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1. Das erste Geschichtsbuch - S. 53

1892 - Gera : Hofmann
— 53 — Felder und Wiesen in den Niederungen der Oder, Warthe und Netze sah. Jeder Bauernsohn mußte vor seiner Verheiratung eine Anzahl Obstbäume anpflanzen. Kahle Höhen ließ er mit Maulbeerbäumen bepflanzen, um beit Seidenbau einzuführen. Da oft Hirsche und wilde Schweine die Felder der Bauern verwüsteten, so erließ der König scharfe Bestimmungen gegen den Wildschaden. Zum Anbau der Kartoffeln mußte er die Bauern zwingen. Sie wußten mit den fremden Knollen nichts anzufangen. Nettelb eck, der brave Verteidiger Kolbergs, erzählt aus seinen jungen Jahren: „Der König schenkte meiner Vaterstadt einen ganzen Wagen voll Kartoffeln. Kopfschüttelnd bot sie ein Nachbar dem andern. Man brach sie von einander und warf sie, natürlich roh, den Hunden vor. Diese schnoberten daran herum und verschmähten sie gleichfalls. Nun war ihnen das Urteil gesprochen. Die Dinger, hieß es, riechen nicht und schmecken nicht, und nicht einmal die Hunde wollen sie fressen. Was wäre uns damit geholfen?" Der König aber ruhte nicht, bis er feine Unterthanen von dem Werte der Erdäpfel überzeugt hatte. Er sandte Leute im Lande umher und ließ die Bauern im Kartoffelbau unterweifen. Auch Gewerbe und Verkehr hob der König auf jede Weise. Er verband die Flüsse durch Kanäle, legte einen Hafen an, besserte die Wege und ließ in Fabriken Tuch, Leinwand, Porzellan n. a. Waren herstellen. Berlin verschönerte er durch schöne Bauten und die Bildsäulen seiner liebsten Generale. Um das Schulwesen stand es damals noch schlecht. Die meisten Schulhäuser waren elende Hütten, die meisten Lehrer unwissende Kammerdiener, Handwerker oder ausgediente Unteroffiziere. Tief in Dummheit und Aberglauben steckte das Landvolk. Durch eine Land schnlo rdnung ordnete der König an, daß Schulen gebaut, ordentliche Lehrer angestellt und die Jugend fromm und geschickt erzogen würde. Musterschulen richtete damals Eberhard von Rochow auf seinen Dörfern ein. In Berlin wurde die erste Realschule gegründet. Besondere Sorgfalt verwandte Friedrich auf die Rechtspflege. „Ungerechte Richter find gefährlicher als eine Diebesbande!" jagte er. Das Prozeßverfahren kürzte er ab, die unmenschlichen Strafen beseitigte er, und das „Allgemeine Landrecht" ließ er ausarbeiten. Überall war sein scharfes Auge, um Mißstände zu entdecken, und seine milde Hand, um zu helfen. Um feinen Unterthanen viel geben zu können, war er selbst sehr sparsam. „Preußen ist arm, darum muß sein König sparen!" sagte er. Im Mai unternahm er Reisen in das ganze Land. Dabei schenkte er auch dem Geringsten Gehör und untersuchte alle Beschwerden. „Die armen Leute wissen, daß ich Landesvater bin, darum muß ich sie hören!" sagte er. Als er einst die Pferde wechseln ließ, drängte sich ein altes Mütterchen dicht an feinen Wagen. „Was wollt ihr, Mütterchen?" fragte der König. „Sie sehen, weiter nichts!" war die Antwort. Der König reichte ihr einige Goldstücke und und sagte: „Auf diesen Dingern konnt ihr mich ansehen, so oft ihr

2. Das erste Geschichtsbuch - S. 7

1892 - Gera : Hofmann
— 7 — V Kaiser Wilhelm Ii. den Fahneneid geschworen. Die Richter sprechen Recht in seinem Namen. Ans den Münzen steht sein Bild. Jeden Sonntag wird für ihn, sein Haus und seine Regierung in der Kirche gebetet. In jeder Schule hängt sein Bild und wird sein Geburtstag gefeiert. 2. Kaiser Wilhelm Ii. verlebte eine glückliche Jugend. Unser Kaiser und König wurde am 27. Januar 1859 geboren, ist also jetzt . . .. Jahre alt. Sein Vater war der deutsche Kaiser Friedrich und seine Mutter die noch lebende Kaiserin Viktoria. Als er kaum geboren war, da rief ein alter General den vielen Menschen, die vor dem Schlosse auf gute Nachricht warteten, freudig zu: „Es geht alles gut; es ist ein tüchtiger Rekrut, wie man es nur verlangen kann!" Als Abgeordnete kamen und dem Vater Glück wünschten, da sagte dieser: „Wenn Gott meinem Sohne das Leben erhält, so will ich ihn in den Gesinnungen und Gefühlen erziehen, die mich an das Vaterland ketten." Der kleine Prinz wurde sorgfältig erzogen. Sein Vater bekümmerte sich selbst um alles. Er sollte einfach, ordentlich, fleißig und gehorsam werden. Nur nicht gern waschen ließ er sich, desto lieber aber von den Schildwachen am Schlosse grüßen. Einmal schrie er wieder vor dem Waschen. Da befahl sein Vater, ihn ungewaschen hinaus zu lassen. Fröhlich sprang der kleine Prinz fort und spazierte am Posten vorbei. Aber siehe! der Posten erhob kein Gewehr und that, als sähe er ihn nicht. Bitterböse lief der Prinz zu feinem Vater und klagte ihm fein Leid. Dieser aber sagte ernst: „Vor einem ungewaschenen Prinzen darf kein Soldat das Gewehr präsentieren!" Da schämte sich der Prinz und ließ sich von der Zeit ab willig waschen.

3. Die weltgeschichtlichen Kämpfe des Altertums - S. 335

1890 - Gotha : Perthes
335 so sehr verschlimmerte, daß er die ganze Nacht schlaflos unter Fieberschauern zubrachte. Dennoch ließ er nicht von seiner Gewohnheit, ein Bad zu nehmen und ein Opfer zu bringen, worauf Nearch mit den Flottenkapitänen erschien, um weitere Befehle inbetreff der Abfahrt zu erhalten. Da klagte Alexander über Mattigkeit und Schwäche, so daß man die Abfahrt um einen Tag verschieben müsse, bis wohin er sich werde erholt haben, um selbst mit zu Schiffe gehen zu können. Um sich die Zeit zu kürzen und der Schmerzen zu vergessen, mußte Nearch bei ihm bleiben und ihm von seiner Fahrt aus dem Persischen Meere, von seinen Abenteuern und Erlebnissen erzählen. Mit großer Aufmerksamkeit und sichtlichem Vergnügen hörte Alexander den Berichten seines wackeren Admirals zu, ward sehr aufgeregt und sprach wiederholt seine Freude aus, daß er nun bald auch solche Abenteuer erleben werde. Obschon sich nach Nearchs Weggange die Krankheit verschlimmerte, das Fieber in der Nacht immer heftiger wurde, berief Alexander doch am andern Tage nach dem Bade und Opfer die Flottenosfiziere zu sich, um ihnen anzuzeigen, daß sie für übermorgen alles zu seinem Empfange auf der Flotte und zur Abfahrt bereit halten möchten. Noch immer hatte Alexander keine Ahnung von der Gefährlichkeit seiner Krankheit, bis nach dem Bade am Abend das Fieber sich heftiger einstellte, ihn furchtbar schüttelte und rüttelte, seine Kräfte sichtlich abnahmen und auch in der Nacht das Fieber ihn nicht einen Augenblick schlummern ließ. Durch Willenskraft wollte Alexander die Krankheit niederhalten, ließ sich daher am Morgen trotz des heftigsten Fiebers vor das große Bassin tragen, wo er unter großer Anstrengung das Opfer brachte. Hierauf ließ er die Offiziere vor, gab Befehle über die Fahrt der Flotte, besprach sich mit den Generalen über Besetzung einiger Offizierstellen und übertrug ihnen die Auswahl. Obschon die

4. Die weltgeschichtlichen Kämpfe des Altertums - S. 133

1890 - Gotha : Perthes
133 und seine Ausdauer angewiesen und knüpfte mit Macedonien und Syrien Verbindungen an, damit die Römer anderweitig beschäftigt würden; aber dies waren schließlich nur weit aus-sehende Pläne, die ihm nicht aus der Bedrängnis des Tages halfen. Man spricht wohl von der Verweichlichung der Truppen in Capua, um den Wechsel des Kriegs zu erklären, aber dies ist nur eine wertlose Vermutung, denn die Truppen stammten ja aus heißen Ländern, konnten daher in Süditalien nicht erst erschlaffen, und dazu gab die Fortdauer des Krieges, die Nähe der römischen Heere keine Muße zum Schlaraffenleben. Zwar liefen dem Hannibal viel Bruttier zu, aber nur um ein Räuberleben zu führen, wie es im Dreißigjährigen Kriege Sitte wurde. Wie sehr der alte Geist aus dem Heere gewichen war, zeigt der wiederholte erfolglose Angriff aus Nola, wo Marcellus sich siegreich behauptete. Erst als das griechische Lokri in Unter-italien zu Hannibal übertrat und das menschenarme Kroton erobert war, gelangte Hannibal in den Besitz von zwei Häsen und konnte mit Karthago wieder in Verbindung treten. Inzwischen erholte sich Rom bei der sinkenden Macht Hannibals und verweigerte den Austausch der Gefangenen, welche es leichter entbehren konnte als Hannibal, welcher nun die gefangenen Römer als Sklaven verkaufte. Dagegen verdoppelten die Römer ihre Legionen, indem sie alle gerichtlich Verurteilten, Schuldner, 8000 Sklaven und selbst Gladiatoren zu Soldaten machten und außerdem noch Hilfe in den lateinischen Städten und Bezirken fanden. Trotzdem war die Not in Rom groß, weil es an Geld fehlte, die Getreidepreise daher um das Zehnsache stiegen. Obschon sich Süditalien im ganzen dem siegreichen Hannibal zuwandte, konnte dieser doch keine große Schlacht mehr liefern, zog vielmehr in Apulien und Lucanien umher, ohne rechten Zweck, eroberte kleine Städte, lieferte aber nur

5. Die weltgeschichtlichen Kämpfe des Altertums - S. 302

1890 - Gotha : Perthes
302 Labyrinth der Dünen, bis er vor Hunger und Durst kraftlos zusammenbrach und elend verschmachtete. „Glücklich war man, wenn man vor Tagesanbruch einen Brunnen erreichte, wo man rasten konnte. Aber es blieben Qualen genug übrig, um die Soldaten zu erschöpfen. Die Sonne brannte vom frühen Morgen ab durch rötliche Glutluft nieder, und der Sand brannte wie Feuer unter den wunden Füßen. Da stürzten denn Menschen und Tiere röchelnd zusammen, Blut drang aus Mund und Augen hervor, oder sie kauerten nieder, befallen von Wahnsinn und grinsten ihre Kameraden an, welche in losen Reihen und schweigend an ihnen vorüberwankten. Fand man endlich Wasser, so stürzte man in wilder Hast zu demselben, trank in maßloser Gier und mußte diese Unvorsichtigkeit mit qualvollem Tode büßen. Ja, als man einst in dem breiten Bette eines fast ganz ausgetrockneten Flusses den Tag über unter Zelten lagerte, brach am Abend plötzlich ein Unwetter los, füllte sich das Flußbett im Nu mit brausenden, jäh dahinschießenden Wogen, von denen Menschen und Tiere samt den Zelten weggerissen wurden, ehe man sich recht besinnen konnte, was zu thun sei. Selbst Alexanders Zelt und Waffen rissen die wütenden Wellen fort, und er selbst entging nur mit Mühe dem Tode, da ihn die rasenden Wellen fortzureißen drohten. „So ging es Tag für Tag: stets dieselben Leiden, Gefahren und Anstrengungen und dazu noch zunehmende Ermattung und Hoffnungslosigkeit. Um das Leiden noch zu steigern, erhob sich einst noch ein heftiger Sturm, trieb die Dünen hin und her, verfinsterte mit Staubwolken die Luft, begrub oder erstickte Menschen und Tiere und verwehte die Wege, so daß sich die landeseingeborenen Führer verirrten und alle ihren Untergang für unvermeidlich hielten. Um sich wieder zurechtzufinden, mußte man das Meer aufsuchen. Daher sammelte Alexander

6. Die weltgeschichtlichen Kämpfe des Altertums - S. 301

1890 - Gotha : Perthes
301 Vorräte sammeln, aus dem Innern des Landes Getreide, Datteln und Schlachtvieh herbeischaffen und unter Bedeckung zuverlässiger Leute nach der Küste bringen für die Seemannschaft, welche auf solche Vorräte angewiesen war. Unter solchen Entbehrungen und Anstrengungen gelangte man in den furchtbarsten Teil der Wüste, wo mit dem steigenden Hunger auch die Zügellosigkeit, das Haschen nach einem Trunk oder einem Bissen zunahm. Auf zehn bis fünfzehn Meilen weit war kein Wasser zu finden, dazu war der tiefe heiße Sand wie ein stürmisches Meer zu hohen Dünen aufgeweht, in welche man tief einsank und sich nur mit großer Anstrengung fortschleppte. Weil nun diese mühevolle Arbeit, durch den unter den Füßen nachgebenden Sand sich durchzuarbeiten, sich unausgesetzt wiederholen mußte, so nahmen die Kräfte bald ab, blieben viele ermattet liegen. Vergrößert ward diese Belästigung noch durch die Dunkelheit der Nacht, welche nicht das Geringste wahrzunehmen gestattete, also bei Unglücksfällen ganz hilflos machte. Bei solchen endlosen Leiden und ermüdenden Anstrengungen hörten denn auch bald Zucht und Ordnung auf und nahm die selbstsüchtige Gier, sich zu retten und zu nähren, mit jedem Tage schrecklichere Gestalt an. Man schlachtete alles Zugvieh, um sich zu ernähren, sogar das der Krankenwagen, welche man dann trotz des Jammergeschreis und der Bitten der Kranken, sie nicht einem schmerzhaften Hungertode zu überlassen, erbarmungslos in der Einöde stehen ließ. Man hörte nicht auf die Klagen und Bitten der Kameraden, sondern zog mitleidlos weiter, denn die tägliche Not hatte gefühllos gemacht. Wer matt und müde zurückblieb, um zu rasten und sich zu erholen, fand kaum noch die Spuren des Heeres, welche vom Sande verweht waren, konnte die Weitereilenden nicht mehr einholen, verschmachtete daher bald unter furchtbaren Leiden, Zuckungen und Fieberphantasieen, oder verirrte sich im

7. Die weltgeschichtlichen Kämpfe des Altertums - S. 311

1890 - Gotha : Perthes
311 2l. Seltsame Schlußfeier der Heeresfeste. Alexanders Leben ist reich an Gegensätzen und buntem Schicksalswechsel, und so geschah es denn auch, daß diese Gesamthochzeit und Beschenkung des Heeres einen seltsamen Abschluß erhielt durch einen indischen Büßer aus Taxila, welcher Alexanders Macht und Liebe zur Weisheit bewunderte und dessen Heere trotz der Einsprache der Braminen und der Verspottung vonseiten der Soldaten folgte. Mehrere Generale liebten den Umgang mit diesem weisen Manne, den sie Kalanus nannten, welcher aber eigentlich Sphines hieß und mit dem Worte Kalanus zu grüßen pflegte. Er war 70 Jahre alt, nie krank gewesen, fühlte sich aber im persischen Lande krank und sagte dem Könige, er wolle nicht ein Leben des Siechtums führen, sondern sterben, ehe körperliches Leiden ihn zwinge, seine Lebensweise aufzugeben. Zwar meinte Alexander, der Büßer sehe nicht so krank aus, daß er nötig habe, dem Tode zuvorzukommen, doch der Indier erwiderte, ihm erscheine nichts unwürdiger als zu dulden, daß die Ruhe des Geistes durch Krankheit gestört werde, auch forderten die Gebräuche seines Glaubens, daß man sich auf dem Scheiterhaufen verbrenne, um dem Tode zuvorzukommen. Alexander hatte nicht Lust, sich mit diesem Heiligen herumzustreiten, um ihn vom Selbstmorde abzuhalten. Er willigte daher in den Wunsch des Alten ein, ließ einen Scheiterhaufen erbauen und versprach, den Flammentod des indischen Heiligen mit aller Pracht zu feiern. Er selbst werde aber nicht zugegen sein, denn er liebe den Selbstmord nicht, auch wenn er Religionsgebot sei, und habe auch den alten Weisen aus Indien so lieb, daß er ihn nicht möge von Flammen verzehren oder im Rauch ersticken sehen.

8. Deutsche Prosa - S. 260

1900 - Gera : Hofmann
260 Ferdinand Cohn. Wasser nicht ein Element, sondern eine Verbindung von Sauerstoff und Wasserstoff darstelle. Hatte Lavoisier schon 1776 gefunden, daß Kohlen- säure bei der Verbrennung von Kohle oder Diamant entsteht, so zeigte Priestley 1779, daß sie auch bei der Atmung der Tiere und Menschen gebildet werde, welche Sauerstoff einatmen und Kohlensäure ausatmen, daß aber die Pflanzen umgekehrt Kohlensäure einatmen und Sauerstoff ausatmen; bald darauf führten der Belgier Jngenhonß, der Genfer Sennebier durch überzeugende Experimente den Nachweis, daß nur bei Tage im Sonnenlichte die Pflanzen Sauerstoff ausscheiden, während bei Nacht und im Finstern ihre Atmung ganz so vor sich geht, wie bei den Tieren. Am Schluß des Jahrhunderts beweist Theodor Saussure von Genf, daß für die Ernährung der Pflanzen die Sonne ihre erregende Kraft in Licht und Wärme, die Luft ihre Kohlensäure, die Erde aber Wasser und Ammoniak beisteuere, und daß auch die Pflanzenasche nicht zufällige Verunreinigung, sondern unentbehrlicher Nahrungsstoff der Pflanzen sei, den ihre Wurzeln aus dem Boden ein- sangen; Saussure wird der Gründer der Lehre von der chemischen Er- nährung der Pflanze, welche seitdem durch Justus Liebig und Boussingault zur Grundlage des rationellen Ackerbaues fortgebildet worden ist. So wird im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts die zur exakten Naturwissen- schaft entwickelte Chemie sofort in den Dienst der Botanik gezogen; es wird die wunderbare Wechselwirkung erkannt zwischen der Sonne, der Erde und der Tier- und Pflanzenwelt; es wird der ewige Kreislauf enthüllt, in dem die Stoffe der Atmosphäre, des Wassers und des festen Erdbodens zwischen den Körpern der Tiere und Pflanzen in rastlos sich verjüngender, Leben erhaltender Wandlung hin und her wandern. Zu dem Aufbau der wissenschaftlichen Pflanzenkunde, wie wir bisher ihn verfolgt, hatten alle Nationen Europas, eine nach der andern bei- getragen: Italiener, Engländer, Niederländer, Schweden, Franzosen, letztere seit dem Zeitalter Ludwigs Xiv. mit besonderem Reichtum originaler und einflußreicher Geister. Nur Deutschland hatte seit der Reformationszeit aufgehört, sich an der fortschreitenden Entwickelung zu beteiligen; fehlte es auch nicht an fleißigen Arbeitern, so standen sie doch in zweiter und dritter Reihe, wandelten in den vom Ausland ge- bahnten Wegen, ohne eigene schöpferische Ideen. Aber mit dem Zeit- alter Friedrichs des Großen tritt ein Wendepunkt ein; der deutsche Volksgeist verjüngt sich durch kräftiges Vordringen auf neuen Bahnen; auch in der Wissenschaft beginnt sofort die rückstauende Bewegung nach der langen Geistesebbe; von Jahr zu Jahr rauscht immer voller und höher die Flut jugendlich frischen Lebens über das deutsche Land, und wie in einem gesegneten Frühling alle Bäume einer nach dem andern in Blüte treten, so durchlebt unser Volk eine rasche Entfaltung, eine

9. Deutsche Prosa - S. 264

1900 - Gera : Hofmann
264 Ferdinand Cohn. kommen haben. Gleich den Bienenzellen umschließen auch die Zellen der Pflanzen einen inneren Hohlraum, welcher von regelmäßigen Wänden ringsum begrenzt und mit Säften gefüllt ist. Aber auf- fallender Weise fanden die Entdeckungen der Väter der Pflanzenanatomie kein Verständnis unter ihren Zeitgenossen; sie regten zu keiner Nach- folge an, die Kunst mikroskopischer Beobachtung wurde nicht weiter fortgebildet, und hundert Jahre später war sie so gut wie verloren gegangen. Erst seit dem Anfang des 19. Jahrhunderts wurde wieder mit Hilfe des Mikroskops der Bau der Pflanzen gründlicher durchforscht, als je zuvor, und seit dem dritten Jahrzehnt wurde das inzwischen außerordentlich vervollkommnete Mikroskop auch zur Lösung entwicke- lungsgeschichtlicher Probleme zu Hilfe gezogen. Die erste Aufgabe, welche das Mikroskop zu lösen hatte, war, wie wir schon bemerkt, die Entstehung des Pflanzenkeims. Wir können hier nicht alle die einzelnen Phasen verfolgen, durch welche unter wett- eiferndem Zusammenarbeiten zahlreicher Forscher und nach mancherlei Fehlgriffen und Abwegen endlich Schritt für Schritt der geheimnisvolle Vorgang aufgehellt wurde, wie im Innern der Blüte, eingeschlossen von den Geweben der Samenknospe, die Erzeugung eines neuen Pflanzen- wesens sich vollzieht. Das Ergebnis war: daß jede Pflanze, von der Palme und Eiche bis zum niedersten Grase, zuerst als eine einfache mikroskopische Zelle erscheint, welche durch einen wunderbaren Ge- staltungsakt ins Dasein tritt. Das war eine hochwichtige Entdeckung; ist ja doch die Entstehung eines neuen lebenden Wesens eine Neu- schöpfung; jetzt zeigte sich, daß das Geheimnis der Schöpfung in der Erzeugung einer Zelle ruht. Die Zelle selbst aber erscheint dem tiefer eindringenden Auge des Forschers in der Gegenwart nicht mehr als das einfache Saftbläschen, sondern als ein Organismus von kompli- zierter innerer Einrichtung, der niemals von selbst entsteht, sondern immer nur als Tochter von einer Mutterzelle geboren wird; gerade bei der Fortpflanzung der Zellen haben uns die Entdeckungen der letzten Jahre eine ungeahnte Folge innerer Bewegungen, erregt von geheimnisvollen Kräften, enthüllt. Nachdem das Problem der ersten Entstehung der Zellen feiner Lösung nahe gebracht worden war, blieb noch das zweite Problem: wie entwickelt sich aus der ersten Zelle die zusammengesetzte Pflanze mit ihren mannigfaltigen Organen, deren jedes wieder aus zahllosen Zellen besteht? Das Mikroskop gab auch hierüber Aufschluß: quer durch den inneren Raum jener ersten Zelle zieht sich eine Scheidewand und teilt denselben in zwei Kammern; jede dieser Kammern ist eine Zelle für sich und teilt sich durch eine neue Scheidewand wieder in zwei Abteilungen; indem Scheidewand auf Scheidewand sich zieht, ent-

10. Deutsche Prosa - S. 266

1900 - Gera : Hofmann
266 Ferdinand Cohn. (Miete der Botanik stehen die chips from a German Workshop, die Schnitzel aus beutscher Werkstatt, in höchster Achtung bei dem Aus- lanbe, und gern ergreife ich die Gelegenheit, wenigstens die ersten der Meister zu nennen, bereu Werke zu den bebeutenbsten Schöpfungen beutscher Wissenschaft zählen: zuerst Matthias Schleiben, der durch seine Forschungen über die Entstehungen der Zelle im allgemeinen, und des Pflanzenkeims insbesonbere, im Jahre 1837 den mächtigsten Impuls gegeben, neben ihm Hugo Mohl von Tübingen, Johannes Haustein von Bonn, Karl Nägeli von München, Anton be Vary von Straß- burg, die alle nicht mehr unter den Lebenben weilen; dann Julius Sachs in Würzburg, Pringsheim und Schwenbener in Berlin, Pfeffer in Leipzig, Göbel in München, Strasburger in Bonn, Wiesner in Wien; unter der Führung dieser und noch vieler anberer Meister hat sich, nachbem in den letzten breißig Jahren fast auf allen deutschen und außerbeutschen Universitäten öffentliche botanische Laboratorien, pflanzenphysiologische Institute errichtet worben, eine Schule jüngerer Forscher herangebilbet, welche die Entwickelungsgeschichte der Pflanzen so beharrlich und erfolgreich bearbeiteten, daß gegenwärtig kaum noch eine wichtige Pflanzenart existiert, bei der nicht die Kette ihrer Ent- wickelung, Glieb an Glieb aneinanber gereiht und zum geschlossenen Ringe zusammengefügt ist. Und ba zu gleicher Zeit auch die Ent- wickelung der Tierwelt nicht minber vollstänbig beobachtet und erforscht wirb, so sinb wir gegenwärtig im staube, die Entwickelung der gesamten lebenben Welt von den einfachsten Pflanzen bis zum höchsten Wesen, dem Menschen, zu verfolgen und durch Vergleichung ihrer Ähnlichkeiten und Verschiebenheiten die allgemeinen Entwickelungsgesetze des Lebens zu ergrünben. Aber in der Entwickelungsgeschichte ist die Bebeutung nicht er- schöpft, welche das Mikroskop für die wissenschaftliche Botanik gewonnen hat. Denn die Zellen, beren Gestaltung und Entwickelung das Mikroskop uns vorführt, sinb nicht bloß die Bausteine, durch bereu Aufeinanberlegung der Pflanzenleib sich aufbaut; jebe Zelle ist auch ein lebenbes Wesen für sich, ja sie ist das eigentlich Lebenbige in der Pflanze. Denn wenn der Baum aus der Erbe seine Nahrung auf- nimmt, so sinb es die Zellen seiner Wurzeln, die sich mit dem Wasser sättigen, welches in den Poren des Bobens verborgen rinnt; wenn die Laubwipfel im Sonnenlicht Lebenslust ausatmen, so sinb es die grünen Zellen des Blattgewebes, welche aus der Atmosphäre Kohlensäure ein- schlürfen und aus dieser Luftart durch eine von der Sonne auf sie übertragene Kraft grünes Pigment, Stärke und anbere Stoffe erzeugen, wührenb sie den Sauerstoff in die Luft wieber ausstoßen. Wächst die Pflanze, so sinb es ihre Zellen, die sich infolge ihrer Ernährung behnen
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