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1. Geschichte des Mittelalters - S. 61

1867 - Mainz : Kunze
Vom Untergang des weströmischen Reichs bis zur Erneuerung rc. 61 spielen und Carls Tochter Emma in der Musik unterrichten. Einst musicirten Emma und Eginhard, welche sich liebten, noch spät am Abend. Da frischer Schnee gefallen war, welcher zum Verräther hätte werdev können, wenn Eginhard über den Hof nach Hause gegangen wäre, so nahm Emma, aus Besorgniß den Vater zu erzürnen, wenn er Eginhards späten Besuch vernehme, den geliebten Freund und Lehrer- auf den Rücken und trug ihn über den Hof. Aber Kaiser Carl pflegte -des Nachts öfter auszustehen und am Fenster zu sehen. Eben als Emma mit Eginhard unter seinem Fenster vorbeiging, erblickte der Vater beim hellen Mondschein den seltsamen Zug. Am andern Tage ließ Carl Beide vor sich kommen, gab ihnen einen Verweis wegen ihrer Unbe- sonnenheit und ließ sie darnach trauen. Carl war von hervorragender Größe. Seine Gestalt bot, er Carls körper mochte sitzen oder stehen, eine höchst würdige, stattliche Erscheinung. Er tidj^a®e^en hatte einen festen Gang, eine durchaus männliche Haltung, eine helle Stimme und ein freundliches Gesicht. Durch seine einfache, regelmäßige Lebensweise wurde seine an sich schon ungewöhnliche Körperkraft nur noch erhöht, und es war ihm ein Leichtes, ein Hufeisen zu zerbrechen, einen geharnischten Mann wie ein Kind emporzuheben und schwere Lasten zu tragen. Er hatte drei Söhne, Carl, Pipin und Ludwig; nur der jüngste überlebte den Vater. Als Carl 813 auf einer Jagd in einer Schwäche der Füße die Vorboten des nahen Todes ahnete, berief er die Großen des Reiches nach Aachen und enipfahl ihnen seinen Sohn Ludwig als Nachfolger, legte diesem die heiligen Pflichten eines Regenten ans Herz und ermahnte ihn, Gott zu fürchten und seine Gebote zu halten, seine Verwandten zu lieben und seinem Volke mit einem tugendhaften Lebenswandel voranzugehen. Am 20. Januar 814 ward Carl von einem heftigen Fieber über- Sein Tod fallen; er wollte sich mit seinem gewöhnlichen Heilmittel, mit Fasten, be- helfen, allein sein Körper ging der Auflösung entgegen. - Am siebenten Tage seiner Krankheit empfing er das heilige Abendmahl und am folgenden Morgen verschied er. Mit sterbender Hand machte er über Stirn und Brust das Zeichen des Kreuzes, faltete die Hände und sprach leise mit geschlossenen Augen: „Vater! in deine Hände befehle ich meinen Geist." 8. 16. Die Frauen in dem ersten Zeitabschnitt des Mittelalters. In der ersten Periode des Mittelalters mußte durch die Einfälle barbarischer Völker die Cultur des Abendlandes mit den, Untergange ®fjj teig weströmischen Reiches sinken, und der kriegerische Geist jener Zeit,

2. Geschichte des Mittelalters - S. 84

1867 - Mainz : Kunze
Zweite Periode des Mittelalters. erst dann den Purpur und die Tiara anzulegen, wenn er durch die Wahl der Bischöfe der Nachfolger Petri geworden fei. Und erst nach- dem Alles so vollbracht war, betrachtete sich Bruno als rechtmäßigen Papst und hieß seitdem Leo !X. 3. Heinrich Iv. (1056 — 1105.) Der minder- Heinrich Ul. war erst 39 Jahre alt, als er 1056 nach kurzer Hein^tch^iv. Rankheit unweit Quedlinburg verschied. Er hinterließ seinem sechs- jährigen Söhnchen Heinrich Iv. den Thron, dessen Mutter Agnes, die edle, verständige und lebensfrohe Tochter des Herzogs Wilhelm von Aquitanien, die Leitung des Reiches bis zu Heinrichs Iv. Volljährigkeit übernehmen sollte. Ihr standen ansatigs der Papst und nach ihm der Bischof von Augsburg treulich bei. Um die durch Heinrichs Ul. Strenge aufgebrachten Fürsten zu gewinnen, ertheilte ihnen Agnes Länder und Rechte, die ihr Gemahl ihnen vorenthalten hatte, insbesondere dem Grasen Otto von Nordheim das Herzogthum Baiern, Schwaben dem Grasen Rudolph von Rheinfeldeu und Kärnthen dem Berthold von Zähringen. Allein sie erreichte ihren Zweck nicht. Mehrere Fürsten fühlten sich zurückgesetzt, namentlich der Erzbischof Hanno von Cöln, ein gelehrter, frommer und strenger Herr, aber stolz und ehrgeizig, einfach und herrschsüchtig, der Erzbischof von Mainz, Graf Ekbert von Braunschweig und Otto von Nordheim; sie hielten es für unerhört, daß eine Frauenhand die Zügel des Reiches führe. Die mißvergnügten "Mutter" Fürsten beschlossen, den jungen König seiner Mutter zu rauben. Heuch- geraubt. lerisch lud Hanno die Kaiserin ein, zu Ostern (1062) ihr Hoflager in Kaiserswerth am Rhein zu halten. Die Einladung ward ange- nommen. Während sich Agnes eines Tages in fröhlicher Sorglosigkeit den Freuden der Tafel überließ, lockte man den jungen König auf eine prachtvolle Nacht Hannos. Kaum hatte Heinrich das verrätherische Schiff bestiegen, um das Innere desselben zu betrachten, so flog es pfeilschnell stromabwärts. Heinrich schrie laut nach seiner Mutter, sprang über Bord und wäre sicher ertrunken, wenn ihm nicht Ekbert von Meißen mit eigner Lebensgefahr gefolgt wäre. Man brachte den königlichen Knaben wieder auf das Schiff und behielt ihn trotz aller Bitten der Mutter im bischöflicheu Palast zu Cöln. Agnes ging nach Italien und brachte ihre Tage in Kummer und Klagen hin. Die Bischöfe Hanno erzog den jungen Kaiser zur Einfachheit und Nüchternheit, Gbtucn 3ur Thätigkeit, zur Bescheidenheit und zur Achtung der Rechte des deutschen Volkes und der Fürsten. Allein seine Regentschaft mußte wegen vieler Gewaltthätigkeiten und Willkürlichkeiten, welche er sich

3. Theil 2 - S. 58

1867 - Breslau : Max
56 Mittlere Geschichte. 2. Periode. Deutschland. herbei. Die Kriegsleute beichteten einander, da es an Geistlichen gebrach, ihre Sünden, und Jeder vergab dem Andern, was er zu vergeben hatte, damit der Himmel auch seiner Schuld nicht gedenken wolle. Da trat Otto hervor: „Seht den Feind!" rief er; „er vertraut aus seine Kühnheit, wir aber auf den Schutz des Himmels!" Dann fiel er, Angesichts des Heeres, auf seine Kniee, bekannte dem Himmel laut seine Schuld und flehte ihn um den Sieg an. So brach er auf den Feind ein, der nach wü- thender Gegenwehr endlich auch hier, auf beni Lechfelde bei Augsburg, eine große Niederlage erlitt. Die meisten Ungern wurden erschlagen, manche erst auf der Flucht, gefangen nur we- nige. Die Erbitterung der Deutschen vergaß, an den wehrlosen Gefangenen Großmuth zu üben. Zwei der Hauptanführer der Ungern, die den Deutschen in die Hände fielen, wurden gehenkt, manche Gefangene gar lebendig in große Gruben geworfen und so begraben! — eine schauderhafte Barbarei, die ohne Otto's Vorwissen geschah. Als die Ungern davon hörten, ergrimmten sie so, daß sie aus Rache alle noch in ihrem Lande lebende ge- fangene Weiber und Kinder, an 20,000, ermordeten. So erzeugt eine Unmenschlichkeit die andere. Folgende zwei Züge zeigen, wie edeldenkend Otto war. Seine Mutter, Mathilde, war eine brave Frau, aber eine schlechte Wir- thin; besonders pflegte sie, nach den damaligen Begriffen von Frömmigkeit, die Kirchen und Klöster so reichlich zu beschenken, daß ihr Sohn sich endlich bewogen fühlte, ihr die freie Bestim- mung über ihre Ausgaben zu nehmen. Die alte Frau fühlte sich dadurch sehr gekränkt; das hatte sie von ihrem Sohne nicht erwartet. Damals lebte noch Otto's erst Frau Edith. Kaum erfuhr die gute Frau die Betrübniß ihrer Schwiegermutter, als sie gleich zu ihrem Gatten eilte, ihm sein Unrecht liebreich vor- stellte und nicht eher abließ, bis er ihr versprach, die Beschrän- kung aufzuheben und die Mutter um Verzeihung zu bitten. Diese freute sich, als sie ^ von der Veränderung ihres Sohnes hörte, so, daß sie sich gleich aufmachte, um ihn zu besuchen. Als er erfuhr, daß sie käme, reiste er ihr entgegen, sprang, sobald er sie erblickte, vom Pferde, fiel vor ihr aufs Knie nieder und rief: „O ehr- würdige Mutter, lege mir eine Strafe auf, welche du willst, aber verzeihe mir! Seitdem ich dich gekränkt, habe ich keine Ruhe, keinen Seelenfrieden mehr." Die weinende Mutter drückte ihn an ihr Herz, küßte ihn und sprach: „Sei ruhig, mein lieber Sohn!

4. Theil 2 - S. 187

1867 - Breslau : Max
Die heiligc Elisabeth. 185 wurde doch am Hofe des Landgrafen über sie gespottet. Selbst ihre künftige Schwiegermutter, die sonst so liebenswürdige und geistvolle Landgräfin Sophie, war darüber unzufrieden, und es bildete sich bald ein ganzer Verein von Feinden, welche gegen die arme Prinzessin Ränke schmiedeten. „Höre," sa-gte einst die Land- gräfin, „du paßtest besser unter dienende Mägde, als unter herr- schende Fürstinnen." Elisabeth hörte diese und andere Kränkun- gen geduldig an; es betrübte sie zwar, so verkannt zu werden, aber sie tröstete sich mit ihrem reinen Bewußtsein und stellte die Zukunft Gott anheim. Und dieser sorgte auch wirklich für sie. Bisher hatte ihr Verlobter ihr täglich ein kleines Geschenk ge- macht. Einmal unterließ er dies und sogleich benutzten das die Höflinge, sie bei dem Landgrafen zu verleumden; ja, sie waren so boshaft, ihr zu verstehen zu geben, daß er sie nicht mehr liebe. Während ihre heimlichen Feinde so daraus dachten, sie vom Hofe zu entfernen und sie dem jungen Landgrafen zu verleiden, er- weckte ihr Gott einen Freund in der Noth, den edeln Walther von Vargila, der zu der Gesandtschaft, die sie aus Ungarn nach Thüringen begleitet, gehört hatte. Er hatte immer im Stillen ihre ungeheuchelte Frömmigkeit bewundert, und da sie dem alten Manne jetzt ihre Herzensangst klagte, entschloß er sich, für sie zu handeln. Auf einer Reise, die er mit dem Landgrafen machte, näherte er sich diesem und fragte ihn feierlich: „Wozu seid Ihr entschlossen: Euch mit des Königs Andreas Tochter zu vermäh- len, oder sie ihrem Vater zurückzusenden?" Da zeigte Ludwig auf einen Berg, der vor ihnen lag, und sprach: „Siehe diesen Berg! wenn er vom Fuße bis zur Spitze von Gold wäre, so würde ich ihn dennoch verschmähen um meiner verlobten Braut willen. Mögen Andere über sie denken, was sie wollen, ich tiebe meine Elisabeth einmal und ziehe sie allen Andern vor." — „Darf ich ihr das verkündigen?" fragte Vargila — „Thue es," antwortete der Landgraf, „und reiche ihr dies Geschenk." Es war ein doppelter Taschenspiegel, mit einer metallenen Einfassung und dem Bilde des gekreuzigten Jesus geziert. Wie freute sich Elisa- beth über dies Geschenk, noch mehr aber über die Nachricht, von der es begleitet wurde. Die Erklärung des Landgrafen hatte, wie es an Höfen zu geschehen pflegt, das Benehmen der Höflinge plötzlich geändert. Jetzt schwiegen sie und stellten sich wieder freundlich gegen Elisa- beth, die auch, sobald sie l4 Jahre alt war, ihre Vermählung

5. Theil 2 - S. 203

1867 - Breslau : Max
Adolph von Nassau. 201 men wollte, oder den Geruch meiner Felle nicht mehr ertragen könnte." — „Brav! guter Mann," fiel ihm Rudolph in die Rede „bleibe so fleißig und vernünftig." — Stolz und Uebermuth wa- ren dem Kaiser in den Tod zuwider. Er selbst trug in der Re- gel nur ein graues Wamms, und da dies einmal zerrissen und Niemand bei der Hand war, der es ihm hätte flicken können, so that er es selbst, um zu zeigen, daß Arbeit auch den Höch- sten nicht schände. Achtzehn Jahre lang regierte der treffliche Habsburger über Deutschland und hatte die Freude, noch vor seinem Tode zu se- hen. daß das Reich viel beruhigter und geordneter war als vor- dem. Den Kummer hatte er noch kurz vor seinem Ende, daß die Kurfürsten nicht seinen ältesten Sohn, Albrecht, zu seinem Nach- folger wählen wollten. Vielleicht wurde auch sein Tod, der 1291 erfolgte, dadurch beschleunigt. Er saß gerade am Schachbret, als ihm die Aerzte ankündigten, daß er nicht lange mehr leben könnte. „Wohlan!" sprach er gefaßt, „nach Speier, zu den Gräbern der Kaiser!" Aber ehe er noch Speier erreichte, starb er in Germers- heim, 74 Jahre alt. 72. Adolph von Nassau, 1291—98. — Schweizerbund, 1307. — Albrechts 1. Tod, 1308. — Arnold von Winkelricd. 1386. Nach Rudolphs I. Tode wählten die Fürsten den Grafen Adolph von Nassau (1291 — 98), einen tapfern Mann, dem es aber an der nöthigen Macht fehlte, seinen Befehlen Nachdruck zu geben. Er war so unvermögend, daß er nicht einmal die Kosten seiner Krönung den Frankfurtern bezahlen konnte. Aber er war nicht nur arm — ihm gehörte nur ein Theil der Graf- schaft Nassau —, sondern auch ungerecht. Es lebte nämlich da- mals ein Markgraf von Meißen und Landgraf von Thüringen, Albrecht der Unartige, mit seinen beiden erwachsenen Söh- nen Friedrich und Diezmann in Feindschaft und Krieg. Unmöglich konnten sie den Vater achten. Noch als sie Knaben waren, hatte er ihre Mutter Margaretha, eine Tochter Kaiser Friedrichs Ii. verstoßen und sie so gemißhandelt, daß sie durch die Flucht sich retten mußte. Als sie in der Nacht aus der Wart- burg, wo Albrechts Residenz war, flüchtete und von ihren beiden Knaben Abschied nahm, biß sie im Uebermaße des Schmerzes ihren Liebling Friedrich so in die Backe, daß er davon den Beinamen „mit der gebissenen Wange" erhielt. Da nun Albrecht seinem

6. Theil 2 - S. 191

1867 - Breslau : Max
Die heilige Elisabeth. 189 lich gelebt hatte, war ihres Bleibens nicht. Sie eilte wieder fort, vertheilte das ihr gegebene Geld unter die Armen und begab sich nach Marburg, welches der Landgraf ihr zur Wohnung angewiesen hatte. Noch war sie nicht lange da, als eine Gesandtschaft aus Ungarn bei ihr eintraf. Ihr Vater, der König Andreas, hatte von ihrer Noth gehört und ließ sie zu sich einladen. Die Ge- sandten trafen sie, wie sie eben am Spinnrade saß; sie erklärte fest, daß sie in ihrer Niedrigkeit bleiben wolle, und war nicht zu bewegen, mitzuziehen. Auch blieb sie in Marburg bis an ihren Tod, der 1231 erfolgte, und nährte sich von Wollespinnen. Sie erreichte nur ihr 24. Lebensjahr. Daß von einer so frommen Frau viele Wunderthaten er- zählt werden, kann Niemanden nach dem Geiste jener Zeit be- fremden. Wir wollen einige erzählen, die Wahrheit derselben aber auf sich beruhen lassen. Einst ging sie mit einem Korbe voll Lebensmittel von der Wartburg den Berg hinab, um Arme und Kranke zu erquicken. Da begegnete ihr der Landgraf; er fragte sie trotzig (was doch ganz gegen seine Art war), was sie in dem Korbe habe? Erschrocken wagte sie nicht die Wahrheit zu sagen und antwortete: „Blumen!" und als er mißtrauisch den Deckel aufhob, waren wirklich Blumen darin; es war ein Wunder ge- schehen, damit sie nicht Lügen gestraft würde. Als sie noch auf der Wartburg lebte, verschenkte sie oft von ihren Kleidungsstücken an arme Leute; aber siehe da, Engel ersetzten diesen Verlust sogleich und ihr Kleiderschrank wurde nicht leerer. Als sie einst zu Pfingsten nach der Kirche gehen wollte, sprach ein Bettler sie an. Um sich nicht aufzuhalten, gab sie ihm einen ihrer Handschuhe. Ein Ritter kaufte ihn dem Bettler ab, steckte ihn an seinen Helm und wurde dadurch in jedem Kampfe unverwundbar. Einmal hatte sie für das am Fuße der Wartburg gestiftete Hospital eine Menge Töpfe, Tiegel, Schüsseln und Teller gekauft und sandte sie hinab. Unterwegs hatten die Träger die Un- geschicklichkeit, das zerbrechliche Geräth gegen einen Felsen zu sto- ßen, und glaubten, Alles sei zertrümmert. Aber siehe! kein ein- ziges Stück war zerbrochen. Einst kam ein Kranker nach der Wartburg und bat um ein Gericht Fische, zu denen er einen ganz besonderen Appetit habe.

7. Theil 4 - S. 21

1862 - Breslau : Max
Die Föderieren. Gefangennebmung der königlichen Familie. 21 ruhen. Die Cordeliers stifteten darum nun einen Volksaufstand an, um dennoch ihren Zweck zu erreichen. Am Abend des 9. August wurde die Sturmglocke geläutet. Der Aufruhr wälzte sich von den Vorstädten St. Antoine und St. Marceau, wo das schlechteste Gesindel wohnte, nach den Quartieren der Föderirten, die sich mit jenen vereinigten. Von da stürmten sie nach den Tuilerien. Hier war man nicht un- vorbereitet. Die Schweizersoldaten waren zur Gegenwehr ent- schlossen, und viele Bürgergarden waren zugegen, die das Schloß zu vertheidigen beschlossen hatten. Selbst der feige Pethion war da und gab sich das Ansehen, als wache er über die Erhaltung der Ordnung. Aber das war nur Schein; denn er hatte dafür gesorgt, daß alle Vertheidigungsanstalten unnütz wären. Am Morgen des 10. August 1792 wurde das Schloß von dem be- waffneten Pöbel angegriffen. Jetzt verschwand Pethion und ließ sich von seinen Freunden arretiren, damit er für nichts ver- antwortlich zu sein brauchte, und als nun die Gefahr am größten war, fand sich Niemand, der Befehle geben konnte; denn Pethion war nicht da, und den Befehlshaber der Nationalgarde, einen wohlgesinnten und zur Vertheidigung entschlossenen Mann, hatte man aufs Rathhaus gelockt und ihn dort ermordet. Dennoch wäre gewiß der feige Pöbel von den braven Schweizern zurück- geschlagen worden, hätte nicht der König ausdrücklich alles Schießen untersagt. Jetzt erschien Röderer, eine Magistratsperson, und stellte dem Könige vor, die Gefahr übersteige alle Vorstellung; der König und alle die Seinigen würden unfehlbar ermordet werden, wenn er sich nicht in den Saal der Nationalversammlung rettete, welche in einem Pavillon des Tuileriengartens ihre Sitzung hielt. Dagegen erklärte sich die Königin mit Heftigkeit, weil sie glaubte, man wolle nur den König von seinen treuen Vertheidigern trennen. Da trat Röderer mit funkelnden Augen vor sie hin. „Madame," sprach er, „die Augenblicke sind kostbar. Zaudern Sie noch eine Minute, noch eine Secunde, so ist es unmöglich, für das Leben des Königs, für das Ihrige und das Ihrer Kinder zu stehen." Diese Worte machten Eindruck. „Nun gut!" rief die Königin mit dem Ausdrucke des tiefsten Schmerzes, „so müssen wir denn auch noch dies letzte Opfer bringen!" So zogen der König, die Königin, Madame Elisabeth und beide Kinder durch die lange Reihe von Zimmern zum Schlosse, welches sie nie wieder gesehen haben, hinaus nach dem Saale

8. Theil 4 - S. 53

1862 - Breslau : Max
Bonaparte. Roin als röm. Republik. 53 die ganz Europa überraschte. Doch davon nachher, wenn wir erst erzählt haben werden, was bis zum Jahre 1799 in Europa vorgegangen war. Gleich nach dem Frieden von Campo Formio starb Friedrich Wilhelm Ii., König von Preußen. Er hatte die Hoffnungen, mit denen man ihn auf den Thron seines großen Vorgängers steigen sah, nicht erfüllt. Da er von Natur schwach und ver- gnügungssüchtig war, so bemächtigten sich seiner bald ränkevolle Weiber und Günstlinge, und verleiteten ihn zu vielen Verirrun- gen und Geldausgaben, welche den Geldverhältnissen des Staats schädlich waren. Er starb am 17. November 1797. Sein ältester Sohn, Friedrich Wilhelm 111., bestieg nun den Thron (1797 —1840). Gleich seine ersten Schritte zeigten, wie sehr er Willens war, seine Unterthanen recht glücklich zu machen. Doch, wieder auf Frankreich zu kommen, so wurde aus der Landung in England.nichts; vielleicht hatten die Franzosen durch die großen Anstalten nur die Augen der Völker von Toulon abwenden wollen. Dagegen zeigte das Directorium, wie wenig ihm das Völkerrecht heilig sei. Der damalige Papst Pius Vi. hatte durch schwere Opfer den Frieden mit Frankreich erkauft, um nur sein Land zu behalten. Aber das Directorium war lüstern danach und benutzte einen Vorwand, es ihm wegzunehmen. Es entstand, vermuthlich aus Anstiften der Franzosen, ein Volks- tumult in Ronl, wobei die Wohnung des französischen Gesandten, Joseph Bonaparte's, eines Bruders Napoleons, etwas beschädigt und ein französischer General durch seine eigene Unvorsichtigkeit erschossen wurde. Gleich verließ Joseph zum Zeichen der Feind- seligkeit Rom. Die Entschuldigungen des erschrockenen Papstes wurden nicht gehört, ein Heer nach dem Kirchenstaat gesandt und dieser nebst Rom in Besitz genommen. Nun erklärten die Franzosen im Februar 1798 Rom für eine römische Republik und führten den alten, schwachen Papst mit Gewalt nach Frank- reich, wo er im August 1799 in Valence starb. Nicht besser verfuhr das Directorium mit der Schweiz. Auch hier waren Parteiungen entstanden. Einige wollten die alte Verfassung behalten, Andere wünschten eine der französischen ähnliche. Das sahen die Franzosen mit Vergnügen und beschlossen gleich, daraus Vortheil zu ziehen. Sie gaben vor, sie müßten sich ihrer Freunde in der Schweiz annehmen, und rückten ein. Zwar wurden nun alle Eidgenossen zur Vertheidigung ausgerufen;

9. Theil 4 - S. 36

1862 - Breslau : Max
36 Neueste Geschichte, i. Periode. Frankreich. kleinen Districte längs dem Atlantischen Meere zwischen den Mün- dungen der Garonne und Loire. Das hier wohnende arme Völk- chen, welches schon bisher mit Schauder die neuen Umwälzungen in Paris aus dem Munde der dort in einfachen, ehrenwerthen Sitten lebenden Edelleute und Geistlichen erfahren hatte, ergriff bei der Nachricht von der Hinrichtung seines geliebten Königs die Waffen, und so entzündete sich hier ein Bürgerkrieg, der viele Jahre mit äußerster Wuth zwischen den Vendeern und Republi- kanern geführt wurde. Aber auch im ganzen übrigen Europa fühlte man tiefen Abscheu über das große Verbrechen. Alle Für- sten riefen sogleich ihre Gesandten ab, und ganz Europa, Däne- mark, Schweden und die Türkei ausgenommen, bekriegte ein Volk, welches sich von allen Grundsätzen der Rechtlichkeit losgesagt hatte. Aber je allgemeiner der Krieg gegen Frankreich wurde, desto heftiger erhob sich auch im Convente der Kampf zwischen beiden Parteien. Da sich die Jacobiner auf die höchsten Bänke des amphitheatralisch gebauten Saales zu setzen pflegten, die Girondisten aber auf den untern saßen, so nannte man jene den Berg, diese das Thal. Jener hatte den Plan, den nichtswür- digen Orleans, der sich jetzt, um dem Pöbel zu schmeicheln, nicht mehr Herzog, sondern Orleans-Egalitö nannte, als Dictator an die Spitze der Republik zu stellen, und da die Girondisten wider- sprachen, so hatten schon die Jacobiner ihre Maßregeln getroffen, manchmal ihre Kinder und Schwester mit einem Mitleid, welches beben machte. Glücklicherweise steigerte der Kummer der inngen Prinzessin deren Krankheit bis zu einem Grade, daß dadurch die starre Berzweiflung der Mutter eine Ableitung erhielt. Man ließ den Doctor Brünier und den Chirurg Lacaze holen, welche die Kranke in Monatsfrist herstellten. — Die Prinzessinnen konnten die Per- sonen, welche ihnen die Trauerkleider brachten, sehen, aber nur in Gegenwart der Mnnicipalbeamten. Die Königin wollte nicht mehr in den Garten gehen, weil sie auf dem Wege dahin an der Thür des Zimmers vorbei kam, welches der König bewohnt hatte und dieser Anblick ihr wehe that; aber damit der Mangel frischer Luft ihren Kindern nicht schade, bat sie Ende Februars, auf die Plateform des Thurmes steigen zu dürfen, was ihr auch gewährt wurde. Man bemerkte in der Stube der Municipalbeamten, daß das versiegelte Paquet, worin sich das Petschaft des Königs, sein Ring und verschiedene andere Gegenstände befanden, erbrochen und seines Inhalts beraubt worden war. Die Beamten waren eine Zeitlang deshalb in Sorge, endlich glaubten sie an einen Diebstahl, weil das Petschaft in Gold gefaßt war. Indeß war die Er- öffnung des Paquets in bester Absicht und auf den Wunsch der Königin aus- geführt worden, welche den Ring und das Petschaft des Königs seinem «Lohne erhalten wissen wollte.

10. Theil 4 - S. 88

1862 - Breslau : Max
88 Neueste Geschichte. 2. Periode. Frankreich. Seiten russische Heere herbei, um dem täglich mehr schmelzenden französischen Heerhaufen den Rückzug über die Beresina, einen Nebenfluß des Dneprs, abzuschneiden. Von den 600,000 waren nur noch — 40,000 übrig. Zwar gelang es Napoleon, zwei Brücken über den Fluß zu schlagen; aber noch war kaum die Hälfte hinüber, als die breitere einbrach, und das Geschütz und die Wagen wandten sich daher nach der schmälern, die mit kei- nem Geländer versehen war. Dazu kam, daß man schon das Hurrah der anrennenden Kosacken und das Sausen der russischen Kanonenkugeln hörte. Jetzt stürzte sich Alles in wildester Ver- wirrung nach der Brücke; Jeder wollte der Erste sein; Jeder kämpfte um sein Leben. Der Soldat warf den Offizier, der Freund den Freund ins Wasser; wer zu Boden fiel, war verlo- ren; denn ohne Erbarmen wälzte sich die ganze Menschenfluth über ihn hin, bis er zertreten war. Wie Viele wurden nicht von den Rädern der Kanonen und Wagen zerquetscht, und die über den eistreibenden Strom sich retten wollten, erstarrten oder er- tranken. Das geschah am 27. November. Zuletzt brach die Brücke ein, und was noch jenseits war, meist Schwache, Weiber und Kinder, fiel den Russen in die Hände. An 5000 hatten allein bei diesem Uebergange das Leben eingebüßt.*) *) Man sah Mütter mit ihren Kindern auf dem Arme sich in den Fluß stürzen und im Strome so lange die Kinder in die Höhe halten, bis die Kräfte nachließen und beide ertranken. Eine Mutter hatte eines kleinen Kahns sich be- mächtigt und suchte ihre beiden Kinder über den Strom zu retten. Aber eine große Eisscholle stieß dagegen, der Kahn schlug um und Mutter und Kinder fielen ins Wasser. In dem Augenblicke warf sich ein junger Artillerist in den Fluß, erreichte schwimmend das eine Kind und brachte es glücklich ans Ufer, während die Mutter und das andere Kind ihren Tod unter den Eisschollen fanden. Der brave Jüngling behielt die kleine Waise bei sich; aber ob er den Kleinen und sich selbst bis Frankreich gerettet habe, ist nicht bekannt. Eine der gräßlichsten Scenen ist folgende, die ein Augenzeuge erzählt. „Die schöne 25jäh- rige Frau eines französischen Obersten, die ihren Mann wenige Tage früher, che wir die Beresina erreichten, in einem Gefechte verloren hatte, hielt unweit der Brücke, die zu unserm Uebergange bestimmt war, nahe bei mir. Gleichgül- tig gegen Alles, was um sie her vorging, schien sie ihre ganze Aufmerksamkeit auf ihre Tochter, ein sehr schönes Kind von vier Jahren, das sie vor sich aus dem Pferde hatte, zu richten. Vergebens suchte sie mehrere Male die Brücke zu erreichen, wurde aber immer wieder zurückgedrängt. Dumpfe Verzweiflung schien ihr ganzes Wesen zu erfüllen: sie weinte nicht; starr waren ihre Augen bald zum Himmel, bald auf ihre Tochter gerichtet, und einmal vernahm ich die Worte: ,,O Gott, wie bin ich so grenzenlos elend, daß ich nicht einmal beten kann!" Gleich darauf fiel ihr Pferd, von einer Kugel getroffen, und ihr selbst wurde
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