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1. Das erste Geschichtsbuch - S. 25

1892 - Gera : Hofmann
— 25 — \ v Das Niederwald-Denkmal. Er schlief auf einem schlichten Feldbette, das er auch auf Reisen mitnahm. Schlafrock und Schlafschuhe trug er niemals. Er stand sehr früh auf, las die eingegangenen Briefe und verhandelte mit den Ministern. Am Mittag stand er an dem Eckfenster feines Schlosses und sah zu, wie die Wache aufzog. Vieles Volk strömte um diese Zeit zusammen, um ihn zu fehen und zu begrüßen. Er war eine hohe, königliche Erscheinung. Milder Ernst und herzliche Freundlichkeit lagen aus seinem Antlitz. Manche kamen weit her. Ost hielten sie Bittschriften in die Höhe. So einst ein armer Weber, dem der Webstuhl

2. Geschichtsbilder aus der allgemeinen und vaterländischen Geschichte - S. 207

1899 - Gera : Hofmann
— 207 — Handelsstädte Genua und Venedig ihre Bedeutung; Portugiesen und Spanier teilten sich in die neuentdeckten Länder und rissen den Großhandel an sich. Aber schon um 1600 wurde diesen von den Hol- ländern und später letzteren von den Engländern die Herrschaft auf dem Weltmeer genommen. Die vielen Bodenerzeugnisseder Kolonien, besonders die später in Europa angepflanzten, wie: Mais, Tabak, Kar- toffeln, und die nur eingeführten, als: Kaffee, Zucker, Kakao, Vanille, Baumwolle, riefen neue Bedürfnisse wach, veränderten die Lebensweise und erzeugten eine große Rührigkeit in allen geschäftlichen und gewerb- lichen Verhältnissen. Die hinzuströmende Masse edler Metalle (aus Mexiko und Peru) verringerte den Geldwert und steigerte die Preise. 11. Das Aufblühen der Wissenschaften und Künste. Die Aus- schließung so vieler fremder Länder gestaltete einzelne Wissenschaften, besonders die Erd- und Naturkunde, völlig um und erweiterte Zn hohem Maße den bisherigen Gesichtskreis. Kopernikus in Thorn beseitigte den Jahr- tausende alten Irrtum, daß sich die Sonne um die stillstehende Erde bewege. Kepler erforschte die Gesetze des Planetenlaufes. Der Italiener Galilei entdeckte die Pendel- gesetze und wurde der Begründer der wissenschaftlichen Naturlehre (Physik). — Dazu gesellte sich das neu erwachte Studium des griechischen und rö- mischen (klassischen) Altertums und die Pflege der Kunst, zunächst in Italien, später in Deutschland. Schon im 14. Jahr- hundert hatte der große italienische Dichter Dante (f 1321 in Ravenna) einem neuen, edeln Geschmack in der 1321 Litteratur durch seine Anlehnung an die klassischen Dichter der Römer .den Weg gebahnt. Sein berühmtes Hauptwerk „die göttliche Komödie" ist eine der tiefsinnigsten Dichtungen aller Zeiten. In seinen Wegen war dann der berühmte italienische Dichter Petrarca gewandelt. Mit großer Begeisterung hatte sich dieser den humanistischen Studien, d. h. dem Studium des klassischen Altertums aus dessen Werken, zugewandt und den Anlaß zur weiteren Verbreitung dieser Studien gegeben. In vielen seiner Gedichte besang er in zarter, inniger Weise seine Laura. Er sah sie zum erstenmal in der Kirche zu Avignon, feierte sie lebenslang als weibliches Idealbild und verlor sie nach 21 Jahren durch den Tod. Als nach der Eroberung Konstantinopels durch die Türken (1453) 1453 flüchtige Gelehrte nach Italien kamen und die Pflege der griechischen Litteratur und Philosophie anregten, da entfalteten sich auf dem Boden Italiens von neuem die Wissenschaften und Künste zu schöner Blüte. In Deutschland waren die hervorragendsten Humanisten Reuchlin, Erasmus und Ulrich von Hutten. Die erwachende Studienlust ließ neue Universitäten erstehen und alte sich verjüngen. Den altberühmten Städten Paris, Bologna und Salerno reihten sich 4 i i " 3! , 4

3. Die weltgeschichtlichen Kämpfe des Altertums - S. 234

1890 - Gotha : Perthes
234 selbe einen Damm von 1200 Fuß Breite und 150 Fuß Höhe aufschütten und zugleich die Mauer untergraben, so daß sie zusammenstürzte und eine Bresche sich öffnete. Sofort begannen die Macedonier den Sturm, fanden aber sehr tapferen Widerstand, denn sie wurden dreimal zurückgeschlagen; daher ließ Alexander neue Mauerftrecken niederlegen und dann alle Bataillone zum Sturme anrücken. Sofort legte die Garde Sturmleitern in den Breschen an und drang über den Schutt der eingestürzten Mauer vor, um die Thore aufzureißen. Nun entspann sich ein wilder Straßenkampf, in welchem an 10000 Verteidiger fielen, ehe die Stadt gewonnen wurde, worauf man die Weiber und Kinder als Sklaven verkaufte. Weil aber die Stadt als Grenzfeste von großer Wichtigkeit war, ließ Alexander die Mauer wieder herstellen und die Stadt bevölkern, um sie fortan als starken Wasfenplatz zu benutzen. Nun drang Alexander in Ägypten ein, welches sehr ungern das harte persische Joch trug, von persischen und libyschen Soldaten bewacht, bedrückt und vom Statthalter ausgeplündert ward. Als nun, wie oben erzählt, griechische Söldner aus Asien kamen, um sich in Ägypten anwerben zu lassen, beging der Statthalter die Thorheit, deren Niedermetzelung zu befehlen , so daß er wehrlos dastand, als nach sieben Tagen Alexander in Pelusium, der ägyptischen Grenzstadt, einrückte. In seiner Verlegenheit übergab der Statthalter dem Könige Ägypten, weshalb dieser schnell nach der Hauptstadt Memphis aufbrach und dorthin auch seine Flotte segeln ließ. Unter dem Jubel des Volkes zog er als Herr Ägyptens in Memphis ein, opferte den ägyptischen Göttern, besonders dem Ochsen Apis, was ihn bei den Priestern beliebt machte, ließ in den Vorhöfen der Tempel Wettkämpfe und Musenspiele halten und gründete an einer der Nitmündungen die Stadt Alexandrien als Stützpunkt griechischen Wesens, die denn auch nach Alexanders Tode Haupt-

4. Deutsche Prosa - S. 231

1900 - Gera : Hofmann
Erinnerungen. 231 mentellen und mathematischen Methoden gewesen, die durch leicht ge- fundene Modifikationen dem jedesmaligen besonderen Zwecke angepaßt werden konnten. Meine Kommilitonen und Freunde, die sich, wie ich selbst, der physikalischen Seite der Physiologie gewidmet hatten, leisteten nicht minder überraschende Dinge. Aber allerdings konnte es im weiteren Verlaufe dabei nicht bleiben. Ich mußte die nach bekannten Methoden zu lösenden Aufgaben all- mählich meinen Schülern im Laboratorium überlassen und mich selbst schwereren Arbeiten von unsicherem Erfolg zuwenden, wo die allge- meinen Methoden den Forscher im Stich ließen, oder wo die Methode selbst erst noch weiter zu bilden war. Auch in diesen Gebieten, die den Grenzen unseres Wissens näher kommen, ist mir ja noch mancherlei gelungen, Experimentelles und Mathematisches. Ich weiß nicht, ob ich das Philosophische hinzurechnen darf. In ersterer Beziehung war ich allmählich wie jeder, der viel experimentelle Aufgaben angegriffen hat, ein erfahrener Mann geworden, kannte viele Wege und Hilfsmittel und hatte meine Jugendanlage der geometrischen Anschauung zu einer Art mechanischer Anschauung ent- wickelt; ich fühlte gleichsam, wie sich die Drucke und Züge in einer mechanischen Vorrichtung verteilen, was man übrigens bei erfahrenen Mechanikern und Maschinenbauern auch findet. Vor solchen hatte ich dann immer noch einigen Vorsprung dadurch, daß ich mir verwickeltere und be- sonders wichtige Verhältnisse durch theoretische Analyse klar machen konnte. Auch bin ich im stände gewesen, einige mathematisch-physikalische Probleme zu lösen, und darunter sogar solche, an welchen die großen Mathematiker seit Euler sich vergebens bemüht hatten, z. B. die Fragen über die Wirbelbewegungen und die Diskontinuität der Be- wegung in Flüssigkeiten, die Frage über die Schallbeweguug an den offenen Enden der Orgelpfeifen u. s. w. Aber der Stolz, den ich über das Endresultat in diesen Fällen hätte empfinden können, wurde be- trächtlich herabgesetzt dadurch, daß ich wohl wußte, wie mir die Lösungen solcher Probleme fast immer nur durch allmählich wachsende Generali- sationen von günstigen Beispielen, durch eine Reihe glücklicher Einfälle nach mancherlei Irrfahrten gelungen waren. Ich mußte mich ver- gleichen einem Bergsteiger, der, ohne den Weg zu kennen, langsam und mühselig hinaufklimmt, oft umkehren muß, weil er nicht weiter kann, der bald durch Überlegung, bald durch Zufall neue Wegspuren entdeckt, die ihn wieder ein Stück vorwärts leiten, und endlich, wenn er sein Ziel erreicht, zu seiner Beschämung einen königlichen Weg findet, auf dem er hätte herauffahren können, wenn er gescheit genug gewesen wäre, den richtigen Anfang zu finden. In meinen Abhandlungen habe ich natürlich den Leser dann nicht von meinen Irrtümern unterhalten,

5. Deutsche Prosa - S. 259

1900 - Gera : Hofmann
Botanische Probleme. 259 ihrer Teleskope, Mikroskope und Spektroskope haben sie der Natur ihre verborgensten Geheimnisse, eins nach dem andern, abgezwungen, die sie freiwillig nie enthüllt hätte. Zuerst im Verlauf des 17. Jahrhunderts wurde die neue Ex- perimentiermethode nutzbar gemacht, um die Kräfte der leblosen Natur, die mechanischen Gesetze des Luft- und Wasferdrucks, der Schwerkraft, des Lichtes, der Wärme zu erforschen und der mathematischen Be- rechnung zu unterwerfen. Gegen das Ende des Jahrhunderts wird die nämliche Methode auch auf die Untersuchung des Tierlebens angewendet; die Entdeckung des Blutumlaufs ist ihre erste glänzende Frucht. Im 18. Jahrhundert wird endlich auch die Pflanze auf die Probe des Experiments gestellt; der Engländer Stephan Hales ist der erste, welcher die Lebensthätigkeiten in der Pflanze als Leistungen physikalischer Kräfte auffaßt und mit Wage und Maßstab bestimmt; er vergleicht die Kraft, mit welcher der blutende Weinstock feine Frühjahrssäfte aus der Schnitt- wunde emportreibt, mit dem Gewicht einer Quecksilbersäule von be- stimmter Höhe oder mit dem Druck der Schenkelarterie eines Pferdes; er wiegt die Wassermenge, welche ein Birnbaum oder eine Sonnenrose in vierundzwanzig Stunden aus dem Boden aufsaugt; er schreibt im Jahre 1727 eine Statik der Gewächse, als sei das ganze Pflanzenleben ein physikalisches Problem. Der Franzose Du Hamel de Monceaux veröffentlicht 1758 eine Physik der Bäume, worin er die Gesetze er- forscht, welche die Strömungen der Säfte in Holz und Rinde be- herrschen ; im nämlichen Jahre erscheint ein Buch über den Nutzen der Blätter von dem Genfer Bonnet, in welchem versucht wird, die physi- kalischen Kräfte, welche die Blätter zum Lichte drehen und ihre Transpiration vermitteln, näher zu bestimmen. So tritt die Pflanzen- physiologie, auf die Physik gestützt, in die Reihe der exakten Wissenschaften. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts schwingt auch die Chemie aus der Dämmerung alchymistischer Träumereien sich auf in das Tageslicht der Wissenschaft. Nach der Meinung der Alten war die Welt aus vier Elementen aufgebaut: Feuer, Wasser, Luft und Erde; nachdem aber der Engländer Priestley 1774 den Sauerstoff entdeckt hatte, zeigte der Franzose Lavoisier 1776, daß Feuer kein Element, sondern ein mit Licht und Wärme verbundener Vorgang bei der Verbindung ge- wisser Körper mit Sauerstoff sei; gleichzeitig fand er, daß auch die Erden nicht Elemente, sondern Verbindungen von Sauerstoff mit Metallen, die Kohlensäure dagegen eine Verbindung des Sauerstoffs mit Kohle sei; 1786 wies er nach, daß auch die Luft kein Element, sondern ein Gemenge zweier Gase, des Sauerstoffs und des Stickstoffs sei. Zwei Jahre vorher hatte der Engländer Cavendish, ein Sproß des edlen Hauses der Herzöge von Devonshire, entdeckt, daß auch das

6. Elementarbuch für den ersten Schulunterricht in der Geschichtkunde - S. 46

1824 - Gotha : Ettinger
46 I. Geschichte 1705 1700 1706 1709 bis 1714 1718 men, seiner Nation die rohen Sitten abzugewöhnen, und ihr eine Neigung zu Künsten und Wissenschaften beyzu- bringen. Er forderte sie hierzu nicht nur durch Verordnungen, sondern auch durch sein Beyspiel, auf. In Holland trat er als Schiffszimmermann in die Lehre, und zu Hause lernte er den Kriegsdienst von unten auf. Während der Zeit bildete er allmählich seine Land- und Seemacht. Auch baute er St. Pe- tersburg. Peter erndtete nun, im Kriege mit Karl Xll. .von Schweden, die Früchte seiner Bemühungen ein. Karl, ein junger, rascher König, der den makedonischen Alexander nachahmen wollte, spielte ei. ne abentheuerliche Rolle. August Ii. von Polen hatte sich mit dem russischen Peter und dem Könige von Dänemark verbunden, Karin verschiedene Länder wegzunehmen. Allein Karl schlug bey Narwa, mit wenig tausend Schweden, ein großes Heer der Russen, und nö- thigte den König August, in dessen Land er eingefallen war, der polnischen Kro- ne zu entsagen. Jetzt wollte er auch den Zaar Peter demüthigen; dieser schlug ihn aber bey Pultawa, und Karl flüchtete nun nach der türkischen Stadt Bender. Hier blieb er 5 Jahre. Wäh- rend der Zeit nahmen ihm seine Fein- de ein Land nach dem andern weg. Karl, der alles wieder erobern wollte, wurde vor Friedrichshall in Norwegen erschossen. Unter die Fürsten, die von Karls Verwe- genheit Vortheil zogen, gehörte auch . der

7. Deutsche Stammesgeschichte, deutsche Kaisergeschichte - S. 549

1894 - Gera : Hofmann
Iii. Deutsches Leben zur Zeit der fränk. u. stauf. Kaiser. 7. Eine deutsche Stadt. 549 unserem Maitrank; fremder Würzwein, kunstvoll aus französischem Rotwein verfertigt, wurde als Claret und Hippokras eingeführt; über Maulbeeren abgezogener Wein hieß Moraß; außerdem wurden viele andere Arten von aromatischen Tränken verfertigt, auch mit gekochtem Wein, zum Teil nach Rezepten, die aus dem römischen Altertum stammten; sie galten für medizinisch hilfreich, waren auch von Frauen begehrt, mehr als jetzt die Liköre. Im Süden des Thüringer Waldes machte dem Landwein der Birnmost und Äpfelwein Konkurrenz, er war z. B. der herrschende Trank in Bayern, wo erst später das Bierbrauen überhand nahm, der Bock aus der Stadt Einbeck erlernt wurde. Von ungemischten Weinen waren außer dem deutschen vom Rhein und der Mosel, vom Neckar und dem Würzburger vom Main, noch der von Rivoglio (Reifall genannt) und von Botzen, die ftanzösischen Mnscatel und Malvasier und der Osterwein aus Ungarn wohlbekannt, außerdem viele italienische Sorten, von Ancona, von Tarent u. s. w., endlich griechische Weine, darunter der berühmte Cyprer. Ulm war der große Weinmarkt, von dort gingen die Fässer bis hinauf in das Ordensland Preußen und in die fernsten Handelsstationen der Ostsee. Auf der Straße und in der Trinkstube wurde das Leben genossen. Darum füllten sich die Marktplätze und Straßen der Stadt am Abend, der Handwerksgesell und der junge Schreiber gaffierten und zeigten sich den Mädchen, die an Fenster und Thüre standen, und die Grüße und Scherzreden empfingen. Bei solchem Durcheinander der Männer wurden die Neuigkeiten ausgetauscht, was ein Reisender aus der Ferne zugetragen hatte, daß auf einem Dorfe in der Nähe ein unförmliches Kind geboren war, daß in Bern ein Weib mit einem Mann im Gottesgericht gekämpft, der Mann nach altem Recht mit dem halben Leib in einer Grube, das Weib mit ihrem Schlüsselbund bewaffnet, der Mann sei erschlagen. Und wieder, daß die reitenden Boten des Rates, der Christian und der Gottschalk, ausgeritten waren nach großen Nachbarstädten, um dort Kunde einzuziehen, ob man etwas Neues aus Frankreich wisse oder von dem Anzuge abenteuerlicher Schwärme von singenden Büßern. War ein Fehdebrief am Stadtthore abgegeben, dann war die Aufregung groß, wer einen Verwandten auf der Landstraße hatte, der wurde Mittelpunkt eines Kreises von Teilnehmenden und Neugierigen, ob der Reisende durch den Rat gewarnt sei, ob er gutes Geleit zu erhalten hoffe. Diese große Börse für Neuigkeiten verbreitete auch kleinen Familienklatsch, der in der abgeschlossenen Stadt die größte Bedeutung hatte, daß der alte Ratsherr Muffel von neuem heiraten werde, daß die Stromer und die Nützet sich wegen ihres gleichen Wappens auf der Gesellenstube heftig gezankt hätten. Auch das Regiment der Stadt war in diesen Stunden Gegenstand einen Beurteilung, die nicht immer wohlgeneigt blieb, und in unzufriedener Zeit wurde in den Haufen Empörung gemurmelt, die in den Schenken und Zunftstuben ausbrach und langgetragenem Leid und verstecktem Haß blutige Sühne verschaffte. War einmal etwas Merkwürdiges zu beschauen, dann kam die Stadt in helle Bewegung. Fremde und kunstfertige Tiere wurden gern bewundert.

8. Bilder aus dem Deutschen Reiche - S. 512

1890 - Gotha : Behrend
512 Bilder aus der norddeutschen Tiefebene. süßer Milch befeuchtet worden sind. Grobes, schwarzes Brot liegt ans dem Tische; Fleisch giebt es nnr an gewissen Tagen. Als Lieblingsessen gelten in Milch gekochter, dicker Reis und braun gekochte Fische, die bei Hochzeiten, Begräbnissen und Kindelbier verspeist werden. Zu einer Gasterei bringt sich jeder fein Messer mit, die Fischköpfe und Gräten werden unter den Tisch geworfen. Die Gänsezucht ist sehr bedeutend; nächst den Dorfhnnden, welche einen Knüttel zwischen den Beinen führen, wird man von den Gänsen zuerst in den Dörfern begrüßt, und im Frühjahr, wo die Znchtgänse mit ihren Gänschen aus der Dorfstraße sich aufhalten, sieht man um diese zugleich die ganze kleine Dorfjugeund versammelt, die mit den älteren Geschwistern die junge Brnt bewahren müssen. Während in Thüringen, Sachsen :c. Stadt- und Landbewohner dieselbe Sprache reden, ist in Pommern Stadt und Land durch die hoch- und plattdeutsche Sprache getrennt. Das pommersche Plattdeutsch verkürzt und verkrümmt die Endsilben und Diphthongen. Man sagt ick (ich) ,wat so ick (was soll ich), weeß nich (weiß nicht). Das Platt- deutsch ist so abweicheud vou der hochdeutschen Sprache, daß der Pommer diese kaum versteht. Richter, aus fremden Provinzen nach Pommern versetzt, können sich den Bauern sehr schwer verständlich machen, und vor der hoch- deutschen Predigt merkt sich der Dorfbewohner oft nur die auge- führten Bibelsprüche und die handgreiflichsten Bilder; die Sprache mit gelehrten Ausdrücken geht über sein Gesichtskreis. Das Plattdeutsche ist uach der Scheidung der Provinzen in Vor- und Hinterpommern verschieden, auch uach deu Flußgrenzen, selbst nach Dörfern. Auf Rügeu und Neupommeru bis zur Peene spricht jeder ohue Ausnahme, wie in Mecklenburg, am liebsten Platt, aber diesers Platt ist leicht, behend, traulich und gemütlich, während das hinterpommersche Platt breit, gedehnt, voll und trüge klingt; in jenem arbeiten Zuuge und Lippe, in diesem Brnst, Kehle und Kinnbacken. Der Vorpommer sagt: de, Pierd, Steen, Koh, klock; der Hinterpommer: dei, Peird, Steihn, Kanh, klank (der, Pferd, Stein, Kuh, klug). Die bäuerlichen Eltern treten ihren Hof gewöhnlich schon bei guten Jahren an den Sohn oder Schwiegersohn ab und beschließen ihre Tage im Speicher (Spinker), einer znm Bauernhof gehörigen kleinen Wohnung. Da sie ein nicht unbedeutendes Deputat an Korn, Holz. Flachs und baarem Gelde erhalten, leben sie meist ihren Kindern zu lange, ein schlechter Zng im Charakter des Bauern. Im allgemeinen ist Pommern ein armes Land, wobei jedoch das Beste ist, daß sich der Bewohner desselben über ihre Armut zu trösten wissen. Wenn vordem Boote aus Wollin, Kammin oder Gollnow sich aus der See begegneten, so eröffneten sie ein kleines Gefecht mit Wasserspritzen gegen einander, und die Wolliner wurden dabei als „Stintköppe" begrüßt, die Kamminer als „Plunderköppe", die Gollnower als „Pomuffelsköppe"; aber „Plump aus Pommerland" hält darum doch fester zusammen als die mitteldeutschen Leute, die großenteils gar

9. Bilder aus Europa mit Ausschluss des Deutschen Reiches - S. 77

1890 - Gotha : Behrend
Die süd russischen Steppen. 77 noch durch in der Eile gezogene Furchen, löschen beständig die hinüber- fliegenden Feuerbrände, und meistens, wenn sie ihre Stellung gut zu wählen wußten, gelingt es ihnen dann auch, das Flammenunqetüm zu ersticken. Jedoch zuweilen sind die Wege selbst mit Gras bewachsen und erleichtern den Übergang. Hier und da fangen die Brandraketen Feuer, ziehen ihre ganze wilde Brüderschaft nach und leuchten nun in den dürren Fruchtfeldern mit neuer Freude hoch empor. Alles geht wieder beflügelten Schrittes vorwärts, Millionen glühende Körner sprühen und verpuffen. — Solch ein Steppenbrand bewegt sich oft sechs bis zehn Tage in einer Gegend hin und her. Entdecken die Leute noch bei Zeiten den Brand, so umziehen sie schnell ihre Wohnungen und Kornhaufen mit einigen Furchen und vernichten das Gras rund umher, nm dem Brande so Grenzen zu stecken. — Durch solche Steppen- brände werden die zahlreichen Herden der Steppen oft nicht wenig in Aufruhr und Schrecken gesetzt. Sie werden, da die Flammen mitunter wunderbare Streifzüge machen und von drei und vier Seiten zu gleicher Zeit heranrücken, von ihnen völlig eingeengt, so daß Hirten und Tieren oft nichts übrig bleibt, als mitten durch das Feuer hindurchzusetzen. Das geht dann nicht ohne manche unangenehme Vorfälle ab, und unter Umständen wird nicht nur manches Haar, sondern manches Leben da- bei versengt. Auch die Schilfwaldungen werden mitunter angezündet. Die Gründe zum Abbrennen des Schilfs sind hauptsächlich zweierlei: erstlich das Vertreiben der Wölfe, die sich äußerst zahlreich in den Schilf- Waldungen versammeln, und dann zweitens, um dem juugeu aus- sprossendem Schilfe Luft zu geben. Da das Schilf, welches 4 in hoch ist, gewöhnlich eine mehrere Klafter hoch auflodernde Flamme giebt, und da die Schilfrohre gewöhnlich an vielen Stellen zugleich in Brand gesteckt werden und die Flammen sich weit und breit in den Fluß- Plawnas verbreiten, so giebt dies ein Feuer, dessen glühenden Schimmer man in einer Entfernung von vielen Kilometern erblickt, besonders bei solchen Flußthäleru, die, wie der Dnjestr, über 3 km breit mit Schilf erfüllt sind. — Dies ist eine üble Zeit für das arme Tierleben in den Schilfen. Die Enten und Gänsescharen und die Pelikane sammeln sich auf den See- und Flußarmen zwischen dem Schilfe und schreien und schnattern, als wollten sie sich gegen den Flammenstrom zur Wehre setzen. Die Habichte, Adler, Geier und die kaum aus fremdeu Landen angekommenen Silberreiher fliegen auf und kreischen, unruhige Kreise ziehend, in dem wallenden Dampf. Die Wölfe, die das Fener vor allem nicht dulden können, stürzen sich truppenweise ins Wasser und retten sich flüchtigen Fußes. Aber auch viel nützliches Geflügel ver- brennt sich dabei das Gefieder: Enten, die ihre Eier nicht verlassen wollen und auf ihrer Brut das Leben verhauchen, Reiher und Trappen, die dumm um das Feuer kreisen und wohl gar mitten in die Flamme hineinschießen. — Trotz aller Verbote und Bestrafungen wiederholen sich diese Schilfbrände des Dnjestr und Dnjepr alljährlich so pünktlich wie der Frühling und das Ergrünen der Bäume.

10. Bilder aus Europa mit Ausschluss des Deutschen Reiches - S. 199

1890 - Gotha : Behrend
Der Vesuv. 199 ereilt, so z. B. einige junge Damen, einen Arzt und einen Studenten. Manche werden halbverbrannt unter lautem Jammeru in's Hospital ge- tragen. Viele sind von kundigen Führern gerettet worden, als sie, von der Lava anscheinend ganz umzingelt, schon an jedem Auswege ver- zweifelten. Während all dieses Elend von dem Donner des Vulkans begleitet wird, während Luft und Erde erzittern, während ein dicker, grauer Staub und die himmelhohe Rauchwolke das Licht des Tages verdunkeln, mehrt sich das Gewühl und das Gewimmel der Menschen. Die Flüchtigen wachsen zu großen Scharen an. Die Eisenbahn befördert Menschen und Gepäck nach Neapel; Omnibusse und anderes Fuhrwerk werden in Gang gesetzt; die Schiffe der königlichen Flotte eilen in die Häfen von Portici und Torre, um Hülfe zu bringen. Behörden von Neapel haben eine Geldsumme dargegeben, sie haben Hospitäler und Notwohnungen einge- richten lassen. Der König und die Minister sind von Rom herbei- gekommen, um die Rettung und Unterstützung der Armen zu überwachen und zu fördern. Die Gefangenen von Portici und anderen bedrohten Städten müffen nach Neapel transportiert werden. Geistliche, Mönche und Nonnen mischen sich unter die Unglücklichen, um ihnen Trost zu spenden. Prozessionen ziehen einher; die Frauen lassen ihre schwarzen Haare herabwallen, die ernsten Priester schreiten voran mit dem schwarzen Kreuze, indem sie schauerliche Sterbe- und Bußlieder anstimmen. Da- zwischen treiben Hirten ihre Herden vorüber, welche Angstlaute aus- stoßen. Es ist ein unbeschreibliches Durcheinander von phantastischen Bildern der Not, des Schreckens, der tobenden Naturkräfte, der Barmherzigkeit. Wie schwach und elend erscheint der Mensch vor diesen unbezwinglichen Gewalten der Natur! Inzwischen ist der Abend hereingebrochen. Jetzt erscheint die Rauch- Wolke wie Feuer, und die Lava wirft einen Glutschein über den dnnkeln Himmel. Sie ist im Laufe des Tages angeschwollen. Sie hat die Mauern und Häuser von San Sebastians durchbrochen; der ganze Ort geht in Flammen auf und bildet eine einzige weithin leuchtende Fener- iusel. Bei Massa Vefnviana ist der Lavastrom sechs Meter hoch und tausend Meter breit; die Stadt brennt und muß gänzlich untergehen. Auch Resina und Portici sind in Gefahr. Vier Hauptströme der Lava kann man bemerken, sie legen sich wie ein höllischer Glutmantel um die Bergseiten und setzen immer noch ihren verderblichen Weg fort. Wann und wo werden sie stehen bleiben? Und wenn sie es thun, und wenn der Krater sich verstopft, kann nicht ein Erdbeben darauf eintreten und uoch viel mehr Unheil bringen? Ich kehre nach Neapel zurück und finde das Volk verzagt und ent- setzt, es flüchtet zu seinen Heiligen. An ihren Standbildern klettern Knaben empor und drücken Orangenblüten und Rosensträucher in ihre Hände. Man zündet ihnen Wachskerzen an, man schreit zu ihnen um Hülfe. Die Häuser bebeu fort und fort, an Schlaf ist in dieser Nacht
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