Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Westfalen
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 130 —
Störer. In der Kirche ging die Traufeierlichkeit ohne Störung
vor sich. Nach der Rückkehr war Tanz und Schmaus in Hansens
Hause und bis zum frühen Morgen ertönten die frohen Stimmen
der Hochzeitsgäste, deren Scherze bald die Wolken von der Stirn
der Neuvermählten scheuchten.
In ungetrübtem Glück verflogen die ersten Wochen dem jungen
Paare, in fröhlicher Arbeit und aufrichtiger Liebe genossen sie ihr
Leben. Tie bösen Worte des Bruders waren fast vergessen. Dieser
jedoch, wenn er nicht mit seinen Zechgenossen beisammen war, brütete
dumpfe Rachepläne. So beaufsichtigte er eiues Tages die Feldarbeit
seiner Untergebenen, und wie er so die Straße lang sah, erblickte er
plötzlich den Gegenstand seiner Rache, den ihm tötlich verhaßten
Bruder. Schnell schickte er seine Arbeiter heim, und auf die Pflug-
schaar gestützt, erwartete er die Aukunft des Bruders, der ein sröh-
liches Liedchen trällernd, mit dem Pfluge über der Schulter heim
zu seinem Weib eilte. Da ergriff der wilde Bruder seine Pflugschaar
und holte mit den Worten: „Stirb, Räuber meines Glückes!" zu
einem tötlichen Schlage aus. Erschreckt sprang Hans zur Seite und
benutzte sein Pflugschaar ebenfalls als Wehr. Nnn folgte Schlag
auf Schlag, bis beide tötlich getroffen zur Erde sanken. Ein leises
„Ich vergebe dir! — — Leb wohl, Gretchen!" aus dem Munde
des einen, ein dumpfes „Zwei Fliegen auf einen Schlag!" aus dem
Munde des andern.
Vergebens erwartete am Abend Margaretha ihren Gatten,
Stunde auf Stunde verrann, noch kehrte er nicht heim. Nichts
Gutes ahnend läuft sie hinaus in die finstere Nacht, bis sie ihren
Mann und daneben den wilden Jürge — beide in ihrem Blute
liegend — findet. Verzweifelt wirft sie sich aus den Geliebten und
suchte vergeblich, ihn mit Küssen zu erwecken. Ihr Glück war für
immer dahin, Wahnsinn nahm ihre Sinne gefangen. Täglich saß
sie auf dem Grabe ihres Mannes, den Hügel mit Waldblumen
bestreuend. Nach Verlauf eines Jahres ward sie eines Morgens
von den Nachbarn tot dort ausgefunden.
Zum Andenken an dieses gransig-romantische Ereignis erhebt
sich an der Chaussee, die von Minden nach Bückeburg führt, links
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Extrahierte Personennamen: Schmaus Hans Margaretha
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Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 174 —
geworden. Der letzte Sprößling, Kuno, liebte die holdselige Tochter
Hilda — sie soll nach anderen Gertrud geheißen haben — des
reichen Grafen von Rieneck auf dem gegenüberliegenden Berge nahe
bei Rödinghausen und wurde wiedergeliebt. In einer Sommer-
nacht war er einst im Walde. Ta ertönte ein leiser Pfiff und
plötzlich trat ein altes, gebeugtes Mütterchen vor ihn hin und sprach:
„Kehre heim, sonst bist du ein Kind des Todes," und das Weib
oerschwand im Walde. Hinter ihm rauschte es, und als sich der Lynt-
burger umsah, stürzte ein verkappter Ritter auf ihn zu und nun
begann ein erbitterter Kampf. Die langen Schwerter fuhren durch
die Luft und trafeu die eisenfesten Panzer so hart, daß die Funken
stoben. Ta fuhr Lyntbnrgs Schwert sausend hernieder und zu
Tode getroffen sank der Meuchelmörder zur Erde. Der Lyntburger
löfete seiuen Harnisch, nahm die eiserne Sturmhaube vom Haupte
und der kühle Wind erfrischte das erhitzte Gesicht; dann legte er sich
unter eine dicke Buche und schlief vor Ermattung ein. Am anderen
Morgen trat das graue Mütterchen an den Schläfer heran und rief
ihm mit gellender Stimme zu: „Tu bist jetzt Sieger im heißen
Streit geweseu, aber es kommt die Zeit, daß dein Schwert wird
Unglück über dein Haupt bringen." Als der Ritter sich nach dem
Weibe umschaute, war es im Walde verschwunden. Nun ging der
Jüngling zu dem toten Ritter, öffnete ihm das Visier, und als
er das starre Gesicht erblickte, schrie er laut auf, er hatte seinen Vet-
ter, den Stromberger, der auch um die Tochter des Ritters Rieneck
freite, erschlagen. Hilda verachtete den Stromberger. Darüber er-
bittert, hatte er beschlossen, Kuno zu töten. Kuno eilte zu seinem
kranken Vater und erzählte, was im Walde geschehen war. „O,
mein Sohn," so sprach der Vater, „fliehe, bald werden die Strom-
berger kommen und die Burg zerstören, wenn sie dich hier finden."
Nun sattelte er sein Pserd und verließ trauernd die väterliche Burg.
Tie Söhue aus den umherliegenden Burgen stellten sich als
Freier der schönen Hilda ein; aber vergebens, auch die edelsten
Jünglinge mußten abziehen, sie fanden keine Gnade vor den Augen
des Burgfräuleius; denn Kuno von Lyntberg besaß voll und ganz
ihr Herz. Täglich stand sie auf dem Erker und schaute sinnend in
das Thal, dabei flössen Thränen aus ihren Augen. Sie dachte an
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Geschlecht (WdK): koedukativ
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dem genannten Grafen, der sie mit 9 Türmen, von denen )etzt
nur noch 3 vorhanden, 1345 ausstattete. Von der ursprünglichen
Burg der Herren von Plettenberg, von denen wir schon früher
hörten, ist leider nichts mehr vorhanden.
Aus dem Amte bemerken wir noch die gleichnamige Land- sowie
evangelische und katholische Kirchengemeinde mit 4331 und die Land-
und evangelische Kirchengemeinde Ohle mit 759 Eingesessenen.
Im nordöstlichen Amte Neuenrade treffen wir die gleichnamige
Stadt von 1855, 1454 evangelisch, 398 katholisch, 3 jüdisch, an
der Hönnequelle, ein Fabrikstädtchen, und die Land- und evan-
gelische Psarrgemeinde Dahle mit 916 Einwohnern.
Aus den östlichen Ämtern merken wir noch in Werdohl die
gleichnamige Land- sowie evangelische und katholische Psarr-
gemeinde mit 6264, und in Herscheid die gleichnamige Land- und
evangelische Pfarrgemeinde mit 3116 Eingesessenen. Das große
Dorf Werdohl, rechts an der Lenne, hat zwei große
Walzwerke und eine Heu- und Dunggabelfabrik. Ihm gegenüber,
am linken Ufer, stand einst auf der Höhe die Burg Pungelscheid,
der Wohnsitz der Familie von Neuhof. Ein jüngerer Nachkomme
dieser Familie hatte sich gegen Ende des siebenzehnten Jahrhunderts
mit seinen Angehörigen entzweit und war endlich nach Frankreich
gezogen, wo er Kriegsdienste nahm. Diesem wurde 1696 zu Metz
ein Sohn geboren, Theodor von Neuhof, der schon während seiner
ganzen Jugendzeit ein sehr bewegtes, abenteuerliches Leben führte.
Er soll in Münster und Köln studiert und in dieser letztern Stadt
einen jungen Mann im Zweikampfe erschlagen haben und da-
durch genötigt worden sein, in das spanische Heer einzutreten,
welches gerade damals gegen die maurischen Bewohner Nordafrikas
zu Felde zog. Aber als er eben Hauptmann geworden war, geriet
er bei einem Ausfall aus der Festung Oran in die Gefangenschaft
der Feinde, welche ihn dem Bey von Algier auslieferten. Achtzehn
Jahre lang versah er bei diesem die Dienste eines Dolmetschers.
Als aber die Bewohner der Insel Eorsika sich gegen ihre bisherigen
Gebieter, die Genuesen, empörten, zog er ihnen mit Schiffen und
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Extrahierte Personennamen: Theodor_von_Neuhof
Extrahierte Ortsnamen: Plettenberg Neuenrade Dahle Werdohl Werdohl Neuhof Frankreich Nordafrikas Oran Algier
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Geschlecht (WdK): koedukativ
— 185 —
das Wort erstarb ihm im Munde, denn gewappnete Reiter sprengten
über die Straße dem Johannisthore zu. Einer derselben, Veit von
Köln, hielt sein Roß an und rief: „Grüß Euch Gott, Meister
Hildebrand! Wollt Ihr mit uns ausziehen? Es geht auf Euren
Busenfreund, den Raufbolden von Sodom-Enger los!" „Topp,"
rief Hildebrand, „ich bin dabei!" Sprach's, kleidete sich schnell
zu Hause in ein Kriegsgewand, bestieg seinen Gaul und kam eben
vor dem Johannisthore an, als Bischof Ludwig mit seinen Getreuen
fortsprengen wollte. Hildebrand gesellte sich zu der Schar, und
im gestreckten Galopp flog der Zug dahin. Graf Simon war wieder
ins Bistum gefallen, hatte gesengt und geplündert und zog ge-
mächlich mit seinem Raube an Geld und Geldeswert, an Rindern,
Pferden und Schafen seines Weges nach Enger zu. An einen
Feind dachte er nicht. Plötzlich stürmte eine Schar Bewaffneter
auf ihn los und griff ihn wütend an. Unerschrocken wehrte sich
Simon mit den Seinen und warf jeden, der in seine Nähe kam,
nieder. Da drang ein gewaltiger Mann auf ihn ein, es war der
Schlächtermeister Hildebrand. Seine Schläge dröhnten auf dem
Panzer des Grafen, und Simon wankte im Sattel, doch hätte
er sich des Gewaltigen wohl noch erwehrt, aber der grimmige
Schmied Kurt Weber aus Osnabrück kam dem Hildebrand zu Hülfe.
Sie rissen den Grafen vom Rosse, und gefangen war der Raufbold.
Die Lipper flohen wild davon und ließen alle Beute im Stiche.
Das gab einen Jubel unter der Osnabrückischen Schar. Bischof
Ludwig lobte vor allen Edeln und Kämpen den Schlächtermeister
und versprach glänzende Belohnung. Dann brachte man frohlockend
den Gefangenen nach Osnabrück und sperrte ihn in einen festen
Turm, der „Buck" genannt.
Zu Burg Enger war alles in der größten Bestürzung. Schimpf-
lich in die Flucht geschlagen, verlustig der schönen Beute, ver-
wnndet und obendrein des Herrn beraubt, zitterte man vor Angst
und erwartete, die Osnabrücker würden spornstreichs mit Macht die
Burg belagern und nicht eher ruhen, bis sie in Schutt und Asche
läge. So schnell als möglich verrammelte man das Burgthor, zog
die Zugbrücken auf, schleppte große Wurfsteine auf die Türme
und Mauern und machte die Bogen und Pfeile fertig. Diese An-
TM Hauptwörter (50): [T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T57: [Weser Stadt Hannover Harz Osnabrück Leine Kreis Aller Land Elbe], T67: [Kaiser Türke König Jahr Ungarn Heer Land Friedrich Kreuzzug Jerusalem]]
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Extrahierte Personennamen: Hildebrand Ludwig Ludwig Simon Simon Hildebrand Simon Kurt_Weber Ludwig Ludwig
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Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 557 —
zu verkaufen. Zum Weihnachtsfeste finden sie sich dann wieder
in ihren heimatlichen Dörfern ein.
Daß der Wittgensteiner, wie auch sein Nachbar im Sieger-
lande, einem anderen Menschenschlage angehört, als der Sauer-
länder und der Bewohner des nördlichen Westfalens, merkt man gar
leicht an seiner Sprache, die schon mehr zu den oberdeutschen
Mundarten gehört, an seinem ganzen Wesen, ja sogar an seiner
Körperbildung. Er ist fränkischen, nicht sächsischen Geschlechts. —
Durchwanderst du die Thäler des Landes, um Gegend und Volk
näher kennen zu lernen, so kommt dir vielleicht auch einmal ein
gar seltsamer Fremdling zu Gesichte, von dem du nicht weißt,
wo er unterzubringen ist. Dem Landstreichervolke der Zigeuner^
dessen Herkunst man nicht einmal recht kennt, ist es vor langer Zeit
erlaubt worden, in der Grafschaft Wittgenstein einige Kolonien
zu begründen, die noch jetzt nicht weit von Berleburg und bei
dem Dorfe Saßmannshausen bestehen. Ihre besondere Sprache
haben die Zigeuner zwar seit einer Reihe von Jahren aufgegeben,
aber ihre schlechten Sitten haben sie meistens noch beibehalten.
Sie sind arbeitsscheu und zu keinem Gewerbe brauchbar, obschon
ihnen die Fähigkeiten dazu nicht fehlen; sie wohnen in den
schlechtesten Hütten, die kaum Ställen vergleichbar sind, behelfen
sich mit der elendesten Nahrung, die sie zusammenbetteln, auch
vor Diebereien scheuen sie sich nicht. Christen sind sie nur dem
Namen nach; christliches Leben ist noch nicht bei ihnen eingekehrt.
Glücklicherweise beträgt ihre Zahl nur 100.
Die Kreisstadt Berleburg mit 2051 Bewohnern, von denen
1811 evangelisch, 153 katholisch, 87 jüdisch, an der Ödeborn, ist Sitz
des Landratsamts und eines Amtsgerichts und hat ein von schönen
Parkanlagen umgebenes Residenzschloß des Fürsten von Wittgen-
steiw-Berleburg.
Im Norden des Kreises die Stadt Laasphe mit 2192 Be-
wohnern, von denen 2034 evangelisch, 13 katholisch, 145 jüdisch>
an der Lahn, hat ein Amtsgericht und eine Präparandenanstalt,
Eisengießereien und Wollwarenfabrikation und hoch auf einem
TM Hauptwörter (50): [T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T73: [Stadt Schloß Augsburg Grafe Nürnberg Reichsstadt Bischof Sitz Regensburg Fürst], T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch]]
TM Hauptwörter (200): [T66: [Stadt Kreis Einw. Berlin Einwohner Schloß Regierungsbezirk Sitz Provinz Düsseldorf], T159: [Bewohner deutsche Bevölkerung Sprache Neger Volk Jude Einwohner Stamm Land], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]