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sehr mild. Nur in sumpfigen Gegenden herrscht ungesunde Lust, und hier wü-
thet zuweilen das furchtbare gelbe Fieber. Man baut alle europäischen Obst-
arten, Baumwolle, Reiß, Getreide, Zucker und vorzüglich Tabak. In den
ungeheuren Wäldern leben viele Pclzthiere und viel Wild. Von den schädlichen
und lästigen Thieren erwähnen wir die Klapperschlange und die Muskitos.
In Carolina und vorzüglich in Californien findet man eine ungeheure Menge
Gold, in den Gegenden des Misfisippi viel Eisen, Kupfer und Blei. Die See-
küsten sind reich an großen, natürlichen Häfen.
Die südlichen Staaten haben Sklaven; es sind dies Neger oder Schwarze,
welche durch den schändlichen Menschenhandel aus Afrika zu Arbeitern in den
Plantagen eingeführt wurden. Zur Ebre der Menschheit wird dieser abscheu-
liche Handel jetzt immer mehr beschränkt. Handel, Fabriken und Gewerbe be-
schäftigen den britischen Kolonisten; der Deutsche ist der tüchtigste Landbauer
und Handwerker. Er zeichnet sich durch Fleiß, Ordnungsliebe und Genügsam-
keit aus. Die Regierungsverfassung verbindet jetzt,einunddreißig verschiedene,
von einander völlig unabhängige Staaten und mehrere Distrikte zu einem
Ganzen, und zwar durch den Congreß, welcher sich aus Abgeordneten der
sämmtlichen Staaten bildet. An der Spitze steht der auf vier Jahre erwählte
Präsident, welcher die vollziehende Gewalt hat. Die Union zählt jetzt über 25
Millionen Einwohner auf 140,000 Quadratmeilen. Ihre Landessprache ist
die englische.
32. E i n P r a i r i e b r a n b.»
Der lieblichste Spätherbst hatte eine Anzahl Reisender eingeladen, in der
Prairie von den Pferden zu steigen und bei einem Mittagsmahle, aus einem
köstlichen Büffelrücken bestehend, einige Stunden behaglicher Ruhe zu pflegen.
Die Natur selbst scheint eine Feierstunde zu halten. Ueber das unermeßliche
goldene Meer der gelb gewordenen Prairiegräser und Blumen streift ein kaum
merklicher Westwind, und das gegenseitige Neigen der Stengel scheint ein ver-
trauliches Getose derselben zu bewirken. Die ganze unermeßliche Prairie liegt
schweigend, als ob sie raste oder Mittagsruhe halte, während das majestätische
Gestirn des Himmels, bereits den Scheitelpunkt seines Laufes hinter sich,
nach dem Westen sich neigt. Gemüthlich plaudern die Jäger oder Reisenden
von der Jagd auf den Prairien und den Gefahren, die sie bestanden; sieh',
da werden ihre Pferde auf einmal unruhig, toll und suchen mit aller Gewalt
sich loszureißen von dem Lasso und zu entfliehen. „Auf, auf!" ruft der erfah-
rene Gabriel, „auf, ihr Freunde! Schnell die Pferde gesattelt! Retteteuer
Leben! Die Prairie steht in Flammen, und die Büffel jagen gegen uns
heran !"
Da waren keine Worte zu verlieren; Alle sprangen auf; es galt das
Leben! Nur die schnellste Eile kann reiten. In einer Minute sind die Pferde
gesattelt; in der zweiten jagen die Reiter schon über die Prairie hin. Es be-
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann]]
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Extrahierte Personennamen: rene_Gabriel
Extrahierte Ortsnamen: Carolina Californien Afrika Congreß
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ewig blühenden Himmel und herab auf die fülle, reine, weiße Erde, worauf
jetzt Niemand so freuden- und schlaflos war, als er. Denn sein Grab stand
nahe bei ihm; es war bloß vom Schnee des Alters, nicht vom Grün der
Jugend bedeckt, und er brachte aus dem ganzen, reichen Leben Nichts mit, als
Irrthümer, Sünden und Krankheiten, einen verheerten Körper, eine verödete
Seele, die Brust voll Gift und ein Alter voll Reue. Seine schönen Jugend-
tage wandten sich heute als Gespenster um und zogen ihn wieder vor den hol-
den Morgen hin, wo ihn sein Vater zuerst auf den Scheideweg des Lebens
gestellt hatte, der rechts, auf der Sonnenbahn der Tugend, in ein weites,
ruhiges Land voll Licht und Aernten und voll Engel bringt, und welcher links
in die Maulwurfsgänge des Lasters hinabzieht, in eine schwarze Höhle voll
heruntertropfeuden Giftes, voll zischender Schlangen und finsterer, schwüler
Dämpfe. Ach, die Schlangen hingen um seine Brust und die Gisttropfen auf
seiner Zunge, und er wußte nun, wo er war.
Sinnlos und mit unaussprechlichem Grame rief er zum Himmel hinauf:
„Gib mir diejugend wieder, o, Vater; stelle mich auf den Scheideweg wieder,
damit ich anders wähle.!" Aber sein Vater und seine Jugend waren langst
dahin. Er sah Irrlichter auf Sümpfen tanzen und ans dem Gottesacker er-
löschen, und er sagte: „Es sind meine thörichten Tage!" Er sah einen Stern
aus dem Himmel fliehen und im Fallen schimmern und auf der Erde zerrin-
nen. „Das bin ich!" sagte sein blutendes Herz, und die Schlangenzähne der
Reue gruben darin in den Wunden weiter. Die lodernde Phantasie zeigte ihm
fliehende Nachtwandler auf den Dächern, und die Windmühle hob drohend
ihre Arme zum Zerschlagen auf, und eine im leeren Todtenhause zurückge-
bliebene Larve nahm allmählig seine Züge an.
Mitten in dem Kampfe floß plötzlich die Musik für das Neujahr vom
Thurme hernieder, wie ferner Kirchengesang. Er wurde sanfter bewegt. Er
schaute um den Horizont herum und über die weite Erde, und er dachte an
seine Jugendfreunde, die nun glücklicher und besser, als er, Lehrer der Erde,
Väter glücklicher Kinder und gesegneter Menschen waren, und er sagte: „O,
ich könnte auch, wie ihr, diese erste Nacht mit trockenen Augen verschlummern,
wenn ich gewollt hätte! Ach, ich könnte glücklich sein, ihr theuren Eltern,
wenn ich eure Neujahrswünsche und Lehren erfüllt hätte!" Im fieberhaften
Erinnern an seine Jünglingszeit kam es ihm vor, als richte sich die Larve mit
seinen Zügen im Todtenhause auf; endlich wurde sie durch den Aberglauben,
der in der Neujahrsnacht Geister der Zukunft erblickt, zu einem lebendigen
Jünglinge. Er konnte es nicht mehr sehen; er verhüllte das Auge; tausend
heiße Thränen strömten versiegend in den Schnee; er seufzte nur noch leise,
trostlos und sinnlos: „Komm' nur wieder, Jugend, komm' wieder!"
------Und sie kam wieder: denn er hatte nur in der Neujahrsnacht so
fürchterlich geträumt. Er war noch ein Jüngling; nur seine Verirrungen
waren kein Traum gewesen. Aber er dankte Gott, daß er, noch jung, in den
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15. Die Posaune d es Gerichts.
Grade dort, wo die Gemarkungen zweier Gemeinden sich scheiden, mitten
im Walde wurde in der Frühlingsnacht zur Zeit des Vollmonds eine schreck-
liche That vollbracht. Ein Mann durchsuchte die Taschen und den Reisesack
einer Leiche und steckte Alles zu sich, was er fand. Dann nahm er den Todten
auf die Schulter, um ihn an den Strom, der in der Nähe vorbeifloß, binabzu-
tragen und dort zu versenken. Plötzlich blieb er stehen, keuchend unter der
schrecklichen Last. Der Mond warf sein sanftes Lickk durch die Stämme, und
es war ihm, als ob auf den Strahlen des Mondes die Töne eines herzzerrei-
ßenden Liedes getragen würden. Ganz nahe blies ein Posthorn die Weise
des Liedes: „Denkst du daran!" Dem Tragenden war's, wie wenn die Leiche
auf seinen: Rücken lebendig würde und ihn erwürgte. Schnell warf er die Last
ab und sprang davon, immer weiter und weiter. Endlich, am Strome, blieb
er stehen und lauschte. Alles war still, nur die Wellen flössen schnell dahin, als
eilten sie fort von dem Mörder. Diesen beunruhigte es jetzt, daß er die Spuren
seiner That nicht vertilgt habe, und er ärgerte sich, daß bloße Furcht ihn fort-
trieb. Er eilte nun zurück, lief hin und her, bergauf und bergab; der Schweiß
rann ihm von der Stirne; denn es war ibm, als ob er Blei in den Gliedern
hätte. Mancher Nachtvogel flog flatternd auf, wenn er so durchs Dickicht
drang; aber nirgends fand er das Gesuchte. Er hielt an, um sich zurecht zu
finden, um sich die Gegend genauer zu vergegenwärtigen; aber kaum war er
drei Schritte gegangen, so war er wieder in der Irre. Alles flimmerte zuletzt
vor seinen Augen, und cs war ihm, wie wenn die Bäume auf - und nieder-
wandelten und ihm den Weg verstellen wollten. Der Morgen brach endlich an;
die Vögel schwangen sich ans und sangen ihre Hellen Lieder; vom Thale und
aus den Bergen hörte man Peitschen knallen. Der Mörder machte sich eiligst
davon.
Die Leiche wurde gefunden und nach dem Dorfe gebracht, in dessen Ge-
ntarkung sie lag. An der rechten Schläfe trug der entseelte Körper Spuren
eines Schlages, wie von einen: scharfen Stein. Kein Wanderbuch, kein Kenn-
zeichen war zu finden, aus dem man die Herkunft des Entseelten entnehmen
konnte. Auf dem Kirchhofe, der neben der Kirche hoch öden auf dem Hügel
liegt, an dessen Fuß die Landstraße, in Felsen gehauen, sich vorüber zieht,
sollte nun des andern Tages der todte Frenide begraben werden. Eine un-
zählige Menge Menschen folgte dem Zuge. Sie waren aus allen benachbarten
Dörfern gekommen; Jeder wollte seine Unschuld/ seine Trauer und seine Theil-
nahme bekunden. Still, ohne laute Klage, nur mit tiefem Weh im Herzen,
bewegte sich der Zug den Berg hinan.
Der Geistliche hielt eine ergreifende Rede. Zuerst redete er den Entseelten
an und sprach: „Aus dem Wege bist du gefallen. Wer weiß, wohin dein Herz
sich sehnte, welches Herz dir entgegen schlug. Möge der, der Alles kennt und
Alles heilt, Rühe und Frieden in die Seelen der Deinigen senden. Unbekannt
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