§. 29, 1. Die Kultur der Griechen. Kunst und Wissenschaft. 183
in der Natur, im Feuer, in der Luft, im Wasser und in der Erde den Grund alles Seins zu finden, während ihn Pythagoras von Samos (584—504) durch Zahl und Maß lösen wollte und bereits die Einheit Gottes erkannte. Da seine Lehren unter der Herrschaft des Polykrates in feinet Heimat keinen empfänglichen Boden gefunden hatten, so war er nach der griechischen Kolonie Kroton in Unteritalien gegangen. Dort stiftete er den pythagoräischen Bund. Er wohnte mit feinen Schülern in einem Hause zusammen, empfahl die Reinheit des Körpers und der Seele, sowie strenge Mäßigkeit und innige Freundschaft (Dämon und Phinthias). Er schätzte auch die Musik und war ein vorzüglicher Mathematiker, wie „der pythagoräische Lehrsatz" es bekundet. Wie er, so beschäftigten sich die Griechen gern mit der Weltweisheit; so geschah es unter den leichtfertigen Sophisten in Athen, so durch Sokrates (§. 23). Die Schüler des Sokrates bauten feine Lehre weiter aus. Antisthenes wurde ein Muster der Bedürfnislosigkeit. Dessen Schüler Zeno (320) trug feine Sehre in der Säulenhalle (Stoa) zu Athen vor und wurde der Stifter der stoischen Schule, welche die Tugend für das einzige Gut erklärte und kein Übel zu kennen behauptete, als Unwissenheit und Laster. Darum waren die Hauptpflichten der Stoiker, zu denen sich die größten Männer des Altertums bekannten, streng nach den Vorschriften der Sittlichkeit zu leben, Tugend zu üben und gegen die Wechfelfälle des Glückes gleichgültig zu fein. Über das Leben und die Lehre des Sokrates haben uns feine beiden bekanntesten Schüler, Xenophon und Platon, anziehende Berichte hinterlassen. Von Platons Schriften sind uns 35 Dialoge erhalten. Die Lehre des Sokrates und Plato hat des letzteren Schüler Aristoteles aus Stagira (384—322), der Lehrer Alexanders des Großen, zu einer Wissenschaft ausgebildet. Er ist Stifter der penpatetifchen Schule, die von den Schattengängen im Lyceum zu Athen, wo Aristoteles hin- und hergehend zu philosophieren pflegte, diesen Namen erhielt. Aristoteles war nicht bloß Philosoph, sondern überhaupt der wissenschaftlichste Gelehrte des Altertums. Er ist auch der Verfasser des ersten ausführlicheren naturbefchreibenden Werkes auf einer wissenschaftlichen Grundlage; aber nur ein Teil feiner Werke ist uns erhalten. Gleichzeitig mit Aristoteles lebte Diogenes aus Sinope (§. 27, 1), welcher die Genügsamkeit für die rechte Weisheit hielt, aber dadurch zu einer einseitigen Verachtung des Anstandes und der Schicklichkeit verleitet wurde. Solche Leute hießen Cyniker. Aristipp von Kyrene stellte den Lebensgenuß als obersten Grundsatz auf. Sein Schüler Epikur (270) brachte die Kunst des Genießens
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Extrahierte Personennamen: Zeno_( Schüler_Aristoteles Alexanders Aristoteles Aristoteles Aristoteles
208
Dritter Abschnitt. Erster Zeitraum.
schleuderten sie ihre Schilde auf die Jungfrau und töteten sie; denn auch die Schilde trugen sie am linken Arme. Jetzt kam es zum Kampfe zwischen den Römern und Sabinern, und den letztem schien das Glück hold zu fein. Da stürzten auf einmal mitten im heftigen Streit die geraubten sabinischen Frauen unter die Kämpfenden und wußten dieselben durch Bitten und Vorstellungen zu bewegen, Frieden zu schließen. Es kam ein Vertrag zu stände, durch welchen sich die Latiner und Sabiner zu einem Volke vereinigten und von Titus Tatius und Romulus gemeinsam regiert werden sollten. Nach deren Tode sollte abwechselnd ein Latiner und ein Sabiner die Königswürde erhalten, der vom Senat zu wählen und von der Volksgemeinde zu bestätigen sei. Die Sabiner erhielten Sitz und Stimme in dem Senat und siedelten sich auf dem quirinalischen Hügel an.
Als der Sabinerkönig nach 6 Jahren bei einem Volksauflauf den Tod fand, wurde Romulus Alleinherrscher über die vereinigten Gebiete. Er regierte im ganzen 37 Jahre über Rom und führte noch glückliche Kriege gegen die feindlichen Etrusker. Sein Ende war nach der Sage ein höchst wunderbares. Bei einer Musterung des Heeres entstand ein schweres Gewitter; die Sonne verfinsterte sich, und der Tag verwandelte sich in Nacht. Als die Sonne sich darnach wieder zeigte, war Romulus verschwunden, und dem bestürzten Volke wurde mitgeteilt, der Kriegsgott Mars habe ihn der Erde entrückt und zum Himmel emporgehoben. Lange Zeit verehrte das römische Volk den Romulus als einen Gott und nannte denselben Quirinus. Eine spätere Sage erzählt, daß Romulus von den Senatoren, welchen seine Herrschaft verhaßt gewesen, ermordet worden sei.
Die älteste Staatsverfassung. Die Bewohner des jungen Staates teilten sich in zwei Stände, in die Freien und Halbfreien. Die Freien bestanden aus den Familien, aus welchen die Stadt gebildet worden war, nebst deren Nachkommen. Die Familienhäupter derselben hießen die Väter (patres) der Stadt, ihre Nachkommen Patrizier. Die Halbfreien waren die später Eingewanderten oder Unterworfenen samt ihren Nachkommen. Sie führten den Namen Plebejer, waren von der Teilnahme an der Staatsregierung ausgeschlossen, hatten weder bürgerliche Rechte noch Pflichten und mußten sich vor Gericht von einem Patrizier vertreten lassen. Um diesen immer mehr anwachsenden Teil der Bevölkerung dem Staat eng zu verbinden, wurde das Patronat gestiftet, wonach jeder Plebejer sich als Klient oder Höriger einem Patrizier anschließen und gehorchen mußte. Dieser war fein Schutzherr (Patron) und Vertreter in allen Rechts-
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250 Dritter Abschnitt. Zweiter Zeitraum.
sein Sohn Perseus in der Regierung folgte, setzte dieser die Rüstungen fort und griff dann gegen Rom zu den Waffen. Aber verkehrte Maßregeln führten seinen Sturz herbei. Der römische Konsul Ämilius Paullus, ein Sohn des bei Cannä gefallenen, besiegte sein Heer bei Pydna 168 in Macedonien, worauf Perseus sich auf die Insel Samothrake flüchtete, dort aber sich dem römischen Admiral ergeben mußte. Ämilius feierte in Rom einen glänzenden Triumph. Vor seinem Wagen trug man die erbeuteten Kunstschätze und Waffen, 77 Gesäße mit gemünztem Gold und 750 Gesäße mit Silber, welche von 3000 Menschen getragen wurden. Perseus selbst ging als Gefangener mit seinen Kindern und Verwandten vor dem Triumphwagen her und starb nachher in der Gefangenschaft zu Alba. Macedonien wurde in vier, den Römern zinspflichtige Landschaften geteilt, von welchen keine mit der andern in Verbindung treten durfte. Als zwanzig Jahre später, unter einem angeblichen Sohne des Perseus, Namens Philipp, ein Ausstand ausbrach, wurde Macedonien nach Niederwerfung desselben durch Metellus (Macedonicus) 148 eine römische Provinz.
Griechenlands Unterwerfung 146. Ämilius Paullus hatte nach der Schlacht bei Pydna (168) tausend vornehme Agäer, welche des Einverständnisses mit Perseus beschuldigt waren, als Geiseln nach Rom geführt, darunter auch den großen Geschichtschreiber Polybius. Diese Willkür legte den Grund zu einem unauslöschlichen Haß der Achäer gegen die Römer. Die fortdauernden Streitigkeiten der griechischen Stämme unter sich verhinderten aber eine gemeinsame That gegen die Römer. Bei einem neuen Streit zwischen dem achäischen Bund und Sparta traten die römischen Gesandten auf Spartas Seite und bewogen eine Anzahl Städte zur Lostrennung von dem Achäerbunde. Infolge dessen griff der achäifche Bund zu den Waffen, die römischen Abgeordneten wurden mißhandelt, und der Krieg brach aus. Me-tellus rückte mit dem Römerheer, das noch in Macedonien stand, heran, und die Achäer wurden zweimal besiegt. Die Beendigung des Krieges aber mußte er seinem Nachfolger Mummius überlassen. Dieser siegte auf dem Isthmus, worauf er das reiche Korinth 146 erstürmte, plünderte und niederbrannte. Die Kunstschätze ließ Mummius nach Rom führen, während 10 römische Abgeordnete den Peloponnes und Hellas unter dem Namen Achaja 146 zu einer römischen Provinz machten. Griechenland und Macedonien blieben nun bei dem römischen und später bei dem griechischen Reiche, bis dieses selbst 1453 n. Chr. den Türken in die Hände fiel.
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§. 42. Der dritte finnische Krieg. Kämpfe in Spanien. 251
§. 42. Der rfritfe puiiiftfie Krieg 149—146. "" ." in Spanten 148—1zi.
Karthago war während eines fünfzigjährigen Friedens durch Ackerbau und Handel wieder zu Wohlstand gelangt. Dieses Wiederaufblühen der einst gefürchteten Nebenbuhlerin konnte den neidischen Blicken der argwöhnischen Römer nicht entgehen; es gab daher in Rom bereits eine Partei, welche die gänzliche Zerstörung Karthagos forderte. An der Spitze derselben stand der alte, sittenstrenge Cato, der seine Reden, die er in dem römischen Senate hielt, gewöhnlich mit den Worten schloß: „Dies ist meine Ansicht und außerdem noch, daß Karthago zerstört werden muß." Einst zeigte er im Senate Feigen, welche wenige Tage zuvor in Karthago gepflückt waren, mit den Worten: „Seht, so wunderschöne Früchte trägt dieses Land, und so nahe sind wir demselben."
Karthago hatte bei dem Friedensschlüsse mit Rom 201 versprechen müssen, dem Numidierkönig M a s i n i s s a alles Land zurückzugeben, was dessen Vorfahren einst besessen hatten. Da dieser aber die Ohnmacht der Karthager und ihre Beschränkung in der Kriegführung durch die Römer kannte, so stellte er immer neue Gebietsforderungen. Als er nun gar ein fruchtbares Stück karthagischen Landes besetzte, machten die Karthager von dem Rechte der Notwehr Gebrauch und griffen gegen den übermütigen Nachbar zu den Waffen. Da aber mischten sich die Römer ein; sie erklärten das Vorgehen Karthagos für einen Friedensbruch und sandten von Sizilien aus ein römisches Heer mit einer Kriegserklärung nach Karthago ab. In ihrer Bestürzung schickten die Karthager 30 Senatoren nach Rom, um daselbst die Fortdauer des Friedens zu erwirken. Aber nur mit Mühe erhielten sie Zutritt bei dem römischen Senat, welcher ihnen endlich erklärte, sie sollten Verfassung, Freiheit und Eigentum behalten, wenn sie 300 Geiseln stellten und die Befehle der Konsuln vollzögen. Die Karthager willigten in diese Forderungen ein, schickten 300 Knaben aus den vornehmsten Familien als Geiseln nach Rom und baten dann die Konsuln um die weiteren Bedingungen. Kalt wurde ihnen erwidert: „Ihr steht unter Roms Schutz; wohlan, übergebt uns Eure Waffen und Wurfmaschinen." Kummervollen Herzens wurde auch diese harte Forderung erfüllt. Nachdem sich die Karthager soweit in die Hände Roms gegeben hatten, sollten sie die letzte Forderung vernehmen; sie lautete: die Bewohner Karthagos sollten ihre Stadt niederreißen und sich zwei Meilen weit vom Meere ansiedeln. Das war unerhört. Von Verzweiflung ge-
4595
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6
Erster Abschnitt.
das Menschengeschlecht durch eine große Überschwemmung, die Sintflut (d. H. allgemeine Flut) vertilgte, die mit Rücksicht auf ihre Veranlassung später Sündflut genannt wurde. Die Schöpfung der Welt setzt man gewöhnlich um das Jahr 4000 vor Chr. Geburt, die Sünbflut 2400 vor Chr. *).
Die Arche blieb, als die Gewässer sich verlaufen hatten, auf dem Berge Ararat stehen. Noah stieg aus, pflanzte Weinberge und streute Samen aus, nachdem er Gott für seine Rettung gedankt hatte. Seine 3 Söhne Sem, Ham und Japhet wurden die Stammväter neuer Völker auf der Erde. Die Semiten blieben in Asien und behielten das Gebiet des Euphrat und Tigris, die Kinder H a m s gingen nach Afrika, die Nachkommen I a p h e t s breiteten sich in dem nordwestlichen Asien aus und wanderten von dort in Europa ein.
Wie sie sich räumlich getrennt hatten, so wichen sie auch in Sprache, Lebensweise und Körperbildung allmählich immer mehr von einanber ab; nach Sprache und Lebensweise unterschieben sie sich in Völkerschaften, nach Körperbilbung und Hautfarbe teilt man die Menschheit in fünf Rassen ein. Diese sinb: 1) die weiße ober kaukasische Rasse, 2) die gelbe oder mongolische, 3) die schwarze, äthiopische oder Negerrasse, 4) die dunkelbraune oder malaische und 5) die kupferrote, amerikanische ober Jnbianer-rasse. Darunter sinb die der kaukasischen Rasse angehörenben Semiten und Arier ober Japhetiten die eigentlich weltgeschichtlichen Völker geworben.
§. 2. Die ifiinefßn.
Die Chinesen, im östlichen Asien an den Ufern des Hoangho und Jangtsekjang, sinb das einzige Volk mongolischer Rasse, welches sich im Altertum zu einem Kulturvolk entwickelte. Sie rühmen sich, das älteste Volk der Erde zu sein, und ihre Geschichte scheint bis 2000 v. Chr. hinauf zu reichen. Als Gründer des chinesischen Reiches, welches sie selbst „das Reich der Mitte" nennen, gilt Fohi. Er soll den Herrn des Himmels kennen gelehrt und zur Vereblung der Menschen die Ehe, Musik und Wortschrift eingeführt haben. Sein Nachfolger Hoangti opferte zuerst dem Himmel und den Ahnen,
*) Bemerkenswert bleibt die Übereinstimmung der Sagen vieler Völker von einer großen Flut mit der Darstellung der Bibel.
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8
Erster Abschnitt.
der im Himmel seine Wohnung hat, und drang darauf, daß die Menschen die uranfängliche Reinheit, welche sie vom Himmel erhalten hätten, wieder zu erlangen suchten. Er empfahl gutes Betragen und Gehorsam gegen Eltern und Staat als die Grundsäulen der Tugend und bezeichnete Selbsterkenntnis, treue Pflichterfüllung und Wohlwollen gegen andere Menschen als den Weg zum wahren Glück. Die Lehre des Konfucius ist Staatsreligion und der Kaiser Oberpriester. Dem Volke genügte diese einfache Lehre jedoch auf die Dauer nicht; daher hat seit 58 n. Chr. die Lehre des Buddha (§. 4) aus Indien Eingang gefunden und sich besonders im Süden Chinas und in Tibet verbreitet. Hier führt der Buddhismus, an dessen Spitze der Oberpriester, Dalai-Lama, steht, auch den Namen Lamaismus und wird durch Priester, Bonzen genannt, besonders unter den niederen Volksklassen gepflegt.
Die Kultur Chinas hat sich bei der natürlichen Abgeschlossenheit des Landes und der frühzeitigen Absperrung desselben höchst eigentümlich, aber auch seit langer Zeit auf derselben Entwicklungsstufe erhalten. Das chinesische Volk, dessen Sinn stets auf das Praktische und Nützliche gerichtet ist, zeichnet sich durch sein zähes Festhalten an dem Altherkömmlichen, seine Abneigung gegen alles Fremde, sowie durch seinen unbegrenzten Stolz auf seine Überlegenheit aus. China ist ihm noch heute der Mittelpunkt der Erde und berufen, über alle zu herrschen. Der Jugendunterricht beschäftigt, wo er überhaupt erteilt wird, mehr das Gedächtnis als den Verstand. Den Hauptgegenstand desselben bildet die Einprägung der Lehren des Konfucius. Viel Zeit erfordert das Erlernen des Lesens und Schreibens, da die Sprache sich aus einsilbigen Wörtern zusammensetzt und diese nicht durch Buchstaben, sondern durch eine große Zahl von Wortbildern bezeichnet werden. Die Litteratur zeigt Verstand aber keinen Geist; epische Dichtungen fehlen, die Lyrik weist einige zierlich gefetzte Lieder auf, das Drama ist Intriguen-stück. Die Baukunst schafft vielgefchofsige Türme mit ausgeschweiften Dächern, die mit Glöckchen verziert sind. Das bedeutendste Bauwerk dieser Art ist der im 15. Jahrhundert n. Chr. errichtete Porzellanturm in Nanking, der 9 Stufen hat und 66 m hoch ist. Die Malerei strebt nach Naturwahrheit und entwickelt Farbenpracht, ist aber geistlos.
Die Frauen nehmen wohl eine geachtete Stellung ein, sie sind aber ohne Bildung und von dem Umgang mit Männern ausgeschlossen. Die Trachten sind von Alters her die gleichen, das dünne Haar ist zum Teil abgeschoren, zum Teil in einen Zopf vereinigt, den selbst die Männer tragen. Um kleine Füße zu bekommen, pressen sie die Frauen von Jugend auf in kurze und enge Schuhe, fodaß die Füße verkrüppeln. Erst seit der Mitte des 19. Jahrhunderts ist China dem Verkehr mit Europa geöffnet; aber Christentum und europäische Kultur können in dem chinesischen Volke nur langsam Wurzel schlagen.
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18
Erster Abschnitt.
Das Volk. Die Ägypter waren aus Asien über die Landenge von Suez eingewandert. An der Spitze des Volkes stand ein König, der Pharao d. i. der Erhabene genannt wurde. Er genoß als „Sohn der Sonne" (des Gottes Ra) göttliche Verehrung und vereinigte die höchste weltliche und priesterliche Gewalt in seinen Händen. Das Volk war in Kasten oder Stände eingeteilt, deren bis zu sieben unterschieden werden. Die erste Kaste bildeten die Priester. Diese waren an den Haupttempeln zu Priesterkollegien vereinigt, wirkten als Zeichendeuter, Richter, Ärzte, Baumeister zc., waren die Erzieher der Könige und nicht ohne Einfluß auf die Regierung des Landes. Aus ihrer Kaste ging der König entweder hervor, oder er wurde in dieselbe aufgenommen. Die zweite Kaste umfaßte die Krieger, welche sich mit den Königen und Priestern in den Besitz des Landes teilten, das sie zu verteidigen hatten. Diesen beiden bevorzugten Kasten folgte der Nährstand oder der erwerbende Teil der Bevölkerung, den man sich aus einer oder mehreren Kasten gebildet denkt. Er zerfiel in Ackerbauer, welche Land in Pacht hatten und dafür zinspflichtig waren, in Kaufleute, Handwerker, Nilschiffer und Hirten. Zu diesen kamen zur Zeit Pfammetichs noch die Dolmetscher. Unter den Hirten wurden die Schweinehirten, die vermutlich die Nachkommen einer unterworfenen Urbevölkerung bildeten, für unrein gehalten und von dem Besuche der Tempel ausgeschlossen. Sie waren Sklaven wie die Kriegsgefangenen. Innerhalb der einzelnen Stände wählten die Söhne gewöhnlich die Berufsart ihrer Väter, doch war auch die Wahl eines anderen Berufs, wozu Befähigung und Neigung trieb, nicht ausgeschlossen.
Die Sinnesart des ägyptischen Volkes war eine ernste und in dem rings von Wüsten umgebenen Lande mehr als bei irgend einem anderen Volke auf den Tod und das Jenseits gerichtet. Aber auch an Neigung zu heiterem Lebensgenuß fehlte es nicht, und der besitzende Teil des Volkes umgab sich in den ziegelsteinernen, flachgedeckten Häusern mit mancherlei Gegenständen der Kunst. Die Frau (§. 10) stand dem Hause als Herrin vor und genoß höhere Achtung als bei anderen Völkern.
2. Die Religion der Ägypter.
Die Vorstellung von einem Gott verdunkelte sich bei den Ägyptern sehr frühe, und ihre anfänglich monotheistische Religion artete in eine politheistische aus. Statt des einigen Gottes selbst verehrten sie die Kräfte und Erscheinungen, in welchen sich ihnen der-
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§. 35, 1. Bedrückung der Plebejer und ihre Erhebung. Coriolanus. 2191
Nutznießung gegen billige Abgabe nur an Patrizier übergeben, während die Plebejer, obgleich sie teil an den Siegen hatten, leer ausgingen. Die Lage der Plebejer verschlimmerte sich dadurch noch mehr, daß die Kriegslasten gerade so auf ihnen lagen wie auf den Patriziern. Sie muhten an den Kriegen ohne Sold teilnehmen, Waffen und Unterhalt sich selbst stellen. Die Kriegsdienste aber entzogen sie ihrer Arbeit. Während die Patrizier die Bestellung ihrer großen Ländereien ihren Sklaven überließen, blieb der kleine Landbesitz des Plebejers unbebaut; die Staatssteuer mußte jedoch nach wie vor entrichtet werden. Die Folge war, daß die Verarmung der Plebejer und ihre Abhängigkeit von den herrschenden Patriziern immer mehr zunahm. Viele Plebejer waren genötigt, von den Patriziern Geld zu borgen, welche dieses aber nur gegen hohe Zinsen ausliehen. Konnte der Schuldner den Verpflichtungen gegen seinen Gläubiger nicht nachkommen, so hatte dieser das Recht, sich an dem Eigentum desselben schadlos zu halten. Reichte dieses dazu nicht aus, so konnte er ihn in den Schuldturm gefangen setzen lassen, ja sogar ihn samt seiner Familie als Sklaven an sich nehmen oder verkaufen. Unter den Plebejern herrschte darum große Erbitterung gegen die drückende Vorherrschaft der Patrizier, zumal ihnen in gefahrvollen Kriegszeiten Versprechungen zur Verbesserung ihrer Lage gemacht worden waren, ohne daß dieselben nachher gehalten wurden.
Als nun die benachbarten Volsker Rom den Krieg erklärten und die Plebejer zum Kampfe ausziehen sollten, kam der verhaltene Grimm unter ihnen zum Ausbruch. Ein ehemals wohlhabender Bürger und Hauptmann, der unter der Ausbeutung der Patrizier zum Schuldknecht geworden und eben entsprungen war, trat unter das Volk, zeigte seine ehrenvollen Narben auf der Brust, sodann die Striemen patrizischer Peitschenhiebe und erregte durch die Schilderung der elenden Lage, in die er ohne fein Verschulden geraten war, einen wilden Auflauf unter dem Volk. Es gelang zwar noch einmal, die Plebejer durch Erneuerung der Versprechungen zum Kampfe gegen die Volsker zu bewegen. Als aber die Patrizier nach wiederholten Zügen gegen neue Feinde und siegreicher Rückkehr von denselben das gegebene Versprechen abermals nicht halten wollten, zogen 18000 Plebejer aus der Stadt auf den später so genannten heiligen Berg 494 und waren fest entschlossen, eine neue Stadt zu gründen und sich selbst zu regieren. Da mußten die Patrizier einsehen, daß ein längeres Hinhalten der Plebejer dem Staate Verderben bringen müsse. Sie berieten deshalb, wie das Volk wieder zur Rückkehr zu bewegen sei, und
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244
Dritter Abschnitt. Zweiter Zeitraum.
auf; allein diese verweichlichten in der reichen Stadt, und Karthago versagte ihm, in der thörichten Voraussetzung, daß er sich selbst Helsen könne und daß vor allem Spanien unterstützt werden müsse, jede Unterstützung an Geld und Mannschaft. Darum mußte sich Hannibal nach auswärtiger Hilfe umsehen und schloß 215 Bündnisse mit dem macedonischen König Philipp Iii. und der Stadt Syrakus auf Sizilien.
Die Römer erkannten jetzt, daß das Zaudern des alten Fabius die einzige Art sei, den Feind zu bewältigen. Darum wählten sie ihn wieder zum Konsul und gaben ihm in Claudius Marcellus, Roms „Schwert", einen trefflichen Amtsgenossen. Beide ermüdeten die Soldaten des Hannibal durch kleine Gefechte und strenge Märsche, und während ihre Hilfsmittel wuchsen, schwanden die des Hannibal. Daher sah sich dieser seit 215 auf die Verteidigung beschränkt. Er mußte nach zweimaligem vergeblichen Angriffe auf die Eroberung Nolas verzichten, und obwohl er die Stadt Tarent in seinen Besitz brachte, obgleich er 211 bis vor die Thore Roms zog und der Ruf: „Hannibal ante portas!“ Furcht und Schrecken unter den Römern verbreitete, konnte er doch die Römer von der Belagerung Capuas nicht ablenken. Nach ihrer Eroberung erlangten die Römer wieder die Oberhand, und fast ganz Italien ging für den Punier allmählich verloren.
Mit seinen Bundesgenossen hatte er ebensowenig Glück. Als die Römer erfuhren, daß Syrakus nach Hieros Tode mit Hannibal ein Bündnis geschlossen habe, setzte Marcellus 214 nach Sizilien über und belagerte die Stadt. Allein zwei Jahre hielten sich die Syrakusaner. Der berühmte Mathematiker Archimsdes erfand Maschinen, welche unter den Römern große Verheerungen anrichteten und ihre Schiffe und Sturmwerkzeuge zerschmetterten; er deckte seine Mitbürger durch Schießscharten und soll sogar mit Hilfe von Brennspiegeln die feindlichen Schiffe in Brand gesteckt haben. Endlich glückte es dem Marcellus, 212 die unbewachte Stadt an einem Festtage zu erobern. Er hatte den Befehl gegeben, das Leben des Archimedes zu schonen. Allein ein Soldat, welcher heranstürmte und den Archimedes nicht kannte, fand den Gelehrten in seine in den Sand gezeichneten Figuren vertieft. „Zerstör mir meine Kreise nicht!" rief ihm Archimedes zu, welcher von der Einnahme der Stadt nichts wußte, und sank, vom Schwerte des Römers durchbohrt, tot nieder. Marcellus bedauerte den Tod des großen Gelehrten, ließ ihm ein Denkmal errichten und beschützte seine Verwandten und Freunde.
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246
Dritter Abschnitt. Zweiter Zeitraum.
Völker den Karthagern als Unterpfänder ihrer Treue hatten stellen müssen, alle in die Hände der Römer. Scipio behandelte dieselben freundlich und ließ sie, sobald sich ihre Angehörigen für Verbündete des römischen Volkes erklärten, ohne Lösegeld in ihre Heimat ziehen. Auch eine Jungfrau von außerordentlicher Schönheit wurde vor Scipio geführt, und als Scipio sie um ihr Vaterland und ihre Eltern befragte, erfuhr er, daß sie mit dem keltiberifchen Fürsten Allu-cius verlobt sei. Sofort ließ er die Eltern samt dem Bräutigam zu sich bescheiden und übergab ihnen die Jungfrau mit den Worten: „Seid des römischen Staates Freunde; das ist die einzige Belohnung, welche ich mir zur Gegengabe bedinge." Das Lösegeld, welches die Eltern mitgebracht hatten, ließ er zu seinen Füßen legen; dann rief er den Allucius zu sich und sprach: „Zu der Mitgift, welche Dir die Schwiegereltern geben, kommt noch dies Brautgeschenk von mir." Allucius nahm das Geld und wurde ein treuer Freund Scipios; die Eltern aber und ihre Tochter kehrten freudig heim und verkündeten allenthalben das Lob ihres Wohlthäters*). Durch dieses hochsinnige Verfahren machte sich Scipio so beliebt, daß er nach wenigen Jahren Herr von ganz Spanien war. Hasdrubal mußte mit dem karthagischen Heer das Land verlassen und erlag aus dem Wege zu seinem Bruder Hannibal in Italien den Waffen Roms. Nachdem Scipio Karthagos letztes Bollwerk, Gades, eingenommen hatte, kehrte er nach Rom zurück, wo er mit Jubel empfangen wurde und eine Million Mark in den Staatsschatz niederlegte. Spanien wurde in zwei Provinzen, in das diesseitige und jenseitigespanien geteilt und durch römische Statthalter verwaltet.
Scipio in Afrika. Scipio hatte sich durch seine Erfolge in einem solchen Grade die Gunst des römischen Volkes erworben, daß er zum Konsul gewählt wurde. Danach erhielt er die Statthalterschaft Siziliens und brachte den Senat dahin, daß ihm ein Feldzug nach Afrika gestattet wurde. Er sammelte in Sizilien ein Heer und landete 204 an der Küste vonutika. Hier verband er sich mit dem König Masinissa von Ostnumidien, der sich von Karthago losgesagt hatte, weil seine karthagische Braut Sophonisbe mit dem König Syphax von Westnumidien vermählt worden war, um diesen als
*) Allucius kämpfte fortan gegen die Karthager und schenkte seinem Wohlthäter einen kostbaren silbernen Schild, worauf die Freigebung seiner Braut eingegraben war. Dieser Schild versank nachher in der Rhone und wurde 1665 von französischen Fischern wieder aufgefunden. Gegenwärtig ist er in Paris im Münzkabinet aufbewahrt.
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