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1. Geschichtsbilder aus der allgemeinen und vaterländischen Geschichte - S. 319

1899 - Gera : Hofmann
87. Die Befreiungskriege (1813—1815). ^1. Napoleons Zug nach Rußland (1812). Je höher die Macht Napoleons stieg, desto weniger wollte er die Herrschaft Europas mit Alexander I. von Rußland teilen. Immer mehr lockerte sich die unsichere Freundschaft, bis endlich Rußland durch Aufhebung der verderblichen Kontinentalsperre einen erwünschten Grund zum Kriege gab. Drei Heersäulen der „großen Armee", die über eine halbe Million Soldaten zählte, brachen im Sommer 1812 in Rußland ein. Alle deutschen Fürsten hatten Hilfstruppen stellen müssen. Die Russen wichen zurück, indem sie das Land hinter sich verwüsteten Nach den blutigen Siegen bei Smolensk und Borodino zog Napoleon in Moskau ein. Aber Leichenstille empfing die Sieger, denn die meisten Einwohner waren geflüchtet. Bald brach, von den Russen angelegt, überall Feuer aus und verwandelte in einigen Tagen die ungeheuere Stadt in einen Trümmer- haufen. Mit Gefahr rettete sich Napoleon aus dem Flammenmeere. Auf seine Friedensvorschläge bekam er die Antwort, daß nun der Krieg erst anheben solle. Nach langem Zögern befahl er den Rückzug. Immer fühlbarer wurde der Mangel in dem bereits ausgesogenen Gebiete, und dazu meldete sich ein früher, strenger Winter als Bundesgenosse der Russen. Mehr und mehr lösten sich die Bande der Ordnung auf, und das viel- gestaltigste Verderben schritt durch die Reihen der stolzen Armee. Der Hunger grinste aus allen Gesichtern; um ein gefallenes Roß entspannen sich erbitterte Kämpfe. Tausende tötete der grimmige Frost. In allerlei Vermummungen schleppten sich die Flüchtlinge einzeln und in Trupps durch die pfadlose Schneewüste. Jeder Morgen fand Erfrorene am Lagerfeuer oder auf dem weiten Schneefelde verstreut. Gierige Wölfe umkreisten und unermüdliche Kosakenschwärme verfolgten die Unglück- lichen. So gelangten sie an die Beresina (einen sumpfigen Nebenfluß des Dniepr), deren Wogen bei dem eingetretenen Tauwetter hoch gingen und Eisschollen daherrollten. Zwei Brücken wurden geschlagen, aber hinter den Flüchtigen donnerten die russischen Kanonen und schwärmten die Kosaken. Alles drängte sich in toller Hast und grausem Gewirr nach dem anderen Ufer; aber eine Brücke brach, und Tausende wurden in die Flut hinabgestürzt oder fielen in russische Gefangenschaft. In dieser Not ließ Napoleon treulos die Opfer seiner Herrschgier im Stiche und rettete sich auf einem Schlitten nach Frankreich, wo er die berüchtigte Bekanntmachung veröffentlichte: „Die große Armee ist vernichtet; die Gesundheit Sr. Majestät ist niemals besser gewesen." Selten wohl hat sich ein Mensch zu herzloserer Selbstsucht bekannt. Von der stolzen Armee kamen endlich etwa 20000 Mann zerlumpt, halb verhungert und erfroren in Polen an. . /2. Preußens Erhebung im Jahre 1813. In dem Brande Moskaus 1813 leuchtete den Deutschen das Morgenrot der Freiheit. „Das ist Gottes Finger! Jetzt oder nie!" ging es durch alle Herzen. Der patriotische General Aork, Befehlshaber der preußischen Hilfstruppen, schloß mit Rußland die Übereinkunft von Tauroggen, wonach er die Feind-

2. Geschichte der neuesten Revolution - S. 25

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
25 rin seinen Platz. Plötzlich hoben und senkten sich die Ge- wehre, ein Schuß fiel, man sagt aus dein Garteil des Ho- tels, und ein langer Knall krachte hinterher. Einige fünf- zig Todte und Verwundete stürzten nieder. Unter wildem Geschrei stob die Menge auseinander und ergoß sich durch alle Stadtthcile mit dem Ruf: „Zu den Waffen! Wir sind verrathen! Man mordet uns!" Die kleine Kolonne republikanischer Blousenmänner, die vor dem Pelotonfeuer zurückgewichen war, kam unter einem fruchtbaren Rachcge- schrei nach der Blutstatte zurück, lud ein Dutzend Leichname auf einen Karren und zog unter Mordgeschrei und Wuth- geheul durch die Straßen. Inzwischen erloschen an den Häusern die Lampen, aus allen Ecken und Winkeln huschten Bewaffnete hervor, wie auf ein geheimes Machtgebot thürinten sich die Pflastersteine zu Barrikaden empor und auf allen Kirchthürmen läuteten die Sturmglocken, während die Empörer hier und da mit den Truppenpatrouillen Flintenschüsse wechselten. Als der Morgen des verhängnißvollen 24. Februar anbrach, war Paris bewaffnet bis an die Zähne, anderthalbtausend wohk- vertheidigte Barrikaden starrten den königlichen Truppen entgegen, die Revolte von gestern hatte sich in eine Revolution verwandelt. Dies war das Werk der Ver- schwornen der'geheimen, militärisch eingerichteten Gesell- schaften, welche, nachdem sie den Vorgang vor dem Hotel Guizots wahrscheinlich selbst hervorgerufen, ihn schnell zum Losbrechen benutzten, ihre Abtheilungen gu den Waffen rie- fen, die Häuser nach Waffen durchsuchten und die Waffen- läden plünderten, die Gläser- und Flaschenmagazine aus- lcerten und ihre Vorräthe über die Straßen streuten, um sie der Reiterei unzugänglich zu machen, und die Menge der übrigen Gesinnungslosen theils mit sich fortrissen theils zwangen, mit ihnen gemeinschaftliche Sache zu machen. Im Schloß der Tuilericn wußte man wenig oder nichts von dem, was in der Stadt vorging, und die Truppen be- hielten ihre Stellung bei. Nachdem Graf Molo es abge- lehnt hatte, ein neues Ministerium zu bilden, ließ der Kö- nig um Mitternacht den Herrn Thiers, eins der Häup- ter der Widerstandspartci in der Kammer, rufen, der sich auch bereit erklärte, mit Odilon-Barrot, Rem usai und Duvergier de Heu renne ein Kabinet zu bilden; Marschall Bugeaud sollte an die Spitze der bewaffneten Macht treten, doch wollte das neue Ministerium dies nicht

3. Geschichts-Leitfaden für Bürger- und Mittelschulen - S. 252

1892 - Gera : Hofmann
252 85. Die Sefreiungskriege (18131815).*) 1812 1. Der Zug nach Rußland (1812). Je hher die Macht Na-Poleons stieg, desto weniger wollte er die Herrschaft Europas mit Alexander I. von Rußland teilen. Immer mehr lockerte sich die unsichere Freundschaft, bis endlich Rußland durch Aufhebung der der-derblichen Kontinentalsperre einen erwnschten Grund zum Kriege gab. Drei Heersulen der groen Armee", die der eine halbe Million Soldaten zhlte, und zu der alle deutschen Fürsten Hilfstruppen hatten stellen mssen, brachen im Sommer 1812 in Rußland ein. Die Russen wichen zurck, indem sie das Land hinter sich verwsteten. Nach den blutigen Siegen bei Smolensk und Borodino zog Napoleon in Moskau ein. Aber Leichenstille empfing die Sieger, denn die meisten Einwohner waren geflchtet. Bald brach, von den Russen an-gelegt, berall Feuer aus und verwandelte in wenigen Tagen die un-geheure Stadt in einen Trmmerhaufen. Mit Gefahr rettete sich Na-Poleon aus dem Flammenmeere. Auf seine Friedensvorschlge bekam er die Antwort, da nun der Krieg erst anheben solle. Nach langem Zgern befahl er den Rckzug. Immer fhlbarer wurde der Mangel in dem bereits ausgesogenen Gebiete, und dazu meldete sich ein strenger Winter als Bundesgenosse der Russen. Mehr und mehr lsten sich die Bande der Ordnung auf, und das vielgestaltigste Verderben schritt durch die Reihen der stolzen Armee. Der Hunger grinste aus allen Ge-sichtern; um ein gefallenes Ro entspannen sich erbitterte Kmpfe. Taufende ttete der grimmige Frost. In allerlei Vermummungen schleppten sich die Flchtlinge einzeln und in Trupps durch die pfadlose Schneewste. Jeder Morgen fand Erfrorene am Lagerfeuer oder auf dem weiten Schneefelde zerstreut. Gierige Wlfe umkreisten und un-ermdliche Kosakenschwrme verfolgten die Unglcklichen. So ge-langten sie an die Beresina (einen sumpfigen Nebenflu des Dniepr), deren Wogen bei dem eingetretenen Tauwettter hoch gingen und Eisschollen daherrollten. Zwei Brcken wurden geschlagen, aber hinter den Flchtigen donnerten die russischen Kanonen und schwrmten die Kosaken. Alles drngte sich in toller Hast und grausem Gewirr nach dem andern Ufer, aber Taufende wurden in die Flut hinabgestrzt oder fielen in russische Gefangenschaft. In dieser Not verlie Napoleon treu-los die Seinen, rettete sich auf einem Schlitten nach Frankreich, wo er die berchtigte Bekanntmachung verffentlichte: Die Groe Armee ist vernichtet; die Gesundheit Sr. Majestt ist niemals besser gewesen." Von der stolzen Armee kamen endlich etwa 20000 Mann zerlumpt, halb verhungert und erfroren in Polen an. 1813 2. Preuens Erhebung (1813). In dem Brande Moskaus leuchtete den Deutschen das Morgenrot der Freiheit. Das ist Gottes Finger! Jetzt oder nie!" ging es durch alle Herzen. Der patriotische *) A. Richter, Bilder fr Schule und Haus. Heft: Die deutschen Be-freiungskriege".

4. Teil 16 - S. 306

1806 - Gotha : Ettinger
30 6 ner Truppenabtheilung erst am Nachmittage abzog, gerieth in ein Gefecht mit den Qest, reichern, welches seine Mannschaft um 400 Köpft verminderte. In der folgenden Nacht liefen noch auf 1002 Fremde davon. Eine Erscheinung, die bey Armeen, die größten, theils in Ausländern bestehen, eine gewöhn, liche Folge unglücklicher Unternehmungen zu seyn pflegt. Friedrich zog sich längs der Elbe bis Leutmeritz zurück. Während daß hier seine Hauptarmee am rechten Elbuftr stand, hatte Keiths Truppenabcheilung bey Lowosttz, am linken Elbuftr, ihre Stellung. .Beyde Heere brachte eine Brücke in Verbindung. Friedrichs ältester Bruder, der Prinz Wil, Helm von Preussen, lagerte sich, mir 30,200 Mann, nordöstreicher, bey Bömischr Leypa. Der Prinz Karl und der Graf Daun gönn, ten dem Könige von Preussen, und seinen Feldherren, hinlängliche Zeit, die Stellung zu nehmen, die sie ihren Umständen für an, gemessen hielten. Sie vereinigten sich nicht eher, als nach acht Tagen, und erst vier Tage hernach (r. Jul.) rückten sie bis an die Elbe vor. Die östreichischen Generale ließen sich so viele Nachlässigkeiten zu Schul- den

5. Bilder aus Europa mit Ausschluss des Deutschen Reiches - S. 78

1890 - Gotha : Behrend
78 Bilder aus Ost-Europa. 4. Von allen Insekten der südrussischen Steppe erscheint keines in so nngehenern Massen, und keines tritt deshalb und wegen seiner ungemein großen Freßgier mit dem Menschen in so gefährliche Berührung, wie die Heuschrecke. Die Heuschrecken sind keineswegs eine alljährliche Plage der süd- russischen Steppe. Es giebt Jahre, wo sie ganz ausbleiben oder wenigstens sich nicht zu jenen verheerenden Wanderungen zusammen- finden. Ja, es giebt sogar ganze Perioden von Jahren, in denen sie nicht erscheinen, und dann eben solche Perioden, in denen sie jedes Jahr in größeren oder geringeren Massen zum Vorschein kommen. Wenn jemand in einer deutscheu Kolonie auf deren Gebiete oder in ihrer Nachbarschaft ein nahendes Heuschreckenheer entdeckt, so ist er verbunden, dies so schnell als möglich dem Schulzen der Kolonie auzu- zeigen. Dieser entbietet alsdann flugs die ganze Gemeinde, und als- bald bewaffnet sich alles mit Glocken, Kesseln, Flinten, Pistolen, Peitschen, Trommeln und andern Dingen, die knallen und schallen und vor deren starken Tönen die Heuschrecken fliehen. Als die Kaiserin von Ruß- land 1828 auf dem Landgute des Herrn Raynaud am Schwarzen Meere bei Odessa wohnte, wurden die Heuschrecken mit Trommeln aus den Gärten verscheucht. Wenn die Heuschrecken schon niedergefallen und nicht gar zu matt sind, so werden sie von den Tönen aufgescheucht; wenn sie aber noch fliegen, vom Niederlassen abgehalten und zum Höherfliegen gezwungen. Außer diesen klangreichen Dingen schleppen die Leute auch Stroh und alles, was brennend einen starken Rauch macht, mit sich. Denn den Rauch vertragen die Heuschrecken noch weniger als den Lärm; insbesondere fliehen sie den von Weinrebenzweigen. So ausgerüstet rücken die Kolonisten ins Feld und ergreifen nun verschiedene Maßregeln, je nach der verschiedenen Lage und Stellung, in welcher sie den Schwärm sinden. Hat er sich bereits auf dem Gebiete der Nachbarn niedergelassen und schreitet er nun beständig grasend gegen das Gebiet, das sie schützen wollen, vor, so machen sie schnell an den Grenzen herum kleine Feuer, die von besonderer Wirkung sind, wenn der Wind den Heuschrecken Rauch entgegenführt. Es gelingt ihnen dadurch oft, den betreffenden Wanderern eine andere Richtung zu geben oder sie wenig- stens zum Halten zu bringen. Können sie aber nicht schnell und scharf genug feuern, oder ist der Heuschreckenschwarm zu mächtig — sie liegen oft bis 10 Centimeter hoch — so geschieht es wohl, daß, wenn auch die vordersten halten, doch die Hinteren nachflattern, zu Taufenden ins Feuer fallen, das sie mit ihren Leichnamen auslöschen und dem Reste zum Weiterschreiten Bahn schaffen Finden die Leute den Schwärm schon auf ihren eigenen Feldern niedergelassen, so umzingeln sie ihn sogleich und machen rund herum ebenfalls kleine Feuer, um ihn zuvörderst in diefer Feuerkette zu fesseln und zum Anhalten zu bringen. Alsdann zünden sie kleine Stroh- bündel und andere Feuerbrände an und Wersen sie in den einge-

6. Zeugnisse zum deutschen Aufstieg - S. 77

1915 - Gotha : Perthes
Dichtung 77 ist hier so Mode, fuhr sie fort, daß jedes Paar, das zusammen- gehört, beim Deutschen zusammenbleibt, und mein Chapeau^) walzt schlecht und dankt mir's, wenn ich ihm die Arbeit erlasse. Ihr Frauenzimmer kann's auch nicht und mag nicht, und ich habe im Englischen gesehen, daß Sie gut walzen; wenn Sie nun mein sein wollen fürs Deutsche, so gehen Sie und bitten sich's von meinem Herrn aus, und ich will zu Ihrer Dame gehen. — Ich gab ihr die Hand darauf, und wir machten aus, daß ihr Tänzer inzwischen meine Tänzerin unterhalten sollte. Nun ging's an, und wir ergötzten uns eine Weile an mannigfaltigen Schlingungen der Arme. Mit welchem Reize, mit welcher Flüchtigkeit bewegte sie sich! Und da wir gar ans Walzen kamen und wie die Sphären umeinander herum rollten, ging's freilich anfangs, weil's die wenigsten können, ein bißchen bunt durcheinander. Wir waren klug, und ließen sie austoben,- und als die Ungeschicktesten den Plan geräumt hatten, fielen wir ein, und hielten mit noch einem Paare... wacker aus. Nie ist mir's so leicht vom Flecke gegangen. Ich war kein Mensch mehr. Am 26. Julius. Ich habe mir schon manchmal vorgenommen, sie nicht so oft zu sehen. Ja, wer das halten könnte! Alle Tage unter- lieg' ich der Versuchung, und verspreche mir heilig: Morgen willst du einmal wegbleiben; und wenn der Morgen kommt, finde ich doch wieder eine unwiderstehliche Ursache, und ehe ich mich's versehe, bin ich bei ihr. — Montags früh, den einundzwanzigsten Dezember, schrieb er folgenden Brief an Lotte, den man nach seinem Tode versiegelt auf seinem Schreibtische gefunden und ihr überbracht hat, und den ich absatzweise hier einrücken will, so wie aus den Umständen erhellet, daß er ihn geschrieben habe. „Es ist beschlossen, Lotte, ich will sterben, und das schreibe ich dir ohne romantische Überspannung, gelassen, an dem Morgen des Tages, an dem ich dich zum letztenmal sehen werde. Wenn 1) Tanzherr (eigentlich „Hut").

7. Bd. 3 - S. 468

1838 - Eisleben : Reichardt
468 Amerika. fchast auf die Knie und senkt die Bajonette zur Erbe und sämmtliche Forts und Kriegsschiffe salutiren. Die Osterwoche beginnt mit dem Besuche der Gräber; das heilige Grab ist in allen Kirchen auf das Würdigste ausgestattet und mit vorzüglichem Geschmacke beleuchtet. Eine feierliche Prozession stellt die Beerdigung Christi vor; sie geht um 10 Uhr Nachts von einer der Hauptkirchen aus und zieht durch einen großen Theil der Stadt. Bei der Feier des Auferstehungstages wird vorzüglich dem Verrather Ju- das arg mitgespielt. Jedermann nämlich, wer es nur immer ver- mag, hat eine Gestalt verfertigt und nach eigner Phantasie gekleidet, hangt sie am Halse irgendwo an einer Straßenecke oder über seiner Hausthüre auf und befestigt ein Säckchen mit Pulver an irgend ei- nem Theile der Figur, um es zur rechten Zeit anzuzünden. Auf den Straßen sieht man Gewinde von Laubwerk, an welchen große Töpfe hangen, von einer Häuserreihe zur andern befestigt; in der Mitte der Straße ist ein Gerüste aufgerichtet, auf dessen höchstem Punkte der Satan sitzt; seinen Leib umgeben Raketen, unter ihm schwebt Ju- das, im reichsten orientalischen Gewände, von einer Tatze des Teufels gefaßt. Masken zu Fuß und zu Pferde belustigen bis zum entschei- denden Augenblicke das Publikum; erwartungsvoll sieht ihm alles ent- gegen. Mit dem letzten Schlage der Uhr, welche die Mittagsstunde verkündet, werden alle Glocken der Stadt gelautet, zwischen dieses ent- setzliche Getöse donnern die Salven der Forts, der Teufel führt Ju- das unter fürchterlichem Geprassel in die Luft, ihm folgen die übri- gen Judas-Figuren nach und bedecken die Straßen mit ihren zerrisse- nen Gliedern; diesen Augenblick schon lange mit Ungeduld erwartend, stürzt ein Theil der Neger, unter dem Rufe ,,Halleluja" über die Reste des Judas her und schleppt ihn jubelnd durch die Straßen, von den Einwohnern zur größten Ausgelassenheit ermuntert, ein an- derer Haufe Neger wirft sich auf die erwähnten Töpfe und zerschlagt sie, um ihren Inhalt zu theilen, welcher gewöhnlich aus Früchten, Tauben und andern Vögeln, zuweilen auch aus Ratten und Mausen besteht. Ein Fremder, der an einem solchen Tage die Stadt zuerst betritt, muß starke Nerven haben, wenn er längere Zeit in den Stra- ßen verweilen will; denn der Lärm übersteigt jeden Begriff. Das prächtigste und zweckmäßigste Bauwerk der Stadt ist die Wasserleitung Cariocca genannt, 1740 vollendet und nach dem Muster des berühmten Aquädukts von Lissabon angelegt, welche von Schwibbogen getragen, die sich in 2 Reihen über einander erheben, von welchen die obere 40 Bogen hat, 2 Stunden weit vom Eorcova- do-Gebirge, über Berge und Thaler ein krystallhelles Trinkwasser der Stadt zuführt und mehrere Springbrunnen damit versorgt, von de- nen einer der größten auf dem Residenzplatze, am Rande des Hafen- dammes sich befindet, wo das Wasser aus einer geschmackvollen Py- ramide nach 4 Seiten herausströmt. Er versorgt die Schiffe mit

8. Bd. 3 - S. 550

1838 - Eisleben : Reichardt
öb0 Australien. andern Gelegenheit getodtet haben. Wenigstens erzählt ein Engländer, der 1827 sich 9 Monate in Neuseeland aufhielt ein Paar Beispiele hiervon. Indem er nämlich einst eine Streiferei ins Innere machte und nicht wenig entzückt war über die Fortschritte, welche die Neusee- länder auf der Bahn der Gesittung gemacht zu haben schienen, wur- de seine Begeisterung nicht wenig herabgestimmt durch den plötzlichen Anblick eines gräßlichen Schauspiels. Es waren die Überreste eines gerösteten menschlichen Körpers, an denen Schweine und Hunde nag- ten. Ein armer junger Sklave, der eine Pflanzung zu hüten hatte, war so nachlässig gewesen, Schweine in dieselbe einbrechen zu lassen, die darin große Verheerung angerichtet hatten. Der Besitzer der Pflan- zung, erzürnt über die Nachlässigkeit, seines Sklaven, hatte den Un- glücklichen mit seiner Streitaxt erschlagen und befohlen, den Leichnam zu braten. Das andere Beispiel, welches derselbe Reisende erzählt, ist folgendes. „Wir hatten erfahren, daß eine junge hübsche Sklavin, die wir Tags vorher noch gesehen hatten, von einem Häuptling, ihrem Herrn, weil sie ihm entlaufen, erschlagen worden sey und zum Mahle zubereitet werde. Wir wollten uns mit eignen Augen hiervon über- zeugen, begaben uns an Ort und Stelle und überraschten sie mitten in ihrer gräßlichen Arbeit. Blutige Fetzen von Matten lagen umher und ein Knabe, der dabei stand, deutete lachend mit dem Finger an seinen Kopf und dann nach einem nahen Gebüsche. Ich näherte mich demselben und fand hier einen blutigen Menschenkopf. Schau- dernd erkannte ich die Züge des Mädchens wieder, welches den Abend zuvor aus dem Dorfe, wo wir uns aufhielten, mit Gewalt fortgeführt worden war. Wir liefen nach dem Feuer, das bereits in der Grube brannte und sahen einen Mann die Viertel eines menschlichen Kör- pers für ein Mahl bereiten, die größeren Knochen waren bei Seite geworfen und das Fleisch ward gerade in den Ofen gelegt. Während wir vor Entsetzen wie versteinert da standen, packte ein vor dem Feuer liegender großer Hund den blutigen Kopf und lief damit nach einem nahen Gebüsch. Der Mann verrichtete sein Geschäft mit der größ- ten Gemüthsruhe und sagte uns, es würden wohl einige Stunden vergehen, bis das Fleisch gekocht sey. Wir gingen in das Dorf zu dem Häuptling, auf dessen Veranstaltung das Mahl zubereitet wurde, und hielten ihm seine Abscheulichkeit vor. Er gestand uns sein Vor- haben und rühmte seine Geschicklichkeit, womit er das Mädchen er- schlagen habe. Und doch war dieser Häuptling ein junger hübscher Mann von höflichen Sitten und sanfter, stiller Gemüthsart. Wir verließen ihn und begaben uns nochmals nach dem Orte, wo das Mahl zubereitet wurde. Kein einziger Neuseeländer war in der Nähe zu sehen; ein heißer, häßlicher Dampf stieg von Zeit zu Zeit aus der qualmenden Grube. Wir entschlossen uns, mit Hülfe einiger Euro- päischen Freunde, die sich in unserm Dorfe aufhielten, den Ofen zu zerstören und die Überreste der Leiche zu begraben. Mst Schausein

9. Bd. 2 - S. 283

1837 - Eisleben : Reichardt
Osmani sches Reich. 283 viele aus den höhern Klassen nach den benachbarten Städten bege- den und die Armen hätten sich in dem offenen Lande zerstreuet. Aber gerade damals hatten die Araber, die ohnehin nur selten im Zaume zu halten sind, sich in der Nahe der Stadt festgesetzt, in der Absicht, alle diejenigen auszuplündern, welche der Pest durch die Flucht zu entgehen versuchen möchten. Diese Rücksicht hielt viele von dem Ver- suche einer Flucht ab, und manche, die kühn lgenug waren, es zu versuchen, kehrten bald zurück, aller ihrer Habe und selbst der Kleider beraubt. Wenige von denjenigen, welchen es gelang, sich ungeplün- dert etwas weiter von Bagdad zu entfernen, hatten sonderliche Ursache sich dazu Glück zu wünschen. Die Flüsse Euphrat und Tigris treten zweimal im Jahre aus; zum erstenmale im Frühling, wenn der Schnee auf den Bergen Armeniens schmilzt, und dann im Herbst bei den pe- riodischen Regen. Eben hatte die Pest den furchtbarsten Grad erreicht, als die Flüsse auf eine seit Menschengedenken nicht erhörte Weise aus- traten und das Land in den unteren Theilen ihres Laufes vollständig unter Wasser setzten. Eine Zeitlang hielten die Mauern der Stadt das Wasser auf, in der Nacht vom 26. April aber wurde ein Theil der Mauer auf der Nordwestseite der Stadt untergraben und stürzte zusammen. Nun brach das Wasser herein, zerstörte 7000 Hauser und begrub in ihren Ruinen 15,000 Menschen, von denen viele krank an der Pest Niederlagen. Die, welche dem Wasser entrannen, zogen sich in diejenigen Theile der Stadt, welche unversehrt oder minder verwü- stet waren, und wurden in die Hauser ihrer Freunde ausgenommen, oder drängten sich, oft 30 an der Zahl, in die Hauser, welche von den Eigenthümern verlassen oder durch die Pest verödet worden waren. Da von Tag zu Tage noch einzelne Hauser durch die Wasserfluthen zerstört wurden, so ward die Bevölkerung fortwährend auf einen engern Raum zusammen gedrängt, und auf diese Weise wurde' der Vortheil zu nichte gemacht, den die Stadt unter gewöhnlichen Umstanden aus der verminderten Zahl der Bevölkerung gezogen haben würde. Die Überschwemmung kann demnach als eine der nachsten'ursachen betrach- tet werden, weshalb die Pest eine so beispiellose Verheerung anrichtete. Mit der wachsenden Sterblichkeit sank die Kraft und die Neigung, die Todten zu beerdigen. Waren auch die Mittel, sie fortzuschaffen, noch vorhanden gewesen, so würde man doch eher die Hauser verlassen haben, ohne die darin aufgehäuften Todten zu begraben; da dies aber un- möglich war, so wurden die Leichen auf den Straßen ausgesetzt, wo sie gierig verschlungen wurden von den gefräßigen Hunden, welche in den Städten des Orients in Menge vorhanden sind. Derjenige zeigte noch große Besorgniß um seine Todten, der sie aus seinem Hause fort- schaffte und in den Fluß warf. Man hat oft behauptet, die Pest raffe gewöhnlich die Jüngsten und die Ältesten, die Schwachen und Kränklichen hin; dies war aber in Bagdad nicht der Fall, und es ge- hörte zu den ergreifendsten Szenen, die Menge von kleinen Kindern
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