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Gräfin. „ Entweder erhalten meine armen Unterthanen ihr Vieh wieder,
oder, bei Gott, Fürstenblnt für Ochsenblut!" Damit verließ sie
das Zimmer. Kurze Zeit darauf füllte sich das Zimmer mit Bewaff-
neten, die ehrerbietig hinter den Stühlen der Gäste sich aufstellten. Alba
erbleichte, und die Gäste sahen sich stumm an. Endlich nahm man die
Sache für einen Scherz auf und lobte die landesmütterliche Sorge der
mutigen Gräfin. Alba gab Befehl, den Bauern ihr Vieh wiederzugeben,
Katharina, die Heldenmütige, aber bedankte sich aufs schönste bei
ihren Gästen.
4. Der Religionsfriede zu Augsburg (1555). Auf dem Kon-
zile in Trient wurde die katholische Lehre scharf gegen die
evangelische abgeschlossen. Um den kirchlichen Streit in Deutschland
beizulegen, erließ Karl das „Interim", d. h. einen einstweiligen
Ausgleich in der Religionsfrage, stieß aber damit auf den lebhaftesten
Widerstand. „Das Interim hat den Schalk hinter ihm!" spottete man.
Der kluge Moritz von Sachsen sah die Macht des Kaisers
drohend wachsen. Um die kaiserliche Übermacht zu brechen, seinen
Schwiegervater Philipp von Hessen zu befreien und seinen Abfall von
der evangelischen Sache zu sühnen, rüstete er
im geheimen; sogar mit Frankreich schloß er
ein Bündnis. Plötzlich überraschte er den
kranken Kaiser in Innsbruck und hätte
ihn um ein Haar gefangen genommen.
Bei Nacht, in Regen und Sturm ließ
sich der gichtkranke Kaiser in einer Sänfte
durchs Gebirge tragen. Dem gefangenen Jo-
hann Friedrich kündigte er tags vorher seine
Freiheit an, doch sollte er dem Hofe noch einige
Zeit freiwillig folgen. Bei der eiligen Flucht
des Kaisers konnte der stark beleibte Kur-
fürst nur schwer Nachkommen und äußerte'
scherzend: „Ich wollte dem Hofe ja gerne nicht I73* Moritz von Sachsen,
entlaufen, wenn der Hof mir nicht entliefe!" Karl V. verstand sich
nun zum Vertrage von Passau, der den Protestanten Ge-
wissensfreiheit und gleiches Recht mit den Katholischen ge-
währte. Nach drei Jahren wurden diese Zugeständnisse im Religions-
frieden zu Augsburg von neuem bestätigt (1555). Bedenklich blieb 1555
der „geistliche Vorbehalt", der den Keim zu neuen Streitigkeiten
enthielt. Nach ihm sollten die geistlichen Reichsstände, d. h.
Äbte, Bischöfe re. bei ihrem Übertritt zur Reformation ihrer
Würde und ihrer Einkünfte verlustig gehen. Moritz erlebte
diesen Frieden nicht. Er fiel als Sieger in der Schlacht bei Sievers-
h aus en, südlich von Celle, gegen den wilden und raublustigen Mark-
grafen Albrecht von Brandenburg-Kulmbach, seinen ehemaligen
Waffengefährten. Sein letztes Wort war: „Gott wird kommen —!"
Sein Bund mit Frankreich brachte Deutschland den Verlust
von Metz, Toul und Verdun.
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TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Katharina Karl Karl Moritz_von_Sachsen Philipp_von_Hessen Philipp Friedrich Friedrich Moritz_von_Sachsen Karl_V. Karl_V. Moritz Albrecht_von_Brandenburg-Kulmbach Albrecht Metz
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Frankreich Celle Frankreich Deutschland Verdun
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
10. Wallensteins Ermordung. 499
riebt. Butlers Dragoner hielten Thore und Straßen bewacht. Am Morgen früh wurden zuerst die Offiziere der Garnison in die Burg beschieden, wo ihnen ein deutscher Kavalier — denn die Iren und Schotten waren dazu unfähig gewesen — das Vorgefallene auseinandersetzte und sie fragte, ob ste dem Kaiser getreu sein wollten, was sie denn bejahten. _ Dann wurden Rat und Bürgerschaft — in wie ganz anderem Sinne, als in welchem den Tag zuvor beabsichtigt worden war — zusammenberufen und in Kenntnis geatzt; sie erneuerten ihren Schwur der Treue. Eben rückte Gallas heran, um Eaer zu belagern, es war nicht mehr nötig. Auch alle die anderen Posten an der Grenze wurden für den Kaiser gesichert. Franz Albert von Lauenburg, der ohne etwas zu ahnen herbei kam, um Nachricht vom Herzog Bernhard zu bringen, wurde angehalten und dann nach Pilsen geführt, zugleich mit den Leichen seiner ermordeten Freunde. _
Merkwürdig, wie die verschiedenen europäischen Nationalitäten an diesem Ereignis beteiligt waren. Die Schweden hatten den General vorlängst zu einem Unternehmen dieser Art vorwärts getrieben; ihnen lag vor allem die Zurückführung der böhmischen Ausgewanderten am Herzen; — die Franzosen oriffen in der Absicht ein, einen Umsturz des Hauses Österreich überhaupt hervorzubringen. Am nächsten standen die protestantischen Norddeutschen dem General, in seiner Größe sahen sie den Rückhalt, dessen sie bedurften; sonst aber beabsichtigten sie nichts als eine Herstellung der alten Zustände, eine Verständigung zwischen den Reichsständen und ihrem Oberhaupt; den Ruin des Hauses Österreich wollten sie nicht. Das war nun aber einmal die Stellung Wallensteins geworden, daß die großen Interessen der Religion und Politik «m ihn her einander entgegentraten. Bittere Feinde waren ihm die deutschen Katholiken, die alten Ligisten; doch würde ihnen genügt haben, ihn noch einmal und auf immer des Generalates beraubt zu sehen. Die Spanier, denen er jetzt als der Gegner ihrer Weltmacht erschien, hatten geradezu sein Verderben im Auge; in seinem Widerstreben gegen die kaiserliche Autorität sahen sie eine todeswürdige Schuld. Zu ihrer Seite standen, wie damals überhaupt, die Italiener. Sie versahen diese mit den besten Beweisstücken zu seiner Anklage und trugen das meiste dazu bei, die großen Heerführer von dem Obergeneral abtrünnig zu machen. Die freunde waren lau und fern; die Feinde feurig und entschieden und in unmittelbarer Thätigkeit; unter ihrem Einfluß haben, selbst ohne legale Ermächtigung, zu welcher sich der Hof nicht entschließen konnte, die fremden Soldaten die letzte Katastrophe herbeigeführt. Es waren die sonst immer Entzweiten, Schotten und Irländer, Protestanten und Katholiken. Die ersten bewog das Gefühl militärischen Gehorsams gegen den Kriegsherrn und die durch den Diensteid eingegangene, nicht einseitig aufzulösende Verpflichtung. In den Irländern lebte die Hingebung gegen die bestehenden höchsten Gewalten und der Eifer für die Religion, welche sie in ihrem Vaterlande verfochten, auch in der Fremde.
Wallenstein hatte, wie Oxenstierna von ihm sagt, mehr unternommen, als er ausführen konnte. Der Idee der kaiserlichen Gewalt und der Macht des Hauses Österreich mußte er erliegen, so wie sie sich gegen ihn kehrten.
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Extrahierte Personennamen: Butlers_Dragoner Franz_Albert_von_Lauenburg Franz Bernhard Oxenstierna