Autor: Meyer-Wimmer, J., Dreyer, Friedrich, Meyer, Johannes
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
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berand (= manteltragend) sprengt er dem wilden Heere auf einem achtfüßigen Rosse voran. Im Mecklenburgischen war es Sitte, einen Ährenhaufen unabgemäht auf dem Felde stehen zu lassen. Die Meier schürzten ihn oben zusammen, traten mit abgezogenen Hüten und ausgerichteten Sensen um den Hausen herum und riefen:
»Wode, hale dinem rosse nu voder,
Nu distel unde dorn,
Tom andern jar beter kom!«
Dieselbe Sitte bestand im Schaumburgischen. Wodan wohnt in der hohen Himmelswohnung. Von da sieht er alles und weiß, was geschieht. Sein Abzeichen ist der Speer. Zu ihm flehen die Krieger um Sieg. Zu ihm kommen die im Kampfe gefallenen Helden. An Wodan erinnern Ortsnamen: Gutenswegen bei Magdeburg. Godesberg bei Bonn, der Wuodenisberg im Hessischen (unweit der heiligen Eiche, die Bonisacius fällte). Wodans Tag war der Mittwoch (niederdeutsch Gudensdag, engl. Wednesday). Dem obersten aller Götter trat der starke Donar oder Thor, sein Sohn, zur Seite. Sein Zeichen war der Hammer (Donnerkeil) oder die Keule. Donar erregt die Gewitter,, er ist der Gott der menschlichen Ordnung. Durch den Hammerwurf sicherte man sich den Erwerb. Donar fährt auf einem mit Böcken bespannten Wagen, wahrscheinlich wurden ihm Ziegen und Böcke als Opfer dargebracht. Sein heiliger Tag war der Donnerstag. Auch an Donar erinnern Ortsnamen: Donnerschwee bei Oldenburg, der Donnersberg an der Diemel, Donnerstedt im Amte Thedinghausen. 723 fällte Bonisacius die Eiche des Donar bei Gäsmere — Geismar. — Der dritte der Hauptgötter war Ziu oder Saxnot. der Kriegsgott, Ihm war das Schwert heilig. Aus dem Dienste des Schwertgottes rührt auch das Schwert im sächsischen Wappen her, sowie der Gebrauch der deutschen Könige, sich das Schwert durch den Herzog von Sachsen vortragen zu lassen.
Neben die genannten drei Hauptgottheiten traten eine Menge von niedern Göttern, der Lichtgott Balder, die Göttinnen Nerthus (Her-thus ober Hertha), Frigga (Wodans Gemahlin) und Freia (Freitag), Wasser- und Waldgeister, Zwerge, Kobolde und Riesen. Letztere vertreten die wilden und verheerenden Naturkräfte: Stürme, Feuer, Blitz, Waldströme. Nebel. Reif, Hagel, Schnee, Eis, Bergstürze u. s. w. Die Spuren des alten Götterdienstes finden sich zahlreich in den deutschen Volksmärchen wieder (Dornröschen, der Reiche und der Arme,
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Er war von starkem Körperbau und maß sieben seiner eigenen Fußlängen. der obere Teil seines Kopses war rund, seine Augen groß und lebhaft, die Nase stark, der Nacken dick und kurz, sein Leib etwas vorhängend. Sein Gang war fest, seine ganze Haltung zeugte von männlicher Kraft, hell und hoch erklang seine Stimme. Das freundliche Gesicht umrahmte im Alter weißes Haar. In den letzten vier Jahren seines Lebens plagte ihn das Fieber, und in der allerletzten Zeit hinkte er auf einem Fuße. Böse Ahnungen erfüllten seine Seele, als er, am Ufer des Meeres stehend, die Meerdrachen der Normannen gewahrte, deren Raubzüge seinem Reiche bald verhängnisvoll werden sollten, aber solange er selbst lebte, wußte er die gefährlichen Feinde fernzuhalten. 810 und 811 erlebte er noch eine furchtbare Pest unter dem Vieh und eine Hungersnot unter den Menschen. In ebenderselben Zeit verlor er seine älteste Tochter und seine beiden ältesten Söhne Karl und Pippin, Männer, die zu den schönsten Hoffnungen berechtigten, durch den Tod. Seinem letzten Sohn, Ludwig von Aquitanien, ließ er 813 die Kaiserkrone und die Herrschaft, dann legte er sich und hauchte am 28. Januar 814 seine Seele aus. An demselben Tage noch ward er im Dom zu Aachen bestattet. Nicht „auf goldenem Stuhle sitzend", wie die Sage berichtet, sondern in einem noch erhaltenen Marmorsarkophage (Steinsarg), den eine Darstellung des Raubes der Proserpina ziert, fand der Körper des mächtigen Herrschers seine Ruhestätte. Die Inschrift über seinem Grabe lautet folgendermaßen: „Unter diesem Steine ruht der Körper Karls des Großen und rechtgläubigen Kaisers, welcher das Reich der Franken herrlich erweitert und durch siebenundvierzig Jahre glücklich regiert hat. Er starb, da er siebzig Jahre zählte, im Jahre des Herrn 814, in der siebenten Jndiktion*), am 28. Januar. (Nach Erl er und Freytag.)
*) Die Jndiktion giebt an, die wievielte Stelle ein Jahr in einem Cyklus von 15 Jahren einnimmt.
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Pippin Ludwig_von_Aquitanien Ludwig Karls
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Für die Kolonisation im Südosten des Reiches ist Bayern der Ausgangspunkt geworden. Heinrich, Ottos d. Gr. Bruder, brach mit unerschütterlicher Ausdauer deutschem Wesen Bahn. Seine Arbeit führten in späterer Zeit die babenbergischen Herzöge (seit 1156) von Österreich weiter, sie sind die eigentlichen Verbreiter deutscher Kultur im Südosten. Der Strom der deutschen Einwanderung flutete bis in die östlichen Alpenthäler, bis an den Karst und bis nach Istrien, die äußersten Grenzen erreichte sie wohl in Siebenbürgen und am Südabhange der Karpathen. Aber hier blieb das slavische Element mitbestimmend, es bildete sich eine Mischung von deutschen und slavischen Elementen, während im Norden eine rein-deutsche Bevölkerung entstand. (Meist nach Müller.)
Alles staatliche Leben hat seine Grundlage im Familienleben, dieses ist der Keim, aus welchem jenes sich entwickeln muß, und die Ent- le6cn-Wicklung wird schneller oder langsamer, gedeihlich oder kümmerlich von statten gehen, je nachdem das Familienleben seinen eigenen Gesetzen folgt oder dieselben verleugnet und somit der Vernichtung entgegentreibt. Daß deutsche Kultur so hoch geschätzt wurde, erfolgreich in die fernsten Länder eindrang und deren schlummernde Kräfte zu mächtiger Entfaltung und hoher Blüte zu bringen wußte, ist jedenfalls nur eine Folge der gesunden Erziehung, welche das deutsche Kind im Elternhause empfing und die es befähigte, die größten körperlichen Anstrengungen zu ertragen, klaren Blickes auch in der Fremde sofort die Anknüpfungspunkte zu finden, welche leibliches wie geistiges Wohlergehen forderten, und mit unerschütterlicher Ausdauer die als richtig erkannten Wege stetig zu verfolgen. Schon im Altertume waren die deutschen Frauen wegen ihrer Keuschheit berühmt, und die Treue deutscher Ehegatten fand in ergreifenden Liedern die schönste Verherrlichung. Im wesentlichen gilt das auch von dem Eheleben in dieser Periode.
„Auf Grund einer Eheberedung der beiderseitigen Verwandten ge-1s-|erä schah die Verlobung von Braut und Bräutigam vor Zeugen. Der nächste männliche Verwandte der Jungfrau führte sie herzu. Sie sprach ihre Zustimmung aus. Der Bräutigam küßte sie und wechselte mit ihr die Ringe. Die Vermählung wurde unter gleichen Förmlich- Ber-keiten vollzogen. Die Verwandten versammelten sich. Man bestimmte Iu"a-das Heiratsgut. Das Brautpaar trat in den Kreis, welchen Geschlechtsgenossen und Freunde schlossen. Ein des Brauches kundiger
9*
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Ottos
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wurde daher Waschwasser gereicht. — Die Hauptmahlzeit fand am Abend statt. Vormittags nahm man den Morgenimbiß. — Außer Geflügel. Wildbret und Fleisch vom Herdenvieh wurde namentlich Fisch in den mannigfaltigsten Zubereitungen aufgetragen. Mußten sich Arme mit einer Mehlsuppe und mit sonst dürftigen Lebensmitteln begnügen. so war der Tisch Wohlhabender mit allerlei Leckerbissen besetzt. mit Braten. Brühen und Gebäck. Besonders in den Klöstern scheint die Kochkunst ausgebildet zu sein. — Das Mittelalter besaß eine merkwürdige Liebhaberei für stark gewürzte Speisen. Pfeffer und andere edle Gewürze kamen in Handel und galten gelegentlich als wertvolle Beute. — Zu Fleisch und Gemüse genoß man Schwarzbrot aus Roggen oder Hafer und Weißbrot. Semmel und Brezel. — Met, Bier und Wein waren die gebräuchlichsten Getränke. Wie in der früheren Zeit wurden dem Weine würzige Stoffe beigemischt. Rheinwein und süßen Botzener schätzte man hoch. Aber auch das Erzeugnis der Rebenpflanzungen an der thüringischen Saale und sonst im nördlichen Deutschland wurde nicht verschmäht.
fungens M-nter den Vergnügungen nahmen die Trinkgelage eine hervorragende Stelle ein. An Saitenspiel und Gesang erfreuten sich Ritter und Bauern. Zum Klange der Harfe und Fiedel oder des Tanzliedes bewegten sich der ritterliche Mann und die vornehme Dame mit zierlichen Schritten und Geberden, näherten sich und flohen einander in sinnreichem Spiele. Die Bauern faßten die Hand ihrer Tänzerinnen, und zum Takte eines Liedes, das die Weiber sangen, traten die Paare den Reigen. — Die alte Leidenschaft für das Würfelspiel schien namentlich im Klerus unausrottbar. Gegen Ende des Zeitraumes ist vom Hasardspiele die Rede. Im Kugelspiele strebte jeder, die Kugel so nahe wie möglich an das Ziel zu schieben. Ungleich edler war Brett- und Schachspiel. Schachbrett wie Figuren hatten eine solche Größe und Schwere, daß sie im Notfälle als Waffen dienen konnten.
Der Besitz gezähmter Tiere und besonders abgerichteter Vögel ergötzte Männer und Frauen. Mit Staunen betrachteten die Deutschen die fremdartigen Tiergestalten aus der fernen Wunderwelt Asiens und Afrikas, wie sie den Kaisern von auswärtigen Fürsten zum Geschenke dargebracht wurden.
Turnier. In die Frühlingszeit verlegte man häufig die ritterlichen Waffenspiele, die ein Abbild ernster Reiterkünste waren. Im Buhurd trafen
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Asiens Afrikas Buhurd
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geändert. Wie früher baute man erst Winter-, dann im folgenden Jahre Sommersrucht und ließ im dritten Jahre das Feld brach liegen (Dreifelderwirtschaft). Das Pflügen besorgte man mit Hilfe der Ochsen, zum Mähen bediente man sich der Sensen. Wiesen wurden meistens nur einmal gemäht und dienten dann dem Vieh zur Weide. Die Hauptfrüchte waren Weizen und Roggen, Gerste und Hafer, Gemüse, Hülsenfrüchte und Flachs. Um Acker- und Gartenbau machten sich einige Orden verdient, namentlich die Cistercienser und Prämonstra-tenser, aber auch manche Burgherren legten einen Ziergarten und Baumgänge an. Allmählich steigerte sich die Nachfrage nach den Erzeugnissen der Ackerwirtschaft und des Gartenbaues. In den Städten wuchs die Gewerbethätigkeit, Handel und Verkehr entzogen die Bürger der bis dahin betriebenen Landwirtschaft immer mehr und zwangen sie dadurch, von den Bauern zu kaufen, was sie brauchten. Hierdurch wurden letztere veranlaßt, ihrer Arbeit mehr Aufmerksamkeit und größeren Fleiß zu widmen, um reichlichere und bessere Erzeugnisse des Bodens liefern zu können. Die Viehzucht blühte auf, die Pferdezucht gewann durch den Reiterdienst, die Schafzucht stieg infolge des Wollengewerbes in den Städten, die Bienenzucht lieferte den Klöstern und Kirchen Wachs zu Kerzen, der Honig wurde als Würze der Speisen und Getränke statt des später hergestellten Zuckers verwendet, auch diente er zur Bereitung des Met. Die vielen Fasttage, welche die Kirche vorschrieb, zwangen zum Betriebe der Fischzucht und des Fischfanges. Die immer zahlreicher werdenden Bierbrauereien förderten den Anbau von Hopsen und Gerste. Nach und nach waren auch die Preise gestiegen. „So kostete ein Huhn im zehnten Jahrhundert noch i/2 Pf. — 18 im elften schon 1 Pf. — 36 Denselben Preis
hatte eine Mandel Eier, das Doppelte und Dreifache eine Gans. Ein fettes Schwein kostete 20—24 Pf. — 7—8,40 Ji nach unserm Gelde, ein Schaf 10 Pf. — 3,50 Ji“ Daß auch der Weinbau weit verbreitet war, ist an anderer Stelle bereits ausgeführt worden. „Umfänglichere Weinberge gab es namentlich bei den größeren geistlichen Stiftungen; sie wurden durch Hörige bestellt, die außerdem von ihrem eigenen kleinen Besitztum ihren Herren einen Weinzehent abliefern mußten."
Großen Nutzen gewährten die ungeheuren Waldungen, die allerdings eifrig gelichtet wurden, wodurch ein Steigen der Holzpreise entstand. Auf den Waldblößen herrschaftlicher Forsten durften die
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Mann richtete an die Jungfrau und an den Bräutigam die Frage, ob sie einander zur Ehe begehrten. Auf ihr Jawort hin überreichte der Jüngling dem Mädchen den am Schwertgriffe Hangenden Ring. Beide küßten sich, und nachdem ein Hochzeitslied gesungen war, brachte man den jungen Eheleuten Geschenke. Am Morgen nach der Verbindung hielten wenigstens vornehme Ehepaare Kirchgang und empfingen im Gotteshause die priesterliche Einsegnung. Allerlei Lustbarkeiten verschönten das Fest."
„Die Kirche wurde im dreizehnten Jahrhundert bei der Trauung der Landleute wie der Hofleute noch durchaus nicht immer in Anspruch genommen. Erst im vierzehnten Jahrhundert galt es für ungebildet, nicht von einem Geistlichen eingesegnet zu sein. Noch im fünfzehnten war möglich, daß Bauern ihren Pfaffen höhnten, weil er nach einer solchen Vermählung im Kreis der Genossen forderte, daß ein Aufgebot wegen möglichem Einspruch erfolgen müsse. Die Bauern lachten und riefen: ,Bevor es Mönche und Pfaffen gab, ist die Ehe gewesen!<" (Vergl. G. Freytag, „Bilder aus der deutschen Vergangenheit", Band 2. S. 60.)
„Der Mann war seiner Ehefrau Vormund. Ihr Vermögen stand unter seiner Verwaltung. Selbst körperliche Züchtigung mochte der gestrenge Eheherr dem Weibe angedeihen lassen. Ein Grund der Ehehinderung war die Verwandtschaft bis zum siebenten, später bis zum vierten Verwandtschaftsgrade (Innocenz Iii. 1216). Die Ehe Unfreier mußte von dem Herrn des jungen Paares gestattet sein, auch war dafür eine bestimmte Abgabe zu entrichten. Zur Sicherung der juch/. Wülrw se^te ihr der Ehemann die Leibzucht oder das Leibgedinge aus. d. h. er überwies ihr die lebenslängliche Nutznießung von einem Teile seines Vermögens. Nach altem Brauche verehrte der Gatte ^Z^'seiner Frau am ersten Morgen ihres Ehelebens die Morgengabe. Taufe. Mit der Taufe, für welche bestimmte Termine bestanden, empfingen die Kinder ihren Namen. — Nicht allein die Knaben wurden in ^^mannigfaltigem Wissen wie in ritterlichen Künsten geschult, auch für eine angemessene Ausbildung der Mädchen trug man Sorge und stellte Ipieie1.' ft6 unter die Leitung von Erzieherinnen. Am Steckenpferde und an der kleinen Armbrust hat sich das Kindesherz vor vielen Jahrhunderten erfreut wie heute. Auf einem Fuße hüpfend jagten sie ihre Gespielen vor sich her. Beim Ringespiel scheint es damals wie jetzt darauf angekommen zu sein, mittels eines zwischen den Beinen ausgespannten,
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doppelten Fadens den Ring in kreisende Bewegung zu setzen und ihn dann auf dem Boden hinschießen zulassen. — Wer dreizehn Jahremündig-und sechs Wochen alt war. hatte nach Lehnsbrauch seine Jahreszahl erreicht, er war in manchen Dingen mündig, trat in die Öffentlichkeit und mußte dem Gerüchte Folge leisten.
[(£§ war im Mittelalter Sitte, daß derjenige, der einen Verbrecher auf der That ertappte oder selbst vergewaltigt worden war. das Geschrei, mhd. daz gerüefte, den wuof oder wuoft, erhob; diesem Waffenruf. wozu nach Umständen das Lärmhorn geblasen und die Sturmglocke geläutet wurde, war jeder Erwachsene bei Strafe zu folgen verbunden. (Götzinger.)] Zur völligen und unbedingten Selbständigkeit gelangte der Jüngling mit dem vollendeten einundzwanzigsten Jahre.
Verwandtschaft ging nach dem Sachsenspiegel bis zum siebenten Jb«-, Grade, wobei Schwester- und Bruderkinder als erster Verwandtschafts- (W grad zählten. — Das Erbrecht, nach welchem der nächste Verwandte'chaft). jeden entfernteren ausschloß, erfuhr durch Otto I. die Änderung, daß verwaiste Enkel neben den Oheimen Erbe nehmen sollten. Liegenschaften gingen regelmäßig nur auf die männlichen Verwandten über. Auch sonst wurde ein Unterschied zwischen dem Männer- und Frauenerbe gemacht. Das eine. das Heergewäte, umfaßte die Heeresrüstung, das andere, die Gerade, alles, was man zur Ausstattung der Frau rechnete.
Die kirchliche Sitte bestimmte, daß der Sterbende mit geweihtem Toten Öle gesalbt werde. Die Leiche wurde meistens in einem Sarge, sel-stattung. tener auf einem schlichten Brette in die Gruft gesenkt, die man auf dem Kirchhofe oder für Kleriker und vornehme Laien in Gotteshäusern bereitete. Erfolgte der Tod fern von dem Orte, an welchem der Tote bestattet werden sollte, so wurde der Leichnam einbalsamiert.
Die Dörfer besaßen zum Teil stattliche Bauernhäuser, während w°h-die Städte mehr für öffentliche Gebäude als für Bürgerwohnungen aufwendeten. Fürsten und Bischöfe fchufen kunstvolle, zuweilen mehrstöckige Steinbauten, die mit Holzschindeln, Holzziegeln oder Bleiplatten eingedeckt wurden. — Außer dem Saale hatten die größeren Häuser besondere Gemächer, sogenannte Kemenaten. Diese gewährten mit ihren Öfen und Kaminen einigen Schutz vor der Winterkälte. — Schmale, mit Gitterwerk oder mit kleinen, in Blei gefaßten Glasscheiben verkleidete Fenster durchbrachen die dicken Mauern. — Vor dem Saale und den Zimmern, deren Fußboden mit Estrich belegt war, lief ein Verbindungsgang her, die Laube. — Freitreppen führten zur
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Germanen — Nachbarn. (?) Erst im 10. Jahrhundert kommt das Wort „teutsch," „deutsch" vor; es rührt her von dem germanischen Volke der Teutonen, das an der Ostsee wohnte und dessen Name mit unserm deutschen Volksnamen dieselbe Bedeutung hat. Verwandte Ausdrücke sind thiuda (got.) und diot (ahd.) — Volk. (Nach Tacitus feierten die Germanen den Tuisko und dessen Sohn Mannus als die Ahnherren ihres Geschlechts.)
Die Germanen waren, wie die meisten Völker in den Anfängen,A°i-ihrer Kultur, ein kriegerisches Volk. Die Feldarbeit überließen sie 9un8-den Sklaven. Im Frieden suchten sie auf der Jagd Gefahr, Kampf und Beute. Oder sie ergaben sich der müßigen Ruhe, langem Schlaf, gemeinsamen Schmausereien und dem Würfelspiel, dem sie Hab und Gut. selbst die Freiheit opferten. Oft zog, wenn Friebe war. die wehrhafte Jugenb unter einem selbstgewählten Häuptlinge auf kriegerische Abenteuer aus ober nahm Kriegsbienste bei sremben Fürsten. (Diese Sitte der Deutschen. Fremben zu bienen, hat sich bis in die neuere Zeit erhalten.) Der einzig ehrenvolle Tod war der Tod auf dem Schlachtfelbe; der „Strohtob" (auf dem Bette) war verachtet. Selbst in die Familie brang der kriegerische Geist. Der Mann beschenkte seine Braut nicht mit Schmucksachen, sonbern mit einem gezäumten Pserb. mit Speer ober Schwert, und eben solche Geschenke brachte die Jungfrau ihrem Verlobten bar. Die germanische Frau begleitete ihren Mann in die Schlacht, sie brachte ihm Speise und ermunternben Zuspruch, sie verbanb seine Wunben, ja, sie kämpfte in gefahrvollen Augenblicken selbst gegen die Feinde. In den Frauen erblickten die Germanen von der Gottheit begeisterte und geweihte Persönlichkeiten. Man schrieb ihnen die Gabe der Weissagung zu (Drusus an der Elbe) und hörte gern auf ihren Rat (Velleba); manche Frauen begleiteten als Priesterinnen das Heer in den Krieg (Ariovist).
„Ihre (der Germanen) Nahrung", sagt Cäsar, „bilben Haupt- Nahsächlich Milch, Käse und Fleisch, nur zu einem kleinen Teil (betreibe; sie kümmern sich wenig um den Ackerbau, bagegen viel um die Jagb." Einige Stämme, die Usipeter und die Tencterer, betrieben jeboch den Ackerbau fleißig. Festen Privatbesitz an Grunb und Boben sanb Cäsar bei den Germanen noch nicht. Er sagt: „Die Häuptlinge und Vorsteher verteilen das Sanb unter die Stämme und Sippschaften (Geschlechter), aber nur auf ein Jahr, dann werben die Besitzer ge-
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Klei-
dung.
zwungen, sich anderswo anzusiedeln." Cäsar hat hier wohl zunächst die suevischen Stämme im Auge. Zur Zeit des Tacitus hatten sich die wirtschaftlichen Zustände Germaniens in wichtigen Punkten bereits geändert: an Stelle der Gleichheit des Besitzes unter allen Mitgliedern des Stammes wurden jetzt die Äcker nach gewisser Abstufung verteilt, ferner ward ein Teil des Grund und Bodens als Gemeindebesitz von der Verteilung ausgeschlossen. Diese Einrichtung hat sich bis in die neueste Zeit hinein erhalten. (Adeliger und bäuerlicher Besitz; Markgenossenschaft.)
Damit war der Übergang von dem wechselnden zum dauernden (Privat-) Besitz geschehen, die nomadische Lebensweise wich der seßhaften, und der Ackerbau trat in den Vordergrund. Tacitus nennt verschiedene Getreidearten: Hafer, Gerste und Korn; er spricht von dem Obstbau der Germanen, rühmt ferner die auffallende Größe der Rettiche. Am Rhein und an der Donau werden auch Gemüse, z. B. Spargel und Mohrrüben, gebaut, ebenso wird dort der Weinbau angefangen.
Das Vieh der Germanen war unansehnlich, den Kühen fehlten nach Tacitus' Behauptung sogar die Hörner, die Pferde waren klein und zeichneten sich weder durch Gestalt noch durch Schnelligkeit aus.
Mit dem Hervortreten des Ackerbaues erfuhr naturgemäß auch die Reihe der Nahrungsmittel eine Vermehrung. Zu Milch, Käse, Fleisch (Wild, Fische) traten Gemüse, Obst und Getreide hinzu, letzteres mehr in der Form des Breies als in der des gebackenen Brotes. Als Getränk diente ein Gebräu aus Gerste, außerdem der aus Honig bereitete Met, Wein ward seltener getrunken.
Die Kleidung bestand bei Männern und Frauen aus einem Mantel von Tierfellen, mit einer Spange oder einem Dorn auf der Achsel festgehalten, bei den Frauen außerdem aus einem Hemd, welches Arme, Hals und einen Teil der Brust frei ließ. Beinkleider und Kopfbedeckungen scheinen die Deutschen erst im Verkehr mit den Römern und Galliern kennen gelernt zu haben. Der Haartracht wendeten die Germanen besondere Aufmerksamkeit zu, sie banden es entweder wie die Sueven auf dem Scheitel in einen Knoten zusammen, oder sie drehten sich Locken und bestrichen ihr Haar mit künstlichen Salben, besonders zu dem Zwecke, um demselben einen rötlich blonden Glanz zu geben. Die Römerinnen ahmten diese Sitte nach. Langes, lockiges Haar galt bei den Germanen als der Schmuck des Freien, die Sklaven
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waren, und solche, die durch Spiel ihre Freiheit verloren hatten; letztere wurden so bald als möglich verkauft, während man germanische Männer aus fremden Stämmen als Sklaven ruhig behielt. Die Stellung dieser Menschen war bei weitem besser als bei den Römern. Sie saßen auf einem kleinen Gute, das ihnen der Herr überließ, und erstatteten dafür Abgaben an Getreide. Vieh und Geweben. — Heiraten unter Freien wurden erst im reiferen Alter geschlossen. Vielweiberei kam selten und auch nur bei den Vornehmen vor. Die eheliche Treue wurde heilig gehalten, die Verletzung derselben mit den schimpflichsten Strafen belegt. Ehelosigkeit war selten; eine zahlreiche Familie, ein weiter Kreis von Verwandten galt als ehrenvoll und als eine Stütze des Alters. Unter den Augen der Eltern wuchsen die Kinder ans. Gleich -nach der Geburt wurden sie im Namen der Götter geweiht. Wenig beschränkt durch die Sitte tummelten sie sich nackt und schmutzig mit den Kindern der Sklaven im Freien. Der freigeborene Knabe lernte Rosse tummeln und die Waffen führen, bis er in feierlicher Volksversammlung für waffenfähig erklärt und durch den Vater, einen Verwandten oder einen Fürsten wehrbar gemacht wurde. Damit trat er aus dem Kindesalter heraus. Von jetzt an nahm er an Jagd- und Kriegszügen teil und suchte selbst im Spiele seine kriegerische Tüchtigkeit zu erhöhen. Darüber sagt Tacitus: „Sie haben nur eine Art von Schauspielen und in jeder Gesellschaft dieselben: nackte Jünglinge, denen dies eine Lust ist, stürzen sich tanzend unter Schwerter und drohende Speere. Die Fertigkeit hat sich zur Kunst ausgebildet; Belohnung des kecken Übermutes ist das Vergnügen der Zuschauer." Von den Tencterern rühmt Tacitus die besondere Geschicklichkeit im Reiten.
Auch das Schwimmen ward fleißig geübt. —
Die Familie im weitesten Sinne oder die sogenannte Sippschaft j^vv-bildete ein eng zusammengehöriges Ganze. Nach Sippschaften wohnten die Germanen zusammen, nach Sippschaften ordneten sich die kleinsten Schlachthaufen. Freundschaften und Feindschaften galten als gemeinsame Familiensache und vererbten sich von Geschlecht zu Geschlecht. Doch wurden diese Familienfeindschaften — die sogenannte Blutrache — häufig, selbst in dem Falle einer Tötung, durch Zahlung einer Buße (in Vieh) ausgeglichen. Diese Buße fiel dann der ganzen Sippschaft zu.
Ein auszeichnender Charakterzug der Germanen war ihre großegastuch-Gastlichkeit. Wer immer zu einem Germanen ins Haus trat, gleich-
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