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1. Geschichte des Altertums - S. 89

1889 - Wiesbaden : Kunze
§. 14, 3. Der thebanische Sagenkreis. 89 Aufnahme am Hofe des Königs Adrästos von Argos, heiratete dessen Tochter Argia und veranlaßte seinen Schwiegervater zu einem bewaffneten Zuge gegen Theben. Dem Könige hatte das Orakel geboten, seine Töchter an einen Löwen und an einen Eber zu vermählen. Als einst Polyneikes als Flüchtling bei Adrast in später Abendstunde anlangte, erschien noch ein zweiter Flüchtling mit Namen Tydeus. Dieser geriet mit Polyneikes noch an demselben Abend in heftigen Wortwechsel und Streit; Adrast eilte herbei, ihn zu schlichten, und gewahrte zu seinem Erstaunen, daß Polyneikes einen Löwen, Tydeus einen Eber im Wappen führe. Jetzt sah er, daß der Orakelspruch in Erfüllung gehen solle, und machte beide Flüchtlinge zu seinen Schwiegersöhnen. Da aber Theben 'sieben Thore hatte, welche gestürmt werden mußten, so wählten Adrast und seine beiden Schwiegersöhne Polyneikes und Tydeus noch mehrere andere Helden, namentlich den P a rth e-nopäos, einen Sohn der Jägerin Atalante, den Kapaneos und Hippo-medon, Männer von fürstlicher Abkunft, und zuletzt den Seher Amphia-räos zu Mitstreitern. Letzterer versagte anfangs aus zweifachem Grunde seine Teilnahme, obwohl auch er ein Schwiegersohn des Adrastos war. Einmal sah er den unglücklichen Ausgang dieses Krieges voraus, und dann wußte er, daß er sein eigenes Leben dabei verlieren würde. Darum versteckte er sich vor den Abgesandten, welche ihn zur Teilnahme an dem Zuge der Sieben gegen Theben einladen sollten. Allein seine Gemahlin Eriph/le, die Tochter des Adrastos, war eine eitle, putzsüchtige Frau und ließ sich von ihrem Schwager Polyneikes mit einem goldenen Halsband bestechen, den Schlupfwinkel ihres Mannes zu verraten. Jetzt mußte Amphiaraos dem verhängnisvollen Zuge sich anschließen, da man seinen Prophezeiungen keinen Glauben schenkte. Adrastos stellte sich an die Spitze des Unternehmens, welches unter dem Namen Zug der Sieben gegen Theben berühmt geworden ist. Die Scharen der verbündeten Sieben zogen jubelnd aus Argos gen Theben vor, und da friedliche Unterhandlungen zu keinem Ziele führten, so wurden die sieben Thore der Stadt streng belagert. Bald hatte es den Anschein, als ob die Thebaner ihren Gegnern unterliegen müßten. Da fragten sie, hart bedrängt, den Seher Tiresias um Rat, und dieser weissagte der Stadt den Untergang, wenn sich nicht jemand fände, der sein Leben freiwillig für dieselbe opfere. Unverzüglich stürzte sich ein Sohn Kreons, ungeachtet der Bitten und Thränen des jammernden Vaters, im Angesicht von Freund und Feind von der Stadtmauer herab. Dies edle Beispiel entflammte den Mut der Belagerten aufs neue; sie deckten die angegriffenen Thore und schlugen die Argiver zurück. Alle sieben Anführer mit Ausnahme des Adrastos kamen um; den Amphiaraos verschlang die Erde; Eteokles und Polyneikes töteten sich gegenseitig im Zweikampfe, wie es der Fluch des Vaters vorausgesagt hatte; den Kapaneos traf der Blitz; die andern Führer erlagen den Streichen ihrer tapferen Feinde. Antigone. Aber noch war das Schicksal des thebanischen Königshauses nicht erfüllt. Neue Unglücksfälle sollten es ganz vernichten. Von den Verwandten des Ödipus lebten noch seine beiden Töchter Antigone und Js-mäne, sein Schwager Kreon und dessen Gemahlin Eur^oike, sowie deren Sohn Hämon, der Bräutigam Antigones.

2. Geschichte des Altertums - S. 144

1889 - Wiesbaden : Kunze
144 Zweiter Abschnitt. Zweiter Zeitraum. bewaffnete Bürger, 13 000 Schwerbewaffnete, 1600 Bogenschützen und 1200 Reiter; seine Flotte bestand aus 300 Dreiruderern mit 50 000 Seeleuten. Es war dem spartanischen Bunde zur See überlegen, während dieser die größere Landmacht besaß. Die Spartaner rückten unter ihrem König Archidämos mit 60000 Mann in Attika ein, verwüsteten alles Land umher und kamen vor das trefflich befestigte Athen, hinter dessen schützenden Mauern auch die Landleute von Attika Schutz gesucht hatten. Während die Spartaner Athen belagerten, verheerte die athenische Flotte die spartanische Küste. Darauf zogen sich die Spartaner zurück, kehrten aber im folgenden Jahre wieder und verwüsteten Attika abermals. Da brach in dem überfüllten Athen unerwartet die Pest aus, die ein ägyptisches Schiff in die Stadt gebracht hatte. Wer mit einem Kranken in Berührung kam, wurde angesteckt und mußte sterben. Deshalb befiel die Athener große Mutlosigkeit; einer fürchtete den andern; die meisten Kranken starben ohne Pflege, und die Straßen verpestete der Totengeruch. Da schwankte der Glaube an die Götter; man achtete kein Gesetz, keine Obrigkeit mehr. Viele, welche den Tod vor Augen zu sehen glaubten, schwelgten, raubten und plünderten, und Zügellosigkeit und Sittenverderbnis wirkten noch furchtbarer als die Seuche selbst. Als endlich die Krankheit nachließ, fuhr Perikles mit einer großen Flotte nach dem Peloponnes und kämpfte anfangs siegreich; allein auch hierhin folgte die Pest, raffte Tausende hinweg und zwang den Feldherrn zum Rückzüge. In dieser trostlosen Lage wandte sich aller Ingrimm des Volkes gegen Perikles, und ein ungestümer Führer des Volkes, der Gerber Kleon, trat mit einer Anklage hervor. Perikles wurde um Geld gestraft und legte seine Feldherrnstelle nieder. Die Undankbarkeit seiner Mitbürger und der Verlust einer Schwester und zweier Söhne, drei Opfer der Pest, beugten den starken Mann. Als nun auch noch sein zweiter und letzter Sohn starb und der tiefbetrübte Vater seinem Lieblinge den Totenkranz aufsetzte, wurde er vom Schmerze so überwältigt, daß er in lautes Weinen ausbrach. Bald erkannte das athenische Volk seine Übereilung, und überzeugt, daß Perikles es stets redlich mit dem Wohle der Stadt gemeint habe, gab es ihm seine Ehrenämter zurück. Allein schon im folgenden Jahre, als Athen zum zweiten male von der Pest heimgesucht wurde, erkrankte auch Perikles. Als er dem Tode nahe war, saßen seine Freunde an seinem Sterbelager und rühmten seine vielen Siege und großen Verdienste um Athen. Da richtete er sich unerwartet noch einmal auf und sprach: „Ihr preiset meine Siege und Verdienste,

3. Geschichte des Mittelalters - S. 46

1888 - Wiesbaden : Kunze
46 Erste Periode des Mittelalters. bekamen, suchten sie die Aranken zum Beistanb zu gewinnen und traten ihnen die Provence, Alemannien vom Rhein bis zum Lech, sowie einen Teil von Venetien ab, sodaß das gesamte fränkische Gebiet jetzt vom atlantischen Ozean bis zum mittellänbischen und abriatischen Meere reichte. Darnach würde auch noch Bayern in Abhängigkeit gebracht. Der jüngste von Chlobwigs Söhnen, Chlotar I., überlebte seine Brüber und vereinigte das väterliche Reich auf eine kurze Zeit wieber (558—561), allein nach seinem Tode würde es abermals geteilt. Von biesem Zeitpunkt an hörten die Eroberungen aus; Morb, Bürgerkrieg und Greuel aller Art wüteten bafür in der merowingischen Königsfamilie. Die Trennung des Reichs in einen westlichen und in einen östlichen mit beutschem Charakter trat immer bestimmter hervor. Durch Hinterlist, Morb, Meineib und Gottlosigkeit sinb insbesonbere die beiben Königinnen Frebegunbe unbbrunhilbe (§. 16, 4) berüchtigt. Ihre Verbrechen füllen die Geschichte des merowingischen Königshauses bis zur zweiten Wieber-vereinigung des Reiches durch Chlotar Ii. 613, welche ebenfalls nicht bleibenb war. Die folgenben merowingischen Könige waren träge, sinnliche Menschen. Gegen sie erhob sich allmählich in Austrasien eine beutsche Partei, welche das alte Königshaus zu beseitigen trachtete. Einige angesehene Familien nährten die Zerwürfnisse innerhalb der königlichen Verwanbtschast und wußten baburch die Gewalt der Könige zu schwächen und diese von sich abhängig zu machen. Von großer Be-beutung würden in der Folge die Hausmeier. Ursprünglich Aufseher des königlichen Haus- und Hofwesens, würden sie später Vorsteher der Lehnsleute, Anführer im Kriege und rissen nach und nach die ganze Verwaltung des Staates an sich. Es gab anfangs int fränkischen Reiche brei Hausmeier, je einen in Austrasien, Neustrien und Burgunb. Unter Chlotars Ii. Sohn Dagobert I. (f 638) war Pipin von Lanben in Austrasien zu dieser Würbe gelangt. Er war ein fränkischer Abliger, mit den Merowingern verwanbt, besaß große Stammgüter an der Maas und gewann großen Einfluß im Reiche. Ihm folgte fein Sohn Gri moalb. Dieser wagte bereits den Versuch, seinen Sohn auf den fränkischen Thron zu setzen; aber beibe mußten die Absicht mit dem Leben bezahlen. Der Erbe des Familiengutes rourbe der Schwestersohn Grimoalbs Pipin von Heristall (bei Lüttich), ein kluger, unternehrnenber Mann. Er rourbe 678 Hausmeier in Austrasien, besiegte den Hausmeier von Neustrien in der Schlacht bei Testri an der Somme 687 und ver-

4. Geschichte des Mittelalters - S. 144

1888 - Wiesbaden : Kunze
144 Dritte Periode des Mittelalters. empfing von dem Priester der Heimat ein einfaches Pilgergewand, ein Kreuz, eine Pilgerschärpe nebst Pilgertasche, einen Pilgerstab und den Segen der Kirche. Wo der Wallfahrer auf seiner Pilgerreise in christlichen Landen eintrat, fand er gastliche Aufnahme. Kehrte er von der Wallfahrt zurück, so wurde eine öffentliche Dankfeier abgehalten, er stiftete dem Altar seiner Heimatskirche einen Palmzweig, verschenkte Muscheln oder eine „Rose von Jericho" und genoß Achtung und Verehrung unter seinen Glaubensgenossen. Diese Wallfahrten dauerten auch ziemlich unbelästigt fort, als Jerusalem von den Arabern 637 erobert wurde, und wurden durch den auf- blühenden Handel nach dem Orient noch begünstigt. Später aber wurde die Lage der Pilger eine ungünstigere, besonders als die seldschuckischen Türken 1058 das Reich der Kalifen in ihre Hand brachten. Die heiligen Stätten wurden jetzt oft auf frevelhafte Weise von den Türken entweiht, fromme Pilger aufs unbarmherzigste mißhandelt, der Gottesdienst gestört und die Priester mit Schimpfworten und Schlägen verjagt. Trotzdem nahm die Zahl der Wallfahrer nach dem gelobten Lande nicht ab; sie wuchs vielmehr bedeutend um das Jahr 1000, wo der Glaube an den bevorstehenden Weltuntergang viele Christen zu frommen Übungen trieb. Die abendländische Kirche begünstigte diese Züge, und Gregor Vii. beschäftigte sich bereits mit dem Gedanken, die Christenheit zur Befreiung des heiligen Grabes aufzubieten. Allein erst unter seinem zweiten Nachfolger wurde der fromme Sinn und die Abenteuerlust unter der Bevölkerung des Abendlandes zu jenen großen Unternehmungen in Bewegung gefetzt, welche die Geschichte mit dem Namen Kreuzzüge bezeichnet, und welche den Zweck hatten, in Palästina die christliche Herrschaft wieder herzustellen. Zu jener Zeit kam ein Priester, Peter von Amiens, nach Jerusalem; er war Einsiedler, von Gestalt klein, hager und unansehnlich, aber ein lebhafter Geist sprach aus dem durchdringenden Auge und dem beredten Munde. Dieser war 1093 Zeuge der Mißhandlungen, welche die Christen von den Türken erdulden mußten, und bat den Patriarchen Simeon von Jerusalem, er möge ihm Briefe an den Papst und d« Fürsten des Abendlandes mitgeben, daß diese ausziehen und die heiligen Stätten den Händen der Ungläubigen entreißen möchten. So geschah es. Papst Urban Ii. nahm den Eremiten freundlich aus, segnete ihn und sandte ihn nach Italien und Frankreich, um die Gemüter für den heiligen Krieg vorzubereiten. Bleich und abgezehrt von vielem Fasten und ausgestandenen Be-

5. Geschichte des Mittelalters - S. 253

1888 - Wiesbaden : Kunze
§. 38, 2. Friedrich Iii. 253 1477), ein ehrgeiziger, thatkräftiger, aber unbesonnener Fürst, strebte darnach, sein Erbland, das sich bereits von den Alpen bis zu der Nordsee erstreckte, um die linke Rheinseite zu vermehren, Elsaß und Lothringen dazu zu erobern und Burgund zu einem Königreich zu erheben. Er hatte zu dem Zwecke 1473 eine Zusammenkunft mit Friedrich in. in Trier, wo er dessen Zustimmung zu seinen Plänen zu erlangen suchte, während Friedrich sich bemühte, Karls einzige Tochter Maria (§. 43, 12) für seinen Sohn Maximilian zu gewinnen, um so dem habsburgifchen Haufe Aussichten auf Burgund zu eröffnen. Da aber Friedrich forderte, daß die Vermählung Marias mit Maximilian noch vor Karls Krönung feierlich ausgesprochen werde, kam ein volles Einvernehmen nicht zu stände, und Friedrich reiste wieder ab. Als der Erzbischof Ruprecht von Köln abgefetzt und vertrieben worden war, ergriff Karl sogar gegen den Kaiser dessen Partei und belagerte 1474 die Stadt Neuß, die sich aber so tapfer verteidigte, daß er nach 11 monatlicher Belagerung sich mit dem Kaiser verständigte und Frieden schloß. Jetzt brach Karl auf, um Lothringen zu erobern und die Schweizer dafür zu strafen, daß sie in Süd-Burgund eingefallen waren. Er besiegte den Herzog Renatus von Lothringen, nahm dessen Hauptstadt Nancy ein und überschritt dann mit einem trefflich ausgerüsteten Heer den Jura, um in die Schweiz einzufallen. Er wurde aber bei Granson (3. Mai) 1476 überfallen und erlitt eine Niederlage und wurde daraus bei Murten (22. Juni) gänzlich in die Flucht geschlagen. Da der Herzog Renatus Lothringen unterdessen wieder eingenommen hatte, rückte Karl mit den Trümmern seines Heeres von neuem vor Nancy. Aber sein Lager wurde (5. Januar) 1477 gestürmt, und Karl mußte fliehen. Auf der Flucht wollte er über einen zugefrorenen Graben fetzen, aber die Eisdecke brach, und er wurde erschlagen. Als Ludwig Xi. von Frankreich daraufhin feine Hand nach Karls Ländern ausstreckte und die Bourgogne in Besitz nahm, rettete Karls Tochter Maria wenigstens die übrigen Teile dadurch, daß sie Friedrichs Sohn Maximilian die Hand reichte und damit dem Hause Habsburg einen neuen bedeutenden Gebietszuwachs brachte. Im Innern des deutschen Reiches herrschte währenddessen grenzenlose Verwirrung. Zwischen den Großen und Städten tobten blutige Fehden, und das Faustrecht übte seine ärgsten Greuel; der Landfrieden, den der Kaiser gebot, blieb unbeachtet, der Vorschlag zur Errichtung eines obersten Gerichtshofes für das Reich wurde von ihm verworfen. Ohne daß der Kaiser eingriff, legte sich der Pfalzgraf

6. Geschichte der Neuzeit - S. 108

1887 - Wiesbaden : Kunze
108 Erste Periode der Neuzeit. gläubiger zur Pflicht gemacht. Als die freie Religionsübung auch für Östreich gefordert wurde, erklärte der kaiserliche Gesandte, daß sein Herr eher Land und Leute verlassen, als hierein willigen werde, und man gab aus Furcht vor Störung des Friedenswerks nach. Nur der Papst verweigerte beharrlich die Anerkennung des westfälischen Friedens. Mit gerechtem Schmerze mußte das gesamte Volk gewahren, daß Ausländer, Franzosen und Schweden, die Gewährleistung der deutschen Reichsverfassung und des Friedens übernahmen und so lange sich in dem armen, ausgehungerten Lande ernähren ließen, bis alles auf das genaueste erfüllt war. Folgen. So hatte denn der namenlos schreckliche Krieg geendet. Welche Feder vermöchte all den Jammer, all das Elend und Ungemach zu verzeichnen, das -er herbeigeführt! Deutschland, mit Blut über und über getränkt, mit Brandstätten und Schutthaufen allenthalben bedeckt, mit räuberischem Gesindel aller Orten erfüllt — bot einen herzzerreißenden Anblick. Unzählige Ortschaften, die ein Spiel räuberischer Horden geworden waren, lagen in Trümmern. Rühmte sich doch Bauers Unterfeldherr, er habe allein mehr als 800 Dörfer in Aschenhaufen verwandelt. In Thüringen stand meilenweit kein Dorf, kein Kirchlein. In Würtemberg waren 40 000 Häuser verbrannt, in Schlesien und Brandenburg mehr als der dritte Teil der gesamten Häuserzahl. Zwei Drittel der Einwohner hatte das Schwert, die Pest und der Hunger hinweggerafft. Die Zahl der Einwohner war von 18 auf 7 Millionen herabgesunken. Und nun nahm der Friede dem Reiche noch alle Strommündungen und somit die Bedingungen jedes überseeischen Handels. Auch in anderer Weise war unsägliches Leid über Deutschland hereingebrochen. Der Glaubenseifer war durch Jammer und Elend beim Volke, durch Sittenlosigkeit bei den Soldaten, durch Politik bei den Fürsten erkaltet. Die Einheit des deutschen Reiches war dahin, es war in mehr als 300 fast unabhängige Staaten zerrissen. Die Fürsten hielten stehende Heere, welche gegen die eigenen Unterthanen gebraucht wurden. Die Freiheit der deutschen Städte ging zu Grunde, der Bauernstand kam noch mehr herab. Was Bürger und Bauern verdienten, verschlangen der Adel, die Geistlichkeit und die fürstliche Kammer. Frohnden und Steuern aller Art mehrten sich. Deutschland war auch in geistiger Beziehung gesunken. Während die Entwicklung in Litteratur, Wissenschaft und Kunst ge-

7. Geschichte der Neuzeit - S. 393

1887 - Wiesbaden : Kunze
§. 41. Die Frauen im dritten Zeitraum. 393 Auch während der Exekution offenbarte sich weiblicher Heldenmut in der edelsten Weise. Eine Frau von Jourdain sollte mit ihren drei Töchtern in der Loire ertränkt werden. Ein Soldat wollte die jüngste, deren Schönheit ihn rührte, retten; aber sie stürzte sich selbst in den Fluß, um das Schicksal ihrer Mutter und Schwestern zu teilen. Sie sank nicht unter, weil sie auf einen Haufen von Leichen geriet. „Stoßt mich hinunter, ich habe nicht genug Wasser", rief sie, und so wurde sie endlich unter die Fluten gedrängt. Die meisten Beweise von Aufopferungsfähigkeit, Mut und Todesverachtung von Seiten der Frauen liefert der blutige Kampf in der Vendse. 2. Marie Antoinette. Unter den Frauen, welche ein Opfer der Revolution geworden sind, nimmt die Königin Marie Antoinette die hervorragendste Stelle ein. Sie war eine Tochter des Kaisers Franz I. und der Maria Theresia und wurde 1755, in dem Jahre des schrecklichen Lissaboner Erdbebens, zu Wien geboren. Unter den Augen ihrer gefeierten Mutter erhielt sie eine vortreffliche Erziehung und vermählte sich 1770 mit dem Dauphin von Frankreich, dem nachmaligen König Ludwig Xvi. Während der Einsegnung der Neuvermählten tobte ein furchtbares Gewitter. Vierzehn Tage später veranstaltete die Stadt Paris zum Schluß der Festlichkeiten ein glänzendes Feuerwerk, zu welchem zahlreiche Zuschauer herbeiströmten. Der Einsturz einiger Gerüste auf die dichtgedrängte Volksmasse kostete vielen Hunderten von Menschen das Leben, und so bereitwillig der Dauphin die unglücklichen Waisen und Witwen unterstützte, so schwer war der traurige Eindruck zu verwischen, welchen dies unglückliche Ereignis in allen Gemütern hervorgerufen hatte. Marie Antoinette war wegen ihrer Anmut und Schönheit, wegen ihrer Milde und Freigebigkeit, wegen ihres einnehmenden Wesens allgemein geliebt; aber bald verwandelte sich diese Liebe in Haß und Verachtung. Man warf ihr Verschwendung, Eitelkeit und Putzsucht vor. Ihre Liebe zur Musik und zum Schauspiel veranlaßte sie, Sänger und Sängerinnen zu begünstigen und ein eigenes Hoftheater zu errichten, auf welchem sie selbst auftrat. Man verzieh es ihr nicht, daß sie zu einer Zeit, wo die Finanzen des Königs und des Staates bereits zerrüttet waren, große Summen für Pferde, Wettrennen, Bälle und ihre Toilette verwandte. Ihr Ruf litt noch mehr durch die nächtlichen Feste, welche sie gab, durch den nächtlichen Besuch der Theater, Gärten und Spaziergänge, worin ihre angeborene Leichtfertigkeit und Sorglosigkeit nichts Unschickliches fand. Am meisten aber schadete ihr die berüchtigte Halsbandgeschichte, an welcher sie ganz unschuldig war. Die Gräfin de

8. Geschichte der Neuzeit - S. 58

1887 - Wiesbaden : Kunze
58 Erste Periode der Neuzeit. des Admirals Coligny. Mit gezücktem Degen stürzte ein Böhme, Namens Dianowitsch*), in das Zimmer des ehrwürdigen Greises, stieß den wehrlosen Mann nieder und warf auf Befehl des Herzogs den Leichnam durch das Fenster auf die Straße. In ganz Paris wütete jetzt der Mordstahl. Ein fürchterliches Toben und Schreien durch die Straßen hatte die Hugenotten aus dem Schlafe geweckt und aus ihren Häusern getrieben, zu sehen, was vorgehe. Wo sie erschienen, erlagen sie sofort dem ungestümen Andrange der Mörder. Die katholischen Verfolger hatten sich durch eine weiße Binde um den linken Oberarm kenntlich gemacht und fielen nicht bloß über die Fliehenden her, sondern drangen auch in die Häuser und mordeten, wer ihnen entgegentrat. Wirte töteten ihre Mietsleute, Dienstboten ihre Herrschaften, Schuldner ihre Gläubiger. Selbst reiche Katholiken, deren Schätze man lüstern erstrebte, mußten als Ketzer den Tod erleiden. Ein Goldschmied rühmte sich, 500 Hugenotten ermordet zu haben, und dem Könige redete man nach, er habe aus seinem Fenster auf die Flüchtlinge geschossen. Heinrich von Navarra und Prinz von Cond6 waren auf Geheiß des Königs verschont worden; doch erhielten sie Befehl, sofort zur katholischen Kirche zurückzukehren. (La messe ou la mort.) Die Nachricht von der Pariser Bluthochzeit, wie man in grausamem Scherz die unglückliche Bartholomäusnacht vom 23. auf den 24. August 1572 nannte, erregte im Auslande Freude und Abscheu. Philipp Ii. von Spanien ließ Freudenfeste anstellen, und Papst Gregor Xiii. eine feierliche Danksagungsmesse halten, die Kanonen lösen und eine eigene Denkmünze schlagen. Kaiser Maximilian Ii. von Deutschland aber äußerte, gewiß im Sinne vieler Tausende: „Wollte Gott, mein Tochtermann hätte mich um Rat gefragt: wollte ihm treulich als ein Vater geraten haben, daß er solches nimmermehr gethan hätte!" Man schätzt die Zahl der gemordeten Hugenotten in Frankreich auf 20000, in Paris allein starben 2000. Zum Glücke waren nicht alle vernichtet. Viele hatten sich ins Ausland geflüchtet, andere ihre Festungen erreicht und die Waffen ergriffen. Besonders tapfer zeigten sich die Hugenotten in dem festen La Röchelte, welches des Königs Bruder Heinrich vergeblich belagerte. Da er unerwartet 1573 zum Könige von Polen erwählt wurde, fo schloß er einen Vergleich *) Andere nennen den Mörder Besme und machen ihn zu einem Deutschen.

9. Geschichte der Neuzeit - S. 37

1887 - Wiesbaden : Kunze
2, 10. Die Wiedertäufer. 37 aus den edelsten Familien, welche von ihren Eltern und Verwandten vergeblich zur Rückkehr aufgefordert wurden. „Ihr seid nicht unsere Eltern," riesen sie, „denn ihr habt uns in die Häuser des Todes und der Hölle begraben." Die Verirrungen waren so ansteckend, daß selbst Edelfrauen und Töchter der Umgegend ihre Männer und Väter verließen und nach Münster eilten. Die Stadt füllte sich so mit Schwarmgeistern, daß der Bischof, das Domkapitel und viele wohlhabende Familien Münster verließen. Ein neuer Magistrat ward gewählt, welcher seine Gesinnungsgenossen Knipperdolling und Knechting zu Bürgermeistern ernannte. Viele Tausende, welche sich nicht taufen lassen wollten, wurden in einer stürmischen Winternacht halbnackt und barfuß mit Weib und Kind von Haus und Hof verjagt. Unumschränkte Gewalt über alle übte Johann Matthiefen. Er gebot im Namen Gottes, jeder sollte sein Gold und Silber ausliefern, alle Bücher, die Bibel ausgenommen, herausgeben. Alles Geld und Gut wurde zusammengebracht und der heiligen Gemeinde zur Verfügung gestellt; die Güter sollten gemeinschaftlich sein und von sieben Männern verwaltet werden. Die eingelieferten Bücher und alle musikalischen Instrumente ließ Matthiefen verbrennen, da es an der menschlichen Stimme allein genug sein sollte. Darnach aber, als der Bischof mit einem Heere vor der Stadt lagerte, ward Matthiefen, welcher sich rühmte, den Feind allein besiegen zu können, und ruhmrednerisch aus der Stadt zog, von den Bischöflichen niedergestoßen. Bockelson nahm seine Stelle ein (1534). Er verkündete, es sei ihm von Gott besohlen, die Regierung des Reiches Zion zu übernehmen und zwölf Richter zu ernennen. Als König des neuen Jerusalem, mit einer Krone aus dem Haupte und einer an goldener Kette hängenden Weltkugel geschmückt, hielt er aus dem Markte, wo der „Stuhl Davids" errichtet war, Gerichtssitzungen ab und führte ein tyrannisches Regiment. Zuerst heiratete er die schöne Witwe Matthiesens, später führte er die Vielweiberei ein und nahm selbst 14 Frauen. Auch sandte er 28 Apostel aus, um die übrigen Städte seinem Scepter zu unterwerfen; allein bis auf einen einzigen, welcher des Bischofs Spion wurde, kamen alle an den Galgen. Nach dem Frieden von Kadan schickten Philipp von Hessen und Heinrich von Braunschweig dem Bischof Hilfe. Der Hunger in der Stadt erreichte den höchsten Grad, und der Schneiderkönig verdoppelte den Schrecken, um fein Ansehen zu behaupten. Da entflohen zwei Bürger aus der ^Ltadt und zeigten den Belagerern eine Stelle, wo

10. Geschichte der Neuzeit - S. 172

1887 - Wiesbaden : Kunze
172 Zweite Periode der Neuzeit. An seiner Stelle wurde seine Gemahlin Katharina Ii. (1762— 1796), eine geborene Prinzessin von Anhalt-Zerbst, als Kaiserin ausgerufen. War sie gleich nicht frei von manchen weiblichen Schwächen, so vereinigte sie doch auch viele große Eigenschaften in sich, durch welche sie viele Neuerungen, die Mißfallen erregt hatten, wieder aufhob. Sie begünstigte Handel und Gewerbe, Kunst und Wissenschaft und zeigte großen Eifer für die Erweiterung und Verbesserung der russischen Flotte. Gleich nach ihrem Regierungsantritt ließ sie den Frieden mit Friedrich dem Großen bestätigen, aber das mit ihm vereinigte russische Hilfsheer zurücktreten. Auf ihr Machtgebot entstanden neue Städte, erschienen zahlreiche Kolonisten aus dem Auslande, wurden Straßen und Kanäle angelegt, den Städten größere Rechte eingeräumt, dem Adel seine Privilegien bestätigt. Man bewunderte das Talent und die Energie der Kaiserin im Jn-und Auslande; demungeachtet zeigten sich auch Ruhestörer. Der Versuch, Iwan, welcher noch in Schlüsselburg eingekerkert war, auf den Thron zu heben, mißglückte. Gefährlicher war der Aufstand des Kosaken Pugatschew, dem es gelungen war, mit einem ansehnlichen Heere Kasan zu erobern und Moskau zu bedrohen. Doch auch diesmal blieb das Glück der Kaiserin treu. Pugatschew, dessen räuberische Truppen wie Vandalen im eigenen Lande gehaust und mehrere russische Heere besiegt hatten, wurde zuletzt von den Seinigen verraten und erstarb (1775) am Galgen. Katharinas Einfluß äußerte sich nach außen namentlich in den Teilungen Polens (§. 16) und in einem Türkenkriege, in welchem sie die Halbinsel Krim erwarb. In allem stand ihr eine Schar von Günstlingen und Ratgebern zur Seite; der bedeutendste von diesen war der Fürst Potemkin, welcher die Kaiserin vollständig beherrschte. Er lenkte seit 1776 alle Unternehmungen und wußte die Kaiserin auf wunderbare Weise über den Stand des Landes zu täuschen. 1787 beredete er sie zu einer Reise nach der Halbinsel Krim. Potemkin hatte in einiger Entfernung von der Landstraße zum Schein Städte und Dörfer von Holz und Pappe, gleichsam als Koulissen anfertigen lassen, um seine Gebieterin zu überraschen. Tausende von Menschen, ungeheure Viehherden, hohe Mastbäume mit flatternden Wimpeln sollten Kunde geben von Handel und Wandel in jenen Gegenden, welche man bisher für öde und unbewohnt gehalten hatte. Allein die ganze Staffage der Landschaft verschwand in der Nacht wieder, wurde auf Wagen weiter gebracht und diente am folgenden Tage zur gleichen Komödie.
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