Hrsg.: Keck, Heinrich, Sach, August, Johansen, Christian, Meyn, Ludwig
Auflagennummer (WdK): 11
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
Zweite Abteilung.
Wilder
zur
Belebung und Hebung
des
Fachunterrichts.
Äus der Geschichte.
1. Die Deutschen um die Zeit von Christi Geburt.
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■ | der Sinnesart, Lebensweise und Sitten unserer Vorfahren vor 18—19
vv Jahrhunderten haben wir von ihnen selbst keine Berichte, denn sie konnten
weder lesen noch schreiben; aber die Römer, welche damals auf der Höhe
ihrer Macht und Bildung standen, drangen von dem eroberten Gallien (jetzt
Frankreich) aus häufig in Deutschland ein, und da sie also vielfach in friedliche
oder in feindliche Berührung mit den Bewohnern desselben gerieten, so hatten
sie Gelegenheit genug, die Germanen, wie sie sie nannten, kennen zu lernen.
Sie betrachteten das rohe Naturvolk mit einem aus Furcht und Bewunderung
gemischten Gefühl, und so kam es, daß ihre Schriftsteller demselben bald eine
ganz besondere Beachtung widmeten.
Das Land war damals größtenteils noch mit Urwald bedeckt, doch hatte
die Axt schon begonnen, weite Flächen urbar zu machen. Im Dickicht der
Wälder hausten Auerochsen, Elentiere, Bären, Eber, Wölfe und zahlloses Hoch-
wild. Städte gab es nirgends, auch nicht gebahnte Wege und Brücken. Die
Bewohner des Landes waren vor allen Völkern ausgezeichnet durch ihre blauen
Augen, ihr rötlich gelbes Haar und ihren riesenhaften Wuchs: sie sollen durch-
weg zwei Meter hoch gewesen sein. Eine unbändige Kraft lebte in ihnen.
Übermütig wie Knaben fuhren sie auf ihren Holzschilden die beeisten Abhänge
der Berge herab, über sechs Rosse hinwegspringen zu können, war ihnen ein
hoher Ruhm und die größte Kriegsehre sahen sie darin, mit der Faust die
Stärksten erlegt zu haben. Daher beseelte sie ein stolzes Unabhängigkeitsgefühl:
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Extrahierte Ortsnamen: Christi Gallien Frankreich Deutschland
Autor: Sach, August, Keck, Heinrich, Johansen, Christian, Meyn, Ludwig
Auflagennummer (WdK): 9
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
Zweite Abteilung.
M i l il e r
zur
ß 1111) int u Iiii d H t h Iiii g
des
Fachunterrichts.
Äus der Geschichte.
1. Die Deutschen um die Zeit von Christi Geburt.
yy
1 16er Sinnesart, Lebensweise und Sitten unserer Vorfahren vor 18 —19
V'v Jahrhunderten haben wir von ihnen selbst keine Berichte, denn sie konnten
weder lesen noch schreiben; aber die Römer, welche damals auf der Höhe
ihrer Macht und Bildung standen, drangen von dem eroberten Gallien (jetzt
Frankreich) aus häufig in Deutschland ein, und da sie also vielfach in friedliche
oder in feindliche Berührung mit den Bewohnern desselben gerieten, so hatten
sie Gelegenheit genug, die Germanen, wie sie sie nannten, kennen zu lernen.
Sie betrachteten das rohe Naturvolk mit einem aus Furcht und Bewunderung
gemischten Gefühl, und so kam es, daß ihre Schriftsteller demselben bald
eine ganz besondere Beachtung widmeten.
Das Land war damals größtenteils noch mit Urwald bedeckt, doch hatte
die Axt schon begonnen, weite Flächen urbar zu machen. Im Dickicht der Wäl-
der hausten Auerochsen, Elentiere, Bären, Eber, Wölfe und zahlloses Hoch-
wild. Städte gab es nirgends, auch nicht gebahnte Wege und Brücken. Die
Bewohner des Landes waren vor allen Völkern ausgezeichnet durch ihre blauen
Augen, ihr rötlich gelbes Haar und ihren riesenhaften Wuchs: sie sollen
durchweg zwei Meter hoch gewesen sein. Eine unbändige Kraft lebte in ihnen.
Übermütig wie Knaben fuhren sie auf ihren Holzschilden die beeisten Abhänge
der Berge herab, über sechs Rosse hinwegspringen zu können, war ihnen ein
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Extrahierte Ortsnamen: Christi Gallien Frankreich Deutschland
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96. Der braune Bär.
als andere Tiere im stände, auf den Hinterbeinen allein zu gehen und sich auf-
zurichten. Der bekannteste von allen ist der braune Bär. Er kann eine Länge
von 2 Meter und ein Gewicht von 200 kg erhalten.
Dieses größte Raubtier Europas findet sich jetzt noch, aber selten, im
Bayrischen und Österreichischen und noch ziemlich häufig in Ungarn, Polen und
Rußland; auch in einem großen Teile von Asien. In Thüringen wurde der
letzte 1686 geschossen. In früheren Zeiten fand man ihn überall in Deutschland,
und in der Schweiz war er viel häufiger als jetzt.
Sein Aufenthalt sind dichte Wälder, die er nur nachts verläßt, um seine
Wanderungen nach Raub anzustellen. Obgleich sein ganzes Wesen plump und
unbeholfen ist, so durchläuft er doch, besonders wenn er sich gefährdet sieht,
weite Strecken und ist unermüdlich, wenn er Tiere verfolgt.
Die Nahrung des jungen Bären besieht mehr aus Pflanzen als aus
Tieren; im Frühjahr frißt er auskeimendes Korn oder Gras und im Sommer
und Herbst Erdbeeren, Trauben und Kastanien. Man hat Beispiele, daß er
Kindern die Körbe mit Erdbeeren ausgeleert, ohne ihnen Schaden zuzufügen.
Honig ist ihm der größte Leckerbissen, und auf diese kleine Liebhaberei gestützt,
hat man mehrere sehr sinnreiche Fangarten erdacht. Man macht nämlich in
Rußland eine Honigspur bis zu dem Baume, der einen Bienenstock enthält, und
befestigt an ein Seil einen tüchtigen Klotz, welcher dann vor dem Eingang wie
ein Pendel hängt. Der Bär, sehr vergnügt, den Baum mit seinem Leckerbissen
gefunden zu haben, besteigt solchen, findet aber jenen zu seinem Leidwesen ver-
sperrt. Da er nun bemerkt, daß der Klotz beweglich ist, gibt er demselben
einen tüchtigen Stoß, daß er davon stiegt. Der aber kommt wieder und ver-
setzt ihm einen derben Schlag auf das Gesicht; darüber brummig, schleudert er
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eine Menge Treiber, die sie durch Trommeln, Schreien, Pfeifen, Schießen
ängstigen und verwirren, allmählich hinein getrieben wird. Nachdem
auch der Eingang verschlossen ist, werden auch sie zuerst durch eine
Hungerkur etwas zahm gemacht. Hierauf werden die schönsten unter
ihnen, einer um den andern mit Hilfe zahmer Elefanten gefesselt, was
aber ein gefährliches Unternehmen ist, da nicht nur der zu Fes-
selnde Widerstand leistet, sondern auch die andern alle ihm zu Hilfe
kommen wollen. Im Lager angekommen, wird jeder einzelne mit
Hilfe seiner zwei zahmen Begleiter mit einem dicken Strick an einen
Baum angebunden. Nun geht eine rechte Schule für die Wilden an.
Täglich müssen sie mehr und mehr lernen, ihrem Führer zu folgen.
Ist es endlich so weit, daß man einen Transport wagen kann, so wer-
den sie zum Verkauf in größere Städte gebracht. Als Schutztruppe
und Lehrmeister muß eine Anzahl großer, zahmer Tiere mitgehen.
Kommen sie unterwegs an einen Fluß, so müssen sie ihn durchwaten
oder durchschwimmen, eine Brücke dürfen sie nicht betreten.
2. Im Jahre 1889 kam eine Herde von 57, ein andres Mal von
28 Elefanten nach Tellicherry an der Westküste Indiens. Da sie in
einem dicht an unser Haus anstoßenden Palmengarten für zwölf Tage
untergebracht waren, hatten wir reichlich Gelegenheit, die zweimal
täglich stattfindende Zähmung der Widerspenstigen kennen zu lernen.
Acht bis zehn Männer umstellen den Elefanten, der fest angebunden
ist. Jeder hat einen 1 bis Iv2 Meter langen Pfahl oder Stock in
der Hand, Der Anführer stimmt einen eintönigen Gesang an, in den
die übrigen immer wieder im Chor einfallen, während sie dabei mit
ihren Stöcken in der Luft einherfuchteln, den Elefanten reizen, stoßen
und schlagen, ohne ihm jedoch weh zu tun. Unterdessen klettert ein
Treiber mit katzenartiger Geschwindigkeit an einem gefesselten Hin-
terbein auf den Rücken des Elefanten, wo er sich an einem um den
Leib des Tieres befestigten Seile festhält. Dieses, schon rasend über
den Anblick der vor ihm Tanzenden und Schreienden, kennt sich jetzt
kaum mehr vor Wut, stampft mit den Füßen, daß der Boden dröhnt,
greift mit dem Rüssel vor- und rückwärts, um den kühnen Reiter oder
einen seiner Peiniger zu fassen, wirbelt den Staub in die Höhe und
brüllt dabei, daß einem Hören und Sehen vergeht. Bald jedoch sieht der
Elefant die Nutzlosigkeit dieses Gebahrens ein und besänftigt sich all-
mählich nach Verlauf von fünf bis zehn Minuten. So geht es von einem
zum andern, bis sie sich widerstandslos fügen und den Reiter tragen.
Bei diesem wilden Zerren und Reißen kommt es aber oft vor,
daß das Seil am Bein tief einschneidet und es verwundet, weshalb
die Schlinge anderweitig angelegt werden muß. Dabei nimmt man
drei zahme Elefanten zu Hilfe. Zwei stellen sich rechts und links
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Die kalifornischen Straußenfedern übertreffen die afrikanischen an
Haltbarkeit, Aussehen und Güte, weil der kalifornische Strauß gut
genährt wird.
Die Kapkolonie führte im Jahre 1885 für mehr als 11 Millionen
Mark Straußenfedern aus; deshalb kann es nur freudig begrüßt werden,
daß auch in unsern afrikanischen Kolonien Versuche angestellt werden,
den Strauß zu züchten. Es hat sich zu diesem Zwecke neuerdings
eine Gesellschaft gebildet, die Kilimandscharo-Straußenzuchtgesell-
schaft. Die Steppen am Kilimandscharo- sind nach dem Bericht von
Sachverständigen für die Straußenzucht wie geschaffen, und ein in
Südafrika geborener Schotte, der in den Straußenfarmen des Kap-
landes die Zucht genau kennen gelernt hat, ist für das Unternehmen
gewonnen. ' . ,
Sigmund Schenkling.
191. Der Löwe.
(Gekürzt.)
1. Ein einziger Blick auf den Leib des Löwen, auf den Ausdruck
seines Gesichts genügt, um der uralten Auffassung aller Völker, welche
das Tier kennen lernten, vom Grunde des Herzens beizustimmen. Der
Löwe ist der König der vierfüßigen Räuber, ist der Herrscher im Reiche
der Säugetiere.
Die Löwen sind leicht von sämtlichen übrigen Katzen zu unter-
scheiden. Ihre Hauptkennzeichen liegen in dem stark gebauten, kräf-
tigen Leibe mit der kurzen, glatt anliegenden, einfarbigen Behaarung,
in dem breiten, verhältnismäßig kleinäugigen Gesicht, in dem Herrscher-
mantel, welcher sich um die Schultern des Männchens schlägt, und
in der Quaste, welche ihre Schwanzspitze ziert. Beim Vergleich mit
andern Katzen erscheint der Rumpf des Löwen kurz, der Bauch ein-
gezogen, und der ganze Körper deshalb sehr kräftig, nicht aber plump.
An der Spitze des Schwanzes, in der Quaste verborgen, steckt ein
horniger Nagel. Die Augen haben einen runden Stern, die Schnurren
ordnen sich in sechs bis acht Reihen. Vor allem ist es die Mähne,
welche die männlichen Löwen auszeichnet und ihnen das stolze, könig-
liche Ansehen verleiht. Diese Mähne bekleidet in vollster Ausbildung
den Hals und die Vorderbrust.
2. Der Löwe bewohnt nicht ausgedehnte Urwälder, sondern liebt
die offne Landschaft: Grasbestände mit eingestreuten Hagen und
Buschwäldchen, kümmerliche Strauchsteppen und wüstenartige Gegen-
den, mögen sie bergig oder eben sein. An irgend einem geschützten
Orte wählt er sich eine flache Vertiefung zu seinem Lager und ruht
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Trotzdem bleibt immer noch so viel von einem Zusammenleben
zwischen alten und jungen Tieren und einer Pflege und Erziehung
der letztem übrig, daß man mit Recht von einem Familienleben
sprechen kann.
2. Leider sind die Berichte über solche Beobachtungen nicht
allzu zahlreich, da die Gelegenheiten sich nicht übermäßig häufig
bieten; denn bei der Sorge um Feinde pflegen die Eltern bei dem
geringsten Verdachte sich mit den Kleinen in Sicherheit zu bringen.
Trotzdem ist es unserm Landsmann Hugo von Koppenfels gelungen,
selbst den seltensten Affen, den Gorilla, im Freien zu belauschen.
Dieser Riese unter den Affen steht uns Menschen nicht nur physisch
am nächsten, sondern er ist auch wie der Neger erst mit 15 Jahren
erwachsen, so daß sich also mehrere Jahrgänge von Kindern bei ihm
befinden, was bei andern Tieren eine große Seltenheit ist.
Seinen ersten Gorilla erlegte Hugo von Koppenfels am Weih-
nachtsfeste 1874. Er hatte sich unfern von einem Ibabaume aufge-
stellt, dessen Früchte die Gorillas sehr lieben, und wo er von ihnen
frisch angebissene gefunden hatte. Er erzählt nun folgendes: Eine
Stunde wohl mochte ich vergeblich gewartet haben. Die Schatten
der hereinbrechenden Nacht wurden bemerkbar; die Moskiten fingen
an, mich empfindlich zu peinigen, und ich wollte bereits den Platz
verlassen, als ein leichtes Brechen in der Gegend des Ibabaumes wahr-
nehmbar wurde. Hinter meinem Stamme hervorlugend, gewahrte ich
dort eine Gorillafamilie, sorglos mit den Früchten beschäftigt. Sie
bestand aus den beiden Eltern und zwei im Alter verschieden Jun-
gen; das menschliche Alter zum Maßstabe genommen, konnte das ältere
6 Jahre, das jüngere 1 Jahr alt sein. Es war rührend anzusehen^
mit welcher Liebe das Weibchen um das Jüngste besorgt war. Der
Vater hingegen kümmerte sich um nichts als um Stillung des eignen
Hungers. Die bessern Früchte mochten wohl aufgezehrt sein, als
das Gorillaweibchen mit außerordentlicher Behendigkeit den Stamm
erklomm und die seifen Früchte herunterschüttelte.
Der männliche Gorilla begab sich nun kauend zum nahen Wasser,
um zu trinken. Ihn hatte ich keinen Augenblick aus den Augen ge-
lassen. Die Erzählungen du Chaillus und die märchenhaft übertrie-
benen der Eingeboren hatten beim Erscheinen der Tiere in mir eine
große Erregung hervorgerufen. Diese verschwand indes, als der Go-
rilla nahe am Rande des Wassers mit einem Male Unruhe zu erkennen
gab und in geduckter Stellung nach dem Baume sicherte, der mich
verbarg. Zu spät jedoch bemerkte er den nahen Feind, denn ich ver-
folgte bereits jede seiner Bewegungen mit der Büchse im Anschlage.
Wenige Augenblicke genügten, das mich unbeweglich anäugende Wild
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aufs Korn zu nehmen. Der Schuß krachte. Noch bevor der Pulver-
rauch sich verzog, hatte ich eine neue Patrone in den Lauf geführt,
so den Angriff des Tieres erwartend. Mein schwarzer Begleiter stand
zitternd hinter mir, ein zweites Gewehr in der Hand. Es erfolgte
jedoch kein Angriff. Der männliche Gorilla war tödlich getroffen
auf das Gesicht gestürzt. Die Jungen flüchteten, einmal kurz auf-
schreiend, in das Dickicht; die Mutter sprang aus beträchtlicher Höhe
vom Baume zur Erde und eilte ihnen nach.
3. Wie der Gorilla, so ist auch der Bär verhältnismäßig erst
spät erwachsen, und so finden sich bei ihm auch mehrere Jahrgänge
von Jungen. Hier sollen nun, wie Brehm erzählt, die ältern Kinder
— so wie in unsern Arbeiterkreisen — als Kinderwärter benutzt
werden. Es heißt bei ihm nämlich: Die von den Alten endlich ver-
stoßenen jungen Bären sollen sich hierauf während des Sommers in
der Nähe des alten Lagers umhertreiben und dieses bei schlechtem
Wetter so lange benutzen, wie sie nicht vertrieben werden, sich auch
gern mit andern Jungen ihrer Art vereinigen. Eine zuerst von Evers-
mann veröffentlichte Beobachtung der russischen Bauern und Jäger,
die allerdings noch weiterer Bestätigung bedarf, läßt solche Ver-
einigungen in eigentümlichem Lichte erscheinen. Jene haben erfahren,
daß die Bärenmutter ihre ältern Kinder zur Wartung der jüngern
benutzt, sogar preßt, weshalb auch solche zweijährige, mit der Mutter
und Geschwistern umherlaufende Bären geradezu ,,Pestun", das heißt
Kinderwärter, genannt werden. Von einer Bärenfamilie, welche die
Kama durchkreuzt hatte, erzählt Eversmann folgendes: Als die Mutter
am jenseitigen Ufer angekommen ist, sieht sie, daß der Pestun ihr lang-
sam nachschleicht, ohne den jüngern Geschwistern, welche noch am
andern Ufer waren, behilflich zu sein. Sowie er ankommt, erhält er
von der Mutter stillschweigend eine Ohrfeige, kehrt sofort nach er-
öffnetem Verständnisse wieder um und holt das eine Junge im Maule
herüber. Die Mutter sieht zu, wie er wieder zurückkehrt, um auch
das andre herbeizuholen, bis er es mitten im Flusse ins Wasser
fallen läßt. Da stürzt sie hinzu und züchtigt ihn aufs neue, worauf
er seine Schuldigkeit tut, und die Familie in Frieden weiterzieht. —
Dem Pestun fällt ferner die Aufgabe zu, die im Dickicht verborgnen
Jungen zu überwachen, während die Alte eine Beute beschleicht oder
an einem erschlagenen Opfer, welches sie nicht wegschleppen mag,
sich sättigt. Er teilt im Wasser mit ihr dasselbe Lager, wird auch erst
dann seines Dienstes entlassen und freigegeben, wenn ein andrer zu
seinem Ersätze gefunden wurde. Daher sieht man unter Umständen auch
wohl einen vierjährigen Pestun in Gesellschaft einer Bärenfamilie.
Man sieht hieraus, daß die Entlassung aus der väterlichen Gewalt,
TM Hauptwörter (50): [T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
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artig in die Höhe gehenden Bogen sind wie kleinere Treppen die bis
in die höchsten Räume emporsteigenden Sitzreihen angebracht, die
sich durch sämtliche drei Stockwerke emporziehen. Die Sitze in den
zwei untersten Stockwerken sind von Stein, die in den oberen aber
von Holz."
Aus diesem von Dionys angeführten Umstande erklärt sich, daß
der Zirkus wiederholt durch Feuer zerstört werden konnte, und daß
einmal während der Spiele ein Teil der Sitzreihen einstürzte und 1100
Zuschauer auf diese Weise ihren Tod fanden. Der Raum für die Zu-
schauer faßte, wie Dionys angibt, 150000 Menschen, nach der Angabe
des Plinius aber 260000.
2. Die Spiele wurden auf Kosten der Republik, einzelner
Magistratspersonen oder der Kaiser aufgeführt, als Wagenlenker und
Kämpfer traten nur Sklaven auf. Erst gegen das Ende der Republik
fanden sich selbst vornehme Römer, welche in diesen Spielen als
wirkliche Teilnehmer auftraten.
Neben diesen eigentlichen Spielen wurde aber der Zirkus auch be-
nutzt, um die Prachtliebe und Verschwendung der Kaiser zu zeigen.
So ließ Probus eine große Menge ansehnlicher, mit der Wurzel aus-
gehobner Bäume in die Mitte des Zirkus verpflanzen. Dieser wunder-
bare Wald wurde dann mit 1000 Straußen, 1000 Rehen, 1000 Dam-
hirschen und 1000 wilden Ebern angefüllt und diese Beute dem Volke
preisgegeben.
3. Die reichen Nachrichten über die verschwenderische Lieb-
haberei des Kaisers Caligula an diesen Spielen machen es möglich,
das Bild eines vollen Tages vor unsern Augen aufzurollen. Caligula
hatte beschlossen, am 31. August, seinem Geburtstage, die unter des
Tiberius düsterer Regierung versagten Spiele mit aller Pracht auf-
leben zu lassen.
Die Statthalter der asiatischen und afrikanischen Provinzen waren
beauftragt, Jagden anstellen zu lassen und die wildesten und seltensten
Tiere nach Rom zu senden. Durch die Personenposten wurde die
Nachricht von dem bevorstehenden Feste durch das ganze Reich ver-
breitet und wurden die ausgezeichnetsten Wagenlenker, Fechter und
Stierkämpfer zu dem großen Wettkampfe nach Rom eingeladen. Eif-
riger und sorgfältiger als sonst wurden die Rennpferde geübt und
gepflegt, der Kaiser selbst blieb tagelang von früh bis abends in den
Ställen. Unter den kaiserlichen Rennpferden befand sich eins von
edelster Rasse mit Namen Incitatus. Es war der Liebling des Kaisers,
und er lud es zuzeiten zu sich zu Gast. Speiste dann Incitatus beim
Kaiser, so wurden ihm Hafer und Getränke in goldnen Gefäßen ge-
reicht. Im marmornen Stall fraß Incitatus aus einer elfenbeinernen
TM Hauptwörter (50): [T20: [Rom Jahr Cäsar Senat Kaiser Pompejus Antonius Tod Krieg Sohn], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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Extrahierte Personennamen: Dionys Dionys August Tiberius