134
seiner Familie wurde gefangen gesetzt, die königliche Würde aufgehoben und Frankreich in eine Republik umgewandelt. Ungerechterweise beschuldigte man Ludwig des Einverständnisses mit Frankreichs Feinden und verurteilte ihn zum Tode. Im Jahre 1793 bestieg er das Schaffet, und sein Haupt fiel unter der Guillotine oder dem Fallbeil. Neun Monate später ging seine Gemahlin, Marie Antoinette, die Tochter der Kaiserin Maria Theresia, denselben Weg.
Nun herrschte der Schrecken in Frankreich. Männer wie Robespierre, Danton, Maral hielten die Zügel der Regierung in ihren blutigen Händen. Sie schafften das Christenthum ab und setzten an Stelle Gottes eine Göttin der Vernunft. Tag für Tag wurden Hunderte auf das Blutgerüst geschickt, welche nichts verbrochen hatten, als daß man sie beschuldigte, geheime Anhänger des gemordeten Königs zu sein. Am Ende aber rafften sich die Ordnungsliebenden auf; jene Schreckensmänner wurden gestürzt; ihre Häupter fielen unter dem Fallbeil, und ruhigere Zeiten kehrten in Frankreich zurück.
Umsonst halten sich unterdeß fast sämmtliche europäische Fürsten vereinigt, dem wüsten Treiben ein Ende zu machen und den Königsmord zu rächen. Ihre Heere wurden von den begeisterten Soldaten der jungen Republik geschlagen und sie selbst zu ungünstigem Frieden genöthigt.
2. In diesen Kämpfen zeichnete sich ein junger General, Napoleon Bonaparte, in hervorragender Weise aus. Er war der Sohn eines corsischen Advokaten. Auf der Militärschule wurde er zum Offizier gebildet. Schon damals gab ihm einer feiner Lehrer das Zeugniß: „Er wird es weit bringen, wenn die Umstände ihn begünstigen." Als die französische Revolution ausbrach, stellte er sich aus die Seite des Volkes. Schnell stieg er von Stufe zu Stufe. Mit 26 Jahren wurde er als Oberbefehlshaber gegen die Oestreicher nach Italien geschickt. Sieg auf Sieg entriß er ihnen und zwang sie zum Frieden; durch denselben fiel das ganze linke Rheinufer in Frankreichs Hände. Nach Frankreich zurückgekehrt, löste er die bisherige Regierung auf und stellte sich als erster Consul an die Spitze des Landes. Aber auch diese hohe Würde genügte dem Ehrgeizigen nicht. Im Jahre 1804 stürzte er die Republik und setzte sich die Kaiserkrone aufs Haupt.
3. Rußland und England erkannten den neuen Kaiser nicht an und verbanden sich mit Oestreich gegen ihn. Preußen nahm ant Kampfe nicht theil; Baiern, Würtemberg und Baden aber waren Bundesgenossen Napoleons. Ohne Zaudern brach dieser in Deutschland ein; bei Ulm zwang er den östreichischen General Mack, mit 23000 Mattn sich schimpflich zu ergeben; ohne Widerstand drang er in Oestreich vor, besetzte Wien und wandte sich nach Mähren. Hier hatten sich Russen und Oestreicher vereinigt, und ihre Kaiser waren selbst herzugeeilt, um den Muth ihrer Truppen
TM Hauptwörter (50): [T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_des_Einverständnisses Ludwig Marie_Antoinette Maria_Theresia Maria Theresia Danton Napoleon Napoleons
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Frankreichs Frankreich Frankreich Italien Frankreichs Frankreich England Baiern Baden Napoleons Deutschland Oestreich Wien
170
Drittes Buch.
oder Bundesstaaten zusammengefaßt (Deutschland und
Schweiz). Von dem Türkenreiche abgesehen, giebt es dem
Range nach 2 Kaiserthümer, 15 Königreiche, 1 Kurfürsten-
thum, 7 Großherzogthümer, 9 Herzogthümer, 9 Fürstentümer.
Der Verfassung nach sind darunter 30 Republiken, das
Uebrige Monarch!een. In welchem Erdtheile fand ein um-
gekehrtes Verhältnis! Statt? An Größe und Bevölke-
rung sind die europäischen Staaten unter sich gar sehr ver-
schieden. Wie verschieden von dem Russischen Reiche,
das allein in Europa über 50,000 H)M. hat, die Republik
San Marino mit 1 ci>M.! Natürlich ist dann auch die
Macht dieser Staaten sehr verschieden, man unterscheidet
Staaten ersten, zweiten, dritten, vierten Ranges.
Zu der ersten Klaffe gehören die 6 europäischen Groß-
mächte: Oestreich, Preußen, England, Frankreich,
Rußland. Sie nehmen über 2/3 der Oberfläche und Be-
völkerung ein, können zusammen fast 2 Mill. Soldaten stellen
und üben gemeinschaftlich einen überwiegenden Einfluß auf
die politischen Verhältnisse des Erdtheils. Neben jener Ein-
teilung nach der Macht unterscheidet man die Landmächte
von den See - und Colonialmächten. Die letzteren be-
sitzen zusammen in anderen Erdtheilen über 600,000 mm.
und 200 Mill. E. Unter den nordischen Mächten ver-
steht man Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland.
Wir suchen die Betrachtung dieser Staaten so gut
wie möglich mit den natürlichen Abtheilungen zu ver-
binden. Zur Einübung des Vorhergehenden beantworte bei
jedem der hier vorläufig aufgezählten Länder die Fragen:
Zu welcher Klima-Abtheilung? Von welchen Volksstämmen
bewohnt?
I. Die drei südlichen Halbinseln.
1. Die Pirenäische Halbinsel. Staaten: Por-
tugal und Spanien.
2. Die Alpen und die Alpenhalbinsel. Auf
dieser letzteren mehrere Staaten zweiten, dritten und
vierten Ranges und ein Kronland des östreichischen Kai-
serthums.
3. Die türkisch-griechische Halbinsel. Auf ihr
der Staat Griechenland und die meisten Besitzungen der
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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Extrahierte Personennamen: Oestreich
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Europa Republik
San_Marino England Frankreich Schweden Norwegen Rußland Spanien Griechenland
259
Französische Geschichte.
welche an Deutschland kam; sie waren im eigenen Lande
durch übermächtige Basallen bedrängt und fast zu Schatten-
königen geworden, die wenig eigenes Land besaßen. Am
schlimmsten war es dabei noch, daß unter diesen übermäch-
tigen Lehnsherren die Könige Englands waren, denen zuletzt
die ganze atlantische Meerküste bis lief in das Innere gehörte.
Hernach machten sie gar Erbrechte auf den französischen Thron
geltend. Das 14. und 15 Iahrbdt. sind voll von Kriegen
zwischen Engländern und Franzosen; lange Zeit waren die
Waffen der letzteren unglücklich, bis die Jungfrau von
Orleans ihres Landes Retterin ward. Wohl siel sie zuletzt
den Engländern in die Hände und ward zu Rouen als Hexe
verbrannt; aber das Glück war von ihnen gewichen, und sie
verloren alle französischen Besitzungen auf dem Festlande bis
auf Calais, das bis in die Mitte des 16. Jahrhdts. englisch
war. (Bis in die neueste Zeit führten Englands Könige drei
goldene Lilien im blauen Felde, Frankreichs Wappen, im
Schilde.) Ueberhaupt fing gegen das Ende des Mittelalters
F. bedeutend an zu steigen; der kluge und grausame Lud-
wig Xi. brach die nach und nach verrninderte Macht der
Vasallen vollends. Nun gelangen zwar die Plane seiner Nach-
folger, in Italien Besitzungen zu gewinnen, nicht (S. 199.)
— im löten Jahrhdt. wurde F. selbst durch Religions- und
Bürgerkrieg zerrissen (Bartholomäusnacht 1572), bis
1589 die Linie Bourbon (mit der früheren verwandt) mit
Heinrich Iv. auf den Thron kam; — aber leider bot her-
nach die Schwäche und Uneinigkeit Deutschlands nur zu
reichen Ersatz. Scbon im >6. Jahrhdt. hatten die Franzosen
(wclcbe den Protestantismus in F mit Feuer und Schwerdt
vertilgten, aber in Deutschland unterstützten) Metz, To ul
und Verdun in ihre Hände bekommen; ihre Thcilnahme
am 30jährigen Kriege brachte ihnen im westphälischen Frieden
1648 das platte Land des Elsaß. Nun folgte aber erst
die glänzende Regierung Ludwigs Xiv. bis 1716, glän-
zend nicht bloß durch die Blüthe der Literatur (Trauerspiel-
dichter Corneille und Racine, Lustspieldichter Molliöre
und A), sondern auch durch geschickte Minister und Feld-
herren (Conde, Turenne u. a ). Diese unterstützten
durch ihr Talent die ungerechten Vergrößerungspläne des Kö-
nigs. Straßburg, der Schlüssel zu Deutschland, ward
mitten im Frieden besetzt, die Nord- und Eüdostgränze be-
17*
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp]]
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_Iv Heinrich Schwerdt Ludwigs Lustspieldichter_Molliöre
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Englands Englands Frankreichs Italien Deutschlands Deutschland Elsaß Deutschland
270
Drittes Buch.
der Angelsachsen zu Hülse. Sie kamen 419; aber aus
den Beschützern wurden Herren. Die heidnischen Sachsen grün-
deten in England 7 Rein e (a n g e l sä ch si sche H e p ta r ch i e);
die Britten flohen in die westlichen Gebirae und nach der Bre-
tagne hinüber is. 756.). Aus den 7 Reichen, die nach und
nach das von Neuem gepredigte Christenthum annahmen, wur-
de um 800 Eins, das nun Angelland oder Eng land
hieß (Alfred d. Gr.). Im Jahre 1066 starb der angelsäch-
sische Königsstamm aus, und der siegreiche Normanncnherzog
Wilhelm (darum der Eroberer) wurde König (S. 264.).
Schon im 12ten Jahrhundert folgte seinem Geschlecht das auch
französische Haus Plantagenet-Anjou, das bis gegen
Ende des Mitielalteis regiert und viele tüchtige Regenten auf-
zuzeigen hat Gleich der erste eroberte 1>7o Irland, das in-
dessen an England nie eine gütige Herrin gehabt hat; einem
Nachfolger, dem schwachen Johann (ohne'land), dringen
die englischen Barone 1215 die Mag-na Charta ab, das
erste Grundgesetz der englischen Verfassung. Das l4te und
l5:e Jahrhundert zeigt uns die Könige Englands gegen die
Franzosen siegreich, zuerst Eduard Ih. (auch der Stifter des
ersten englischen Ordens vom Hosenbande), aber dann ward
das Land durch blutigen Erbstreil zweier Linien des Königs-
hauses Pork und Lancaster, zerrüttet (der Krieg der ro-
then und weißen Rose). Die neuere Geschichie findet
1500 ein neues Geschlecht, eine Seitenlinie des vorigen, Tu-
dor, auf dem Throne; unter ihm ist Errgland groß geworden.
Heinrich Viii. riß England vom Papste los; unter ihm und
den Nachfol,ern entstand eine eigenthümliche Nmionalkirche.
Unter Elisabeth, l 558 — 1603, beginnt Englands Blüthe-
zeit. Es erwehrt sich nicht bloß feindlicher Angriffe (Spaniens
unüberwindliche Flotte), sondern wird nun erst entschieden
Seemacht und Colontalmacht S. 177): im Mittelalter
war der deutsche Städtebund der Hansa die erste Seemacht
des Erdtheils Englands größter Dichter, William Sha-
kespeare, hat auch unter Elisabeth geblüht, gestorben ist
er unter dem Nachfolger. Dies war Elisabeths nächster Erbe,
Jacob Stuart, König von Schottland. Seit der Zeit
Englano, Schottland, Irland vereinigt. Aber das
17te Jh^k. ist eine sehr unruhige Periode in der Geschichte der
drei Reiche. Jacobs ?ohn, Carl I., verfeindete sich mit seinem
Volke; es kam zum Bürgerkriege, zur Hinrichtung des Königs
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Extrahierte Personennamen: Alfred_d Wilhelm Johann_( Johann Eduard_Ih Eduard Heinrich_Viii Heinrich William_Sha- Jacob_Stuart Jacobs Carl_I.
Extrahierte Ortsnamen: Sachsen England Irland England Englands England Englands Spaniens Englands Schottland Schottland Irland
Hannover.
403
der Entwickelung der protestantischen Theologie sehr bedeutsam ge-
wesen ist. 7000 E. — Auch Scheppenstädt liegt in dieser
Gegend.
b) In dem schmalen, zackigen von O. nach W. langgedehnten
Streifen zwischen Oberharz und Weser, H. 91. 3. a.,
auf dem Harze viele Berg- und Hüttenwerke. lieber dem erwähn-
ten Neustadt auf dem Burgberge wenige Trümmer der Harzburg,
deren Zerstörung Heinrich Iv. den Sachsen nimmer vergeben konnte.
Bei dem Dorfe Lutter siegte Tilly 1626 über den Dänenkönig
Christian. Gandersheim war ein Reichsstift: Schwester Ros-
witha schrieb dort im I4ten Jh. das Leben Otto's I. und latei-
nische sittsame Komödien. An der Weser Holzminden, eine leb-
hafte, betriebsame Stadt.
c) Das dritte Stück auf dem Unterharze begreift das Für-
stenthum Blankenburg (einst eigene Grafen) und das 1648
erworbene Stift Walkenried. Blankenburg liegt am Abhange
eines Berges, oben ein weißes, blinkendes Schloß. In der Umge-
gend viel schöne Harzpartien: die preußische, vom braunschweigi-
schen Gebiet eingeschloffene Ruine Reinstein (S. 373), die Teu-
felsmauer, besonders im Thale der Bude bei Rübeland 2 merk-
würdige Tropfsteinhöhlen, Baumanns - und B i e l s h ö h l e.
Fürstenthum Oels (S. 371.).
3. Königr. Hannover. Der nächste Stammherr
der herrschenden Linie ist W i l h e l m, der jüngere Sohn Ernst
des Bekenners (S 402.). Die letzte Zeit des 17ten und die
erste des 18len Jhts. war für das Emporkommen derselben
entscheidend. Um 1630 waren nach mannichfacher Theilung
wieder alle Besitzungen in einer Hand, 1692 entstand
durch kaiserliche Gunst ein neues Kurfürstenthum Han-
nover, und 1714 bestieg Kurf. Georg den englischen Thron
(S. 271.). Daß nun die hannoverschen Kurlande mit Eng-
land einen Landesherrn hatten, brachte ihnen freilich man-
chen Nachtheil, in vielen Festlandskriegen suchten Englands
Feinde, welche dem meerumgürteten Albion nicht beikommen
konnten, an Hannover ihr Müthchen zu kühlen. Aber na-
mentlich nach Napoleons Sturze that die siegreiche Großmacht
auch sehr viel für ihre deutschen Länder. Sie erwarb den
Titel eines Königreiches und schöne, fruchtbare Provin-
zen. Jetzt 700 nm. und l3/4 Mill. Einw. (‘/4 Mill. ka-
tholisch). Seitdem in England, wo das salische Gesetz nicht
gilt (S. 27i.), Victoria den Thron bestiegen, hat H. einen
eignen König. König Georg V. Man theilt das Land
jetzt in die Landdrosteien Hannover, Hn., Hildes heim.
Hl., Lüneburg, L., Stade, S., Osnabrück, 0., Au-
26*
TM Hauptwörter (50): [T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: O. Heinrich_Iv Heinrich Tilly Christian Ernst Georg Napoleons H. Georg_V.
Extrahierte Ortsnamen: Hannover H. Harzburg Sachsen Gandersheim Blankenburg Blankenburg Hannover Englands Napoleons England Hannover Hn Lüneburg Stade Osnabrück
418
Viertes Buch.
und Oesterreich hat es 1814 nicht wieder verlangt. Die
sämmtlichen niederländischen Provinzen wurden unter dem
Hause Nassau-Oranten zu einem Königreiche der
Niederlande vereinigt: eine Provinz, Luxemburg, ge-
hört zum deutschen Bunde. Aber die Verschiedenheit der
Confessionen und das nun seit Jahrhunderten ausgebildete
Sonderbewußtsein führten 1830 zu einem Aufstand Belgiens
gegen die Nordprovinzen, und nach langem Streit und Ha-
der wurde ein unabhängiges Königreich Belgien auch
von dem König der Niederlande anerkannt. Es herrscht seit
1831 König Leopold aus dem Hause Sachsen-Coburg:
Stände in 2 Kammern stehen ihm zur Seite. Von den
neueren europäischen Bewegungen ist B. unberührt geblie-
den und befindet sich überhaupt in großer Blüthe. Das
Land hat auf 530 mm. über 4*/, Mill. römi sch-katho-
lische E. Die Bevölkerung ist so dicht, wie fast nirgends
in Europa. In Ostflandern auf die nm. 14,000 E., in
Westflandern 11,000 u. s. w. Ein Stamm- und Sprach-
unterschied tritt unter den Belgiern immer mehr bedeutsam
hervor. Die Flamländer sind ein deutscher Stamm und
in Sprache und Wesen zunächst den Holländern ähnlich —
die Wallonen neigen sich mehr zu den Franzosen und
reden auch Französisch. Da auch für die Zukunft dieser
Unterschied noch sehr wichtig sein kann, so theilen wir uns
die Provinzen Belgiens nach diesem Gesichtspunkte. 1
1. Flämische Provinzen, etwa 260 Ihm. mit 2‘/2 Mill. E.
a) Brabant. Darin Hauptstadt und Residenz Brüssel, wo
schon früher die spanischen und österreichischen Statthalter ihren Sitz
hatten. Die Stadt ist eine der schönsten in Europa, besonders der
auf der Höhe gelegene, französische Theil; in dem niedriger gelege-
nen spricht man flämisch. Königsstraße und Königsplatz, Dom,
Kirche St. Gudula, das Stadt- oder Rathhaus. Bedeutende Fa-
brikstadt: die Brüsseler oder Brabanter ikanten; mit Militair
130,000 E. In der Nähe das königl. Lustschloß Lacken (sprich
Laken). 5 St. südlich von Brüssel der Wald von Soigne und
von N. nach S. auf einander folgend Dorf Waterloo, Dorf
Mont St. Jean, Meierhof Belle Alliance, alle drei durch
den Sieg Wellingtons und Blüchers über Napoleon denk-
würdig, 18. Juni 1815. Löwen, noch nicht 30,000 E, hatte
einst dreimal so viel und die ersten Tuchfabriken in Europa. Uni-
versität. b) Antwerpen. Die gleichnamige Hauptstadt ist Stadt
im Binnenlande und Stadt an der See zugleich (S. 341.). Ha-
fen, Schiffswerfte, Arsenal, Alles im größten Umfange: Napo-
leon hat an den Bau der Hafenbassins und Docks (S. 276.) un-
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Extrahierte Personennamen: Leopold Leopold Gudula Jean Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Oesterreich Niederlande Luxemburg Belgien Niederlande Hause_Sachsen-Coburg Europa Ostflandern Westflandern Belgiens Brabant Europa Europa Antwerpen
420
Viertes Buch.
Menschen beschäftigte. Unweit Lüttich das Dorf Herst all (Pipi'n
von Henstall). Auch Verviers im hohen Leen ist durch und durch
Fabrikstadt, 20,000 E. Hier und in den umliegenden Orten be-
deutende Tuchfabrikation. (Eupen in der Nähe ss. 379 ]);
Spaa in waldiger Gebirgsgegend hat berühmte und besuchte
Eisenquellen.
Belgien, ein reiches und fruchtbares Land, dazu das Land der
Gewerbe und Fabriken, hat unter allen europäischen Ländern ver-
hältnißmäßig die meisten Eisenbahnen. Brüssel, Löwen,
Me che ln (der Knoten des eisernen Netzes), Antwerpen, Gent,
Brügge, Ostende, Lüttich, Verviers, Namur, Mons,
Courtray stehen so miteinander in Verbindung, und über Lille
und Valenciennes führen Schienenwege nach Paris, wie über
Aachen nach Deutschland. Gieb bei jedem der genannten bel-
gischen Orte zur Uebung die Provinz und Einwohnerzahl an.
Iii'. Königreich der Niederlande. Nach der
Einleitung zu Belgien wird hier nur bemerkt, daß in dem
Aufstande gegen Spanien sich zuerst 5 Provinzen Geldern,
Holland, Seeland, Utrecht, Friesland 1579 zu
einer Union zusammenthaten. Hernach kamen Gröningen
und Overyssel dazu, und der Löwe, das Wappen der
Republik, hielt nun 7 in einem Bande umschlungene Pfeile
in der Pranke. Wann wurde sie auch von Spanien aner-
kannt? (S. 417.) Jede von den 7 Provinzen hatte ibre eigene
Verwaltung, ihre besondern Stände oder Staaten: über
allen stand eine allgemeine Versammlung von Abgeordneten
aller Provinzen, die Generalstaaten. Danach nennt man
oft den ganzen Staat, der in feiner republikanischen Verfassung
auch rein monarchische Elemente hakte. Das Haus Nassau-
Oranien hatte in dem Freiheitskriege den Niederländern treu-
lich zur Seite gestanden (Wilhelm und Moritz von N. -O.);
man wählte aus den Nassauern für die Republik Erbstatt-
halter, denen besonders die Führung der Heere übertragen
ward, aber auch andere Rechte zugestanden wurden. So gab
es beständig eine oranische und eine republikanische
Partei, und es kam oft zu inncrn Unruhen. Bei dem allen
waren die Niederlande nach Portugals Sinken (S. 175.) bis
gegen Ende des 17tenjh. der erste Handels- und Seestaat
in Europa. In der Zeit der Freiheitskriege hatten die Nieder-
länder herrliche Colonien, die früher portugiesisch und spa-
nisch waren, in Besitz genommen, auch einen Streifen
der noch spanischen Niederlande erobert (die Generali-
täts -Lande). Im Verlauf des i8tm Jhdls. trat der
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Moritz_von_N
Extrahierte Ortsnamen: Eupen Belgien Antwerpen Namur Courtray Lille Valenciennes Paris Deutschland Niederlande Spanien Holland Seeland Utrecht Friesland Overyssel Spanien Nassau-
Oranien Niederländern Niederlande Portugals Europa
Vereinigte Staaten. 139
der Mündung des Mississippi gründeten Franzosen das ihrem
König Louis Xiv. zu Ehren genannte Louisiana, am St.
Lorenz wurde Eanada eine blühende Provinz, die Halbinsel
recbts von der Lorenz-Mündung, Acadien genannt, die In-
sel Neufoundland sperre Neuve), — das Alles gehörte
zu den Besitzungen des ehrgeizigen Ludwig Xiv. Aber sobald
in Europa im l8ten Jh. Frankreich und England sich fast
immer feindselig gegenüber standen, so begann auch zwischen
ihnen der Kampf in den americanischen Colonieen. Man nennt
diese Periode darum auch wohl die Zeit der Colonial-
kriege. So wurde der spanische Erbfolgekrieg 1700— 13,
der siebenjährige Krieg 1756 — 63 zugleich auch in den Thälern
der Alleghanis und an den kanadischen Seen ausgesochten; cs
handelte sich besonders um den Besitz einzelner Castelle und
Forts, welche beide Nationen in noch streitigen Landschaften
angelegt hatten. Die Indianer-Stamme nahmen für die bei-
den streitenden Theile Partei, und ihre Theilnahme brachte in
die Kämpfe einen blutigen und wilden Charakter (Coop-er: Der
letzte der Mohicaner). Am Ende verlor Frankreich alle Colo-
nieen um den St. Lorenz an England: Acadien und Neu-
Foundland schon 1713, Canada >763. Doch für die neuen
Erwerbungen sollten die Sieger bald ihre alten Niederlassun-
gen auf der Aueghani-Terrasse einbüßen.
Eingriffe in die alte verbriefte Handelsfreiheit von Sei-
ten Englands, die freilich nur aus Geldnot!) des Mutterlandes
hervorgingen, führten >773 einen Aufstand zunächst in der
Hauptstadt von Massachusets, Boston, herbei, der seit 1775
sich in den allgemeinen nordamericanischen Freiheits-
krieg verwandelte. Auf americanischer Seite zeichnete sich
Washington als umsichtiger Feldherr aus; Benj. Frank-
lin wußte seinen Landsleuten Freunde in Europa zu erwer-
den, und wirklich fochten am Ende Frankreich, Spanien
und die Niederlande mit ihnen gegen ihr Stammland.
Nach lange unentschieden hin und her schwankendem Kampfe
erkannte England im Frieden 1783 die Unabhängigkeit der
Vereinigten Staaten von Nord-America an, die
damals etwa 3 Mill. E. hatten.
Nach manchen Streitigkeiten über ihre neue Verfas-
sung, in denen Washington sich auch als ein Mann des
Friedens erwies, wurde anerkannt, daß jeder einzelne Staat
der Union ein für sich bestehendes Ganze mit eigenthümlicher
TM Hauptwörter (50): [T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Louis_Xiv Lorenz Ludwig_Xiv Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Louisiana Eanada Europa Frankreich England Frankreich England Canada Niederlassun- Englands Boston Washington Frank- Europa Frankreich Spanien Niederlande England Nord-America Washington
202
Drittes Buch.
einen Bund zusammengehalten werden. Sie haben zusam-
men auf noch nicht 6000 of. 24 Mill. Einw. (eine nach
Verhältniß sehr starke Bevölkerung) und sind ohne Ausnahme
in den letzteren Jahren der Schauplatz unruhiger und umstür-
zender Bewegungen geworden, deren Resultat noch jetzt nicht
völlig abzusehen ist. Man ist gewohnt, die Staaten nach den
3 Abtheilungen: Ober-, Mittel - und Unter-Italien
durchzugehen; gieb aber auch bei jedem Staatsgebiete an, ob
dasselbe im continentalen I., auf der Westhälfte oder Osthälfte
der eigentlichen Halbinsel oder in mehreren dieser natürlichen
Abtheilungen zugleich liege — hernach welche Landschaften des
alten Italiens dasselbe wohl umfasse.
I. Ober-Italien.
1. Das Königreich Sardinien
hat seinen Namen von der Insel Sardinien, die jedoch
bei weitem nicht den größten, am allerwenigsten den besten
Theil des Staates ausmacht. Die Besitzungen auf dem
Festlande sind mehr als doppelt so groß und um das Drei-
fache bevölkert. Alles zusammen beträgt 1400 n>M. und
nicht ganz 5 Mill. E. Politische Gränzen des Festlandgebie-
tes? Physische Geographie nach S. 190 u. 191. — Es zer-
fällt dasselbe in mehrere Landschaften. Der Kern, an den
sich alles Uebrige angeschlossen hat, ist Savoyen (S. 191.).
Hier herrschte ein Grafengeschlecht, das auch Piemont
erwarb und um 1400 den Herzogstitel bekam. Inden
vielen italienischen Kriegen haben später die Herzoge von
Savoyen, namentlich durch ihre von den fremden Machten
sehr gesuchte Unterstützung, so weit die Umstände zu benutzen
verstanden, daß sie ihr Gebiet um das Doppelte vergrößert und
auch 1720 mit der oben genannten Insel den Königstitel
erlangt haben. Nach dem guten Rathe, den der erste König
von Sardinien seinem Sohne gab: „Das Mailändische ist
wie eine Artischocke, man muß es Blatt für Blatt essen"
haben sie mehrere Stücke von Mailand erworben: auch
das Herzogthmn Montferrat siel ihnen zu. Dazu kam
nach Napoleons Sturze auch das Gebiet der früheren Repu-
blik Genua. Jetziger König Victor Emanuel H. Wir
betrachten vor der Hand nur die Besitzungen auf dem Fest-
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Venedig.
2. Das Lombardisch-Venetianische Königreich
oder das Oesterreichische Italien.
Das beste Stück von ganz Italien, über 800 om.
mit fast 5 Mill. Einwohnern. Die politischen Gränzen gieb
nach der Karte, die physikalische Beschaffenheit nach S. 191
ff. an. Das Königreich zerfallt in zwei, ziemlich gleich
große Theile.
a) Oestlich das Venetianische Gebiet, mit-der Haupt-
stadt Venedig, einer der merkwürdigsten Städte der Welt. Sie
wurde im 5. Jahrhundert von Leuten angelegt, die vor dem Hun-
nenkönige Attila in die Lagunen (S. 194.) flohen. Der neue Ort
wurde bald zu einer großen Handelsstadt und behauptete gegen Je-
dermann seine Freiheit. Die vornehmsten Geschlechter, die Nobili
(in einem besonderen goldenen Buche verzeichnet), bildeten den
hohen Rath der Republik, die Signoria. An der Spitze stand
ein auf Lebenszeit gewähltes Oberhaupt, der'doge (Dux). Aber
auch er war dem Gesetz unterthan, das mit unerbittlicher Strenge
vollzogen warb und selbst in der größten Verborgenheit seine Opfer
zu finden wußte. Doch wurde Venedig bei dieser Verfassung groß
und mächtig, ja der erste Handelsstaat der Welt. Um 1400 gehörte
der Republik das noch jetzt so genannte venetianische Gebiet. Ferner
Dalmatien, Morea, Candia, Cypern und viele Plätze auf der tür-
kisch-griechischen Halbinsel. Es war keine leere Eeremonie, wenn
alljährlich am Himmclfahrtstage der Doge in einem prächtigen
Schiffe (ßucentoro) in das adriatische Meer hinausfuhr, einen
Ring hineinwarf und sich und in seiner Person V. mit demselben
immer von Neuem vermählte. Auf allen südlichen Meeren flatterte
das Banner des geflügelten Löwen von St. Marcus; denn diesen
Evangelisten, der einen Löwen zum Attribut hat, wählte sich die
Republik zum Schutzpatron. Dieselben Umstande, die Genua sin-
ken machten (S. 204.), ließen auch Venedigs Stern erbleichen.
Der Staat sank und starb schon durch die letzten Jahrhunderte hin-
durch. Als Bonaparte in Oberitalicn die Oesterreicher bekriegte und
im vcnetianischen Gebiete sich ein Aufstand gegen die Franzosen
zeigte, schlug seine Todesstunde 1797. Nach mannigfachem Wech-
sel blieb sein damaliges Gebiet ein Bestandtheil der österreichischen
Monarchie.'
Die Stadt Venedig (sonst ln ricca — die Reiche) hat eine in
ihrer Art einzige Lage, eine Meile vom Festlande, auf einer Menge
von Inseln, die jedoch nur durch schmale Canäle getrennt sind.
Der größte derselben, 0 anal 6 strande, durchzieht die Stadt wie
ein 8; über ihn führt auch die schönste der 450 Brücken, der
Ponte Rialto. So scheint dem von O. Kommenden die Stadt
mit ihren Thürmcn und Marmorpalästen geradezu aus den Wogen
zu steigen. Die Häuser auf Pfählen, aber in der Tiefe auf festem
. Grunde. Im Innern kann man zwar vermittelst schmaler, an den
Häusern hinlaufender Steige fast zu jeder Stelle trockenen Fußes
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Extrahierte Personennamen: Attila Morea Marcus Venedigs