Denkmale der ersteren
Art, und die unstreitig auf ein hohes Alter deuten, sind die Felsentempel auf den
Jnselchen Salsette und Elefante unweit Bombay, die Tempelgrotten zu
Ellore und Karli in Dekan, und die zum Theil aus Fels gehauene Königs-
stadt Mahab alipuram (von den Schiffern die 7 Pagoden genannt) südlich
von Madras aus Coromandel. Die zu Ellore, sehr reich an Skulpturen, sind
ein wahres Pantheon der indischen Mythologie.
Bei näherer Betrachtung dieser Werke muß man gestehen, daß ihre Kultur
eine eigenthüinliche, eine auf eignem Boden gewachsene war. Sie erscheint als
der entschiedene Gegensatz von der gemüthlosen materiellen Bildung Chinas, und
wenn sie im Hange zum Kolossalen und Symbolisirenden an die Egypter er-
innert, so überbietet sie doch diese an poetischem Gehalt eben so sehr als das
einförmige von Wüsten beschränkte Nilthal dem indischen Naturreichthum nach-
steht. Trotz ihrer künstlerischen und poetischen Fülle ist aber die geistige
Kultur der Hindus weder vor dem Richterstuhle der Aesthetik noch in Bezug
auf Vielseitigkeit mit der Griechischen zu vergleichen. Sie verwandten allerdings
großen Fleiß auf ihre Werke, und dies wie ihre Geschicklichkeit in Bearbeitung
harter Felsen, überhaupt der mechanische Theil ihrer Kunst, ist rühmenswerth;
ihre Götterdarstellungen aber, vielarmig. viel- und thierköpfig, so symbolisch be
deutsam ein so wunderliches Zusammenfügen sein mag, haben doch etwas ab-
schreckendes für den unbefangenen Betrachter, und besonders für jeden, der das
hellenische Schönheitsideal des rein Menschlichen schätzen gelernt hat. Auch ihre
Poesie leidet an dieser svmbolisch-mystischen Ueberfülle sowie an einer ermüdenden
Breite im Erzählen und Schildern, und wenn ihre Epopöen auch weit größer
und episodenreicher sind als die homerischen, so bieten dennoch die Charaktere, die
sie darstellen, eine weit ärmere und minder ansprechende Verschiedenheit, als die
Ilias und Odyssee. Und fragt mau gar nach den wissenschaftlichen Gebieten der
menschlichen Geistesthätigkeit, wünscht man die Philosophie der Hindu zu kennen,
ihre Geschichtschreiber und Redner, so erfährt man mit Verwundern, daß ihr
Volksleben seit Jahrtausenden keine Redner, keine Historiker geschaffen, und daß
ihre Philosophie nie ans den Gränzen des Mystischen und Dogmatischen heraus-
geschrilten ist. Das Hinduvolk hat in Wahrheit keine Geschichte, weil es seine
Schicksale nicht zu beschreiben verstand.
Die Ursache hievon ist leicht zu finden. Philosophie ist nur da möglich, wo
sie die Dogmen nicht zu fürchten braucht; Redner, Politiker, Geschichtschreiber
können sich nur da bilden, wo es freie Staatsbürger und öffentliches Leben gibt.
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Extrahierte Personennamen: Ramayana Karli
Extrahierte Ortsnamen: Asien Mahabaratha Likramaditya Orissa Bombay Madras Chinas
3. Rom in seiner Bedeutung für Kunst und Wissenschaft.
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Altertums, Kunst und Wissenschaft auf Griechenland, Gesetze und Ein-
richtungen auf Rom, so viele Dinge, die uns im täglichen Leben um-
geben, auf beiden.
Die griechische Bildung erhielt nicht nur in der römischen eine be-
wunderungswürdige Zugabe, sondern hätte auch schwerlich ohne die römische
Macht Dauer und Verbreitung gewonnen. Es erscheint gerade hier in
der Weltgeschichte eine der größten Verkettungen geistiger Zwecke und nach
Irdischem strebender Kräfte. Vor allem aber darf man in Rom nicht
Italien vergessen. An dem Geiste des Altertums mußte sich die neuere
Bildung emporschlingen, um sich zu etwas allseitiger Vollendetem zusammen-
zuwölben, und in dieser entscheidenden, von allen Punkten ihres Erscheinens
anziehenden Umgestaltung spielt dieses wundervolle, in Himmel, Lage, Er-
zeugnissen, Schönheit und Anlagen der Menschenuatur so begünstigte Land
die erste und bedeutendste Rolle. In den meisten künstlerischen, wissen-
schaftlichen, philosophischen, bürgerlichen, politischen, dann in den großen
durch Handlungs- und Forschungsgeist geleiteten länderverbindenden Ent-
wicklungen menschlicher Thätigkeit schritt Italien dem übrigen Abendlande
in jenen denkwürdigen Jahrhunderten, in welchen das Moderne sich zuerst
in geistiger Würdigkeit dem Antiken gegenüberzustellen anfing, voran. An
diesem neuern Ruhme Italiens haben zwar, wenn man gerecht sein will,
andere Städte größern Anteil, als gerade Rom. Allein alles floß doch
in Italien zu diesem Mittelpunkte zurück, und die Glorie legte sich gleich-
sam freiwillig um das Haupt, das schon so viele Kronen zierten. So
ist Rom für uns eins geworden mit den zwei größten Zuständen, auf
welche sich unser geeinigtes Dasein gründet, dem klassischen Altertum und
dem Emporwachsen moderner Größe an der antiken, und zwar beruht
dies nicht auf trockenen, eingeredeten Verstandesbegriffen. Rom spricht
in allem damit an, in ungeheuren Überresten, in seelenvollen Kunstwerken,
und wohin man den Fuß setzt, in nicht abzuwehrenden Erinnerungen.
Es ist wohl zugleich ein Hauch der Einbildungskraft, ein dichterischer
Schimmer, der diese Stadt umschwebt, ein Schein, der vor einer nüch-
ternen Betrachtung gewisser Art wie Morgenduft verrinnt, aber ein Schein,
welcher, wie der künstlerische und poetische, die Wahrheit reiner und ge-
diegener in sich hält, als die gewöhnlich so genannte Wirklichkeit.
W. v. Humboldti. 1
1 Wilhelm von Humboldt, älterer Bruder Alexanders von Humboldt, be-
deutend als Sprachforscher (hervorragend sein Werk über die Kawisprache (auf der
Insel Javad und als Ästhetiker. Geboren 1767 zu Potsdam, preußischer Staatsmann
seit 1808, abgegangen als Staatsminister 1819, starb er, den Wissenschaften ergeben,
auf seinem Gute Tegel bei Berlin 1835. Sein Briefwechsel mit Schiller und Goethe
ist von großer Wichtigkeit für die Litteraturgeschichte.
Hense, Lesebuch. Iil
4
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm_von_Humboldt Wilhelm Alexanders_von_Humboldt Alexanders Schiller Goethe
Extrahierte Ortsnamen: Griechenland Rom Rom Italien Italien Italiens Italien Rom Potsdam Berlin
3. Rom in seiner Bedeutung für Kunst und Wissenschaft.
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Was der Kontakt der Hellenen mit den Völkern indischen Ur-
sprungs in der Epoche der macedonischen Heerzüge unmittelbar hervor-
gerufen, ist in Dunkel gehüllt. Von wissenschaftlicher Seite konnte wahr-
scheinlich wenig gewonnen werden, weil Alexander in dem Fünfstromlande
(in dem Pantschanada), nachdem er das Reich des Porus zwischen dem
cederreichen Hydaspes und dem Acesines durchzogen, nur bis zum Hyphasis
vorgedrungen war, doch bis zu dem Punkte, wo dieser Fluß bereits die
Wasser des Satadru (Hesidrus bei Plinius) empfangen hat. Mißmut
seiner Kriegsvölker und Besorgnis vor einem allgemeinen Aufstande in
den persischen und syrischen Provinzen zwangen den Helden, der gegen
Osten bis zum Ganges vordringen wollte, zur großen Katastrophe der
Rückkehr. A. v. Humboldt N
3. Rom in seiner Bedeutung für Kunst und Wissenschaft.
Wie durch eine besondere Gunst des Geschickes, der wir uns dankbar
erfreuen können, steht Rom für uns da, zugleich als ein Vollendetes und
Unendliches der Einbildungskraft und der Idee, das sich aber in leben-
digem Dasein erhalten hat, mit leiblichen Augen geschaut werden kann.
Goethe nennt dies sehr ausdrucksvoll „die Gegenwart des klassischen
Bodens, die sich dem Gefühl, dem Begriff, der Anschauung offenbart".
Wie der Künstler sich eines Modells bedient, um sich von der festen
Grundlage der Wirklichkeit zur Idee zu erheben, so ist umgekehrt in dieser
Stadt und in ihren Umgebungen die Idee des höchsten Kntistschönen, der
Begriff des welthistorischen Ganges der Menschheit, das Gefühl des not-
wendigen Sinkens alles Bestehenden in der Zeit, wie in einem ungeheuern
Bilde, auf alle Zeiten verkörpert hingestellt. Die Wirkung Roms beruht
nicht ans dem Reichtum, den es in sich saßt; es gilt durch sich" selbst.
Es gewährt „die sinnlich geistige Überzeugung, daß dort das Große war,
ist und sein wird". Seine Größe liegt, neben so unendlich vielem Ein-
zelnen, in etwas, das unentreißbar an das Ganze, an das Gemisch antiker
und moderner Pracht, die Trümmer, welche das Auge meilenweit verfolgt, 1
1 Alex ander von Humboldt, der größte der jüngeren deutschen Natur-
forscher. Geboren 1769 zu Berlin, gebildet zu Frankfurt an der Oder, zu Göttingen
und Freiberg, machte er großartige Reisen und lebte längere Zeit zu Paris, zuletzt
zu Berlin, wo er, eng befreundet mit Friedrich Wilhelm Iv., 1859 starb. Seine
Hauptwerke: „Ansichten der Natur", „Reise in die Äquinoktialgegenden des neuen
Kontinents" und „Kosmos oder Entwurf einer physischen Erdbeschreibung" bekunden
eine große Tiefe und Schärfe des Geistes und enthalten die gründlichsten Forschungen
auf dem Gebiete der Geographie, Ethnographie, Botanik, Zoologie, Mineralogie,
Geognosie, Astronomie u. s. w.
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Extrahierte Personennamen: Alexander Alexander Goethe Alex_ander_von_Humboldt Freiberg Friedrich_Wilhelm_Iv. Friedrich Wilhelm_Iv.
Extrahierte Ortsnamen: Pantschanada Rom Rom Berlin Frankfurt Paris Berlin