Asien
— Vorder-Jndien.
481
Zugleich mit dem Kastenwesen hatten sich in gleichem Sinne ihre andern
Staats-Einrichtungen entwickelt. Sie waren feudaler Natur, indem die Ab-
theiluugen und die Ortschaften eines Staats nicht unter wählbaren oder vom Ober-
Haupte des Staats erkoruen Beamten, sondern unter erblichen Verwaltern standen
und unter diesen eine Abstufung, wie unter Lehensherrn, Vasallen und Aftervasallen
statt fand. Aber die Einrichtungen waren der Art, daß selten oder nie ein In-
tereffe des einzelnen Menschen am Staate erwartet werden konnte; wie jeder in
seine Kaste gebannt war, so kümmerten sich die Ortschaften nur um sich; und in
den Ortschaften gehörte die gemeinschaftliche Ernte erst dann den einzelnen Ackerern,
wenn die Steuer für deu Erbbeamten und für die Braminen des Ortes entrichtet
und in solcher Quantität entrichtet war, daß wiederum der Erbbeamte seine Steuer
zur Erhaltung des höhern Herrn und der obern Priester entrichten konnte. Erst
nachher theilten die Ackerer den Rest unter sich nach gewissem Verhältnis.
Rechnet man noch hinzu, daß die Herrscher unter stetem Einfluß der Braminen
standen, daß die Erziehung der Thronerben nur Brammen anvertraut und den
Prinzen genauestes Halten an den Religionsvorschriften und Folgsamkeit gegen die
Braminen eingeprägt wurde, so begreift man wie das priesterliche Element alle
Verhältnisse durchdringen, wie diese Verhältnisse durchaus stabil werdeu, und die
Kultur des Volkes nur höchst einseitig und nur bis zu einem gewissem Grade, wo
sie dann still und auf lange Zeiten fest stand, sich entwickeln konnte. Noch heutzu-
tage siudeu sich die alten Verwaltungsformen, noch heutzutage steht das Gerichts-
weseu unter dem Gesetzbuche Menüs, und selbst die Industrie der Hindus erhält
sich in alter Weise ohne Erfindungen und Entdeckungen. Die zartknochige Hand
des Hindu verfertigt die feinen Musseline, die schönen Teppiche, die zierlichen
Gold-, Silber- und Perlmutterwaaren, die köstlichen Shawls aus tibetanischer
Schaf- und Ziegenwolle noch in gleicher Weise und mit denselben nie verbesserten
Instrumenten wie ehedem. Aber ein Nationalgefühl kann in ihm nicht aufkommen,
dem hohen Begriffe Vaterland steht er zu fern; er gehorcht dem Herrn, der ihn in
seinem Glauben und bei seiner Arbeit gewähren läßt. So kam es, daß das Volk
wieder und wieder die Beute fremder Eroberer wurde, auf die es zwar, an seinen
Einrichtungen mit zäher Hartnäckigkeit festhaltend, mit stolzer Verachtung herab-
sieht, deren zu erwehren ihm aber bisher Kraft und Muth fehlten. Nachdem die
von den (um 1000 u. Chr. von Iran aus eingedrungenen) Muhammedanern
gegründeten Staaten zerfallen waren, bemächtigte sich (im 16. Jahrh.) der Tatar
Baber des Thrones von Delhi und gründete das Großmogulreich, dem, mit Aus-
nähme der Mahratten (südl. der Nerbndda), fast ganz Vorderindien zinspflichtig
ward. Zur selben Zeit waren auch die Portugiesen erschienen und hatten sich
an der Westküste (Goa) festgesetzt. Sie wurden vou den Niederländern ver-
drängt, die indes ihre Herrschaft hauptsächlich über die indische Inselwelt ausdehn-
ten. Am meisten Glück hatten die Engländer: anfänglich nur als Kaufleute
auftretend, machten sie später (seit 1765) auch Eroberungen und gründeten hier ein
Reich, das an Bevölkerungszahl das Mutterland um mehr als das Sechsfache
übertrifft.
TM Hauptwörter (50): [T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung]]
TM Hauptwörter (200): [T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T20: [Indus Stadt Ganges Gang Hauptstadt Land Siam Indien Fluß Strom], T145: [Bauer Adel Land Stadt Bürger Herr Stand Recht Gut König], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T113: [Wein Seide Baumwolle Handel Zucker Kaffee Wolle Tabak Reis Getreide]]
Asien —
Vorder-Indien.
487
Erlaubnis sie kein Bündnis schließen und keinen Krieg erklären dürfen, zur
Verfügung, und die Truppen einiger werden sogar stäudig voll brittischen
Oberosfizieren besehligt; alle werden von englischen Aussichtsbeamten über-
wacht. Die innere Verwaltung hat man ihren Fürsten noch gelassen; sie
ist jedoch meist herzlich schlecht, nur auf Bereicheruug der Fürsten oder ihrer
höchsten Beamten gerichtet, und namentlich ist die Justiz schlimm bestellt.
Es sind 153 Vasallen*) (28 Mnhammedaner, die übrigen Hindus), denen
das Patent oder die Sanad vom 11. März 1862 ihren Besitz so lange
garantirt, als die Fürsten oder ihr Haus „anhänglich an die Krone und
treu innerhalb der Verträge, Zusagen und Bewilligungen sich halten, welche
die Verpsllchtuugeu gegeu die englische Staatsregierung regeln." Das
System der Ueberwachnng hat sich bisher als genügend bewährt, überhaupt
hat die ganze Einrichtung viel zur Beruhigung des Landes nach dem Auf-
stände von 1857/58 beigetragen. Die wichtigsten dieser Vasallenstaaten sind:
1. Mahrattische Staaten am Vindhya-Gebirge und auf dem Plateau von
Malwa; früher reichten ihre weiten Gebiete neben den Ghats bis an den Fluß
Kistna und östlich über Nagpur hinaus. Ihre verbündeten Radschas, einen Peischwah
an der Spitze, hatten sich int vorigen Jahrhundert, besonders nach dem Sturze des
Großmogulreiches, mächtig und berühmt gemacht, bis sie endlich 1818 erlagen. Am
längsten unabhängig blieb der Staat des Maharadscha Scindhia; er gerieth erst
1843, als die starke Bergveste Gwalior von deu Britten genommen wurde, in größere
Abhängigkeit. — Orte: Baroda mit 140,000 Einw. nahe der Bai Cambay, nördl.
des untern Nerbudda, Residenz des Radscha Guikowar, der auch bedeutende Land-
striche auf der Halbinsel Gudscherat besitzt. Jndore mit 80,000 E., Hauptstadt
dis Radscha Holkar, auf dem Plateau vou Malwa. Udschein ebenfalls in Malwa
mit 100,000 E. (?), pagodenreich mit Braminenschuleu, gewesene Residenz Scindhias.
Gwalior, nördl. Malwas und nahe dem Tschumbul, Nebenflusse der Dschnmna;
die steile Höhe der jetzt brittischen Festung hat liur einen einzigen Zugang, die Volk-
reiche Stadt liegt zur Seite abwärts.
2. Die 1d Staaten der Radschpnten südlich vom Pendschäb bis zum
Tschumbulfluß. Ihr 4000 Q.-M. großes Land, zur Hälfte von der indischen Wüste
ausgefüllt, heißt der vielen Radschas wegen Ra d schp ntana oder Land der Könige.
— Orte: Dschaipur (Dschepur) mit 60,000 E. im Nordosten und das schön ge-
legene Udayapore (Odeypur) im Süden sind Residenzen, desgleichen die Oasen-
städte Dschesselmör und Bit an er. Dschaipur ist der verhältnismäßig best-
*) Mysore, feit 1830 als englische Provinz behandelt, steht zur Zeit noch unter
englischer Verwaltung, wird aber demnächst dem Maharadscha zurückgegeben werden,
wodurch die Zahl der Vasallenstaaten auf 154 steigt; 3 867 erkannte nämlich die eng-
tische Regierung die 1865 vollzogene Adoptirung eines Knaben an, der 1868 nach dem
Tode seines Adoptivvaters feierlich als Maharadscha ausgerufen wurde und bis zur
Vollendung seiner Erziehung nuter der Leitung eines engl. Offiziers steht. Mehr als
Ys der Oberfläche und fast y* der Bevölkerung ganz Indiens ist sohin noch von ein-
geboruen Fürsten beherrscht; aber die Fürstenthümer liegen über die ganze Halb-
insel zerstreut.
TM Hauptwörter (50): [T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung]]
TM Hauptwörter (200): [T20: [Indus Stadt Ganges Gang Hauptstadt Land Siam Indien Fluß Strom], T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung]]
Asien — Vorder-Jndien.
491
schule auf, gestiftet von der anglo-amerikanischen Missionsanstalt. Desgleichen hat die
Londoner Missionsgesellschaft zur Unterweisung junger Inder und Chinesen und zur
Förderung sowohl chinesischer als englischer Literaturkenntnis ein an glo - chi nesisch es
Colleg zu Malakka angelegt, das schon eine ziemliche Anzahl des Englischen und des
Christenthums kundiger Lehrer geliefert hat, womit malaiische, chinesische und tamnlische
Schulen auf der Halbinsel Malakka, in Rangnn und anderwärts versorgt werden.
Schließlich uoch ein Wort über die vorige Regierung. Es war ursprünglich die
einer privilegirten Handelsgesellschaft aus der Zeit der großen Elisabeth.
Die Hauptactieninhaber wählten ein Directorium, von dem die Ernennung der Ver-
Walter der Faktoreien iu Ostindien abhing. Die Faktoreien wuchsen über Erwarten zu
größeren Besitzungen heran, und als Robert Clive sie zu einer politischen Macht
gehoben, nahm die Krone Englands Theil an der Oberleitung, indem sie im Einver^
nehmen mit der Kompagnie eine Aufsichtsbehörde (board of coutrol) schuf, be-
stehend aus einem königlichen M in ist er und drei Mitgliedern des Direk-
toriums. Zugleich wurde der Krone das Recht eingeräumt, auf Vorschlag der
Direktoren deu Präsidenten Bengalens mit dem Titel Ge ne ralg onverne nr zu er-
nennen, der über Krieg und Frieden entschied, Verträge schloß, Verordnungen erließ,
sogar das Begnadigungsrecht übte. Der Gouverneur vereinte somit in seiner Person
fast die Rechte einer königlichen Gewalt; jedoch standen ihm 4 hohe Beamte der Kom-
pagnie und der Obergeneral als Rath zur Seite, nebst 2 Staatssekretären, sämmtlich
geborne Britten; und beliebte es dem Direktorium ihn abzurufen, so hatte er sofort
zu gehorchen.
Durch diese Einrichtung wurde größere Ordnung im Verwalten so weitläufiger
Provinzen ermöglicht, es konute der Willkür und Habsucht der Beamten ein Damm
gesetzt und neben dem Handelsinteresse das Staatsinteresse höher gehoben, das Wohl
der Inder selbst bedacht werden. Man sorgte auch von da an, nnr sprachlich und poli-
tisch für die Verhältnisse Ostindiens gebildete Männer als Beamte und Offiziere hinüber
zu senden, wozu iu England dnrch eine eigne Militärschule und durch eine besonders
für Civilbeamte Indiens eingerichtete Lehranstalt Gelegenheit gegeben wurde.
3) Theile Vorderindiens, die nicht brittisch find.
Dem Namen nach selbständig sind noch:
a. Kaschmir, wozn neben Tschamba (am obern Rawy), Dschamn (am obern
Tschinab), Gi^git u. a. die (weiter oben bei China schon erwähnten) Landschaften
Westtibets Ladak und Balti gehören, zus. etwa 2809 Q. M. mit 3 Mill. E. Es
wurde 1846 unter die Herrschaft des Radscha Ghulab Siugh gestellt, der es, um mehrere
Nachbarlandschaften vergrößert, 1359 auf seinen Sohn vererbte. Faktisch ist es auch
nnr ein Vasallenstaat Englands. Die eigentliche Landschaft Kaschmir ist ein auf allen
Seiten von ungeheuren Schneegipfeln umstelltes, fast eirundes Hochthal von 27 Mlu.
Länge und 15 Mlu. Breite, dessen mittlerer Theil eine kleine Ebene bildet mit den
S. 417 genannten n. a. Seen; das Thal, vom Dschilum durchflössen und mit einem
reichen Kanalnetz versehen, ist gut bewässert und mit dem üppigsten Pflanzenwnchse
bedeckt.
3<2*
TM Hauptwörter (50): [T17: [Meer Fluß Gebirge Land Hochland See Halbinsel Osten Norden Süden], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm]]
TM Hauptwörter (100): [T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T63: [Jahr Senat Plebejer Gesetz Volk Recht Staat Bürger Gewalt Rom]]
TM Hauptwörter (200): [T20: [Indus Stadt Ganges Gang Hauptstadt Land Siam Indien Fluß Strom], T98: [König Jahr Mitglied Verfassung Regierung Republik Präsident Kammer Gewalt Staat], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T103: [England Krieg Frankreich Spanien Franzose Engländer Flotte Jahr Holland Frieden], T3: [Hebel Last Brief Ende Gewicht Rolle Gleichgewicht Punkt Seite Fig]]
Asien —
Ch in a.
453
Pisang, Orangen, Granaten, Jasmin und Mirten eingefaßt sind. Schon etwas südlich vom
Wendekreis gelegen, genießt die Gegend von Kanton einer gemäßigten Temperatur, etwa
wie Kairo in Ägypten, weshalb auch Reden, Kastanien und Pfirsiche gedeihen. Bei
trockner Kälte sinkt sogar das Quecksilber auf Null. Den Portugiesen gehört hier schon
seit langer Zeit die verfallende Stadt Macao mit 30000 Einw., gegen jährlichen Zins
und unter chinesischer Hoheit; sie liegt auf einer durch starke Mauern abgetrennten
Halbinsel an der großen mit Inseln besäeten Bai, und ist anßer der Handelswelt auch
in der Lebensgeschichte des portugiesischen Dichters Camoens berühmt, der hier an seiner
Lusiade schuf. Ans mehreren jener Inseln ragen Porphyrberge von 400—900 m. em-
por; die gegenwärtig wichtigste Insel ist Hongkong mit 115000 Bew. (darunter
8800 Fremde, namentlich Europäer und Amerikaner, auch 170 Deutsche) und der
Hafenstadt Victoria. Seit dem Krieg von 1842, der zum erstenmale den Stolz der
Mandschndynastie demüthigte und die Majestät des himmlischen Reiches gewaltig er-
schntterte, an England abgetreten, hat sich seither die jnnge Besitzung aus einem
Fischerdorfe zu einem der ersten Emporien Ostasiens aufgeschwungen und einen Verkehr
entfaltet, der an die wilde Rührigkeit der wie durch einen Zanberfchlag entstehenden
Jaukeestädte des Westens mahnt. Aenßerst günstig gelegen, hat es den besten Hasen
des chinesischen Reiches, ist es Knotenpunkt aller von und nach Europa dirigirteu
Dampfer, Haltpunkt aller im O. frachtsuchenden Segelschiffe und zngleich Stapelplatz
für die produktenmächtigen südl. Provinzen. Deshalb hier ein bnntes, reges Verkehrs-
leben mit nicht mehr ansgesprochen chinesischem Charakter. — Der südlichste Theil Chinas
ist die im Innern von einem wildfreien Bergvolke und nur an der Küste von Chinesen
bewohnte große Insel Ha:nan, die zur Statthaltern Kantons gehört; an der Nord-
Küste der Hafen K inn g tsch en. — Unter den volkreichen Städten im Innern Chinas
merken wir noch die reichen Handelsorte Wntschang, Hanjang und Hanken,
dicht beisammen inmittendes „Reis- und Fischlandes" an beiden Seiten des dort 3900 rn.
breiten Jantse unweit großer Theepflanznngenund zusammen mit lx/i Miß. Einw.;*) in
den Häseu dieser 3 Städte sollen stets 8—10000 Flußbarken vor Anker liegen.
Die Staats- und bürgerlichen Einrichtungen Chinas sind sehr und
weit über Gebühr geregelt, die Regierung ist „Vater und Mutter des Volkes", selbst
die geistige Kultur, die Wege des Lernens haben ihre unabänderlichen Formen.
Gelehrsamkeit steht in hoher Achtung. Ein gewisser Grad von Bildung ist
überall vorhanden, jedes Dorf besitzt seine Schule und fast jedermann kann lesen. Es
gibt Elementar- und Kreisschnlen, und in den Provinzial-Hanptstädten höhere Lehran-
stalten, wo unterm Vorsitz kaiserlicher Commissäre eine Art Baccalaureat ertheilt
wirb. Die bei den Prüfungen durchfallen, und deren sind im ganzen Reiche jährlich
wohl Hunderttausend, können Abschreiber, Notare. Schulmeister :c. werden. — Obenan
steht das kaiserliche Seminar zu Peking, von wo Professoren und höhere Staatsbeamte
ausgehen. Hat einer hier das Staatsexamen, dem der Kaiser selbst vorsitzt, und wozu sich
oft 5000 junge Männer melden, glücklich bestanden, so kann er dnrch höchstes Diplom
zum Gelehrten zweiten Grades, nämlich znm Tsintse, d. h. zur Staatsperson werden
*) Nach den Angaben der franz. Missionäre Huc und Gäbet (1846, also
vor den Bürgerkriegen) sogar 8 Müll.
TM Hauptwörter (50): [T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T64: [Insel Amerika Land Spanier Australien Kolonie Hauptstadt Küste Entdeckung San], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle]]
TM Hauptwörter (200): [T186: [Stadt Insel Hauptstadt Tunis Handel Afrika Land Hafen Küste Algier], T126: [Land Handel Europa Meer Osten Zeit Westen Volk Deutschland Jahrhundert], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T20: [Indus Stadt Ganges Gang Hauptstadt Land Siam Indien Fluß Strom]]
Extrahierte Personennamen: Jasmin
Extrahierte Ortsnamen: Asien Kairo Macao Hongkong Victoria England Ostasiens Europa Chinas Chinas Peking
490
Asien —
Vorder-Jndien.
aufgenommene Anleihe von 100 Mill. Pf. wurde hauptsächlich ans solche produktive
Anlagen verwendet. So sncht England durch Entwicklung der natürlichen Hilfs-
quellen, milde Verwaltung und Schutz des Eigenthnms die Bevölkerung an sich zu
fesseln, durch Hebung der Produktion die Steuern der Eingebornen zu mindern und
endlich auch ein Gleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben des Landes her-
zustellen.
Die brittische Kriegsmacht in Indien ist, obgleich man vieler vou einander ent-
fernter Garnisonen bedarf, verhältnismäßig gering, nämlich (i. I. 1865) 190000 Mann,
und zwar 72000 Europäer und 118000 Eingeborne, einerlei, zu welcher Kaste sie ge-
hören (man nimmt auch Parias dazu) und ob sie den Schiwa oder den Allah an-
rufen; nnr die hohen Offiziergrade haben sich die Britten vorbehalten; Subaltern-
offiziere und Aerzte werden meistens ans den Indern genommen. Dazn kommt die
eingeborne Polizei von 154000 M. und sonstige organisirte Maunschaftcn 5400 M.
Unbedeutend sind die Kontigente der verbündeten Fürsten, nämlich an 15000 Die
gefammte bewaffnete Macht besteht mithin aus 365000 Manu. Auch für die Civil-
Verwaltung braucht man im ganzen nur wenige Britten; die Mehrheit der Be-
amten sind Inländer und müssen es sein, als durch das Kastenwesen dazn berechtigt.
So hilft das indische Volk selbst den Ausländern sein Land regieren und ihre Siege
erfechten. *)
Stets steigende Summen verwendet die Regierung für Unterricht, vorgefundene
Schulen schützend, nene anlegend, sowohl braminische als muselmännische. In denjenigen, die
sich über die Sphäre des Elemmtarnnterrichls erheben, wird neben dem Sanskrit anch per-
sisch und, wo es nöthig, anch arabisch gelehrt, und allmählich das Englische eingeführt.
Höhere Lehranstalten gibt es nicht wenige. Zu Kalkutta: eine angloindische, eine
eigentlich englische, eine bischöflich geistliche, eine sanskritische und eine für Muhammedaner.
Zn Bombay ist eine Central- und Banschnle; andre Orte haben medicinische und juri-
stische, wie denn überhaupt für Verbesserung der Rechtspflege gesorgt wird. Wie zu
Benares, so bestehen in Agra, Delhi, Pnnah *c. große Lehrinstitnte für Pundits. Die
Universitäten zu Kalkutta, Madras und Bombay, die hauptsächlich die europäischen
Studien ins Auge fassen, gedeihen; die orientalische Universität zu Lahore,
welche ohne Znthnn der Engländer von Juderu und zwar auf Anregung eines
Deutschen (Dr. Leitner) gegründet worden ist und von ihnen erhalten wird, ist be-
stimmt, für gauz Indien neuen Anfschwnng in das Studium der asiatischen Sprachen
und Wissenschaften zu bringen. Die Agitation, welche ins Leben trat, um das weib-
liche Geschlecht in Indien einer höhern Bildung und damit einer würdigeren häus-
lichen und gesellschaftlichen Stellung theilhaftig zu machen, hat den besten Fortgang.
Die Muhammedaner haben in Bengalen eine ausschließlich muselmännische Akademie,
welche allmonatlich eine Sitzung in Kalkutta oder Alignr hält und bereits über 400
Mitglieder zählt. Anderseits blüht zu Battikaloa in Ceylon eine christliche Hoch-
*) Die neulich?, durch England allerdings theilweise mitverschnldete Rebellion der
indischen einheimischen Regimenter oder Sipahis, zu deren Überwältigung man eben
so sehr die Inder als die Engländer beglückwünschen kann, hat nnr zu Beseitigung
einiger Uebel stände wie zu stärkerer Befestigung der brittischeu Herrschaft geführt.
TM Hauptwörter (50): [T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel]]
TM Hauptwörter (100): [T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium], T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe]]
TM Hauptwörter (200): [T20: [Indus Stadt Ganges Gang Hauptstadt Land Siam Indien Fluß Strom], T159: [Bewohner deutsche Bevölkerung Sprache Neger Volk Jude Einwohner Stamm Land], T165: [Kunst Wissenschaft Handel Gewerbe Bildung Land Stadt Schule Zeit Volk], T99: [Stadt Verwaltung Provinz Gemeinde Beamter Kreis König Spitze Land Angelegenheit], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital]]
Extrahierte Ortsnamen: Asien England Indien Kalkutta Bombay Benares Agra Kalkutta Madras Bombay Lahore Juderu Indien Indien Bengalen Kalkutta Ceylon England
365
Asien — China.
Pfirsiche gedeihen. Bei trockner Kälte finkt sogar das Quecksilber auf Null.
Die große Bai ist mit Inseln besäet. Auf einer derselben liegt die Stadt
Macao, die gegen jährlichen Zins und unter chinesischer Hoheit den Portugiesen
gehört, außer der Haudelswelt auch iu der Lebensgeschichte des portugiesischen
Dichters Camoens berühmt, der hier an seiner Lusiade schuf. Aus mehreren In-
seln ragen Porphyrberge von 1200 bis 3000' empor. Die gegenwärtig wichtigste
ist Hongkong mit der Hafenstadt Victoria. Der Theestrauch (oder Tscha), von
dessen Blättern jährlich 106 Will. Pfd. (blos durch die Engländer 65, durch die
Nordamerikaner 34, und auf dem Landwege zu Kiachta durch die Russen 7 Mill.
Pfd.) abgeholt werden, wächst nicht in der Umgegend Kantongs, sondern weiter-
nördlich , wie auch im Innern Chinas, besonders zwischen 27 und 31° der Breite
und auf einem Boden, dessen Unterlage entweder aus verwittertem Granit oder
aus Schiefer besteht. — Der südlichste Theil Chinas ist die im Innern von
einem wildfreien Bergvolke und nur an der Küste von Chinesen bewohnte große
Insel Hainau. — Unter den volkreichen Städten im Innern Chinas merken
wir noch den reichen Handelsort Wutschangfu mit Mill. Einw. am Jantse
unweit großer Theepflanzungen.
Die Staats- und bürgerlichen Einrichtungen Chinas sind sehr
und über Gebühr geregelt, selbst die geistige Kultur hat ihre unabänderlichen
Formen.
Die Bevölkerung ist theils „hochehrenwerth", nämlich der Adel, so-
wohl der erbliche ehmaliger Fürsten als auch der, welcher persönlich den Staats-
beamten und Gelehrten zukommt — theils „ehrenwerth", nämlich Landwirthe,
Kaufleute und Handwerker. — Hierauf folgt das gemeine Volk, wozu Schau-
spieler, Dienstboten, Taglöhner k. und als unterste Stufe Heimatlose und Land-
streicher gerechnet werden.
Gelehrsamkeit steht in hoher Achtung. Es gibt Elementar - und Kreis-
schulen, und in den Provinzial-Hauptstädten höhere Lehranstalten, wo unterm
Vorsitz kaiserlicher Commissäre eine Art Baccalaureat ertheilt wird. Oben steht
das kaiserliche Seminar zu Peking, von wo Professoren und höhere Staatsbeamte
ausgehen. Hat einer hier das Staatsexamen, dem der Kaiser selbst vorsitzt, und
wozu sich oft 5000 junge Männer melden, glücklich bestanden, so kann er durch
höchstes Diplom zum Zinze d. h. zur Staatsperson werden und ist zu den
besten Stellen fähig. Alle 3 Jahre beglückt dies 270 Personen. Die 3 vorzüg-
lichsten Zinze erhalten den Titel Schüler des himmlischen Sohns. Wer
vom Examen als Zinze in seine Heimat zurückkehrt, wird festlich von Verwandten
und Freunden empfangen und beschenkt. Au der Spitze aller Gelehrsamkeit
glänzt in der Residenz eine Akademie der Wissenschaften, Garten der
Gelehrsamkeit genannt, in verschiedenen Abtheilungen, die sich mit der
Reichsgeschichte, mit Redaction der Staatszeitung, mit der Reichsstatistik, mit
Abfassung des privilegirten millionenfach abzudruckenden Kalenders, mit der
Wetterprophezeihung rc. beschäftigen. Uebrigens kann sich ihr Wissenschaft-
liches Leben trotz aller Schulen nicht mit dem unsrigen vergleichen, es ist so
engherzig auf das Herkömmliche und Vorgeschriebene beschränkt, daß von freiem
TM Hauptwörter (50): [T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan], T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T186: [Stadt Insel Hauptstadt Tunis Handel Afrika Land Hafen Küste Algier], T165: [Kunst Wissenschaft Handel Gewerbe Bildung Land Stadt Schule Zeit Volk], T20: [Indus Stadt Ganges Gang Hauptstadt Land Siam Indien Fluß Strom], T199: [Universität Berlin Bibliothek Leipzig Schloß München Jahr Museum Schule Gymnasium], T98: [König Jahr Mitglied Verfassung Regierung Republik Präsident Kammer Gewalt Staat]]
Extrahierte Personennamen: Kantongs
Extrahierte Ortsnamen: China Macao Hongkong Victoria Chinas Chinas Chinas Peking
372
Asien — Tibet, Butan.
Merkwürdig ist es, daß sich die Tibetaner, ehmals nur dem Dalai Unter-
than, in neuerer Zeit die chinesische Oberhoheit gefallen ließen. Wahrscheinlich
steht sich das Volk nicht übel dabei, da die Chineser, ohnedem von gleicher Re-
ligion . größere Ordnung in die Verwaltung, besonders in die Rechtspflege ge-
bracht, und nur eine sehr mäßige Steuer erheben. Auch ehrt der Kaiser den
Dalai, dem er bedeutende Einkünfte gelassen, durch jährliche Gesandte, und läßt
stets mit Zuziehung des Dalai die Beamten auswählen. Daß chinesische Trust-
pen hiebei dem Willen des Kaisers gehörigen Nachdruck geben, versteht sich von
selbst; so liegt z. B. eine Stunde nordwärts von Hlassa ein Reiterhaufe von
3000 Mann in eignen Kasernen, die man im I. 1733 errichtete. Uebrigens
gehen auch jährlich Geschenke von Putala an den Pekinger Hof, und von
allerlei Art, silberne Obelisken, Heiligenbilder, wohlriechende Stäbchen, Rosen-
kränze, gedruckte Andachtsbücher mit Goldschrift, Glücksprophezeiungen, und der-
gleichen mehr.
5. Butan — ein Gebrrgsland im Himalaya, dünn bewohnt, mit etwa
1 Million Menschen, und zinsstflichtig dem Kaiser. Von gleicher Herkunft und
Religion wie die Tibetaner, stehen sie auch unter einem Hohenpriester, dem
Dharma Lama im Klosterorte Tassisudon; indeß haben sie noch einen halb
weltlichen Herrn, den Daeb Rajah. In Tassisnoon wohnen 1000 Ghilongs.
Das Hauptgebäude daselbst hat 7 Stockwerke, worin zu oberst das Buddha-Idol
unter einem Baldachine thront; im 6. und 5. Stockwerke befindet sich die Be-
hausung des Dharma, und unter ihm im 4. der Daeb, der aber noch 5 Meilen
davon zu Panukka eine Winterresidenz, ebenfalls mit Tempeleinrichtung besitzt.
— Die Butaner sind meistens arm. Nur die zahlreichen Mönche, die Beamten
und Kriegsleute sind im Besitze des Bodens und der Gewerbe; das Volk hat
kein Eigenthum.
6. Klein Tibet. So heißt der westlichste Winkel Tibets zwischen dem
Dsung Lin, Belur, Hindukuh und Himalaya. Es ist theils furchtbarwildes
Ouellenland des Indus, theils arme Hochebene, wo jedoch feinwollige Schafe
gedeihen, deren Haar dem der tibetanischen Ziege beinahe gleich kommt und
herrlichen Stofi zu Shawls ins benachbarte Kaschmir liefert.
Klein Tibet umfaßt: 1) den buddhistischen Staat Ladak, der sowohl nach
China als nach Lahore zinspflichtig ist. Den vorzüglichsten Wollmarkl hat der
Hauptort L e h, wohin Handelsleute aus Hlassa, Jarkend und Kaschmir kom-
men. — 2) Kleine unabhängige Landschaften mit gemischter meist dem Islam
ergebener Bevölkerung. Sie stehen unter Häuptlingen, deren einer als Schah
von Baltistan in Skardo am Indus wohnt.
7. Sulu und Borneo — 2 lehnpflichtige Staaten mit etwa 1100000
Bew. im südöstlichen Archipele. Der von Sulu besteht aus Iuseln und einem
gegenüber gelegenen Stücke Borneos; schon seit Jahrhunderten entrichtet der
König einen Tribut nach Peking. Der von Borneo liegt auf der Nordseite der
gleichnamigen großen Insel und hat eine Bevölkerung die aus buddhistischen
Malaien und Chinesen gemischt ist. Der König leistet Lehnshuldigung und
Tribut.
TM Hauptwörter (50): [T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T17: [Meer Fluß Gebirge Land Hochland See Halbinsel Osten Norden Süden], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
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