Aus dem Leben und Treiben in Stadt und Land im Merowingerreiche. 299
von einem Zuge dienender Leute, einherritt. Über die Karren und Lastwagen ragte der hohe Hals eines Kamels, das um 600 auch int Franken-
reich als Lastträger benutzt wurde, ja noch unter Karl dem Großen beim Bau des Königsschlosses von Aachen Steine zutrug. Auf dem Flusse führten die Frachtschiffe die Waren der Hafenstadt und die Ackerfrucht von entfernteren Gütern der Kirche nach der Stadt.
Rührte sich die Stadt festlich bei einem großen Tage ihres Heiligen,
dann wurden Teppiche aus den Fenstern gehängt — der Schmuck durch Blumen wird in diesen Jahrhunderten nicht erwähnt —, dann zog das Stadtvolk mit Fahnen und den Abzeichen seiner Schulen würdig auf, neben den Germanen und Inländischen auch fremde Landsleute z. B. Italiener, Syrer und Juden. Wenn ein König begrüßt wurde, sang jedes Volk in antiker Weise einen langen, schöngefügten Glückwunsch seiner Sprache, der vorher einstudiert wurde und dessen Worte für wichtig und bedeutungsvoll galten. Als König Guntram im Jahre 585 zu Orleans einzog, sang das Volk: „Es lebe der König, und seine Herrschaft mehre sich über alle Völker viele Jahre." Die Juden aber sangen: „Dich sollen alle Völker anbeten, beugen sollen sie dir das Knie, und unterthänig sollen sie dir sein." Aber den Juden war der König nicht günstig; denn bei Tische sagte er: „Diese Juden haben nicht aus gutem Herzen gesungen; sie schmeichelten mir heut in ihrem Lobspruch, weil ich ihre Synagoge, die schon lange von den Christen zerstört ist, auf öffentliche Kosten wieder aufbauen soll. Aber ich thue das nicht."
Für den Beifall, den ein Germanenfürst fand, und für die Geschenke, die er beim Einzuge erhielt, war er dem Stadtvolk dankbar, er machte einzelnen Gegengeschenke und erließ der Stadt Abgaben. Denn obwohl er zuweilen gegen seine Städte harten Willen bewies, er hatte doch einige Scheu vor der Menschenmenge und vielleicht noch größere vor ihrem Geschrei. Wie ihm der freudige Zuruf wohlthat, weil er aus guten Wünschen eine gute Wirkung für sich hoffte, so fürchtete er auch die Vorbedeutung des einstudierten Zorngeschreies und die Gefahren eines lauten Fluches. Als ein Fraukenkönig mit seinen Bischöfen unzufrieden war, drohte er das Volksgeschrei gegen sie zu erregen, und als König Guntram einmal durch einen Anschlag gegen sein Leben aufgeregt war und um das Aussterben der Merowinge bangte, wandte er sich in der Kirche an das versammelte Volk und bat ernstlich, ihn nicht umzubringen, wie man mit seinen Brüdern gethan, sondern ihn wenigstens noch drei Jahre leben zu lassen, bis er seinen Neffen groß gezogen. Und diese königliche Bitte bestimmte das Volk zu lauten Wünschen für sein Heil.
War der König in recht guter Laune, so gab er den Städtern auch Schaufeste. Wie der Wandalenherr in Afrika und König Leovigild in Spanien, so saß seit 543 auch der Frankenkönig im Cirkus von Arles,
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
248
Reitern und berittenem Fußvolk eilte Alexanber des Nachts durch die wasserlose Heibe, wobei manche seiner Krieger ermattet liegen blieben. Da sah man bei Tagesanbruch die zerstreute, unbewehrte Karawane der Hochverräter, auf welche Alexanber lossprengte. Schrecken ergriff die Verräter, welche mit wildem Jammergeschrei auseinanber stoben. Nur wenige versuchten Widerstand, die anbetn flohen, Darms im Wagen in ihrer Mitte, um ihn herum seine Verräter. Wie die Macebonier sich mehr und mehr näherten, weil die Reiter schneller vorwärts kamen als der Wagen, wollten sich die Satrapen ihres Gefangenen entlebigen und sich vor etwaiger Strafe sichern, fielen über den wehrlosen Darius her, burchbohrten ihn mit Schwertern und Speeren und jagten dann nach verschiedenen Seiten bavon, inbein sie den sterbenben König auf der Lanbstraße liegen ließen. Bald barauf kam Alexanber heran, fanb aber nur die Leiche des Königs, welche er mit seinem Purpur bebeckt haben soll. Was man sonst noch erzählt, ist Sage, daß z. B. ein mace-bonischer Reiter, im Helm in der Wüste dem schmachtenben Alexanber Wasser gebracht habe, was aber Alexanber nicht an-nahm, weil seine Leute den Mut verlieren würden, wenn er allein trinke! Da sollen seine Begleiter jauchzenb ausgerufen haben: „Führe uns, wohin du willst! Wir sind nicht ermattet, wir bürsten nicht und sinb nicht sterblich, so lange bu unser König bist!"
Alexanber stanb nun am Elbrusgebirge, bessen Pässe zum Kaspischen Meere, nach Iran und Turan führten. Das Gebirge war btcht bewalbet und schluchtenreich, dazu von kriegerischen Völkern bewohnt, welche Alexanber jeboch balb zur Unterwerfung zwang. Zugleich begann der Spartanerkönig Agis mit 20000 Mann offenen Ansstanb, ba er auf griechische Hilfe und persisches Gelb rechnete; boch schnell eilte Antipater mit 40 000 Kriegern herbei und schlug die Spartaner bei
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58 Ii. Zeitr. Das Mittelatter. Von 768 bis 1517.
daß sich m dem heutigen Sinne des Wortes ein deutsches Voll, die deutsche Nationalität bilden konnte. Doch bedeutete das Wort deutsch noch lange nur die Sprache, die Volkssprache im Gegensatz zur lateinischen (diutisk von diota Volk), erst im Anfange des 11. Jahrh, begannen unsere Vorfahren sich als deutsches Volk zu bezeichnen in demselben Sinne, wie wir den Ausdruck brauchen. Also der äußere Zusammenschluß aller reindeutschen Stämme in einem Reiche und ihre Abschließung gegen ihre romanischen Nachbarn, das ist die Bedeutung des Mersener Vertrages, der zum ersten Male die Grenzen zwischen einem französischen und deutschen Reiche gezogen hat, Grenzen, die zum Theil im jüngsten Frieden wiederhergestellt sind.
29. Die Zeiten der letzten Karolinger in Deutschland. 843—911.
Die Nachkommen Karls des Großen, oder die Karolinger, herrschten in Deutschland noch 68 Jahre, bis 911. Sie waren: Ludwig der Deutsche (843-876), Karl der Dicke (876-887), Arnulf (887-899) und Ludwig das Kind (899—911). Der erste Ludwig hielt im Ganzen noch gute Ordnung und wußte sein Erbtheil auch gegen die auswärtigen Fernde wohl zu vertheidigen; aber die Zeit der drei letzten Regierungen gehört zu den unglücklichsten Zeiträumen, die unser Vaterland je betroffen haben. Deutschland war fast von allen Seiten von Feinden bedrängt. Von Osten her, aus Mecklenburg, Pommern, Brandenburg, der Lausitz und Böhmen, machten die slavischen Völker fortwährend verheerende Raubzüge in Deutschland. Von Norden kamen oft zahlreiche Raubgeschwader der Normänner aus Dänemark, Schweden und Norwegen, fuhren auf den großen Flüssen bis tief in die Länder hinein und verheerten und plünderten alles umher aus. Auf dem Rheine sind sie bis nach Köln und Bonn vorgedrungen. ^
Zu diesen Feinden kamen zuletzt auch noch die Ungarn, eigentlich Magyaren (Madscharen), ein wildes Räubervolk aus Asien, welches sich im jetzigen Ungarn festgesetzt und die dort noch vorhandenen Avaren unterjocht hatte. Auf ihren leichten Pferden kamen die Schaaren dieses wilden Volkes wie ein verwüstend« Sturmwind bald über die eine, bald über die andere deutsche Provinz, wütheten mit Feuer und Schwert und führten meistentheils Tausende von Gefangenen jeden Standes und Alters als Sclaven mit sich fort. Ehe noch an eine kräftige Vertheidigung gegen sie gedacht werden konnte, warm sie schon wieder verschwunden und das Unglück war geschehen. Es war auch nicht gut mit ihnen zu fechten, denn sie hielten zum regelmäßigen Gefecht nicht Stand, sondern griffen bald an, bald flohen sie und schossen im Fliehen ihre Pfeile aus horne-nen Bogen mit solcher Gewalt rückwärts, daß man ihnen schwer ausweichen konnte. Uebrigens waren sie klein, häßlich von Ansehen und von barbarischen Srttem Diese Feinde kamen zuerst unter dem letzten Karolingischen Könige Ludwig, der von seiner Jugend den Beinamen das Kind erhalten hat. Der vorige König Arnulf hatte die Ehre der deutschen Waffen noch durch eine glückliche Schlacht gegen die Normänner bei Löwen gerettet; nun aber ging sie ganz verloren. Die Ungarn verheerten regelmäßig jedes Jahr eine der deutschen Pro-
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Extrahierte Personennamen: Karls Ludwig Karl_der_Dicke Karl Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschland Deutschland Mecklenburg Pommern Brandenburg Deutschland Dänemark Schweden Norwegen Rheine Bonn Ungarn Asien
\
Ix. Italien. 131
ix. Italien.
A. Allgemeine Geschichte desselben.
1. Italien wird größtentheils von deutschen
Völkern unterjocht.
Westgothen unter dem Manch bis 412.
Heruler unter demodoacher 476.
Ostgvthen unter Dietrich dem Großen 495.
Residenz zu Ravenna.
Griechische Kaiser seit 552. Die Ostgothett
wurden vom K. Iustinian verdrängt. Exar-
chen zu Ravenna.
Longobarden seit 56z.
Ursprung der neuern Italiener und ihrer
Sprache.
2. Italien kömmt unter die Herrschaft der Ca-
rolinger.
Schon Pipin bekriegte die Longobarden, und 7^4
nahm ihnen das Exarchat weg.
Karl der Große zwang den longobardischendie- 771
trich, ein Mönch zu werden. Auch stellte er
die abendländische Kaiserwürde wieder her.
Nach Karls Tode wurde sein Enkel Bernhard 814
König von Italien. Diesem ließ sein Onkel
Kaiser Ludwig der Fromme die Augen aus- 8l7
stechen.
Durch den Vertrag zu Verdun wurde Italien 84z
dery ältesten Sohne Ludwigs des Frommen,
dem Kaiser Lothar, zu Th?il. Dieser hatte
I - wie-
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Extrahierte Personennamen: Karl Karls Bernhard_814
König Ludwig Ludwig Ludwigs Lothar
Extrahierte Ortsnamen: Italien Italien Ravenna Ravenna Italien Karls Italien Italien
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Ostfriesland
Kreuzzüge der Friesen rc.
35
9.
Rreuzzüge der Friesen nach dem heiligen Lande.
Schon dem ersten Kreuzzuge der Deutschen im Jahr
1097, unter Anführung des Herzogs von Lothringen,
Gottfried von Bouillon, wohnten viele Friesen bei.
Ein gcwister Eelkc Lyaukma war zuerst General
über 3000 Mann friesischer Kreuzfahrer, dann nach der
Eroberung von Nicaa sogar zum Kommandanten die-
ser Stadt ernannt. Auch Jerusalem half er mit ero-
bern. Das Glück und der Ruhm der Friesen mun-
terte viele ihrer Landsleute auf, ihnen in das heilige
Land zu folgen. Unter ihnen kommen schon die noch
heutiges Tages in Lstfricsland vorhandenen Namen
Kam minga und Okkinga vor. — Gegen das En-
de des zwölften Jahrhunderts nahmen die Friesen wie-
derum Theil an Den Zügen nach Palästina. In Ver-
bindung mit den Danen rüsteten sie 50 Schiffe aus
und vereinigten sich mit den Flotten der Holländer
und Flandcrcr, richteten aber nichts aus. Bedeuten-
der war der zu Anfang des dreizehnten Jahrhunderts
unternommene Krcuzzug. Eine große Menge von
Menschen, sogar ganze Schaarcn von Weibern, auf
allen Sceküstcn der friesischen Provinzen, ließen sich
von dem geistlichen Schwindel bcthören und sich mit
dem Kreuze zeichnen. Die friesische Krcuzflottc bestand
aus achtzehn Segeln. Schon in Spanien eroberten
und plünderten sie einige von Mauren bewohnte Städ-
te. Der Ruf von ihrer Grausamkeit ging ihnen voran
nach Aegypten. Hier eroberten sie die Stadt Dami-
ctte, die sie aber in dem mit dem Sultan geschloffe-
nen Frieden wieder zurückgcben mußten und also nichts
gewonnen hatten. Verdrießlich darüber suchte der Pabst
bald einen neuen Kreuzzug zu erregen. Die Bremer
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
464
Amerika.
Dieser Kampf dauert so lange fort, bis beide Theile sich dermaßen
durchgedroschen haben, daß sich von der einen wie von der andern
Seite kein Liebhaber mehr findet, worauf die Streitigkeit geschlichtet
ist und die Gegner nach verschiedenen Seiten ruhig abstehen. Nur
die ungewöhnlich harten Schädel der Indianer können die Schlage er-
tragen, die bei solchen Gelegenheiten auf ihre Köpfe herab regnen.
Die Weiber ermangeln bei dergleichen Gelegenheiten nicht, dem Bei-
spiele der Männer zu folgen. Sie fallen sich unter gräßlichem Ge-
heul mit Nageln und Zahnen an, zerkratzen und zerbeißen sich gegen-
seitig, reißen sich bei den Haaren an der Erde hin, zerren und schla-
gen sich im Staube umher. Die Männer aber berühren sich nie mit
den Händen, sondern fechten ihre Sache bloß mit ihren Stangen aus.
Auch gehören die Botocudos zu den wenigen Jndianerstämmen,
welche die abscheuliche Gewohnheit des Menschenfressens noch immer
nicht gänzlich abgelegt haben. Doch sollen nicht alle Stämme der-
selben dieser unmenschlichen Gewohnheit ergeben seyn, sondern bloß der
Hauptstamm das Fleisch der getödteten Feinde verzehren. Indeß läug-
nen gefangene Botocuden dies, und auch mehrere Reisende der neuesten
Zeit sprechen sie von dieser schändlichen Gewohnheit frei. Insbeson-
dere bestreitet Saint Hilaire, ein Franzose, der in der gelehrten
Welt durch seine Naturforschungen bekannt ist, und in der neuesten
Zeit sechs Jahre lang das Innere Brasiliens durchreist hat, die ge-
wöhnliche Behauptung, daß die Botocudos Menschensteisch essen, und
spricht sie ganz davon frei. Ein Botocude, der seine Wälder ver-
lassen und hierauf mehrere Jahre in Diensten des St. Hilaire gestan-
den hatte, verwarf die Beschuldigung seiner Landsleute der Men-
schenfresserei . als eine Lüge, die von den Portugiesen ersonnen worden
sey, um einen Vorwand zu haben, seiner Nation zu schaden, und
fügte zu gleicher Zeit hinzu, daß der Gebrauch seiner Landsleute, die
Leichname ihrer Feinde in kleine Stücke zu hauen, zu jener Verläum-
dung Anlaß gegeben habe.
Ausgemacht ist es jedoch, daß sie noch auf der allerniedrigsten
Stufe der Kultur stehen; und sie haben es bis jetzt vorgezogen, frei
und ungebunden in ihren Urwäldern umherzustreifen, als sich den
Portugiesen auf irgend eine Weise zu nähern. So viele Versuche auch
diese machten, sie auf gütige oder gewaltsame Art zu unterjochen,
scheiterten sie doch an dem Freiheitsgefühle dieser Naturkinder, die da-
her auch alle Pflanzungen zerstörten, welche man in der Nähe des
Landstrichs, den sie als ihr Eigenthum ansprechen, anlegen wollte,
und schonungslos alles tödteten, was ihnen in den Wäldern oder auf
ihren Streifzügen begegnete. Die Regierung beschloß daher, diese
hartnäckigen Feinde zu unterwerfen, man erlaubte sich die schrecklich-
sten Maßregeln gegen dieselben, und ertheilte den grausamen Befehl,
jeden Botocuden, dessen man ansichtig würde, wie ein wildes Thier
nieder zu schießen; allein mit derselben Grausamkeit, womit sie seit dieser
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
164
Amerika.
zweier Menschenklassen in dem freien Amerika, die an diesen allgemei-
nen Menschenrechten keinen Antheil haben und dies sind die Neger-
sklaven und die Redemptioners. Der größten Freiheit steht also
hier der größte Kontrast gegenüber. Sklaven unter freien Menschen!
Ein Volk, welches durch seine Revolution aussprach, daß es nichts
schrecklicheres kenne, als freiwillige Knechtschaft, gestattet die noch weit
furchtbarere Knechtschaft, die unfreiwillige. Der Negersklave entbehrt
der Menschenrechte und ist ganz der Willkühr seines Herrn überlassen.
Auf entlaufene Sklaven schießt man, wie auf das Wild und Empö-
rung oder Selbstrache wird gewöhnlich sehr grausam bestraft. Und
solcher Negersklaven giebt es noch über 2 Millionen in den vereinigten
Staaten, doch finden sich diese nur in den südlichen und mittlern
Staaten (am zahlreichsten in Virginien, Nord- und Südkarolina, Ma-
ryland, Georgia, Kentucky, Tennessee, Alabama und Louisiana), hin-
gegen in den nördlichen Staaten sind alle Sklaven für frei erklärt.
Übrigens aber versichert man, daß die Sklaven hier im Ganzen milder
als in andern Landern behandelt werden und daß man ihnen häufig
die Freiheit schenke. Doch fehlt es auch nicht an Beispielen von har-
ter und grausamer Behandlung derselben. So sagt der Herzog Bern-
hard von Weimar in seiner Reisebeschreibung bei Gelegenheit seines
Aufenthalts in Neu-Orleans: „der Greuel ist gräßlich und die Roh-
heit und Gleichgültigkeit, welche die Gewohnheit-in den weißen Men-
schen erzeugt hat, unglaublich. Wenn man hier einen Hausneger
züchtigen lassen will, so schickt man ihn mit einem Billet, in welchem
die Anzahl der Schlage, die der Überbringer bekommen soll, angegeben
ist, in das Negergefangniß. Hier empfangt er feine Strafe und
eine Bescheinigung, die er feinem Herrn mitbringen muß. Zuweilen
erhalt der Unglückliche die Züchtigung, indem man ihn, das Gesicht
unten, platt auf die Erde ausspreizt, und Hände und Füße an
4 Pfahle befestigt. Diese scheußliche Bestrafungsart ist vorzüglich auf
den Plantagen üblich. Überhaupt wird auf den Plantagen eine grau-
same Disciplin gehandbabt. Wer daher unter seinen Haussklaven Sub-
jekte hat, die er einer besondern strengen Zucht unterwerfen will, der
vermiethet oder verkauft sie auf die Plantagen."
Noch müssen wir einige Worte von den Redemptioners
(L oskaufling e) beifügen. Man nennt fo arme Einwanderer aus
Europa, die zur Bezahlung ihrer Überfahrtskosten von den Schiffs-
herrn so lange vermiethet oder vielmehr als Sklaven verkauft werden,
bis der Überfahrtspreis abverdient ist. Diefe haben ein noch weit
härteres Loos als die Negersklaven; deün da der Verkauf dieser Men-
schen nur auf eine Zeitlang gültig ist, so sucht der Käufer aus sei-
nem Redemptioner fo vielen Nutzen zu ziehen, als nur immer möglich,
und sein Zustand ist daher gewöhnlich schlimmer, als der des Neger-
sklaven, denn für letztere wacht wenigstens der Eigennutz, da er zu
hohen Preisen angekauft worden ist.
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Extrahierte Ortsnamen: Amerika Amerika Südkarolina Georgia Kentucky Alabama Louisiana Weimar Neu-Orleans Europa
Osmanisches Reich.
285
Einschnitte aus den Stammen und erhärtet an der Sonne. Der
beste ist durchsichtig, der geringere undurchsichtig, weich, trocken schwer
und erweicht bei der geringsten Hitze wieder. Im Handel kommt der
Mastix in erbsengroßen Kornern vor, sieht weißgelb aus, riecht sehr
gut, erweicht beim Kauen und bat einen gewürzhaften Geschmack.
Die vornehmen Türken kauen ihn gern, um sich dadurch einen wohl-
riechenden Athem und weiße Zahne zu verschaffen. Außerdem wird er
auch zum Raucherpulver und zu Firnissen gebraucht. Der Baum
selbst gehört zu der Gattung der Pistazienbaume und wachst nicht allein
auf Chios, sondern auch in Cypern und andern Gegenden des Mor-
genlandes, selbst im südlichen Europa. Er wird mäßig hoch, hat ge-
fiederte immer grüne Blatter, schwarze, den Wachholderbeeren ähnliche
Früchte, aus welchen ein brauchbares Ol gepreßt wird. Das fein ge-
aderte, balsamisch riechende, gelbliche Holz des 12 F. hohen Stammes
nimmt eine gute Politur an, und man verfertigte sonst Zahnstocher
daraus, welchen man eine die Zahne gesund erhaltende Kraft zuschrieb.
Die Insel Ehios war eine der blühendsten des Griechischen Ar-
chipels und von 110—120,000 Menschen, meistens Griechen bewohnt,
die sich durch Bildung, Industrie und Handelstätigkeit auszeichneten
und im Besitze großer Freiheiten und eines bedeutenden Reichthumes
waren. Die Hauptstadt von gleichem Namen wie die Insel hatte
30.000 E., die unter andern schöne Seidenzeuge verfertigten, und eine
Griechische Akademie hatten, worin in mehreren Wissenschaften Unter-
richt ertheilt wurde. Allein das Jahr 1822 vernichtete diesen glück-
lichen Zustand der Hauptstadt und der Insel, indem die Griechischen
Bewohner an dem allgemeinen Aufstand der unter Türkischer Herrschaft
lebenden Griechen Antheil nahmen, die auf Ehios sich befindenden
Türken überfielen und ermordeten, worauf bald darnach der Kapudan
Pascha mit der Türkischen Flotte erschien und, mit 25,000 Türken
hier landete. Nun ward jedes Haus, jeder Garten ein Mordplatz.
Blühende Jünglinge und Jungfrauen, ehrwürdige Greise und Matro-
nen, Weiber, Kinder, Säuglinge lagen verstümmelt unter einander.
Die scheußlichsten Greuel wurden an den Jungfrauen verübet. Der
größte Theil derselben ward geschändet und dann zerhauen. Gegen
40.000 Menschen wurden gemordet. Viele Frauen und Kinder wur-
den zu Sklaven gemacht und fortgeführt. Sobald keine Menschen
mehr zu schlachten waren, richtete sich die Wuth gegen die Hauser,
'worin man Schatze zu finden hoffte; kein Stein blieb auf dem Andern.
Nur die Katholiken, die Juden und die Bewohner der Mastixdörfer
blieben verschont. Von den übrigen Bewohnern der Insel aber ent-
gingen nur wenige dem allgemeinen Morden oder der Sklaverei. Nach
dieser schrecklichen Metzelei waren im I. 1823 noch 14 bis 16,000
Menschen auf der ganzen Insel vorhanden. In neuesten Zeiten jedoch
soll ihre Zahl sich wieder vermehrt und überhaupt die Insel sich wie-
der zu erholen angefangen haben.
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916
Afrika.
haben sie nur eine Frau, obgleich Vielweiberei erlaubt ist. Ihre Wei-
der sollen sehr fruchtbar seyn, gebaren leicht und gehen wieder an ihre
Arbeit, als wenn nichts vorgefallen wäre. Den Ackerbau besorgen die
Weiber, die Heerden die Männer. Der älteste Sohn beerbt allein den
Vater, ohne verbunden zu seyn, den andern Geschwistern etwas her-
auszugeben. Stirbt der älteste Bruder und hinterlaßt eine noch des
Kindergebarens fähige Wittwe, so ist der jüngste Bruder verbunden,
sie zu heirathen, die zu erzielenden Kinder gehören jedoch dem Verstor-
benen an. Auch giebt ihm die Heirach kein Recht auf das Vermö-
gen des Verstorbenen. — Im Jahre 1836 haben zwei Französische
Reisende, Tamisier und Co mb es, die fast ein Jahr in Habesst-
nien zubrachten, die Boren-Gallas besucht, welche das Land zwischen
dem blauen Flusse (Abawi) und den Wollo-Gallas bewohnen und
sich bis an das Meer ausbreiten. Nach ihren Nachrichten, die sie
über ihren Besuch mittheilen, sind diese Gallas Heiden, ohne Priester,
ohne Tempel und überhaupt ohne Zeichen äußeren Gottesdienstes,
übrigens aber von sehr gefälligem Benehmen und gastfrei, und bauen
ihr Land gut an. Sie besuchten Gallasstämme, denen vor ihnen,
wegen deß Rufes der Wildheit, in dem sie stehen, niemand sich zu
nahen gewagt hatte. Von einem Stamme Muhamcdanischer Gallas
wurden sie auf ihrem Wege von Gondar (der Hauptstadt Habesstniens)
nach der südlich gelegenen Habesstnischen Provinz Schoa ihrer Maul-
thiere, Waffen und ihres ganzen Gepäcks beraubt und 8 Tage gefan-
gen gehalten, in der Absicht, sie zu tödten. Da jedoch die Reisenden
in ihrer Anrede an das Haupt des Stammes große Kenntniß des
Islams verriethen, so hielt man sie für Muhamedaner und schenkte
ihnen Freiheit und Leben. — Von den außerhalb Habesstniens Grän-
zen lebenden Gallasstammen fehlen alle Nachrichten, da kein Europäer
zu ihnen gelangt ist. Sie scheinen den ganzen Landerstrich von der
Südgränze Habesstniens bis zu den Westgranzen von Melinde und
Magadoxo inne zu haben.
Noch nennen uns die Geographen als Völker, die in diesen un-
bekannten Gegenden des innern Afrikas hausen, die Jaggas oder
Schackas, welche südlich von den Gallas, östlich von Niederguinea
und westlich von dem Luxatagebirge und dem großen See M a-
rawi wohnen und südlich an die Kaffern stoßen sollen und als wilde,
rohe, grausame Negervölker beschrieben werden, immer gierig nach Men-
schenfleisch und Menschenblut. Alle diese Nachrichten aber sind gänz-
lich unzuverlaßig und die Schilderungen von ihrer Grausamkeit höchst
übertrieben und beruhen auf Erzählungen von Reisenden, die jedoch
diese Völkerschaften nicht selbst besuchten, sondern von den Bewohnern
der Küstenländer ihre Nachrichten über diesen bis jetzt noch den Eu-
ropäischen Reisenden verschlossenen Theil Afrikas erhielten. Der schon
mehrmals erwähnte Reisende Douville behauptet zwar. mehrere dieser
Völkerschaften besticht zu haben, aber wir wissen schon, wie geringe
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Europa.
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überzeugen, daß die Kaukasier ausgeartete Christen sind, welche den
Aberglauben des alten Heidenthums größtentheils wieder angenommen
haben. Auch die Kaukasier, welche man als Muhamedaner ansieht,
zeigen im Allgemeinen wenig Eifer für ihren Glauben, wissen nicht
einmal die gewöhnlichen Gebete Arabisch herzusagen, und spotten unter
sich über die Übungen und Gebrauche, welche diese Religion ihren
Bekennern vorschreibt; doch enthalten sie sich des Genusses vom
Schweinesieisch. Die meisten Kaukasier haben eine große Ehrfurcht vor
dem Donner. Wird jemand vom Blitze erschlagen, so sagen sie, der
Prophet Elias habe ihn getödtet. Man erhebt ein Freudengeschrei, es
wird um den Todten gesungen und getanzt; alles laust herzu, um an
der Freude Theil zu nehmen und die Wohlthat des Elias zu preisen.
Dieses Freudenfest dauert 8 Tage, worauf die Beerdigung mit großer
Feierlichkeit vorgenommen wird und Gastmahle folgen; hierauf wird
ein großer Steinhaufen auf dem Grabe errichtet, neben welchem an
zwei großen Stangen die Haut eines schwarzen Bocks und die Klei-
der des Verstorbenen aufgehängt werden. Überhaupt spielt der Pro-
phet Elias eine sehr ausgezeichnete Rolle in dem religiösen Glauben
der Kaukasier. Ihm sind viele Felsen und Höhlen heilig. In den
Gegenden des Kaukasus, in die der Muhamedanismus nicht gedrungen
ist, opfert man dem Elias an geweihten Ortern Ziegen, deren Fleisch
gegessen und die Haut an einem großen Baum ausgebreitet wird.
Am Tage dieses Heiligen werden sodann diesen Hauten besondere Ehren-
bezeugungen erwiesen, damit der Prophet vor Hagel bewahre und eine
reiche Erndte gewahre. Die Kaukasier haben keine eigentlichen Gesetze,
und das Eigenthum ist nur so lange sicher, als es mit Gewalt ver-
theidigt wird. Jedoch hat jedes Dorf seine Ältesten,, welche die Zwi-
stigkeiten der Einwohner zu schlichten suchen und die Ordnung so ziem-
lich zu erhalten wissen. Obgleich diese wilden Bewohner des Kauka-
sus von einem wirklichen Gesellschaftszustande noch unendlich entfernt
sind, so tragen doch zwei wichtige Grundsätze, welche allgemein bei
ihnen in Ausübung sind, mächtig zur Bezähmung ihrer grausamen
Leidenschaften bei — die Pflicht der Gastfreundschaft und die Blutrache.
Die erstere verpflichtet zu einem förmlichen Bündnisse zwischen 2 Men-
schen oder 2 Familien, das niemand brechen kann, ohne den Haß des
ganzen Stammes auf sich zu ziehen. Wenn ein Kaukasier einen andern
unter seinen Schutz nimmt, oder als seinen Gast empfangt, so kann
dieser mit vollkommener Sicherheit auf ihn rechnen und selbst sein
Leben in des andern Hände legen. Die Blutrache wird noch strenger
ausgeübt, als bei den Beduinen; es ist eine heilige Pflicht, die vom
Vater auf den Sohn übergeht, und ihre Folgen dehnen sich auf die
ganze Familie dessen aus, der diese Rache durch den ersten^ Mord
herausgefordert hat. Die Erfüllung dieser Pflicht ist die gewöhnliche
Ursache der Kriege unter den Kaukasischen Stammen; auch hat ihr
unversöhnlicher Haß gegen die Russen ihren Grund in dieser Sitte.
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