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1. Die weltgeschichtlichen Kämpfe des Altertums - S. 395

1890 - Gotha : Perthes
395 ward ein dem Gotte geweihtes Tier ernährt, gepflegt und angebetet. Aus golddurchwirkten Purpurdecken ruhten diese Tiere, welche man badete, salbte, mit Schmuck versah, mit Leckereien fütterte, nach dem Tode einbalsamierte und in heiligen Gräbern bestattete. Starb eine Katze, so schoren sich die Hausbewohner die Augenbrauen; starb ein Hund, so wurden Kopf und Leib rasiert. Reiche Leute verwendeten oft ihr ganzes Vermögen auf die Bestattung heiliger Tiere. Das heilige Krokodil vom See Möris lebte zahm im Tempel von Fleisch und Mehl, trug Glas- und Goldgehänge in den Ohren. Spangen an den Vorderbeinen, ward nach dem Tode einbalsamiert und in heiligem Sarge begraben. Viele hielten es für eine fromme That, dieses Krokodil mit Leckerei zu füttern. Die größte Verehrung genoß der schwarze Ochse Apis, der besondere Kennzeichen hatte. Ihm ähnliche Stiere durften nicht getötet werden, und sein eigener Tod ward tief betrauert, dann aber suchten Priester nach einem neuen Apis. War er gesunden, so schickte man ihn 40 Tage auf schöne Weide, und dann dursten ihn auch Frauen sehen. Endlich führte man ihn in einem Boote, welches eine goldene Kapelle trug, nach Memphis, wo man seine Ankunft sieben Tage mit Aufzügen, Festen und Schmausereien feierte. Fröhlich ward das Fest der Göttin der Fruchtbarkeit gefeiert. Männer und Frauen kamen zu Schiffe nach Babustis; auf allen Böten ertönte Flötenmusik, Weiber lärmten mit Klappern, die anderen schlugen in die Hände und sangen dazu. In jeder Stadt ward gelandet, die Straßen unter Neckerei, Tanz und Geschrei durchzogen, in Babustis große Opfer gebracht und viel Wein getrunken, weil an 70 000 Männer und Frauen hier sich einzufinden pflegten. Osiris und Isis verehrte man im ganzen Lande, jenen als Herrn der Welt uni) des Lebens, diese als Göttin der Fruchtbarkeit. Der Feind beider war Typhon, die ausdörrende Hitze, Unfruchtbarkeit und

2. Die weltgeschichtlichen Kämpfe des Altertums - S. 360

1890 - Gotha : Perthes
360 Mannschaften schwammen mit Hilfe aufgeblasener Schläuche ans andere Ufer. Fliehende Feinde (Meder und Perser) schossen, rückwärts gewendet, andere flohen auf Kamelen an Palmenwäldern vorüber. Man sieht abgemalt wohlbefestigte Städte mit zwei bis drei Mauern hintereinander, hohe Mauern mit schön verzierten Zinnen und Türmen. Sie liegen auf Höhen mit Weingärten oder zwischen- Fichten- und Nadelwäldern oder am Flusse neben Palmenhainen, wogegen Schildkröten, große Fische und andere Seetiere die Lage der Stadt an der Seeküste anzeigen. Um Städte zu erobern, warf man Einschließungswälle auf und untergrub die Mauern, oder kam durch unterirdische Gänge in die Stadt. Gewöhnlich füllte man den Graben vor der Stadtmauer aus, machte durch Sturmböcke Bresche und schleuderte mittels Maschinen Steine gegen die Mauer. Die Sturmböcke ruhten aus Rädern und schützten sich durch ein Gerüst mit Tierhäuten. Auch befanden sich Sturmböcke im unteren Stockwerk eines beweglichen hölzernen Turmes, der auf Rädern stand. War Bresche gelegt, so rückte das Fußvolk unter dem Schutze des Schilddaches vor und versuchte mittels Leitern die Mauer zu ersteigen, während Bogenschützen die Verteidiger von den Zinnen vertrieben, Schwerbewaffnete Leitern anlegten und die Mauer erkletterten. War die Stadt genommen, so flohen die Frauen auf Maultieren und Kamelen oder baten knieend und händeringend um Gnade. Die Sieger morden und plündern und lassen die Hände und Köpfe der Erschlagenen vom Schreiber notieren. Haustiere werden fortgetrieben, Gefangene gefesselt vor den König geführt an Stricken, die man durch die durchbohrten Lippen und Nase zog. Gefangenen Fürsten setzt der Sieger den Fuß auf den Nacken, läßt sie blenden oder auf Pfähle spießen. Unter Musik kehren die Sieger heim, ziehen den Wagen des Königs und tragen vor ihm her die Köpfe der Erschlagenen.

3. Neuer christlicher Kinderfreund - S. 330

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
330 ks fast gar nicht geschneiet; erst am 5. und am Abend die- ses Tages kam Sturm dazu, wodurch das Gestöber so hef- tig wurde, als man es selten sieht. Vier Pulk Kosacken fanden den Weg um die Stadt, den sie ziehen sollten, ver- schneiet, und warfen sich nun in die Stadt hinein, blieben aber alle in dem Theile derselben, der ihnen am Nächsten war, und der ziemlich weit von dem größeren Theile entfernt lag. Darum wurden dort die Häuser mit Soldaten überladen, so daß wohl 60 biö 70 Mann sich in mehrere der Woh- nungen einquartirten, die um das Haus der alten frommen Frau lagen; und schrecklich gings da zu. Warum aber der wilden Fremdlige Keiner auch nur an das Fenster der ar- men Frau zu ihrer größten Verwunderung klopfte, das fand sich erst am andern Morgen. Der Glaube hatte ihr gehol- fen. Wer glaubt, dem hält der Herr oft ganz wörtlich Wort. Wirklich hatte Gott in der Nacht eine Mauer um das Haus der Frau gebauet; ein mannshoher Schneeberg zog sich vor dem Hause her, daß die Kosacken wohl hatten von ihm wegbleiben müssen. „Siehst Du nun," sagte die Großmutter zum Enkel, „daß Gott auch eine Mauer um uns bauen kann?" Der Enkel staunte den Schneeberg an und schämte sich seines Unglaubens. 80. Die Kuh und der gesegnete Kirchgang. In unsrem Dorfe, erzählte eine fromme, Gott vertrauende Mutter ihren Kindern, wohnte eine arme Wittwe mit fünf Kindern, die war sehr arm, und ernährte sich kümmerlich mit ihrer Hände Arbeit. Es gelang ihr Anfangs zwar wohl, und sie konnte jährlich von ihrem kleinen Felde ziemlich ein- ernten; am übrigen Hausbedarf fehlt es uuch nicht gänzlich. Allein eines Jahres mißrieth die Frucht, und dazu starb ihr die einzige Kuh, die sie hatte. Da saß sie nun mit ihren fünf Kindern und hatte Nichts zu brechen und zu beißen. Darüber wurde sie mißmuthig, und sprach in der Unge- duld ihres Herzens: „Betteln mag ich nicht; Arbeit und Fleiß nützen mir Nichts; es wäre mir besser, ich stürbe. Als sie nun so mit ihrem Kummer da saß, hörte sie von Ferne das Geläute aus dem Dorfe, und das Getön war ihr ganz erquicklich; denn so, dachte sie, wird man mir bald zu Grabe läuten. Darauf trat ihr Töchterlein in die Kam- mer und sagte: „Mutter, sie läuten im Dorfe, willst Du nicht in die Kirche gehen? Ich will das Haus wohl hüten." Dies sagte das gutartige Kind, weil die Mutter sonst alle

4. (Viertes und fünftes Schuljahr) - S. 92

1910 - Frankfurt am Main : Diesterweg
den Löwen und den Fuchs auf zu wählen. Da ergrimmte aber der Löwe und zerriß den Esel. Hierauf hieß er den Fuchs teilen. Dieser teilte fast alles dem Löwen zu und behielt nur sehr wenig für sich. „Wer hat dich so teilen gelehrt?" sprach der Löwe. Der Fuchs ant- wortete: „Der zerrissene Esel." 70. Der Löwe und der Fuchs. Nach Äsop. Ein Löwe wurde alt und schwach und konnte nicht mehr auf die Jagd gehen. Um sich Nahrung zu verschaffen, verfiel er auf eine List. Er stellte sich krank und zog sich in seine Höhle zurück. Wie nun die Tiere kamen, um ihn zu besuchen, ergriff er sie und verzehrte sie. Nachdem viele schon so ihren Tod gefunden hatten, kam auch der Luchs zum Besuch. Er blieb aber am Eingang der Höhle stehen und erkundigte sich, wie der Löwe sich befinde. „Schlecht," sagte dieser, „aber warum trittst du nicht ein?" Da erwiderte der Fuchs: „Weil ich wohl die Fußtapfen von denen sehe, die hineingekommen, aber nicht von denen, welche wieder herausgegangen sind." 71. Der alte Löwe. Gotthold Ephraim Lessing. Ein alter Löwe, der von jeher sehr grausam gewesen war, lag kraftlos vor seiner Höhle und erwartete den Tod. Die Tiere, welche sonst in Schrecken gerieten, wenn sie ihn sahen, bedauerten ihn nichts denn wer betrübt sich wohl über den Tod eines Friedensstörers, vor dem man nie ruhig und sicher sein kann? Sie freuten sich vielmehr, daß sie seiner nun bald los sein würden. Einige von ihnen, die noch immer das Unrecht schmerzte, das er ihnen angetan hatte, wollten nun ihren Haß an ihm auslassen. Der arglistige Fuchs kränkte ihn mit beißenden Reden; der Wolf sagte ihm die ärgsten Schimpfworte; der Ochs stieß ihn mit den Hörnern; das wilde Schwein verwundete ihn mit seinen Hauern, und selbst der träge Esel gab ihm einen Schlag mit seinem Hufe. Das edle Pferd allein stand dabei und tat ihm nichts, obgleich der Löwe seine Mutter zerrissen hatte.

5. (Viertes und fünftes Schuljahr) - S. 125

1910 - Frankfurt am Main : Diesterweg
ganze Schar schöner, junger, glitzernder, prächtig behender Fliegen tummelte sich und tanzte und spielte im Sonnenschein, und Summ- Summ stürzte sich freudetrunken taumelnd mitten in ihren Schwarm und eilte mit weit ausgebreiteten Flügeln auf die eine und die andre zu, die ihr am nächsten waren, und suchte sie zu erfassen und an ihre Brust zu ziehen und zu küssen, und sie rief mit halberstickter Stimme: „Schwestern, teure Schwestern, ach, daß ich es erlebt habe, euch wiederzusehn!" Die Fliegen stoben aber auseinander und kreisten in scheuer Entfernung um sie und starrten sie an. Dann rief die eine: „Wer ist denn diese Vogelscheuche?" Und die andre gickste: „Seht mal die dicke Trude!" Und die dritte kicherte: „Madam, Ihre Flügel sind heut' nicht gebürstet!" Und alle lachten. Summ-Summ war betroffen und gekränkt. Es wurde ihr schwer, so lange in der Luft zu schweben, und sie ließ sich auf die Fenster- bank nieder. Traurig sagte sie: „Kennt mich denn keine von euch? Ich bin ja Summ-Summ!" Und sie nannte ihnen die Namen von vielen Schwestern und Basen und Freundinnen, die im Jahre vorher mit ihr jung gewesen waren und sich des Lebens gefreut hatten. Aber das neue Fliegengeschlecht kannte keinen dieser Namen, und je mehr unbekannte Namen die arme Summ-Summ auszählte, um so mißtrauischer und feindlicher wurden die jungen Fliegen, und sie summten einander zu: „Nehmen wir uns in acht, sie ist eine Schwindlerin!" „So kommt doch! So glaubt mir doch!" bat Summ-Summ angst- voll. „Seht im vergangnen Jahre hatte ich so viele Geschwister und Freundinnen! Da waren wir auch ein großer Schwarm, wie ihr jetzt! Und ich war die tollste von allen. Aber dann kam der Herbst und alle starben, und dann kam der Winter, und ich blieb ganz allein und ich glaubte, die Welt sei untergegangen. Nun ist es aber doch wieder Frühling geworden, und ich sehe die Meinigen wieder und sie sind so übermütig wie je, und ich bin so glücklich, euch zu sehn, weshalb seid ihr denn so unfreundlich und haltet euch ferne und wollt mich nicht als eure Schwester erkennen?" Die jungen Fliegen waren näher gekommen und hatten ihr mit wachsendem Staunen zugehört und sie sprechen lassen, bis ihr der Atem ausging und sie zu husten anfing. Dann antwortete ihr eine Fliege mit Gold- und Rubinaugen, die die schnippischste von allen

6. (Viertes und fünftes Schuljahr) - S. 96

1910 - Frankfurt am Main : Diesterweg
96 es denn:,Aufgeschaut!' Der Haushahn kräht, wenn der Tag anbricht, und da heißt es denn: ,Aufgestanden!‘ Und die Hauskatze putzt sich, wenn ein werter East kommt, und da heißt es denn: Aufgerichtet!"' — ,,Jch verstehe, Nachbar, was Ihr damit sagen wollt. Ihr meint, daß alle drei Dinge nötig seien, um dem Hauswesen aufzuhelfen: Vorsorge gegen alles, was schaden kann, Tätigkeit in allem, was nützen kann, und Freund- lichkeit gegen alle, die uns wohlwollen und wohltun." — 78. Das Milchmädchen. Nach August Gottlieb Meißner. Ein Bauernmädchen ging mit einer großen Kanne voll Milch auf dem Kopfe in die nächste Stadt und überrechnete unterwegs, wieviel sie in kurzer Zeit durch diese Milch und kluge Sparsamkeit zu gewinnen hoffte. „Für diese Milch," sprach sie, „erhalte ich fast fünf Mark Geld. Dafür kaufe ich mir hundert Eier. Diese lasse ich ausbrüten und erhalte wenigstens fünfundneunzig Hühner. So schlau der Fuchs auch sein mag, so hoffe ich doch, er soll kein einziges derselben erhaschen. Für dieses Federvieh kaufe ich mir ein junges Schweinchen. Es wächst auf und wird nach und nach zu einem fetten Schwein. Auch dieses verkaufe ich wieder und schaffe mir eine Kuh und ein junges Kalb dafür an. Dieses Kalb, o, ich sehe im Geiste schon, wie es herumspringt: wie" — leider sprang sie vor Freuden mit, und schnell lag, ehe sie sich dessen versah, die Kanne Milch zu ihren Füßen; mit ihr zugleich das Federvieh, das Schweinchen, die Kuh und ihr Kalb. Alle diese schönen Fuftschlösser waren nun zerstört, und weinend kehrte das arme Mädchen nach Hause zurück. 79. Die Pfirsiche. Friedrich Adolf Krummacher. Ein Landmann brachte aus der Stadt fünf Pfirsiche mit, die schönsten, die man sehen konnte. Seine Binder aber sahen diese Frucht zum erstenmal. Deshalb wunderten und freuten sie sich sehr über die schönen Äpfel mit den rötlichen Backen und dem zarten Flaum. Darauf verteilte sie der Vater unter seine vier Knaben; eine erhielt die Mutter. Am Abend, als die Kinder in das Schlafkämmerlein gingen, fragte der Vater: ,,Nun, wie haben euch die schönen Äpfel geschmeckt?"

7. (Viertes und fünftes Schuljahr) - S. 122

1910 - Frankfurt am Main : Diesterweg
Hase oben ankam, rief ihm der Igel entgegen: „Ich bin schon da!" Der Hase aber, ganz außer sich vor Eifer, schrie: „Nochmal gelaufen, wieder herum!" „Mir recht," antwortete der Igel, „meinetwegen so oft, als du Lust hast." So lief der Hase dreiundsiebzigmal, und der Igel hielt es immer mit ihm aus. Jedesmal, wenn der Hase unten oder oben ankam, sagte der Igel oder seine Frau: „Ich bin schon da!" Zum vierundsiebzigsten .Male aber kam der Hase nicht mehr zu Ende. Mitten auf dem Acker stürzte er zur Erde, das Blut floß ihm aus dem Halse, und er blieb tot auf dem Platze. Der Igel aber nahm sein gewonnenes Goldstück und die Flasche Branntwein, rief seine Frau aus der Furche ab, und beide gingen vergnügt nach Hause, und wenn sie nicht gestorben sind, leben sie noch. 87. Die Fliege vom vorigen Jahr. Max Nordau. Es war einmal eine große, braune Fliege, die hieß Summ-Summ. An einem warmen Sommertage, als das Fenster offen stand, war sie in die Küche geflogen und hatte sie nicht wieder verlassen; denn es war ein angenehmer Ort, und es gefiel ihr da sehr gut. Im Schranke gab es Zuckerkrümel und auf dem Tische Milch- und Kaffeeneigen, so daß sie vollauf zu essen und zu trinken hatte. Wenn sie nicht naschte und schleckte, putzte sie sich mit den Vorderbeinen das Gesicht und bürstete sich mit den Hinterbeinen die Flügel und den Rücken. Und wenn sie sich nicht schön machte, sah sie neugierig zu, wie Marie am Kochherd schaffte, wie sie Feuer anzündete, wie sie die Töpfe zusetzte, wie sie salzte und würzte, wie sie umrührte und ab- schäumte, und suchte zu erraten, was es an dem Tage Gutes zu schnabulieren geben werde. Und wenn Marie nicht in der Küche war, plauderte sie mit dem Heimchen, das im Schrund des Rauchfangs wohnte und mit dem sie sich rasch befreundet hatte. Das Heimchen war ein sehr lustiges Ding und wurde nicht müde zu schwatzen und zu klatschen, zu fragen und zu erzählen. Auch an Besuch fehlte es nicht. Kaum öffnete Marie morgens das Fenster, so flogen ganze Schwärme von Fliegen herein, Schwestern und Muhmen und Nachbarinnen, die Summ-Summ begrüßten und ihr alle Neuigkeiten erzählten, und denen Summ-Summ artig Kaffee und Kuchen vorsetzte. Sie hatte es ja und konnte es tun. Es war ein ewiges Fest, und

8. (Viertes und fünftes Schuljahr) - S. 357

1910 - Frankfurt am Main : Diesterweg
357 sind des Kuckucks Gevattern und seiner Kinder Pflegeeltern: Gras- mücke und Bachstelze, Rotkehlchen und Rotschwänzchen, Zaunkönig und Drossel — kein Allerweltsonkel hat auch nur entfernt soviel Freundschaften wie unser Kuckuck! Das Kuckucksweibchen lauert am liebsten den Zeitpunkt ab, da die Vögel nicht beim Neste sind; dann setzt es sich darauf und legt das Ei in gewöhnlicher Weise hinein, oder es legt das Ei auf dem Boden ab und trägt es mit dem Schnabel in das Nest. Heute will der Kuckuck ein Zaunkönigpärchen mit seinem Ei beglücken. Die beiden Vögel mochten eben weggeflogen sein, als sie bei ihrer Heimkehr die fremde Riesendame mit dem Ei im Schnabel auf ihr Nestchen zuflattern sahen. Wie hatte diese ihr Kinderstübchen nur entdeckt? Sie hatten es doch nach ihrer Meinung so schlau versteckt. Die armen Tierchen ahnen, was ihnen droht: sie zirpen und piepen, klagen und schreien und stechen wohl gar mit ihren spitzen Schnäbeln auf den großen Vogel los. Den aber kümmert das wenig; trotz allen Schreiens fliegt er auf das Nest zu, läßt das Ei hineingleiten und wirft dann noch zum Schlüsse vor den Augen der Eltern die Mehrzahl ihrer Eier hinaus. Dann streicht er kichernd von dannen. Die beiden Vögel fliegen zum Neste, setzen sich an den Rand und besehen sich den Schaden. Drei Eier hat ihnen der Unhold hinausgeworfen; das Weibchen hat es gesehen, wie sie unten auf einem Aste aufschlugen und ihr Inhalt auf die grünen Blätter umherspritzte. Und dafür hat ihnen der freche Vogel ein Ei hineingelegt, das sie selbst von den ihrigen kaum unterscheiden können. Bald aber versöhnen sich die beiden Alten mit ihrem Schicksal. Sie setzen sich wieder ins Nest und brüten weiter, ganz wie sie es sonst gewohnt sind. Die armen kleinen Eltern! Sie ahnen es nicht, welch furchtbares Geschenk ihnen die Kuckucksmutter ins Nest gelegt hat. Nach vierzehn Tagen wird es lebendig im Neste. Es hat drei Einwohner: zwei Zaunkönige und einen Kuckuck. In der ersten Zeit sind die Einwohner sich sehr ähnlich; der Kuckuck aber wächst sehr schnell, und schon nach zwei Tagen ist er doppelt so groß wie seine Stiefgeschwister. Er hat einen unförmlich dicken Kopf mit hervorquellenden Augäpfeln. Sein Schnabel ist tief gespalten, und er kann ihn entsetzlich weit aufreißen. Das tut er dann auch fortgesetzt und schreit dabei zum Erbarmen. Jeder Bissen, den die

9. (Viertes und fünftes Schuljahr) - S. 337

1910 - Frankfurt am Main : Diesterweg
337 Ja, am Tage war es schon wunderschön hinter den grünen Laub- gardinen der alten Kastanie. Zuweilen kam eine ganze Horde Sperlinge, die tollten in dem Zweigwerk herum, schalten und bissen sich und jagten sich halb aus Ernst und halb aus Spaß. Vater und Mutter erzählten den Kindern von der großen, schwarzen Katze, die im Pastorengarten des Abends herumschlich, vom Igel, der so gern Vogeleier und junge Vögel fraß, und von dem großen Jagd- hunde des Pastors, der aber nur bellte und nie biß. Aber ängstlich wurde ihnen, wenn sie von Sperbern und Habichten erzählen hörten, die aus der Luft herab auf die Vögel stoßen und sie zerkrallen und nackt rupfen und dann auffressen. Und unheimlich wurde es, wenn die Nacht kam, wenn sie halb schon im Schlafe allerlei seltsame Geräusche hörten und mitunter spürten, wie das Herz der Mutter stärker klopfte und lauter schlug aus Angst und Sorge um die Kinder. — — — Eines Tages sagte der Vater einmal leise zu der Mutter: ,,Jch glaube, wir können es schon einmal versuchen." Die Mutter sah ihre drei Kinder zweifelnd an. Aber diese hatten erraten, wovon die Eltern sprachen, und riefen: „O ja! o ja! lehrt uns fliegen, wie ihr fliegen könnt. Wir wollen auch gut aufpassen." Der älteste von ihnen, der zuerst aus seiner Eischale gekrochen war, stieg kühn auf den Rand des Nestes, schlug kräftig mit den Flügeln und —-------------war plötzlich ver- schwunden, ehe der Vater herzufliegen und ihn zurückhalten konnte. Mit Gesichtern voll Schrecken saßen die Eltern da und wagten nicht sich zu rühren. Dann hörten sie aus der Tiefe ein klägliches ,,Piep! Piep!" — ,,Bleibt still im Neste, bis ich wiederkomme!" rief die Mutter ihren zwei Kindern zu, dann schwang sie sich hinab in die Tiefe, um ihr gestürztes Kind zu suchen. Der Vater folgte ihr sogleich. Mitten auf einem geharkten Wege lag der Kleine und konnte nicht von der Stelle. Von allen Seiten besahen ihn die Eltern, bis sie den Schaden fanden. „Er hat ein Bein gebrochen," sagte der Vater leise zu der Mutter- „Da ist nichts zu machen. Er wird wohl sterben." Ach, wie traurig wurde die Mutter, als sie das hörte! Gerade ihr Liebling war es, der aus dem Neste gestürzt war. Sie fing Fliegen für ihn, sie suchte ihm Körnlein und pflegte ihn, so gut sie konnte. Da kam auf einmal etwas durch die Büsche geraschelt. Zwei große Augen sahen auf den jungen Buchfink hernieder, ein großes Maul tat sich auf. Erschrocken flogen die Alten davon. Und der Kleine, der sich Beeiden st ein, Mittelschullesebuch Ii. 22

10. (Viertes und fünftes Schuljahr) - S. 340

1910 - Frankfurt am Main : Diesterweg
340 von Stunde zu Stunde dreister und flog oft zwei-, dreimal durch die Stube, ohne sich ausruhen zu müssen. Ms dann nach einigen Tagen die Sonne einmal besonders hell schien, saß er auf der Fensterbank und hörte unten im Garten die Vögel herumfliegen. Da wurde sein Herz voll Sehnsucht nach den grünen Bäumen, und er dachte: „Ach, wie würden sich die Eltern freuen, und was würden sie wohl sagen, wenn du auf einmal ins Nest geflogen kämst!" Und immer heißer wurde es ihm ums Herz. Er schlug vor Freude mit den Flügeln, er hüpfte von einem Bein aufs andere, und dann — und dann gab er sich einen Schwung und sauste hinab in den Garten, schräg durch die Luft abwärts, gerade in den Syringenbaum hinein. Glücklich hatte er einen Zweig mit den Füßen erwischt. Ihm klopfte vor Freude und Schreck das Herz zum Zerspringen. O, wie schön war es hier! Er ruhte sich einen Augenblick aus, dann flog er weiter bis auf die Spitze eines Lebensbaumes, und laut klang sein Pink! Pink! durch den Garten. Vom Lebensbaume flog er mitten auf einen Rasen, da pickte er ein Goldkäferchen auf und hätte wohl noch lange herumgesucht nach Käfern und Würmern, wenn er nicht solche Sehnsucht nach der alten Kastanie gehabt hätte. Er sah sie jenseits des Rasens dicht an der Gartenmauer stehen. Einen ihrer dicken wage- rechten Äste suchte er sich als Ziel aus, und mit vielen schnellen Flügel- schlägen flog er gerade darauf zu. Ach, wie herrlich war das Fliegen! Etwas Schöneres konnte es gar nicht geben. Von einem Aste hüpfte er zum andern und blickte überall nach dem elterlichen Reste umher. Aber er fand es nicht. Er suchte die ganze Kastanie ab und fand es nicht. Er rief und rief, und niemand antwortete ihm. Da flog er wieder hinab in den Garten und sah den alten Pastor spazieren gehen. Der Buchfink flog ihm aus die Schulter und rief: „Piep! Piep!" Der Pastor ließ ihn ruhig sitzen. Er erkannte ihn wohl wieder und freute sich über die Dankbarkeit des Tieres. Als er langsam in die Nähe des Hauses kam, verließ ihn der Buchfink und flog zur Kastanie zurück und hörte nicht auf zu rufen bis zum Abend. Da, endlich wurde er gehört. Die Eltern und Geschwister, die den ganzen Tag über fortgewesen waren, kamen nun zurück und führten ihn zum Neste in der Astgabel. Nun war noch einmal die ganze Familie zusammen. Am andern Tage flog der eine hier-, der andere dorthin. Nur die Mutter nahm ihren Ältesten mit, um ihm ein paar gute Futter- plätze zu zeigen. Sie führte ihn zu einer Laube im Garten, wo jeden
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