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1. Praxis des heimatkundlichen Unterrichts - S. 31

1912 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 31 — Wie wenn man in ein verwunschenes Schloß oder ins Märchenland' gekommen wäre, ist es einem, wenn man ihn betritt. Da stehen sie alle, die Zeugen ferner Tage, eng aneinander gedrückt, als wenn sie gleich alten Be- kannten geheime Zwiesprache hielten und raunten von allem, was sie gesehen und erlebt iu alten und neuen Tagen. In ihrem altväterischen Putz, mit ihren Ecken und Winkeln, ihren frommen Sprüchen in goldenen Buchstaben, ihren niedrigen Türen, winzigen Fenstern und vorgeneigten

2. Praxis des heimatkundlichen Unterrichts - S. 135

1912 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 135 — legenheit zu Handelsanknüpfungen aller Art. Hier kamen die meisten Eingesessenen zusammen. Wie heutzutage noch der Bauer vor und nach dem Gottesdienste auf dem Kirchplatz oder in der nahen Wirtschaft, in der er ausspannt, mit Verwandten und Bekannten Zwiesprach hält oder not- wendige Einkäufe und Besorgungen erledigt, so auch vor Jahrhunderten. Am Tage der Kirmeß wurden Verkaufsstände aufgeschlagen und allerhand Gebrauchsgegenstände und Waren ausgelegt. Ein reges Leben und Treiben entfaltete sich und den Getränken wurde tüchtig zugesprochen. Wenn heute so mancher Jahrmarkt mit heftigen Schlägereien endet, so war dies früher um nichts besser, vielleicht noch schlimmer. Aus den erst gelegentlich er- richteten Verkaufsständen entwickelten sich allmählich ständige. Die Krämer bauten sich an, und so entstand am Kirchplatz eine Reihe Krämerhäuser. Die reichen Bauern des Kirchspiels aber errichteten in dem entstehenden Orte sogenannte Spieker oder Speicher, wie wir sie noch heute auf den Bauernhöfen (Meier Raßfeld) finden. Der Name hat sich bis auf den heutigen Tag hier noch in Familiennamen erhalten. Der meiste Grund und Boden gehörte dem Bischof von Osnabrück. Ihm gehörte auch der Meierhof zu Gütersloh. Alljährlich mußte er nach dem Register von 1240 folgende Abgaben dem Bischof liefern: Drei Molt Weizen, 30 Scheffel Gerste, 4k fette Schweine, 2v* Denare für Wein, 4 Fässer Butter, 30 Käse, 16 Hühner, 2 Gänse und 100 Eier. (Eickhofs.) 1241 kam der Meierhof an das Kloster Marienfeld gegen Eintauschung der Schiffheide zwischen Gütersloh und Wiedenbrück. Bis zum Jahre 1803 blieb er im Besitz des Klosters. Lange Zeit hindurch wird das Dorf Gütersloh nur aus der alten Kirche und den auf oder am Kirchhof gelegenen Häusern bestanden haben. Allmählich dehnte es sich aus, und Straßenzüge wie die Münster- und Königstraße, die Blessenstätte und ein Teil der heutigen Berliner Straße entstanden. Von den alten Häusern sind nur noch wenige erhalten. Das alte Küsterhaus und das Haus Nr. 7 am alten Kirchhof stammen noch aus der Zeit vor dem Dreißigjährigen Kriege. Nicht lange wird es mehr dauern, dann werden die letzten ehrwürdigen Zeugen der vergangenen Tage verschwunden sein. Das Kirchspiel Gütersloh war ursprünglich sehr groß. Es gehörten nicht nur das Amt Gütersloh und die Bauerschaften Sundern, Blanken- Hägen und Nordhorn, sondern auch Kattenstroth, Spexard, Avenwedde, das Olbrock und der Hof Schledebrück dazu. Das Olbrock war eine aus alt- germanischer Zeit stammende „gemeine Mark". Es lag zwischen Gütersloh, Rheda und Wiedenbrück und bestand aus Wald, Heide und sumpfigem Wiesenland. Den altfreien Bauern stand das Olbrock zu gemeinsamer Benutzung zu. Sie durften in ihm Holz schlagen und das Vieh weiden lassen. Die Herrschaft Rheda. Gütersloh gehörte zur Herrschaft Rheda. In ihr war das Geschlecht der Edelherren von Freckenhorst begütert. Sie wuchsen allmählich zu Herren des Landes heran. Die älteste Gewalt aber besaß der Bischof von

3. Praxis des heimatkundlichen Unterrichts - S. 178

1912 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 178 — 45. Bemerkungen zur Heimatqeschichte. Die Geschichte der Heimat soll und kann nicht Stoff des 3. Schul- jahres sein. Das schließt aber nicht aus, daß leichtverständliche und in kindlicher Weise dargestellte Begebenheiten aus der Vergangenheit der Vaterstadt schon jetzt den Kindern gelegentlich mitgeteilt werden. Der Lehrer strebe danach, eine möglichst genaue Kenntnis der Heimatgeschichte zu erlangen, damit er selbst ein klares Bild ihrer Entwicklung bekommt und mit allen Verhältnissen der Heimat vertraut ist. Ist dies der Fall, dann kann er auf der Oberstufe aus der Fülle schöpfen und bei den ein- zelnen Gebieten der vaterländischen Geschichte an den etwa vorhandenen Stoffen der Heimatgeschichte den Schülern ein lebensvolles, sinnliches Bild darbieten oder sie zur Anknüpfung, Erläuterung und Belebung be- nutzen. So behaudeln wir im Geschichtsunterricht in der Oberstufe: Die Entstehung der Stadt Gütersloh. Die mittelalterlichen Rechtsverhältnisse Güterslohs. Wie Gütersloh im Mittelalter aussah. Die Einführung der Reformation in Gütersloh. Die Streitigkeiten zwischen den Protestanten und Katholiken nach der Einführung der Reformation in unsrer Stadt. Welche Leiden hatte Gütersloh im Dreißigjährigen Kriege zu erdulden? Gütersloh während des Siebenjährigen Krieges. Gütersloh in der Franzosenzeit. Die Entwicklung unsrer Stadt im 19. Jahrhundert. Durch die anschauliche, an heimatlichen Beispielen reiche Darstellung der ge- nannten Ereignisse verwächst das Kind noch inniger mit seinem Heimat- boden. Vor seinem geistigen Auge entrollen sich nicht nur klare, packeude Bilder der Vergangenheit der Vaterstadt, sondern auch des Vaterlandes; denn wie der Heimatort unter den Drangsalen des Dreißigjährigen und Siebenjährigen Krieges, unter deu Bedrückungen und Nöten der Franzosen- Herrschaft während der Jahre 1806 bis 1813 zu leideu hatte, so auch unser Vaterland. Je nach den örtlichen Verhältnissen werden natürlich die Stoffe der Heimatgeschichte verschieden sein. Sie sind au deu entsprechenden Stelleu dem Stoffplan der vaterländischen Geschichte einzufügen. Literatur: Eickhoff: Die Geschichte der Stadt Gütersloh. 46. Das heimatkundliche Schülerheft. Bei deu einzelnen Stosseinheiten ist angegeben, welche Arbeiten die Schüfer anfertigen sollen. Formen, Zeichnen, Niederschriften und Sammeln kommen in Betracht. Vom Formen in Sand, Ton oder Plastilin sprachen wir an andrer Stelle. Für das Zeichnen und die Nieder- schriften haben die Schüler ein besonderes Heft. Zweckmäßig ist es, wenn das Schülerheft alle Arbeiten aufnimmt, die die Schüler im heimatkundlichen Unterricht verrichten. Dazu muß es Papier zum Zeichnen und zum Niederschreiben enthalten. Während das Schreibpapier liniert ist, ist es vorteilhaft, das Zeichenpapier zur Hälfte quadratisch liniert, zur Hälfte unliniert zu nehmen. Das quadratisch linierte Papier dient zum Ein- zeichnen der Himmelsgegenden, der Windrose, der Grundrisse des Schul- zimmers, der Schule, des Schulgrundstücks, der Skizzen der einzelnen

4. Praxis des heimatkundlichen Unterrichts - S. 182

1912 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 182 — An den Adventssonntagen singen frühmorgens um 6 Uhr die Jung- linge in den Straßen der Stadt: „Wie soll ich dich empfangen?" „Macht hoch die Tür" und „Mit Ernst, o Menschenkinder, dos Herz in euch bestellt." Zu Silvester bleiben die meisten Leute aus, um wachend ius neue Jahr zu gehen. Um zwölf Uhr wird von dem Kirchturm: „Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren" gespielt. Am Neujahrsmorgen singen die jungen Leute das Lied: „Hilf, Herr Jesu, laß gelingen, hilf, das neue Jahr geht an; laß es neue Kräfte bringen, daß aufs neu ich wandeln kann. Laß mich dir befohlen sein, auch daneben all das Mein. Neues Glück und neues Lebeu wollst du mir aus Gnaden gebeu." Danach spricht der Führer die Strophe: „Nun treten wir ins neue Jahr: Herr Jesu Christ, uns auch bewahr; gib Gnad, daß wir dies ganze Jahr zubringen mögen ohn Gefahr; gib Glück und Heil, gib Fried und Ruh, hernach die Seligkeit dazu." 49. Alte Volkslieder und Reime. Wiegenlieder. 1. Schlop, Kindken, schlop baule, de Vürgelkens sleget so hauge, se fleget so hauge des au dat Nest, bringet usen Kindken 'u paar Ejerkens met. 2. Schlop, Kindken, schlop, do buken geht 'n Schop, dat hev so Witte Föete un giv de Mialk so söete. Schlop. Kindken, schlop. 3. Suse, min Kindken, röwe sot, wenn anner Lü to Bedde goht, kann ick bi de Wegen stöhn un singen: Suse, min Kindken, röwe sot! 4. Manne, Manne, Witte, giv usen Kind en Titte, giv usen Kind en Botterbraud, wet et iu einem Johre graut.

5. Physische und politische Erdkunde von Asien, Australien, Afrika, Die deutschen Kolonien - S. 11

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 11 — zudem reich an Bodenschätzen, wie Steinkohlen (diese werden auch in Konstantinopel als Brennmaterial benutzt), Erze (Eisen, Blei, Gold u. a.), Salz, Schmirgel und Meerschaum. [Der Schmirgel ist ein edler Tonstein. Er findet in gepulvertem Zustande Verwendung in den Edelsteinschleifereien (Amsterdam). Der Meerschaum wiederum wird wie der Ton aus der Erde gegraben. Er bildet zunächst eine zähe, teigartige, gelbliche Masse, erhärtet aber schnell an der Luft und läßt sich dann schneiden und drechseln. Er wird zur Herstellung von Pfeifenköpfen und Zigarrenspitzen verwendet — Meerschaumindustrie in Ruhlas. Kleinasien ist reich an geschichtlichen Erinnerungen mannig- facher Art. An die einstige kulturelle Blütezeit erinnern uns z. B. die Ruinen des alten Troja, nicht weit von der Straße der Dar- danellen. (Die wichtigsten geschichtlichen Ereignisse von den Schülern geben lassen!) Der deutsche Altertumsforscher Schliemann scheint die Stätte gefunden zu haben, wo einst die Burg der Homerischen Stadt (Priamus) sich erhoben hat. Durch die von ihm in den Jahren 1870—1882 auf seine eigenen Kosten geleiteten Ausgrabungen sind u. a. wertvolle altertümliche Gefäße (Becher, Schalen, Krüge, Vasen) und Schmuckgegenstände (Diademe, Ketten, Armbänder, Ringe u. a. m.) aus Gold, Silber, Kupfer, Bronze und Stein zutage ge- fördert worden, welche der genannte Forscher hochherzigerweise dem Museum für Völkerkunde in Berlin überwiesen hat. — Süd- wärts lagen Pergamon (heute Bergama), berühmt durch die Erfindung des Pergamentpapiers, und Ephesus (Wirksamkeit des Paulus), einst Mittelpunkt des Handels in Westafien, und zahlreiche andere griechische Pflanzstädte (das reiche Milet). Im südöstlichen Kleinasien erhob sich etwa auf der Grenze von Taurus und Antitaurus die Geburtsstätte des Apostels Paulus, Tarsus, wo er einst in der Stille und am Webstuhle den Geheimnissen Gottes nachhing. Der heute an dieser Stelle sich erhebende Ort (Tersus, etwa 10 000 Einw.) entnimmt dem fruchtbaren Tale des Kydnos Getreide, Südfrüchte, Baumwolle u. a. Erzeugnisse. [Sardes, einst die Hauptstadt des alten Lydien, erinnert an Krösus (Ruinen).^ Heute ist Kleinasien in den Händen der Türken. Die Türken- Herrschaft ist dem Lande freilich nicht zum Segen geworden. Sie hat vielmehr allüberall einen traurigen Rückgang in der Kultur zur Folge gehabt. In den Küstengebieten, die natürlich am dichtesten besiedelt sind, ist die Bevölkerung stark mit Griechen durchsetzt, welche vornehmlich Handel und Gewerbe treiben. Sonst sind unter den Bewohnern Kleinasiens noch Armenier, Türkmenen und Araber vertreten. Am meisten findet sich die griechische Bevölkerung an der West- und Südküste. Inmitten der Westküste liegt Smyrna (220 000 Einw.), im Altertum die „Krone Joniens", heute die erste

6. Quellenlesebuch für den Unterricht in der Länder- und Völkerkunde - S. III

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
Vorwort. Als geographische Quellen sind in erster Linie solche Werke an- zusprechen, die auf Grnnd eingehenden Studiums oder vornehmlich durch wissenschaftliche Beobachtungen an Ort und stelle zustande gekommen siud und aus Erforschung und Erschließung kleinerer oder größerer Erdräume abzieleu (Werke oou den Professoren Dr. Alb. Peuck, Dr. Theobald Fischer. Dr. Friederiken, Dr. Bezzenberger, Dr. Fridtjof Nansen, von Drygalski, Dr. Carl Chuu, von Alexander von Hum- boldt, Sven von Hedin u. a.). Daneben kommen die mehr gemein- verstündlich gehaltenen volkstümlichen Neisebeschreibnngen in Betracht (z. B. von Ehlers, Perl, Wilda, Meurer, Georg Ebers, H. vou Sodell, Wegeuer, Passarge, Hausjakob, Baumgartner, Güßfeldt, Wilhelm von Massow n. a.). Wenn die letzteren auch meist nur flüchtige Eindrücke von Land und Leuteu wiedergeben, so sind sie doch fast ausnahmslos aus Tagebuchnotizen oder Briefen hervorgegangen und enthalten darum eine Fülle naturwahrer, lebensvoller, gleichsam in Handlung gesetzter an- schaulicher Einzelzüge, packende Beschreibungen und Schilderungen, so daß der Lesende den Darstellungen leicht nud mit Interesse solgen und sich an ihnen erquicken und bilden kann. Hierzu treten Schilderungen von Land und Leuten, die sich auf jahrelangen Aufenthalt iu fremden Landen grün- den (z. B. Dr. Wettstein, Blumenan; Ernst Hacket, Java; Dr. Carl Peters, die Engländer); Missionsberichte (von Flierl, Kleintitschen, D. Merensky), Erlebnisse und Beobachtungen von Militärpersonen (Moltke in der Türkei; Dominik, Kamernn; Schwabe, Deutsch Südwest-Asrika) und Staats- mäunern (Bismarck in Ungarn), Darstellungen von Selbstgesehenem und Selbsterlebtem aus der Heimat (vgl. die Quellenstücke über Deutsch- land), Schilderungen von Dichtern (Heines Harzreise), typische Ab- Handlungen in Zeitschriften (Nanticns, Veröffentlichungen des Instituts sür Meereskunde, Westermanns Monatshefte, Deutsche Erde) u. dgl. Auf diese vielseitigen Stoffquellen hinzuweisen und wertvolle Teile der- selben für den Unterricht darznbieten, ist die nächste Aufgabe des vorliegen- den „Quellenlesebuches". Für die Stoffauswahl siud folgende Grundsätze maßgebend gewesen: 1. Es wurden mehr schnlwissenschaftliche als schöngeistige Werke bevorzugt und aus ihueu Abschnitte gewählt, die schulpraktischen Wert haben und sich durch Darbietung konkreter Einzelzüge, durch Behaud- luug typischer Landschaften und charakteristischer Züge aus dem Volksleben besonders auszeichnen. 2. Der Inhalt soll Zeitgemäßes bieten: Neben Landschaftsschilderungen und geologische» Darstellungen wurden Abhandlungen aus dem Volksleben, der Missionstätigkeit, dem Landwirtschafts-, Bergbau-, Gewerbe- und Handels- betriebe gegeben, das Vaterland aber in den Mittelpunkt des Ganzen gestellt (bei den fremden Erdteilen wurden besonders Schilderungen des Deutsch- tums im Ausland berücksichtigt). A*

7. Quellenlesebuch für den Unterricht in der Länder- und Völkerkunde - S. 163

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 163 — V. Griechenland. („Reisebilder aus dem griechisch-türkischen Orient" von Professor Ix Freiherrn von der Goltz, Direktor des Evang, Predigerseminars in Wittenburg in Westpr. Halle a. S^, Verlags von Eugen Strien. 156 Seiten, geh. 3 Mark, geb. 4 Mark. S. 6—9, 31—34, 43-45.) (1. Athen.) Unser Hotel liegt in einer der breiten neuen Straßen in der Nähe des Universitätsgebäudes; die Stadt trägt hier durchaus den Charakter einer vornehmen kleineren Residenz. Die öffentlichen Gebäude sind in klassischem Stil aufgeführt. Die Läden haben ansehnliche Schau- fenster. An den Straßenecken stehen wie in London die jugendlichen Stiefel- Putzer (genannt Lustro), jedes Winkes gewärtig. Der Verkehr ist der einer mittelgroßen Stadt, nur lebhafter und bunter als bei uns, nach orientalischer Art. Die Hauptstraße führt direkt zum Königsschlosse, einem großen qua- dratischen, nicht sonderlich schönen Bau. Es liegt etwa in der Mitte der neueren Stadt, die zwischen dem Akropolishügel und dem steilen Bergkegel des Lykabettos sich ausdehnt. Nach dem letzteren zu gibt es eine größere Zahl stiller Straßen mit eleganten Wohnungen, das Quartier der Vor- nehmen. Am Fuß der Akropolis dagegen dehnt sich der ärmlichere und engere Teil der Stadt aus, räumlich umfangreicher, aber sehr viel weniger ansehnlich. Die Straßen sind eng und schmutzig. Die Läden und Werk- stätten sind meist nach der Straße ganz offen, so daß das ganze Arbeits- leben zutage tritt. Kapellenartige Kirchen, von denen gerade die kleinsten die ältesten sind, beweisen, wie beschränkt die Mittel für größere Bauten sind. An den Redaktionen der Hauptzeitungen warten zahllose Jungen auf die Ausgabe der neuesten Nummer, um sie mit großem Geschrei in alle Straßen der Stadt zu tragen. An den zahlreichen Läden für Lebensmittel duftet es lieblich und penetrant. Geldwechsler bieten ihre guten Dienste an, um türkische oder fränkische Münze in griechische umzutauschen. Hat man dann das edle griechische Papiergeld erst in den Händen, so kann man aus den Zehndrachmenscheinen leicht zwei Fünfer gewinnen, wenn man sie mit dem Federmesser durchschneidet. Im ganzen kauft man bei Anwendung der nötigen Vorsicht recht wohlfeil. Ein eigentümliches Bild gewähren einige enge Gassen am Fuß der Akropolis, von denen jede nur von je einem Ge- werke belegt ist. In der einen wohnen lauter Schuster, in der anderen lauter Schlächter, in einer dritten lauter Schlosser usw. Eng, dürftig und wenig reinlich reiht sich Werkstatt an Werkstatt. Auch die Wohnhäuser sind meist nur kleine einstöckige Häuser. Sehr zahlreich sind die kleinen Kaffenia, in denen die Griechen gern stundenlang bei einem Schälchen starken Kaffee sitzen, um zu politisieren. Sie sind unglaublich anspruchslos in ihren Genüssen, aber ebenso verschwenderisch mit ihrer Zeit. Wenn man durch diese Straßen geht, hat man noch wenig Eindrücke von klassischer Schön- heit oder von griechischem Idealismus — auch Spuren des Altertums zeigen sich nur spärlich. Wenige Reste römischer Gebäude sind aufgedeckt. Die alte Stadt der Griechen lag noch näher am Fuß der Akropolis. Man betritt ihr Gebiet, wenn man aus den winkligen Gassen herauskommt auf den großen wüsten Platz, auf dem sich der altehrwürdige dorische Hephästus- tempel erhebt, wunderbar erhalten durch mehr denn zweitausendvierhundert Jahre, ein Denkmal der Blüte Griechenlands, jetzt umgeben von den Zeichen Ii*

8. Quellenlesebuch für den Unterricht in der Länder- und Völkerkunde - S. 257

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 257 — des Nelson und ein dem Parthenon nachgebildetes, aber unvollendet gebliebenes Tempelgebäude, das National-Monnment, geben ihm einen atti- sehen Anstrich. Der dritte, fast im Zentrum der Stadt, ist eine nach drei Seiten unnahbare Felspyramide, gekrönt von einer mittelalterlichen Zitadelle, dem alten Königsschloß der Schotten, der Akropolis des Nordens. Zwischen den drei Hügeln breitet sich die Altstadt aus, die ins 15. Jahr- hundert hinaufreicht. Um die Mitte jenes Jahrhunderts wurde nämlich die ganze Stadt ein Raub der Flammeu, und nur drei Gebäude, die Käthe- drale, das Schloß und der Palast Holyrood, haben den Brand überlebt. Nördlich, sanft gegen das Meer hin abgedacht, liegt die Neustadt — eine Stunde weiter in dieser Richtung, durch Dörfchen und Landhäuser mit der Stadt verknüpft, Leilh, ihr Piräus, an dem Firth of Förth, der weiten Meeresbucht, welche sich hier, ähnlich dem Clyde, von Osten her gegen Stirling hin ins Land verbreitet. Die Altstadt ist ein überaus interessantes Gewebe von teils ältern, teils modernen öffentlichen Gebäuden und wunderlichen alten Privathäusern, von Winkelgassen und schönen neuen Straßenzeilen, von alten behäbigen Bürgerwohnungen und ärmlichen Arbeiterquartieren — eine reiche Muster- karte der geschichtlichen Entwicklung von John Knoxens Hans herab bis auf das elegante Klubhaus der Odd Fellows'), von der Bürgerpracht aus den Zeiten der letzten Stuarts bis herab auf die Proletarierkasernen der Gegenwart. Die Neustadt dagegen ist ganz modern, mit Straßen, die sich im rechten Winkel schneiden, mit eleganten Squares^), Crescents^) und Plätzen, mit vornehmen Kirchen, Hotels und Denkmälern. Zwischen beiden Städten, hart am Fuße des steilen Schloßfelsens und der jäh aufsteigenden Altstadt, dehnt sich ein weiter, herrlicher Park von Westen nach Osten aus, von zwei griechischen Tempeln und dem gotischen Denkmal Scotts uuter- brochen, ihm entlang ein Boulevard, Princes Street, der als Lebensader der Neustadt etwas von der Lebendigkeit der Londoner Oxfordstraße mit dem vornehmen Aussehen des Westendes vereint. Hier charakterisiert sich die Stadt am vollkommensten. Der alte Kern und die moderne Entwicklung treffen sich wie der moderne Park und das alte Königsschloß. Viele der bedeutendsten Bauten vereinigen sich zu einem malerischen Gemälde. Griechische Elemente machen es zu einem Athen, die altersgraue Felsenfeste zur nordischen Königsstadt. Über das glanzvolle Bild verbreitet der Park eine vornehme Ruhe. Iv. Kaiser Wilhelms Ii. Reifen nach Norwegen. („Kaiser Wilhelms Ii. Reisen nach Norwegen in den Jahren 1889 bis 1892" von Paul Güßfeldt, 2. Auflage. Mit 26 Heliogravüren und 152 Holzschnitten nach Zeichnungen von Carl Salhmann und einer Orientierungskarte. Berlin, Verlag von Gebrüder Paeiel, 1892. 416 Seiten, 28 Mark. S. 18—19, 20—22, 59—60, 280 bis 282. 283—285.) (1. Das Fjeld.) Die landschaftlichen Schönheiten des Landes sind an die Plateauabstürze und die Täler geknüpft, oder an die meernmbrandete Felsenküste; das Piedestal wird bewundert, nicht die Statue. Ganz im *) spr, Mos, etwa „Verein der närrischen Käuze". 2) spr skwehrs — öffentliche Anlagen. 3) engl. = Halbmond, nämlich halbkreisförmige Anlagen innerhalb der Städte. Marquardt, Quellenlesebuch. 17

9. Quellenlesebuch für den Unterricht in der Länder- und Völkerkunde - S. 288

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 288 — aus dem Hause Hohenzollern 1427 die Burg nebst Pertinenzeu an die Stadt verkaufte, um mit den erhaltenen 120 000 Gulden die Mark Brandenburg als erbliches Lehen zu erwerben. Ob dieses Kaufes und der Gebietsver- mehrung befehdete der Markgraf Brandenburg-Bayreuth-Kulmbach die Reichs- stadt schwer und nachdrücklich. Lauten Widerhall fand die Reformation in Nürnberg, kräftigst unterstützt durch die durch Anton Koberg hochgebrachten Fortschritte in der Buchdruckerkuust. — Tilly vermochte der stark befestigten Stadt keinen Schaden zuzufügen. Gustav Adolf, jubelnd empfangen, konzen- trierte 40 000 Mann bei Nürnberg, errang aber Wallenstein gegenüber keinen Erfolg. Blieb die Reichsstadt auch vor Schicksalsschlägen, wie sie Magdeburg erlitt, verschont, so erschütterten die Folgen des schweren Krieges Nürnbergs Größe, zerstörten Handel und Verkehr, Gewerbe und Gesundheit. Nach dem Siebenjährigen Kriege und dem Raubzug der Frauzoseu ging es rasch dem politischen und finanziellen Verfall entgegen. Vom gebeugten, innerlich gärenden Nürnberg wollte trotz der Bitte um Schutz der König von Preußen uichts wissen, es kam die Auslösung des deutschen Reiches, Nürnberg verlor die Selbständigkeit und wnrde 1806 Bayern einverleibt. Als Handelsstadt stand das alte Nürnberg ebenso machtgebietend da wie als Stätte emsiger Gewerbe; hente wandern Nürnberger Spielwaren und Lebkucheu über die Ozeane, und als Industriestadt geuießt Nürnberg hohen Ruf. Die Taschenuhr ist in Nürnberg erfunden worden, ebenso die Windbüchse, das Feuerschloß, der Metalldruck, die Probierwage. Treu gepflegt ward schon im 14. Jahrhundert die Kunst, und Heinrich Behaim, Veit Stoß, Adam Krafft hatten vielfache Gelegenheit zur Betätigung ihrer Kunst. Albrecht Dürer ist unsterblich in der Geschichte der deutschen Kunst, nicht minder Peter Bischer, der Schöpfer des Grabmals des heiligen Sebaldus, eines der herrlichsten Knnstdenkmale Deutschlands. Der große Seefahrer und Schöpfer des ersten Globus, Martin Behaim, ist ein Nürn- berger Kind, ebenso Veit Hirschvogel, der geniale Glasnialer, Hieronymus Paumgärtner, der gelehrte Freund Melanchthons und Begründer der Stadt- bibliothek, Wenzel Jamnitzer, der berühmte Meister der Goldschmiedekunst, Melchior Pfinzing, der Verfasser des „Theuerdank", Johann Regiomonlanus, der große Mathematiker. Hier saug die Nürnberger Nachtigall, der Schuh- macher Hans Sachs. Die zirka 140 000 Einwohner zählende Stadt trennt die Pegnitz in die Sebalder- und Lorenzer-Seite, so uach den beiden Hauptkirchen genannt. Sieben alte Brücken und mehrere Stege stelleu die Verbindung her; darunter ist die Fleischbrücke, nach dem Muster des ponte rialto in Venedig, die berühmteste. Wie einst steht noch die Umfassungsmauer und der tiefe, jetzt trockengelegte riesige Stadtgraben. Drei Tore stehen noch; das Lauser- tor ist bis auf deu Turm aus Verkehrsrücksichten niedergelegt worden. Jllus gleichen Gründen wurden noch andere, historisch weniger bedeutende ^.ore eingerissen. Für immerwährende Zeiteu soll die schöne Partie vom neuen Tor bis zum Maxtor inklusive Stadtgraben erhalten bleiben. -— Nürnbergs Kirchen sind einzig schön und weisen einen Reichtum an Kunstwerken auf, wie er anderswo vergeblich zu suchen sein dürfte. Hochgeschätzt ist Nürn- bergs Bibliothek und Stadtarchiv im alten Dominikanerkloster, hochinteressant

10. Physische und politische Erdkunde der außerdeutschen Länder Europas und Amerikas - S. 115

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 115 — überschreitet hier den Tiber, und bequeme Verkehrsstraßen führen von hier aus über den Apennin. Die Stadt ist also ein Knotenpunkt des Verkehrs. In der Kaiserzeit hatte Rom weit über eine Million Einwohner. In dieser Zeit wurden großartige Bauten, Tempel, Säulenhallen und Paläste geschaffen. Ein Herrscher suchte den andern in Neuschöpfungen und Verschönerungen zu überbieten. Nachdem aber das Römische Reich gestürzt war, begann die Zeit des Verfalls. Während des Exils der Päpste in Avignon — im 14. Jahrhundert — hatte die Stadt kaum noch 20 000 Einwohner. Im 16. Jahrhundert hob sie sich Abb. 26. Das Forum von Rom. Aus Lehmanns Geographischen Charakterbildern. Verlag von F. E. Wachsmuth, Leipzig, Kreuzstr. 3. von neuem. Die Päpste sorgten für neuen künstlerischen Schmuck und ließen vor allem auch prächtige Kirchen bauen. Aber erst in den letzten Jahrzehnten ist die Einwohnerzahl rasch gewachsen, so daß sie heute etwa 525 000 Einwohner zählt. „Aus den Hügeln, welche die Tiberebene nach Norden und Osten hin umschließen, und auf der weiten Hochebene, die sich ostwärts an die Hügel anlehnt, breitet sich das neuere und neueste Rom aus. Seit der Erhebung der ,ewigen Stadt' zur Hauptstadt des geeinten Italiens hat sich dieses Gebiet, das bis dahin zum weitaus größten Teile von Weingärten und Äckern eingenommen wurde, mit einem ununterbrochenen Netze neugeschaffener oder aus alten Garten- wegen umgewandelter Straßen bedeckt. Sie sind hell, luftig und gesund 8*
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