Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Physische und politische Erdkunde von Asien, Australien, Afrika, Die deutschen Kolonien - S. 97

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 97 — Oberhaupt des Volkes. An der Spitze der einzelnen Provinzen des Landes stehen Vizekönige. Ihnen dienen wieder die „Mandarinen" (Beamten). Die Chinesen können auf eine uralte Kultur zurückblicken. Schon lange vor Christi Geburt kannten sie Kompaß, Buchdruckerkunst, Schießpulver-, Porzellan-, Glas-, Papier - und Seidenbereitung. Sie konnten damals auch schon kunstvolle Elfenbeinschnitzereien und Holzgegenstände herstellen. Bei ihrer Jahrtausende währenden, strengen Abgeschlossenheit aber, wie diese vor allem durch hohe Ge- birgswälle ringsum, durch Wüsten und das stürmische Meer (Tai- sune) sowie durch die weite Ferne der gegenüberliegenden Gestade gegeben war, blieben sie ohne jeden anregenden Berkehr mit andern Kultur- Völkern, und das bedeutete schließlich auf vielen Gebieten ein völliges Zurückbleiben hinter den ständig fortschreitenden kulturellenver- Hältnissen des Abendlandes. So verknöcherte die chinesische Kul- tur. Doch stehen die Chinesen heute noch unerreicht da in der Seiden-, Lack- und Porzellanindustrie, in der Bereitung von Papier, Holzarbeiten, Elfenbeinschnitzereien, Tusche u. a. m. (Hier sei erwähnt, daß das Land reich an Erzen und Kohlen ist. In dem Maße, in welchem diese Bodenschätze mehr und mehr ausgebeutet werden, können sich auch andere Zweige der Industrie heben.) Ihre Fremdenfeindlichkeit aber gegen die Europäer hat sich bis in unsere Zeit erhalten. Sie kommt in jeweiligen Hetzereien und Aufständen zum Ausbruch, welche dann selten ohne Blutvergießen abgehen. So zeigen z. B. die Ermordung des deutschen Gesandten Freiherrn von Ketteler, dieniedermetzelung chinesischer Christen, dieermordung deutscher Missionare u. a. m. den glühenden Haß gegen die Europäer und die europäische Kultur (Religion). Unter den gewaltigen Bauwerken, welche die Chinesen einst mit großem Fleiße und zäher Energie aufführten, sei neben dem oben erwähnten Kaiserkanal (siehe das!) u. a. noch der Großen Mauer gedacht, welche eine Länge von etwa 2000 km aufweist, über Berg und Tal, über Flüffe und Kanäle führt und in bestimmten Ab- ständen mit Türmen und Bollwerken versehen ist. Sie sollte gegen den Einfall kriegerischer Völker von Norden (Wüste Gobi) und auch aus dem Innern Asiens schützen. Sie ist heute so gut wie be- deutungslos. Schiller hat dieses großartige Bauwerk in folgendem Rätsel gekennzeichnet: Ein Gebäude steht da von uralten Zeiten, Es ist kein Tempel, es ist kein Haus; Ein Reiter kann hundert Tage reiten, Er umwandert es nicht, er reitet's nicht aus. Jahrhunderte sind vorübergeflogen, Es trotzte der Zeit und der Stürme Heer; Heise u. Marquardt, Erdkunde für Lehrerbildungsanstalten. Iii. 7

2. Physische und politische Erdkunde von Asien, Australien, Afrika, Die deutschen Kolonien - S. 99

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 99 — sprang noch zum großen Teile rein egoistischen Trieben. — So muß u. a. auch in der Rechtspflege noch vieles sich ändern, und gar manche mittelalterliche, rohe Strafe — selbst für kleinere Ver- gehen — widerstrebt unseren Anschauungen. So werden u. a. auch noch harte Zwangsmittel angewendet, um den Verbrecher zum Ge- ständnis zu bewegen. Auch die grausamsten Hinrichtungsformen für zum Tode verurteilte Verbrecher werden ausgewählt. Die Flüsse und die reichgegliederte Küste sind die Hauptsied- Abb. 31. Peking. Der westliche Eckturm der Stadtmauer. l u n g s l i n i e n. Die H a u p t st a d t des Kaiserreiches China (mit der Mandschurei 4400000 qkm — 8 mal Deutschland, 330 Mill. Einw, 75 auf 1 qkm) ist Peking am Peiho. (Abb. 31—33.) Der Name bedeutet soviel wie „Nördlicheshoslager". Es ist dieresidenz deskaisers von China. Die Stadt hat etwa 1 Million Einwohner. Sie ist erst von den Mand- schukaisern zur Hauptstadt erhoben worden. Ein großer Teil der Stadt wird von Gärten, Tempeln, Teichen und verlassenen Palä- sten eingenommen. In einzelnen Teilen sind die Straßen schmutzig und voll Unrat, die Häuser ärmlich. Doch ist andererseits in den Vierteln, wo größerer Reichtum herrscht, ein gewisser Luxus nicht zu verkennen. Peking hat eine Universität und zahl- reiche weitere Bildungsstätten. Die Umgebung der Stadt ist

3. Physische und politische Erdkunde von Asien, Australien, Afrika, Die deutschen Kolonien - S. 184

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
über Mursuk nach Kuka (am Tsadsee), von Bengasi über die Kufra- Oasen und Borku nach Kuka, von Siwa über Audschila nach Mursuk, von Dar-Fur nach Ägypten u.a.m. (Abb. 64.) Die Bewohner gehören zumeist zur mittelländischen Rasse, und sie sind entweder hamitischer Herkunft, wie die Tuareg (Berber) im Westen und die Tibbu im Osten oder Semiten, wie die Araber (Mauren). Dazu wohnen im Süden auch Neger. Die vorherrschende Religion ist dermohammedanismus. Die Bewohner zerfallen in ver- schiedene Stämme, die teilweise Viehzucht betreiben oder auch in den Siedlungen der Oasen eine seßhafte Lebensweise führen, anderer- seits aber auch infolge ihres kriegerisches Sinnes sich gegenseitig befehden oder aber auf ihren flinken Rossen und Kamelen auch die Karawanen überfallen und ausrauben, zu welch' schnödem Handwerk sie der Charakter der Wüste ja nur allzusehr reizt. Auch Abb. 63. Wüstenschiffe. Aus einem Führer des Norddeutschen Lloyd. ihre Kleidung ist dem Leben in der Wüste angepaßt, wie denn alle diese Menschen widerstandsfähige, zähe Naturen sind, die dazu für ihr Räuberhandwerk mit der nötigen Klugheit ausgestattet wurden. Die fremden Mächte dringen bei der Besitzergreifung des Landes immer tiefer in das Innere der Sahara vor. Den Franzosen gehört der Westen mit Ausnahme von Tiris an der Westküste, das sich in spanischem Besitze besindet. Frankreich hat von Norden (Algerien) und Süden her immer weitere Gebiete seinem bisherigen Besitze hinzugetan. Die wichtigste Siedlung dieses Gebietes ist Timbuktu, am oberen Niger, einer der bedeutsamsten und ältesten Handels- Plätze Afrikas. Hier laufen täglich Karawanen ein. Die wich- tigften Erzeugnisse des Austauschhandels bilden Gold, Salz, Elfenbein, Gummi, Straußenfedern und Datteln. Die Türken beanspruchen Tripolis, Fessan und Barka. Die Hauptstadt Tripolis liegt auf einer Landzunge im Mittelläu- difchen Meere, hat lebhaften Handel und Industrie von Woll-,

4. Physische und politische Erdkunde von Asien, Australien, Afrika, Die deutschen Kolonien - S. 73

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 73 — empfängt. So mußte die Stadt zum Welthafen aufblühen. Eng- lischer Besitz ist auch die der Westseite Malakkas vorgelagerte Insel Pinang, auch die Prinz Wales-Jnsel genannt, deren Erzeug- nisse (vornehmlich Gewürze) ebenfalls einen wichtigen Gegenstand der Ausfuhr bilden. — Die Andamanen und Nikobaren sind Straf- kolonien für die politischen Verbrecher von Britisch-Jndien. Das selbständige Königreich Siam, welches das Stromgebiet des Menam und einen Teil der Halbinsel Malakka umfaßt, ist -ip Abb. 24. Rangun. Aus einem Führer der Hamburg-Amerika-Linie. etwa Vj6 mal so groß wie Deutschland und hat ungefähr 6^ Mill. Einwohner. Die Bewohner haben sich sehr empfänglich für europäische Kultur gezeigt. Studienkommissionen, der König selbst und auch Mitglieder seiner Familie haben des öfteren Europa und auch Deutschland bereist und dann ihre Erfahrungen für ihr Vaterland in bester Weise zu verwerten gesncht. So sind z. B. das siamesische Verkehrswesen und auch die siame- fische Armee fast ganz nach deutschem Muster eingerichtet. Auch die früher völlig despotische Regierungsweise des Herrschers hat mancherlei Modifikationen zum Besseren erfahren und nähert

5. Physische und politische Erdkunde von Asien, Australien, Afrika, Die deutschen Kolonien - S. 98

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 98 — Frei steht es unter dem himmlischen Bogen, Es reicht in die Wolken, es netzt sich im Meer. Nicht eitle Prahlsucht hat es getürmet, Es dienet zum Heil, es rettet und schirmet; Seinesgleichen ist nicht auf Erden bekannt, Und doch ist's ein Werk von Menschenhand. In neuerer Zeit beginnen die Chinesen nun ihre Abgeschlossen- heit und Abneigung gegen alles Fremde mehr und mehr aufzu- geben. Binnenverkehr und Binnenhandel waren immer schon sehr lebhaft. Letzterer wurde freilich immer etwas durch die will- kürlichen Zölle der Mandarinen in seiner weiteren Entwickelung gehindert. Aber der Außenhandel hebt sich zusehends, seit im Laufe der letzten Jahrzehnte eine ganze Anzahl von Hafenplätzen (Vertragshäfen) dem Verkehr und Handel mit den Fremden frei- gegeben wurden. Bis um die Mitte des 19. Jahrhunderts war Kanton der einzige Ausfuhrhafen, und der Handel der Ausländer war auch hier noch außerordentlich erschwert. Auch sonst ist in der Entwickelung des chinesischen Volkes jetzt manche Wendung zum Besseren zu erkennen, und es ist sehr wahrscheinlich, daß der Blick auf die in ihrer Kultur ausnahmsweise schnell vorgeschrittenen Japaner (Kampf derjapaner mit den Russen, Port Arthur 1904—1905) die Chinesen mit veranlaßt hat, aus ihrer törichten Reserve mehr und mehr herauszutreten und zuerkennen, daß sie keine rechte Veran- lassung haben, den „fremden Teufeln" mit Haß und Verachtung entgegenzutreten. So senden sie heute auch schon Studienkommissionen und Offiziere nach Europa (Deutschland), damit diese nach ihrer Rückkehr die entsprechenden Verhältnisse und Erfahrungen im eigenen Lande nutzbar machen können. Schulen und Universitäten werden vereinzelt schon nach europäischem Muster eingerichtet. Europäische Lehrer helfen den Unterricht in diesen Anstalten reformieren. Telegraph und Telephon finden Eingang nach europäischer Art. Eisenbahnen werden gebaut. Die Bedrückung des niederen Volkes durch die Mandarinen sowie deren Bestech- lichkeit sucht man zu beseitigen. Auch ist man schon mit dem Ge- danken umgegangen, die Regierungsform neuzeitlich — den Kultur- staaten entsprechend — zu gestalten. Dem Opiumlaster soll mit aller Strenge gewehrt werden u. a. m. Und überall, wo wir an größeren Plätzen unseres Vaterlandes Chinesen begegnen, da sind sie vielfach schon äußerlich europäisch zugestutzt. Selbst der ominöse Zopf ist zumeist der Schere gewichen, und auch euro- päischer Sauberkeit scheinen sie schon zugänglicher zu sein. Und dennoch wird der Haß wohl nie ganz verstummen. Erst höhere Stufen der Religion und der allgemeinen Bildung können ihn völlig dämpfen. Was bis jetzt auf dem Wege vorwärts geschehen ist, ent-

6. Quellenlesebuch für den Unterricht in der Länder- und Völkerkunde - S. 18

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
obschon wir in diesem Falle Hütten erwarten können, daß sie zugenommen haben würde. Der Kindermord, welcher früher bis zu so einem außerordent- lichen Grade herrschte, hat aufgehört; Ausschweifung ist in einem bedeutenden Grade unterdrückt worden, und die mörderischen Kriege sind weniger häufig gewesen. Der Missionar I. Williams sagt in seinem interessanten Buche, daß die erste Berührung zwischen Eingeborenen und Europäern unabänderlich von der Einführung von Fieber, Ruhr oder irgend anderer Krankheiten begleitet ist, welche große Zahlen des Volkes dahinraffen. Ferner behauptet er: „Es ist sicherlich eine Tatsache, welche nicht widerlegt werden kann, daß die meisten Krankheiten, welche auf den Inseln während meines Aufenthaltes hier gewütet haben, von Schiffern eingeschleppt worden sind. Und was die Tatsache noch merkwürdiger macht, ist, daß unter der Bemannung des Schiffes, welche eine solche zerstörende Einschleppung verursacht, gar keine Krankheit scheinbar vorhanden zu sein braucht." Diese Angabe ist nicht völlig so außerordentlich, als sie auf den ersten Blick erscheint; denn mehrere Fälle sind beschrieben worden, wo die bösartigsten Fieber ausgebrochen sind, ohne daß die Parteien selbst, welche die Ursachen dazu waren, affigiert ge- wesen wären. In der ersten Zeit der Regierung Georgs Iii. wurde ein Gefangener, der in einem Kerker gefangen gehalten worden war, in einer Kutsche mit vier Koustablern vor den Richter gebracht, und obgleich der Mann selbst nicht krank war, starben doch die vier Konstabler an einem sehr schnell verlaufenden fauligen Fieber; aber die Ansteckung verbreitete sich nicht auf andere. Nach diesen Tatsachen möchte es beinahe scheinen, als ob die Ausdünstungen von einer Anzahl eine Zeitlang zusammengeschlossen gehaltener Menschen giftig wirkte, wenn sie von anderen eingeatmet werden, und möglicherweise ist dies noch mehr dann der Fall, wenn die Menschen verschiedenen Raffen angehören. So mysteriös dieser Umstand zu sein scheint, so ist er doch nicht mehr überraschend, als daß der Körper von einem Mitgeschöpf unmittelbar nach dem Tode und ehe noch die Fäulnis aufzu- treten begonnen hat, häufig von einer so tödlichen Eigenschaft ist, daß ein bloßer Stich mit einem bei seiner Sektion benutzten Instrument sich als todbringend herausstellt. Ii. In Australien und auf Samoa. („Samoa, die Perle der Südsee", & jour gefaßt von Otto E. Ehlers, 6. Aufloge; Berlin, Hermann Paetel. 1904, 191 Seiten, 4 Mark. S. 14, 15, 17, 18, 24, 25, 31—33, 4ü, 41, 48, 49, 75—77, 80—82, 129—131.) (1. Adelaide.) Wer etwa nach Australien kommt in der Erwartung, auf Schritt und Tritt von boxenden Känguruhs angerempelt zu werden, das Emu seine Eier in die Rinnsteine legen und das Schnabeltier seine ausgebrüteten Jungen an den Straßenecken säugen zu sehen, der wird sich schon am ersten Tage schmerzlich enttäuscht sehen. Ich hatte, durch ameri- kanische Erlebnisse gewitzigt, meine Erwartungen auf ein möglichst geringes Maß herabgeschraubt und fand, daß ich gnt daran getan hatte, da ich nun- mehr angenehm überrascht wurde. Adelaide, die Hauptstadt Südaustraliens, die ich nach etwa halbstündiger Eisenbahnfahrt durch schönes frischgrünes Weideland erreichte, macht mit

7. Quellenlesebuch für den Unterricht in der Länder- und Völkerkunde - S. 36

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 36 — gegossen. Alle, die sich zur Zeit des Essens im Gehöste befinden, erhalten einen Teil; denn der Kanake ist sehr gastfreundlich und ladet alle Anwesen- den ein, mitzuessen. Würde jemand nicht eingeladen werden, so müßte er das als eine Beschimpfung auffassen. Da der Wilde sich aber nicht zweimal einladen läßt, so wartet man lieber, bis die lästigen Besucher sich entfernt haben. (8. Religiöse Vorstellungen.) Der Tambn^) ist bei den Kanaken von viel höherer Bedeutung als das Geld bei uns. Aus dem einzigen Grunde, sich ein großes Vermögen zu erwerben, würden sie nicht so sehr nach den Muscheln streben. Dafür sind sie viel zu stumpfsinnig und zu träge. Die Macht und Anziehungskraft des Tambu rührt vielmehr einzig von ihrem religiösen System her. In ihrem krassen Materialismus haben sie die Seligkeit ausschließlich vom Reichtum abhängig gemacht. Nur die Reichen, die bei ihrem Tode viel Muschelgeld hinterlassen, gelangen zur Ruhe, die Seelen der Armen dagegen müssen unstet umherirren. Aus diesem Grunde ist das ganze Sinnen und Trachten des Kanaken auf Tambu ge- richtet. Er will um jeden Preis zur Seligkeit gelangen, und deshalb strebt er während seines ganzen Lebens nach dem, was ihn in den Besitz derselben bringt. Er setzt seine Ehre und seinen Stolz darin, bei seinem Tode viel Muschelgeld zu hinterlassen. Darum läßt sich denn auch leicht die Macht- stelluug und das Ansehen der reichen Häuptlinge erklären, die mehrere tausend Faden zusammengescharrt haben. Mit Tambu kann der Kanake sich alles verschaffen, wonach sein Herz begehrt, da niemand demselben widersteht. Jede Schwierigkeit, jeden Kampf, selbst die Blutrache kann er mit Tambu beilegen. Vor keinem Verbrechen schreckt er zurück, weun ihm eine gute Bezahlung in Aussicht gestellt wird; denn für Tambu ist jeder Kanake zu jeder Schandtat bereit. (9. Kannibalismus.) Trotzdem die Wilden das virua (Menschen- sleisch) als ihre Leibspeise betrachten, so essen sie doch nicht ohne Unterschied alles Fleisch. Der Gazelle-Bewohner verliert den Appetit, wenn es sich um Leute handelt, die eines natürlichen Todes gestorben sind. Er verzehrt nur diejenigen, die er im Kampfe erschlagen oder doch wenigstens abgeschlachtet hat. Gewöhnlich verspeisen die Eingeborenen nicht die Leichen ihrer eigenen Stammesgenossen, nehmen es aber in diesem Puukte nicht so genau. Hat ein Mitglied eines Stammes ein Verbrechen begangen, das er mit dem Tode sühnen muß, so veranstaltet der Häuptling eine Treibjagd auf ihn. Das Fleisch des Erschlagenen verkaufen die Mörder an einen anderen Stamm oder verzehren es selbst. Am begehrtesten aber sind die Leichen von er- schlagenen Feinden und Fremden. Haben die Wilden infolge eines glück- lichen Raubzuges vorab Menschenfleisch genug, so sparen sie die Kriegs- gefangenen für später auf. Diese leben dann in der beständigen Angst, beim nächsten Feste getötet zu werden. Sie müssen zusehen, wie ihre Leidens- genossen einer nach dem anderen, je nach Bedars, abgeschlachtet werden, bis endlich auch die Reihe an sie kommt. i) Muschelgeld.

8. Quellenlesebuch für den Unterricht in der Länder- und Völkerkunde - S. 171

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 171 — Jahreszahlen der Ausbrüche, welche den Boden geschaffen haben, über welchen wir schreiten. Zugleich hören wir, daß unser Weg jetzt ganz neu und erst seit den letzten Ausbrüchen von 1878 in Gebrauch ist, weil früher der Krater von der anderen Seite her, d. h. von dem atrio di cavallo her, bestiegen wurde. Seit die Lava den Zugang von dort unmöglich gemacht hat, ist die Beschwerde des Hinansklimmens viel größer geworden; der eigent- liche Aschenkegel erhebt sich jetzt mit einer Steigung von 30 Grad und mehr, und für schwächliche Personen hat die Tour dadurch allerdings etwas Abschreckendes, ja Gefährliches erhalten. Mit gewissenhafter Genauigkeit zeigte uns der Führer jeden Fleck, wo bald ein Russe, bald ein Engländer, bald ein Franzose jemals umgekommen war. Manche dieser Opfer des Vesuvs waren in der Tat einzig und allein den Strapazen der Besteigung erlegen, aber immer durch ihre eigene Schuld. So hatte noch vor vierzehn Tagen ein mehr als 60-jähriger alter Herr aus Frankreich sich auf diesen Weg gemacht, zuvor aber den Freuden einer reichbesetzten Tafel und auch dem glühenden Wein des Vesuvs reichlich zugesprochen. Beim Hinauf- klimmen war er plötzlich zusammengebrochen, und ein Schlagfluß hatte seinem Leben ein Ende gemacht. Wer den Italiener kennt, der kann sich denken, mit welchem Behagen am Grausigen jeder Führer seinen Fremden solche Tatsachen mitteilt, um dadurch die Schrecken des Berges größer und sein eigenes Verdienst bedeutender darzustellen. Wir kannten diese Motive sowohl wie die Ursachen jener Todesfälle und ließen uns dadurch nicht anfechten. Aber verhindern konnten wir nicht, daß uns vom Observatorium aus eine ganze Schar dienstbeflissener Menschen mit ihren Anerbietungen und Schilderungen der Gefahren und Beschwerden des Berges begleitete. Vier dieser Gesellen waren so hartnäckig und zähe in ihrer Zudringlichkeit wie Fliegen, die man nur verjagt, um sie alsbald von einer anderen Seite wieder erscheinen zu sehen. Zwei umschwärmten beständig meinen Begleiter und zwei hefteten sich an meine Sohlen, während der Führer allen voran- schritt, und nun ertönte es beständig, bald rechts, bald links, bald vor, bald hinter mir: e molto lontauo, Signore, e troppo difficile per lei, e assai pericoloso usw. (es ist sehr weit, Herr, es ist zu schwer für Sie, es ist gauz gefährlich), wobei denn auch die vielen Todesfälle, die hier schon vor- gekommen, als nachdrückliche Bekräftigung zum Überdrusse erzählt und beschrieben wurden. Wir sollten durchaus diese vier Kerle für schweres Geld dazu engagieren, uns mit Riemen den Aschenkegel hinaufzuziehen. Aber frisch und kräftig, wie wir waren, dachten wir nicht daran, solche mehr lästige als angenehme Hilfe zu gebrauchen, und ärgerten uns nur darüber, daß die zudringlichen Meufchen sich in keiner Weise verscheuchen ließen, sondern uns über eine Stunde lang unablässig verfolgten und belästigten. Der Genuß_ der schönsten Aussichten und Naturwunder kann einem durch diese italienische Landplage förmlich verbittert werden. Als die Unverschämten schließlich sahen, daß wir in der Tat ohne ihre Hilfe den Gipfel erreichen würden, legten sie sich zu guter Letzt noch aufs Betteln um ein Trinkgeld und kehrten, als wir unwillig diese Prämie ihrer Unverschämt- heit verweigerten, mit gräulichen Flüchen etwa auf der halben Höhe des Kegels ^ um. Oft genug soll es ihnen freilich durch diese Praxis gelingen, ihre Hilfe für die letzte Hälfte des Weges noch ebenso teuer zu verkaufen, wie wenn sie die ganze Arbeit geleistet hätten. Aber für einen einigermaßen

9. Quellenlesebuch für den Unterricht in der Länder- und Völkerkunde - S. 220

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 220 — einen Stock ans Weißdorn oder Eichenholz, mit dünnem, messingbeschlagenem Griffe, mit allerlei in den Schaft eingekerbten Verziernngen, nach unten anschwellend zu der Breite eines Talerstückes, wie denn auch meist eine Geldmünze in das dicke, mit einem breiten Eisen- oder Messingrande um- schlossene Ende eingenagelt ist: eine tödliche Waffe, sei es zum Stoßen mit dem Griff oder zum Schlagen mit dem anderen Ende. Während der B6arner zwar „höflich aber falsch" genannt wird, liegt in der ganzen Haltung des Basken, in seinem offenen Blicke, seinem jeden Wechsel der Stimmung rasch und treu wiedergebenden Gesichte, in dem Kopfe, den er stolz etwas zurück- wirft, der Ausdruck der Ehrlichkeit zugleich und des Selbstbewußtseins. Wenn uns ein baskischer Bauer, in seinem raschen Dahinschreiten einhaltend und den Makita auf den Boden stemmend, sein „Egün hun" (Guten Tag!) zuruft, so ist in seinem Gruß ebensoviel adeliger Anstand als Herzlichkeit. Der Baske weiß sich jedem ebenbürtig, und er hat noch nie vor jemand den Rücken gebeugt. Bis auf Andorra sind zwar jetzt die sämtlichen Freistaaten verschwunden, die ehedem in den Pyrenäentälern bestanden haben; aber der Baske ist stolz darauf, daß fein Volk einst den Stürmen der Völker- Wanderung Widerstand geleistet, zur Vertreibung der Araber mitgewirkt, im Mittelalter seine Freiheiten gegen jeden Übergriff des Adels geschützt und noch dem Absolutismus Ludwigs Xiv. unübersteigliche Schranken gesetzt hatte. Noch ist in den Basken von dem Freiheitssinn etwas vorhanden, der den Grundartikel ihrer Verfassung eingegeben hatte: „So jemand einen Mann, ein Weib, ein Dorf oder eine Stadt von Guipuzcoa zwingen will zu was es auch fei kraft irgend einer Weisung unseres Herrn, des Königs von Castilien, die nicht von der Volksversammlung gebilligt worden, oder die unsern Rechten, Vorrechten, Gebräuchen und Freiheiten Eintrag täte, so soll ihm ohne weiteres der Gehorsam verweigert werden. Wenn er darauf beharrt, so soll er zum Tode gebracht werden." (2. Am Gave de Pau.) Von der Terrasse des Schlosses und von der Place-Royale, einem der schönsten Plätze der Welt, genießt man eine unvergleichliche Aussicht, zunächst auf den Park und die Gärten, eine alt- berühmte Zierde der Stadt Pau, dann auf den Fluß Gave und feine in immer frischem Grün prangenden User, dann drüben auf die Wald- und Rebenhügel, darunter diejenigen von Juranyon, wo ein so herrlicher Wein gedeiht, daß der auf den Alleingenuß bedachte Heinrich Iv. die Reben von seinen Soldaten bewachen ließ, und endlich auf die in hellblauem Lichte schimmernde Pyrenäenkette mit dem einsamen Pic du Midi de Pau, die in natürlichem Rahmen das mannigfaltige und doch so harmonische Bild ein- faßt. Wenn nicht schöner, so doch vielleicht erhabener bietet sich der Anblick der Pyrenäen demjenigen, welcher, von den Tälern und Eichenwäldern der nördlichen Umgegend herkommend, mit einem Male aus der flachen Ebene der „Landes", die hinter dem von hier aus nicht sichtbaren Pau beginnen, das Panorama der Pyrenäen vom Pic d'orhy bis zum Pic du Midi de Bigorre vor sich auftauchen sieht. Wir dürfen wahrlich den glücklichen Be- wohnern von Pau nicht zu sehr verargen, wenn sie beim fortwährenden Genüsse solcher Schönheiten, bei der Milde eines Klimas, die im Winter noch diejenige von Rom und Nizza übertrifft, bei dem Reichtum einer Natur, die den Landleuten das zum Unterhalt nötige Maß von Kastanien, Feigen und Mais fast ohne menschliche Nachhilfe liefert, sich den größten

10. Quellenlesebuch für den Unterricht in der Länder- und Völkerkunde - S. 233

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 238 — und den großen Handelszentralen. Was Frankreich dem Reisenden so der- führerisch macht, ist, daß sich das ganze nationale Leben in einem Punkte scheinbar, in Paris, zentralisiert. So deutlich findet man die Kräfte bei uns nirgend vereinigt, und man zweifelt darum leicht, daß sie vorhanden sind. Dem Reisenden erst wird es klar, welche Energien über das ganze Land verbreitet sind; er erst sieht es recht, wie der Deutsche überall in der Werkstatt weilt, und wie die Arbeit unter seiner derb zupackenden Hand knirscht. Und diese Arbeitsemsigkeit eben macht den Deutschen unliebenswürdig. Er hat keine Zeit, auf andere einzugehen. Er muß sich selbst und seine Arbeit durchsetzen: das füllt ihn ganz aus. So kommt es, daß man einen anderen Gesichtsausdruck an den Menschen wahrnimmt, wenn man die Grenze passiert hat. Etwas Hartes ist in den Zügen, eine geistlose, nn- bewegliche Energie, eine mürrische Entschlossenheit. Die ganze neudeutsche Bevölkerung scheint, so wenig hastig und temperamentvoll sie ist, immer wie auf dem Sprung zu leben, scheint eilig, wie stehend, nur zu essen, um gleich wieder schaffen zu können, wo der Franzose seine Mahlzeit mit Ruhe, Behagen, Feierlichkeit und Form umgibt. Das Menschliche tritt im öffent- lichen Leben mehr zurück. Es flüchtet sich in die Einsamkeit jeder Seele und wird dort zu einer fast tragisch heftigen Sehnsucht, zu einer schmerz- lichen Hoffnung. Und das macht den einzelnen nur noch mehr unliebens- würdig, bei großer innerer Tüchtigkeit. Iv. Die Franzosen. („Frankreich und die Franzosen" in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Eindrücke und Erfahrungen von Karl Hillebrand. Berlin. Verlag von R. Appenheim, [fegt Karl I. Trübner, Straßburg i. E., 4. Aufl. 1898]. 343 Seiten, 3 Mark, geb. 4 Mark. S. 23—29, 35—37, 46—48.) (1. Redlichkeit.) Nirgends ist die Redlichkeit (probit<3) mehr zu Hause als in Frankreich; sie ist allerorten, in der Stadt wie im Dorf, in jedem Stande, vom Millionär bis zum letzten Proletarier zu finden. Groß- artigen esoroes und Dieben wird man in Frankreich wohl begegnen, ob- schon nicht mehr als in England oder Amerika: kleine Veruntreuungen kommen absolut nicht vor. Dienstboten und Arbeiter sind von der skrupu- lösesten Ehrlichkeit: Hausdiebstahl, Entwendung kleiner Gegenstände, Über- Vorteilung sind Dinge, von denen man nie reden hört*). Nie sieht man einen Fremden überfordern, aus seiner Unkenntnis der Sprache oder der Münze Vorteil ziehen; kurz, der Franzose ist unbedingt verläßlich in Geldsachen — vorausgesetzt, daß er nicht mit dem Staate zu tun hat. Schmuggeln, der Regierung übertriebene Rechnungen vorlegen, sich einer Steuer entziehen, die Höhe seines Einkommens falsch angeben — eine Unwahrheit kostet ja den Kelten wie den Romanen nichts — sind tag- tägliche Vorkommnisse, die niemand streng beurteilt. Der Staat ist eben keine lebendige Person, der man zu nahe tritt, und was ihm zugute kommt oder ihm entzogen bleibt, verteilt sich auf alle: der einzelne wird dadurch ~ *)J5)em Schreiber dieser Zeileu ist es z. B. iu 20 Jahreu und in den verschiedensten seilen Frankreichs nie vorgekommen, etwas zu verschließen, und es ist ihm nie etwas entwendet worden.
   bis 10 von 521 weiter»  »»
521 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 521 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 54
1 303
2 241
3 344
4 491
5 643
6 173
7 526
8 184
9 153
10 521
11 204
12 190
13 292
14 164
15 160
16 224
17 166
18 546
19 172
20 93
21 256
22 134
23 121
24 324
25 194
26 272
27 274
28 515
29 523
30 110
31 159
32 36
33 237
34 354
35 170
36 225
37 1194
38 713
39 326
40 96
41 174
42 137
43 631
44 102
45 725
46 309
47 345
48 216
49 358

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 2
1 101
2 8
3 2
4 30
5 0
6 1
7 14
8 17
9 81
10 2
11 4
12 4
13 4
14 6
15 5
16 27
17 282
18 0
19 39
20 14
21 14
22 39
23 71
24 2
25 8
26 7
27 0
28 22
29 34
30 1
31 13
32 5
33 1
34 15
35 5
36 21
37 25
38 89
39 30
40 3
41 41
42 18
43 22
44 11
45 36
46 8
47 1
48 4
49 1
50 0
51 17
52 36
53 5
54 33
55 17
56 13
57 14
58 8
59 61
60 27
61 7
62 0
63 5
64 8
65 17
66 5
67 5
68 43
69 13
70 5
71 149
72 16
73 5
74 12
75 12
76 15
77 36
78 15
79 2
80 2
81 0
82 53
83 23
84 3
85 19
86 25
87 40
88 31
89 3
90 13
91 12
92 131
93 2
94 66
95 8
96 16
97 7
98 183
99 2

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 2
1 3
2 15
3 1
4 5
5 3
6 6
7 12
8 0
9 16
10 18
11 2
12 10
13 3
14 0
15 5
16 8
17 4
18 16
19 15
20 1
21 12
22 18
23 1
24 1
25 6
26 13
27 6
28 0
29 4
30 12
31 4
32 1
33 133
34 8
35 16
36 0
37 8
38 9
39 28
40 19
41 4
42 0
43 19
44 17
45 0
46 2
47 3
48 1
49 10
50 22
51 9
52 8
53 2
54 29
55 9
56 8
57 4
58 7
59 124
60 13
61 22
62 8
63 13
64 9
65 47
66 0
67 12
68 4
69 0
70 0
71 37
72 6
73 12
74 2
75 7
76 2
77 5
78 7
79 18
80 8
81 109
82 9
83 1
84 0
85 4
86 2
87 4
88 5
89 1
90 1
91 10
92 1
93 0
94 0
95 0
96 3
97 17
98 3
99 5
100 58
101 1
102 14
103 9
104 1
105 1
106 3
107 1
108 0
109 1
110 4
111 13
112 23
113 0
114 7
115 1
116 15
117 3
118 0
119 0
120 13
121 27
122 0
123 7
124 9
125 8
126 3
127 17
128 0
129 8
130 2
131 22
132 7
133 10
134 0
135 0
136 41
137 2
138 2
139 2
140 13
141 5
142 11
143 41
144 1
145 36
146 7
147 8
148 11
149 0
150 11
151 43
152 23
153 1
154 4
155 60
156 32
157 36
158 2
159 5
160 0
161 8
162 3
163 9
164 0
165 14
166 99
167 3
168 2
169 5
170 8
171 15
172 3
173 11
174 9
175 44
176 3
177 122
178 0
179 13
180 2
181 9
182 47
183 43
184 4
185 5
186 2
187 4
188 10
189 5
190 40
191 0
192 5
193 2
194 10
195 1
196 34
197 1
198 4
199 6