64
mit denen sein Haus angefüllt ist, haben, wenn er den könig-
lichen Schah nicht bestöhle? Ali Beg trat eben zum Könige
hinein, als ihn feine Feinde so verklagten, und mit zornigen
Blicken sprach der König: „Ali Beg, deine Untreue ist kund
geworden; du hast dein Amt verloren,und ich befehle dir,
in vierzehn Tagen Rechnung abzulegen." Ali Beg erschrak
nicht, denn sein Gewissen war rein. Aber er bedachte, wie
gefährlich es sein würde, seinen Feinden vierzehn Tage Zeit
zu lassen, ehe er seine Unschuld bewiese. „Herr, sprach er
deswegen, mein Leben ist in deiner Hand. Zch bin bereit,
die Schlüssel des königlichen Pallastes und den Ehrenschmuck,
den du mir gegeben hast, heute oder morgen vor deinen Füßen
niederzulegen, wenn du deinen Knecht mit deiner Gegenwart
beehren willst."
Diese Bitte war dem Könige willkommen. Er sagte sie
ihm zu, und besichtigte gleich am andern Tage die Schatz-
kammer. Älles war in der vollkommsten Ordnung, und
Ali Beg überführte ihn, daß Schach Abbas den vermißten
Säbel selbst herausgenommen, und mit den Diamanten ein
anderes Kleinod habe schmücken lassen, ohne daß er es in
seinem Verzeichnisse bemerkt habe. Der König konnte nichts
dagegen einwenden, allein sein Mißtrauen hatte chn noch nicht
verlassen. Er ersann einen Vorwand, um dem Schatzmeister
in sein Hatlö 31« begleiten, denn hier vermuthete er die vielen
Kostbarkeiten zu finden, von denen ihm seine Höflinge gesagt
hatten. Zu seiner großen Verwunderung aber war auch hier
alles anders. Gemeine Tapeten deckten die Wände; die
Zimmer waren mit nicht mehr als nochdürftigem Hausrache
versehen, und Sefi inußte selbst gestehen, ein mittelmäßiger
Bürger wohne köstlicher, als der Großschahmeister seines
Reichs. Er schämte' sich dieser zweiten Täuschung, und wollte
sich entfernen, als ihm ein Höfling eine Thür am Ende eines
Ganges zeigte, die mit zwei starken eisernen Riegeln ver-
schlossen war. Der König ging näher, und fragte den Ali
Beg, was er unter so großen Schlössern und Riegeln ver-
wahre? Ali Beg schien erschrocken; sein Gesicht erröthete; er
erholte sich aber wieder, und sprach: „Herr, in diesem Gema-
che bewahre ich das Liebste, was ich auf der Welt habe,
mein wahres Eigenthum. Alles, was du in diesem Hause
gesehen hast, gehört dem Könige, lneinem Herrn; was dieses
Zimmer enthält, ist mein. Aber es ist ein Geheimniß; ich
bitte dich, verlange es nicht zu sehen."
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T48: [Christ Jerusalem Sultan Mekka Araber Land Jahr Stadt Mohammed Türke], T169: [Hand Kreuz König Krone Schwert Zeichen Haupt Gold Mantel Kaiser], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
63
so bildete sich' auch der Knabe unvermerkt zu einem Manne
von großen Tugenden aus. Der König gewann ihn täglich
lieber; er gab ihm- &en Namen Ali Beg, und machte ihn zu
seinem Grsßschatzmeister.
Ali Beg besaß alle Tugenden eines rechtlichen Mannes,
Unstraflichkett in seinen Sitten, Treue und Fleiß in seinem
Amte, Freigebigkeit und Großmuth gegen die Fremden, Ge-
fälligkeit gegen Alle/ die ihn um etwas baten, und, obgleich
er der Liebling des Königs war, die bescheidenste Demuth.
Was ihn aber'am meisten unter den persischen Hofleuten aus-
zeichnete, war seine Uneigennützigkeit, denn nie ließ er sich seine
Dienste bezahlen; seine guten Thaten hatten die reinste
Quelle, das Verlangen, den Menschen nützlich zu werden.
Doch entging er bei allen diesen Tugenden den Verläumdun-
gen der Höflinge nicht, die seine Erhebung mit heimlichem
Neide ansahen. Sie legten ihm allerlei Fallen, und suchten
ihn bei dem Könige' verdächtig zu machen. Aber Schach
Abbas war ein Fürst von seltenen Eigenschaften. Argwöhni-
scher Verdacht war für seine große Seele zu klein, und Ali
Beg blieb in Ansehn und Ruhe, so lange sein großer Be-
schützer lebten
Zum Unglück starb dieser große König, und Schach Sefi,
der ihm folgte, war das völlige Widersprel seines Vorgän-
gers, voll Mißtrauen, Grausamkeit und Geiz. Solch einen
Oberherrn hatten Ali's Feinde gewünscht, und ihr verborge-
ner Neid wurde sogleich wieder sichtbar. Sie brachten täglich
Verläumdungen gegen den Schatzmeister an, auf die der Kö-
nig anfangs zwar nicht achtete, bis eine unerwartete Bege-
benheit diesen Anklagen mehr Wichtigkeit gab.
Der König verlangte nämlich einen kostbaren Sabel zu
sehen, den Schach Abbas vom türkischen Kaiser zum Geschenk
bekommen hatte, und dessen einige Hofieute erwähnten. Der
Säbel war nicht zu finden, obgleich er in das Verzeichniß
der Schätze des großen Abbas eingetragen war. Sogleich
schöpfte Schach Sefi Verdacht, daß der Schatzmeister ihn
veruntreuet habe. Dies war, was seine Feinde wünschten.
Sie verdoppelten ihre Beschuldigungen, und malten ihn als
den ersten Betrüger. Er hatte viele Häuser zur Bewirthung
der Fremden gebaut, sagten sie, und andere öffentliche Ge-
bäude mit großen Kosten aufführen lassen. Er kam als ein
nackter Knabe an den Hof, und doch besitzt er jetzt unermeß-
liche Reichthümer. Woher könnte er alle die Kostbarkeiten
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit]]
TM Hauptwörter (100): [T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T48: [Christ Jerusalem Sultan Mekka Araber Land Jahr Stadt Mohammed Türke], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T49: [König Königin Herzog Peter Hof Elisabeth Minister Tod Graf Regierung], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter]]
— 65 —
Dies ängstliche Betragen schien dem argwöhnischen Sefi
Gefühl der Schuld, und er befahl mit Heftigkeit, die Thür
zu öffnen. Das Gemach that sich auf, und, siehe da, vier
weiße Wände mit einem Hirtenstabe, einer Flöte, einem
schlechten Kleide und einer Hirtentasche geschmückt, das
waren die Schätze, welche die eisernen Riegel und Schlösser
verwahrten.
Alle Anwesenden erstaunten, und Schach Sefi schämte
sich zum dritten Arale, als Ali Beg mit der größesten Be-
scheidenheit also sprach: „Mächtiger König, als mich der
große Abbas auf einem Berge antraf, wo ich meine Heerde
hütete, waren diese Armseligkeiten mein ganzer Reichthum.
Ich bewahrte seitdem dieselben, als mein einziges Eigen-
thum, das Denkmal meiner glücklichen Kindheit; und der
großmüthige Fürst war zu gütig, als daß er sie mir hätte
nehmen wollen. Zch hoffe> Herr, auch du wirst sie mir
nicht nehmen, Und mich mit ihnen in jene friedlichen Thaler
zurückkehren kaffen, wo ich bei meiner Dürftigkeit glücklicher,
als im Ucberflusse deines Hofes war."
Ali schwieg, und alle Umstehenden waren bis zu Thrä-
nen erweicht. Der König aber zog sein Kleid aus, und legte
es ihm an, ein Zeichen der höchsten Gnade; der Neid und
die Verläumdung waren mit Scham geschlagen, und sie
konnten sich gegen diesen Edeln nie wieder erheben. Ali
lebte lange und genoß die Belohnung feiner Tugenden, Liebe
und Verehrung bei seinem Leben, und nach seinem Tode
waren Thränen die stillen Lobredner an seinem Grabe.
Alle Einwohner der Stadt begleiteten seine Leiche, und noch
im Munde der Nachwelt hieß er immer der edle, uneigen-
nützige Ali.
44.
Der Fischerknabe.
An einem kleinen Flusse, nicht wett von ihrem Land-
hause, fanden Alwin und Theodor, die Kinder eines Predi-
gers, bisweilen einen Knaben, welcher angelte, oder mit
anderm Gcräthe fischte. Sie sahen ihm oft zu, und fragten
Straus Kinderfr. 2ter Th. 5
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
TM Hauptwörter (200): [T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T169: [Hand Kreuz König Krone Schwert Zeichen Haupt Gold Mantel Kaiser], T48: [Christ Jerusalem Sultan Mekka Araber Land Jahr Stadt Mohammed Türke], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat]]