229
@0 nach Verhältnis in den Provinzen. Da überall so viel ge-
spendet wnrde, so bildeten sich an mehreren Orten Vereine, welche
die Einsammlnng und zweckmäßige Verwendung der Beiträge sich
zur Aufgabe machten; in andern übernahmen einzelne, die sich
des besonderen Vertrauens ihrer Gemeindegenossen erfreuten, oder
die vermöge ihrer amtlicken Stellung dazu Beruf hatten, Land-
räthe, Bürgermeister, Geistliche, Amtmänner re., jenes so mühevolle
Geschäft und widmeten demselben gern alle ihre Mnße. Der Drang
zum Geben ermattete nicht. Noch im Spätherbst des Jahres 1813
bringen die Zeitnitgen lange Verzeichnisse von Geld- und Natural-
spenden, letztere in Tuch zu Kleidung, in Wäsche, Hemden, Strüm-
pfen oder auch in Lazarethbedürfnissen, Binden, Wundsäden und
Lagerzeng bestehend. — Die Regierung, ohne sich sonst einzumischen,
war doch genöthigt, den vielfachen Gaben ihre Bestimmung anzu-
weisen.
Bei diesem allgemeinen Aufschwünge blieben die Franen nicht
zurück. Wie aber damals in allem der Impuls erst von oben
gegeben wurde, woraus man mit Sehnsucht wartete, so auch hier.
Neun Prinzessinnen, an der Spitze die hochherzige Prinzessin
Wilhelm von Preußen, Mariane, geborne Prinzessin von Hessen-
Hombnrg, gründeten einen Fr anen ver ein zum Wohl des
Vaterlandes und erließen unterm dreiundzwanzigsten März, aber
erst veröffentlicht in der Zeitung vom ersten April, einen Aufruf
an die Frauen im preußischen Staate. <Das Vaterland ist in
Gefahr!' beginnt er, wie damals der Ruf durchs ganze Land er-
scholl; Mämier und Jünglinge ergreifen das Schwert, alles
strömt zu den Fahnen und rüstet sich zum blutigen Kampfe für
Freiheit und Selbständigkeit. Aber auch wir Frauen müssen
mitwirken, die Siege befördern helfen, auch wir müssen uns mit
den Männern und Jünglingen einen zur Rettung des Vater-
landes. Darum gründe sich ein Verein, der ^Frauenverein,' zum
Wohl des Vaterlandes. Gern stellen Wir uns an die Spitze des-
selben. Nicht bloß bares Geld wird dieser Verein, als Opfer ge-
bracht, annehmen, sondern jede entbehrliche werthvolle Kleinigkeit,
— das Symbol der Treue, den Trauring, die glänzende Ver-
zierung des Ohrs, den kostbaren Schmuck des Halses. Gern
werden monatliche Beiträge, gern Materialien, Leinewand, ge-
sponnene Wolle und Garn angenommen und selbst unentgeltliche
Arbeit als Opfer angesehen werden. Alles, was auf diese Art
gesammelt wird, gehört dem Vaterlande. Diese Opfer dienen
dazu, die Vertheidiger, die es bedürfen, zu bewaffnen, zu bekleiden,
auszurüsten, und wenn die reiche Wohlthätigkeit der Frauen Uiis
in den Stand setzt, noch mehr §u thun, dann sollen die Verwun-
deten gepflegt, geheilt und dem dankbaren Vaterlande wiederge-
geben werden, damit auch von unserer Seite das Große, das
Schöne erfüllt werde, damit das Vaterland, daß in Gefahr ist,
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
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TM Hauptwörter (200): [T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T99: [Stadt Verwaltung Provinz Gemeinde Beamter Kreis König Spitze Land Angelegenheit], T155: [Soldat Krieg Heer Land Mann Truppe König Waffe Geld Feind]]
230
auch durch unsere Hülse gerettet werde, sich neu gestalte und durch
Gottes Kraft ausblühe?
Dieser Aufruf sprach nur aus, was alle mehr oder weniger
gefühlt hatten. Sogleich gab auch das schöne Geschlecht alles
her, woraus es doch sonst hohen Werth legt: jede Art von Schmuck,
jedes Kleinod, jedes Ersparte. Witwen gaben einen Theil ihrer
dürftigen Pension her, die Ärmste doch noch irgend etwas, die
meisten ihre Arbeitskräfte. Auch die dienende Klasse blieb nicht
zurück. Ein glänzendes Beispiel giebt in der Gegend von Breslau
ein junges Mädchen, Ferdinanda v. Schmettau. Der Vater, Oberst
a. D., früher Commandeur des zweiten westpreußischen Infanterie-
regiments, lebte mit elf Kindern im Alter von einundzwanzig bis
einem Jahre von sechshundert Thalern Pension in einer Erbpacht
im Kloftergut Bergel nahe bei Ohlau in bedrängten Umständen.
Als nun die öffentliche Aufforderung kam, opferte der Vater seine
aufbewahrte Staatsschabracke, Mutter und Schwester gaben ihre
Ringe und kleinen Pretiosen. Ferdinanda, damals sechzehn Jahre
alt, hatte gar nichts zu geben und war darüber untröstlich. Sie
sann nach, was sie darbringen könnte. Sie war im Besitz eines
schönen reichen Haares, welches man oft vergebens ihr hatte ab-
kaufen wollen; sie opferte dasselbe, um das gelöste Geld den Frei-
willigen zukommen zu lassen. Ihr edler Zweck wurde vollkommen
erreicht, denn diese schöne That blieb nicht verschwiegen. Viele
wünschten die Erinnerung daran bleibend zu machen, und es fand
dankbare Anerkennung, als jemand das verkaufte Haar wieder
erstand und darans allerlei Zierrathen, Ringe, Ketten re. anfertigen
ließ, nach denen der Begehr so groß war, daß durch den Verkauf
derselben nach wenigen Wochen vier Freiwillige eingekleidet und
überhaupt nicht weniger als zwölfhundert Thaler gelöst wurden.
Goldene Trauringe wurden aus allen Gegenden des Landes zu
mehreren Taufenden hingegeben. Es war die Veranstaltung ge-
troffen, daß man dafür eiserne Ringe mit der Inschrift: ^Gold gab
ich für Eisen 1813' zurückerhielt, und diese Ringe werden in den
betreffenden Familien noch jetzt wie ein Heiligthum betrachtet.
Außer diesem Sinn der Frauen, das Liebste herzugeben, zeigten sie
sich auch in unausgesetzter Thätigkeit für die gute Sache. Frauen
und Mädchen aus allen Ständen, selbst ans den höchsten, nähten
Montierungsstücke, Mäntel, Hosen, Hemden, zupften Wundfäden
und strickten mit Emsigkeit für die Freiwilligen, und nicht wenige
waren es, die, nicht im Stande wie andere, Geld und Kleinodien
darzubringen, auf solche Weise durch ihrer Hände Arbeit dem
Vaterlande den innigsten Tribut zollten. Später aber haben sie
bei Kranken und Verwundeten in den Lazarethen und Kranken-
häusern eine Aufopferung bewiesen, die des schönsten Kranzes
werth ist. Überhaupt war das weibliche Geschlecht mit einem Feuer
für die Sache des Vaterlandes entbrannt, dem an Glanz und
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
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222
O süßer Tag der Rache!
Das klinget allen Deutschen gut,
Das ist die große Sache.
Laßt wehen, was nur wehen kann!
Standarten wehn und Fahnen!
Wir wollen heut' uns Mann für Mann
Zum Heldentode mahnen.
Auf! fliege, hohes Siegspanier,
Voran den kühnen Reihen!
Wir siegen, oder sterben hier
Den süßen Tod der Freien!
127.
Die Erhebung Preußens.
Aus Beihke's deutschen Freiheitskriegen.
Tellkanspf: Die Franzosen in Deutschland. Hannover 1860. S. 302-
Die Aufrufe des Königs au sein Volk und an das Kriegsheer
nebst der Verordnung über die Bildung der Landwehr und des
Landsturms, diese Aufrufe, welche nun durch das ganze Land
und weit über dessen Greuzell hinaushallten, brachten im Verein
mit allem Vorhergegangenen eine Wirkung hervor, die sich nicht
genügend beschreiben läßt. Das nachfolgende Geschlecht wird immer
davon nur eine schwache Vorstellung haben, man mußte diese Zeit
selbst durchlebt haben. Alle Herzen wurden bis auf den Grund
erschüttert. Auch die Frauen, sonst wenig bekümmert um öffentliche
Angelegenheiten, theilten gleichmäßig das allgemeine Gefühl. Es
war kein Mann, kein Weib, keine Familie im ganzen Laude, die
nicht schwere Unbill von den Franzosen erlitten hatte. Ganz ab-
gesehen von der politischen Schmach, die tief gefühlt wurde, hatte
fast jeder persönliche Beleidigung zu rächen und bittere Verluste
zu beklagen. Seit beinahe sieben Jahren waren tausend und
abertallseud Feinde im Laude, die auf Kosten desselben lebten,
und denen mau noch eine unerschwingliche Kriegssteuer hatte zahlen
müssen. Der Sieger ist niemals sanft, sein Übermuts) und Hohn
hatte beleidigt, aus Kriegstrotz war von ihm so mancher gemiß-
handelt, nicht wenige,, die Widerstand versucht, geschlagen, viele
waren beraubt worden. Noch tiefer war gefühlt worden, was die
Frivolität des Feindes in den Familien verschuldet, die mau außer
Staude gewesen zu rächen. Beständige Einquartierung, nie auf-
hörende Lieferungen aller Art, immerwährendes Liegen auf der
Landstraße mit den Gespannen u.- hatten Bürger und Laudmann
zur Verzweiflung gebracht. Daher in allen Herzen das eine Ge-
fühl: das schimpfliche Joch abzuwerfeti und blutige Rache zu
nehmenz daher der freudige Entschluß, mit Darausetzuug des letzten
Blutstropfens und des letzten Gutes bis zur Vernichtung zu
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
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226
aller Hingebung darin und suchten mit alten Soldaten 51t wett-
eifern. Es war ihnen nur kurze Zeit vergönnt, sich zu bilden
und diejenige Disciplin zu erreichen, welche im Kriege unerläßlich
ist; dafür war ihnen aber auch eine schnellere Auffassung eigen
als dem gemeinen Mann. Die neue Bühne, wo allein der kriege-
rische Werth des Mannes und der Rang des Befehlshabers gilt,
reizte auf eigenthümliche Weise. Die kurze, streuge soldatische Art,
das Commandowort, die Kraft und Schnelligkeit sind überwältigend.
Der dröhnende Ton der Trommeln, der durchdringende Schall der
Hörner, der rauhe Klang der Trompeten haben eine begeisternde
Kraft. So sind diese Freiwilligen zwar den Strapazen mehr er-
legen, als alte geübte Krieger, aber sie haben sich jederzeit brav ge-
schlagen cind wohl die Erwartungen um ein Beträchtliches über-
troffen, die man t>on ihnen zuvor gehegt hat.
Ganz im Geiste der Zeit, als ihr schönster Ausdruck, lag die
Bildung einer Schar Freiwilliger wie die Lütz0 wer, auf die
wir hier noch einmal zurückkommen müssen. Sehr richtig be-
rechneten die Majore v. Lützow und v. Petersdorff die Stimmung
der Jugend, als sie ihre zu errichtende Freischar Me Schar der
Rache' nannten und für sie eine schwarze Uniform verlangten.
Das Vertrauen, welches der König öffentlich in diese beiden Offi-
ziere setzte, die bekannten kriegerischen Gestalten derselben, der pa-
triotische Ton ihres Aufrufs lenkte die allgemeine Aufmerksamkeit
auf dieses Corps hin. Die schwarze Kleidung bestach die Phantasie.
Sie drückte die Trauer über erlittene Drangsal und Knechtschaft
aus uni) deutete auf todesverachtende Rache, die man am Feinde
nehmen wollte. Die Idee der schwarzen Schar, der Schar der
Rache, ähnlich der thebanischen im Alterthum, zog unwiderstehlich
die Jugend an, daher der außerordentliche Zudrang der edelsten
Jünglinge, besonders der Studierenden, und die Fülle der Unter-
stützungen von allen Seiten. Großen Einfluß hatte es, daß der
Turnlehrer Friedrich Ludwig Jahn dabei eintrat, welcher eine
große Zahl ihm anhängender junger Männer warb und noch viel
mehr nachzog. Besonders wurde der Zudrang befördert, als ein
Jüngling, erst einundzwanzig Jahr alt, aber bereits der Nation
durch seine Dichtungen theuer, Theodor Körner, aus Dresden
gebürtig, diese Schar zum Eintritt wählte. In diesem Jüngling
schlug das Herz der Zeit am reinsten. Er war, obgleich noch so
jung, schon berühmt, in, weiten Kreisen geehrt, durch eigene Kraft
in einer Lage, die ihm Überfluß gewährte, geliebt von einer zärt-
lichen Braut und im Begriff, ein eheliches Band zu schließen.
Er warf dies ohne Zögern hin und eilte von Wien nach Schlesien,
wo er am neunzehnten März in die Lützow'sche Freischar eintrat.
^Deutschland steht auf,' schreibt er an seinen Vater, Mr preußische
Adler erweckt in allen treuen Herzen durch seine kühnen Flügel-
schläge die große Hoffnung zu einer deutschen Freiheit.
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier]]
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Extrahierte Personennamen: Petersdorff Friedrich_Ludwig_Jahn Friedrich Ludwig Theodor_Körner
228
Es muß zur Ehre der Nation gesagt werden, daß der Drang
zum Geben gleichen Schritt hielt mit der Freudigkeit, persönlich
in den Kampf zu gehen. Der Zndrang zum freiwilligen Eintritt
war so groß, daß es sehr viele gab, welche die Alisrüstung nicht
aus eigenen Mitteln bestreiten konnten; auf diese besonders wandte
sich zunächst die Theilnahme. Die Zeitungen von Berlin, Breslau
und Königsberg auö jener Zeit, wo die Gaben, wie sie in diesen
Hauptstädten eingiengen, verzeichnet stehen, werden immer ein
schönes Denkmal des Ruhmes sein. Und doch sind diese Auf-
zeichnungen nur ein kleiner Theil dessen, was wirklich in allen
Gauen auf den Altar des Vaterlandes gelegt worden ist. Viele
wollten gern geben, aber sie hatten nicht bares Geld, und auf
dieses, meinten sie, käme es allein an. Ihnen mußte gesagt.werden,
daß in einem Augenblick wie der jetzige, wo der Staat nur durch
außerordentliche Anstrengung seine Selbständigkeit erhalten könne,
jedes Opfer für denselben Werth habe: Pferde, Vieh, Getreide, Fon-
rage, ungemünztes Silber, Waffen, Tuch, Eisen, Stiefeln, Schuhe,
Leder, Strümpfe u. s. w., ja selbst Fuhren, Handarbeit rc., je nachdem
der eine dieses, der andere jenes geben oder leisten könne, seien
eine Unterstützung, eine Förderung für die gemeinschaftliche Sache.
Es ist rührend, was alles hergegeben wurde. Das Heiligste,
was man besonders hoch hält, was uns sonst unschätzbar ist, wurde
freudig zum Opfer gebracht. Es war nöthig, in Bezug dieser pa-
triotischen Gaben eine eigene Behörde einzurichten. Sie bildete
sich in Berlin durch Wahl und Vertrauen, und ihre Mitglieder
nannten sich Nativnalrepräsentanten, Stellvertreter aller Provinzen
und Stände. Diese erließen in der Zeitung vom sechsten März einen
öffentlichen Ausruf an ihre Mitbürger. 'Das Vaterland ist in
Gefahr!' sagt der Aufruf, 'und Friedrich Wilhelm fordert sein
Volk zur freiwilligen Unterstützung auf. — Welcher Preuße kann
da noch zaudern, dieser Aufforderung aus allen Kräften zu genügen!
Mit voller Überzeugung setzen wir bei unsern Mitbürgern den
Willen voraus, ihre treue Anhänglichkeit an König und Vater-
land in der jetzigen Krisis durch außerordentliche Opfer zu be-
thätigen' u. s. w.
Dieser laute Ruf übers Land trug auch sogleich seine reichen
Früchte. Man gab, was irgend möglich war: Staatsdiener, viele
im stehenden Heere dienende Ofsiziere gaben deil vierten, selbst den
dritten Theil ihres Gebaltes, verabschiedete Beamte und Offiziere
einen Theil ihrer Pension, einige die Hälfte, einige diese sogar
ganz. Andere liehen dem Staate ein kleines erspartes Capital
ohne Zinsen während der Kriegsperiode. Viele besoldeten eine An-
zahl Freiwilliger im Felde. Mancher einzelne schenkte mehrere
Tausende von Thalern u. s. w. Berlin allein hat so viel Frei-
willige gestellt und ausgerüstet, als erforderlich sein würden, um
mehrere Infanterie- und Cavallerieregimenter daraus 311 formieren.
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Berlin Breslau Königsberg Berlin Berlin
160
haut eines ochsen, den sie vordem auf dem schiffe gespeist hatten,
wickelte den herzogen darein und nähte sie zusammen; doch hatte
er sein schwert neben ihn mit hinein gesteckt, nicht lange, so
kam der vogel greif geflogen, faszte den ledernen sack in die
klauen und trug ihn durch die lüfte über das weite meer bis in
sein nest. als der vogel dieses bewerkstelligt hatte, sann er auf
einen neuen fang, liesz die haut liegen und flog wieder aus. mitt-
lerweile faszte herzog Heinrich das schwert und zerschnitt die nähte
des sackes; als die jungen greifen den lebendigen menschen er-
blickten, fielen sie gierig und mit geschrei über ihn her. der
theure held wehrte sich tapfer und schlug sie sämmtlich zu tode.
als er sich aus dieser noth befreit sah, schnitt er eine greifenklaue
ab, die er zum andenken mit sich nahm, stieg aus dem neste den
hohen bäum hernieder und befand sich in einem weiten wilden
wald. in diesem walde gieng der herzog eine gute weile fort; da
sah er einen fürchterlichen lindwurm wider einen löwen streiten,
und der löwe schwebte in groszev noth zu unterliegen, weil aber
der löwe insgemein für ein edles und treues thier gehalten wird,
und der wurm für ein böses, giftiges: säumte herzog Heinrich
nicht, sondern sprang dem löwen mit seiner hülfe bei. der lind-
wurm schrie, dasz es durch den wald erscholl, und wehrte sich
lange zeit; endlich gelang es dem beiden, ihn mit seinem guten
schwerte zu todten, hierauf nahte sich der löwe, legte sich zu
des herzogs füszen neben den schild auf den boden und verliesz
ihn nimmermehr von dieser stunde an. denn als der herzog nach
verlauf einiger zeit, während welcher das treue thier ihn mit ge-
fangenem hirsch und wild ernähret hatte, überlegte, wie er aus
dieser einöde und der gesellschaft des löwen wieder unter die
menschen gelangen könnte, baute er sieh eine borde aus zusam-
mengelegtem holz mit reis durchflochten und setzte sie aufs meer.
als nun einmal der löwe in den wald zu jagen gegangen war, be-
stieg Heinrich sein fahrzeug und stiesz vom ufer ab. der löwe
aber, welcher zurück kehrte und seinen herrn nicht mehr fand,
kam zum gestade und erblickte ihn aus weiter ferne; alsobald
sprang er in die wogen und schwamm so lange, bis er auf dem
flosz bei dem herzogen war, zu dessen füszen er sich ruhig nieder-
legte. hierauf fuhren sie eine zeit lang auf den meereswellen,
bald überkam sie hunger und elend, der held betete und wachte,
hatte tag und nacht keine ruh; da erschien ihm der böse teufel
und sprach: ‘herzog, ich bringe dir botschaft; du schwebst hier in
pein und noth auf dem offnen meere, und daheim zu Braunschweig
ist lauter freude und hochzeit; heute an diesem abend hält ein
fürst aus fremden landen hochzeit mit deinem weihe; denn die ge-
setzten sieben jähre seit deiner ausfahrt sind verstrichen.’ traurig
versetzte Heinrich, das möge wahr sein, doch wolle er sich zu gott
lenken, der alles wohl mache, ‘du redest noch viel von gott,’
TM Hauptwörter (50): [T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich
99
nickt verlassen, bestehlt sie ihrer ganzen Dienerschaft, sich in aller
Geschwindigkeit imb Stille zu bewaffnen und die Schloßpforten
wobl zu verriegeln; sie selbst begiebt sich wieder nach dein Saale,
wo die Fürsten noch bei Tische sitzen. Hier klagt sie ihnen in den
beweglichsten Ausdrücken, was ihr eben hinterbracht worden, und
wie schlecht man das gegebene Kaiserwvrt gehalten. Man erwidert
ihr mit Lacken, daß dies nun einmal Kriegsgebranch sei, und daß
bei einem Durchmarsch von Soldaten dergleichen kleine Unfälle
nicht zu verhüten stünden. <Das wollen wir doch sehen/ ant-
wortete sie aufgebracht. Meinen armen Unterthanen muß das
Ihrige wieder werden, oder, bei Gott!' — indem sie drohend ihre
Stimme anstrengte, <Fürstenblut für Ochsenblut!' Mit dieser
bündigen Erklärung verließ sie das Zimmer, das in wenigen Au-
genblicken von Bewaffneten erfüllt war, die sich, das Schwert in
der Hand, doch mit vieler Ehrerbietigkeit, hinter die Stühle der
Fürsten pflanzten und das Frühstück bedienten. Beim Eintritt
dieser kampflustigen Schar veränderte Herzog Alba die Farbe;
stumm und betreten sah man einander an. Abgeschnitten von der
Armee, von einer überlegenen handfesten Menge umgeben, was
blieb ihm übrig, als sich in Geduld zu fassen und, auf welche Be-
dingung es auch sei, die beleidigte Dame zu versöhnen. Heinrich
von Braunschweig faßte sich zuerst und brach in ein lautes Ge-
lächter aus. Er ergriff den vernünftigen Ausweg, deu ganzen
Vorgang ins Lustige zu kehren, und hielt der Gräfin eine große
Lobrede über ihre landesmütterliche Sorgfalt und den entschlossenen
Muth, den sie bewiesen. Er bat sie, sich ruhig zu verhalten, und
nahm es anst sich, den Herzog von Alba zu allem, was billig sei,
zu vermögen. Anch brachte er es bei dem letztern wirklich dahin,
daß er auf der Stelle einen Befehl an die Armee ausfertigte, das
geraubte Vieh den Eigenthümern ohne Verzug wieder auszuliefern.
Sobald die Gräfin von Schwarzburg der Zurückgabe gewiß war,
bedankte sie sich aufs schönste bei ihren Gästen, die sehr höflich
von ihr Abschied nahmen.
68.
Klein Roland.
Von iibland.
Gedichte. Stuttgart und Tübmgen 1853. S- 331.
£rau Bertha saß in der Felsenklust, ‘D König Karl, mein Bruder hehrl
Sie klagt' ihr bittres Los. O, daß ich floh von dir!
Klein Roland spielt' in freier Lust, Um Liebe ließ ich Pracht und Ehr',
Des Klage war nicht groß. Nur, zürnst du schrecklich mir.
7'
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen]]
TM Hauptwörter (200): [T155: [Soldat Krieg Heer Land Mann Truppe König Waffe Geld Feind], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung]]
Extrahierte Personennamen: Heinrich
von_Braunschweig Heinrich Roland Bertha Karl Karl Roland
204
Hüetent wol der drier
leider alze frier,
zungen ougen ören sint
dicke schalchaft, zeren Klint.
dicke schalchaft, zzreu blint
zungen ougen ören sint.
leider alze frier
hüetent wol der drier.
J
153.
Untreue schlägt den eigenen Herrn.
S3on Hebel.
Werke. Karlsruhe 1832. Iii, 24. — Schatzkastlem. Stuttg. u. Tüb. 1846. S. 144.
Ä-ls in dem Krieg zwischen Frankreich und Preußen ein Theil
der französischen Armee nach Schlesien einrückte, waren auch Trup-
pen vom rheinischen Bundesheer dabei, und ein baierischer oder
würtembergischer Offizier wurde zu einem Edelmann einquartiert
und bekam eine Stllbe zur Wohnung, wo viele sehr schöne und
kostbare Gemälde hiengen. Der Offizier schien recht große Frellde
daran zu haben, und als er etliche Tage bei diesem Mann ge-
wesen und freundlich behandelt worden war, verlangte er einmal
von seinem Hauswirt, daß er ibm eines von diesen Gemälden
zum Andenken fch-enken möchte. Der Hauswirt sagte, daß er das
mit Vergnügen thun wollte, und stellte seinem Gaste frei, dasjenige
selber zu wählen, welches ihm die größte Freude machen könnte.
Nun, wenn man die Wahl bat, sich selber ein Geschenk von
jemand auszusuchen, so erfordert Verstand und Artigkeit, daß man
nicht gerade das Vornehmste und Kostbarste wegnehme, und so ist
es auch nicht gemeint. Daran schien dieser Mann auch zu denken,
denn er wählte unter allen Gemälden fast das schlechteste. Aber
das war unserm schlesischen Edelmann nichts desto lieber, und er
hätte ihm gern das kostbarste dafür gelassen. Mein Herr Obrist!'
so sprach er mit sichtbarer Unruhe, ‘immun wollen Sie gerade das
geringste wählen, das mir noch dazu wegen einer andern Ursache
werth ist? Nehmen Sie doch lieber dieses hier oder jenes dort.'
Der Offizier gab aber daraus kein Gehör, schien auch nicht zu
merken, daß sein Hauswirt immer mehr und mehr in Angst ge-
rieth, sondern nahm geradezu das gewählte Gemälde herunter.
Jetzt erschien an der Mauer, wo dasselbe gewesen war, ein großer
feuchter Fleck. ‘Was soll das sein?' sprach der Offizier, wie erzürnt,
zu seinem todtblassen Wirt, that einen Stoß, und auf einmal sielen
ein paar frisch gemauerte und übertünchte Backsteine zusammen,
hinter welchen alles Geld und Gold und Silber des Edelmanns
eingemauert war. Der gute Mann hielt nun freilich sein Eigen-
thum für verloren, wenigstens erwartete er, daß der feindliche Kriegs-
mann eine namhafte Theilung ohne Inventarium und ohne Com-
missarins vornehmen werde, ergab sich geduldig darein und ver-
langte nur von ihm zu erfahren, woher er habe wissen können,
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe], T13: [Kirche Dom Zeit Bau Denkmal Kunst Tempel Bild Werk Stadt], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
TM Hauptwörter (200): [T65: [König Herr Soldat Offizier Vater Prinz Friedrich Majestät General Brief], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T155: [Soldat Krieg Heer Land Mann Truppe König Waffe Geld Feind], T5: [Jahr Recht Person Gemeinde Staat Steuer Familie Kind Lebensjahr Vermögen]]
Extrahierte Ortsnamen: Karlsruhe Frankreich Schlesien
281
Und die Gerechtigkeit verjagt den tollen Schwarm:
Sie blickt durch dich auf ihn, und seine Rücken bluten.
Die Nachwelt wird auf dich als auf ein Muster sehen,
Die künft'gen Helden ehren dich,
Zjehn dich den Römern vor, dem Cäsar Friederich,
Und Böhmens Felsen find dir ewige Trophäen.
Nur schone, wie bisher, im Lauf von großen Thaten
Den Landmann, der dein Feind nicht ist!
Hilf seiner Noth, wenn du von Noth entfernet bist;
Das Rauben überlaß den Feigen und Kroaten!
Ich seh', ich sehe schon — freut euch, o Preußens Freunde! —
Die Tage deines Ruhms sich nahn:
In Ungewittern ziehn die Wilden stolz heran;
Doch Friedrich winket dir — wo sind sie nun, die Feinde?
Du eilest ihnen nach und drückst mit schwerem Eisen
Den Tod tief ihren Schädeln ein
Und kehrst voll Ruhm zurück, die Deinen zu erfreun,
Die jauchzend dich empsahn und ihre Retter preisen.
Auch ich, ich werde noch — vergönn es mir, o Himmel! —
Einher von wenig Helden ziehn:
Ich seh' dich, stolzer Feind! den kleinen Haufen fliehn
Und sind' Ehr oder Tod im rasenden Getümmels)
200.
Die Schlacht bei Jorndorf.
25. August 1758.
Von Archenholtz.
Geschichte deß siebenjährigen Krieges. Berlin 1793. I, 250.
Der König hatte den Feldmarschall Keith mit dem größten
Theil seiner Armee bei Landshut in Schlesien zurückgelassen, um
diese Provinz zu decke»; er nahm bloß vierzehntausend Mann von
den zum Kern seiner Heere gehörigen Truppen, und mit ihnen
gieng er in sehr forcierten Märschen, wohin das hohe Schicksal ihn
rief. Diese kleine Armee brannte vor Begierde, sich an einem
Feind zu rächen, den sie zwar noch nie gesehn hatte, dessen Grau-
samkeiten und Verwüstungen aber, durch den Ruf sattsam bekannt,
Blut in Strömen forderten. Ihre Kriegswuth wurde noch größer,
da sie die verheerten Provinzen betraten, die Schutthaufen sahen
und die Aschenhügel noch rauchend fanden. Kaum kannten sie
ihr verödetes Vaterland mehr. Man eilte, sich dem Feinde zu
nähern. Alle Strapazen wurden von diesen Preußen verachtet,
die ihrer erhabenen Bestimmung als Netter des Vaterlandes ein-
1) Kleist wurde in der Schlacht bei Kunersdorf, 12. Aug. 1759, tödtlich verwundet.
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Extrahierte Personennamen: Cäsar Friederich Friedrich Friedrich August Keith Kriegswuth
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nothwendig macht. Die Fahrt war, wie im Frieden, ohne strenge
Ordnung: die Legionen von einander getrennet, Gepäck und Ge-
zeug, ein zahlreiches Fuhrwerk in ihrer Mitte; auch fehlte es nicht
an einer großen Menge von Weibern, Kindern, Krämern und
anderen wehrlosen Menschen, die sich im Standlager gesammelt
hatten und jetzt, das Zurückbleiben für zwecklos haltend, theils
nach Aliso giengen, theils sich dem Zuge anschlvffen.
Als aber die deutschen Völker in der Nähe den Abzug des
römischen Heeres sahen und in der Ferne von demselben hörten,
da stürmte der lang verhaltene Ingrimm hervor. Ein großes Licht
schlug durch die siustere Nacht und entflammte die Herzen der Men-
schen. Freiheitsgeschrei gieiig von Gemeinde zu Gemeinde, Nache-
rus von Gau zu Gau. Ein jeder sah seine Gefahr in der Gefahr
der bedroheten Brüder. Ein Gefühl in allen führte zu einem Ent-
schluß bei allen. Das ganze deutsche Volk, so weit die Kunde er-
scholl, erhob sich wie ein einiger Mann. Alle deutschen Völker
hatten nur ein einziges Vaterland. Überall wurden die römischen
Soldaten überfallen, überall die römischen Bürger erschlagen; und
von alleil Seiten brausete der Landsturm heran, um das römische
Heer 511 umstellen, um es aufzuhalten aus seinem Zuge, um es an-
zugreisen, 511 vernichten und das Vaterland zu befreien. So all-
gemein war der begeisternde Zorn, daß Sigismund, des Segestes
Sohn, welchen der Vater zum Dienste römischer Gottheiten am
Altare der Übier jenseit des Rheines hingegeben hatte, auf den
Nus des Vaterlandes die priesterliche Binde zerriß nnb über den
Rhein eilte, und nicht zu fehlen bei feinem Volke. Und er selbst,
Segestes, blieb nicht zurück. Der Sturm riß auch ihn fort mit
seinem Volke, hülweg über seine Verblendung, seinen Neid nnb
seine Feindschaft gegen Armin.
Inzwischen zogen die Nöiner langsam und bequem ihres Weges,
Weser abwärts. Sie bemerkten nilr die Mühseligkeit der Fahrt
und gewarteil die Kreise des Unheiles nicht, die sich mit furcht-
barer Schnelle um sie zuscunmenzogen. Alls die erste Nachricht von
Unordnung oder Widersetzlichkeit erließ Varlls eine richterliche La-
dung au die Urheber, entweder weil er in ungeheuerer Verblen-
dung auch jetzt noch befangen war, oder!, was wahrscheinlicher ist,
weil er den Schein unerschütterlicher Zuversicht und Haltung be-
wahren zu müssen glaubte. Aber die Noth wuchs, die Gefahr kam
näher. Der Weg war schon dlwch große Bäume gesperret; die
vaterländischen Götter, das fromme Unternehmen begünstigend,
sandten Regenschauer und Sturm; die Unbehaglichkeit, das Zittern
des Leibes vermehrete schnell die aufsteigende Angst der Seele, und
die erschütterten Gemüther wurden zugleich durch schauerliche Er-
scheinungen am Himmel und auf der Erde gequälet. Schon kam
es -zwischen den deutschen Scharen, die das Heer begleiteten, und
den Römern zu blutigen Auftritten. Die webrlose Menge, Weiber
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien]]
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