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1. Geschichte des Altertums - S. 312

1889 - Wiesbaden : Kunze
312 Dritter Abschnitt. Dritter Zeitraum. Die Stadt war anfangs klein und unansehnlich, die Häuser deckte Stroh und Holz, die Straßen waren eng und krumm; darum wohnten die Bürger gern auf dem Lande, wo sie sich ganz den Besorgungen des Landlebens widmeten. Mit Sonnenaufgang eilten die Männer hinaus auf das Feld, während die Frauen mit dem Spinnrocken und andern Geschäften des Hauses sich befaßten Erst gegen Abend wurde das einfache Mahl eingenommen, welches aus Früchten, Gemüse, Milch, Käse oder Brei bestand. Wein wurde mit Wasser vermischt getrunken, Fleisch nur an den Tagen genossen wo den Göttern geopfert zu werden pflegte. Ebenso einfach war die Klerdung. Uber ein Untergewand, die Tunica, welches bei Männern kürzer und enger war, als bei Frauen, warf man die Toga, ein weißes, wollenes Obergewand, welches aus einem 4 m langen und 2 V, m breiten, abgerundeten Stück Zeug gefertigt war Den einen Zipfel zog man über die linke Schulter nach vorn, den obern Rand über den Rücken, den andern Zipfel unter dem rechten Arm durch und warf ihn über die linke Schulter hinunter, fodaß die rechte Schulter und der rechte Arm, auf der linken Seite nur die Hand unverhüllt blieb. Wie die Griechen, so sahen auch die Römer beim Ankleiden auf einen anmutigen Faltenwurf der Toga. Die Konsuln und andern Magistratspersonen trugen die mit Purpur verbrämte Toga, ebenso die Knaben bis zum zurückgelegten 16., die Mädchen bis zum 14. Lebensjahre. Im 17. Lebensjahre, am Feste der Liberalien (zu Ehren des Bacchus) wurden die Jünglinge aus das Forum geführt; hier sprach sie der Prätor frei und überreichte thnen die männliche Toga mit der ernsten Mahnung, sich stets ihrer würdig zu zeigen. Danach begaben sie sich mit Verwandten und Freunden auf das Kapitol und wurden hier im Tempel der Jugend dem Schutze Jupiters empfohlen und in die Register des Staates eingetragen. Sittenverfall. Mit dem Ende des zweiten punischen Krieges, wo Roms politische Größe ihren Höhepunkt erstieg, sank der sittliche Halt seiner Bürger immer mehr. Die unermeßlichen Reichtümer, welche durch die glücklichen Kriege der römischen Heere nach Rom strömten, gaben der Stadt ein verändertes Aussehen. Reiche Leute verschönerten es durch Säulengänge, Statuen, prachtvolle, in griechischem Geschmack ausgeführte Tempel, Theater, Cirkusse und Triumphpforten. Auch die Privatwvhnungen wurden prächtiger aufgeführt. Während früher das römische Haus keine Fenster nach der Straße, nur ein Stockwerk und weiß getünchte Zimmer hatte, welche um den Hos

2. Geschichte des Mittelalters - S. 308

1888 - Wiesbaden : Kunze
308 Vierte Periode des Mittelalters. sah auf eine so glänzende Hofhaltung, daß sie der ihres Gemahls nicht nachstand. Die Königin war eine kluge, sittenreine und gewandte Frau und wurde von ihrem Gemahl in hohen Ehren gehalten. Kein Fürst, kein Gesandter erhielt Zutritt, ohne daß die Königin zugegen war, welche mit vieler Leutseligkeit und Heiterkeit die Vorgestellten begrüßte und anredete; sie hieß die Mutter des Adels und der Armen. Seitdem erschienen Herren und Damen öfter bei Hofe und wurden zu allen Festlichkeiten geladen. Anna von Bretagne durfte an den Beratungen des geheimen Rates teilnehmen und mitstimmen; so wollte es Ludwig Xii. Auch anderen, ihm nahestehenden Frauen gestattete er dies Vorrecht, welches immer mehr benutzt und später vielfach mißbraucht wurde. Ganz eigentümlich war das Los der Frauen damals in Spanien und Portugal. Sie lebten in klösterlicher Einsamkeit und Zurückgezogenheit, durften mit keinem Manne reden und empfingen nur Besuche von ihren Freundinnen. Die Pracht in Kleidern und in Schmucksachen war übertrieben, die Etikette drückend. Der Mann kümmerte sich wenig um die Frau, und selbst bei Tische saß er allein. Die Frauen und Kinder speisten für sich und nahmen ihr einfaches Mahl ein, indem sie, wie die orientalische Sitte es gebietet, auf Teppichen oder Polstern ruhten. Vornehme Frauen erschienen selten außer dem Hause, und wenn es geschah, fuhren sie in wohlverschlossenen Kutschen mit so kleinen Scheiben, daß kein Auge von außen sie erspähen konnte. Im Hause brachten sie die Zeit in träger Ruhe hin. Andachtsübungen, Unterhaltungen mit den Dienerinnen und Gesellschafterinnen und allenfalls Handarbeiten mußten die Langeweile verscheuchen. Unter den Frauen, welche die Geschichtsbücher der letzten Periode des Mittelalters erwähnen, heben wir insbesondere folgende hervor: 4. Margareta Herlobig, welcher Schiller in seinem Wilhelm Tell, unter dem Namen Gertrud Stauffacher, ein unvergeßliches Denkmal gesetzt hat, war die Frau des Werner Stauffacher in Steinen. Ihre Klugheit und Entschlossenheit, ihre Liebe zu ihrem Manne und zu dem Vaterlande gaben ihr den wichtigen Rat ein, welchen uns die Chroniken in folgenden Worten mitteilen: „Du weißt", sagte sie zu Stauffacher, „daß mancher fromme Mann im Lande ob des Landvogts Tyrannei klagt; darum zweifle nicht, daß viele wackere Landleute in Uri und Unterwalden auch das Joch drückend empfinden. Deshalb wäre es gut und vonnöten, daß Euer etliche, welche einander vertrauen dürfen, heimlich zu Rat gingen

3. Das erste Geschichtsbuch - S. 53

1892 - Gera : Hofmann
— 53 — Felder und Wiesen in den Niederungen der Oder, Warthe und Netze sah. Jeder Bauernsohn mußte vor seiner Verheiratung eine Anzahl Obstbäume anpflanzen. Kahle Höhen ließ er mit Maulbeerbäumen bepflanzen, um beit Seidenbau einzuführen. Da oft Hirsche und wilde Schweine die Felder der Bauern verwüsteten, so erließ der König scharfe Bestimmungen gegen den Wildschaden. Zum Anbau der Kartoffeln mußte er die Bauern zwingen. Sie wußten mit den fremden Knollen nichts anzufangen. Nettelb eck, der brave Verteidiger Kolbergs, erzählt aus seinen jungen Jahren: „Der König schenkte meiner Vaterstadt einen ganzen Wagen voll Kartoffeln. Kopfschüttelnd bot sie ein Nachbar dem andern. Man brach sie von einander und warf sie, natürlich roh, den Hunden vor. Diese schnoberten daran herum und verschmähten sie gleichfalls. Nun war ihnen das Urteil gesprochen. Die Dinger, hieß es, riechen nicht und schmecken nicht, und nicht einmal die Hunde wollen sie fressen. Was wäre uns damit geholfen?" Der König aber ruhte nicht, bis er feine Unterthanen von dem Werte der Erdäpfel überzeugt hatte. Er sandte Leute im Lande umher und ließ die Bauern im Kartoffelbau unterweifen. Auch Gewerbe und Verkehr hob der König auf jede Weise. Er verband die Flüsse durch Kanäle, legte einen Hafen an, besserte die Wege und ließ in Fabriken Tuch, Leinwand, Porzellan n. a. Waren herstellen. Berlin verschönerte er durch schöne Bauten und die Bildsäulen seiner liebsten Generale. Um das Schulwesen stand es damals noch schlecht. Die meisten Schulhäuser waren elende Hütten, die meisten Lehrer unwissende Kammerdiener, Handwerker oder ausgediente Unteroffiziere. Tief in Dummheit und Aberglauben steckte das Landvolk. Durch eine Land schnlo rdnung ordnete der König an, daß Schulen gebaut, ordentliche Lehrer angestellt und die Jugend fromm und geschickt erzogen würde. Musterschulen richtete damals Eberhard von Rochow auf seinen Dörfern ein. In Berlin wurde die erste Realschule gegründet. Besondere Sorgfalt verwandte Friedrich auf die Rechtspflege. „Ungerechte Richter find gefährlicher als eine Diebesbande!" jagte er. Das Prozeßverfahren kürzte er ab, die unmenschlichen Strafen beseitigte er, und das „Allgemeine Landrecht" ließ er ausarbeiten. Überall war sein scharfes Auge, um Mißstände zu entdecken, und seine milde Hand, um zu helfen. Um feinen Unterthanen viel geben zu können, war er selbst sehr sparsam. „Preußen ist arm, darum muß sein König sparen!" sagte er. Im Mai unternahm er Reisen in das ganze Land. Dabei schenkte er auch dem Geringsten Gehör und untersuchte alle Beschwerden. „Die armen Leute wissen, daß ich Landesvater bin, darum muß ich sie hören!" sagte er. Als er einst die Pferde wechseln ließ, drängte sich ein altes Mütterchen dicht an feinen Wagen. „Was wollt ihr, Mütterchen?" fragte der König. „Sie sehen, weiter nichts!" war die Antwort. Der König reichte ihr einige Goldstücke und und sagte: „Auf diesen Dingern konnt ihr mich ansehen, so oft ihr

4. Das erste Geschichtsbuch - S. 25

1892 - Gera : Hofmann
— 25 — \ v Das Niederwald-Denkmal. Er schlief auf einem schlichten Feldbette, das er auch auf Reisen mitnahm. Schlafrock und Schlafschuhe trug er niemals. Er stand sehr früh auf, las die eingegangenen Briefe und verhandelte mit den Ministern. Am Mittag stand er an dem Eckfenster feines Schlosses und sah zu, wie die Wache aufzog. Vieles Volk strömte um diese Zeit zusammen, um ihn zu fehen und zu begrüßen. Er war eine hohe, königliche Erscheinung. Milder Ernst und herzliche Freundlichkeit lagen aus seinem Antlitz. Manche kamen weit her. Ost hielten sie Bittschriften in die Höhe. So einst ein armer Weber, dem der Webstuhl

5. Das erste Geschichtsbuch - S. 59

1892 - Gera : Hofmann
— 59 — Thonpfeifen; in geflochtenen Körbchen stand holländischer Tabak, und in kleinen Pfannen glimmte Torf zum Anzünden der Pfeifen. Auf einem Seiteutifche stand ein kräftiger Imbiß und an jedem Platze ein tüchtiger Bierkrug. Es wurde zwanglos gegessen, getrunken, geraucht, gescherzt und geneckt. Der König liebte die größte Offenheit und nahm es nicht übel, wenn er selbst geneckt wurde. Hier ließ er sich vieles sagen, was er draußen sehr übel genommen hätte. Besonders laut, lebhaft und derb war der alte Dessauer. Doch nicht nur Witz und Scherz trieb man im Tabakskollegium, sondern es wurden auch die Zeitungen vorgelesen und wichtige Angelegenheiten besprochen. 3. Der unermüdliche Regent. Der König sorgte wie ein Vater für das Wohl seiner Unterthanen und ermüdete niemals in der Erfüllung seiner Pflichten. Er sagte: „Zur Arbeit sind die Regenten erkoren, nicht aber, um ihre Tage im Genuß zuzubringen. Will ein Fürst in Ehren seine Regierung führen, fo muß er alle feine Geschäfte selbst vollziehen." Er brachte strenge Ordnung in die Verwaltung, erhöhte die Einnahmen, füllte deu Staatsschatz, hob die Bildung des Volkes und schuf ein schlagfertiges Heer. Den Ackerbau, das Handwerk und die Armee hielt er für die Säulen des Staates. Im ganzen Lande bekümmerte er sich um den Ackerbau und die Viehzucht. Wo es nötig war, unterstützte er die Landleute mit Saatkorn, Vieh und Holz. Seine Staatsgüter machte er zu Musteranstalten der Landwirtschaft und befreite die Bauern darauf von der Hörigkeit. Das verödete Ostpreußen verwandelte er durch die fleißigen Ansiedler in ein blühendes Land. Den „kleinen Mann" schützte er gegen die Übergriffe der Beamten. So befahl er: „Ich will nicht, daß die Herren Räte mit den Pferden meiner Bauern spazieren fahren." Alle Zweige der Gewerbthätigkeit förderte er kräftig. Seine Unterthanen sollten nur inländische Erzeugnisse kaufen, damit das Geld im Lande bleibe. Seine Soldaten trugen nur preußische Tuche. Fremde Waren wurden hoch besteuert, ja die Einfuhr gewebter Stoffe verboten. Den Handwerksmeistern schrieb er genau vor, wie sie ihre Lehrlinge halten follten. Den Hökerinnen auf Markt und Straßen befahl er, nicht Maulaffen feil zu halten, sondern neben ihrem Kram zu spinnen, zu stricken und zu nähen. Die Stadt Berlin erweiterte und verschönerte er. Alle Häuser, die ihm mißfielen, mußten weggerissen und durch neue ersetzt werden. Armeren Bürgern gab er dazu Bauplätze und Bauholz, bei reicheren sagte er kurzweg: „Der Kerl hat Geld, muß bauen!" Nach Tische ritt er meistens aus und besah die Bauten. Er hielt auf Recht und Gerechtigkeit. Von den Kniffen der Rechtsgelehrten wollte er aber nichts wissen. In Minden hörte er bei einer Gerichtsverhandlung zu, wie ein Rechtsanwalt einen Angeklagten verteidigte. „Der Kerl hat recht!" rief der König. Nun trat aber der Anwalt der Gegenpartei auf und sprach ebenso geschickt. Da rief

6. Das erste Geschichtsbuch - S. 94

1892 - Gera : Hofmann
— 94 — er viele Städte mit Mauern und Gräben. Der neunte Mann vom Lande, wie sehr er sich auch sträubte, mußte in diese „Burgen" ziehen; die Bewohner wurden darum Bürger genannt. Die Bauern lieferten den dritten Teil ihrer Feldfrüchte als Vorrat in die Städte. In Kriegsnöten suchten dann alle Schutz hinter den Mauern. Diese Städte erhielten viele Freiheiten und blühten bald ans. Es wurden hier Märkte gehalten und alle Handwerke ausgebildet. Die Bürger wurden als Fußvolk, die Adeligen als Reiterei fleißig in den Waffen geübt. Mit dem neuen Heere besiegte Heinrich die Wenden an der Elbe und gründete die Mark Meißen, bekehrte die Böhmen zum Christentums und eroberte mitten im Winter Brandenburg, das von Sümpfen umgürtet war. 4. Wie er die Ungarn besiegte (933). Als der Waffenstillstand abgelaufen war, kamen ungarische Boten und forderten den alten Tribut. Man soll ihnen einen räudigen Hund gegeben und gesagt haben: „Wollt ihr einen besseren Tribut, so holt ihn euch!" Hierauf fielen die Ungarn mit zwei mächtigen Heersäulen ins Land. Aber vergeblich umschwärmten sie die Städte, und nur wenig Beute fanden sie. Als sie eine Burg an der Unstrut belagerten, da kam Heinrich mit seinem Heere über sie. Die Fahne mit dem Erzengel Michael wurde vorangetragen und das Feldgeschrei „Kyrie eleison", d. h. „Herr, erbarme dich!" angestimmt. Die Ungarn schrieen „Hui, hui" und wehrten sich tapfer, aber die Mehrzahl wurde erschlagen oder in die Flucht gejagt. Viele christliche Sklaven wurden befreit und sieben ungarische Führer mit abgeschnittenen Nasen und Ohren andern zur Warnung heimgeschickt. Der zweite Ungarnhaufe wurde bei Sondershausen vernichtet. Heinrich starb zu Memleben und liegt zu Quedlinburg begraben. 5. Wie die Städte aufblühten. Anfänglich wollten die Bewohner des Landes nicht in die Städte ziehen, weil sie sich wie lebendig begraben vorkamen. Die Straßen waren nngepslastert, krumm und eng, die Stockwerke der Häuser so übergebaut, daß man oft den Himmel kaum sehen konnte. Meist umgab eine doppelte Mauer mit Türmchen und ein Wallgraben die Stadt. Die Thore in den Mauern wurden bewacht und jeden Abend geschlossen. Die Dächer waren mit Stroh oder Schindeln gedeckt, die Giebel nach der Straße gekehrt, die Thür quer in zwei Hälften geteilt. Auf den Straßen waren Ziehbrunnen, seltener Laufbrunnen. Das Vieh wurde täglich von dem Hirten ausgetrieben. Die Schweine liefen den ganzen Tag frei auf der Straße umher. Doch mehr und mehr entstand ein Zudrang nach den Städten, als man sah, wie sicher und gut man da lebte. Die einzelnen Hand- 49. Heinrich I.

7. Das erste Geschichtsbuch - S. 57

1892 - Gera : Hofmann
— 57 — verunglückte, verkommene und verdorbene Menschen ließen sich freiwillig anwerben. Andere wurden beschwatzt oder betrunken gemacht oder gewaltsam weggeführt. Auf solche Soldaten war natürlich kein Verlaß. Vaterlandsliebe kannten sie nicht. Sobald es ihnen nicht mehr anstand, desertierten oder entflohen sie um anderswo aufs neue Handgeld zu nehmen. Sie wurden darum streng überwacht. Sobald einer entfloh, donnerten die Kanonen hinter ihm her und stürmten die Glocken in den Dörfern. Jedermann war bei harter Strafe verpflichtet, den Ausreißer zu fangen und einzuliefern. Der Ärmste mußte dann durch die Gasse laufen. Die Soldaten stellten sich m zwei Reihen auf. Jeder erhielt eine fpitz auslaufende Rute. Der Sträfling mußte stch bis zum Gürtel entblößen und die Hände auf den Rücken binden lassen. Dann lief er mehrmals durch die 2 m breite Gasse und erhielt von jedem Soldaten einen Hieb auf den bloßen Rücken. Bald rann das Blut in strömen und hing das Fleisch in Fetzen nieder. Mehrmaliges Spießrutenlaufen hatte oft den Tod zur Folge. Die Soldaten trugen blaue Röcke, weiße Hosen, lange lederne Gamaschen, hohe Hüte und hinten einen langen künstlichen Haarzopf. Die Gamaschen und der Zopf waren die Qual der Soldaten. Die Gamaschen mußten immer geschwärzt und ohne Falten ganz eng an die Beine geknöpft, der Zopf geflochten und gewichst, die Haarlocken an der Seite gepudert sein. _ Die ganze Nacht vor einer Parade saßen die Soldaten in vollem Anzuge mit gedrehtem Zopfe und gestreckten Beinen, steif wie Puppen, auf Stühlen, damit der mühsame Aufputz nicht zerstört würde. Noch heute bezeichnet man mit Gamaschendienst eine kleinliche und peinliche Quälerei und mit dem Zopf eine lästige, veraltete Einrichtung. Durch sein eigenes Beispiel und die strengste Überwachung hat der König einen Beamten st and erzogen, der sich durch Fleiß, Gehorsam und Zuverlässigkeit auszeichnet. Er selber arbeitete eine Geschäftsvorschrift für die Beamten aus. Bei knapper Besoldung verlangte er viele Arbeit und die größte Pflichttreue. Die allgemeine Schulpflicht der Kinder stammt aus seiner Zeit. Bis dahin ging nur in die Schule, wer wollte. Nun mußten alle Eltern ihre Kinder vom 5. bis 12. Jahre in die Schule schicken. Hier wurden sie in der Religion, im Lesen, Schreiben und Rechnen unterwiesen. Über 2000 Schulen hat der König gebaut und sogar ein Lehrerseminar gegründet, damit die Lehrer für ihr schweres Amt recht vorbereitet würden. Der König besuchte sehr oft Schulen und prüfte die Kinder. Er wird darum auch der Vater der preußischen Volksschule genannt. Von diesem merkwürdigen Fürsten wollen wir nun noch mehr hören. 2. Der schlichte Charakter. Friedrich Wilhelm I. ist der Sohn des ersten Königs von Preußen. Er wurde im Todesjahre seines Großvaters, des großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm, 1688 geboren. Die 52 Jahre seines Lebens liegen zwischen dem Todesjahre des größten Kurfürsten und dem Regierungsantritt des größten Königs aus dem Hause Hohenzollern. Sein Vater liebte die Pracht, er aber haßte jeden Prunk und jede Bequemlichkeit. Einen goldgestickten Schlafrock warf er ins Feuer. Allerlei Schmucksachen verkaufte er und bezahlte damit Schulden seines Vaters. Über alle Einnahmen und Ausgaben

8. Praktisches Lehrbuch des erziehenden Geschichtsunterrichts - S. 123

1899 - Wiesbaden : Behrend
- 123 — und gefangen. Seitdem lösten sich alle Bande der Zucht und Ordnung. Soldaten von allen Regimentern liefen wild durcheinander. Dazu wurde die Kälte immer grimmiger. In wunderlichem Aufzuge schlichen sie daher, die erfrorenen Glieder mit Lumpen umwunden. Kaum hatten die Müden ein Feuer angemacht und sich nm dasselbe gelagert, so erscholl schon wieder der Schreckensruf: „Kosaken!" Wen die Kraft zum Fliehen verließ, vergebens streckte er die Hand flehend nach den keuchend Vorübereilenden aus. Haufen von Erfrorenen lagen des Morgens um die erloschenen Wachtfeuer. Der ganze Weg glich einem unabsehbaren Leichenfelde. Am 5. Dezember verließ Napoleon, der Urheber dieses namenlosen Unglücks, die Trümmer seines Heeres und eilte in einem Schlitten nach Paris zurück. Von seinen Marschällen verabschiedete er sich mit den Worten: „Ich verlasse Euch, um 300000 Mann zu holen!" Von seiner stolzen Armee sahen nnr 30000 Mann im elendesten Zustande das deutsche Laud wieder. Unbeschreiblich war der Eindruck, den diese Durchzüge in den preußischen Städten und Dörfern weckten. Von einem Durchzuge durch die schlesische Stadt Glogau wird uns folgendes Bild entworfen: „In den ersten Tagen des Jahres fielen die Schneeflocken; weiß wie ein Leichentuch war die Landschaft. Da bewegte sich ein langsamer Zug geräuschlos auf der Landstraße zu den ersten Häusern der Vorstadt. Das waren die rückkehrenden Franzosen. Ohne Kommandoruf und Trommel, lautlos wie ein Totenzug, nahten sie der Stadt. Alle waren unbewaffnet, keiner beritten, keiner in vollständiger Montur, die Bekleidung zerlumpt und unsauber, aus den Kleidungsstücken der Bauern und ihrer Frauen ergänzt. Was jeder gefunden, hatte er an Kops und Schulter gehängt, um eine Hülle gegen die markzerstörende Kälte zu haben: alte Säcke, zerrissene Pferdedecken, Teppiche, Shawls, frisch abgezogene Häute von Katzen und Hunden; man fah Grenadiere in großen Schafpelzen, Kürassiere, die Weiberröcke wie spanische Mäntel trugen. Nur wenige hatten Helm und Tschako, jede Art Kopftracht, bunte und weiße Nachtmützen, wie sie der Bauer trug, tief in das Gesicht gezogen, ein Tuch oder ein Stück Pelz zum Schutze der Ohren darüber geknüpft, Tücher auch über den unteren Teil des Gesichts. Und doch waren der Mehrzahl Ohren und Nasen erfroren und feuerrot, erloschen lagen die dunkeln Augen in ihren Höhlen. Selten trug einer Schuhe oder Stiefel; glücklich war, wer in Filzsocken oder weiten Pelzschuhen den elenden Marsch machen konnte; vielen waren die Füße mit Stroh umwickelt, mit Decken, Lappen, dem Fell der Tornister oder dem Filz von alten Hüten. Alle wankten auf Stöcke gestützt, lahm und hinkend. Auch die Garden unterschieden sich von den übrigen wenig, ihre Mäntel waren verbrannt, nur die Bärenmützen gaben ihnen noch ein militärisches Ansehen. So schlichen sie daher, Offiziere und Soldaten burcheinanber, mit gesenktem Haupt in bumpfer Betäubung. Alle waren durch Hunger und Frost und unsägliches Elenb zu Schreckensgestalten geworben. — Tag für Tag kamen sie jetzt auf der Lanbstraße heran in bet Regel, sobalb die Abenbbämmerung itnb der eisige Winternebel über bett Häusern lag- Dämonisch erschien das lautlose Erscheinen der schrecklichen Gestalten, entsetzlich die Leiben, welche sie mit sich brachten; die Kälte in ihren Leibern sei nicht fortzubringen, ihr Heißhunger fei nicht zu stillen, behauptete das Volk. Würben sie in ein warmes Zimmer gebracht, so brängten sie mit Gewalt an bett heißen Ofen, als wollten sie hineinkriechen, vergebens mühten sich mitleibige Hausfrauen, sie von der verberblichen Glut zurückzuhalten. Gierig verschlangen sie

9. Praktisches Lehrbuch des erziehenden Geschichtsunterrichts - S. 24

1899 - Wiesbaden : Behrend
— 24 — Überall herrschte unsägliches Elend und Verheerung. Städte und Dörfer standen leer oder lagen in Asche. Eine schreckliche Hungersnot drohte den Rest der Bevölkerung aufzureiben. „Eine so unerhörte Teuerung ist entstanden", heißt es in einem Berichte „daß die Leute nicht allein viel Jammer, Heulens und Wehklagens treiben,' ungewöhnliche Speisen und Dinge, als Hunde und Katzen, essen, sondern auch für den greulichen Hunger einander selbst anfallen, kochen und verzehren." Der Anblick aller Grenelthaten und alles Jammers machte die Bewohner ganz stumpfsinnig. Nur hie und da ermannten sich die Banern zuweilen und bewaffneten sich mit Flegeln und Sensen, um einzelne Haufen Schweden „wie tolle Hunde" tot zu schlagen. In dieser Zeit starb der letzte Herzog Bogislaw oon Pommern (1637). Ohnmächtig mußte Georg Wilhelm sehen, wie die Schweden das ihm rechtmäßig zustehende Land mit eisernen Griffen umklammert hielten. An sich selbst und an seinem Lande verzweifelnd, zog er sich im Jahre 1639 nach Prenßen zurück, das von den Schrecknissen des Krieges verschont geblieben war. Hier starb er am 6. November 1640, während sein Land mitten unter den Bedrängnissen des Krieges am Rande des Verderbens stand. Er ist der einzige Hohenzoller gewesen dessen Regierung dem Lande nur trübe Tage brachte. Mit Recht eignete ei sich seinen bescheidenen Wahlspruch an • hätte er aber weniger bedacht und dafür mehr gehandelt, so wäre sein Wunsch, daß man dereinst auch von seiner Regierung Rühmliches melden könne, vielleicht in Erfüllung gegangen. Zum Glücke für Brandenburg folgte a u f den schwachen Vater ein ausgezeichneter Sohn. 3. Verwertung. Friedrich I. — ein echter Hohenzoller. a) Stets hielt Friedrich treu zu Kaiser und Reich in dem wilden Treiben seiner Tage. Bereitwillig brachte er die Behaglichkeit feines Familienlebens zum Opfer, wenn der Kaiser seines Rates oder Feldherrntalentes bedurfte. b) Mit hohem Edelmute vertauschte er seine schöne südliche Heimat mit der brandenburgischen Einöde und setzte seine ganze°Kraft !jn» den unglücklichen Unterdrückten Hilfe zu bringen. 6) In gläubigem Vertrauen auf Gottes Hilfe begann er die schwere Aufgabe und führte sie zu einem glücklichen Ende. ck) Lei allen Erfolgen seines ruhmvollen Lebens blieb er bescheiden. 7jeder Zoll ein Kaiser!" lautete das Urteil eines Zeitgenossen Über ihn, und doch verzichtete er freiwillig ans den Glanz der Kaiserkrone.

10. Praktisches Lehrbuch des erziehenden Geschichtsunterrichts - S. 36

1899 - Wiesbaden : Behrend
- 36 — Anbau ist eine drückende Hungersnot, wie sie in früherer Zeit bei Mißernten ausbrach, ganz unmöglich gemacht. Darum drohten die einen mit Strafen, die anderen fetzten Belohnungen auf den Anbau derselben. Sorge für Gewerbe. Der Niedergang der Landwirtschaft hatte hemmend auf die Gewerbthütigkeit eingewirkt. Das Handwerk war so vernachlässigt, daß die meisten Waren aus dem Auslande bezogen werden mußten. Die eingewanderten Fremden brachten nun manche neue Erwerb szweige ein. Ihre rege Betriebsamkeit war von wesentlichen! Einfluß auf die Gewerbthütigkeit der neuen Heimat. Die Franzosen, von denen der Kurfürst mehr als 15 000 in sein Land aufnahm/) trieben Seidenbau und Seidenmanufaktur, Hut- und Handschuhmachergewerbe; die Holländer brachten die Papierfabrikation, die Schweizer verbesserten die Uhrenfabrikation, die Pfälzer führten Tabakbau und Tabakfabrikation ein. Bald entwickelten sich diese Gewerbe und hoben den Wohlstand des Landes in ungeahnter Weise.2) Der Tabak stand aber damals noch so hoch im Preise, daß das Rauchen dem gewöhnlichen Manne ein unbekannter Genuß war. Nuu ritt einst der Kurfürst zur Jagd. In seinem Gefolge befand sich ein Mohr, der aus feiner kurzen Pfeife mächtige Rauchwolken in die Lust blies. Dieser traf im Walde auf ein altes Bäuerlein, das fleißig Holz hackte und dem Mohren auf feine Fragen recht kluge Antworten zu geben wußte. Beim Abschiede bot ihm der Mohr eine Pfeife Tabak an. Aber erschrocken sprang der Alte zurück mit den Worten: „Nee, gnädige Herr Düwcl, ick freete feen Füer!" Aber auch die einheimischen Gewerbe nahmen guten Auf-schwuug. Namentlich die Tuchmacherei in der Mark gelangte zur Blüte. Wolle durfte nicht mehr ausgeführt, fremde Tücher durften nicht mehr eingeführt werden. Zur Erweiterung der bestehenden Metallindustrie erhob sich eiue Reihe von Fabriken, it. a. ein Stahlwerk, eine Gewehrfabrik, ein Blech- und Zinnhaus, Fabriken für Draht, Senfen mtd Futterklingen. Hebung des Handels und Verkehrs. Nicht minder thätig war der große Kurfürst zur Hebnug des Handels und Verkehrs. Um den vielseitigen Erzeugnissen der Gewerbe im In- und Auslande flotten Absatz zu verschaffe», mußte für bequeme Verkehrswege gesorgt werden. Die meisten Landstraßen befanden sich aber in erbärmlichem Zustande; hatte anhaltender Regen die Wege aufgeweicht, so versanken die Räder im Schlamm. Darum ließ er Straßen und Brücken verbessern und neu aulegen. Höchst wichtig zur Förderung des Handels war die Einführung der brau den burgischen Staatspost, wodurch die weit getrennten Teile seines Reiches verbunden wurden. Die Hauptlinie der Post führte von Königsberg über Berlin nach Kleve; in diese 3) Durch das Potsdamer Edikt vom 29. Oktober 1685 forderte der gr. K. alle aus Frankreich flüchtenden Reformierten, die Hugenotten, aus, in seinem Lande Zuflucht zu suchen. 2) Als die Zünfte den neuen „Handwerkern Hindernisse in den Weg legten, suchte der gr. K. eine entsprechende Änderung des „Zunftwesens" herbeizuführen durch eine „allgemeine Handwerksordnung", welche über Lehrzeit, Wanderzeit und Meisterstück Satzungen enthielt. Weil der Gewerbebetrieb Vorrecht der Städte bleiben sollte, durften auf dem Lande nur die unumgänglich notwendigen Handwerker, wie Schneider, Schmiede, Böttcher 2c., wohnen.
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