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jedoch der Kurfürst, diesem nachzukommen, und suchte seinen Stiefbruder anderweitig zu entschädigen.
Da die Linie der fränkischen Hohenzollern dem Aussterben nahe war, schloß Johann Friedrich mit dem letzten Markgrafen von Ansbach und Bayreuth, Georg Friedrich, 1598 den Geraer Hausvertrag. Nach diesem blieben, wie von neuem festgesetzt wurde, die Marken ungeteilt; Ansbach und Bayreuth fielen seinen Stiefbrüdern Christian und Joachim Ernst zu.
Seinem zweiten Sohne Johann Georg verlieh er das von den fränkischen Fürsten erworbene Fürstentum Jägerudors in Schlesien.
Letzterer wurde aber wegen Beteiligung am böhmischen Aufstande 1621 in die Acht erklärt, und der Kaiser zog das Läudchen ein. Friedrich der Große erneuerte später den Anspruch Brandenburgs auch auf diese Besitzung. — Nach dem Tode seiner ersten Gemahlin verheiratete sich Joachim Friedrich mit der jüngeren Tochter Eleonore des blödsinnigen Herzogs Albrecht Friedrich von Preußen und erlangte die Vormundschaft und Regentschaft in Preußen.
Das Geheimratskollegium. Zur besseren Verwaltung des Landes schuf der Kurfürst eine Centralbehörde, das Geheimratskolle-gium, welches aus neun rechtskundigen Männern zusammengesetzt wurde. Wöchentlich zweimal versammelten sich die Mitglieder, um über Handel und Gewerbe, Finanzen und Kriegswesen zu beraten. — Das Geheimratskollegium kann als Anfang des späteren Staatsministeriums betrachtet werden.
Fürstenschule und Schloßapotheke. Zur Förderung der wissenschaftlichen Bildung gründete Joachim Friedrich auf dem Schlosse Joachimsthal in der Ukermark ein Gymnasium, die Fürstenschule, die er aufs reichlichste ausstattete. — Seine erste Gemahlin, die Kurfürstin Katharina, eine sparsame und mildthätige Frau, erübrigte bei einer Meierei, die sie selber bewirtschaftete, soviel, daß sie die Schloßapotheke zu Berlin anlegen konnte, in der dürftigen Kranken unentgeltlich Heilmittel gereicht wurden.
Zohanu Sigismund. 1608—1619.
Wahlspruch: „Für Gesetz und Ssolf."3)
Durch glückliche Familienverbindungen war es Johaml Sigismund möglich, den Besitzstand Brandenburgs um ein ganz bedeutendes Stück zu vergrößern.
Erwerbungen am Rhein und in Westfalen Am Niederrhein und an der Ruhr, bezw. am Teutoburger Wald hatte sich mit der Zeit ein bedeutendes Besitztum gebildet; es bestand aus den Gebieten: Jülich, Kleve, Berg, Mark, Ravensberg und Ravenstein.
]) „Pro lege et pro grege.“
I
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Extrahierte Personennamen: Johann_Friedrich Johann Friedrich Georg_Friedrich Friedrich Christian Joachim_Ernst Ernst Johann_Georg Johann Fürstentum_Jägerudors Friedrich Joachim_Friedrich Friedrich Eleonore Albrecht_Friedrich_von_Preußen Albrecht Friedrich Joachim_Friedrich Friedrich Katharina Sigismund Johaml_Sigismund
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ab und machte ebenfalls den Hexenprozessen für immer ein Ende. — Der König fetzte rechtskundige Richter ein und forderte von ihnen strenge Gerechtigkeit. „Ihr müßt wissen," sagte er zu ihnen, „daß der geringste Bauer, ja Bettler ebensowohl ein Mensch ist, wie Se. Majestät, indem vor der Justiz alle Leute gleich sind, es mag sein ein Prinz, der gegen einen Bauer klagt, oder auch umgekehrt, so ist der Prinz vor der Justiz dem Bauer gleich und muß nach der Gerechtigkeit verfahren werden ohne Ansehen der Person." Auch sorgte der König sür ein auskömmliches Gehalt der Richter, damit ihnen nichts daran gelegen sein könnte, zur Verbesserung ihres Einkommens einen Rechtsstreit in die Länge zu ziehen. Die Gebühren, auf die früher die Richter angewiesen waren, flössen von jetzt ab in die Staatskasse. Von dem großen Gerechtigkeitssinne des Königs zeugt auch die Anekdote vom Windmüller zu Sanssouci und sein Urteil im Müller Arnold'schenx) Prozeß. Friedrich dem Großen gebührt das hohe Verdienst, einen pflichttreuen, unabhängigen Richter st and geschaffen und aus dem Militärstaate Preußen einen hervorragenden Rechtsstaat gemacht zu haben.2)
Sorge für die Schulen. Zur Ordnung und Hebung des Schulwesens im ganzen Lande erließ der König das „Generalschulreglemeitt für die gef amte Monarchie", bearbeitet von dem Berliner Pädagogen Hecker, dem später sür die Katholiken Schlesiens ein eigenes Schulreglemeut folgte, dessen Bearbeiter der Saganer Abt Ignaz Felbiger war. — Friedrich verlangte, daß alle Kinder, Knaben und Mädchen, vom 5. bis zum 14. Lebensjahre die Schule besuchen und solange damit fortfahren sollten, bis sie das Notige vom Christentum gefaßt, ferner fertig lesen und schreiben könnten. Eltern, welche ihre Kinder nicht zur Schule schickten, sollten bestrast werden; ebenfalls hatten die Eltern das Schulgeld zu bezahlen; für arme Leute mußte es die Gemeinde übernehmen. — Um tüchtige Lehrer zu erhalten, wurden zu Berlin, Halberstadt, Magdeburg, Minden und Wesel Lehrerseminare errichtet. — Mehrere hundert Volksschulen wurden gegründet, und in Berlin wurde die erste Realschule ins Leben gerufen.
Sorge für Wissenschaft und Kunst. Wissenschaft und Kunst, für die der Kronprinz bereits so große Begeisterung gezeigt hatte, wurden von dem Könige trotz der vielen Arbeiten eifrig gepflegt. Von den Künsten liebte er am meisten Poesie und Musik, von den Wissenschaften Philosophie und Geschichte. Leider stand der geistvolle Monarch der deutschen Litteratur sremd gegenüber, obgleich er sich der Hoffnung hingab, daß dieselbe bald ein schönes Aufblühen erleben werde, und obgleich gerade er es war, der zur Anregung der Geister
r) Näheres siehe: Zurborsen, Quellenbuch. *) Erg. Nr. 21.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Ignaz_Felbiger Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Sanssouci Schlesiens Berlin Halberstadt Magdeburg Minden Wesel Berlin
- 158 —
sechs Geschütze hatten die wackeren Streiter bei dem ungleichen Ringen eingebüßt. Voll Dank im Herzen gegen den obersten Leiter und Lenker der Schlachten berichtete Kaiser Wilhelm I. am 2. März an seine hohe Gemahlin, die Kaiserin Augusta: „Der Herr der Heerscharen hat überall unsere Unternehmungen sichtlich gesegnet und diesen ehrenvollen Frieden in ,emer Gnade gelingen lassen. Ihm sei die Ehre! Der Armee, dem Baterlande rmt tieferregtem Herzen Meinen Dank."
Licbesthätigkcit im Kriege. Nach jeder Schlacht war der Kampfplatz mit Tausenden von tapferen Soldaten bedeckt, mit Toten, Schwer- und Leichtverwundeten. Die Feldgeistlichen eilten hin, den Sterbenden die letzten Tröstungen zu bringen, die Verwundeten wurden zu den Verbandplätzen getragen, wo sie von einer großen Anzahl Arzte die erste Hilfe erhielten. Später kamen sie in die Lazarette, die in Frankreich und Deutschland m reicher Zahl errichtet waren. Uber 25 000 Personen hatten sich freiwillig der Krankenpflege gewidmet. An der Spitze dieses Heeres von Barmherzigen stand die edle Königin Augusta. Ein rotes Kreuz im weißen Felde war das Abzeichen dieser Braven. Ganz besonders zeichneten sich die Malteser- und Johanniter-Ritter, die barm-herigen Schwestern und die Diakonissen durch ihre unermüdliche Mildthätigkeit aus, sowohl auf den Schlachtfeldern, wo sie sich vor den feindlichen Kugeln nicht fürchteten, als auch in den Lazaretten.
Auch in der Heimat war man rastlos thätig für die verwundeten und kranken Soldaten. Frauen und Jungfrauen verfertigten Verbandzeug und warme Kleidungsstücke. Kinder zupften Charpie. Auf den Bahnhöfen wurden die zurückkehrenden kranken Krieger aufs reichlichste bewirtet. Liebesgaben wurden gesammelt; ganze Eisenbahnzüge mit Lebensmitteln, Wein und Zigarren gingen nach dem Kriegsschauplätze ab.
Rückkehr in die Heimat. Im März 1871 kehrte das siegreiche Heer unter Führung seiner ruhmgekrönten Feldherren in die deutschen Gaue zurück, überall mit der größten Begeisterung und mit unbeschreiblichem Jubel begrüßt. In allen Kirchen würde ein Festgottes-bienst abgehalten, um Gott für seine außerorbentliche Hilfe in dem großen, glücklichen Kriege zu banken.
der Schlacht von den Feinden mit Blut getränkt, zerschossen und zerbrochen unter einem Hügel von Leichen gefunden. — König Wilhelm verlieh dem Bataillon unter ehrenvoller Anerkennung seiner Tapferkeit eine neue Fahne, und der Dichter I. Wolff hat den Vorgang in dem Gedichte: „Die Fahne der Einundsechziger" besungen.
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm_I. März Augusta Wilhelm
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Volksfortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
fangen sollte um vor die rechte Schmiede zu kommen. Auf einmal ruft
eine weibliche Stimme: „He, lieber Mann, was suchen Sie denn?"
Ich sehe auf und — wunderbar — 'C§ war die Frau vom Kirchen-
konzert. Ehe ich noch den Hut recht abgezogen hatte, stand schon ein
Dienstmädchen neben mir, das mich einlud hinauf ins Zimmer zu kom-
men. Daß ich's kurz mache! Hier war ich an die rechte Schmiede ge-
kommen. Der Mann der Frau wies mir die Wege, gab mir Rat, und
— meine Angelegenheit wurde bald und gut zu Ende gebracht. Wer
hätte mir damals in der Kirche gesagt, daß der Mann jener Frau bald
in die Hauptstadt befördert werden und mir für solch geringe Höflichkeit
ein zehnfacher Vergelter sein würde?
Kurz, Höflichkeit macht Edelmann und Bürger, jung und alt, Mann
und Weib beliebt. Wer's besser wissen will, versuche es mit der Unhös-
lichkeit. Er wird wohl sehen, wie weit er kommt.
Nach Hugo Weber.
45. Aus dem Nadelstand in den Adelstand.
Jm Jahre 1832 wurde ganz Hyeres, ein Städtchen in der Nähe von
1 Toulon, durch die Nachricht in Trauer versetzt, daß der Freiherr
Stulz von Ortenberg gestorben sei. Dieser Mann war wenige
Jahre vorher als Millionär nach Hyeres gekommen und war hier
bald ein doppelter Millionär geworden; denn alles, was er anfaßte,
schien sich unter seinen Händen in Gold zu verwandeln. Aber er hatte
auch alle Zeit eine offene Hand und liebte, sein Glück mit anderen
zu teilen. In Hyeres stiftete er ein Krankenhaus, ließ einen herrlichen
Brunnen herstellen und beschenkte die katholische Kirche mit einer
kostbaren Orgel. Die Mittel für die evangelische Kirche in Marseille
wurden fast gänzlich von ihm hergegeben. Kein Wunder, daß die
Nationalgarde mit Fahnen und Trauermusik den Leichenzug begleitete
und daß an der Gruft tief empfundene Reden die Verdienste dieses
Mannes priesen. In seinem Heimatdorf Kippenheim in Baden aber
setzte man Georg Stulz ein Denkmal; denn auch hier hatte er ein
Krankenhaus errichten und die Kirche ausbauen lassen. Für die
Polytechnische* Schule und das Lehrerseminar in Karlsruhe hatte
er je 30 000 Franken gestiftet und verschiedenen wohltätigen Zwecken
hatte er 300 000 Franken zugewandt. Um dieser Ehrentaten willen
hatte ihn der Großherzog von Baden in den Adelstand erhoben.
Georg Stulz war L J. 1778 in Kippenheim bei Lahr geboren.
Ein Schneider war sein Vater und Schneider sollte auch Georg
Sieh Fußnote Seite 49.
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Extrahierte Personennamen: Hugo_Weber Georg_Stulz Georg_Stulz Schneider Georg
Sieh_Fußnote
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Volksfortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
222
Vater: „Sie ist verpflichtet den Grundstock ihres Vermögens
ungeschmälert zu erhalten." —
Als aber jetzt ein Trupp Saarbrücker Dragoner die Straße
dahertrabte, war plötzlich bei unserem Knaben alles Interesse an
den Gemeindeangelegenheiten verschwunden und das Zwiegespräch
nahm eine andere Wendung.
Nach Iohann Lex.
117. Heimat- und Bürgerrecht.
S)f n einem regnerischen Novcmbertage kam der reisende Küfergeselle Karl
Klein aus Würzburg durchnäßt und ermattet in der „Herberge zur
Heimat" zu Neustadt a. d. H. an. Nachts wurde er ernstlich krank und
mußte auf Anordnung des Arztes Dr. Weißmann in das Krankenhaus
„Hetzelstift" übergeführt werden. Nach dreiwöchigem Aufenthalt daselbst
war er wiederhergestellt. Dem Wiedergenesenen fehlten die Mittel
die Aufwendungen für Kost und Pflege im Betrage von 73,50 Mark
zu bezahlen. Er gab an, seine Eltern, die kurz vor seiner Geburt ihren
Wohnsitz von Speyer nach Würzburg verlegt hätten, seien vor einigen
Jahreil ohne Hinterlassung von Vermögen gestorben.
Die Verwaltung des Krankenhauses wandte sich daher an das Bür-
germeisteramt Würzburg um Bezahlung der Schuld. Dieses jedoch ant-
wortete folgendes:
„Karl Klein ist am 1. Juli 1876 als der Sohn des Fabrikarbeiters
Franz Klein zu Würzburg geboren und verlebte dahier auch seine
Jugendzeit bis zum Tode seines Vaters im Jahre 1891. Dennoch
besitzt er in hiesiger Stadt kein Heimatrecht; denn
sein Vater hat dasselbe weder unter Bezahlung der Heimat-
gebühr erworben, noch wurde es ihm unentgeltlich verliehen,
da er Armenunterstützungen wiederholt beansprucht und erhalten hat.
Als Heimatgemeinde des verstorbenen Franz Klein
muß daher Speyer betrachtet werden, woselbst er
zuletzt heimatberechtigt war. Aus diesem Grunde ist ge-
nannte Stadt auch die „ursprüngliche Heimat" sei-
nes Sohnes Karl Klein und hat für die Kosten aufzukommen,
die durch dessen Krankheit entstanden sind."
Zwölf Jahre später! In Deidesheim, einem freundlichen Städtchen
an der rebenumrankten Mittelhaardt, prangt an einem gefälligen zwei-
stöckigen Hause stolz das Schild: Karl Klein, Küfer- und Kellermeister.
Der Inhaber ist unser ehemaliger Küfergeselle. Nach seiner Entlassung
aus dem Neustadter Krankenhause fand er Anstellung in einer Deidesheimer
Weingroßhandlung und nach zehnjähriger eifriger Tätigkeit hatte er sich
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Extrahierte Personennamen: Iohann Karl
Klein Karl Franz_Klein Franz Franz_Klein Franz Karl_Klein Karl Karl_Klein Karl
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Volksfortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
231
Die Kretsarmenpflege betrifft vor allem die Errichtung und
Unterhaltung von Kranken-, Irren-, Urmen- und Beschäftigungs-
anstalten sowie die Unterstützung der mit Urmenlasten überbürdeten
Distriktsgemeinden.
Nach Johann Lex.
122. Wohltätigkeitsvereine.
„Arme habt ihr allezeit bei euch."
Dieses ernste Wort Christi ist bis auf den heutigen Tag völlig wahr
geblieben und wird wohl auch wahr bleiben, solange die Welt steht.
Das stolze 19. Jahrhundert hat das Elend in den verschiedensten Ge-
stalten gesehen und auch das hoffnungsreiche 20. Jahrhundert wird die
Not nicht aus der Welt verbannen können. Armut und Krankheit, Miß-
geschick und Unglück aller Art suchen immerfort die Menschheit heim und
verbreiten Jammer und Trauer.
Aber gerade inmitten dieser düsteren Erscheinungen blüht
eine Blume, so schön und rein und herrlich, daß sie jedes fühlende Men-
schenherz mit hoher Freude erfüllen muß. Das ist die Nächstenliebe, die
Wohltätigkeit, die christliche Liebe. Staat und Gemeinde tun schon sehr
viel zur Hebung und Linderung der Not. Aber alles können sie nicht tun.
Da muß freiwillige Hilfe hinzukommen. Und weil der einzelne der viel-
gestaltigen leiblichen und geistigen Not gegenüber ziemlich machtlos ist,
darum hat man sich zu Vereinen zusammengeschlossen und mit vereinter
Kraft das schwierige Werk begonnen und fortgeführt. Alle diese Vereine
nun nennt man kurz Wohltätigkeitsvereine. Für jedes Alter,
für jedes Geschlecht, überall in Stadt und Land, besonders aber in den
Großstädten entfalten diese Vereine ihre segensreiche Tätigkeit.
Da ist eine Familie, die gar schwer mit der Not des Lebens zu
kämpfen hat. Der karge Lohn des Vaters reicht nicht hin die vielen
Ausgaben zu bestreiten. Gern möchte die Mutter durch Taglohn- oder
Fabrikarbeit die Einnahmen vermehren helfen. Aber wo soll sie während
ihrer Abwesenheit die Kinder lassen? Allein dürfen sie nicht bleiben. Gar
vieles Unglück ist schon dadurch entstanden, daß Kinder sich allein überlassen
waren. Hilfe in dieser Not leisten die sogenannten Krippenvereine.
Auch Frauenvereine, Erziehungsvereine, Fürsorgevereine, Pflegevereine
springen helfend bei. Durch Gründung oder Unterstützung von Krippen-
anstalten, Volkskindergärten, Kinderbewahranstalten u. s. w. schaffen sie
die Möglichkeit Kinder zu bewahren, zu speisen, zu beaufsichtigen, zu unter-
richten. So nehmen sie denjenigen Eltern, die beide, Vater und Mutter,
dem Verdienste nachgehen müssen, eine der schwersten Sorgen vom Herzen.
Für schulpflichtige Kinder werden Kinderheime, Kinderhorte, Hand-
sertigkeitsschulen, Suppenanstalten ins Leben gerufen. In manchen dieser
Anstalten können auch Kinder auf längere Zeit untergebracht werden,
wenn die Eltern aus irgend einem Grunde verhindert sind die Sorge für
ihre Kinder selbst zu übernehmen. Auch Waisenhäuser werden von der-
artigen Vereinen gegründet und unterhalten oder mit Geldmitteln unter-
stützt.
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Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Volksfortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
232
Wieder eine andere Art von Vereinen sind die sogenannten Ferien-
kolonien. In der ungesunden, verstaubten Luft der Großstädte bleibt eine
große Zahl von Kindern schwach und hinfällig; sie siechen dahin ohne
bettlägerig zu sein. Da tut frische Land- und Waldluft und kräftige Kost
dringend not. Deshalb haben es sich die Ferienkolonienvereine zur
Ausgabe gemacht armen Kindern Stätten der Erholung entweder in
Kinderheilanstalten, Milchkurorten, Badeorten oder in Familien auf dem
Lande zu verschaffen. Groß und überaus segensreich ist das Verdienst solcher
Wohltätigkeit. Gar manches arme Großstadtkind ist auf diese Weise dem
sicheren Tode oder einem leidensvollen Leben entrissen worden.
In manchen Fällen leben Kinder in einer Umgebung, die für
ihre sittliche Gesundheit von größtem Schaden ist. Oftmals werden Kinder
durch die eigenen Eltern auf die Verbrecherlaufbahn geführt. Da bleibt nichts
übrig, als solche bedauernswerte Kinder den Händen ihrer Verführer zu
entziehen und sie dorthin zu bringen, wo sie zu guten, braven Menschen
erzogen werden. Neben dem Staat und den Gemeinden übernehmen
diese wichtige Aufgabe die Fürsorgevereine, Erziehungsvereine, Pflege-
vereine. Auch die „Innere Mission" bei den Protestanten und manche
Ordensgesellschaften bei den Katholiken nehmen sich solcher armen Kinder
an. In Rettungshäusern, Erziehungshäusern, auch in Waisenhäusern,
am liebsten aber in braven, guten Familien werden solche Kinder unter-
gebracht. Schon manches arme Kind ist so davor bewahrt worden, später
ein Verbrecher zu werden.
Die erwachsenen Knaben und Mädchen bleiben nicht immer daheim bei
Vater und Mutter. Viele gehen hinaus in die Fremde um entweder ihr
Geschäft noch besser zu erlernen oder als Geselle oder Dienstbote größeren
Verdienst zu suchen. Nicht selten sind aber diese alleinstehenden jungen
Leute da draußen in der Welt den größten Gefahren ausgesetzt. Es hat
sich deshalb eine ganze Reihe von Jünglings- und Jungfrauenvereinen,
Gesellen-, Lehrlings-, Arbeiterinnen- und Mägdevereinigungen gebildet,
die sich dieser jungen Leute annehmen, sie vor den Gefahren der Welt
behüten, ihnen Gelegenheit zu geselliger Unterhaltung verschaffen und
sie so vor den Schlingen gewisser Verführer bewahren. Gesellen- und
Pflegehäuser, Gesellen- und Mägdeherbergen, Mädchenheime u. s. w. dienen
diesem Zwecke. Besonders wichtig ist die sogenannte Bahnhofsmission,
die von den Marianischen Kongregationen sowie von Frauenvereinen
(Verein der Freundinnen junger Mädchen) geübt wird. Sie besteht darin,
daß alleinreisende Mädchen auf den großen Bahnhöfen von eigens dazu
aufgestellten Personen abgeholt und ihrem Bestimmungsort oder einer
guten Herberge zugeführt werden. Ferner sind auf allen Bahnhöfen
und in den Bahnzügen selbst Tafeln angebracht, wo die Häuser
verzeichnet sind, in denen die jungen Mädchen Herberge und Pflege finden
können.
Für solche Leute, die gar übers Meer in einen anderen Erdteil
wandern, besteht die große Gefahr, daß sie in den Hafenstädten von
gewissenlosen Geschäftsvermittlern irregeführt und schändlich betrogen wer-
den. Aber die „Innere Mission" protestantischerseits und der Raphaelverein
katholischerseits haben unter den größten Schwierigkeiten jenen Leuten das
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Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Volksfortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
233
Handwerk teilweise schon gründlich gelegt und man ist jetzt schon so weit
gekommen, daß Tausende von Auswanderern unter dem Schutze und der
Leitung jener Vereinigungen die folgenschwere Reise übers Meer an-
treten.
Eine Reihe von Wohltätigkeitsvereinen dient verschiedenen Zwecken,
die schon aus ihren Namen leicht erkennbar sind. Es sind zunächst die
Sparvereine, Mäßigkeitsvereine, Sittlichkeitsvereine. Sie haben sich be-
sonders die Bekämpfung der furchtbaren Laster der Verschwendungssucht,
der Trunksucht und der Sittenlosigkeit zum Ziele gesetzt und bereits schöne
Erfolge zu verzeichnen. Andere dienen mehr der Bekämpfung augen-
blicklicher Geldverlegenheit und anderer Notlagen. Hier sind zu nennen:
Privatkrankenkassen, Unterstützungsvereine, Versicherungsvereine für Ar-
beitslose, Sterbekassen, Fürsorgevereine für entlassene Gefangenen, Ar-
beiterkolonien u. s. w.
Und nun kommen wir zu jenen Vereinigungen, die sich besonders
der am meisten hilfsbedürftigen Menschen, der Kranken, Irr- und Schwach-
sinnigen, der Blinden, Taubstummen, der Erwerbsunfähigen und Ge-
nesenden, annehmen. Im Vordergründe steht da die große Zahl katholischer
Ordensgenossenschaften und protestantischer Diakonissenvereine. Aber
auch die weltlichen Vereine, die vaterländischen Frauenvereine, die Elisa-
bethen- und Vinzenzvereine, der Verein vom Roten Kreuz und wie sie
alle heißen, wirken hier Großes. Nicht bloß durch Geldmittel sondern auch
durch ihre eigene persönliche Mithilfe, nicht selten durch eine heldenmütige,
aufopferungsfreudige Tätigkeit suchen die Mitglieder dieser religiösen und
weltlichen Vereine der leidenden Menschheit zu Hilfe zu eilen. Teils
wirken sie in staatlichen, gemeindlichen oder kirchlichen Anstalten, teils
haben sie aber auch eigene Anstalten, Krankenhäuser, Heilanstalten, Ge-
nesungsheime, Irren-, Blinden- und Taubstummenanstalten, gegründet
und entfalten mit eigenen Mitteln und eigenen Kräften eine höchst segens-
reiche Tätigkeit. Wieviel Tränen hat dieses stille Wirken schon getrocknet!
Wieviel Jammer, wieviel Elend ist durch diese Liebestätigkeit schon gestillt
worden!
So umspannt also ein ganzes Netz mannigfaltigster Wohltätigkeits-
vereine unser geliebtes Vaterland. Mit allen Kräften suchen Tausende
edler Männer und Frauen der herrschenden und immer neu erscheinenden
geistigen und leiblichen Not Herr zu werden. Ein herzliches „Vergelt's
Gott!" den braven Menschen! Möge ihr hochherziges Streben von reichstem
Segen begleitet sein!
Andreas Wahrheit.
183. Der Distrikt.
jqie Vereinigung einer größeren Anzahl nebeneinander liegender
Gemeinden zu dem Zwecke, gemeinschaftliche Aufgaben ge-
meinschaftlich zu erfüllen, nennt man Distrikt. Wenn auch die
Glieder eines Distriktes nicht in einer so engen Verbindung wie
die der Gemeinde stehen, so finden sich immerhin recht viele
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
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Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Volksfortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
3. In der Hand die fromme Waffe,
Die mit Mut beseelt den Schwachen,
Die durch Huld bezwingt die Völker
Und besiegt um freizumachen;
4. Ernste Männer, vielgeprüfte,
Die in harter Weltverachtung
Einsam sich der Arbeit weihten,
Dem Gebet und der Betrachtung;
5. Stille Siedler, die sich mühten,
Mit dem Spaten wilde Schluchten,
Wildre Herzen mit der Lehre
Lindem Samen zu befruchten.
6. Klugen Sinns und unverdrossen
Bauten sie mit Lot und Wage,
Winkelmaß und Säg' und Hammer,
Axt und Kelle Tag' auf Tage,
7. Bis es ihrem Fleiß gelungen
Haus und Kirche fest zu gründen,
Bis der Brunnen rauscht' im Hose
Des Konvents von Dreizehnlinden.
8. In Gehorsam, Zucht und Armut
Schassten still die tapfren Streiter:
Reuteten des Urwalds Riesen,
Dorn und Farn und wüste Kräuter;
9. Zogen Wall und Zaun und Hecke,
Hirsch und Keiler abzuwehren,
Daß im Tale wohlumfriedet
Grünten menschenholde Ähren;
10. Zwängten ein den ungestümen
Strom durch Pfahlgeflecht und Dämme,
Pfropften milde Südlandsreiser
Aus des Nordens herbe Stämme.
11. Kräftig sproß im jungen Garten
Akelei und Ros' und Quendel,
Blasse Salbei, Dill und Eppich,
Eberraute und Lavendel.
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Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Volksfortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
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21. Was der Geist geweihten Sehern
Offenbart in Sturm und Stille,
Wort und Werk des Gottessohnes,
Als er ging in Manneshülle:
22. Von der Mönche Hand geschrieben
Blatt auf Blatt mit Müh' und Sorgen,
In den Truhen der Abteien
Lag es liebevoll geborgen.
23. Zärtlich ward der Schatz betrachtet,
Mit bescheidnem Stolz gepriesen
Und als Klosterhort dem fremden
Schrifterfahrnen Mann gewiesen.
24. Solch ein kostbar Gut zu sichern
Treu dem künftigen Geschlechte,
Schrieben sie, die braven Mönche,
Sommertag' und Winternächte.
25. Rot und blau und grün und golden
Schimmerten die Anfangslettern,
Reich umrankt von Blumendolden
Und von traumhaft bunten Blättern.
26. Rührend bat der fromme Schreiber
An des langen Werkes Ende,
Daß man seiner armen Seele
Des Gebets Almosen spende.
27. Auch zu rauherm Dienste stählten
Die Geschornen ihre Kräfte:
Schicklich wußten sie zu führen
Bogen, Beil und Lanzenschäfte,
28. Waren Feinde zu verjagen,
Die des Feldes Frucht verbrannten,
Oder Räuber, die der frommen
Spendebringer Weg verrannten;
29. Oder war ein Festtagsbraten
Zu erbirschen in den Forsten,
Sei's ein stolzer Sechzehnender,
Sei's ein Bursch mit Wehr und Borsten.
Lesebuch für die Volksfortbtldungsschuleu der Pfalz.
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TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel]]
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TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T179: [Gott Mensch Wort Welt Erde Glaube Herr Sünde Himmel Satz], T28: [Blatt Blüte Pflanze Baum Wurzel Frucht Stengel Zweig Erde Samen], T106: [Kloster Jahr Schule Mönch Kirche Kind kranke Frau arme Knabe], T112: [Schwert Ritter Schild Waffe Lanze Pferd Speer Hand Helm Pfeil]]