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1. Geschichtsbilder aus der allgemeinen und vaterländischen Geschichte - S. 250

1899 - Gera : Hofmann
250 und Teller in Gold gemalt und gebrannt, die Wände mit Gemälden und Stickereien bedeckt, die Fußböden mit kostbaren Teppichen ausgelegt und die Wappenschilder und Stammbücher des Geschlechts durch kostbare Malereien ausgeziert. Das 17. Jahrhundert ist nicht minder reich an hervorragenden Männern auf dem Gebiete der Wissenschaft, der Erfindungen und der Kunst. Freilich in Deutschland hatte der große Krieg das geistige Leben völlig niedergedrückt und geschädigt. Nur einige poetische Blüten traten aus dem verkümmerten Volksleben hervor. Der deutsche Astronom Kepler fand die drei Grundgesetze der Planetenbewegung, der Italiener Galilei die Pendel- und Fallgesetze. Der Italiener Torricelli erfand das Barometer, der Holländer Drebbel das Thermometer, Otto von Guericke in Magdeburg die Luftpumpe. Die deutsche Dichtkunst befand sich im 17. Jahrhundert im Verfall. Man ahmte die lateinischen und romanischen Dichter sklavisch nach und gefiel sich in einer widerlichen Sprachmengerei. Gegen diese Entdeutschungen bildeten sich mehrere Gesellschaften zur Pflege der deutschen Sprache und Dichtkunst. Martin Opitz von Boberfeld stellte in seinem Buche „Von der deutschen Poeterei" die durch den Wortton bestimmte Versmessung auf. An ihn schließt sich die erste schlesische Dichterschule, die in der Form die Hauptsache und in der dichterischen Begabung Nebensache sah. Aus diesem Kreise sind der Dramatiker Gryphius, der geistvolle Epigrammendichter Friedrich von Logau und der gemütstiefe Liederdichter Paul Fleming zu nennen. Be- merkenswert ist noch der Jesuit und eifrige Bekämpfer der Hexenprozesse Friedrich von Spee („Trutznachtigall"). Aus dieser Zeit ist von wirklichem poetischen Wert nur das Kirchenlied, in welchem besonders Paul Gerhardt (f 1676) sich auszeichnete. Die spätere zweite schlesische Dichterschule verirrte sich in Ungeschmack und Schwulst. Ein echt volkstümliches Werk ist Grimmelshausens Roman „Der aben- teuerliche Simplicissimus", der die Greuel des 30 jährigen Krieges schildert. Fragen: Woher die lange Dauer des Dreißigjährigen Krieges? — Welche Frauen sind erwähnt und wie? — Welche Wirkungen hatte der Westfälische Friede? — Frankreichs Stellung zu Deutschland! — Was bewog Gustav Adolf zum Kriege? — „Wallenstein" von Schiller. „Der Tod des Grafen Mansfeld" von Förster. „Wallenstein vor Stralsund" von Günther. „Schloß Eger" von Fontane. „Wallenstein" von Goethe. — „Der Friede" von Lingg. 75. Cromwell in England (um 1650.) 1. Sein Gegner auf dem Throne. In England vereinigte Jakob I., Sohn der Maria Stuart und Nachfolger Elisabeths, Schott- land und England und nannte sich König von Großbritannien und Irland. Er war ein engherziger Monarch, der durch seinen Eigensinn, seine Laune und Willkür die Liebe aller Parteien verscherzte. Nach der mißglückten Pulververschwörung, durch welche der König samt dem Parlament in die Luft gesprengt werden sollte, wurden die Katholiken aufs äußerste verfolgt.

2. Geschichtsbilder aus der allgemeinen und vaterländischen Geschichte - S. III

1899 - Gera : Hofmann
Normet |itr süchehnten Ausiage. Die ministeriellen Bestimmungen vom 31. Mai 1894 über das Mädchen- schulwesen haben eine teilweise Umarbeitung der Geschichtsbilder, mannigfache Ergänzungen und eine eigene Ausgabe für Mädchenschulen nötig gemacht. a. Nach diesen Bestinunungen gilt als allgemeines Lehrziel: „Kennt- nis der vaterländischen Geschichte. Bekanntschaft mit den wichtigsten Ereig- nissen der alten Geschichte und mit denen der Geschichte der großen modernen Kulturvölker, soweit diese für die vaterländische Geschichte von Bedeutung sind. Der Unterricht erstrebt Stärkung und Vertiefung der Liebe zu Vater- land, Heimat und Herrscherhaus, Verständnis für das Leben der Gegenwart und die Aufgaben unseres Volkes. Dieser Aufgabe hat die Schule auch mittelbar durch die Feier der vaterländischen Gedenktage zu genügen." b. Lehraufgaben: „Der Geschichtsunterricht beginnt mit dem 2. Schul- jahr der Mittelstufe. Er hat zunächst die Aufgabe, durch Lebensbilder der hervorragendsten Gestalten unserer vaterländischen Geschichte, ganz besonders der Herrscher und Herrscherinnen aus dem Hause Hohenzollern, und durch anschauliche Darstellung klar begrenzter bedeutungsvoller Begebenheiten und Zustände die Schülerinnen mit kräftigem persönlichen Interesse zu erfüllen und ihnen die nötigen Halt- und Mittelpunkte zu geben. Der Unterricht der Oberstufe hat Einzelnes auszuführen, den Zusammenhang herzustellen, die kulturgeschichtlichen Ergänzungen zu geben; er mündet in eine zusammen- hängende Darstellung der neusten deutschen Geschichte bis zur Gegenwart aus". Klasse V und Iv: Lebensbilder aus der vaterländischen Geschichte bis zur Gegenwart. — Deutsche Sagen. (Für diese Stufe hat der Verfasser „Das erste Geschichtsbuch, ein Lehr- und Lesebuch für den ersten Geschichtsunterricht im Anschluß an die Heimatkunde", verfaßt*). Klasse Iii: Die Hauptthatsachen der griechischen und der römischen Ge- schichte unter Betonung des kulturgeschichtlichen, möglichst durch Anschauung zu vermittelnden Stoffes, besonders der griechischen Kunst im Perikleischen, der römischen Kultur im Augusteischen Zeitalter. — Römer und Germanen. Klasse Ii: Deutsche Geschichte bis zum westfälischen Frieden mit Hervor- hebung der kulturgeschichtlichen Momente und des deutschen Frauenlebens. Klasse I: Fortführung der deutschen Geschichte vom westfälischen Frieden bis zur Gegenwart mit wachsender Hervorhebung der brandenburgisch-preu- ßischen Geschichte. (Friedrich Wilhelm I., die Zeit Friedrichs des Großen, das Zeitalter der französischen Revolution, der napoleonischen Herrschaft und der Befreiungskriege, die Kämpfe von 1864,1866,1870,71; die Einigung Deutsch- lands, das neue Reich und seine Entwickelung.) Ausblicke auf die Geschichte Englands, Frankreichs, Italiens, Österreichs und der Vereinigten Staaten. o. Methodische Bemerkungen (im Auszuge): „Dem Geschichtsunter- richte fällt im Verein mit dem Unterrichte in der Religion und im Deutschen *) 5. Auflage, mit 57 Abbildungen. Gera, Theod. Hofmann. 1899. Preis75pf., geb.90pf.

3. Deutsche Prosa - S. 81

1900 - Gera : Hofmann
Gedenkworte. 81 strebend, höher und höher dringend, niemals am Ende, solange sein Herz noch schlüge — der Träger und die Verkörperung der höchsten irdischen Erlösung, die der Dichter unserer Welt dereinst ersehnt und vorgehalten hatte: im Anfang war die That. So ist er gewaltig und ganz er selber gewesen, bis in seinen letzten Tag. Eine Erscheinung von persönlicher Macht, wie das wahrlich nicht arme Jahrhundert seit dem ersten Napoleon keine gesehen hat; und Bismarck war unendlich reicher und tiefer als Napoleon. Mehr als ein Menschenalter hindurch war er der Ausdruck, der Gestalter seiner Zeit, wir haben das Gefühl, daß sie nicht nur für Deutschland, daß sie für Europa das „Zeitalter Bismarcks" bleiben wird und daß wir die Epoche von 1870 erst mit ihm begraben. Wir haben das Gefühl und haben es immer gehabt, daß wir hoch begnadigt waren, den Genius so leibhaft unter uns, vor unseren Augen zu haben. Wenn wir je vergangenen Geschlechtern den Umgang mit den Heroen der Menschheit, die unter ihnen weilten, beneidet haben — auch dir wird dieser Neid einst gelten: das sagte sich dankbar jeder, der einmal er- schauernd und erhoben, Angesicht gegen Angesicht, vor diesen ersten unter den lebenden Menschen treten gedurft. Otto von Bismarck wurzelte in festbestimmtem Boden, in einer festbestimmten Epoche; seine besondere Art, seine besonderen Schöpfungen sind, wie alles Irdische und wie seine Lebensdauer selbst, zeitlich be- grenzt: sie sind wandelbar, sie sind sterblich. Wer könnte sich das ver- hehlen? Aber noch weniger zweifeln wir heute an dem anderen: ein gutes Stück seines Lebens ist dennoch ewig. Wann hat ein einzelner ein Volk so überschwenglich reich und mit so innerlich gefesteten Gaben beschenkt? Was er zum Abschluß brachte, war ja die Entwickelung langer Jahrhunderte; was er aufrichtete, war zugleich das Ergebnis alter und starker allgemeiner Kräfte: die werden es auch künftig tragen helfen, und wir hoffen und vertrauen, daß es, einmal geschaffen, durch sich selber fortdauern wird; sein Untergang wäre ja nur denkbar im Untergänge unseres Vaterlandes selbst. Daß aber jene Schöpfung wirk- lich vollendet ward und wie sie vollendet ward, das ist fein Werk, und tief hat sich sein Wille und sein Wesen in sie hineingeprägt: so lange wirkt auch fein Eigenstes in ihrem Gefüge und ihrem Geiste mitbe- stimmend und unaustilgbar nach. Und mehr als das. Wie könnte die Lehre seines Daseins zu Grunde gehen? Hat er nicht, in der Fülle seiner Kraft und seines Ernstes, sein Volk erzogen, vier Jahr- zehnte lang? Hat er ihm nicht die Güter seines Staates und seiner Einheit ergreifend durch Wort und That an das Herz gelegt? Hat er nicht Zug und Geist, Willen und Strenge in unser aller Leben ge- pflanzt, den Geist der Wirklichkeit, der Treue, der Entschlossenheit, der M. Henschke, Deutsche Prosa. 6

4. Deutsche Prosa - S. 96

1900 - Gera : Hofmann
96 Herman Grimm. Es war eine gewaltige Bewegung, als sich das Italien des 15. Jahrhunderts auf die Hinterlassenschaft der antiken Völker warf und Deutschland ihm in diesem Bestreben nachfolgte. Eine neue Kunst, eine neue Gelehrsamkeit, eine erneute Religion waren die Früchte dieser Anstrengung. Es schien, als sollte damals schon der Gewinnst für alle folgenden Zeiten gezogen und sichergestellt sein; aber noch einmal dennoch ging fast alles wieder verloren. Ein Zufall, könnte man sagen (wenn bei so ungeheuren Ereignissen dieses Wort erlaubt wäre), brachte gerade in den Zeiten, in denen die Dinge sich am schönsten zu entwickeln schienen, die Throne von mehr als halb Europa in eine einzige Hand zusammen. Ein wunderliches Glücksspiel war es, durch das bei so viel sich kreuzenden Heiraten und Todesfällen der einzige Karl der Fünfte zurückblieb, dem alle Einsätze zufielen. Und indem die Familie dieses Mannes, die keine nationale Dynastie sein konnte, weil zu verschiedenartige Nationen ihr gehorchen sollten, mit der größten Anstrengung zwei Jahrhunderte lang jede nationale Bestrebung in ihren Landen zu unterdrücken und das prote- stantische nördliche Deutschland zumeist in seiner freien Entfaltung niederzuhalten bestimmt war, brachte sie es endlich doch nur dahin, daß sie selbst samt ihren Völkern langsam zu Grunde ging, während Frankreich, der alte Feind der Habsburger, politisch und litterarisch allmächtigen Einfluß gewann. Erst nachdem auch dieser überwunden und abgethan war, trat Deutschland wieder ans. Sich zurückwendend zu den antiken Völkern und den Italienern der vergangenen Jahr- hunderte, hob es sich zu frischer Blüte empor. Soll diese neueste Arbeit, die bei uns geschah, mit dem Namen eines einzigen Mannes symbolisch umfassend bezeichnet werden, so sagen wir Goethe, und wollen wir den entscheidenden Moment seines Lebens nennen, in dem er für die große Mission gleichsam die letzte Weihe erhielt, so sagen wir Goethes Reise nach Italien. Auch die Blüte des französischen Geistes entstand aus der An- eignung der italienischen Kultur und aus dem Studium der antiken Muster. — Die bildenden Künste wurden in Frankreich nicht weiter gebracht, die Litteratur jedoch auf eine hohe Stufe erhoben. Und selbst dann noch blieb diesen Bestrebungen ihr eigentümliches Wachs- tum, als auch in Frankreich die bürgerliche Unabhängigkeit in Politik und Religion der ärgsten Unterdrückung anheim fiel. Der Aplomb und dennoch die Leichtigkeit, mit der die Franzosen die Dinge an- griffen, die elegante Deutlichkeit der Sprache, die für die feinsten Nüancen des Gedankens immer neue Wort- und Satzkombinationen bereit hatte, bewirkten im Reiche der Schriftstellerei eine Umwälzung, wie etwa die Einführung der Artillerie in der Kriegführung. Es er-

5. Deutsche Prosa - S. 270

1900 - Gera : Hofmann
270 Ferdinand Cohn. welche wir bisher auf diese Fragen erlangten; denn nicht in abgerissenen Lehrsätzen läßt sich die geistige Arbeit der Wissenschaft davontragen: wer von ihr Gewinn haben will, darf sich nicht scheuen, den Weg selbst zu verfolgen, auf welchem die Ergebnisse gewonnen und gesichert wurden. Wer am edlen Wein der Erkenntnis sich stärken will, muß selbst die Traube pressen, er muß die trübe Gärung abwarten, ehe mit wieder gewonnener Klarheit sich Blume und Geist entwickelt. Auf einzelne der hier berührten Probleme soll in den späteren Abschnitten dieses Buches näher eingegangen werden; hier habe ich meine Aufgabe darauf beschränkt, öffentlich Rechenschaft abzulegen von den Zielen, welche die Männer der Wissenschaft, in der ich selbst meinen Lebensberuf gefunden, anstreben, und welchen sie trotz der wechselnden Probleme der verschiedenen Zeitalter durch beharrliche Arbeit immer näher gekommen sind seit jenem Moment, wo die Botanik vor zweiund- zwanzig Jahrhunderten durch das Genie des Aristoteles und Theophrastos zu einem selbständigen Gebiete menschlicher Forschung gestaltet wurde. Es ist mein Wunsch und meine Hoffnung, auch in weiteren Kreisen eine erhöhte Teilnahme zu erregen für die Leistungen unserer Meister, welche auch an ihrem Teile dazu beitrugen, dem Namen deutscher Wissenschaft Ehre zu machen und der deutschen Nation in unserem Zeitalter den hohen Rang unter den Kulturvölkern Europas zu er- kämpfen. Wenn gleichwohl die Strömungen, welche unsere botanische Welt erregen, in den weiteren Kreisen des Volkes kaum empfunden werden, so liegt, wie ich gezeigt zu haben glaube, die Ursache nicht in der esoterischen Natur ihrer Probleme, welche gerade zu den wichtigsten Aufgaben der Naturwissenschaft gehören; ich suche vielmehr die Schuld darin, daß unsere Schulen nach hergebrachter Methode in der auf- wachsenden Generation den Sinn für die Natur und ihre Erscheinungen nicht genug wecken, und ihr nicht die nötigen Vorkenntnisse mitgeben, ohne welche freilich ein warmes Interesse und ein lebendiges Verständ- nis naturwissenschaftlicher Fragen unmöglich ist. Gerade in der gegen- wärtigen Zeit, wo die Frage von der Erziehung des deutschen Volkes wieder in Fluß geraten, und wo die Männer, welchen die Leitung unserer idealen Interessen anvertraut ist, es als ihre höchste Aufgabe erkannt haben, daß die Kulturerrungenschaften unserer bisherigen ge- schichtlichen Entwickelung, daß vor allem die Zukunft des deutschen Reichs sicher zu stellen ser durch eine wissenschaftliche und sittliche Heranbildung der Jugend: halte ich es für meine Pflicht, bei jeder Gelegenheit dafür einzutreten, daß jene hergebrachte Vernachlässigung der Naturwissenschaften endlich aufhöre, und wie jener alte Römer am Schluß jeder seiner Rede sein eetsrura eermoo anbrachte, gleichviel ob

6. Deutsche Prosa - S. 386

1900 - Gera : Hofmann
386 Charlotte Duncker. wird. Das alles giebt dem täglichen Gang der Dinge im englischen Hause eine größere Ruhe, eine gewisse Vornehmheit, welche dem Durch- schnitt auch der gebildeten Häuser bei uns vielleicht allzu wenig eigen ist. Aber welcher Deutsche möchte die hilfreiche Beweglichkeit vermissen, mit welcher die deutsche Hausfrau, die Tochter des Hauses in jede augenblicklich entstehende Lücke der Ordnung und Behaglichkeit selbst- vergessen und geschickt mit eigener Thätigkeit einzugreifen pflegt? wer sähe nicht gern, wie bei uns dem zärtlich geehrten Haupt der Familie die bescheidensten Dienstleistungen von den Kindern, ja von der Gattin selbst mit zuvorkommendem Eifer erwiesen werden. Der Wohlstand unseres Landes, welcher durch die Verheerungen des dreißigjährigen Krieges, durch die Opfer, welche die diesem folgenden Kriege bis in das zweite Jahrzehnt unseres Jahrhunderts gefordert haben, seine alten Wurzeln und Vorräte eingebüßt hat, verhält sich zum Wohlstand Englands wie eine dünne Humusdecke auf neu ge- wonnenem Boden zu altem, wohlgepflegtem Kulturlande; in allen Be- völkerungsschichten ist die Tradition des Wohllebens und des Wohl- habens unterbrochen worden, in den unteren Klassen hat mit der Ver- armung der Sinn für Sauberkeit, gesundheitsmüßiges Leben, äußere Wohlanständigkeit gelitten und bei den spärlichen Zunahmen des Be- sitzstandes sich noch nicht hinreichend ersetzt. Die geistige Kultur, welche nicht so gründlich zerstört worden war wie die materielle, hat sich in den höheren Ständen, namentlich in dem bei uns zahlreichen und dadurch das Niveau und den Charakter der Bildung beeinflussenden Lehr- und höheren Beamtenstande rascher hergestellt und fortentwickelt als die äußere Lebenspraxis und die Bedingungen dessen, was der Engländer mit dem ihm eigenen Wort Komfort bezeichnet. In dem Zuschnitt unserer gebildeten Häuser an Besitz und Gewohnheiten; im Verhalten, in der Kleidung und in den Leistungen der Dienenden; in dem vertraulich absolutistischen Ton, in welchem der Herr mit den Dienenden zu verkehren genötigt ist und in den mancherlei kleinen und kleinlichen Regierungsausgaben, welche der deutschen Hausfrau zufallen, sprechen diese Übelstände sich aus. Es muß, vornehmlich in diesen Regionen, das Streben des deutschen Hauses sein, dem Mißverhältnis zwischen geistiger Kultur und notgedrungener materieller Entbehrung und Arbeit abzuhelfen; nicht durch gewaltsame Steigerung des Erwerbs oder durch vornehme Unthätigkeit, sondern durch weise Ökonomie der Kräfte, durch Heranbildung der Dienenden zu ehrenwerter Fachtüchtigkeit, und durch Verzicht auf müßige Arabesken und Besonderheiten, auf welche der auch in seinen äußerlichen Gewohnheiten allzu individualistische Deutsche übergroßen Wert legt. Deshalb sollen und wollen wir nicht verzichten auf den Gewinn, welchen die deutschen Frauen aus den Er-

7. Deutsche Prosa - S. 40

1900 - Gera : Hofmann
40 Adolf Trendelenburg. Friedrich übernahm sie. Wenn er also für die Ergänzung der zerrissenen Lage Leib und Leben, Land und Leute einsetzte, so trieb ihn etwas Größeres als die Ruhmbegierde, die man gern in erster Reihe nennt, als der Wunsch, aus dem Namen seines Königreichs eine Wahrheit zu machen. Es war die Grundbedingung des Staats, für welche Friedrich in Schlesien alte Ansprüche seines Hauses erhob und in Westpreußen selbst das zweideutige Recht benutzte, welches das unruhige und ver- wirrte Polen durch die Verlegenheiten, die es immerfort bereitete, den Nachbarn zu seiner Teilung darbot. So führte Friedrich sein Reich jener Autarkie, jener Zulänglichkeit entgegen, welche die Alten in dem Begriffe des Staats obenan stellten. Das war ein Preis seiner Siege. Aber die genügendere Abrundung des Gebiets und die genügendere Macht des Landes genügt für sich nicht. Sie hat nur Wert als die Bedingung zu einem Bessern, das dadurch werden kann, als die Grund- lage eines Höheren, das sich daraus erhebt; sie ist nur der feste Boden für den sichern Fuß und den sichern Schritt, auf welchem der ganze Leib ruht. Auch die Alten verstanden jene Zulänglichkeit in einem größern und vollern Sinne. Das Volk soll ans sich selbst die Be- friedigung seiner Bedürfnisse schaffen; es soll unabhängiger und freier werden, indem es aus eigenen Quellen schöpft und die eigenen Kräfte des Landes fruchtbar macht, oder, wo es das nicht kann, in dem großen Austausch der Völker ebenso viel und mehr an eigenen Erzeugnissen bietet und absetzt, als an fremden nimmt; es wird dadurch menschlicher werden, indem es sich in vielseitigen menschlichen Thätigkeiten regt und bewegt und die verschiedensten Richtungen des Lebens gegen einander austauscht und ausgleicht. Der Begriff der Zulänglichkeit fordert also erhöhte Kraft der Produktion der hervorbringenden Thätigkeit in jeder Weise und Gattung. Dem König stand dies Ziel vor Augen. Wir sehen es z. B., wenn er in jenem Überblick über die Staaten Europas im Jahre 1740 der Handelsbilanz, einem der äußeren Kennzeichen für die Zulänglichkeit der Staaten, und den erzeugenden innern Kräften des Staats seine Aufmerksamkeit zuwendet. Keine Zeit seines Lebens offenbart es herrlicher, wie ihm auch der Krieg nur Mittel für die Wohlfahrt des Landes war, als das an staatsmännischen Schöpfungen reiche Jahrzehnt von dem Dresdner Frieden bis zum Anfang des siebenjährigen Krieges. Friedrich kannte nicht die innere Unruhe eines Helden, wie Karls Xii. von Schweden, der die Spannung der Kriegs- thaten wie um ihrer selbst willen suchte. Friedrich erfüllte das Wort, das einst Aristoteles mitten unter dem Waffenrnhm und Waffenlärm der Maeedonier schrieb, aber das damals nicht zu seinem Rechte kam: „Die nicht mannhaft eine Gefahr bestehen können, seien Sklaven der

8. Deutsche Prosa - S. 41

1900 - Gera : Hofmann
Zum Gedächtnis Friedrichs des Großen. 41 Angreifenden, aber der Krieg sei um des Friedens willen da, die kriegerische Unruhe nur um der friedlichen Muße willen, und der Frieden und die Muße für die Bildung." Friedrich hat die Verbesserungen und Gestaltungen während der Friedensjahre in dem Anfang seiner Geschichte des siebenjährigen Krieges bezeichnet. Der König richtet seinen Blick nach allen Seiten des Staats, uni zu sehen, wo etwas fehle, und schafft Rat und Mittel zur Abhilfe; er erspäht die verborgenen Bedingungen für neue fruchtbare Thätigkeiten und bereitet den Boden für neue Gründungen. Friedrich wußte, daß der Erwerb einer Provinz nicht der Friedensschluß oder die Urkunde der Verleihung sei, sondern die Förderung ihres eigentümlichen Lebens, ihres innern Gedeihens und in diesem Sinn erwarb er und fesselte er Schlesien und Ostfriesland, wie später Westpreußen, durch heilsame Einrichtungen und eine gerechtere Verteilung der Abgaben. Wir sehen ihn in den bezeichneten Jahren überall thätig und wir sehen im Frieden wie im Kriege seinen erhabenen und scharfen, seinen alles überschauenden und in alles eindringenden Blick. Hier tilgte er in jener Zeit ein- gewurzelte Mißbräuche der Verwaltung und verstand es, einen wach- samen und unbestechlichen, einen pflichttreuen und verschwiegenen Be- amtenstand zu erzeugen; dort schuf er ein einsichtiges Landrecht und unparteiische Rechtspflege. Hier baute er oder verstärkte er Festungen, wie in Schlesien, und sorgte für Zucht und Übung des Heeres oder gründete ein Haus für die „verwundeten, aber unüberwundenen Krieger;" dort nahm er fördernd an Wissenschaft und Kunst teil. Hier ermunterte er die Gewerbe, z. B. die Zuckersiederei in Berlin, die Manufakturen in Potsdam und Brandenburg, in Frankfurt a. O. und Magdeburg; dort legte er Eisenwerke an. insbesondere für die Zwecke des Geschützes, oder verbesserte Salinen. In dieser Zeit versuchte er den Seidenbau und pflanzte Maulbeerbäume, in späterer Zeit setzte er den Anbau der Kartoffel durch. Hier öffnete er dem Handel neue Wege, wie in Emden, oder erleichterte ihn, wie er z. B. den Stettiner Handel von dem schwedischen Zoll bei Wolgast durch das neue Fahrwasser und den neuen Hafen von Swinemünde befreite: dort entwässerte er Niederungen und bebaute sie mit fleißigen Dörfern, wie in dem Oderbruch. Es ist für seine Weise zu denken bezeichnend, wenn er da, wo er des glücklichen Anbaues dieser weiten, früher sumpfigen Strecken durch zwölfhundert Familien erwähnt, die Worte hinzufügt: „das bildete eine neue kleine Provinz, welche thätiger Fleiß der Unwissenheit und Trägheit ab- gewonnen hatte." Aber vor allen Dingen baute der König das Land mit dem Gesetz. „Die Gesetze sollen reden, aber der Monarch schweigen," sagt er in seinem politischen Testamente, und im Gegensatz gegen die Justiz unter

9. Deutsche Prosa - S. 46

1900 - Gera : Hofmann
46 Adolf Trendelenburg. Befreiung aller seiner Lande von den Reichsgerichten bedurfte? sollte er sich scheuen, ein allgemeines und unbeschränktes privilegium de non appellando zu erwerben, damit nur die Idee der Rechtseinheit im Reiche keinen Eintrag litte? Sein Beispiel einer neuen bessern Rechtspflege wog diesen Nachteil auf und beförderte bald den Wett- eifer der übrigen Deutschen. So wirkte Friedrich, indem er von den deutschen Reichsgerichten abfiel, mehr zum deutschen Heil, als wenn er darin beim alten deutschen Reich geblieben wäre. Ähnlich war es auf dem politischen Gebiete. Da er dem vorbereiteten Schlag seiner Feinde zuvorkommen mußte, konnte ihn in seinem kräftigen Gange das Puppenspiel einer Reichsacht so wenig kümmern, als die „eilende Exe- kutionsarmee," welche schon in der Kundmachung durch die Ironie eines Druckfehlers eine elende hieß. Wenn man zugesteht, daß dem neuen Staate Friedrichs ein berechtigter Gedanke zum Grunde lag, so war später der Fürstenbund ein notwendiger politischer Schutz dieses Ge- dankens gegen Josephs Ii. Vergrößerungspläne. Wenn man ihn als eine undeutsche That Friedrichs bezeichnet wie eine Aufwiegelung der Fürsten gegen den Kaiser unter dem Vorwand der deutschen Freiheit und der deutschen Rechte: so vergißt man, daß ihm kein Reichsrecht entgegenstand und daß er die Fürsten auf ein im Reich verloren ge- gangenes Gefühl gemeinsamer Kraft, ans diese erste Bedingung für Deutschlands Wiederbelebung, hinführte. Übrigens begann der Fürsten- bund nur zu erfüllen, was Pufendorf 120 Jahre früher als politische Notwendigkeit vorausgesagt hatte. Endlich trifft den König Friedrich der Vorwurf, daß er die deutsche Art mit französischer Bildung, mit französischem Wesen getrübt und versetzt habe. Ohne Zweifel liegen hier die Schranken seines Geistes. Friedrich fühlt sich geistig nur wohl, wenn er in französischer Luft atmet. Er sammelt französische Dichter und Gelehrte um sich, einen Voltaire und La Mettrie, d'argens und Maupertuis; er schreibt, er dichtet französisch; er stellt noch zu einer Zeit die französische Litteratur der deutschen als Muster auf, als diese schon ihren Lessing gehabt hatte, als schon ihr großes Zeitalter wie ein neuer Tag unsers Zeitalters an- gebrochen war; er ist so dem Deutschen abgeneigt, daß er sich als Kron- prinz Christian Wolfs Metaphysik, dessen deutsch geschriebene „Ver- nünftige Gedanken" ins Französische übersetzen ließ, um sie dann zu lesen, ja zu bewundern, st Es liegen hier die Schranken, welche Ge- wöhnung und Vorliebe der Wirksamkeit seines großen Geistes zogen. Es war Friedrichs Sache nicht sich imponieren zu lassen, aber in der französischen Litteratur ist es ihm begegnet. Der Gang der damaligen 0 Vgl. Friedrichs des Großen Briefwechsel mit Suhm.

10. Deutsche Prosa - S. 49

1900 - Gera : Hofmann
Zum Gedächtnis Friedrichs des Großen. 49 ihnen wissen wollte." „Der erste wahre, höhere, eigentliche Lebensgehalt", sagt er kurz vorher, „kam durch Friedrich den Großen und die Thaten des siebenjährigen Krieges in die deutsche Poesie" — und an einer anderen Stelle: „Blickten wir nach Norden, so leuchtete uns von dort Friedrich, der Polarstern, her, um den sich Deutschland, Europa, ja die Welt zu drehen schien." Wir messen auch hier die Größe Friedrichs an seiner allgemeinen Wirkung; er wirkte auch da in deutschem Sinne, wo er selbst, wie in der Litteratur, von der deutschen Richtung am weitesten entfernt war. Je vielseitiger die That eines Lebens ist, desto mehr werden sich neben dem innern Zweck auch die Seitenwirkungen vervielfachen. Sie führen aus der nächsten Absicht, aus dem eigentlichen Werk in das unabsehliche, unberechenbare Gebiet der Folgen, in die Gegenwirkungen fremder Kräfte. Auch das Übel kann gute Seitenwirkungen haben, wie z. B. wenn die rohe Gewaltthat die entgegenstehenden Kräfte erregt oder als Bedingung zum Bessern neue Lagen des Lebens schafft. Aber das Übel bleibt dennoch ein Übel, während das Große durch sich selbst auch in seinen Seitenwirkungen groß erscheinen wird. Dahin rechnen wir in Friedrich Ii. das mächtige Ansehn seines Beispiels. Wenn in Österreich und selbst in Frankreich preußische Einrichtungen und Übungen des Heeres eingeführt wurden, wenn in Josephs Ii. Reformen Friedrichs Gedanken wie im Abbild erscheinen: so wird in diesen Seitenwirkungen Friedrichs Größe selbst aus dem Lager und dem Staat der Feinde zurückgespiegelt. Bis dahin betrachteten wir Friedrich in seinem Werke, so wie in der Fülle der Wirkungen, die von ihm ausgingen. Friedrichs Geist ist mitten darin. Aber in der Geschichte heißt nicht bloß sein Werk groß, sondern er selbst heißt der Große. Darum mögen wir noch einen Blick auf seine Persönlichkeit werfen. Es ist gewöhnlich, ja fast unvermeidlich, daß die Vielseitigkeit der Bestrebungen und Betrachtungen mit der Spannung und Sammlung, die Allgemeinheit der Richtungen mit der Bestinuntheit im einzelnen, die Vertiefung in theoretische Studien und poetisches Spiel mit der nach außen gekehrten Kraft eines schlagfertigen, ausharrenden Willens im Gegensatz oder im umgekehrten Verhältnis stehen. Es ist gewöhn- lich, daß diese entgegengesetzten Bewegungen einander hindern und schwächen. Nur in dem seltenen und großen Manne werden sie, statt einander zu beeinträchtigen, einander beleben und ergänzen. In der Ver- einigung und in dem Ebenmaß der Gegensätze wird seine Größe liegen. In dem Helden und Staatengründer sucht niemand den Dichter oder Geschichtsschreiber, den wissenschaftlichen Taktiker oder Philosophen. M. Henschke, Deutsche Prosa. 4
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