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1. Die weltgeschichtlichen Kämpfe des Altertums - S. 81

1890 - Gotha : Perthes
81 sie an Stärke und Geschick zu übertreffen, doch Odysseus legte neue Pfeile auf die Armbrust und schoß drei der ärgsten Schreier nieder. Natürlich tobten die übrigen um so lauter, doch Odysseus sagte ihnen in herben Worten, wer er sei und daß er sie für ihren Übermut strafen wolle. Jetzt baten sie um Verzeihung und boten Ersatz des verzehrten Gutes, doch Odysseus schoß einen nach dem anderen nieder, sein Sohn und der Sauhirte schleuderten Spieße, und wenn die Freier auf diese Weise auch Wurfwaffen erhielten und sich hinter Tischen bargen wie hinter Schilden, so fielen sie doch allesamt einer nach dem andern. Hierauf mußten die Mägde die Leichen in den Hof schaffen, wo man sie verbrannte, und den Saal scheuern, der ja voll Sblut war. Dann ließ Odysseus seiner Gemahlin melden, Odysseus sei angekommen und unten in der Halle. Sie wollte es nicht glauben und sandte eine Dienerin, um sich den Fremden anzusehen und ihn auszuforschen. Diese Dienerin, die sehr alt war und den jungen Odysseus gepflegt hatte, trat sehr vorsichtig auf und bezweifelte vieles, was ihr der Fremdling erzählte. Da sprach dieser endlich: „Du mußt wissen, daß ich einst als Jüngling von einem Eber am Schenkel stark verwundet ward und lange krank lag, wahrend du mich pflegtest. Nun siehe her, ich kann dir die alte Narbe zeigen, an welcher du erkennen wirst, daß ich Odysseus bin." Mit diesen Worten zeigte er die Narbe, und die Dienerin fiel freudig vor ihm nieder, weil sie in ihm ihren alten Herrn wieder erkannte. Dann eilte sie zur Penelope mit der Nachricht, Odysseus, der lange Erwartete, sei gekommen und befinde sich unten im Saal, um sie zu empfangen. Penelope, die so oft getäuscht war durch falsche Nachrichten, glaubte der alten Dienerin nicht, ging zwar in die Halle hinab, wo sich der Fremdling befand, setzte sich ihm gegenüber auf einen Schemel und sah ihn scharf an, ob er wirklich ihr Gemahl sei. Noch immer zweifelte sie. Da Körner, Die Kämpfe im Altertum. g

2. Die weltgeschichtlichen Kämpfe des Altertums - S. 155

1890 - Gotha : Perthes
155 drei große Straßen in die Byrsa, den Sitz des Reichtums und der alten Kaufrnannsfarnilien. Hier waren die Häuser sieben bis acht Stock hoch und mit einem platten Dache versehen. In diesem Stadtteil erhob sich ein rasender Kampf. Haus für Haus wurde verteidigt und erst nach vielem Blutvergießen erobert. Man durchbrach die Mauern und kämpfte von Zimmer zu Zimmer, dann von Stockwerk zu Stockwerk bis hinaus aufs platte Dach, wo man Bretter oder Balken über die Straße nach dem gegenüber stehenden Hause legte, um dort den Kampf fortzusetzen. Bei diesem verzweifelten Widerstände kamen die Römer nur langsam vorwärts, behielten aber die Oberhand. Denn in der Stadt herrschte furchtbare Hungersnot, man nährte sich bereits von Leichen, wollte aber trotzdem von Übergabe nichts wissen, auch hatte Hasdrubal an römischen Gefangenen solche Grausamkeiten verübt, daß von Übergabe nicht die Rede sein konnte, weil die Römer alsdann würden Rache genommen haben. Nachdem die Römer in tagelangen mörderischen Kämpfen unter vielem Blutvergießen einen Teil der Altstadt erobert hatten, ergriffen sie ein anderes Mittel, dem Gemetzel ein Ende zu machen. Sie zündeten die eroberten Häuser an, und da die Karthager vor den Flammen zurückwichen, folgten ihnen rasch die Römer, rissen die Häuser nieder und errichteten aus der ungeheuren Schuttmasse einen Wall gegen die Mauer und Citadelle. Dabei begingen sie, wie der Augenzeuge Polybius berichtet, unglaubliche Grausamkeiten, weil der heftige Widerstand der Karthager sie in Wut brachte. Denn sie begruben absichtlich Verwundete und Lebende unter dem Schutt. Auf diese Weise drangen die Römer in die Altstadt ein, wo nun jeder sein Leben zu retten suchte. Da kamen Priester flehend mit Wafsenstillstandszeichen und baten um das Leben, was Säpio jedem der Herauskommenden

3. Die weltgeschichtlichen Kämpfe des Altertums - S. 95

1890 - Gotha : Perthes
I1 95 griechische Städte zerstört, deren Bevölkerung umgebracht oder als Sklaven verkauft. Als z. B. Selinus nach nenntägigem Verzweiflungskampfe siel, wobei 16 000 Einwohner getötet, 5000 als Sklaven verkauft wurden, verstümmelten die karthagischen Söldlinge sogar die Leichen der Besiegten und schmückten sich mit den abgehauenen Gliedern der Erschlagenen. In Himera wurden 3000 Gefangene niedergemacht und die ganze Stadt zerstört, und dasselbe Schicksal traf Selinus. Diese Aus-mordung und Verwüstung Volk- und bildungsreicher Städte charakterisiert die Herzlosigkeit der habgierigen Karthager, der Engländer ihrer Zeit. Nicht minder schlimm erging es dem zwischen Weingärten und Olivenwäldern gelegenen reichen und üppigen Akragas oder Agrigent, welches 200 000 Einwohner zählte. Diese wehrten sich zwar herzhaft gegen die karthagischen Söldner, aber als man ihnen die Zufuhr abschnitt, so daß Hungersnot ausbrach, wanderten in kalter Winternacht viele Einwohner aus, viele ermordeten sich, um nicht vom Feinde zutode gemartert zu werden, oder verbrannten sich in den angezündeten Tempeln. Agrigent galt nächst Syrakus für die größte und prachtvollste Stadt der Insel und hatte eine merkwürdige Bauart, denn die Häuser zogen sich an einer durch Schluchten und Thäler gespaltenen Hügelreihe hinan, auf deren höchstem Gipfel im Nordosten die schwer zugängliche Stadtburg mit dem Zeus- und Athenetempel stand. Dieser Zeustempel galt für das größte Gotteshaus der Insel, denn er maß 340 Fuß in die Länge, 60 Fuß in die Breite und 120 Fuß in die Höhe. Seine Säulen besaßen einen so gewaltigen Umfang, daß sich in ihre Schaftkehlen ein Mann stellen konnte. Die Flächen des Mauerwerks hatte man mit halberhabenen Bildern gefüllt, welche Scenen aus dem Gigantenkampfe und dem Trojanischen Kriege darstellten. Die Menge der Statuen, Gemälde und Grab-

4. Die weltgeschichtlichen Kämpfe des Altertums - S. 210

1890 - Gotha : Perthes
210 nun seine Maschinen gegen die Mauer vorrücken und auf dem vom Schutte gereinigten Boden des einspringenden Winkels aus Weiden geflochtene Schirmwände, hohe hölzerne Türme und Schilddächer mit Mauerbrechern Herstellen; da machten die Belagerer einen Ausfall, unterstützt von den Geschützen der Türme und Mauer, brannten die Schirmwände und einen Turm nieder und wichen erst, Fackeln und Waffen wegwerfend, als Alexander mit seiner Garde erschien. Die Maschinen setzten also ihre Arbeit fort. Da machte der Athener Ephialtes, der Alexanders wegen ans seiner Vaterstadt flüchten nutzte und in persischen Diensten stand, einen Ausfall, warf Pechkränze und Feuerbrände auf die Maschinen, ward dagegen von den hohen Belagerungstürmen mit einem Hagel von Geschossen und Steinen überschüttet, von Alexander selbst angegriffen und zum Weichen gebracht, wobei er selbst fiel und viele feiner Streiter auf der Flucht über den Schutt der eingestürzten Mauer und in den engen Thoreingängen niedergemacht wurden. Unterdessen hatte ein anderer Kriegshaufeu nach einer andern Seite der Stadt hin einen Ausfall unternommen, ward aber nach hartem Kampfe zurückgetrieben, und da man nur über eine enge Brücke in die Stadt gelangen konnte und diese Brücke sich mit Flüchtlingen überfüllte, so brach sie zusammen, stürzten viele Städter in den Graben, wo sie sich gegenseitig erdrückten, oder von den Mace-doniern mit Speeren erstochen wurden. Beängstigt durch diese wilde Flucht der Ihrigen, schlossen die Städter den Eingang zur Stadt, damit nicht etwa auch Macedonter denselben benutzten, und wurden nun die waffen- und wehrlosen Städter vor dem verschlossenen Thore von den Macedontern niedergemacht. In der Nacht wollten die Macedonier die Stadt erstürmen, aber Alexander ließ zum Rückzüge blasen, weil er sicher auf die Übergabe der Stadt rechnete, denn er zählte nur 40 Tote, der Feind dagegen über 1000.

5. Deutsche Prosa - S. 202

1900 - Gera : Hofmann
202 Hermann Hettner. Nähen und Krankenpflege in fremden Häusern das Ihrige zur Auf- rechterhaltung und Förderung des kleinen Hausstandes beizutragen. Wer von Dresden nach Kamenz geht, betrete den dicht an der Straße liegenden Kirchhof zu Pulsnitz. Sogleich am Eingang desselben, an der rechten Seite findet er ein Grab, das die sterblichen Reste von Rietschels Eltern umschließt. Der Sohn hat in kindlicher Liebe das Grab mit deren Porträtreliefs geschmückt. Es sind ehrsame, schlichte, tüchtige Bürgergesichter; der Vater hat ganz und gar die Gesichtszüge seines Sohnes, nur herber und derber. Schöner und tiefempfundener hat wohl nie ein Sohn seine Eltern verherrlicht. Die Formengebung ist, wie es in der Natur Rietschels lag, und wie es gerade hier dem Stoff so durch- aus angemessen war, in der scharfen Individualisierung der altdeutschen Meister gehalten, aber geläutert und gehoben durch das feinste plastische Stilgefühl, durchglüht von der liebevollsten Wärme und Innigkeit. Der Trieb zur bildenden Kunst erwachte im Knaben schon früh. Bereits in das vierte Jahr fallen die ersten Versuche zu zeichnen. Für Vater und Sohn war es die höchste Freude, wenn es gelang, einige Pfennige zum Ankauf eines Bilderbogens zu erübrigen. Ein glücklicher Zufall fügte es, daß in dem kleinen Städtchen ein freilich sehr unzu- länglicher Zeichenlehrer, Namens Köhler, lebte, der den talentvollen Knaben unentgeltlich in seinen Unterricht aufnahm. Bald wurde aus dem Schüler der bereitwilligste Gehilfe. Noch jetzt befinden sich auf dem Schießhause zu Pulsnitz einige Scheiben, welche Rietschel in jener Zeit gemeinsam mit seinem Lehrer für das Prämienschießen malte. Rietschel wurde das Factotum für alle Dinge, wo Pinsel und Farbe nötig waren; er malte Modelltücher zum Sticken, kleine Transparente mit Tempel und Opferflammen zu Geburtstagsgeschenken, Wappen und Schilder, Stammbücher und Neujahrswünsche und konnte mit diesem Erwerb schon manches Scherflein in den Haushalt der Eltern legen. Der Unterricht, welchen der Knabe genoß, war der gewöhnliche Unter- richt der Elementarschule; doch durfte er den lateinischen Stunden, welche der Prediger seinen Söhnen erteilte, beiwohnen. Rietschel hat mir mehrmals mit leuchtenden Augen erzählt, wie in dieser engen Jugendzeit die Poesie, die in ihm wohnte, vornehmlich durch die biblischen Psalmen in ihm geweckt und genährt wurde. Nun war die Zeit gekommen, da es galt, einen selbständigen Lebensberuf zu wählen. Gegen die Wahl eines Handwerks sträubte sich seine ganze Seele; er wußte, daß ihm dann keine Muße bleibe, weder für feine Lieblingsneigung des Malens, noch für seinen unaus- löschlichen Drang nach innerer Ausbildung. Eine Zeit lang dachte er daran Schullehrer zu werden; ein geliebter Lehrer riet ab im Hinblick auf die kümmerliche Lage, mit welcher leider auch jetzt noch immer die

6. Deutsche Prosa - S. 302

1900 - Gera : Hofmann
302 Gustav Schmoller. liche Größe der Zimmer beträgt 16 Fuß Länge und 10 Fuß Breite. Man findet 1 bis 2 Betten, Stühle, von Sopha nicht zu reden, einen kleinen eisernen Ofen, und das ist alles. Sämtliche Sachen aber so schlecht, daß man sie schlechter nicht finden kann. Zn erwähnen ist auch noch der ungeheure Schmutz in diesen Wohnungen. Ich fand Betten — wenn man es überhaupt so nennen kann —, die thatsächlich rabenschwarz waren. Wenn ich so in einem Zimmer war, so dachte ich: wo mögen doch nur die Leute alle schlafen, denn ich fand zuweilen ein Bett nur und eine Familie mit 5 Kindern. Vier schlafen alsdann in einem Bett, die übrigen Personen auf der Erde, entweder auf Stroh oder altem Zeug. Nun glaube man aber nicht, daß nur eine Familie in solchem Zimmer wohnt, nein, mitunter sind es zwei, ja ich weiß sogar von drei, die dann noch vier Kinder haben, von denen drei in einer Wiege liegen. — Und wie viele andere neuere Berichte erzählen uns noch Grauen- hafteres. Ich erinnere nur noch an jene Schlashäuser, wo in ver- pesteter Luft, ohne je kalt zu werden, dieselben Bettstellen Tag und Nacht verschiedenen Serien von Arbeitern, die in Wechselschicht thätig sind, dienen, an jene Quartiere, wo Männer und Weiber je nur für eine Nacht kampieren und bezahlen. In diese Wohnungen der Arbeiter und der Armen, die einen großen Teil unserer heutigen Groß- und Industriestädte ausmachen, kommt kein gesitteter Mensch — außer von Zeit zu Zeit der Polizist, der Steuerbeamte, der Armenpfieger und der Geistliche, selbst der Arzt kaum, den kann ja der Arme nicht bezahlen. Die Besitzenden und Gebildeten sehen das Elend nicht, vielfach wollen sie es auch nicht sehen. Seit die unvergleichliche Feder von Boz zum ersten Mal den Schleier aufhob, der dieses entsetzliche Gemälde bisher verhüllte, hat man freilich angefangen, sich über das Rätsel zu besinnen, mit immer deutlicherer Stimme haben Ärzte, Menschenfreunde, Missionare, tüchtige städtische Beamte, Sozialpolitiker versucht, an das eingeschläferte Ge- wissen der Gesellschaft sich zu wenden; und wer schroff die psychologische Wahrheit aussprechen wollte, der mußte sagen: die Zustünde sind so entsetzlich, daß man sich nur wundern muß, daß die Folgen nicht noch schlimmere geworden sind. Nur weil ein großer Teil dieser Armen bis jetzt einen Schatz guter Sitte, kirch- licher Überlieferung, anständiger Empfindungen mit in diese Höhlen aus früherer Zeit gebracht hat, ist das Äußerste noch nicht geschehen. Das Geschlecht von Kindern und jungen Leuten aber, das jetzt in diesen Löchern aufwächst, das muß mit Notwendigkeit alle Tugenden der Wirtschaftlichkeit, der Häuslichkeit, des Familienlebens — alle Achtung

7. Deutsche Prosa - S. 304

1900 - Gera : Hofmann
304 Gustav Schmoller. selben Grundstück, die Zahl der Hofwohnungen, die Zahl der Grund- stücke mit über 10, 20, ja 30 Wohnungen, während die mit wenigen Wohnungen abnehmen. Es stieg meist sehr rasch die Zahl der Keller- wohnungen und der Gebäude mit 4 und mehr Etagen. Berlin hatte 1861 erst 3785 Wohnungen in der 4. Etage und höher, 1880 schon 31 352. In Dresden wohnten noch 1875 12 348 Personen so hoch, 1880 schon 34 451. Durch immer weitere Teilung der Wohnungen stieg die Zahl derer mit nicht mehr als einem heizbaren Zimmer. In Frankfurt a. M. machen sie 23 Prozent, in Leipzig 28, in Hamburg 39, in Berlin 49, in Dresden 55, in Breslau 59, in Stettin 59, in Königsberg 62, in Chemnitz 70 Prozent aus. Je weiter wir nach Osten kommen, desto niedriger ist die Lebenshaltung und die Wider- standskraft gegen das Herabgedrücktwerden in schlechte kleine Quartiere. Fast die Hälfte der Bevölkerung lebt in Dresden wie in Berlin in solch kleinen Wohnungen, von denen ein großer Teil übervölkert ist. 3^—5 Bewohner kommen in den meisten größeren Städten auf dieses eine heizbare Zimmer; in den größeren Wohnungen fallen 1—2 auf einen solchen Raum. Neefe berechnet, daß 1880 in Dresden 33 908 Personen in sogenannten überfüllten Wohnungen hausten, oder etwa 16—17 Prozent, das waren verhältnismäßig mehr als in Berlin. Die Zahl der Mietwohnungen ist im Osten jetzt überall auf 90—96 Prozent aller Wohnungen gestiegen. Nur noch wenige Prozente aller Familien können des Vorzugs teilhaftig werden, auf eigenem Boden zu Hansen. Die Zahl der Aftermieter, Schlafstellen und Chambre- garnisten hat fast überall aufs bedenklichste zugenommen; die Zahl der Haushaltungen mit solchen hat sich in Berlin 1861 — 1880 fast ver- doppelt; in Dresden lebten schon 1871 etwa 10 Prozent der Be- völkerung in dieser Form. Meist ist entsprechend der Unsicherheit des Mietverhältnisses und der Mietsteigerung auch der jährliche Wohnungs- wechsel gewachsen. In Dresden mußten 1876 5,3 Prozent der Familien ihre Wohnungen wechseln, 1878 11,5 Prozent, 1880 28,7 Prozent. Das ist fast ein Drittel der Bevölkerung. Welche Kosten entstehen dadurch, welcher Verderb und welcher Verlust an Mobilien; wie werden die sittlichen Bande des sich gegenseitig kontrollierenden Nachbar- und Hausgenossenverbandes gelöst, wenn jede Familie jedes zweite und dritte Jahr in ganz andere Umgebung versetzt wird. — Doch genug der beweisenden Zahlen. Die für uns wichtigere Frage ist die nach den Ursachen der ganzen Erscheinung. Man könnte versucht sein, die Wohnungsverhültnisse ohne weiteres als das Ergebnis unserer sozialen Zustände überhaupt, als Folge des Lohnverhältnisses, der Lohnhöhe, der modernen Industrie darzustellen. Und gewiß hängt die Frage mit diesen allgemeinen Elementen

8. Deutsche Prosa - S. 315

1900 - Gera : Hofmann
Ein Mahnruf in der Wohnungsfrage. 315 Das andere System der großen Kasernenbauten gilt natürlich auch hier als das weniger vornehme; aber seine Notwendigkeit wird für die Großstädte mehr und mehr allgemein zugegeben; selbst die Gesellschaften, die sich bisher rühmten, nur Einzelhäuser zu bauen, gehen jetzt zu dem Versuche mit block-buildings über. Wertvolleres Bauterrain im Innern der Stadt kann man nur durch große Bauten mit 4—5 Stockwerken und mit einigen Läden ausnützen. In der baulichen Anlage hat man sich bestrebt, die sämtlichen Kommunikationswege bis zum Eingang in die einzelne Familienwohnung so freizulegen, daß sie jeden Moment vom Hofe oder von der Straße aus übersehen werden können; die Treppen liegen im Freien, die Höfe sind nach innen von freiliegenden Galerien umgeben; die Gemeinsamkeit von Aborten und anderen Räumen für mehrere Familien ist gänzlich beseitigt oder auf das geringste Maß beschränkt. Dadurch sind die den Kasernenwohnungen bisher anhaftenden häßlichen Konstikte der verschiedenen Mietparteien, besonders der Frauen und Kinder, sehr vermindert, die Aufsicht durch die Hausmeister ist erleichtert, die Hauptquelle zu liederlichem Verkehr ist verstopft. Die Utztroxolitan -Association vermietet Quartiere von 3 Räumen zu 4—6 8h. wöchentlich, ja von 2 8h. 6 d. an. In den für die ärmsten Klassen bestimmten Katharine buildings werden ein Raum in den höheren Stockwerken schon zu 1 8h. 6 d. wöchentlich, zwei Räume in dem ersten zu 5 8h. 6 d. abgegeben. Die Resultate für Sittlichkeit, Gesundheit, Familienleben, Sterblichkeit sind in allen diesen Quartieren überraschend, wozu allerdings die strenge Hausordnung, die wöchent- liche Einziehung der Miete und andere derartige Verwaltungsmaßregeln wesentlich beitragen. Sollen wir das in Deutschland nicht nachahmen können, weil unsere Zustände noch nicht so verzweifelt sind, wie in London und den englischen Fabrikstädten? Was wir bisher in Deutschland an Bauge- sellschaften hatten, das waren kleine spießbürgerliche Vorversuche. Es ist Zeit, daß wir jetzt die Sache in großem Stile, mit großem Kapital, mit Bautechnikern ersten Ranges in Angriff nehmen. Es giebt wenige gleich dringliche Aufgaben; um der Verrohung unserer unteren Klassen, dem schnöden Wohnungswucher, den ungesunden Mietsverhältnissen unserer großen Städte entgegen zu wirken, ist die Gründung großer humanitärer Vereine und Gesellschaften das einfachste und das am sichersten wirkende Mittel. Dabei wird der Bau von kleinen Häuschen mit 1—2 Wohnungen nicht ausgeschlossen sein, aber doch zurücktreten müssen; ebenso der systematische Verkauf an die kleinen Mieter. Der Ban und Verkauf kleiner Häuser zu unbeschränktem Eigen- tum gehört eigentlich auf das platte Land, wo jedes Häuschen in einem

9. Deutsche Prosa - S. 385

1900 - Gera : Hofmann
Das Haus. 385 liebe für den genauen Abdruck aller Natur- und Kulturformen unserer Zeit ganz besonders eignet. Waren nicht schon unsere Voreltern gern zu Gast in den Pfarrhäusern zu Wakefield und Sesenheim? wehte nicht wohnliches Behagen und heitere Sicherheit sie an aus dem Patrizier- hause am Hirschgraben zu Frankfurt am Main, saßen sie nicht gern in dem schattigen Stübchen unter den plaudernden Gästen des Löwen- wirts, und baute sich nicht deutlich und fest vor ihrer Phantasie das Haus auf, zu dessen Gründung auf väterlichem Boden Hermann die edle Heimatsflüchtige sich gewann? Ja noch weiter zurück: die Welt der Griechen, deren Kenntnis fast seit einem Jahrhundert für die Bildung unserer Jugend beglückend und bedeutend geworden ist, sie steht nicht nur vor uns in ihren Heldenkämpfen, in ihren monumentalen Bauten und Bildwerken, in ihrer Philosophie. Auch ihr Ideal treuer Hausgemeinschaft, wohlgeordneten Hausregiments, ja selbst die Gefühle sind uns vertraut, welche ihnen das Heimwesen ehrwürdig machten und den geprüften Helden aus der Fremde mit mächtigem Zuge zurückführten. Wie hoch das Haus gipfele, wie bescheiden es sich an den Boden schmiege: von fester Hand gebaut, von treuem Sinn geschirmt, ist es eine der natürlichen Ausdrucks- und Darstellungsformen menschlichen Seins, an welchen die Tiefe und der Reichtum der Güte sich kund thut, die uns das vorübereilende Leben lieb und heimisch machen, unserem hilflosen Eintreten und unserem stillen Abscheiden eine schützende Stätte geben wollten. Das Martyrium, welches der Heiland auf sich genommen hat, wird uns in keinem Wort ergreifender vergegenwärtigt als in jenem Ausruf: „Die Vögel haben Nester, die Füchse haben Gruben, aber des Menschen Sohn hat nicht, da er sein Haupt hinlege!" Da das Haus unsere engere Heimat ist, erscheint naturgemäß dem Angehörigen jeder Nation die Gestalt, welche das Haus in seinem Vaterlande angenommen hat, als die der Idee der Häuslichkeit ent- sprechendste; selbst die einzelnen Vorzüge, welche der Unbefangene der häuslichen Einrichtung und Sitte anderer Nationen zuerkennen müßte, würden ihm das Gefühl des Zuhauseseins nicht erhöhen, wenn er sie plötzlich auf das eigene Heim übertragen sähe. Immerhin mag es frommen, die eigene Art im Licht der fremden zu betrachten. Nur ^ einige der Züge seien erwähnt, in denen das Hans des uns stamm- verwandten Engländers vom deutschen sich unterscheidet. Es ist ein unleugbarer Vorzug des englischen Hauses vor dem deutschen, daß die Arbeitsteilung eine strengere ist, daß der Herrschende wie der Dienende für die in sein Arbeitsgebiet fallenden Leistungen eine bestimmtere Verantwortlichkeit trägt und daß somit das Tagewerk des einzelnen nicht durch Übergriffe in das Tagewerk des anderen gestört M. Henschke, Deutsche Prosa. 25

10. Deutsche Prosa - S. 306

1900 - Gera : Hofmann
306 Gustav Schmoller. Großstädte, jeder unbefangene Blick ins Leben bestätigen diese That- sache. Jeder kann im Kreise der ihm bekannten Familien Beispiele in Menge nachweisen, wie unter dem Druck der Wohnungsnot rasch die Ansprüche an die Wohnungen sinken, wie Leute, welche früher zwei Zimmer hatten, sich mit einem begnügen, wie Familien, die allein wohnten, jetzt Chambregarnisten und Schlafburschen aufnehmen, Familien, die früher ihren Dienstboten ein Zimmer gaben, sie jetzt ans Hänge- böden, in der Küche n. s. w. schlafen lassen. Ebenso klar und einfach ist die andere Thatsache, nämlich daß für die Arbeiter nicht entsprechend gebaut wird. Die Wohnungen der ärmeren Klassen sind fast übermäßig im Preis gestiegen; man hat in böhmischen Fabrikstädten berechnet, daß der Kubikmeter Luftraum hier von den Ärmsten der Armen teurer in der Miete bezahlt werden muß, als von den Reichen in den Glanzpalästen auf der Wiener Ringstraße. Und wenn es so nicht überall ist, so weiß doch jedermann in jeder rasch wachsenden Stadt, daß die Armenwohnungen die höchsten Prozente abwerfen. Und doch tritt die Privatspeknlation nur ungern, nur zeit- weise, nur ganz ungenügend an das Geschäft heran, Arbeiterquartiere und kleine Wohnungen zu bauen. Aus einem einfachen Grunde. Die Bauspekulation will ja nicht vermieten, sondern sie will bauen und verkaufen, und zwar möglichst bar verkaufen, um ihr Kapital wieder disponibel für neue Bauten zu haben. Wer kann ihr Arbeiterwohnungen abkaufen? Der kleine Mann, der ein eigen Häuschen erwerben will, kann höchstens eine Rente im Laufe von 15 bis 30 Jahren zahlen. Eine solche wird kein Bauunter- nehmer brauchen können; was soll er mit den kleinen Teilzahlungen anfangen? Aber auch der Bauunternehmer, der eine Mietkaserne für kleine Leute baut, findet nicht leicht einen Käufer. Wer will sein Kapital so anlegen, so vor allem neu anlegen? Wer von Eltern und Großeltern her ein solches städtisches Hans als Rentenfond erhalten hat, der behält vielleicht das Haus; wenn er einen Gewinn machen kann, verkauft auch er. Aber die Käufer sind nicht leicht zu finden, weil die Vermietung an kleine Leute ein so unangenehmes Geschäft ist, das bei den heutigen Mietgewohnheiten und Zahlungssitten nur durch große Härte rentabel gemacht werden kann. Der gewöhnliche spieß- bürgerliche Rentier und Hausbesitzer will „anständige Leute" haben, er will sich rühmen, daß bei ihm der Herr Geh. Rat, der Herr Oberst, oder wenigstens der Geh. Kalkulator oder sonst irgend ein betitelter Mann wohne. Das Geschäft der Vermietung der kleinen Wohnungen fällt so leicht in Hände, die ein halbes oder ganzes Wuchergeschäft daraus machen. Es fehlt die Konkurrenz, jedenfalls die anständige Konkurrenz von Leuten, die ein Gewerbe aus dem Vermieten kleiner
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