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1. Vierzig Lektionen über die vereinigte Gesetzeskunde und Volkswirtschaftslehre - S. 7

1894 - Gotha : Behrend
Aufgaben der Familie — Gefahren für das Familienleben. 7 Reichtum und Habe. „Heilig sei dir des Nächsten Familienglück" < 6. Geb.), ruft der Herr vom Sinai uns früher zu, als „Heilig sei dir des nächsten Eigentum" (7. Geb.). 4. Aufgaben der Familie. Die Familie ist durch das Ausschließen des eigenen Ichs die wichtigste Heimstätte der Moral und des Edelsinns; nichts anderes vermag sie zu ersetzen. Alles, was Menschen aneinander binden kann, bindet die Mitglieder der Familie an einander; sie haben gemeinsame Sprache und gemeinsame Sitte, Heimat und Wohnsitz, Eigentümlichkeiten der körperlichen und geistigen Beschaffenheit, Ehre, Vermögen rc. Der Familienangehörige tritt aus der Familie erst aus, wenn er eine eigene Familie gründet, aber auch dann noch soll er ihr Treue bewahren. — Aufgabe des Familienvaters: „Der Mann muß hinaus ins feindliche Leben." — Die Frau als Gattin, Hausfrau und Mutter „Und drinnen waltet —". Zum Familienglück ge- hören auch gut geratene Kinder. Gute Gewöhnung ist gute Erziehung. — Pflichten der Kinder gegen die Eltern. 4. Gebot. Die Eltern haben auch Pflichten; sie sollen ihre Kinder zu brauch- baren Menschen erziehen. — In der Familie leben auch oft Dienstboten, welche auf das Familienglück förderlich oder hinderlich einwirken. Pflichten der Dienstboten gegen die Herrschaft: Gehorsam, Ehrerbietung, Ehrlichkeit, Treue, Genügsamkeit, Verschwiegenheit. Pflichten der Herrschaft gegen die Dienstboten: Gute Behandlung, Nachsicht bei kleineren Versehen, ausreichende Kost, Überwachung des Umganges, Sorgen für das leibliche und geistige Wohl (Zeit geben zum Besuch des Gotteshauses). Und weh der Herrschaft, die die Lade Der Dienenden nicht überwacht; Vom Mädchen, die im Flitterstaate Kaum an das Nützliche gedacht, Die Sucht der Mode schweigend duldet, Ihr äußer'n Putz wohl gar befiehlt, Sie hat den Leichtsinn mit verschuldet. Der in des Mädchens Herz sich stiehlt. (Weise.) Bei einem Volke, dem der Familiensinn, der Zusammenhalt Wischen Ehegatten, zwischen Eltern und Kindern und zwischen den Geschwistern fehlt, da sind auch alle anderen Verhältniße faul. 5. Gefahren für das Familienleben. Viele bleiben unver- heiratet, zumal in großen Städten. Ursachen: Bequemlichkeit des Wirtshauslebens, feines Garyonleben; auf den „Schlafherrn"

2. Vierzig Lektionen über die vereinigte Gesetzeskunde und Volkswirtschaftslehre - S. 12

1894 - Gotha : Behrend
12 Die Gemeinde. vollendet, im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte und staats- angehörig sind, gewählt. Die Ortspolizei wird unler der Aufsicht der Amtshauptmannschaft vom Gemeindevorstande ausgeübt. Welche Gemeinden unterscheidet man? Welche Städte unseres Landes (Provinz rc.) mögen der revidierten Städteordnung unter- stehen? Wer übt in jeder der drei genannten Gemeindeformen die polizeiliche Gewalt? — Nenne Städte unseres Landes, welche der Städteordnung für mittlere und kleine Städte unterstellt sind! — 7. Stadt und Land. Unterschied in der Beschäftigungs- weise der Bewohner. Anlage der Städte an größeren Flüssen. Rasche Vermehrung der Bevölkerung in den Städten. Unge- sunder Drang der Landbewohner nach den Städten. Ursachen: 1) größerer Verdienst (die Industrie giebt größere Erträge als die Landwirtschaft), 2) vermehrte Genüsse (Theater, Tanzmusiken, Feste, glänzend eingerichtete Bierhäuser u. s. w.). Es ist durchaus nicht alles Gold, was glänzt; wenn der Land- bewohner an den Markttagen nach der Stadt kommt und sieht die aufgeputzten Schaufenster, die nobel gekleideten Menschen, die nicht mit Hacke und Sense und Mistgabel zu arbeiten brauchen, so glaubt er wohl, die Städter würden vom Spazierengehen reich. Welch gewaltiger Irrtum! — Vorzüge des Landlebens: gute Luft, wohlthuende Einfachheit, geräumige Wohnungen, gegenseitige Teilnahme, weniger Konkurrenz, weniger sittliche Gefahren (weil man sich gegenseitig kennt). Julius Cäsar wollte lieber in einem einfachen gallischen Dorfe der Erste sein, als in Rom der Zweite. 8. Heimat. Heimat ist eins der schönsten Worte, welche die deutsche Sprache hat. — Heimweh. „Herz, mein Herz, warum so traurig" — „Fern im Süd' das schöne Spanien" — Erziehung zur Heimatsliebe. Gründe: 1) Wir haben hier die frohen Jahre der Kindheit verlebt. 2) Unsere Eltern, Ge- schwister, Verwandten, Freunde und Jugendgenossen wohnen hier. 3) Wir genießen Schutz und Sicherheit (anderswo sind wir nur

3. Vierzig Lektionen über die vereinigte Gesetzeskunde und Volkswirtschaftslehre - S. 43

1894 - Gotha : Behrend
Beaufsichtigung — Schulzucht. 43 vereinigen. Ihre Angelegenheiten verwaltet die Schulgemeinde durch den S ch u l v o r st a n d, welcher sich aus Vertretern der Gemeindeverwaltung, der Geistlichkeit und der Lehrerschaft zu- sammensetzt In größeren Städten führt der Schulvorstand meist den Namen S ch u l a u s s ch u ß. 4. Beaufsichtigung. Alle Erziehungs- und Unterrichtsan- ftalieu stehen unter Aufsicht des Staates. Das Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts übt als oberste Schulbehörde das Oberaufsichtsrecht aus, in Hinsicht auf die Volksschule ge- schieht dies durch die B e z i r k s s ch u l i n s p e k t o r e n. Die dem Ortsschulvorstande obliegende Beaufsichtigung der Schule — Lokalschulaufsicht — wird gleichfalls im Aufträge des Staates ausgeübt. 5. Schulzucht. Jedes Kind hat die Volksschule eine be- stimmte Reihe von Jahren, in den meisten deutschen Staaten acht Jahre lang und zwar in der Regel vom 6. bis 14. Jahre zu besuchen. Die Eltern und Erzieher sind verbunden, schul- pflichtige Kinder zum regelmäßigen Schulbesuche anzuhalten, und es darf kein Kind, außer in Krankheitsfällen und bei bedenklichen Krankheiten in der Familie, ohne Erlaubnis die Schule ver- säumen. Die Schüler sind mährend ihrer ganzen Schulzeit in ihrem sittlichen Gesamtverhalten der unmittelbaren Disziplinar- gewalt ihres Lehrers unterstellt. Zu öffentlichen Tanzbelusti- gungen, sowie zu solchen Schaustellungen, welche die sittliche Reinheit gefährden können, sind Schulkinder und Fortbildungs- schüler nicht zuzulaffen, ebenso ist der Besuch von Schankstätten ihnen anders als in Begleitung Erwachsener nicht gestattet. Kinder, welche sittlich verwahrlosen, können der Erziehung der Eltern entnommen und in geeignetere Pflege gegeben werden — Zwangserziehung — Besserungsanstalten. Wer bei Begehung einer strafbaren Handlung das 12. Lebens- jahr vollendet hat, unterliegt der strafrechtlichen Verfolgung (§§ 56 und 57 des Stgb.), die Bestrafung durch die Schule ist dann ausgeschlossen. (S. Lekt. 34, Abs. 12.) Eigemnächtiges Einschreiten der Eltern, Erzieher, Lehrherrn und Arbeitgeber gegen die Zuchtmaßregeln der Schule wird aus An-

4. Vierzig Lektionen über die vereinigte Gesetzeskunde und Volkswirtschaftslehre - S. 34

1894 - Gotha : Behrend
34 Die Rechte der Unterthanen (Fortsetzung). 11. Das Recht auf Änsässigmachung. Jeder Reichs- angehörige hat nicht nur das Recht, innerhalb des Reichsgebietes sich an jedem Orte aufhalten zu können, sondern er hat auch das Recht, sich an jedem Orte Grundeigentum zu erwerben. Früher durften gewisse Stände, insbesondere manche Konfessionen und Sekten wie Mennoniten, Quäcker, Juden Grundbesitz nicht erwerben. Die Rittergüter konnten nur von Adeligen in Besitz genornmen werden (daher der Name Edelmann). Gegenwärtig bestehen keine derartigen Beschränkungen mehr; wer die Mittel dazu hat, kann sich ansässig machen. 12. Das Recht auf Unterstützung (U nt er st ü tzu ng s - w o h n s i tz). Der Geist der Humanität, welcher die ganze neuere Gesetzgebung durchweht, bekundet sich besonders auch in dem Reichsgesetze über den Unterstützungswohnsitz vom 5. Juni 1870. Wer durch Krankheit, Verunglückung oder sonstige Gebrechlichkeit rc. sich in einer so hilflosen Lage befindet, daß es ihm am Unentbehrlichsten (Nahrung, Kleidung, Wohnung) mangelt, wird von derjenigen Gemeinde, welcher er angehört, unterstützt. Niemand soll verhungern und niemand ohne schützendes Obdach sein. Wer allerdings arbeiten und sein Brot verdienen kann, darf ja nicht darauf rechnen, unterstützt zu werden. Wer nicht arbeitet, soll auch nicht esien. (Viel Mißbrauch in großen Städten. — Auch das Wohlthun sei mit Weisheit verbunden.) Unter dem U n t e r st ü tz u n g s w o h n s i tz versteht man im allgemeinen den Gemeindeverband, welcher im einzelnen Falle zur öffentlichen Unterstützung einer hilfsbedürftigen Person ver- pflichtet ist. Wer innerhalb eines Ortsverbandes nach zurück- gelegtem 24. Lebensjahre zwei Jahre lang ununterbrochen seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt hat, erwirbt dadurch den Unter- stützungswohnsitz, vorausgesetzt, daß er nicht in den letzten zwei Jahren schon aus öffentlichen Mitteln unterstützt worden ist. Früher war es anders, da konnte jemand in einem Orte wohnen so lange er wollte, er gehörte immer der Gemeinde an, in welcher er geboren ward, anderswo wurde er nur (gegen Heimatschein) geduldet, außerdem er wanderte förmlich aus von einer Gemeinde in die andere, das war aber kostspielig (Bürger- geld); und wenn nicht ein entsprechendes Vermögen nachgewiesen

5. Erster Unterricht vom Menschen und den vornehmsten auf ihn sich beziehenden Dingen - S. 74

1781 - Gotha : Reyher
74 Iv. Von der menschlichen I6z. Drittens: die väterliche, welche Jun* mittelbar aus der vorigen entsteht. Eltern und Binder machen solche unter einander aus. Die Eltern haben die Pflicht auf sich " ihre Binder zu erziehen, deswegen stehet ihnen eine gewisse Ge- walt über dieselben zu, danüt alle die Einrichtungen und Anordnungen, die sie zu deren Besten machen, nicht fruchtlos bleiben. Vater und Mütter aber, die ihre Bosheit durch unbesonnene Schlage und Ver- fluchungen an den Kindern auslasten, oder im Ge- gentheil dieselben durch thöngre liebe und Sorglo- sigkeit verzärteln, mißbrauchen diese Gewalt, und laden schwere Verantwortung auf stch. 164. Dw Kinder aber haben, so bald sie nur ein wenig zu Verstand kommen die Verbindlichkeit, ^ durch Gehorsam, Dienftfertigrelt, Fleiß und andere Tugenden, wodurch sie eine wahre kind- liche Liede beweisen können, ihren Eltern das schwere Geschäfte der Erziehung so leicht als möglich zu machen; vor allen Dingen aber, wenn sie alt und schwach sind, ihnen durch allerley Gut- thaten das in etwas zu vergelten, was sie ihnen in ihrer Jugend gekostet haben. 16s. Unter die kleinen Gesellschaften des Staats kann man auch 4 die Bürgerschaft in den Städten und 1 2 3 4 1 Woraus entspringt die väterliche Gesellschaft? 2 Was haben dis Eltern für Pflichten auf sich? 3 Was für Verbindlichkeiten aber die Kinder? 4 Was kann man noch mehr unter die kleinen Gesellschaften rechnen?

6. Neuer christlicher Kinderfreund - S. 299

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
299 herausbringen, als „Pardon!" dachte aber: „es würde nicht Viel helfen!" Der Leser denkt vielleicht auch, jetzt wird der Fran- zose den Husaren zusammenhauen, und freuet sich schon darauf. Allein das könnte mit der Wahrheit nicht bestehen. Denn wenn das Herz bewegt ist, und vor Schmerz fast brechen will, mag der Mensch keine Rache nehmen. Da ist ihm die Rache zu klein und verächtlich, sondern er denkt: Wir sind in Gottes Hand, und will nicht Böses mit Bö- sem vergelten. So dachte der Franzose auch, und sagte: „Daß Du mich mißhandelt hast, das verzeihe ich Dir; daß Du meine Eltern mißhandelt und zu armen Leuten gemacht hast, das werden Dir meine Eltern verzeihen; daß Du meine Schwester in den Brunnen geworfen hast und ist nimmer davon gekommen, das verzeihe Dir Gott!" — Mit diesen Worten ging er fort, ohne dem Husaren das Geringste zu Leide zu thun, und es ward ihm in seinem Herzen wieder wohl. Dem Husaren aber war es nachher zu Muthe, als wenn er vor dem jüngsten Gericht gestanden hätte, und hätte keinen guten Bescheid bekommen. Denn er halte von dieser Zeit an keine ruhige Stunde mehr, und soll nach einem Vierteljahr gestorben sein. Merke: Man muß in der Fremde Nichts thun, worüber man sich daheim nicht darf finden lassen. Merke: Es gibt Unthaten, über welche kein Gras wächst. Hebn. 47. Ein guter Sohn, der im Glücke sich nicht seiner geringen Eltern schämt. In dem Regiment des berühmten, von Friedrich dem Großen hoch geehrten Generals von Ziethen, stand auch ein Rittmeister, mit Namen Kurzhagen. ' Er war klug, tapfer und hatte ein kindliches Gemüth. Seine Eltern waren arme Landleute im Mecklenburgischen. Mit dem Verdienstorden auf der Brust rückte er nach Beendigung des siebenjährigen Krieges in Parchim ein. Die Eltern waren von ihrem Dörfchen nach der Stadt gekommen, um ihren Sohn nach Jahren wieder zu sehen, und erwarteten ihn auf dem Markte. Wie er sie erkannte, sprang er rasch vom Pferde und umarmte sie unter Freu- denthränen. Bald darauf mußten sie zu ihm ziehen und aßen allezeit mit an seinem Tische, auch wenn er vornehme Gäste hatte.

7. Neuer christlicher Kinderfreund - S. 306

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
306 iente Knospe hervor, auf die sich der Thau des Himmels reichlicher niedersenkt. Das Kind, von welchem hier erzählt werden soll, war eins von denen, von welchen es heißet: ,,Seine Seele ge- fällt Gott wohl, darum eilet er mit ihm aus diesem bösen Leben." Es war, da es starb, noch nicht neun Jahr alt. Ein frommer Prediger, der das Kind im Leben und- im Sterben gekannt, Christian Gerber, erzählt von ihm also: Die kleine Rosina war das einzige Kind sehr armer, aber gottesfürchtiger Eltern. Der Vater lebte als Tagelöh- ner zu Nickern, in der Pfarrei Lockwitz bei Dresden. Er hatte zwar ein eigen Häuslein, aber Nichts darinnen, als was seine Hände von Tag zu Tag, von Woche zu Woche erwarben, so Viel als eben zur Nahrung und Kleidung für ihn und die Seinen' hinreichte. Aber diese seine fleißigen Hände hatten nicht blos gelernt zu arbeiten, sondern auch sich gern zum Gebet zu falten; er betete oft und aus Her- zensgründe mit den Seinen, denn er war fromm. Dieser gute Vater war erst dreißig Jahr alt, da führte ihn Gott zum Krankenlager, von welchem er nicht wieder aufstand. Die Krankheit dauerte einige Wochen. Der Pfarrer Ger- der und sein adjungirter Hohn besuchten ihn oft in seinen letzten Tagen, um ihn zu trösten und zu stärken. Ihm sel- der war der Trost nicht so vonnöthen als seiner armen Frau; denn er war ruhig und gottergeben; die Frau aber sollte von dem lieben Mann und Versorger scheiden, und es war weder Geld noch Brot in dem Hause, als was mitleidige Seelen in's Haus brachten. In dieser Zeit der Leiden war das Töchterlcin des Tagelöhners, damals noch nicht acht Jahr alt, den armen Eltern zum besondern Trost. Wenn der Seelsorger weg war, blieb das Kind an des Vaiers Bette sitzen, sang ihm Lieder vor und betete ihm die Sprüche, die es vom Pfarrer gehört oder in der Schule ge- lernt hatte. Der Vater starb. — Die Wittwe trauerte sehr um ih- • reu frommen, fleißigen Ehemann, und weinte oft viel. Da tröstete das Mägdlein immer die Mutter, wenn sie diese so weinen sah, mit schönen Troftsprüchen aus der heil. Schrift, die sie in der Schule gehört hatte, oder mit Versen auö guten christlichen Liedern, z. B. mit dem Vers aus dem kinderfrommen Liede des Hans Sachs: „Warum betrübst du dich, mein Herz," mit dem Vers: ,„Äch Gott, du bist

8. Neuer christlicher Kinderfreund - S. 307

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
307 Noch heut' so reich, als du bist gewesen ewiglich; mein Ver- trauen steht ganz zu dir," und mit dem Vers aus Paul Gerhard's Liede: „Schickt uns Gott ein Kreuz zu tra- gen, dringt herein Angst und Pein, sollt' ich drum verza- gen?" Ober sie sagte zu der sorgenden Mutter: Liebe Mut- ter, weine nur nicht; wir wollen recht beten und arbeiten; wenn ich aus der Schule komme, will ich fleißig Strohhüte flechten; der liebe Gott wird uns nicht verlassen!" — So verging fast ein Jahr nach des Vaters Tode; die Wittwe hielt mit ihrem einzigen Kinde sparsam und treulich Haus, und Beide hatten durch Gottes Segen keinen Mangel. Das Magdlein ging fleißig zur Schule, flocht-nach der Schule eben so fleißig Stroh zu Hüten; seine einzige äußerliche Un- terhaltung und Freude war eine Henne, die sich die kleine Waise vom Küchlein auferzogen und mit den abgesparten Brotkrumen ernährt hatte. Eines Tages, in der Erntezeit, geht die Mutter zu einem Bauer in dem nächsten Dorfe, um bei diesem Hafer rechen zu helfen; das Mägdlein aber geht nach seiner Gewohnheit in die Schule, und setzt sich, sobald es nach Hause gekommen, vor die Thür seiner Hütte hin, um Stroh zu Hüten zu flechten. Da kommt ein Nach- barsmädchen von zwölf Jahren, ein Kind von sehr wilder Art, und will Rosinen nöthigen, mit ihr herumzusprin- gen und Muthwillen zu treiben. Die kleine, fromme Waise will das nicht. Hierüber erzürnt, reißt sie das stärkere Nach- barsmädchen zu Boden, und knieet ihr auf den Leib, bis das Kind vor Schmerzen laut aufschreit. Als die Mutter des Abends von der Arbeit nach Hause kommt, klagt ihr die Kleine, was ihr geschehen sei. Die Mutter aber meint, es werde ihr wohl nicht viel Schaden gethan haben, und geht mit dem Kinde schlafen. Am Morgen aber klagt dieses sehr über Schmerz in seinem Leibe, kann schon nicht mehr auf- stehen, und auch durch die von einem guten Arzte in Dres- den gebrauchten Arzeneimittel werden die Schmerzen nicht gelindert, sondern immer nur größer. Da bittet das Mägd- lein seine Mutter, sie solle ihm doch den Seelsorger holen lassen, daß er mit ihr bete wie mit ihrem Vater, denn sie werde sterben. Die Mutter sagt: „Mein liebes Kind, wen hätte dann ich? Du bist noch mein Trost. Du wirst ja nicht sterben wollen!" — Das Kind antwortet: „Liebe Mutter, Gott muß Euer Trost sein; vertrauet nur ihm! Wisset Ihr nicht, wie wir singen: „„Weil du mein Gott und Tröster bist, dein Kind du wirst verlassen nicht?" " Lasset nur den Herrn 20* »

9. Neuer christlicher Kinderfreund - S. 311

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
311 53. Franziska. In einem unscheinbaren Dörfchen am Rhein saß eines Abends, als es schon dunkeln wollte, ein armer junger Mann, ein Weber, noch an dem Webstuhl und dachte während der Arbeit unter andern an den König Hiskias, hernach an Vater und Mutter, denen ihr Lebensfaden auch schon von der Spule abgelaufen war, hernach an den Groß- vater selig, dem er einst auch noch auf den Knieen gesessen und an das Grab gefolgt war, und war so vertieft in sei- nen Gedanken und in seiner Arbeit, daß er gar Nichts davon merkte, wie eine schöne Kutsche mit vier stattlichen Schim- meln vor seinem Häuslein anfuhr und stille hielt. Als aber Etwas an dem Schlosse der Thür drückte, und ein holdcö ju- gendliches Wesen trat herein von weiblichem Ansehen mit wal- lenden schönen Haarlocken, und in einem langen himmelblauen Gewand; und das freundliche Wesen fragte ihn mit mildem Ton und Blick: „Kennst Du mich, Heinrich?" da war ihm, als ob er aus einem tiefen Schlaf aufführe, und war so erschrocken, daß er nicht reden konnte. Tenn er meinte, es sei ihm ein Engel erschienen, und es war auch so Etwas von der Art, nämlich seine Schwester Franziska, aber sie le-bte noch. Einst hatten sie manches Körblein voll Holz barfmß mit einander aufgelesen, manches Biusenkörbchen voll Erdbeeren am Sonntag mit einander gepflückt und in die Stadt getragen, und auf dem Heimwege ein Stücklcin Brot mit einander gegessen, und Jedes aß Wenig davon, da- mit das Andere genug bekäme. Als aber nach des Vatrrs Tode die Armuth und das Handwerk die Brüder aus der elterlichen Hütte in die Fremde geführt hatte, blieb Fran- ziska allein bei der alten gebrechlichen Mutter zurück, und pflegte ihrer also, daß sie dieselbe von dem kärglichen Ver- dienst ernährte, den sie in einer Spinnfabrik erwarb, und in den langen schlaflosen Nächten mit ihr wachte und aus einem alten zerrissenen Buche aus Holland erzählte, von den schönen Häusern, von den großen Schiffen, von der grau- samen Seeschlacht bei Doggersbank, und ertrug das Alter und die Wunderlichkeit der kranken Frau mit kindlicher Ge- duld. Einmal aber früh um zwei Uhr sagte die Mütter: „Bete mit mir, meine Tochter. Diese Nacht hat für mich keinen Morgen mehr auf dieser Welt!" Da betete und schluchzte und küßte das arme Kind die sterbende Mutter, und die Mutter sagte: „Gott segne dich und sei" — und

10. Neuer christlicher Kinderfreund - S. 312

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
312 nahm die letzte Hälfte ihres Muttersegens: „und sei dein Begleiter!" mit sich in die Ewigkeit. Als aber die Mutter begraben und Franziska in das leere Haus zurückgekommen war, und betete und weinte, und dachte, was jetzt aus ihr werden solle, sagte Etwas in ihrem Inwendigen zu ihr; „Geh nach Holland!" und ihr Haupt und ihr Blick richtete sich langsam und sinnend empor, und die letzte Thrä- ne für diesmal blieb ihr in dem blauen Auge stehen. Als sie von Dorf zu Stadt, und von Stadt zu Dorf betend und bettelnd und Gott vertrauend nach Holland gekommen war, und so Viel ersammelt hatte, daß sie sich ein sauberes Kleid- lein kaufen konnte, in Rotterdam, als sie einsam und ver- lassen durch die wimmelnden Straßen wandelte, sagte wieder Etwas in ihrem Inwendigen zu ihr: „Geh in selbiges Haus dort mit den vergoldeten Gittern am Fenster." Als sie aber durch den Hausgang an der mar- mornen Treppe vorbei in den Hof gekommen war, denn sie hoffte zuerst Jemand anzutreffen, ehe sie an einer Stuben- thür anpochte, da stand eine betagte freundliche Frau von vornehmem Ansehen in dem Hofe, und fütterte das Geflü- gel, die Hähne, die Tauben und die Pfauen. „Was willst Du hier, mein Kind?" Franziska faßte ein Herz zu der vornehmen freundlichen Frau, und erzählte ihr ihre ganze Geschichte. „Ich bin auch ein armes Hühn- lein, das Eures Brotes bedarf," sagte Franziska, und bat sie um Dienst. Die Frau aber gewann Zutrauen zu der Bescheidenheit und Unschuld und zu dem nassen Auge des Mädchens, und sagte: „Sei zufrieden, mein Kind, Gott wird Dir den Segen Deiner Mutter nicht schuldig bleiben. Ich will Dir Dienst geben und für Dich sorgen, wenn Du brav bist." Denn die Frau dachte: „Wer kann wissen, ob nicht der liebe Gott mich bestimmt hat, ihre Vergelterin zu sein!" und sie war eines reichen Rotterdamer Kaufmanns Wittwe, von Geburt aber eine Engländerin. Also wurde Franziska zuerst Hausmagd, und als sie gut und treu er- funden ward, wurde sie Stubenmagd, und ihre Gebieterin gewann sie lieb, und als sie immer feiner und verständiger wurde, wurde sie Kammerjungfer. Aber jetzt ist sie noch nicht Alles, was sie wird. Im Frühling, als die Rosen blühten, kam aus Genua ein Vetter der vornehmen Frau, ein junger Engländer, zu ihr auf Besuch nach Rotterdam, er besuchte sie fast alle Jahre um diese Zeit, und als sie Eins und das Andere hinüber und herüber redeten, und der Vetter er-
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