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1. Neuere Geschichte - S. 20

1843 - Berlin : Sander
20 Ii. Europa im Uebergange aus dem Mittelalter in die Neuzeit nicht minder wichtige, vielleicht noch wichtigere Veränderung vor sich, und das ist die von Ludwig Xi. geschaffene Regierungsweise. Man hat viel von dem Kampfe Ludwigs gegen die Großendes Reiches gesprochen, von ihrer Unterdrückung, von seiner Begünstigung des Bürgerstandes und der einflußlosen Menge. Es ist etwas Wah- res daran, aber man hat es bedeutend übertrieben und das Verfahren Ludwigs gegen viele Klassen der Bevölkerung hat das Reich oft mehr zurückgebracht, als ihm genützt. Er hat etwas noch weit Wichtigeres durchgeführt. Bis auf ihn hatte sich die Regierung nur der Gewalt, nur materieller Mittel zu ihren Zwecken bedient. Die Ueberredung, die Gewandtheit, die Kunst die Gemüther nach seinen Absichten zu gängeln, zu seinen Zwecken zu leiten, kurz die eigentliche Politik, die Politik der Lüge und der Schurkerei, aber auch Mäßigung und Klugheit, hatten bis jetzt nur wenig gegolten. Ludwig Xi. ersetzte die materiellen Kräfte der Regierung durch intelleetuelle, die Gewalt durch Ränke, die feudale Politik durch die italienische. Betrachten wir einmal die beiden Männer dieser Epoche, Karl den Kühnen und Ludwig Xi. Karl ist der Repräsentant des alten Systems, Ge- walt ist sein einziges Mittel, daher sein unaufhörliches Geschrei nach Kriege, Geduld ist ihm unmöglich, und dazu, daß er sich der Geister als Werkzeuge seines Willens bediente, ist er nicht fähig. Ludwig Xi. dagegen findet eine Freude darin, wenn er die Anwen- dung der Gewalt vermeiden, die Individuen durch Ueberredung und kluge Behandlung je nach ihrem Interesse und Charakter, gewinnen kann. Nicht die einzelnen Institutionen, nicht die äußere Regieruugs- form hat er umgestaltet, sondern deren geheimes Triebwerk, die Tak- tik der Gewalt. Der neueren Zeit blieb eine noch größere Umge- staltung vorbehalten; an die Stelle des Egoismus sollte die Gerech- tigkeit, an die Stelle der Lüge die Oeffentlichkeit in der Politik und ihren Mitteln treten. Die Verzichtleistung auf eine unaufhörliche Anwendung von Gewaltsmaßregeln, die Herbeirufung der geistigen Uebermacht, die durch die Leitung der geistigen Welt, und nicht durch Vernichtung des materiellen Daseins, ermöglichte Regierung war gewiß ein bedeutender Fortschritt; und diesen hat Ludwig Xi. aller seiner Verbrechen und Laster, seines verderbten Charakters un- geachtet, lediglich durch seinen klaren Verstand begonnen. Spanien bietet uns ähnliche Erscheinungen; auch hier bildet sich im fünfzehnten Jahrhunderte die nationale Einheit, und mit der Eroberung

2. Neuere Geschichte - S. 51

1843 - Berlin : Sander
Ul. Die deutsche Reformation. 51 wohlhabender Hüttenherr und Rathsmanu in Mansfeld, bestimmte ihn zum Rechtsgelehrten. Nachdem er in Magdeburg bei den Null- brüdern und in Eisenach als Currentschüler, auch durch die Wohl- thätigkeit einer Matrone, die sich an seinem herzlichen Singen und Beten erbaute, gelebt hatte, bezog er 1501 die Universität Erfurt, studirte zunächst nominalistische Dialektik und die lateinischen Classi- ker, wurde 1505 Magister und begann über Aristoteles Physik und Ethik zu lesen. Aber angstvoll um seine Seligkeit, durch eines Freundes raschen Tod erschüttert und selber vom Schrecken des Todes verfolgt, floh er in der Nacht des 17. Juli 1505 in das Augusti- nerkloster, und nahm gegen die Abmahnungen seiner Freunde und gegen den Willen seines Vaters das Gelübde, 1507 erhielt er die Priesterweihe. Aber alle Entbehrungen eines gewissenhaften Kloster- lebens, alle Erniedrigungen eines Bettclmönchs und die angestreng- testen Studien der Scholastiker, insbesondere des Thomas, Oecam und d'ailly, steigerten nur den Trübsinn eines Geistes, welcher tha- tenlos und auf ihm unnatürlicher Bahn sich selbst verzehrte. Der Generalvicar in Meißen und Thüringen, Johann von Staupitz, ein Mönch voll stiller Gottes- und Menschenliebe, gewann sein Ver- trauen, ahnete seine große Bestimmung und suchte ihn auszurichten. Allmälig fand Luther in der heiligen Schrift, in Lyras Commentare», in den Schriften Augustins und der Mystiker den Trost einer durch Scholastik und Mönchthum vergessenen Lehre, daß der Mensch nicht durch seine Werke, sondern durch sein inneres Sein und Glauben selig werden solle. Doch erst durch Staupitz nach Wittenberg versetzt, begann er Ruhe zu finden in reicher, freier Thätigkeit. Von den Vorlesungen über Physik und Dialektik, für die er berufen war, wandte er sich bald zur Theologie, und wagte nach langem Wider- streben zu predigen. In Geschäften seines Ordens ging er 1511 nach Rom und lebte hier kurze Zeit unberührt von Roms alterthüm- licher und kunstreicher Herrlichkeit als eifriger Katholik, doch nicht ohne Aergerniß am kirchlichen Leichtsinne des niedern Clerus, mit dem er allein in Verkehr stand. Sein Beruf und Eid als Doetor der heiligen Schrift (18. f. Oet. 1512) erhob ihn innerlich über die Schranken seines Klostergelübdes durch eine bestimmte Verpflichtung, wie seine Gewissenhaftigkeit sie bedurfte, zur freien Erforschung und Verkündigung christlicher Wahrheit. Seine wissenschaftliche Thätig- keit war eben so sehr gegen die Scholastik gerichtet, voll Zorn über 4*

3. Neuere Geschichte - S. 30

1843 - Berlin : Sander
oo Ii. Europa im Uebergange aus dem Mittelalter in die Neuzeit. die seit dem Anfange des fünfzehnten Jahrhunderts hervortritt und Prälaten, Juristen und Gelehrte umfaßte. Während diese Bewegung im vollen Zuge ist, wird Konstantinopel von den Türken genommen, das griechische Reich zerstört und ein großer Theil seiner Bewohner nach Italien vertrieben. Diese bringen neue Kenntniß vom Alter- thume, eine Menge Manuseripte und tausend neue Hülfsmittel für das Studium der alten Welt mit. Wir begreifen leicht, wie hoch die Bewunderung und der Eifer der klassischen Schule steigen mußte; für die hohe Geistlichkeit, namentlich in Italien war dieß eine Zeit der glänzendsten Entwickelung, nicht ihrer wirklichen politischen Macht, sondern ihres Lurus und Reichthumes; stets überließ sie sich den Genüssen einer verweichlichten-, müssigen, eleganten, üppigen Civilisa- tion, der Liebhaberei für Wissenschaften, Künste. Betrachten wir einmal des Leben der Männer, die in dieser Zeit eine große politi- sche und literarische Rolle gespielt haben, eines Cardinales Bembo z. B., und die Mischung von Spbaritismus und geistiger Entwicke- lung, von sittlicher Entnervung und Kühnheit muß uns in Erstaunen setzen. Gehen wir diese Zeit durch und an ihren Ideen, ihren so- cialen Verhältnissen vorüber, so glauben wir in der That uns in das Frankreich des achtzehnten Jahrhunderts versetzt. Dort wie hier derselbe Geschmack des Geistes für neue Ideen, für ein stilles an- genehm hinfließendes Leben; dieselbe Verweichlichung, dieselbe Uep- pigkeit, derselbe Mangel an Energie in der Politik und an Glauben, bei aller Aufrichtigkeit und Thätigkeit einzelner Geister. Die Ge- lehrten des fünfzehnten Jahrhunderts stehen zu der hohen Geistlichkeit in demselben Verhältnisse, wie die Gelehrten und Philosophen des achtzehnten Jahrhunderts zu den großen Herren; sie alle haben die- selbe Meinung, dieselben Sitten, sie leben unter sich ganz ruhig da- hin, und kümmern sich nicht um den Umsturz, der sich in ihren Um- gebungen vorbereitet. Die Prälaten des fünfzehnten Jahrhunderts, den Kardinal Bembo an der Spitze, ahnten einen Luther und Calvin gewiß eben so wenig, wie die Hofleute Ludwigs Xv. eine französi- sche Revolution. Die Verhältnisse waren sich aber ganz analog. Drei große Thatsachen treten in diesem Zeitraume also in der mora- lischen Welt hervor und diese sind eine von der Kirche selbst unter- nommene kirchliche Reform; eine aus dem Volke entspringende Umgestaltung des Glaubens, und eine intellcctuelle Revolution, aus der eine Schule freier Denker hervorgeht, und alle diese Verwand-

4. Neuere Geschichte - S. 62

1843 - Berlin : Sander
62 Iii. Die deutsche Reformation. der Kirche aber und alle Werke nur heilsam sind, wiefern sie den religiösen Glauben fördern oder aus ihm hervorgehen. Die geheim- nißvollen Lehren von der Dreieinigkeit und Menschwerdung waren ausgelassen, weil durch ihre wissenschaftliche Zergliederung die Fröm- migkeit nicht gefördert werde. Den spätern Ausgaben sind sie bei- gefügt. Wenn die Reformation durch dieses einfach große Glaubens- system vor den Gelehrten gerechtfertigt wurde: so bestand ihr Recht vor dem Volke am meisten darin, daß der Hierarchie das Wort Got- tes in der heiligen Schrift entgegengesetzt wurde. In seiner Einsamkeit auf der Wartburg verdeutschte Luther das Neue Testa- ment aus dem Grundierte. Nach einer Durchsicht mit Melanchthon gab er es 1522 heraus. Seitdem erschienen die einzelnen Bücher des Alten Testamentes, deren Uebersetzung im Kreise der Freunde mit kräftigem Vorurtheile für das bereits als wahr Erkannte, doch mit der höchsten Gewissenhaftigkeit berathen wurde. Also konnte 1534 die ganze heilige Schrift gedruckt werden, ein Meisterstück deut- scher Sprache und deutschen Gemüths, die Grundlage der bibelfesten Sprache und Gesinnung vieler Menschenalter. Der Kaiser war beschäftigt im Kriege gegen Frankreich, sein Bruder, der Erzherzog Ferdinand, mit Rüstungen gegen die Tür- ken: daher die Vollziehung des Ediets von Worms dem guten Wil- len der Reichsstände überlassen blieb. Leo war voller Freude über den Sieg seiner Waffen gegen Frankreich gestorben (I. Dec. 1521). Durch die kaiserliche Partei wurde Hadrian Vi. erwählt, ein red- licher, scholastisch gelehrter Niederländer, der die Nothwendigkeit einer Reformation so lebhaft erkannte, als er von Luthers Ketzereien über- zeugt war. Daher sein Legat Chieregati auf dem Reichstage zu Nürnberg (1522) eines Theils die Vollziehung deö Ediets gegen Luther als einen zweiten Mohammed eifrig forderte, daran erinnernd, daß der Aufstand, der jetzt der geistlichen Obrigkeit gelte, sich bald auch gegen die weltliche Obrigkeit wenden werde, anderntheils das Bedürfniß einer Reformation anerkannte und ihre gesetzmäßige Aus- führung an Haupt und Gliedern versprach. Die Stände hielten sich an den zweiten Theil dieser Botschaft, und eilten 100 Beschwerden gegen den päpstlichen Stuhl aufzusetzen. Auf diesen Mißbräuchen ruhe die Kraft Luthers, dessen gewaltsame Unterdrückung eben deshalb nicht ohne Gefahr einer allgemeinen Empörung möglich sei. Daher zur Abstellung der Beschwerden ein frei christlich Coneilium in einer

5. Neuere Geschichte - S. 90

1843 - Berlin : Sander
90 V. Der Bauernkrieg. meinte, indem er rieth, man solle aus dem Adel etliche Grafen und Herren, aus den Städten einige Rathsherren wählen, und die Sache freundlicherweise handeln und stillen, so daß die Herren ihren stei- fen Muth herunter ließen und ein wenig von ihrer Tyrannei und Unterdrückung wichen, die Bauern aber auch sich weisen ließen, und etliche Artikel, die zu viel und zu hoch gegriffen, aufgäben. Aber eben so begreiflich ist es, daß die gutgemeinte Ermahnung die beab- sichtigte Wirkung verfehlte, und daß Luther nun bei den Genossen des Aufstandes in den Verdacht kam, er heuchle den Fürsten, und rede jetzt nach andern Grundsätzen, als nach welchen er dem Papste den Krieg erklärt hatte, und fortwährend dem Gebote des Kaisers und der Reichsversammlungen Folge versagte. Inzwischen wurde die Gestalt des Aufruhrs immer furchtbarer. Während Truchseß mit den Bundestruppen noch im Allgau und am Bodensee stand, wälzte sich das Heer der Bauern unter Anführung eines ehemaligen Gastwirths, George Metzler, aus Schwaben nach Franken. Ueberall wurden Burgen und Abteien erobert oder geplün- dert; aber freiwillig eröffneten die Bürger mehrerer Landstädte den Verkündigern einer neuen, ihnen günstigern Ordnung der Dinge, die Thore. Dieß geschah unter andern in dem würtembergischen Städt- chen Weinsberg, und ein Graf Ludwig von Helfenstein wurde bei dieser Gelegenheit mit seiner, aus siebzig Mann bestehenden Besatzung gefangen. Die Bauern, welche erfahren hatten, daß der schwäbische Bundeshauptmann diejenigen ihrer Bundesgenossen, welche in seine Hände fielen, hinrichten ließ, wollten durch ein Beispiel der Wieder- vergeltung schrecken, und verurtheilten den Grafen mit seinen Leuten zum Tode. Vergebens flehte die Gemahlin des Gefangenen, eine natürliche Tochter Kaiser Maximilians, ihr zweijähriges Kind auf dem Arme, die Anfithrer der Bauern kniefällig um das Leben ihres Gatten; dieser wurde mit seinen Unglücksgefährten in die vorgehal- tenen Spieße der Bauern gejagt und umgebracht, während ein Bube, der ehemals in seinen Diensten gestanden, vor ihm herging und ihm auf einer Pfeife zum Tode, wie zum Tanze, vorspielte. Der Gräfin wurde das Kind auf dem Arme verwundet, sie selbst gemißhandelt und endlich auf einem Mistwagen nach Heilbronn geführt. Dieser Vorfall steigerte die Wuth des Adels gegen die Bauern auf den höch- sten Grad, und verdarb auch in Luthers Augen ihre Sache gänzlich. Ohne das, was den gefangenen Bauern widerfahren war, zu einiger

6. Neuere Geschichte - S. 93

1843 - Berlin : Sander
V. Der Bauernkrieg. 9) rannen, die auch nach der Schlacht des Bluts nicht satt werden, und in ihrem ganzen Leben nicht viel fragen nach Christo, habe er sich nicht vorgenommen zu unterrichten; solchen Bluthunden gelte es gleich viel, ob sie Schuldige oder Unschuldige würgen, Gott oder dem Teufel gefallen; er lasse sie ihren Meister, den Teufel, führen, wie er sie führe. Die Schrift nenne solche Leute Bestien, und er wolle sie nicht zu Menschen machen. Man müsse aber dennoch lei- den, wenn Gott uns durch sie plagen wolle. Würden die Bauern Herren, so würde der Teufel Abt werden; würden aber solche Ty- rannen Herren, so würde seine Mutter Aebtissin werden. Deshalb hätte er die Bauern gern gestillet, und fromme Obrigkeit unterrichtet. Nun aber die Bauern nicht gewollt, hätten sie ihren Lohn dahin. Die andern, die nicht hören wollten, würden ihn auch erhalten. Von den Bauern erschlagen zu werden, sei für sie nur ein Fuchs- schwanz, da höllisches Feuer, Zittern und Zähnklappern in der Hölle ihr Lohn sein werde ewiglich, wofern sie nicht Buße thäten. Aber wie stark die Kraft des Wortes gewesen war, Leidenschaf- ten zu entflammen, so kraftlos erwies sie sich, Dieselben zu beschwich- tigen. Anstatt Luthers Ermahnungen Gehör zu geben, verbreiteten sich die Bauernheere über ganz Franken. Die Bischöfe entflohen, die Städte aber, die zum Widerstande zu schwach oder deren Bewoh- ner der beabsichtigten Reformation der Kirche und ,deö Reiches ge- neigt waren, öffneten die Thore und traten bei. Als dies zu Ro- thenburg an der Tauber geschah, befand sich bei dem Haufen, der in die Stadt zog, nebst andern schwärmerischen Prädikanten auch Carlftadt. Die Anwesenheit dieser Leute bekundete sich dadurch, daß Bilder und Crueifire zertrümmert, und die Priester, welche Messe lesen wollten, an den Altären gemißhandelt wurden. Bewaffnete Weiber zogen durch die Straßen, und droheten den Pfaffen und Mönchen mit Plünderung; einer der Prediger aber, Johann Drischek, bestieg am Charfreitage in der Hauptkirche die Kanzel, und predigte von der Freiheit. Zu Heilbronn nahm ein engerer Ausschuß der Bauern seinen Sitz; die Grafen von Löwenstein wurden gezwungeu, im Bauernkittel, mit einem weißen Stabe in der Hand, dahin zu wandern, und die Annahme der zwölf Artikel zu beschwören. Da unterwarf sich ein großer Theil des Adels dem harten Gesetze der Noth, und bezeichnete sich mit dem weißen Kreuze, welches die Bauern am Hute oder auf der Brust trugen. Einige aber thaten dies ganz

7. Neuere Geschichte - S. 95

1843 - Berlin : Sander
V. Der Bauernkrieg. 95 früher von den wiedertäuferischen Schwärmern veranstaltete Bewegung als offene Empörung zum Ausbruch. Der Heerhanfe, welcher bei Würzburg stand, war der zahlreichste und furchtbarste von allen: daß die Bergfeste sich nicht, wie andere gethan hatten, vorzeitig er- gab, sondern durch den Widerstand, den sie leistete, ihn fest hielt und seine Kraft für den Tag der Entscheidung brach, ist für die Ge- schichte von großem Folgen, als viele blutige Feldschlachten ge- wesen. Inzwischen war Truchseß vom Bodensee herauf durch das Würtem- bergische gezogen. Am 2. Mai schlug er bei Beblingen und Sindel- fingen die dasigen Bauern aufs Haupt, nahm ihnen all ihr Geschütz und unterwarf binnen wenigen Tagen das ganze Land aufs Neue dem Gehorsam des Erzherzogs. Das Städtchen Weinöberg ließ er zur Sühne für den Grafen von Helfenstein in Brand stecken, und verordnete, daß es nie wieder aufgebaut werde, sondern durch seine Trümmern ein ewiges Denkmal des Verraths der Einwohner an dem Adel abgeben solle, welchen harten Spruch Erzherzog Ferdinand nachmals gemildert. Zu Fürfeld vereinigte sich Truchseß mit dem Kurfürsten von der Pfalz, der mit einem Heer von acht bis zehn tausend Mann das Bisthum Speier bezwungen hatte. Der Ueber- legenheit des Geschützes und der Reiterei, wenn beide Waffen gehö- rig angewendet wurden, vermochten die Bauern nicht zu widerstehen. Bei Königshofen an der Tauber wurden sie in einer hitzigen Schlacht geschlagen, und bald darauf am 5. Juni, bei Engelstadt, in einem zweiten Treffen gänzlich aufgerieben. Unzählige Gefangene wurden an den Landstraßen gehängt, oder sonst umgebracht, zum Theil mit grausamen Martern, wie denn der Mensch, der dem Grafen von Hel- fenstein zum Tode aufgespielt hatte, mit einer eisernen Kette an einen Pfahl geschmiedet und ringsum mit Flammen umgeben ward. Als die Sieger in Würzburg eingezogen waren, wurden die Bürger, die Stiftsbauern und die fremden Bauern in drei Haufen gestellt, und sechzig bis achtzig derselben enthauptet.' Der rückkehrende Bischof zog mit Scharfrichtern und deren Gehülfen durch sein Land, um in allen Städten und Dörfern blutige Strafbeispiele aufzustellen. Das- selbe that Markgraf Kasimir von Brandenburg. Zu Rothenburg ließ dieser Fürst alle Bürger und Einwohner durch einen Herold unter Trommetenschall auf den Markt berufen, ihnen durch Hanns von Seckendorf ihren Abfall vom Reich und die verwirkte Strafe vorhalten.

8. Neuere Geschichte - S. 96

1843 - Berlin : Sander
96 V. Der Bauernkrieg. und dann auf der Stelle eilf der Anwesenden, am folgenden Tage aber dreizehn enthaupten. Unter den Hingerichteten befanden sich die Prediger Drischel und Rumpf, desgleichen Junker Stephan Mensing und Doctor Preding. Dem Pfarrer Hanns Stöckling wurde am Pranger, nachdem er mit Ruthen gestrichen worden, ein Kreuz auf die Stirn gebrannt, weil er gesagt hatte, er wisse dreihundert Bauern in die Stadt zu bringen, auch einen Nebel zu machen. Carlstadt war mit zwei seiner Gefährten entflohen. Die Weiber, vie sich beim Auf- ruhr thätig erwiesen hatten, wurden an den Pranger gestellt, und zum Theil ins Narrenhaus gesperrt. Andern Theilhabern der Em- pörung ließ der Marggraf die Finger abhauen oder die Augen aus- ftechen. Dies widerfuhr zu Kitzingen achtundfunfzig Personen. Zu« gleich wurde die alte Form des Gottesdienstes überall wieder herge- stellt, und zur Vergütung des angerichteten Schadens eine schwere Auflage auf alle Bürger und Bauern gelegt. In den übrigen Thei- len von Oberdeutschland wurde die Empörung in ähnlicher Weise bezwungen und bestraft. Nur in Salzburg, wo die Bauern den Erzbischof drei Monate lang in seinem Schlosse belagert gehalten hatten, bis der aus den italienischen Kriegen des vorigen Kaisers berühmte George Freundsberg, ebenfalls mit schwäbischen Bundes- truppen, herbeizog, wurde von diesem menschlichem Feldherrn ein gütlicher Vergleich geschlossen, der jedoch nachher von dem Erzbischöfe nicht in allen Punkten gehalten ward, und neues Bluwergießen zur Folge hatte. Die Zahl derer, die in den Schlachten, oder unter Henkershand, oder in den Flammen der angezündeten Ortschaften Opfer dieses unseligen Aufruhrs wurden, mochte in die Hundert- tausende laufen. Die blühendsten und volkreichsten Landschaften waren Einöden voll rauchender Trümmer und Leichenhaufen. Die Grafen und Herren aber, die mit den Bauern gezogen waren, verschwinden auö der Geschichte; nach dem unglücklichen Ausgange haben sie sich wahrscheinlich auf ihre Burgen zurückgezogen, und ihre Ver- wandten und Standesgenossen wohl absichtlich keine große Nachfrage gehalten. Nur Götz von Berlichingen machte eine unglückliche Aus- nahme. Als er, auf Einladung des Truchseß, nach Stuttgard ritt, überfielen ihn unterwegs Bündische, warfen ihn nieder, und nahmen ihm das Gelübde ab, sich vor dem Bunde zu stellen, sobald er ge- fordert werde. Der Graf von Werthheim, sein ehemaliger Genosse in der Bauern-Hauptmannschaft, rieth ihm keine Folge zu leisten.

9. Neuere Geschichte - S. 100

1843 - Berlin : Sander
100 Vi. Karl V. stattet hier die Geschichte der Entdeckung Amerikas, jedoch nur in der Kürze einzuschalten, wie sie der Plan unsers Werkes erheischt. Christoph Columbus, geboren in Genua, war seit dem vier- zehnten Jahre seines Alters als Seemann in allen damals bekannten Meeren umhergeschifft. Wissenschaftlich vorgebildet und von dem Gange aller bisherigen Entdeckungen genau unterrichtet, entstand ihm die Ueberzeugung: es müsse gegen Abend der Weg nach Indien zu finden, oder ein großes Land daselbst anzutreffen sein. Schwimmende Baumstämme, westwärts siiegende Vögel, umtreibende Kähne, todte Körper, diese und ähnliche Anzeichen bestätigten, was eine gründliche Theorie zu verlangen schien. Allein weder in Genua, noch in Eng- land, noch selbst in dem, für kühne Unternehmungen dieser Art da- mals so begeisterten Portugal, fandenseine Vorstellungen Eingang, und nach Jahre langem, gleich vergeblichem Bemühen, wollte er ebenfalls Spanien verlassen; als sich Isabelle, erfreut über die Be- zwingung Granadas, entschloß eine geringe Summe zur Ausrüstung einiger Schiffe herzugeben. Columbus selbst übernahm ein Achttheil der Kosten, und ward im voraus und unter großen Begünstigungen zum Statthalter aller zu entdeckenden Länder ernannt. Am 3. Aug. 1492 segelte der kühne Mann mit drei kleinen Schiffen und achtzig Begleitern von Palos, einem unbedeutenden Hafen Andalusiens ab. Mit jedem Tage der lang sich hinziehenden Fahrt minderte sich aber die Hoffnung und wuchs die Ungeduld der Matrosen, obgleich Co- lumbus ihnen klüglich verschwieg, wie ungemein groß die bereits zurückgelegte Meilenzahl sei. Furcht, Dummheit und Frechheit schie- nen obzusiegen, und den Plan, die Hoffnung seines ganzen Lebens zu vernichten. Es trieb ihn ja nicht die gewöhnliche Neugier, welche, die Hände in den Schooß legend, sich das Neue bequem zukommen läßt; es stand die Ehre seines Namens, die Wahrheit der Wissen- schaft auf dem Spiele; er lebte der begeisterten Hoffnung neue Wel- ten zu entdecken, und den Menschen zum Herrn des ganzen Erdballs zu erheben. Von der Vorsehung war er zum Werkzeug ausersehen, den zeitherigen Gesichtskreis glänzend zu erweitern, und wie man auch über die Folgen der Entdeckung Amerikas im Einzelnen denken mag: Niemand kann leugnen, daß die frühere Beschränkung sich nicht willkürlich festhalten ließ, und die Erziehung des Menschenge- schlechts diese Entwickelungsstufe nöthig machte und herbeiführte. Unterdeß zeigten sich Vorboten des Landes: die Tiefe des Meeres

10. Neuere Geschichte - S. 161

1843 - Berlin : Sander
X. Die spanische Inquisition. 161 den König etwa? Dieser war ja selbst der oberste Inquisitor! War irgend ein Mensch, es konnte den besten Katholiken treffen, von einem neidischen oder rachsüchtigen Buben angeklagt, so wurde er ohne Weiteres eingezogen und verschwand auf ewig in den Kerkern der Inquisition, oder kam erst zum Vorschein, wenn er die „ Grand jours“ verherrlichen sollte. Die Zeugen wurden ihm nicht genannt^ ja nicht einmal angezeigt, was er verbrochen; durch listige Kreuz- und Querfragen, durch höllische Gaukelspiele aller Art, wurden ihm Geständnisse von Verbrechen abgeängstigt, die er niemals begangen. Dann wurde sein Urtheil, gewöhnlich der Feuertod, gesprochen und er so lange im Kerker aufbewahrt, bis eine bedeutende Anzahl gleich Unglücklicher beisammen, und es der Mühe werth war, durch ihren qualvollen Tod ein heiliges Fest zu verherrlichen und die Augen der gut katholischen Christen zu ergötzen. Kam ein solcher Tag, welcher zu einem Auto da fe bestimmt war, so verkündete ihn das Läuten der Glocken und das geschäftige Treiben der Diener der Inquisition. Aus den Kerkern derselben wälzte sich ein langer Zug mit Chorge- plärr und fromm verdrehten Augen nach dem Orte, der zu dem gräß- lichen Schauspiel bereitet war. Um diesen Platz herum reihten sich Sitze für das Volk; in den vordersten Reihen saß der König und der Hof, selbst die Damen desselben! An ihnen vorüber ging der Zug; ihn eröffneten Geistliche im kirchlichen Ornat; dann folgten die Verurtheilten, gekleidet in gelbe Gewänder, eine papierne Mütze auf dem Kopf, die mit Flammen und Teufeln bemalt war; abgewandt von ihnen trug man das Bild des Gekreuzigten, der, wäre er zu jener Zeit Plötzlich erschienen, ebenso sicher als Ketzer verbrannt sein würde, wie man ihn heutzutage als Freidenker verketzern und als ,, unruhigen Kopf" unschädlich machen würde. Den unglücklichen Gefangenen folgte die übrige Geistlichkeit, die Obrigkeit und der Adel; den Zug beschlossen schwarz vermummte Tiger, die heiligen Väter, die das Urtheil gesprochen. Mit rafffnirter Grausamkeit wurde dasselbe vollzogen; man band die Ketzer so an den Pfahl auf dem Scheiterhaufen, daß der Wind die Flamme und den Rauch voir ihnen Hinwegtrieb, damit sie nicht zu frühzeitig erlöst, sondern von unten auf, langsam gebraten werden möchten. — Nirgends findet sich ein Beweis, daß Karl V. einem solchen Teuselsfeste beigewohnt habe; .allein Philipp fand im Anschauen derselben den höchsten Ge- nuß ------------------------------------— —. Die Güter eines ver- Hift-or. Lesebuch Iii. ]j
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