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1. Das erste Geschichtsbuch - S. 53

1892 - Gera : Hofmann
— 53 — Felder und Wiesen in den Niederungen der Oder, Warthe und Netze sah. Jeder Bauernsohn mußte vor seiner Verheiratung eine Anzahl Obstbäume anpflanzen. Kahle Höhen ließ er mit Maulbeerbäumen bepflanzen, um beit Seidenbau einzuführen. Da oft Hirsche und wilde Schweine die Felder der Bauern verwüsteten, so erließ der König scharfe Bestimmungen gegen den Wildschaden. Zum Anbau der Kartoffeln mußte er die Bauern zwingen. Sie wußten mit den fremden Knollen nichts anzufangen. Nettelb eck, der brave Verteidiger Kolbergs, erzählt aus seinen jungen Jahren: „Der König schenkte meiner Vaterstadt einen ganzen Wagen voll Kartoffeln. Kopfschüttelnd bot sie ein Nachbar dem andern. Man brach sie von einander und warf sie, natürlich roh, den Hunden vor. Diese schnoberten daran herum und verschmähten sie gleichfalls. Nun war ihnen das Urteil gesprochen. Die Dinger, hieß es, riechen nicht und schmecken nicht, und nicht einmal die Hunde wollen sie fressen. Was wäre uns damit geholfen?" Der König aber ruhte nicht, bis er feine Unterthanen von dem Werte der Erdäpfel überzeugt hatte. Er sandte Leute im Lande umher und ließ die Bauern im Kartoffelbau unterweifen. Auch Gewerbe und Verkehr hob der König auf jede Weise. Er verband die Flüsse durch Kanäle, legte einen Hafen an, besserte die Wege und ließ in Fabriken Tuch, Leinwand, Porzellan n. a. Waren herstellen. Berlin verschönerte er durch schöne Bauten und die Bildsäulen seiner liebsten Generale. Um das Schulwesen stand es damals noch schlecht. Die meisten Schulhäuser waren elende Hütten, die meisten Lehrer unwissende Kammerdiener, Handwerker oder ausgediente Unteroffiziere. Tief in Dummheit und Aberglauben steckte das Landvolk. Durch eine Land schnlo rdnung ordnete der König an, daß Schulen gebaut, ordentliche Lehrer angestellt und die Jugend fromm und geschickt erzogen würde. Musterschulen richtete damals Eberhard von Rochow auf seinen Dörfern ein. In Berlin wurde die erste Realschule gegründet. Besondere Sorgfalt verwandte Friedrich auf die Rechtspflege. „Ungerechte Richter find gefährlicher als eine Diebesbande!" jagte er. Das Prozeßverfahren kürzte er ab, die unmenschlichen Strafen beseitigte er, und das „Allgemeine Landrecht" ließ er ausarbeiten. Überall war sein scharfes Auge, um Mißstände zu entdecken, und seine milde Hand, um zu helfen. Um feinen Unterthanen viel geben zu können, war er selbst sehr sparsam. „Preußen ist arm, darum muß sein König sparen!" sagte er. Im Mai unternahm er Reisen in das ganze Land. Dabei schenkte er auch dem Geringsten Gehör und untersuchte alle Beschwerden. „Die armen Leute wissen, daß ich Landesvater bin, darum muß ich sie hören!" sagte er. Als er einst die Pferde wechseln ließ, drängte sich ein altes Mütterchen dicht an feinen Wagen. „Was wollt ihr, Mütterchen?" fragte der König. „Sie sehen, weiter nichts!" war die Antwort. Der König reichte ihr einige Goldstücke und und sagte: „Auf diesen Dingern konnt ihr mich ansehen, so oft ihr

2. Die weltgeschichtlichen Kämpfe des Altertums - S. 395

1890 - Gotha : Perthes
395 ward ein dem Gotte geweihtes Tier ernährt, gepflegt und angebetet. Aus golddurchwirkten Purpurdecken ruhten diese Tiere, welche man badete, salbte, mit Schmuck versah, mit Leckereien fütterte, nach dem Tode einbalsamierte und in heiligen Gräbern bestattete. Starb eine Katze, so schoren sich die Hausbewohner die Augenbrauen; starb ein Hund, so wurden Kopf und Leib rasiert. Reiche Leute verwendeten oft ihr ganzes Vermögen auf die Bestattung heiliger Tiere. Das heilige Krokodil vom See Möris lebte zahm im Tempel von Fleisch und Mehl, trug Glas- und Goldgehänge in den Ohren. Spangen an den Vorderbeinen, ward nach dem Tode einbalsamiert und in heiligem Sarge begraben. Viele hielten es für eine fromme That, dieses Krokodil mit Leckerei zu füttern. Die größte Verehrung genoß der schwarze Ochse Apis, der besondere Kennzeichen hatte. Ihm ähnliche Stiere durften nicht getötet werden, und sein eigener Tod ward tief betrauert, dann aber suchten Priester nach einem neuen Apis. War er gesunden, so schickte man ihn 40 Tage auf schöne Weide, und dann dursten ihn auch Frauen sehen. Endlich führte man ihn in einem Boote, welches eine goldene Kapelle trug, nach Memphis, wo man seine Ankunft sieben Tage mit Aufzügen, Festen und Schmausereien feierte. Fröhlich ward das Fest der Göttin der Fruchtbarkeit gefeiert. Männer und Frauen kamen zu Schiffe nach Babustis; auf allen Böten ertönte Flötenmusik, Weiber lärmten mit Klappern, die anderen schlugen in die Hände und sangen dazu. In jeder Stadt ward gelandet, die Straßen unter Neckerei, Tanz und Geschrei durchzogen, in Babustis große Opfer gebracht und viel Wein getrunken, weil an 70 000 Männer und Frauen hier sich einzufinden pflegten. Osiris und Isis verehrte man im ganzen Lande, jenen als Herrn der Welt uni) des Lebens, diese als Göttin der Fruchtbarkeit. Der Feind beider war Typhon, die ausdörrende Hitze, Unfruchtbarkeit und

3. Die weltgeschichtlichen Kämpfe des Altertums - S. 360

1890 - Gotha : Perthes
360 Mannschaften schwammen mit Hilfe aufgeblasener Schläuche ans andere Ufer. Fliehende Feinde (Meder und Perser) schossen, rückwärts gewendet, andere flohen auf Kamelen an Palmenwäldern vorüber. Man sieht abgemalt wohlbefestigte Städte mit zwei bis drei Mauern hintereinander, hohe Mauern mit schön verzierten Zinnen und Türmen. Sie liegen auf Höhen mit Weingärten oder zwischen- Fichten- und Nadelwäldern oder am Flusse neben Palmenhainen, wogegen Schildkröten, große Fische und andere Seetiere die Lage der Stadt an der Seeküste anzeigen. Um Städte zu erobern, warf man Einschließungswälle auf und untergrub die Mauern, oder kam durch unterirdische Gänge in die Stadt. Gewöhnlich füllte man den Graben vor der Stadtmauer aus, machte durch Sturmböcke Bresche und schleuderte mittels Maschinen Steine gegen die Mauer. Die Sturmböcke ruhten aus Rädern und schützten sich durch ein Gerüst mit Tierhäuten. Auch befanden sich Sturmböcke im unteren Stockwerk eines beweglichen hölzernen Turmes, der auf Rädern stand. War Bresche gelegt, so rückte das Fußvolk unter dem Schutze des Schilddaches vor und versuchte mittels Leitern die Mauer zu ersteigen, während Bogenschützen die Verteidiger von den Zinnen vertrieben, Schwerbewaffnete Leitern anlegten und die Mauer erkletterten. War die Stadt genommen, so flohen die Frauen auf Maultieren und Kamelen oder baten knieend und händeringend um Gnade. Die Sieger morden und plündern und lassen die Hände und Köpfe der Erschlagenen vom Schreiber notieren. Haustiere werden fortgetrieben, Gefangene gefesselt vor den König geführt an Stricken, die man durch die durchbohrten Lippen und Nase zog. Gefangenen Fürsten setzt der Sieger den Fuß auf den Nacken, läßt sie blenden oder auf Pfähle spießen. Unter Musik kehren die Sieger heim, ziehen den Wagen des Königs und tragen vor ihm her die Köpfe der Erschlagenen.

4. Deutsche Prosa - S. 267

1900 - Gera : Hofmann
Botanische Probleme. 267 und strecken; bilden sich neue Organe, so vermehren sich die Zellen durch Teilung in einer gewissen Region; erkrankt die Pflanze, so sind es wieder die Zellen, in denen das Leben erlischt. Wenn in den letzten Jahrzehnten die Experimentalphysiologie der Pflanzen ihre Methoden vervollkommnet und die Beziehungen des Pflanzenlebens zum Licht, zur Wärme, zur Schwerkraft, zur Elektrizität und zu den chemischen Anziehungskräften weit klarer entwickelt hat, als das vor hundert Jahren möglich war, so hat sie doch nie die Aufgabe aus dem Gesicht verloren, die Erscheinungen des Pflanzenlebens aus dem Leben der Zellen ab- zuleiten. Nun hat uns aber im Jahre 1838 Theodor Schwann gelehrt, daß auch der Entwickelungskreis jeglichen Tieres und sogar des Menschen mit einer einfachen Zelle beginnt, daß alle Organe des Tieres aus Zellen zusammengesetzt und aus der Teilung jener ersten Zelle hervor- gegangen sind. Aber die Tierzelle ist das nämliche Gebilde wie die Pflanzenzelle; es giebt nur Eine Zelle und Ein Leben. Wie aber der Mathematiker den Wert einer unbekannten Größe nur in einer ein- fachen Gleichung bestimmen kann, so erkennt auch der Naturforscher die unbekannten Gesetze des Lebens am leichtesten in ihrer einfachsten Er- scheinung, in der Pflanzenzelle. Und wenn unter Virchows genialem Vorgang die Lehre vom kranken Menschen, die Pathologie, auf die Lehre von der kranken Zelle gebaut worden ist, so hat die Erforschung der Pflanzenzelle das wissenschaftliche Fundament dazu gegeben. Eine ganz besondere Bedeutung hat in neuester Zeit die Lebens- geschichte der Pilze gewonnen, indem sie in Beziehung tritt zu einer Reihe hochwichtiger Probleme, deren endgültiger Lösung die Menschheit mit Spannung entgegensieht, da sie an ihnen mit ihrer ganzen Existenz beteiligt ist. Seit undenklichen Zeiten decimieren Brand und Meltau die Ernten; in den letzten fünfzig Jahren sind in rascher Aufeinander- folge fast alle angebauten Gewächse von Krankheiten heimgesucht worden, welche erst unbeachtet im Verborgenen umherschlichen, dann wie mit einem Male über weite Landstriche sich ausbreiteten und Mißwachs, Teuerung, Hungersnot über die Völker brachten. Ganz besonders hatte sich seit 1845 die Krankheit der Kartoffeln, seit 1848 der echte, seit 1878 der falsche Meltau den Rebenpflanzungen des Südens furchtbar gemacht; auch die Zuckerpflanzungen und Kaffeeplantagen der Tropen sind durch Krankheiten verwüstet worden; ja sogar die Insekten, von den Stubenfliegen bis zu den Seidenwürmern, den Bienen und den wälderverheerenden Nonnenranpen, werden von Seuchen befallen. Alle diese Epidemien werden, wie wir jetzt wissen, von mikroskopischen Pilzen verursacht, deren Keime von Pflanze zu Pflanze, von Insekt zu Insekt verbreitet, zugleich den Keim tödlicher Erkrankung übertragen.

5. Neuer christlicher Kinderfreund - S. 330

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
330 ks fast gar nicht geschneiet; erst am 5. und am Abend die- ses Tages kam Sturm dazu, wodurch das Gestöber so hef- tig wurde, als man es selten sieht. Vier Pulk Kosacken fanden den Weg um die Stadt, den sie ziehen sollten, ver- schneiet, und warfen sich nun in die Stadt hinein, blieben aber alle in dem Theile derselben, der ihnen am Nächsten war, und der ziemlich weit von dem größeren Theile entfernt lag. Darum wurden dort die Häuser mit Soldaten überladen, so daß wohl 60 biö 70 Mann sich in mehrere der Woh- nungen einquartirten, die um das Haus der alten frommen Frau lagen; und schrecklich gings da zu. Warum aber der wilden Fremdlige Keiner auch nur an das Fenster der ar- men Frau zu ihrer größten Verwunderung klopfte, das fand sich erst am andern Morgen. Der Glaube hatte ihr gehol- fen. Wer glaubt, dem hält der Herr oft ganz wörtlich Wort. Wirklich hatte Gott in der Nacht eine Mauer um das Haus der Frau gebauet; ein mannshoher Schneeberg zog sich vor dem Hause her, daß die Kosacken wohl hatten von ihm wegbleiben müssen. „Siehst Du nun," sagte die Großmutter zum Enkel, „daß Gott auch eine Mauer um uns bauen kann?" Der Enkel staunte den Schneeberg an und schämte sich seines Unglaubens. 80. Die Kuh und der gesegnete Kirchgang. In unsrem Dorfe, erzählte eine fromme, Gott vertrauende Mutter ihren Kindern, wohnte eine arme Wittwe mit fünf Kindern, die war sehr arm, und ernährte sich kümmerlich mit ihrer Hände Arbeit. Es gelang ihr Anfangs zwar wohl, und sie konnte jährlich von ihrem kleinen Felde ziemlich ein- ernten; am übrigen Hausbedarf fehlt es uuch nicht gänzlich. Allein eines Jahres mißrieth die Frucht, und dazu starb ihr die einzige Kuh, die sie hatte. Da saß sie nun mit ihren fünf Kindern und hatte Nichts zu brechen und zu beißen. Darüber wurde sie mißmuthig, und sprach in der Unge- duld ihres Herzens: „Betteln mag ich nicht; Arbeit und Fleiß nützen mir Nichts; es wäre mir besser, ich stürbe. Als sie nun so mit ihrem Kummer da saß, hörte sie von Ferne das Geläute aus dem Dorfe, und das Getön war ihr ganz erquicklich; denn so, dachte sie, wird man mir bald zu Grabe läuten. Darauf trat ihr Töchterlein in die Kam- mer und sagte: „Mutter, sie läuten im Dorfe, willst Du nicht in die Kirche gehen? Ich will das Haus wohl hüten." Dies sagte das gutartige Kind, weil die Mutter sonst alle

6. Deutsche Stammesgeschichte, deutsche Kaisergeschichte - S. 550

1894 - Gera : Hofmann
550 Zweites Buch. Ii. Abschnitt: Bilder aus der Zeit der fränk. u. stauf. Kaiser. Man lief in den Garten der Predigermönche, wo ein Schwein mit Stacheln gezeigt wurde, damit man an ihm Gottes wunderbare Schöpfung schauen könnte. Ein fahrender Klerikus wies an der Marktecke einen Kasten mit Schlangen, die er angeblich in der Nähe gefangen hatte, sie gehorchten seinem Befehle, tanzten und hüpften. Und wieder war ein Mann zum Markte gekommen, dem der Rat erlaubt hatte, kleine Vögel zu zeigen, welche lachen konnten. Wenn ihr Herr sprach: „Komm Heinrich und lache!" so trat eins dieser Vöglein vor, neigte den Kopf zur Erde, erhob ihn wieder und lachte herzlich. Sprach dann der Meister: „Lache doch weiter!" so sprach das Vöglein: „Ich thu's nicht!" Vor solchen Wundern vergaßen der reisige Stadtfeind, der Bürger und der Mönch ihren Groll und sahen vergnügt und erstaunt einer den andern an. — Auch ungeheure Tiere aus fremden Ländern waren nicht unerhört. Die Großeltern erzählten, daß sie in ihrer Jugend den Hohenstaufen Kaiser Friedrich Ii. gesehen hatten, wie er — es war im Jahr 1235 — mit einer Menge von Kamelen in die Stadt einzog. Der Herr hatte diese Tiere der Morgenländer — in Italien sogar einen Elefanten — als königlichen Schmuck gepflegt; ach er selbst war den Enkeln bereits zum Märchenbild geworden, zu einem abenteuerlichen König aus dem Morgenlande! Und Rudolf von Habsburg hatte als König dieses Beispiel seines vornehmen Gönners nicht vergessen, auch ihm mußte ein Kamel Gepäck durch sein Heimatland tragen, es war erst dreijährig, aber ungeheuer groß; denn seit ältester Zeit galten die Kamele für einen Hofschmuck vornehmer Herren, die Merowingen hatten ihren Hausschatz an die Höcker gehängt, Karl der Große hatte sie Steine tragen lassen, da er Dom und Königspalast zu Aachen baute, und als der junge Otto Iii. die Huldigung des Polenherzogs Miseco empfing, brachte dieser seinem kleinen Kaiser zu herzerfreuendem Geschenk wieder ein Kamel dar. Die Pisaner waren die Vermittler für den Import aus Afrika. Auch Menschen aus heißem Lande waren in den Städten nicht unerhört, ein vornehmer Bischof unterhielt sogar einen Mohren, der bei Hoffesten in weißen Kleidern ging. Dergleichen Heidenvolk war feit den Fahrten nach Palästina eine Unterhaltung der Großen. — Bis die Sonne sank, spielten die Kinder vor den Straßenthüren und auf den Kirchhöfen, auch die Erwachsenen vergaßen die Würde des Friedhofs, wenn ein Spielmann mit Geige oder Sackpfeife an dem Zaune lehnte oder ein lustiger Geselle die Weise pfiff. Dann tanzte Alt und Jung neben den Gräbern, jauchzte heidnisch um das Gotteshaus und sprang den Reihen. Dagegen half kein Verbot. War die Sonne gesunken, dann wurde es finster und leer in den Straßen der Stadt, denn Beleuchtung gab es noch nicht; nur wenn eine Menge vornehmer Gäste oder fremdes Kriegsvolk am Orte lag, und in Nächten, wo Feindesgefahr drohte, befahl der Rat, daß jeder eine Laterne vor sein Haus hänge, eine Fackel oder Blech mit brennendem Kienholz. Wer am Abend Geld im Beutel hatte, ging in die Trinkstuben. Sie waren zahlreich und für jede Art von Ansprüchen. Die Vornehmen schritten in ihre Geschlechterstuben, dort war geschlossene Gesellschaft, seltene Speise und teurer Wein. Der Handwerker suchte die Zechstube seiner Innung. Wer in eine öffentliche Schenke trat, fand laute Geselligkeit und allerlei

7. Bilder aus Europa mit Ausschluss des Deutschen Reiches - S. 77

1890 - Gotha : Behrend
Die süd russischen Steppen. 77 noch durch in der Eile gezogene Furchen, löschen beständig die hinüber- fliegenden Feuerbrände, und meistens, wenn sie ihre Stellung gut zu wählen wußten, gelingt es ihnen dann auch, das Flammenunqetüm zu ersticken. Jedoch zuweilen sind die Wege selbst mit Gras bewachsen und erleichtern den Übergang. Hier und da fangen die Brandraketen Feuer, ziehen ihre ganze wilde Brüderschaft nach und leuchten nun in den dürren Fruchtfeldern mit neuer Freude hoch empor. Alles geht wieder beflügelten Schrittes vorwärts, Millionen glühende Körner sprühen und verpuffen. — Solch ein Steppenbrand bewegt sich oft sechs bis zehn Tage in einer Gegend hin und her. Entdecken die Leute noch bei Zeiten den Brand, so umziehen sie schnell ihre Wohnungen und Kornhaufen mit einigen Furchen und vernichten das Gras rund umher, nm dem Brande so Grenzen zu stecken. — Durch solche Steppen- brände werden die zahlreichen Herden der Steppen oft nicht wenig in Aufruhr und Schrecken gesetzt. Sie werden, da die Flammen mitunter wunderbare Streifzüge machen und von drei und vier Seiten zu gleicher Zeit heranrücken, von ihnen völlig eingeengt, so daß Hirten und Tieren oft nichts übrig bleibt, als mitten durch das Feuer hindurchzusetzen. Das geht dann nicht ohne manche unangenehme Vorfälle ab, und unter Umständen wird nicht nur manches Haar, sondern manches Leben da- bei versengt. Auch die Schilfwaldungen werden mitunter angezündet. Die Gründe zum Abbrennen des Schilfs sind hauptsächlich zweierlei: erstlich das Vertreiben der Wölfe, die sich äußerst zahlreich in den Schilf- Waldungen versammeln, und dann zweitens, um dem juugeu aus- sprossendem Schilfe Luft zu geben. Da das Schilf, welches 4 in hoch ist, gewöhnlich eine mehrere Klafter hoch auflodernde Flamme giebt, und da die Schilfrohre gewöhnlich an vielen Stellen zugleich in Brand gesteckt werden und die Flammen sich weit und breit in den Fluß- Plawnas verbreiten, so giebt dies ein Feuer, dessen glühenden Schimmer man in einer Entfernung von vielen Kilometern erblickt, besonders bei solchen Flußthäleru, die, wie der Dnjestr, über 3 km breit mit Schilf erfüllt sind. — Dies ist eine üble Zeit für das arme Tierleben in den Schilfen. Die Enten und Gänsescharen und die Pelikane sammeln sich auf den See- und Flußarmen zwischen dem Schilfe und schreien und schnattern, als wollten sie sich gegen den Flammenstrom zur Wehre setzen. Die Habichte, Adler, Geier und die kaum aus fremdeu Landen angekommenen Silberreiher fliegen auf und kreischen, unruhige Kreise ziehend, in dem wallenden Dampf. Die Wölfe, die das Fener vor allem nicht dulden können, stürzen sich truppenweise ins Wasser und retten sich flüchtigen Fußes. Aber auch viel nützliches Geflügel ver- brennt sich dabei das Gefieder: Enten, die ihre Eier nicht verlassen wollen und auf ihrer Brut das Leben verhauchen, Reiher und Trappen, die dumm um das Feuer kreisen und wohl gar mitten in die Flamme hineinschießen. — Trotz aller Verbote und Bestrafungen wiederholen sich diese Schilfbrände des Dnjestr und Dnjepr alljährlich so pünktlich wie der Frühling und das Ergrünen der Bäume.

8. Bilder aus Europa mit Ausschluss des Deutschen Reiches - S. 78

1890 - Gotha : Behrend
78 Bilder aus Ost-Europa. 4. Von allen Insekten der südrussischen Steppe erscheint keines in so nngehenern Massen, und keines tritt deshalb und wegen seiner ungemein großen Freßgier mit dem Menschen in so gefährliche Berührung, wie die Heuschrecke. Die Heuschrecken sind keineswegs eine alljährliche Plage der süd- russischen Steppe. Es giebt Jahre, wo sie ganz ausbleiben oder wenigstens sich nicht zu jenen verheerenden Wanderungen zusammen- finden. Ja, es giebt sogar ganze Perioden von Jahren, in denen sie nicht erscheinen, und dann eben solche Perioden, in denen sie jedes Jahr in größeren oder geringeren Massen zum Vorschein kommen. Wenn jemand in einer deutscheu Kolonie auf deren Gebiete oder in ihrer Nachbarschaft ein nahendes Heuschreckenheer entdeckt, so ist er verbunden, dies so schnell als möglich dem Schulzen der Kolonie auzu- zeigen. Dieser entbietet alsdann flugs die ganze Gemeinde, und als- bald bewaffnet sich alles mit Glocken, Kesseln, Flinten, Pistolen, Peitschen, Trommeln und andern Dingen, die knallen und schallen und vor deren starken Tönen die Heuschrecken fliehen. Als die Kaiserin von Ruß- land 1828 auf dem Landgute des Herrn Raynaud am Schwarzen Meere bei Odessa wohnte, wurden die Heuschrecken mit Trommeln aus den Gärten verscheucht. Wenn die Heuschrecken schon niedergefallen und nicht gar zu matt sind, so werden sie von den Tönen aufgescheucht; wenn sie aber noch fliegen, vom Niederlassen abgehalten und zum Höherfliegen gezwungen. Außer diesen klangreichen Dingen schleppen die Leute auch Stroh und alles, was brennend einen starken Rauch macht, mit sich. Denn den Rauch vertragen die Heuschrecken noch weniger als den Lärm; insbesondere fliehen sie den von Weinrebenzweigen. So ausgerüstet rücken die Kolonisten ins Feld und ergreifen nun verschiedene Maßregeln, je nach der verschiedenen Lage und Stellung, in welcher sie den Schwärm sinden. Hat er sich bereits auf dem Gebiete der Nachbarn niedergelassen und schreitet er nun beständig grasend gegen das Gebiet, das sie schützen wollen, vor, so machen sie schnell an den Grenzen herum kleine Feuer, die von besonderer Wirkung sind, wenn der Wind den Heuschrecken Rauch entgegenführt. Es gelingt ihnen dadurch oft, den betreffenden Wanderern eine andere Richtung zu geben oder sie wenig- stens zum Halten zu bringen. Können sie aber nicht schnell und scharf genug feuern, oder ist der Heuschreckenschwarm zu mächtig — sie liegen oft bis 10 Centimeter hoch — so geschieht es wohl, daß, wenn auch die vordersten halten, doch die Hinteren nachflattern, zu Taufenden ins Feuer fallen, das sie mit ihren Leichnamen auslöschen und dem Reste zum Weiterschreiten Bahn schaffen Finden die Leute den Schwärm schon auf ihren eigenen Feldern niedergelassen, so umzingeln sie ihn sogleich und machen rund herum ebenfalls kleine Feuer, um ihn zuvörderst in diefer Feuerkette zu fesseln und zum Anhalten zu bringen. Alsdann zünden sie kleine Stroh- bündel und andere Feuerbrände an und Wersen sie in den einge-

9. Bilder aus Europa mit Ausschluss des Deutschen Reiches - S. 79

1890 - Gotha : Behrend
Die südrussischen Steppen. 79 schlossenen Haufen hinein, schießen und scheuchen darin umher, um ihn so, da er weder vorwärts schreiten noch sitzen bleiben kann, zum Auf- fliegen zu zwingen. Glückt ihnen dies, oder fanden sie ihn gleich beim ersten Anzüge noch in der Lust, so beginnen sie nun ein Lärmen wie die Jagd des wilden Jägers. Einige haben große Tücher an Stangen gebunden, andere tragen brennende Strohwische an langen Fackelstäben in die Höhe. Sie wedeln, flaggen, schießen, jauchzen, trommeln, klingeln und bringen die ganze Atmosphäre m Aufruhr. Die erschreckten Heuschrecken, die vielleicht schon im Fallen begriffen waren, steigen dann wieder etwas höher, und indem die Leute, im lärmenden Tumulte über Thal und Hügel springend, ihnen beständig folgen, gelingt es ihnen nicht selten, den Schwärm über ihre Äcker und ihr Dorf schwebend hinwegzuführen. Haben sie das Meer oder einen Liman (Mündungsbusen) in der Nähe», so suchen sie ihn allmählich auf die Seite ins Wasser zu treiben. Führt ein starker Wind die Heuschrecken ins Meer hinaus, so ist es merk- würdig, daß sie, darin niederfallend, sich nicht in einer breiten Schicht darauf hinlegen, fondern sich pyramidenweise anhäufen, so daß, wo einige Millionen niederfielen, sich eben dahin auch die andern setzen, wie auf eilte, gleichsam durch die Leiber der audern gebildete, trockene Insel. Indem sich dann alle auf solchen einzelnen Inseln anhäufen, bilden sie so verschiedene, im Meere schwimmende, gegen 1/2 m hohe Berge, die durch all die sich anklammernden Beinchen und Gebisse fest zusammen- hangen und mehrere Centimeter tief ins Waffer gehen. Ist ihnen der vom Lande wehende Wind stark entgegen, so werden diese Heuschrecken immer weiter ins Meer hinausgetrieben und kommen so allmählich um. Doch muß der Wind stark sein; denn können die Tiere ihm nur einigermaßen entgegenarbeiten, so kehren sie wieder um. Die, welche oben auf dem Trockenen der Insel sind, fliegen wieder auf und kommen gegen den Wind ans Land zurück. Die, deren Flügel genäßt find, suchen sich schwimmend ans Ufer zu arbeiten; und kommen sie dazu, — die Heuschrecken haben, so wenig sie das Wasser lieben, doch ein zähes Leben und ertrinken nicht leicht, — so sitzen sie dann zu Milli- ouen auf dem Sande des Ufers, schlagen mit den Flügeln, trocknen sie schnell und schließen sich dem Zuge der übrigen an. Die ertrunkenen werden ebenfalls allmählich ans Ufer getrieben, färben hier den Schaum der Brandung fchwarz und bedecken den Rand des Waffers in langen Dämmen wie ausgeworfener Seedünger. ^ Gelingt es nicht, auf die angegebene Weise den im Felde liegenden schwärm in die Höhe zu bringen, was z. B. bei Regen oder auch nur bei feuchter Luft durchaus unmöglich ist, weil dann die Heuschrecke matt am Boden liegt und kaum dem sie zertretenden Fuße ausweicht, so bleibt dann nichts anders übrig, als die bereits bedeckten Äcker preiszugeben und so viele als möglich zu verderben, um wenigstens das Übel zu mindern. In den Gärten zertritt und zerschlägt man sie auf alle mög- liche Weise. Es ist kein Fuß und keine Hand in der ganzen Steppen- gegend, die nicht schon viele Tausende dieser Unholde gemordet hätte.

10. Bilder aus Europa mit Ausschluss des Deutschen Reiches - S. 73

1890 - Gotha : Behrend
Die südrussischen Steppen. 73 und Schafe. Sobald diese in die Nähe der weiten Schlachthöfe ge- kommen sind, aus denen ihnen der faule Blutgeruch entgegen weht, sträuben sie sich, wollen nicht weiter, brüllen und stöhnen und können nur durch List und Gewalt abteilungsweise in den Hof gebracht werden. Hier befällt sie Zagen und Zittern, sie verschmähen das dargebotene Futter, hängen den Kopf in banger Todesangst und müssen mit Ge- walt in den Schlachtsaal getrieben werden, wo ihnen die rohen Schlacht- knechte mit schwerer Axt das Rückgrat zerschmettern, daß die Tiere mit unsäglichen Schmerzen verenden. Bis an die Knöchel waten die Schlächter mit den Stulpstiefeln in Blut, auf dem Hofe sammeln sich Blutlachen, schleppen Huude, Geier, Nabeu, Seemöwen sich mit Ein- geweiden und Fleischresten umher und raucht es in den Talgsiedereien Tag und Nacht. Ahnliche Schrecknisse erlebt das Wild in der Steppe, denn der Herbst bringt die Steppenbrände, die absichtlich und unabsichtlich an- gelegt werden. Meilenweit ist die Steppe ein Fenermeer, welches den nächtlichen Himmel rötet. Knisternd und fußhoch züngelnd schreitet der Brand vor, hier schnell über dichtes Gras laufend, dort langsamer am holzigen Gestrüpp zehrend oder von einer Schlucht oder von einem Wege aufgehalten. Funken fliegen empor, dort knistert die dünne Königs- kerze wie eine Rakete, hier zischt das feine Büschel des Seidenkrantes, und ein schwüler Gluthauch weht von der Flamme herüber. Da fliehen Wolf und Hund, Vogel und Amphibie, da stürzen wilde Herden in wildem Jagen davon und müssen sich oft durch einen kühnen Lauf durchs Feuer retteu. Noch grauenhafter wird der Brand, wenn ein Schilfwald brennt, und ein Feuerstrom knisternd und prasselnd das Thal herabzieht. Wie schwirren da die Bogelscharen schreiend empor, kommen Wölse aus dem Dickicht geschossen und stürzt mancher fliegende Pelikan oder Hänfling in das Feuer! Nach dem Brande erscheinen endlich die Winterstürme und fegen die Steppe rein. Sie brechen das dürre Schilf, knicken der Windhexe den Kopf ab und treiben ihn hüpfend wie einen Federball über die Steppe, bis er in ganzen Wolken ins Meer fällt. Bald sinkt auch Schnee nieder und deckt die Steppe zu, so daß sich die Herden ihr karges Futter unter dem Schnee hervor- scharren müssen. Jetzt treibt sie der Hirt in die Umzäunung des Winterschuppens, der nur zum kleinsten Teil bedeckt ist. Frierend und hungernd drängen sich die Tiere aneinander, um sich zu erwärmen, doch manches erliegt dem Klima und dem Mangel. Auf der Steppe aber treiben die rafenden Schneestürme ihr Spiel, welches denen Ver- derben bringt, die von ihnen überfallen werden. Bei heiteren Himmel bricht der Schneesturm heulend herein und rast gewöhnlich drei Tage. Er hebt den lockern Schnee vom Boden aus, wirbelt ihn durcheinander und sendet dann zugleich aus schweren Wolken ein furchtbares Schneewetter herab, daß Erde und Himmel in wirbelnde Schneewogen aufgelöst scheinen. Da kann man °kein Auge öffnen, keine Richtung finden, sondern wird vom Sturm willenlos fort- getrieben. Werden Herden von ihm auf der Steppe überfallen, so sind
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